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    • 13.09.2010
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    [TR] [GE] A Story about Cows

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Mit dezenter Verspätung darf ich heute unseren Reisebericht zu einer Reise aus dem Jahr 2013 präsentieren. Felix und ich, Nikolai, machten uns damals auf in die Turkei und nach Georgien, um Wege zu finden, die noch kein Mountainbike gesehen hatte. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen des ersten von drei Teilen!

    Fotos: Felix Hummel Text: Nikolai Holder



    Kapitel I
    Ankommen


    Wie zwei neugierige Erdmännchen strecken wir die Köpfe aus der schmalen Öffnung der Apside. Unser nebliger Atem blendet beinahe im hellen Licht des Vollmondes, der die umliegenden Felsen gleich der Szenerie auf einem fremdartigen Planeten erscheinen lässt. Die Temperatur liegt unter dem Gefrierpunkt. Wir zittern. Doch der Anblick der Gebirgszüge lässt alle Stimmen des Körperbefindens für eine Zeit verstummen. Auf der gesamten Wiesenfläche tanzen Glühwürmchen herum, als wollten sie ein Spiegelbild des unfassbaren Sternenhimmels erstellen. Wir schweigen in Ehrfurcht. Unsere Münder sind lediglich vor Erstaunen leicht geöffnet und in den Nachthimmel gerichtet. Nur widerwillig lassen wir uns von der Kälte zurück in unsere Behausung drängen.
    Der gefühlt zentimeterdicke Zeltboden verströmt einen fast unangenehmen Gummigeruch und tut sein Übriges zum üppigen Gewicht der Behausung. Ich hasste das Zelt, seit wir es bekamen. Ich hasste es beim Aufstieg und ich hasste es beim ersten Aufstellen. Doch mittlerweile finde ich Gefallen daran. Einer der Eingänge ist durch zehn Nadelstiche verschlossen, auf dem in ausgeblichenen Lettern "wrong door -please use other side" prangert. Die andere Öffnung lässt sich mit etwas Feingefühl öffnen. Außerdem ist die Hälfte der Befestigungsschlaufen marode, die Zeltwanne ist mit mehr Flicken besetzt als es meine Spielhose in den wildesten Kinderjahren war, und die Heringe könnten ebenso gut verrostete Mordinstrumente aus einem Horrorstreifen sein. Es wirkt völlig fehl am Platz in Mitten der Expeditionszelte des auf 2860 Metern gelegenen Dilberdüzü Basecamps am Fuße des Kaçkar Dağı. Mindestens so fehl am Platz, wie es mein Fahrrad zu sein scheint.



    Verneblung

    Ich sitze an einem kleinen Bachlauf und pumpe geistig völlig abwesend Wasser durch den Wasserfilter. Dass dabei die halbe Zeit ausschließlich Luft durch die Apparatur befördert wird, entgeht mir völlig. Felix ist krank geworden und liegt regungslos im Zelt. Wie aus dem Lehrbuch für Schwarzseher drehen sich meine Gedanken unkontrolliert um die Sinnhaftigkeit der ganzen Unternehmung. Ceymakçur, ein kleines Bergdorf mitten im Nirgendwo, wirkt vom Nebel eingehüllt wie ein tristes Stillleben und bietet den perfekten Rahmen zum Zweifeln. Wetter für Pessimisten. Wenige gedrängte Hütten und Bretterverschläge lassen lediglich erahnen, dass hier jemand wohnt. Eine Frau wirft einen kurzen Blick aus dem Fenster ihrer Hütte, begutachtet einige Momente lang die Neuankömmlinge, scheint sich aber dann nicht weiter für uns zu interessieren. Sonst sehe ich keinen Menschen. Nur Nebel, Regen und kein Weiterkommen.



    Vor fünf Tagen sind wir an der türkischen Schwarzmeerküste in Ardeşen gestartet. Seit fünf Tagen begleitet uns der Nebel. Nur selten wird uns ein klarer Blick hinauf zu den Bergen des ostpontischen Gebirges gewährt. Allerdings reicht dieser unregelmäßige, kurze Ausblick auf das bevorstehende Abenteuer aus, um die Motivation hoch zu halten. Drei Tage folgen wir einer asphaltierten Fahrstraße und steigen immer weiter in mitten der saftig grün bewachsenen Berghängen auf. Beinahe jeder, der uns mit den Fahrrädern sieht, erkundigt sich bei einem Tee darüber, was wir vorhaben - jeder hält uns für verrückt. Noch nie sei hier jemand mit dem Fahrrad gefahren. Das wollten wir hören. Aber wir sollen nach Kavron fahren, das sei eventuell machbar. Unsere Entscheidung fällt jedoch auf Ceymakçur. Schließlich sind wir die Locals, schließlich kennen wir uns hier doch aus, schließlich sind wir jung und wissen sowieso alles am Besten.













    Ein schmaler Forstweg führt entlang eines namenlosen Baches hinauf nach Ceymakçur. Unbewirtschafteter Naturwald macht den Aufstieg zu einem Genuss. Auf dem erstklassig befahrbaren Weg passieren wir hunderte umgestürzte Bäume, riesige von Moos und Farnen bewachsene Flächen und werden vom permanenten Plätschern vielerlei Bachläufe begleitet. Hinter jedem Stamm erwarte ich, dass uns gleich Rotkäppchen mit leicht beschwingtem Gang entgegen schlendert. Oder womöglich doch eher der Wolf. Aber sei's drum. Wer auch kommen mag, der Wald ist wunderschön und könnte direkt einem Märchen entsprungen sein. Im Eifer, endlich in Mitten der Natur zu stehen, schöpfen wir uns das glasklare Wasser eines Bachlaufes direkt in die Bäuche. Uns wurde vergewissert, dass das Wasser bedenkenlos zu trinken sei.
    Nun sitze ich also an selbigem kleinen Bachlauf und pumpe das unbedenkliche Wasser durch die Keramikkartusche des Wasserfilters, bevor ich von schallendem Läuten einiger Kuhglocken aus den Gedanken gerissen werde. Des Rätsels Lösung trabt auf vier Beinen nur einige Meter neben mir zum Bach. Sollte Felix also vom Wasser krank geworden sein? Wieso bin ich dann wohlauf? Die wirklich passendere Frage wäre wohl gewesen, wie lange ich es noch sein werde.

    Amat Revolverheld

    Gleich einem Gefangenem, der seit Jahrzehnten keine Sonne gesehen hat, sauge ich jeden Sonnenstrahl auf, der durch die größer werdenden Nebellöcher dringt. Endlich zeigt sich wieder das überwältigende Bergpanorama, als am Horizont ein älterer Mann auftaucht. Die tief hinter ihm stehende Sonne verpasst seinem Auftritt engelhaften Charakter. Der Gedanke entlockt mir ein leichtes Schmunzeln. Unser Retter.



    Er schüttelt den Kopf, als er unser luftiges Zelt erblickt und beginnt wild zu gestikulieren. So ganz wollen wir nicht verstehen, was er uns sagen möchte, letztendlich folgen wir ihm aber zu seiner Hütte. Unter den einfachen Bretterverschlägen Ceymakçurs ist seiner mit Abstand der Einfachste. Bretterverschlag ist schon beinahe ein zu groß gewählter Begriff für die Mixtur aus blauer LKW-Plane und marodem, löchrigem Holz. Ein laut prasselndes Feuer brennt unter einem kleinen Vordach und verleiht dem kümmerlichen Aufbau dennoch Gemütlichkeit. Mit bloßen Händen greift Amat nach der im Feuer stehenden Kanne, als wolle er nochmal seine Übernatürlichkeit beweisen. Er hievt einige Decken von seinem Bett und offenbart uns eine reichhaltige Ernte an Teeblüten. Augenblicklich wird die Luft von wohlduftenden Aromen erfüllt. Mit seinen riesigen Pranken befördert er vorsichtig einige der lilafarbenen Blütenblätter in den Teekessel, bevor er seinen wertvollen Schatz wieder sorgsam bedeckt. Beim Kosten des Tees verfliegen auch letzte Zweifel daran, dass Amat ein Engel sein muss. Sollte im Paradies Milch und Honig fließen, würde ich gerne gegen diesen Tee tauschen. Amats Gesicht erhellt sich auch zum ersten Mal sichtbar, als er unsere Reaktion sieht. Sogar Felix‘ Lebensgeister scheinen langsam geweckt zu werden.





    Mit unseren wenigen Brocken Türkisch, Hand und Fuß unterhalten wir uns bis in die späten Abendstunden. Meistens wird zwar nicht klar, worum es gerade wirklich geht, der guten Laune tut dies jedoch keinen Abbruch. Als wir uns verabschieden wird allerdings umso eindrücklicher deutlich, was gemeint ist. Amat reckt die Hände nach vorne gekrümmt in die Höhe, spreizt seine Hände wie Klauen und mimt das Knurren eines Bären. Wir nicken und ziehen mit leicht mulmigem Gefühl davon, bevor drei enorm laute Explosionen ertönen. Eine Ewigkeit hallen die sich überlagernden Töne zwischen den Bergflanken. Schockstarre. Mit eingezogenem Nacken drehen wir uns herum und erblicken eine seichte Rauchschwade, die aus Amats Revolver dringt. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren nickt uns Amat eindringlich zu. Unser Retter.

    Vice Versa

    Schrilles Weckerklingeln lässt mich heute Morgen unter quietschendem Ächzen der vergilbten Federkernmatratze beinahe aus dem Bett fallen. 7:30 Uhr strahlt in unangenehm hellen Lettern vom Handydisplay. Ein schlaftrunkener Blick aus dem winddurchlässigem Fenster nahe der Betten offenbart Nebel und leergefegte Straßen. Gleich zwei Dinge verwundern mich an diesem Morgen. Der Nebel gehört sicher nicht dazu, doch dass wir noch irgendwo als Frühaufsteher durchgehen würden, scheint umso unwirklicher. Selbst der Ofen in der Bäckerei befindet sich noch im Tiefschlaf. Außerdem waren wir doch tatsächlich in zweierlei Hinsicht vernünftig. Zum einen sind wir den gesamten Weg von Ceymakçur zurück nach Ayder gefahren und zum anderen haben wir uns ein einfaches Zimmer genommen, um Felix‘ Zustand ordentlich auszukurieren.
    Ayder ist ein kleines, touristisches Dorf, das sich auf dem Weg nach Kavron befindet. Dieses Mal folgen wir also den Ratschlägen. Als Ausgangspunkt vielerlei Touren im Kaçkarmassiv bietet es allerhand Annehmlichkeiten des Lebens. Wir mieten uns in die billigste Unterkunft des Ortes ein - ganz gemäß unserer schwäbischen Herkunft - und genießen Warmwasserdusche und Frühstück am nächsten Tag. Den Weg hinauf nach Kavron übernimmt der Gesundheit zur Liebe ein vollgestopfter, roter Ford Transit, der im Tetrisverfahren mit unseren zerlegten Fahrrädern gefüttert wird.



    In Kavron stehen bei unserer Ankunft bereits mehr Zelte als Häuser und mehr Touristen als Einheimische, die neugierig dem Entknoten unserer Räder beiwohnen. Zweifelnde Gesichter, ungläubiges Schmunzeln, Warnungen - heute ist wieder alles dabei. 3200 Meter habe der Pass, den wir überqueren müssen, kein Meter fahrbar, steil, steinig, schon als Wanderer konditionell anspruchsvoll. Noch kommen keine Zweifel in mir auf. Weißt du doch. Jung. Alles am besten wissen. Kennst'e? Na also.

    Rind, die Zweite

    Wie aufgeregte Ameisen strömen alle Dorfbewohner auf eine Wiesenfläche am Rande Kavrons. Wir schließen uns nichtsahnend dem Fluss an und versuchen in Erfahrung zu bringen, was gerade geschieht. Ein Bulle scheint sich schwer am Horn verletzt zu haben. Entweder durch den Sturz an einem Berghang mit anschließendem slapstickartigem "gen-Tal-Rollen" oder durch den Kampf mit einem anderen Bullen. Ganz sicher sind wir uns nicht. Fakt ist jedoch: der Bulle soll nun geschlachtet werden und wird bereits von einem Schächter an einem Tau auf die Wiese geführt.
    Über das Gesicht des Tieres läuft ein schmales Rinnsal aus Blut, das von einem provisorisch verbundenen, definitiv in die falsche Richtung stehenden Horn ausgeht. Unbeeindruckt lässt es sich an einem Felsen festbinden, bevor der Schächter versucht, seine Vorderläufe zu fesseln. Ein beinahe ulkiges Katz-und-Maus-Spiel beginnt, da es dem Bullen immer wieder gelingt, seinen Huf im richtigen Moment aus der Schlinge zu ziehen, während er völlig entspannt das umliegende Gras verspeist. Der Humor verfliegt jedoch spätestens, als die Schlinge im richtigen Moment zugreift. Nun scheint es auch dem schwarzen Muskelpaket zu dämmern, dass er sich in einer misslichen Lage befindet. Mit allem Eifer versucht es sich auf seinen verbleibenden zwei Standpunkten zu halten. Es eilen fünf Helfer herbei, um die unbändige Kraft in den Griff zu bekommen. Mit vereinter Anstrengung befördern sie den Stier auf seine Flanke und fixieren ihn schweißgebadet am Boden. Dann setzt der Schächter das Messer an.



    Ein erster Schnitt - nur minimal dringt die Klinge, die aus der Entfernung die Schärfe eines überdimensionalen Buttermesser aufzuweisen scheint, in die dicke Haut ein. Alle Muskeln sind zum zerreißen gespannt, auf beiden Seiten.
    Ein zweiter Schnitt - dieses Mal tiefer - Blut rinnt aus dem Hals, als hätte man ein Fass angestochen. Markerschütternd brüllt das Rind in seinem Todeskampf. Nochmals fünf Helfer eilen herbei, um die heftigen, alle in Blut tränkenden Zuckungen zu unterbinden. Kinder verstecken sich hinter den Beinen ihrer Eltern und bedecken sich die Ohren. Das Geschrei ist womöglich das Grausamste, das ich je hören musste. Die im Angesicht des Todes geweckten Kräfte verlangen selbst elf Männern alles ab.
    Ein dritter, vierter, fünfter Schnitt - dem Tier fehlt der halbe Hals - Atemluft dringt unter Blutfontänen direkt aus der Luftröhre. Das volle Körpergewicht eines geschätzt einhundert Kilogramm schweren Mannes liegt auf der Messerklinge konzentriert am Hals auf. Langsam gleitet die Klinge immer tiefer in der blutigen Kerbe hin und her - Ein sechster, siebter, achter Schnitt.
    Der letzte Schnitt - das Rind hebt ähnlich einem Stoßgebet ein letztes Mal den Kopf mit den verbliebenen ansetzenden Muskeln - ein letzter Schrei, ein letzter Hauch, eine letzte Fontäne – Stille.



    Nie habe ich Ruhe eindringlicher vernommen oder den Begriff "Totenstille" besser verstanden als in diesem Moment. Selbst die im Wind wackelnden Grashalme scheinen es sich zu verbieten, irgendeinen Laut von sich zu geben. Die Szene wirkt wie eingefroren. Niemand rührt sich in den ersten Momenten, niemand spricht, niemand atmet.. Jeder starrt lediglich auf den Boden. Ein Zeichen, dass diese Schlachtung nicht wie geplant abgelaufen ist.



    Am Abend liege ich in Embryonalstellung auf einer Bank so nahe an der Glut eines kleinen Ofenfeuers, dass ich in etwa dreißig Minuten gar sein dürfte. Trotzdem friere und zittere ich jämmerlich. Ironischer Weise logiere ich auf einem Kuhfell in einer urigen Hütte. Mein Magen steht seit der Schlachtung Kopf. Ich bezweifle allerdings, dass es etwas damit zu tun hat. Ohne die Inkubationszeiten, sofern man bei kontaminiertem Wasser davon spricht, der Keime zu kennen, vermute ich viel mehr, dass nun ich an einem schweren Fall von "unbedenklichem Wasser" erkrankt bin. Eine alte türkische Dame tätschelt mir mit großmütterlicher Fürsorge den Kopf und gibt mir ab und an einen Löffel Honig. Ich fühle mich elendig, aber geborgen. Das ganze Dorf erkundigt sich abwechselnd über meinen Zustand und allerhand Hausmittelchen werden an mir erprobt. Kühe scheinen für uns einfach untrennbar mit Unglück verbunden zu sein. Es sollte nicht das letzte Mal sein.
    Trotz allem muss ich leicht schmunzeln - zumindest bilde ich mir ein, dass es so war. Bis hierhin lief einiges schief. Ein Bilderbuchstart sieht sicherlich anders aus. Doch Abenteuer ist eben nicht poliert, nicht immer angenehm oder episch - ich bin genau da, wo ich sein will.

    Bergauf


    Eine unsichtbare Wand scheint den Nebel auf Höhe des Kavron Passes aufzuhalten und teilt so das Kavron-Tal eindrucksvoll vom Olgunlar-Tal. Nur vereinzelt scheint eine Nebelschwade kurz auf die andere Seite zu tasten, um sofort wieder vom sanft aufsteigenden Wind zurückgedrängt zu werden. Seit wir heute Morgen losgezogen sind, sehen wir zum ersten Mal wirklich die Sonne. Selten reißt der Nebel auf, meist wird er lediglich lichter. Fast durchgehend ist er allerdings so undurchdringlich, dass wir uns bei gut fünf Metern Entfernung nur noch schemenhaft erkennen können. Ohne GPS-Gerät wäre es unmöglich, zu navigieren. Keine Markierungen, kein Schild oder ein ausgetretener Pfad deuten auf den richtigen Weg hin. Mit zwölf Kilogramm pro Rucksack und zusätzlichen vierzehn Kilogramm Fahrradgewicht auf dem Rücken schleppen wir uns den steilen Hang hinauf. Die Guides sollten natürlich recht behalten: fahrbar ist hier rein gar nichts.



    Felsen von der Größe eines Kleinwagens wechseln sich mit steilen Wiesenflächen ab, die vom Regen der Vortage durchgeweicht sind. Alle paar Schritte rutscht man so Einen zurück. Steigung und Nebel zehren an der physischen Kondition. Der Aufstieg lässt es sich jedoch nicht nehmen, auch unsere psychische Kondition zu belasten. Wir wurden bereits gewarnt, dass nach guten 800 Höhenmetern ein Abstieg von 350 Tiefenmetern wartet. Der Anblick trifft uns hart. Als würde sich der Berg einen schlechten Scherz mit uns erlauben, reißt der Nebel genau dann auf, als wir diesen ersten kleinen Pass überqueren, nur um genau zu zeigen, wie viel Meter wir umsonst gestiegen sind. Die Pointe? Fünf Minuten später laufen wir schon wieder gegen die weiße Wand der übersättigten Luft an. Trotz allem fühlen sich die Sonnenstrahlen unendlich gut an. Außerdem warten einige nette Spitzkehren. Endlich einmal einen Trail unter den Stollen.
    Nun noch einmal 400 Höhenmeter. Erneute Psychospiele des Berges. Jede Kante sieht aus, als wäre sie der langersehnte Ceymakçur-Pass, bevor die Sicht auf noch eine felsige Rampe frei wird. Man beginnt nur noch zu funktionieren. Ein Fuß vor den anderen, Schritt für Schritt. Die Pausen häufen sich, doch weit kann es nicht mehr sein. Es wird heller, einzelne Strahlen durchdringen die weiße Wand. Immer weiter muss der Nebel zurückweichen. Sonne. Ich fühle mich, als würde das Solarpanel auf meinem Rucksack keine Akkus, sondern direkt meinen Organismus speisen. Wieder eine Kante. Die Letzte, diese muss es sein. Dann stehen wir oben. Kein Nebel. Weitsicht. 3205 Meter.



    Wir haben geschafft, was uns keiner glauben wollte und was ich zwischenzeitlich selbst nicht mehr glauben konnte. Keine der hohlen, alpenesotherischen Phrasen wird unserer Gefühlslage gerecht. Drum versuch ich es erst gar nicht zu beschreiben.
    Eine gefühlte Ewigkeit lassen wir uns die warme Sonne auf den Bauch scheinen, bevor wir den Weg über ebenso erfreuliche Spitzkehren gen Olgunlar fortsetzen. Endlos schlängelt sich der Weg durch ein vielfältig bewachsenes, grünes Tal. Nur selten verliert er sich in einer Wiese, ist aber meist schnell wieder auffindbar.







    Felix macht in einem etwas entfernten Schneefeld eine Entdeckung. In Mitten unberührter Natur, kein Haus sichtbar, kein Zeichen von Zivilisation, findet er ein kleines schwarzes Rechteck von Samsung. Ein Smartphone. Wie Felix das unscheinbare Telefon auf diese Distanz erkennen konnte ist mir ein Rätsel. Sollte er jemals einem Indianerstamm beitreten, erhält er mit Sicherheit den Beinamen "Adlerauge". Unwissend über die zukünftige Bedeutung des Rechtecks stecken wir es ein und fahren vollends ab nach Olgunlar.



    Bergkino

    Zusammen mit Muratz spanne ich ein großes weißes Laken über ein wackliges Volleyballnetz. Er will mir noch nicht verraten, was es damit auf sich hat. Erst als er einen kleinen Beamer aus einer der großen Aufbewahrungstruhen seines Zeltes zieht, verstehe ich. Kino auf 2860 Metern? Warum nicht.
    Muratz leitet das Dilberdüzü Basecamp, zusammen mit Sumru und einem weiteren Guide. Es ist Ausgangspunkt der meisten Besteigungen des 3933 Meter hohen Kaçkar Dağıs. Eigentlich ist der hiesige Aufenthalt zahlenden Gästen organisierter Touren vorbehalten, doch wir machten uns, natürlich unwissend über diesen Umstand, dennoch ohne Nahrungs- oder Trinkvorräte von Olgunlar aus auf den Weg. Normalerweise müsste man sich also selbstversorgen, allerdings spielt uns nun endlich einmal das Glück in die Hände.





    Wir sitzen in Olgunlar beim Essen, als plötzlich das gefundene Handy anfängt zu vibrieren. Felix vereinbart ein Treffen mit dem hörbar über den Fund erleichterten Anrufer. Es sollte keinem geringerem als Muratz selbst gehören, der darüber so erfreut ist, dass er uns glatt einlädt, kostenfrei im Camp zu logieren und zu essen. Das Glück ist ein Rindvieh und sucht sich seinesgleichen. Wenn auch nur sinngemäß. Für uns ist das Glück gewiss kein Rind.
    Als wir in der kleinen Zeltstadt ankommen, werden wir auch erfreulicher Weise keineswegs als Touristen behandelt. Vielmehr sind wir sofort Freunde der Guides, dürfen uns selbst an den Essensvorräten bedienen und werden zu Touren mitgenommen, die jedem zahlenden Gast vorenthalten werden. Es fühlt sich gut an, hier kein touristisches Erlebnis zu haben, sondern dazu zu gehören.
    Muratz zeigt uns einen verborgenen Bergsee, zu dem man nur gelangt, indem man eine unglaublich steile, felsige und verblockte Felsscharte aufsteigt. Gazellengleich gleitet er in seinen abgetragenen Salomonschuhen über das Gestein, während Sumru, Felix und ich zunehmend den Anschluss verlieren. Immer wieder bleibt er stehen und schaut mit seinem süffisanten Grinsen auf uns herab. Muratz ist in jeder Hinsicht junggeblieben und scheint immer etwas im Schilde zu führen. Ein Schelm.



    In seiner Heimat nahe Antalya gehört ihm eine kleine Farm, die jeder kostenfrei beziehen kann. Einzige Voraussetzung ist, dass man sich als Erntehelfer oder bei sonstigen Notwendigkeiten einbringt. Es ist ein sich selbst versorgender Mikrokosmos, der über die Jahre hinweg durch das Prinzip "Ich kenn wen, der kennt wen, der kann" mittlerweile sogar über Solarzellen verfügt. Etwa zweihundert Kletterrouten soll es an einer angrenzenden Felsformation geben, die Muratz eigenhändig mit Freunden erschlossen hat. Wir sehen ihn immer mehr als Vorbild und reden noch lange nach unserem Aufeinandertreffen über seinen Lebensstil. Viel Geld oder gar Besitz dürfte er nicht vorweisen können, doch verbringt er beinahe das ganze Jahr mit Dingen, die ihm Freude bereiten. Er strahlt daher eine derart authentische Fröhlichkeit aus, die ich bisher nur wenigen anderen Menschen in meinem Leben abkaufen konnte. Viele Grinsen dich aus ihrem silbergrauen Mercedes an, Muratz grinst aus sich heraus. Abgedroschen? Womöglich. Wahr ist es dennoch. Er ist einer dieser Lebemänner, von denen man sonst nur in Büchern liest.



    Verschwitzt kommen wir auf einem Plateau an, dass von senkrecht zum Camp abfallenden Felswänden begrenzt wird. Der Ausblick ist unglaublich. Einige Kraxeleien später stehen wir vor dem kleinen Bergsee, der wie eine mit sichtbarer Luft gefüllte Kiesgrube wirkt. Die Klarheit des Wassers ist beeindruckend. Die Kälte ebenso. Muratz fackelt nicht lange und reißt sich die Klamotten vom Leib, bevor er mit einem schrillen Tarzanschrei ins kühle Nass abtaucht. Wir folgen ihm, wobei das Eiswasser unseren Lungen bei Berührung schlagartig alle Atemluft aussaugt. Sumru lässt ebenso nicht auf sich warten. Sie studiert in Istanbul und zeigt uns, welcher Wandel in der türkischen Jugend von statten geht. Ohne zu zögern legt auch sie ihre Klamotten ab. Sie wolle sich nicht islamischen, traditionellen oder antiquitierten Moralvorstellen beugen, sie will frei sein, Gleichheit zwischen den Geschlechtern haben, Haut zeigen, Alkohol trinken und feiern gehen können. Mit ihrem Sidecut und den engen Klamotten steht sich auch optisch für diesen Wandel. Etwas, das wir in der restlichen Ost-Türkei nicht mehr beobachten konnten. Ich fühle mich glücklich mit dieser Truppe. Sonne. Natur. Freunde. Endlich scheint alles aufzugehen.
    Heute trübt lediglich eine Gruppe Touristen meine Laune. Deutsche DAV-Rentner, die mit Ignoranz beladen nochmal das Abenteuer in der Fremde suchen. Stolz erzählt einer der Wanderurgesteine, dass sie ihren eigenen "Türken-Mehmet" dabei hätten, der für sie kocht und die Zelte aufbaut. Häufig scheuchen sie ihn mit allzu ungepflogenem Ton durch das Camp. Daher beschränken auch Muratz und Sumru die Interaktion mit der Gruppe auf ein Minimum. Wegen meines Rades spricht mich die Gruppenleiterin des "Ausflugs" an. Sie sei DAV-Mountainbike-Guide. Lang und breit erklärt sie mir die Sinnlosigkeit der DIMB-Ausbildung und erzählt von ihren trailtechnischen Heldentaten auf allerlei Forstwegen der Welt. Die Ponalestraße sei ihre Lieblingsabfahrt. Technisch fordernd und schnell. Aha! Als sie mich nach einem kleinen Proberitt eines Trails fragt, ob ich mir diese Technik mit dem Hinterradversetzen selbst ausgedacht habe, verliert sie auch das letzte Stückchen Glaubwürdigkeit. Das müsse sie einmal ihren Kollegen zeigen. Immer wieder schön, Leute aus der Heimat zu treffen.

    Aller guten Dinge sind drei

    Auch nach einigen Nächten in unserer neuen Behausung kann sich mein Riechorgan nicht an den Gummizellengeruch gewöhnen. Zwar besticht das Zelt weiterhin mit seinem unbeholfenem Charme, aber so richtig glücklich kann uns das drei Kilogramm schwere Ungetüm nicht machen. Wie kam es also zu dieser ungewollten Partnerschaft?
    Bei unserer Ankunft in Olgunlar stellen wir das eigens für diese Reise erstandene Tarptent auf einer Wiese unweit der Siedlung auf. Einen Tag wollen wir in dem kleinen Dörfchen verbringen. Die Knochen ausruhen und die lang ersehnte Abwesenheit des Nebels genießen. Doch die Phase der Entspannung fällt ziemlich kurz aus. Hektisch wird nach uns im Dorf gesucht. Wir verstehen natürlich keine Silbe des verbalen türkischen Dauerfeuers. Ein Kuhhirte zieht uns einfach mit sich und wir folgen ihm ohne Gegenwehr. Schon von weitem sehe ich Kühe und ahne, nein ich weiß, dass dies nichts Gutes bedeuten kann. Er formt beim Laufen mit seinen Händen ein Dach über seinem Kopf. Das Zelt.
    Wir stehen vor einem kümmerlichen Rest zerrissenen Nylons. Wie eine an Land gespülte Qualle liegt das Zelt, mangelnd an Form, auf dem Wiesenboden. Die Risse deuten darauf hin, dass sich eine Kuh, nennen wir sie Betty, in den Leinen verfangen hat und sich anschließend panisch aus dem ach so tödlichen Griff eines 900 Gramm schweren Nylongewebes befreien musste. Are you f***ing kidding me? Aber es wäre doch gelacht, wenn hier der Rinderwahnsinn aufhören würde. Zu allem Überfluss war Betty noch der Meinung, dass sie ihrem künstlerischen Wesen Freigang gewähren muss. So wird unser Zelt zur Leinwand eines modernen Kunstwerkes verriebener Fäkalien. Ausgezeichnet.



    Mein erster Instinkt fasst folgenden Plan: Wir gehen zurück nach Kavron, leihen uns das Buttermesser, finden Betty und... Aber der Gedanke verfliegt so schnell, wie er gekommen ist. Nach wenigen Minuten der Entgeisterung folgt die Feststellungen, dass diese Situation zu absurd ist, um sich darüber zu ärgern. Lauthals lachend posieren wir mit den sterblichen Überresten des zwei Wochen alten Zeltes. Ist schließlich nur verlorenes Geld. Wie sagte schon meine Großmutter immer zu mir "Hauptsach g'sund!" Nach den letzten Tagen könnte ich ihr nicht mehr zustimmen.
    Aber allem Humor zum Trotz stellt uns diese Angelegenheit nun vor ein ernstes Problem. Ohne Zelt wäre so ziemlich alles Geplante, sofern man davon bei uns sprechen kann, unmöglich. Eine kleine Pension in Olgunlar verfügt über W-Lan. Wir dürfen uns einloggen und schauen nach den nächstgelegenen Outdoorgeschäften. Ankara. Wirklich? Keine Option. Das sind hin- und zurück gute 26 Stunden reine Busfahrt.
    Der Sohn des Pensionsbesitzers liefert letztlich den rettenden Einfall. Mit seinem passablen Englisch erklärt er uns, dass sie ein entleihbares Zelt hätten. Die Freude hält in Anbetracht des Frankensteines unter den Zelten nicht besonders lange, doch in der Not frisst der Teufel Fliegen. Nun müsse man sich nur noch bezüglich der Bezahlung einig werden. Von einem innerlichen Tobsuchtanfall getrieben fallen mir beinahe die Augen aus den Höhlen. Ist das sein ernst? Machen die etwa gemeinsame Sache mit Betty? Betty die Zelt-Auftragskillerin. Könnte ein lukratives Geschäft sein.



    Er weiß natürlich so gut wie ich, dass wir ein Zelt brauchen. Und natürlich brauchen wir das Zelt für die ganze Reise. Umgerechnet einhundert Euro verlangt der geschäftstüchtige Mann. Augen. Höhle. Contenance. Schließlich handeln die Türken gerne. Nach einigem Hin- und Her kann ich ihm immerhin klar machen, dass er bei fünfzig Euro weiterhin einen sehr guten Deal eingeht. Wir senden ihm das Zelt auch letztendlich auf unsere Kosten zurück.
    Trotz leichtem Zähneknirschen gehen wir den Handel ein. Immerhin riecht dieses Zelt nur nach Gummi.

    Gipfelsturm

    Es ist noch stockfinster als der erste Reißverschluss die Nacht mit seinem metallischen Kratzen durchdring. Unserer ist es nicht. Jedoch wäre er es vielleicht gewesen, wenn der Reißverschluss an unserem neuen Zelt nicht die Fingerfertigkeit eines Herzchirurgen erfordern würde. Weckerklingeln um fünf Uhr "morgens" erleichtert dieses Aufgabe ebenso nicht unbedingt. Shanti, eine Koreanerin, die alleine durch die Türkei reist, schleicht bereits auf Zehenspitzen durch das Dilberdüzü Camp, bis wir uns aus der Gummizelle befreit haben. Sie begleitet uns heute auf dem Weg zum Kaçkar Dağı.
    Der Blick zum Himmel verheißt allerdings nichts Gutes. Tief gebettet hängt die Wolkendecke im Taleinschnitt. Den Anblick aus dem Kavron-Tal hatten wir beinahe schon vermisst. Mit etwas gedämpfter Motivation packen wir die Rucksäcke und schlendern los - ohne Fahrrad, heute soll erkundet werden, bis wohin sich der Aufstieg als fahrbar erweist.
    Nach weniger als einer Stunde dringt schon bedeutend mehr Licht durch die Wolkendecke. Erinnerung an den Aufstieg zum Ceymakçur Pass dringen wieder ins Gedächtnis. Das erlösende Erlebnis soll dieses Mal nicht lange auf sich warten lassen. Wir stoßen durch die Wolkendecke und blicken einem strahlend blauen Himmel entgegen. Alle umliegenden Täler werden zu unseren Füßen von Wolken geflutet. Majestätisch erhebt sich der Kaçkar Dağı mit unglaublicher Prominenz zwischen den angrenzenden Gipfeln und sorgt für eine maßlose Endorphinausschüttung. Im Gegensatz zu den letzten Aufstiegen scheint heute jeder gewonnene Höhenmeter das Lauftempo zu erhöhen.Shanti bleibt daher an einem Bergsee namens Deniz Gölü zurück. In der Türkei wird dieser als der tiefste See der Erde gehandelt. Aber angeblich weiß niemand, wie tief er tatsächlich ist, da bisweilen alle Erkundungsmission abgebrochen wurden, bevor man den Grund entdecken konnte. Für mich punktuelles Sinnbild der türkischen Kultur. Gerne werden Behauptungen aufgestellt, ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben. So erhält man immer wieder Wegbeschreibungen und Informationen, die sich im Nachhinein als vollkommen falsch herausstellen. Unwissenheit scheint eine Art Schande zu sein. Daher erzählt man lieber irgendetwas, als nichts.



    Was sich allerdings als richtig erweist, ist die ab 3500m anfangende Unfahrbarkeit des Kaçkar Dağı. Langsam verläuft sich der ausgetretene Pfad so sehr im schuttbedecktem Anstieg, dass wir zunächst sogar vom richtigen Weg abkommen. Auch der Blick auf das GPS-Gerät macht uns nicht unbedingt klüger, da wir vergessen haben, es mit neuen Batterien zu füttern. Konnte doch keiner ahnen. So können wir nur noch zuschauen, wie die Karte auf dem Display direkt nach dem Einschalten erblasst. Selbstredend haben wir auch keine Karte in Papierform dabei. Dann muss es eben so gehen. Felix Adlerauge entdeck nach einigem Umherirren tatsächlich ein etwas entferntes Steinmännchen, dessen Brüder im Folgenden beinahe unfehlbar den Weg markieren. Glück gehabt.
    An Fahrradfahren ist hier oben schon längst nicht mehr zu denken. Umso eindrucksvoller zeigt sich die Landschaft, bevor der von uns gewählte Gipfelzustieg noch einmal die Nerven strapaziert. Auf unwegsamem Geröll wandern wir vorsichtig einen Grat entlang. Rechts von uns fällt die Bergflanke stark ab. Steinig, spitz, unbequem. Bei Sturz aber bestimmt zu überleben. Zumindest rede ich mir dies ein. Links von uns fällt die Bergflanke allerdings senkrecht ab, bis die imposante Felswand in der Wolkendecke verschwindet. Behutsam versuchen wir über den instabilen Untergrund zu schweben. Ein abgetretener Stein, der bei seinem rapiden Absturz von der Wolkendecke verschluckt wird, verdeutlicht nochmals, dass Vorsicht geboten ist.



    Ebenso spektakulär zeigt sich dann der Gipfelaufbau. Erhaben über allen Gipfeln der Umgebung und durch das Wolkenmeer abgeschottet von allen menschlichen Einflüssen stehen wir auf 3933 Metern. Dass sich die auffaltenden Erdplatten zur Zeiten der Entstehung des Gebirges zu schade waren, noch weitere 67 Meter zu wachsen, trübt die Stimmung nur wenig. Unsere Herz- und Atemfrequenz ist für heute auch mit knapp viertausend Metern zufrieden.



    Außerdem sind wir die Einzigen auf dem Gipfel und teilen wohl nur mit Wenigen den Ausblick auf den klaren Himmel. Spärlich ragen andere Bergspitzen wie Haifischzähne aus dem weißen Meer. Die ganze einsehbare Schwarzmeer-Region scheint erneut im typischen Dunst verschwunden zu sein. Unfassbar groß fühlt sich dieser Sieg an. Nach Krankheit, Nebel, Regen, Kuhterror und Anstrengungen, die uns alles abverlangten, sind wir tatsächlich hier angekommen. Zwar nicht mit dem Fahrrad, aber für heute kümmert mich das nicht mehr.



    Traildog

    Mit schierer Gleichgültigkeit schaut man in Filmen dem Sterben hunderter Menschen zu. Hauptsache es kracht und bietet Action. Aber wehe dem Regisseur, der einen Hund unter die Opfer schmuggelt. Da sind nicht nur alle Sympathien verloren, da kullert auch schon die ein oder andere Träne. Warum man als Mensch mehr Empathie für einen Hund als für andere Menschen empfinden kann, weiß ich nicht. Dass es jedoch so ist, weiß ich ganz genau. Drum ist es mir auch nicht begreiflich, wie man seinen treuen Hund in Mitten dieses Gebirges zurücklassen kann.



    Schon beim Aufstieg aus Olgunlar zum Dilberdüzü Camp werden wir von einem Vierbeiner eingeholt, der uns anschließend nicht mehr von der Seite weicht. Ab und an pendelt er zwar auf eigene Faust zwischen den Orten, Sucuk und Streicheleinheiten bringen ihn aber immer wieder zurück. Denn vornehmlich von Zweiterem kann er gar nicht genug bekommen. Hört man nur einen Moment auf durch sein schwarz-weißes, zotteliges Fell zu streifen, winselt er in herzerwärmender Manier um Verlängerung. Dieses Verhalten machte ihn bereits stadtbekannt. Zwar weiß niemand wirklich, wie er hierher geraten ist, die "Legende" erzählt allerdings von einem kaltblütigem Touristen, der ihn einfach ausgesetzt hat. Selbst Schuld. Er wusste wohl nichts von seinen Qualitäten als Traildog.
    Wir tauchen zu dritt in den Nebel ein, der sich ausgerechnet heute wieder oberhalb des Camps gebildet hat. Ausgerechnet heute dringen wir auch nicht mehr aus ihm heraus, als wir auf 3500 Metern die Fahrbarkeitsgrenze erreichen. Die leichte Nässe legt sich wie ein Schmierfilm auf die Felsen und macht die ohnehin schon anspruchsvoll verblockte Abfahrt zur Herausforderung. Die aufeinander gestapelten, faustgroßen Steine rollen wild und unberechenbar aufeinander herum. Wie auf einem Trail aus wabbeligen Gymnastikbällen eier ich im wahrsten Sinne des Wortes den Weg hinab. Den steilen, von Spitzkehren übersäten Weg. Dass meinem Rucksack mittlerweile eine Schlaufe am Hüftgurt fehlt, begünstigt meine Fahrweise nicht zwingend. Unten wackeln die Steine, auf dem Rücken der Rucksack, irgendwo dazwischen ich. Spaß macht es aber allemal und fahrbar ist ebenso beinahe alles. Vier Beine gleiten dabei dennoch deutlich eleganter über das Gestein als es zwei Reifen tun. So ist unser Traildog immer eine Schnauzenlänge voraus. Erst ab dem Camp drehen sich die Verhältnisse, da der Pfad über lange Strecken zu einem wurzel- und steinlosen Traum mutiert.







    Muratz und Sumru salutieren am Wegrand, als wir ihr Felsenreich verlassen. Ein trauriger Abschied. So viel haben wir ihnen zu verdanken. Unglaublich schöne Erlebnisse konnten wir nur wegen ihnen realisieren. Ihr Gastfreundschaft wird mir für immer im Gedächtnis bleiben. Trotz allem ist der folgende Abschied noch einen Grad trauriger. Endorphingeschwängert entlässt mich der sagenhafte Trail nach Olgunlar, an dessen Rand unser vierbeiniger Begleiter Halt macht. Halb zu uns, halb zurückgekehrt steht er in Mitten der staubigen Straße. Er schaut uns mit dem metaphorischem Hundeblick entgegen, macht allerdings keinerlei Anstalten auch nur einen Meter weiter zu folgen. Vermutlich stand er schon hunderte Male an dieser imaginären Grenze und hat schon hunderte Male beobachtet, wie seine neuen Freunde einfach verschwinden. Ihn zurücklassen. Ob er sich wohl fragt, warum er schon wieder verlassen wird? Oder ob er etwas falsch gemacht hat? Ich erwarte jederzeit, dass er zum Abschied kurz seine Pfote hebt. Glücklicherweise bleibt uns jene Geste erspart, die ich als einzige Möglichkeit ansehe, diese Situation noch trauriger zu machen. Stattdessen dreht er sich langsam herum und tappst einfach mit hängenden Ohren und gesenktem Schweif zurück ins Dorf, bevor er hinter der nächsten Hausecke verschwindet und wir uns nie wieder sehen.

    Spendenaktion

    Stillschweigend lauschen wir den Erzählungen einer kurdischen Familie, der wir beim abendlichen Fastenbrechen beiwohnen. Ihre Geschichten handeln von Syrien. Von Gewalt, Flucht, Krankheit und unfassbarem Leid. Sie kommen aus der grenznahen Stadt Batman. Grenznah auf türkischer Seite. Und dennoch sprechen sie von Freunden, deren Häuser zerbombt wurden. Von geschlossenen Grenzen, denen man sich nur unter Ausschluss fotofähiger Geräte nähern darf. Von dumpf schallenden Raketeneinschlägen, die durch die Nacht zucken. Hier entsteht die Idee, eine Spendenaktion zu Gunsten syrischer Flüchtlinge ins Leben zu rufen.
    Seit über vier Jahren wütet der Bürgerkrieg in Syrien. Insgesamt zwölf Millionen Menschen sind auf Hilfe angewiesen, ein Großteil davon Kinder. Wir wollen durch die Unterstützung der Syrienhilfe e.V. einen Beitrag leisten. Zu diesem Zweck wurde der Reisebericht allen interessierten Magazine kostenfrei überlassen. Stattdessen wünschten wir uns, dass die jeweiligen Plattformen einen entsprechenden Betrag spenden, anstatt uns ein Honorar zu bezahlen. So konnte schon vor Veröffentlichung des Artikels durch Spenden von MTB-News.de und dem Bike Magazin eine Summe erreicht werden, die unsere kühnsten Vorstellungen übertroffen hat. Mit eintreffen der Spenden dieser zwei Magazine im Laufe der Woche werden bereits 400 Euro zu verbuchen sein. Nun möchten wir auch alle Leser darum bitten, unser Vorhaben zu unterstützen. Wir haben uns ein Spendenziel von 600 Euro gesetzt. Ich bin mir allerdings sicher, dass wir dieses Ziel gemeinsam übertreffen können.
    Mehr Infos zur Syrienhilfe e.V. findet ihr unter http://naturephile.de/spendenaktion oder http://www.syrienhilfe.org/. Hier erreicht ihr direkt die Spendenaktion.
    Wir bedanken uns bereits jetzt herzlichst bei allen Spendern und sonstigen Unterstützern. Wir sind sehr gespannt, was hier passieren wird.
    Zuletzt geändert von Starkbier; 26.05.2015, 14:49.

  • grenzenlos
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    #2
    AW: [TR] [GE] A Story about Cows

    Starkbier, danke für den prima Bericht. Ist echt kein Helles Bier, hat absolute Stärke!

    LG grenzenlos
    Zuletzt geändert von grenzenlos; 26.05.2015, 14:25.
    Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

    Gruß, Wi grenzenlos

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    • codenascher

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      #3
      AW: [TR] [GE] A Story about Cows

      Selbst wenn mir der "Magazinschreibstil" nicht 100%ig gefällt, hast du dennoch einen sehr schönen Einblick in eure Reise gewährt. Ich bin mir sicher, dass ihr noch lange von euren Erlebnissen zeren werdet!

      und einmal mehr merke ich, Wir brauchen mehr Berichte aus dem Osten.

      Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

      meine Weltkarte

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      • Starkbier
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        • 13.09.2010
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        #4
        AW: [TR] [GE] A Story about Cows

        Zitat von grenzenlos Beitrag anzeigen
        Starkbier, danke für den prima Bericht. Ist echt kein Helles Bier, hat absolute Stärke!

        LG grenzenlos
        Danke für die Blumen!

        Zitat von codenascher Beitrag anzeigen
        Selbst wenn mir der "Magazinschreibstil" nicht 100%ig gefällt, hast du dennoch einen sehr schönen Einblick in eure Reise gewährt. Ich bin mir sicher, dass ihr noch lange von euren Erlebnissen zeren werdet!

        und einmal mehr merke ich, Wir brauchen mehr Berichte aus dem Osten.
        Na da hast du ja Glück. Ende des Sommers wird es wohl wieder etwas aus dem Osten geben!

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        • Starkbier
          Gerne im Forum
          • 13.09.2010
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          #5
          AW: [TR] [GE] A Story about Cows

          War die letzten Tage leider zeitlich etwas ausgebucht, daher gibt es erst jetzt den nächsten Part. Viel Freude!

          Kapitel II

          Junge Blondinen

          Durch die kargen, an die Hitze angepassten Büsche starren uns einige neugierige Kinderaugen an. Sie sind mit Sicherheit überzeugt davon, dass wir sie noch nicht bemerkt haben. Ihr Kichern und Gackern ist jedoch beim besten Willen nicht zu überhören. Umso überraschter blicken die Augen, als wir sie zu uns winken. Einer der jungen Burschen hat einen Fußball dabei, der durch die abstehenden Kunstlederfetzen jedoch eher einem Salatkopf ähnelt. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, unser Weltmeisterblut unter Beweis zu stellen. Die anderen Jungs leihen sich derweil mein Fahrrad aus und drehen außerhalb unserer Sicht einige Runde. Was soll schon passieren, sind schließlich keine Kühe.



          Wir befinden uns am Ufer des südöstlich gelegenen Vansees, der viel mehr einem kleinen Meer, als einem See ähnelt. Er ist gar so groß, dass man trotz klarer Luft nicht zum anderen Ufer hinüber sehen kann. Nur schemenhaft lassen sich die südlich angrenzenden Gebirgszüge erkennen. Es könnte einen schlechter treffen, als bei guten 30 Grad auf 1719 Metern direkt am "Meer" zu zelten.
          Nach einer halbe Stunde hört man das leise Rasseln des Freilaufes. Mit gesenktem, sichtbar beschämtem Blick kehren die Burschen zurück. Sie schieben das Rad. Als sie es mir übergeben, trauen sie sich beinahe nicht, mir in die Augen zu schauen. Der Blick eines Kindes, das etwas verbrochen hat. Tatsächlich haben sie es geschafft vier Pins aus den Pedalen zu brechen und den Bowdenzug des Umwerfers heraus zu rupfen. Ich bin nicht einmal verärgert, sondern viel mehr erstaunt, wie sie das schaffen konnten. Seit einem Jahr, inklusive einiger unangenehmer Steinkontakte, fahre ich diese Pedale und konnte bisher nur zwei Pins herauslösen. Der Schaltzug hängt ohne Endkappe in der Umwerfermechanik, ist jedoch schnell wieder montiert. Erleichterung scheint sich unter den Kindern breit zu machen. Sie fühlen sich nun gar so wohl, dass sie sich unsere Räder einfach ungefragt ausleihen.



          Generell sind sie recht frech und haben etwas Seltsames an sich. Zum ersten Mal sehen wir Türken, die blonde Haare haben. Dass sich eine ganze Schar Burschen die Haare blondieren, können wir nicht so recht glauben. Daher fragen wir nach. "Güneş?" Kopfschütteln - nicht die Sonne. "Van Gölü!" Der See? Tatsächlich hatten wir beim ersten Badegang auch bemerkt, dass sich weiße Rückstände auf Haut und Hosen gebildet hatten.
          Unsere erste Vermutung geht in Richtung des massiven Abfallproblems, das uns immer wieder begegnet. Der Sinn für Umweltschonung ist in den ländlichen Gebieten noch nicht in den Köpfen angekommen. Inflationäres Verpacken mit Plastiktüten allerdings schon. Denkbar schlecht wirkt sich diese Kombination auf so manchen schönen Ort aus. Hier kommt jedoch ein anderes Phänomen zum Tragen. Das Wasser des Vansees ist auf Grund einer geologischen Besonderheit extrem alkalisch. Durch den Vulkan Nemrut Dağı wurde der Abfluss am Westufer versperrt, was zu einer extrem hohen Konzentration an Soda und anderen Salzen führt. Der Clou: die selben Bestandteile werden zur Herstellung von Waschmitteln verwendet. Wir nehmen daraufhin Abstand vom See, die Kinder tollen unbekümmert weiterhin darin herum.

          Fastenbrechen

          Wie durch ein Brennglas feuert die Mittagssonne auf unsere Köpfe, während wir die Promenade des Vansees entlang radeln. Den Morgen verbrachten wir bei einem üppigen Frühstück am Strand, nun müssen wir für unser spätes Loskommen bezahlen. Doch ohnehin sind heute nur etwa zehn Kilometer und 400 Höhenmeter zum Ausgangspunkt unserer Süphan Dağı Besteigung zu bewältigen. Ohne auch nur einen schattenspendenden Baum anzutreffen, quälen wir uns die rote Sandpiste hinauf, bis uns ein vorbeirasender SUV sandstrahlt, was wir im wahrsten Sinne "zähneknirschend" hinnehmen müssen.



          Wider aller Erfahrungen verlassen wir uns auf die türkische Infrastruktur und nehmen lediglich ausreichend Wasser für den Aufstieg zu einem abgelegenen Örtchen am Aygir Gölü und eine einzelne Tomate mit. Wie diese sich in den Rucksack geschlichen hat, bleibt ein Rätsel. Das kleine Bergdorf ist der Ausgangspunkt aller Wandertouren, was im Umkehrschluss doch bedeuten sollte, dass man dort einkaufen kann. Natürlich entpuppt sich das Dörfchen als viel kleiner und menschenleerer als erwartet. Wir durchqueren es einmal komplett und schlagen unser Zelt direkt am See, unweit eines Restaurants auf, das geschlossen hat. Wird schon öffnen, irgendwann.
          Überraschender Weise - wahrscheinlich jedoch für niemanden, der das hier liest - hat das Restaurant derzeit durchgehend geschlossen. Immerhin erwischen wir den Besitzer und können ihm ein paar wohltuende, kalte Flaschen Cola abkaufen, bevor er mit einem vier Meter langem Holzstab, an dessen Ende ein zweispitziger Fleischerhaken mit einem Tau befestigt ist, fischen geht. Seine angewandte Technik ist dabei grausam und beeindruckend zu gleich.
          Ohne Köder platziert er den Haken einfach im Wasser und wartet, bis ein nichtsahnender Fisch darüber hinweg schwimmt. Dann reißt er die ganze Apparatur schnellstmöglich in die Luft und schleudert so den ventral durchbohrten Fisch an Land. Seine Beute ist dabei erstaunlich riesig. Manche Exemplare messen in etwa einen halben Meter.



          Zeitgleich kommen die Abnehmer der Fische an. Es ist eine große türkische Familie, die samt Cousinen, Cousins, Nichten, Großeltern und Freunden in drei großen Pickup Trucks vorfährt. Sie kommen aus der noch südlicher gelegenen Stadt Batman. Nicht zu verwechseln mit dem DC Superhelden. Nemat, der zweitälteste Sohn, spricht gar ein recht solides Englisch, so dass wir uns gut austauschen können. Kurzerhand werden wir zum abendlichen Fastenbrechen eingeladen. Man würde uns am Abend wieder zurück fahren, so dass wir morgen in der Früh zum Gipfel starten können. Wie könnten wir nein sagen.
          Vor einer riesigen Villa in Adilcevaz machen wir halt. Es brennt bereits Feuer unter einem Grill und einem ornamentbestücktem Teekessel. Der Hausherr kommt direkt mit einem Telefon auf uns zu, da er tatsächlich seinen Bruder in Esslingen angerufen hat, um mit uns zu sprechen. Etwas unvermittelt wird uns das Telefon gereicht. Klischeehaft heißt er Mehmet. Er führe ein türkisches Restaurant in Deutschland und wurde uns nur zu gerne einmal einladen. Immer wieder bin ich der Meinung, dass nun der Gipfel der Gastfreundschaft erreicht sein muss, nur um Minuten später eines besseren belehrt zu werden. Jeder, wirklich jeder, der kein wirtschaftliches Interesse an uns hat, ist umso interessierter an unserer Geschichte und verhält sich umso freundlicher gegenüber uns. Sehr erfreuliches Kontrastprogramm zum Alpenraum.
          Da derzeit Ramadan ist, darf vor Sonnenuntergang nicht gegessen werden. Bereits jetzt brutzeln jedoch Leckereien in allen Ecken des Garten und des Hauses. Nicht nur uns läuft das Wasser in Strömen im Mund zusammen, auch Veysi, ein Freund der Familie, ist nicht besonders geübt in Zurückhaltung. Während wir uns unter Achtung der religiösen Tradition beherrschen wollen, greift Veysi immer wieder langfingrig auf den Grill und schiebt sich eine Leckerei in den Mund. Sie nennen ihn auf Grund dessen und seiner Größe auch liebevoll tadelnd "ungläubiger Sohn eines Zwerges". Immer wieder fällt dieser Ausdruck, was zu einem Ausbruch schallenden Gelächters führt.



          Als alles zubereitet ist, werden wir in das Ferienhaus geführt. Die Männer speisen in einem Extraraum, wobei es sich einer der Männer nicht nehmen lässt, gemeinsam mit seiner Tochter im anderen Raum zu essen. Wer sowohl X- als auch Y-Chromosom vorweisen kann, darf sich zuerst an den Köstlichkeiten bedienen, bevor die Reste an das "Frauenzimmer" weitergegeben werden. Selbstredend missfällt uns diese Trennung, doch in Anbetracht der sonstigen Erfahrung bezüglich des Frauenbildes, die wir im Osten der Türkei machen konnten, ist dies ein verschmerzbarer Kompromiss. Zudem wurden wir bei unserer Ankunft mit Umarmungen und Küssen von unverschleierten Frauen begrüßt, was alles in allem den Eindruck erweckt, dass hier ein sehr aufgeklärter Islam gelebt wird. Das reichhaltige, kurdische Barbecue hilft womöglich auch, über gewisse Mängel hinweg zu sehen.



          Unsere Augen müssen beim Anblick des überschwänglichen Buffets unendlich groß geworden sein. Ich kann abgesehen von den Chicken Wings und Tomaten kein Gericht zuordnen, doch alles sieht umso köstlicher aus. In einem großen Kreis versammelt sitzen wir auf dem Boden. Uns kommt die Ehre zu Teil, das Fastenbrechen zu eröffnen. Unbekannte Gewürzkombinationen und völlig neue Geschmäcker lassen die Geschmacksknospen tanzen. Unaufhaltsam bringt Großmutter immer mehr gestapelt volle Teller. Unfassbar.
          Wild wird beim Essen über die im Hintergrund laufenden Nachrichten diskutiert. Immer wieder werden uns die Meldungen erklärt. Größtenteils geht es um Syrien. Obwohl Batman noch ein gutes Stück von der syrischen Grenze entfernt liegt, werden uns eindrückliche Geschichten über Raketeneinschläge in unmittelbarer Nähe erzählt. Das Haus eines Freundes wurde sogar zerstört. Auch den Militärposten an der türkisch-syrischen Grenze dürfe man sich nur mit Genehmigung und unter Ausschluss von fotofähigen Geräten nähern. Das uns geschilderte Leid der syrischen Bevölkerung scheint unfassbar. Durch die Mattscheibe kann man eine gewisse Distanz waren, die vor allzu großer Anteilnahme effektiv zu schützen scheint. Die hautnahen Augenzeugenberichte wecken in uns jedoch eine unglaubliche Betroffenheit. Hier begründet sich auch die Idee, eine Spendenaktion ins Leben zu rufen.
          Der Fernseher wird ausgeschaltet. Vermutlich, um die Stimmung wieder etwas aufzuheitern. Als alle satt sind, stehen die Männer einfach auf und verschwinden auf die Dachterrasse. Wir wollen noch helfen, Teller in die Küche zu räumen, werden aber daran gehindert. Stattdessen sitzen wir draußen und nehmen die Flut an Facebookanfragen an. Tatsächlich, und das darf man nun in Anbetracht der zombieartig auf ihre Telefone starrenden Jugend glauben oder nicht, ist der Wert des sozialen Netzwerkes bedeutend höher als in Deutschland. Jeder ist angemeldet, jeder ist mit jedem befreundet, jeder wird sofort hinzugefügt und jeder teilt seinen gesamten Tagesablauf online - so zumindest mein Eindruck.
          Lange sitzen wir auf der Dachterrasse, essen Feigen und Pistazien, reden und betrachten den klaren Sternenhimmel. Irgendwann heißt es jedoch Abschied nehmen. Unfassbar dankbar verabschieden wir uns von allen. Welche Gastfreundschaft. Doch als wäre noch nicht genug getan, fahren sie mit uns zunächst in die Stadt, um einzukaufen. Die ohnehin schon angenehmen Preise sinken nochmal in Anbetracht unserer einheimischen Begleitung. Außerdem steuern sie ganz andere Adressen an, als wir es tun würden. Vollbeladen mit allerlei Schmackhaftem lässt Nemat den SUV über die Sandpiste fliegen. Veysi streckt bei voller Fahrt seinem halben Körper aus dem Fenster. Das Bild liegt irgendwo zwischen einem Geruillakämpfer und einem Fahrtwind liebendem Hund. Letztlich bleibt er aber einfach nur der "ungläubige Sohn eines Zwerges." Wie schon so oft während dieser Reise muss ich einfach schmunzeln, verschränke die Arme hinter dem Kopf und genieße die Situation. Ferner könnten Probleme nicht sein.

          Hitchbiking

          Schon während der Fahrt von Olgunlar an den Van See durften wir Zeuge der enormen türkischen Hilfsbereitschaft werden. Als wir die letzten Häuser hinter uns lassen und so das Kapitel am Kaçkar Dağı final beenden, kommt dieses aufregende Aufbruchgefühl auf. Diese Lust zu radeln, Strecke zu machen, Neues zu sehen. Tatsächlich ändert sich südseitig die Vegetation vollkommen. Es gibt keine Spur mehr von den grün florierenden Hängen, stattdessen erinnern die Berge nun an eine karge Marslandschaft. Rottöne dominieren die Farbpalette. Es ist heiß, doch die leicht abfallende Sandpiste liegt größten Teils geschützt in einem schmalen Canyon, so dass wir äußerst angenehm voran kommen.



          Das scheint der Fahrer eines Tanklastwagens jedoch anders zu sehen. Nachdem wir keine Stunde auf einer etwas größeren Straße unterwegs waren, passiert er uns, zieht sofort rechts rüber und winkt uns zum Straßenrand. Er wolle uns bis Erzurum mitnehmen. Uns gefällt die Idee. Da wollen wir sowieso hin. Jeden Kilometer selbst zu fahren ist ohnehin längst vom Tisch. Eine Frage bleibt jedoch offen: Wohin mit den Fahrrädern? Er zeigt auf die schmale Metallrehling auf dem Tank des Vehikels und schreitet zurück zur Fahrerkabine. Ich denke, er wird einige Spanngurte holen und so langsam kann ich mich mit dem Szenario anfreunden. Tatsächlich kommt er aber mit einigen dünnen Tauen zurück - nein, eher Schnüren - die ihre besten Tage vermutlich vor rund zwanzig Jahren hatten. Längst ist es zu spät um noch zurückzuziehen, der Fahrer befindet sich bereits unbeirrt auf der dritten Sprosse der wage befestigten Metalleiter und verlangt nach dem ersten Fahrrad. Ich halte mein Rad bei der Übergabe eine Sekunde länger fest, als man es bei gänzlicher Überzeugung tun würde und spreche eine Stoßgebetsalve an Gott, Allah, Buddha, Zeus, den Gott der Kühe. Mir egal wer hilft. Hauptsache jemand tut es.



          So recht glücklich schaut unsere Mitfahrgelegenheit jedoch nicht, als ich mit Argusaugen bewaffnet ebenso auf die Rehling klettere. Und so recht glücklich schaue ich auch nicht, als ich sein Werk sehe. Zwar scheint alles erstaunlich gut befestigt zu sein, aber Metall auf Metall mag mir nicht zusagen. Wir betten die Drahtesel auf allen Fleece-Pullovern und Tüchern, die wir auftreiben können. Er versteht es nicht. Wir verstehen nicht, dass er nicht versteht. Doch letztlich verstehen wir uns ziemlich gut. Wenn auch wie immer mit Hand und Fuß. Nicht die beste Kommunikationsart, während man einen LKW steuert. Erstaunlicher Weise wendet er allerdings jedes Abkommen von der Spur rechtzeitig vor der naheliegenden Felswand ab. Da schnallt man sich besser an. Achja, Gurte gibt's keine! Stattdessen ist die Fahrerkabine unserer Mitfahrgelegenheit vollständig mit einem Gebetsteppich verkleidet, überall hängen Tücher und Misbahas in allen erdenklichen Farben. Für jeden Fernfahrer fungiert der LKW gleichzeitig als Moschee, weshalb auch ohne Schuhe gefahren wird. Ob er sich das gut überlegt hat? Wie eine Waschmaschine von Innen aussieht dürfte unseren Socken nur noch sehr schummrig im Gedächtnis sein. So mischt sich der Duft von Abenteuer mit den vielen etherischen Ölen der fahrbaren Moschee. Interessant. Ich würde den Duft "Selbstgeiselung" nennen. Doch ihn scheint es nicht weiter zu stören. Zumindest lässt er eine höfliche Frist verstreichen, bevor er sein Fenster komplett nach unten kurbelt.









          An einem Autobahnkreuz kurz vor Erzurum befreien wir die Räder aus den Fängen der Rehling und gehen getrennte Wege. Wir befinden uns in einer der konservativsten Gegenden der Türkei. Erst kürzlich lasen wir den wunderbaren Satz "In Erzurum, wie auch in der gesamten östlichen Türkei, gelten Männer in kurzen Hosen als lächerlich." Wie sich das wohl mit bunten, dreckigen, kurzen Fahrradhosen verhält? Wir werden es nicht erfahren, um Erzurum machen wir tendenziell einen Bogen. Angefixt vom schnellen Vorankommen halten wir einfach mal die Daumen raus. Tatsächlich lässt der nächste, perfekt auf den Transport von Fahrrädern abgestimmte LKW, nicht lange auf sich warten. Als der Fahrer aussteigt, scheint er sich nicht einmal selbst sicher zu sein, wo sich ein geeignetes Plätzchen auf den hunderten verschiedenen Kunststoffrohren seiner Ladung bietet. Aber das türkische Wesen kennt keine Probleme, sondern lediglich Lösungen. Schließlich liegen die Räder Löffelchen auf dem Plastikgipfel und werden mit einem Spanngurrt "fest" verzurrt.
          Wieder begrüßen wir unseren Fahrer mit "Selbstgeiselung". Sein Fenster ist von Anfang an offen. Wie unhöflich. Solange wir bald am Süphan Dagi ankommen, wollen wir ihm verzeihen.

          Sandkasten

          Auf einer Hochebene am Fuße des Süphan Dagis läuft uns ein einsamer Hirte entgegen, der aufdringlich nach unseren Telefonen fragt. Er müsse einen Anruf tätigen. Bereits im Vorfeld hatten wir davon gelesen, dass die hiesigen Hirten dieses Spielchen treiben. Erst nehmen sie dein Handy, dann wollen sie Geld oder Zigaretten. Wir behaupten, kein Telefon dabei zu haben. Mit skeptischem und gleichzeitig erbostem Blick mustert er uns, bevor er nach Geld und Zigaretten fragt. Wieder verneinen wir, bevor wir einfach weiterziehen. Auf Grund seines dicken Parkas aus Schafswolle, den ausgefallenen Zähnen und wild zuckenden Augen wirkt der Hirte wie ein verrückter Voodoo-Priester. Es würde mich nicht wirklich wundern, wenn er in seinem Zelt verschwindet und mit einem Trank aus Schildkrötenpanzer, Froschaugen und geriebenem Kuhhorn den Zorn seiner Ahnen auf uns hetzt. Zunächst verschwenden wir jedoch keinen weiteren Gedanken an diese Begegnung und pedalieren die sandige Piste im morgendlichen Dunst bei halbwegs erträglichen Temperaturen hinauf. Auf etwa 2600 Metern endet der Feldweg in einigen Ruinen, die wohl einst den Hirten Unterschlupf boten. Ab hier lässt sich noch ein kurzes Stück im Sattel bewältigen, bevor der Trageteil beginnt.





          Wieder einmal findet man keine Karte in unserem Gepäck, wir konnten lediglich von einem Wanderführer am Kaçkar Dağı einige Auszüge abfotografieren. Außerdem hat uns der Besitzer ein Schema der Aufstiegsroute auf eine Serviette gezeichnet. "Professionell" und "gut vorbereitet" sind daher nur zwei Attribute einer langen Liste, die auf uns zutreffen. So richtig gut liest es sich natürlich nicht auf dem kleinen Display der Spiegelreflexkamera und so richtig akkurat ist die halb verlaufene Schmiererei auch nicht, aber ist schließlich nur ein 4000er. Wie nicht anders zu erwarten, reicht die Auflösung der Karte in Kombination mit dem Ausbleiben jeglicher Markierungen schon zu Beginn nicht aus, um mit Sicherheit den richtigen Weg einzuschlagen. Trotzdem finden wir etwas, das nach einem Pfad ausschaut und folgen ihm. Zumindest zeigt er nach oben.





          Anfangs scheint der Berg gnädig und verwöhnt die Beinmuskulatur mit griffigem Wiesen- und Felsboden, so dass der Aufstieg zügig vorangeht. Leider hält unser Glück nicht besonders lange. Zunehmend wird die Bergflanke von einer dicken Schicht Sand bedeckt, die bei jedem Schritt ein Vielfaches an Kraft verlangt. Als würde man eine Schneeschuhtour mit Stöckelschuhen gehen, sinkt man teilweise schienbeintief ein. Das muss eindeutig der richtige Weg sein. Als wir schon am Ende unserer Kraft sind, begegnet uns ein wildes Pferd in etwa 3500 Metern Höhe. Es mustert uns mit demselben skeptischen Blick des Hirten - einer seiner Ahnen? Jedenfalls müssen wir zu seinen Füßen kapitulieren. Ein falscher Schritt, ich sinke ein und mein Rad stürzt wie die Schneide einer Guillotine auf meinen Nacken herab. Das Pferd wiehert. Vor Freude, wie ich mir einbilde. Mehr unangenehm als schmerzhaft trifft mich das Kettenblatt, dennoch nehmen wir den Sturz zum Anlass, ab hier ohne Räder im Sandkasten zu spielen. Hätte ich nur ein Fatbike - dann wäre ich gar nicht erst auf die Idee gekommen es hier hoch zu tragen.
          Trotz aller Erschöpfung und der rational einzig richtigen Entscheidung trifft mich das Zurücklassen des Rades enorm. Dieses Mal ist es nicht die Unfahrbarkeit, die uns vom Gipfel trennt. Dieses Mal sind es einzig und allein wir selbst. Unser Durchhaltevermögen. Unser Körper. Unser Geist. Nur wir. Auf 4000 Metern mit dem Rad zu stehen war auf irgendeine Weise das große Dogma der Reise - und nun aufgeben? 500 Höhenmeter unter dem Gipfel? So unbegreiflich diese Entscheidung aus der Höhe eines Bürostuhls klingen mag, war es in dieser Situation schlicht unmöglich. Schon allein der Aufstieg ohne Räder verlangt uns noch einmal alles ab. Wir kämpfen uns weiter durch den Sand. Zwei Schritte vor, einen zurückrutschen, Schuhe von Sand befreien, dazwischen in etwa zweihundert Herzschläge. Dann das Ganze von vorne. Je weiter wir uns dem Gipfel nähern, desto mehr rückt allerdings die Ernüchterung über den repetitiven Aufstieg in den Hintergrund. Lediglich der in einiger Entfernung gelegene Ararat überragt den Süphan Dagi. Ansonsten bietet sich ringsherum Erhabenheit in Reinkultur.





          Wir überblicken die komplette Vansee-Region und meinen sogar, dass die Erdkrümmung sichtbar wird. Das mag jedoch auch an der Dehydration gelegen haben. Beflügelt von der zunehmenden Schönheit der Natur erreichen wir letztlich den auf 4058 Metern gelegenen Gipfel. Das flache Umland verstärkt die Wahrnehmung der schieren Größe des Gipfels ungemein. Für mich der beeindruckendste Ausblick der Reise. Anders als am Kaçkar Dağı, ähnelt der Anblick keineswegs den Alpen. Alles ist rot, schroff und in magentafarbenes Abendlicht getaucht. Eine völlig neue Erfahrung. Allerdings stürmt es geradezu auf dem Kamm, so dass wir nur wenige Minuten dort verbringen, bevor wir wieder zu den Fahrrädern absteigen.
          Erneut mustert uns das Pferd. Dieses Mal habe nur ich ein Schmunzeln über. Wir waren oben. Schluck das! Allerdings sollte man die Ahnen eines Hirten, den man verärgert hat, nicht verspotten. Nachdem wir den teils anspruchsvollen Trail im Schein der immer tieferstehenden Sonne bewältigt haben, landen wir wieder auf einer breiten Sandpiste, die uns zurück in das kleine Dorf am Aygir Gölü bringen soll.









          Zunächst werden wir nur von der hereinbrechenden Dunkelheit gejagt, plötzlich verfolgen uns jedoch zwei wild bellende Hunde. Mit verschränkten Armen steht der Hirte am Horizont und blickt zu uns herab, während seine Höllenhunde mit unbeschreiblicher Geschwindigkeit auf uns zu hetzen. Wir schalten in aller Eile mehr Gänge hoch als es die Komponenten zulassen. Ich verfluche meine fahrlässige Schaltwerkseinstellung, bis endlich die Kette in den richtigen Zähnen Halt findet. Gezeichnet von der heutigen Unternehmung drohen die Schenkel zu explodieren. Die Vierbeiner kommen immer näher, sind nur noch wenige Meter von unseren Hinterrädern entfernt und bellen mit unablässiger Lautstärke.
          Augenblicklich muss ich an unsere erste Hundebegegnung denken. Auf dem Weg von Ayder nach Ceymakur taucht mitten im Märchenwald ein vor Sabber triefender, scheinbar streunender Hund auf, der uns den Weg versperrt. Auch hier verfluche ich mich selbst wegen meiner Fahrlässigkeit. Eine Tollwutimpfung haben wir aus Zeitgründen nicht absolviert. Umso mehr pumpt nun das Adrenalin anstelle von passenden Antikörpern durch die Adern. Ich versuche irgendwelche durch die Lyssaviren verursachten Symptome festzustellen, tausche aber mein laienhaftes Medizinwissen schnell durch einen faustgroßen Stein ein. Felix greift sich ebenso einen Stein. Würden wir sie noch fester umklammern, könnte man darauf unsere eingepressten Fingerabdrücke vorfinden. Prinzipiell hatten wir einiges zur Verhaltensstrategie in solch einer Situation gelesen, das Wissen scheint jedoch gänzlich gelöscht. Lediglich weißes Rauschen kann ich zwischen meinen Ohren finden. Vom Rückenmark kommt der Befehl, eine allumfassende Angstlähmung zu initialisieren. Doch dann haben unsere Hirne schlagartig wieder Empfang. Wir entscheiden uns für den langsamen Rückzug. Sachte. Wir sind harmlos und tun dir nichts. Unser Widersacher ist einverstanden damit und zieht sich ebenso zurück. Ohne, dass der Blickkontakt abreißt, wächst langsam der Abstand zwischen uns. Erst nach einigen Metern außerhalb seiner Sichtweite lösen sich die krampfhaften Verbindungen zu den Steinen.
          Das Bellen reißt mich aus der Erinnerung. Immer noch sind die Hunde viel näher bei uns, als es uns lieb ist. Immer noch ist das Gefühl eines aufkommenden Krampfes viel präsenter, als es uns lieb ist, und immer noch streikt gelegentlich mein verstaubter Antrieb. Dann werfen wir ein letztes Mal alle verbliebenen Reserven in die Pedale. Die Komponenten ächzten so laut unter der Belastung wie unsere Gliedmaßen. Milchsäure und Muskeln scheinen sich im massenhaften Gleichgewicht zu befinden. Unsere gesamten Körper gleichen einer einzigen verkrampften Muskelzelle. Nur noch wenig Licht dringt durch die vor Anstrengung zugekniffenen Augenlieder, als wir beginnen, Abstand zu den fletschenden Zähnen zu gewinnen. Erst langsam, dann zunehmend schneller. Hangabtriebskraft wirkt auf Rädern einfach besser. Mir entweicht ein adrenalinbedingtes, langgezogenes "Fuck you!". In meiner von Hollywood geprägten Fantasie explodiert der gesamte Berg hinter uns, während wir im epischen Licht der Abendsonne von zwei Bikini-Schönheiten mit Martinis begrüßt werden. Yippie Yah Yei Schweinebacke! Tatsächlich erwartet uns aber lediglich ein weiterer Ahne des Hirten. Wie es nicht anders sein konnte, handelt es sich um eine Kuh, die genau in dem Moment ein Sprung auf die Straße macht, als Felix an ihr vorbeifährt. Sprung? Ja, richtig gehört! Diese verdammte Kuh springt doch tatsächlich auf die Straße, Felix weicht hektisch aus und erwischt so ungünstig einen Stein, dass seinem Vorderrad schlagartig die Luft ausgeht. Uns stockt der Atem. Blick zurück. Hunde? Nichts! Lauschen. Bellen? Nichts! Erleichterung. Wortlos kollabieren die Beine unter uns, wir sinken auf dem Pfad nieder und zittern die Anspannung aus uns heraus. Es ist mittlerweile beinahe dunkel und wir sind noch drei Kilometer von der Gummizelle entfernt. Als ich auf dem Pfad liege bin ich schon beinahe bereit, einfach an Ort und Stelle einzuschlafen. Schließlich will ich aber Felix auf dem Lenker mitnehmen während er sein Rad schiebt. Beim Sprung auf dem Lenker bricht allerdings ein Teil meines Schalthebels ab. Ach, hätten wir dem Hirten doch nur unsere Telefone überlassen.

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          • gargantula
            Erfahren
            • 09.12.2013
            • 222
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [TR] [GE] A Story about Cows

            Schöner Bericht... Freue mich auf den dritten Teil
            “Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.”

            (Antoine de Saint-Exupéry, französischer Schriftsteller, 1900 – 1944

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            • Starkbier
              Gerne im Forum
              • 13.09.2010
              • 54
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [TR] [GE] A Story about Cows

              Kapitel III

              Personae non gratae

              Neben unzähligen positiven Begegnungen, Gastfreundschaft und inspirierenden Personen bleiben leider niemals die gegenteiligen Erfahrungen aus. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche und sollte auch dieses Mal nicht anders sein. Meine persönlichen Favoriten beschränken sich dabei auf drei Fälle:
              Auf Grund der schieren Entfernungen in der Türkei waren wir für manche Zwischenstücke auf die zahlreichen Busverbindungen angewiesen. Dabei waren wir keine drei Stunden in Ankara, bevor wir unsere erste zwiespältige Erfahrung machen mussten. Um fünf Uhr morgens befinden wir uns vor dem Zentralen Omnibusbahnhof Ankaras. Die Dimensionen dieses Baus sind vollkommen absurd und ähneln viel mehr einem Flughafen, als der westlichen Vorstellung eines Busbahnhofes.



              Gerädert von der schlaflosen Nacht im Flugzeug warten wir vor den Hallen darauf, dass die Ticketschalter öffnen, als drei Kerle in unserem Alter auf uns zu kommen. Sie fragen, ob wir nach einem Bus suchen würden und legen schon Hand an unser Gepäck, bevor wir überhaupt etwas sagen können. Wir müssen die Schachteln regelrecht festhalten, so dass sie nicht augenblicklich mit ihnen davonstürmen. In der Innenstadt warte ihr Bus, der uns hinfährt wo wir wollen. Längst ist klar, dass es sich nicht um ein seriöses Angebot handelt. Immer wieder versuchen wir mit zunehmend eindringlichem Ton zu vermitteln, dass sie gefälligst ihre Finger von unseren Sachen lassen und einen Schritt zurück treten sollen. Zuletzt reißen wir ihnen unser Gepäck schlicht aus der Hand und flüchten in den Busbahnhof. Unbeirrt folgen sie uns und reden weiter auf uns ein. Von Müdigkeit getrieben platzt uns beinahe der Kragen, was auch sie langsam zu spüren scheinen. Nur wenige Minuten später ziehen sich zwei der drei Plagegeister zurück. Nur einer bleibt einige Zeit hartnäckig, wird jedoch letzten Endes von unserem Desinteresse für seine Anwesenheit vertrieben.
              Doch auch die offiziellen Busfahrer spielen ihre Spielchen mit uns. Während uns am Ticketschalter noch versichert wird, dass unser Gepäck ohne zusätzliche Kosten befördert werden wird, verlangt der Busfahrer auf einmal zwanzig Lire pro Nase. Noch unwissend über das Wesen türkischer Busfahrer bezahlen wir einfach. Allerdings wandert das Geld nicht in die mit dem Firmenlogo bestickte Geldtasche, sondern direkt in den privaten Geldbeutel des Fahrers. Uns ist es aber nahezu egal. Wir sind lediglich froh, endlich auf dem Weg ins pontische Gebirge zu sein.
              Generell sind die Busfahrer eine geschäftstüchtige Gruppe, die, verständlicher Weise, jede Gelegenheit ergreift, Ausländer über den Tisch zu ziehen. Doch bleiben sie ironischer Weise sehr fair dabei. Bemerkt man ihre List, bleibt beharrlich und weist sie darauf hin, sind sie durchaus kooperativ. Ein etwas harscherer Ton schadet jedoch nicht, um diese Kooperationsbereitschaft zu wecken. So sitzen wir auf dem Weg nach Georgien in einem kleinen Dolmuş, der uns eigentlich vom Vansee bis zurück an die Schwarzmeerküste bringen soll. Unsere Räder sind "fachmännisch" auf dem Dach verstaut, so dass mir bei jedem Schlagloch - und die sind alles andere als selten - ein leichter Schauer den Rücken hinab läuft. Irgendwann halten wir in einer etwas größeren Stadt. Wo diese lag oder wie sie hieß, weiß ich nicht mehr, denn dieser Stop stand eigentlich nicht auf der Agenda. Wir sind die letzten verbliebenen Mitreisenden, weswegen der Busfahrer wohl urplötzlich der Meinung war, dass diese Fahrt nicht weiter lukrativ für ihn sei. Wir sollen aussteigen, sein Kollege würde uns weiter mitnehmen. Natürlich weigern sich alle unsere Instinkte, dem Befehl Folge zu leisten, doch sind wir halbwegs zuversichtlich, als sich neuer und alter Fahrer unterhalten, er auf uns zeigt und rüber winkt. Allerdings werden wir kurz vor der Abfahrt dann doch erneut zur Kasse gebeten. Schon etwas geschult bezüglich solcher Maschen weigern wie uns, legen das Gepäck in den Dolmuş und setzen uns einfach demonstrativ hinein. Tatsächlich hält die Diskussion nur noch kurz an, bevor er uns zähneknirschend mitnimmt. Dieses Feilschen und Grenzen ausloten ist sicher Produkt der arabischen Kultur und im Vorfeld der Reise, wie auch bei den ersten Malen, erscheint es uns auch ganz charmant und erfrischend. Doch nachdem man zum dreihundertvierundachzigsten Mal versucht hat uns irgendwie übers Ohr zu hauen, verfliegt die Freude darüber. Tatsächlich sind wir recht froh, in Kürze Georgien zu erreichen und einen neuen Kulturkreis kennen zu lernen. In Tiflis sollen wir auch auf mein persönliches Highlight in Sachen Skurrilität treffen.

              Our lovely F***khole

              Wir sind verabredet mit Tom und Ryse, zwei Engländer, die wir in Batumi kennengelernt haben. Sie sind bereits vor einigen Monaten in ihrer Heimatstadt mit dem Reiserad gestartet und wollen am Ende bis Indien fahren. Dabei sammeln sie über einige kleine Sponsoren für jeden gefahrenen Kilometer Spenden. Der Erlös geht an ein Weisenheim in ihrer Heimat. Wirklich großartige Charaktere, auch wenn womöglich noch mehr Geld zusammengekommen wäre, wenn sie für jeden getrunkenen Liter Alkohol Spenden bekommen hätten. Schon in Batumi hatten wir eine wilde Zeit mit ihnen. Dass Felix und ich nach einer durchzechten Nacht textillos im kuschligen Ehebett aufgewacht sind, unwissend wie es dazu kam, sei nur am Rande erwähnt. Nun sollen wir jedenfalls nach Tiflis kommen. "Our lovely f***khole" nennen sie liebevolle das billigste Hostel Tiflis, indem sie schon einige Zeit ausharren, um auf das iranische Visum zu warten. Bei der Unterkunft handelt es sich um einen im Kellergeschoss gelegenen, grob verputzten großen Raum, dessen "Zimmer" im Stil von Umkleidekabinen abgesteckt sind. So sind alle Schlafräume nach obenhin offen und nur mit Sperrholzplatten verkleidet. Schlaf findet man hier unten nicht viel, denn für umgerechnete drei Euro die Nacht wartet die Herberge mit Abendessen und einem bodenlosem Fass an Wein auf. Entsprechend lautstark fallen auch die Nächte aus. Der Wein ist zwar schrecklich und jeder halbgare Sommelier würde die rote Plörre eher als Essig bezeichnen, aber geschenkt schmeckt alles.
              So scheint das auch Madame Skurril gesehen zu haben. Bereits auffallend torkelnd kämpft sie sich in viel zu hochhakigen, schwarzen Lacklederstiefeln die Treppen zum Hostel hinunter, während sie aus voller Kehle den Namen eines Mannes schreit. Panisch stürmt ein Gast vom Tisch. Entweder verängstigt von der Rocklänge, die ihre Krampfadern in bestes Licht rückt, dem Ausschnitt, der nicht gänzlich ihrer Figur angepasst scheint, oder ob der Tatsache, dass eine schreiende, betrunkene Frau ihres Kalibers meist nichts Gutes zur Folge hat. Zielstrebig wankt sie auf die Zimmertür des geflüchteten Mannes zu und hämmert mit Inbrunst dagegen. "I WANT SEX, I WANT SEX, NOW!!!" Ein langgezogenes "no" gefolgt von einem "not again" schallt mehrfach durch die Wände. Keiner der Anwesenden kann sich das Lachen verkneifen, woraufhin sich die Dame so energisch umdreht, dass sie beinahe von der Rotation umgerissen wird. Mit einem laut stampfenden Ausfallschritt kann sie gerade noch ihr Gewicht abfangen, bevor sie auf unseren Tisch zustürmt. Ihre schlechten Extensions wedeln wie die Schlangenhaare Medusas umher und stechen sogar mir als Modelegastheniker ins Auge. Schlagartig erstarren alle Mienen zu Salzsäulen und wir senken unsere Blicke, als würde dies nur irgendwie das Bevorstehende abwenden. Wie quietschende Kreide zieht sie einen Stuhl hinter sich über den Steinboden und kommt tatsächlich an unserem Tisch zum Stehen. Weingläser schwappen über als sie ihren Ellenbogen mit unkontrolliertem Schwung auf dem Tisch abstützt. Eine unglaubliche Wolke aus Zigarettenduft, billigem Parfum und Alkohol verbreitet sich in unseren Nasenhöhlen, so dass jede Zelle des Körpers ein erneutes Luftholen verbietet. Die wackligen Stuhlbeine ordnen sich unter ihrem Gewicht zu einem "X" an und drohen die Metallwinkel aus dem morschen Holz zu lösen. Sie holt Luft und fährt mit ihrem russischen Akzent fort. "I want to get f***ed! Now!" Jeder befürchtet bereits, potentiell ausgewählt zu werden, um ihr Defizit zu stopfen. Lediglich bei einem Gast aus dem Yemen bin ich mir nicht vollständig sicher. Nach außen hin gibt er ebenso den Geekelten, doch sein auf- und abschweifender Blick lässt dieses gewisse Funkeln in seinen Augen entstehen, das kein Pokerface verbergen kann. Uns soll es recht sein. Schnapp sie dir Tiger! Dann fügt sie allerdings hinzu "by him. By my man. He's loving me. I can feel it when he is peeing on me." Verwirrte Blicke treffen ekelnde, entsetze treffen vor Lachen tränende Blicke. Wir gehören mit Tom und Ryse zu letzterer Gruppe und kippen in einem Anfall von Schnappatmung beinahe von den Stühlen. Den ganzen Abend werden wir vom Wechselspiel ausufernd detailreicher Sexgeschichten und verzweifelten Versuchen, ihren liebenden Mann aus seinem Zimmer zu locken, unterhalten. Irgendwann öffnet er auch tatsächlich die Tür. Vielleicht wegen Harndrang? Klingt nach einer Win-Win-Situation für beide. Für uns klingt es aber vor allem nach dem Signal, das Weite zu suchen. Andere bleiben. Mutig!

              Synchronisierung

              Unaufhörlich nähert sich die bleiche, porzellanartige Fratze meinem Gesicht und starrt mit seinen tief schwarzen Knopfaugen direkt in meine Pupillen. Eingefallene Wangen unterbrechen als Einziges das konturlose Antlitz und laufen in dreieckiger Form auf die unnatürlich großen Lippen zu. Angeschwollen wie durch tausende Wespenstiche scheinen die zart rosaroten Wulste gar zu groß, um den Mund vollständig zu schließen, so dass die Ansätze einiger spitzer Zähne zu sehen sind. Weiter nähert sich das Wesen in Zeitlupentempo meinem Gesicht an, als es nur weniger Zentimeter davor zum Stillstand kommt. Dann beginnt die Fratze damit, sich langsam im Uhrzeigersinn um eine horizontale Achse zu drehen. Erst fünfundvierzig, dann neunzig, dann hundertachzig Grad, bis sie letztlich verkehrtherum zu mir aufblickt, ohne auch nur einmal zu blinzeln oder den Fokus zu verlieren. Längst schreien alle Synapsen nach Flucht, doch keine Muskelzelle scheint auf die verzweifelten Befehle zu reagieren. Ich spüre, wie meine Schulterblätter mit der harten Holzpritsche, auf der ich gebettet liege, förmlich verschmolzen sind. Auch meine Fersen und Ellenbogen sind Teil des Gestells geworden. Wehrlos schaue ich den ruckartig schnappenden Sehnen zu, die unverhältnismäßig lange Arme über die Schultergelenke rotieren lassen. Als würde ein Marionettenspieler-Lehrling die Gliedmaßen steuern, zucken sie in anatomisch unkorrekter Manier heftig durch die Luft. An ihrem Ende befinden sich ebenso verwunderlich lange Finger, die in unregelmäßig abgebrochenen, roten Fingernägeln enden. Im Rhythmus einer Sinuskurve steuert der ausgestreckte Zeigefinger auf meinen Augapfel zu. Mit aller Kraft versuche ich mich von meinen Fesseln zu lösen. Vergebens. Als der rote Fingernagel beinahe an meinem Auge kratzt und ich mich schon damit abgefunden habe nun mein Augenlicht einzubüßen, lösen sich schlagartig alle Bindungen auf. Ich schieße durch den Schleier, wie ein Taucher kurz vor dem Ersticken durch die Wasseroberfläche. Das Wesen verschwindet, die harte Pritsche bleibt. Aufrecht sitze ich starr in meinem klamm geschwitzten Schlafsack. Nirgends kann ich eine Person entdecken. Lediglich sieben weiter Betten und einen tief schlummernden Felix. Aufgewühlt schiele ich im Glauben, irgendetwas übersehen zu haben, erneut von einem Bett zum nächsten. Nichts! In der Mitte des Raumes befindet sich ein massiver Holztisch, der von meiner Liege nicht vollständig einsehbar ist. Sollte er sich dort verstecken? Quatsch doch nicht rum! Du weißt, es war ein Traum. Langsam bequemen sich die körpereigenen Enzyme, das ausgeschüttete Adrenalin abzubauen. Rationalität nimmt wieder seinen angestammten Platz ein. Weiter schaue ich mich in der Hütte um. Viel zu entdecken gibt es nicht, aber die Behausung des georgischen Borjomi Nationalparks ist eigentlich sehr komfortabel. Zumindest, wenn man seine Isomatten nicht aus Platzmangel gegen Essensvorräte eintauschen muss.





              Drei Tage sollen wir brauchen, um den höchsten Berg, den Sameckhvario, zu erreichen. Das bedeutet zwei Nächte auf Holzbrettern. Das dürften wir überleben. Gaga Mumladze, der Leiter des Nationalparks, erklärt uns für verrückt, als wir unser dreitägiges Permit in der Rangerstation einholen. Noch nie sei jemand mit dem Fahrrad dort gewesen. Man müsse sich selbst verpflegen, die Räder tragen, Stock und Stein, bla, bla, bla. Die ewige Leier. Wann lernen die Leute endlich, dass wir nicht aus unseren Fehlern lernen?
              Vor einigen Tagen kamen wir von Tiflis kommend in Bojormi an, nun verbringen wir die erste Nacht unserer dreitägigen "Expedition" im Nationalpark. Immernoch sitze ich auf meiner Liege und spüre wie kleine Schweißperlen in der Zugluft des undichten Fensters auf meiner Stirn kondensieren. Am Horizont zeichnet sich bereits der magentafarbene Schimmer des bevorstehenden Sonnenaufgangs ab. Ich beschließe, den Mund der Morgenstunde auf seinen Goldgehalt zu untersuchen und sammle Holz, um unser reichhaltiges, ausgewogenes Frühstück zuzubereiten. Letzten Abend gab es Nudeln. Die wird es auch heute Abend geben. Und die wird es auch am Morgen geben. Und genauso am Morgen des folgenden Tages. Zumindest sofern die Vorräte so lange reichen. Garniert wird das Ganze mit ein paar Nüssen und getrockneten Früchten. Am ersten Tag gab es sogar ein wenig Tomatensauce dazu. Man gönnt sich ja sonst nichts.
              Felix tritt zum Frühstück an und erzählt mir von seinem verrückten Traum. Ein blasser Mann, lange Arme, lange Finger, hager, ganz dicht an seinem Gesicht, dann ist er aufgewacht. Wie bitte? Genau denselben Traum, den ich hatte? Frauen, die viel gemeinsame Zeit verbringen, sollen ja ihre Periode aneinander angleichen. Vielleicht sind Träume das männliche Äquivalent? Wobei ich mir unsicher bin, was schlimmer ist. Solch ein Alptraum, oder eine Horde gleichzeitig menstruierender Frauen. Vielleicht war aber doch jemand nachts in der Hütte und wir konnten lediglich seine Karikatur durch die im Schlafmodus befindliche Wahrnehmung erkennen? Zufriedenstellend erscheint uns keine der beiden Erklärungen. Vermutlich gibt es auch keine logischere Erklärung, als den Zufall. Sollte es tatsächlich dennoch eine reale Person gewesen sein, darf diese gern nochmal am Tag auftauchen, um uns ein wenig Gepäck abzunehmen. Dann kriegt er auch mal ein wenig Farbe im Gesicht.





              Heute warten die finalen 1300 Höhenmeter, die mal wieder mit einer 300 Höhen- bzw. Tiefenmeter Grube gespickt sind und so einige Schiebe- und Tragemeter bereithalten. Kurz unterhalb des Gipfels gibt es eine weitere Hütte, die wir diese Nacht beziehen wollen. Der Weg, dieses Mal gibt es einen und dieses Mal finden wir ihn auch dauerhaft, zieht sich wundervoll durch die grüne Flora. Den ganzen Tag sehen wir keine andere Menschen. Lediglich eine Gruppe deutscher Jugendlicher begegnet uns zweimal. Sie haben zwar ohne Fahrräder ein höheres Gehtempo, verirren sich aber wiederholt, woraufhin sie ausgerechnet von uns auf den richtigen Weg zurückgelenkt werden. Eine Karte ist ja doch nicht so unnütz.
              So schön die einsame Bergwelt auch ist, zeigt sie dennoch wieder ihre biestigen Klauen. Großteils schieben oder tragen wir, was mit einem fingerbreit Nudeln im Magen nicht wie gewohnt von statten geht. Die restlichen, bereits vorgekochten Nudeln müssen daher im kalten, zusammengeklebten Zustand ihrem vorzeitigen Ende ins Auge blicken.







              Zwei fingerbreit für den restlichen Aufstieg. Kein fingerbreit für die Abfahrt. Wir haben noch genug Nüsse und Obst, um zwei durchschnittliche Fäuste zu füllen. Das sollte irgendwie reichen. Am Ende des Tages bleibt noch eine Faust über. Doch auch diesen Abend halten die georgischen Berghütten eine Überraschung parat - eine Positive. Von der maroden Holzdecke des etwas heruntergekommenen Baus hängt eine halbwegs üppig gefüllte Essenstüte. Wir haben sie nicht bestellt und sie ist auch definitiv nicht für uns. Oder vielleicht doch ein Geschenk unseres nächtlichen Besuchers? Wie dem auch sei, erst das Fressen, dann die Moral. Ganz frisch sind die Lebensmittel ohnehin nicht mehr. Daher gönnen wir uns eines der Fladenbrote. So viel mieses Karma muss man sich leisten können. Allerdings weiß ich nicht was trockener ist. Das Brot oder das getrocknete Obst? Kondensiert unser Atem in der kühlen Abendluft, oder hauchen wir Staub aus unseren Hälsen? Wasser wird daher ebenfalls langsam zum knappen Gut. Seit der letzten Hütte konnten wir die Flaschen nicht mehr füllen. So wiegt das Gepäck wenigstens wenig. Think positive. Irgendwie fällt der Gedanke zwar schwer, während man die Schulterblätter auf den harten Holzlatten ablegt, zwischen denen jeweils eine fünf Zentimeter lange Lücke klafft. Aber wie könnte man meckern, wenn einem gleichzeitig die blutrote Abendsonne auf 2500 Metern ins Gesicht scheint.

              Vierbeiner der Gattung Specht

              Paukenschlag! Die Wand wackelt. Die Pritschen wackeln. Wir wackeln, was ist das? Bleichgesicht? Nein, ein Bär! Paukenschlag! Hektisch schälen wir uns aus den Schlafsäcken und fallen beinahe über unsere eigenen Beine. Das Essen. Er muss es gerochen haben und will nun, naja, unsere Nüsse. Alles muss raus. Wir stellen sämtliche Lebensmittel vor die Tür und verbarrikadieren den Eingang mit jedem beweglichen Möbelstück. Paukenschlag! Dieses Mal an einer anderen Wand. Wir spähen aus dem Fenster. Es ist stockfinster. Eins, zwei, drei, vier Augenpaar schweben durch die Nacht. Vier Bären? Ich bin mir unsicher. Bären im Rudel? Vielleicht eine Mutti, die ihre hungrige Brut ernähren will. Werfen Bären so viele Junge auf einmal? Und nennt man es überhaupt werfen? Verdammt, bin ich Zoologe? Wir starren weiter aus dem Fenster. Die Augen schweben auf beachtlicher Höhe. Braunbären hatte ich kleiner in Erinnerung. Dann schießt seitlich kommend eines der Tiere direkt vors Fenster und knabbert beherzt am Fensterrahmen. Wir fallen vor Schreck rückwärts auf den Hosenboden und schauen dem verdutzten Blick eines schlichten Pferdes entgegen. Über die unnötige Panik grinsend rutschen wir an die nächstgelegene Wand und reiben uns die schlaftrunkenen Gesichter. Dann Gelächter. Dann Erstaunen. Geistig grenzdebil rennt eine ganze Horde Pferde, tatsächlich mindestens fünfzehn an der Zahl, wiederholt und unaufhörlich gegen die kleine Berghütte, kaut auf den Fensterrahmen herum und wiehert fröhlich durch die Nacht. Als sich unsere Augen an die Dunkelheit angepasst haben, können wir zunehmend erkennen, wie die Wildpferde durch die Nacht galoppieren. Ein wirklich beeindruckendes Erlebnis, dem wir mindestens eine halbe Stunde widmen. Aber potzblitz, kann man hier denn nicht einmal in Ruhe schlafen?



              Am nächsten Morgen sind die Wildpferde noch immer in der Nähe der Hütte. Sie rennen allerdings nicht mehr gegen sie, sondern in scheinbar gekonnten Formationen wild über das grüne Plateau. Der leichte Rotton der tiefstehenden Sonne verleiht der ganzen Szenerie das Flair einer Malborowerbung. Wir sitzen an der sonnenseitigen Außenwand und begutachten die Situation beim Frühstücken. Jeweils zwei Krümel getrocknete Aprikose sowie eine kümmerlich gefüllte Hand Erdnüsse müssen uns heute noch auf den Gipfel und ins Tal tragen. Aber es ist ohnehin nur noch ein Katzensprung.





              Den Aufstieg spulen wir in weniger als einer Stunde herunter, schießen oben einige wenige Beweisbilder für die Ehrentafel der Rangerstation und kehren wieder zur Malborowerbung zurück. Der Zustieg erweist sich als relativ unspektakulär, ist sogar von uns problemlos zu finden. Aber umso wundervoller zeigt sich der in Morgenröte getauchte Anblick des kleinen Kaukasus. In der Ferne erkennt man sogar die schneegepuderten Gipfel des großen Kaukasus.



              Auf dem Abstieg holt uns ein riesiger, militärisch anmutender Geländewagen ein. Aus seinen aufgerissenen Fenstern wummert der Bass feinster georgischer Technobeats. Ich ahne bereits Böses. Soldaten, die im Park patrouillieren müssen, gelangweilt von der Sinnlosigkeit der Aufgabe, vermutlich leicht angesoffen und gerade auf Krawall gebürstet, den man am aller leichtesten an irgendwelchen Touristen auslässt. Naja, wir haben ja unser Permit, sonst sollten wir nichts verbrochen haben. Vielleicht kommen sie aber auch wegen des Fladenbrotes? Ich kann mir schon die Sondersendung der Nachrichten vorstellen. "Militärische Großaktion im Borjomi-Nationalpark gestartet, um flüchtige Fladenbrotdiebe zu stellen. Sie sind gefährlich und eventuell mit einer leeren Erdnussdose bewaffnet." Nein, so verrückt sind nicht einmal die Georgen.
              Der Geländewagen hält knapp vor uns, zwei Soldaten steigen gemeinsam mit einem Zivil gekleideten Mann aus der Technohölle. Natürlich kommen sie direkt auf uns zu, aber gänzlich anders als befürchtet. Was wir machen, wo wir waren, ob wir Hunger haben? Naja, ein wenig, euer Fladenbrot hat uns nicht besonders gesättigt. Von der Ladefläche wird eine Wassermelone gerollt, die wohl auf Tschernobylerde gepflanzt wurde. Ein kleines Kind hätte bequem in der ausgehölten Schale Platz gefunden.Dann wird ein beinahe ebenso großer Kanister herangekarrt, der mit einer bräunlichen Flüssigkeit gefüllt ist. Selbstgebrannter. Morgens halb zehn in Georgien. Das Frühstückchen. Flüssiger Mut für die Abfahrt, Wassermelone und Sonnenschein bei Technomusik auf 2500 Metern.









              Dann 2000 Tiefenmeter durchgehend fahrbarer Trail. Großteils so einfach zu fahren, dass man den Eindruck bekommt, es wurde händisch jede Wurzel und jeder störende Stein entfernt. Ich kann es beinahe nicht fassen. Und Gaga kann es beinahe nicht fassen, als wir ihm das Gipfelfoto auf den Schreibtisch klatschen. Noch heute, knapp zwei Jahre später, ziert der Schnappschuss regelmäßig die Facebookseite des Nationalparks. Uns gefällt's. Ein würdiger letzter Trail, um eine Reise zu beenden.



              Epilog

              Beinahe hypnotisch schwanken die Spiegelbilder des Sternenhimmels auf den Wellen des Schwarzen Meeres. Unmittelbar muss ich an die Glühwürmchen im Dilberdüzü Camp denken, die wir vor rund sechs Wochen bestaunen konnten. Mein Kopf lehnt kraftlos an die vibrierende Scheibe des ausgebuchten Reisebusses. Heute starre ich nicht mit damaliger Neugier in die Nacht. Ich bin sterbens müde, doch an Schlaf ist gerade nicht zu denken. Unaufhörlich rattert der Rekapitulationsprozess durch meine Hirnwindungen. Unaufhörlich vergleiche ich unsere Planungen mit den tatsächlich erlebten Ereignissen. Was war eindrucksvoll, was geplant und worauf trifft beides zu? Das Wort "Plan" schießt dabei so oft durch meine Synapsen, dass es für mich zunehmend zum Unwort mutiert. In der Theorie ist ein Plan so nützlich und doch ärgert es mich. Denn den brauchst du immer. Was du studierst, wann du arbeitest, wohin du reist, was du aus dir machen willst. Heute wissen, wo du in zwanzig Jahren stehst. Dabei kann ich nicht einmal entscheiden, was ich morgen essen möchte. Die großen Fragen. Manch einer mag behaupten, es sein die kleinen. So oft, wie ich jedoch genau jene Fragen "plane", kann das beinahe nicht sein. Doch seit wann kümmert es das Leben was ausgerechnet du geplant hast? Was, wenn es dir schon morgen eine Stripperin mit haarsträubendem Zahnausfall und Brüsten auf Halbmast vorsetzt? Und das ist nun keineswegs eine Metapher. Da muss ich alle Deutschlehrer schlicht enttäuschen. Hier gibt es nichts zu interpretieren, das wurde wortwörtlich so von Felix auf einer wilden Sauftour mit einem Kanadier in Tiflis erlebt. Aber was hat das nun mit unserem Plan zu tun? Ganz genau, nichts. Wir saßen nicht vor unseren Monitoren und haben uns nach den runtergekommensten Schuppen des Landes informiert. Und schon gar nicht nach den "runtergekommensten" Brüsten. Es war nicht geplant. Und dennoch ist es eine der ersten Erinnerungen, die mir zu dieser Reise einfällt. Womöglich deshalb, weil Felix bei seiner Erzählung diesen Blick im Gesicht hatte. Nicht diesen, ihr Schweine. Jenen Blick, den man sonst nur beim Lesen von Autoren wie Helge Timmerberg und Konsorten hat. Ein ganz gewisses Schmunzeln für das Besondere, für das Außergewöhnliche einer Geschichte, die jenseits von epischen Bergpanoramen, Einsamkeit, waghalsigen Unternehmungen und Natur stattfindet, aber dabei dennoch ein Abenteuer ist. So absurd es klingen mag, erweitert diese Erzählung meine schmale Definition. Es braucht eben nicht immer besagte Rahmenbedingungen. Und vor allem braucht es nicht immer den zu Hause erstellten Plan. Für mich entsteht Abenteuer dann, wenn man offen ist für neue Erfahrungen, mit dem Fluss geht und bereit ist, seine Pläne umzustoßen. Einfach die Scheuklappen in einem Flur voller Türen ablegen und einen Blick in die ein oder andere Tür werfen. Womöglich schließt man eine davon hinter sich, nur um sich in einem neuen Gang wieder zu finden.
              Wir hatten ebenso einiges mehr geplant. Noch einmal die 4000er Marke knacken im großen Kaukasus. Oder Kappadokien. Oder...Aber wir haben spontan die Pläne geändert, weil wir wunderbare Menschen kennenlernen durften. Weil der Fluss andere Pläne für uns bereit hielt. Genau dort liegt für mich auch der Wendepunkt, der aus der ursprünglichen Radtour eine Reise machte. Wir sind nicht "nur" in unserem kleinen, abgeschirmten Schneckenhaus auf Bergen herumgeturnt, sondern haben fremde, einheimische oder aus anderen Ländern stammende Kulturen kennengelernt, konnten uns mit anderen Reisenden austauschen, Freunde finden und Erfahrungen sammeln, die wir nie in der Einsamkeit gemacht hätten. So entgeht uns das ein oder andere beeindruckende Bild, der ein oder andere wundervolle Gipfel oder die ein oder andere sportliche Leistung. Und womöglich auch die ein oder andere Erkenntnis. Doch gewinnen wir dafür eine Vielzahl anderer markanter und prägender Erfahrungen fürs Leben - für mein Empfinden sogar Wichtigere.
              Was ist nun also Abenteuer? Ist es ein Alpencross mit Sternehotels und Begleitfahrzeugen, oder ist es ausschließlich die Himalayaexpedition auf 8000 Metern? Oder ist es gar alles dazwischen? Alles, was dich aus der Normalität reißt, aus dem Alltag, alles, was deine Komfortzone überschreitet, außergewöhnlich oder ungewohnt ist. So kann auch eine Stripperin zum Abenteuer werden - je nachdem, wie viele Zähne für dich Komfortzone bedeuten. Und seien wir ehrlich: wer hätte nicht gerne die Erinnerung an diese Dame dauerhaft in sein inneres Auge gebrannt?

              Spendenaktion

              Möchte gerne nochmal mit Abschluss des Berichts auf die Spendenaktion hinweisen. Es sind bereits über 800 Euro zusammengekommen. Vielleicht motiviert die Erzählung noch den ein oder anderen. Vielen Dank an alle Leser & Unterstützer!

              https://www.betterplace.org/de/fundr...ts/naturephile

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              • codenascher

                Alter Hase
                • 30.06.2009
                • 4977
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [TR] [GE] A Story about Cows

                Nochmals vielen Dank für den gesamten Bericht. Einfach nur herrlich solche Reisen nicht nur alleine (bzw. Mit dem Reisepartner) sondern mit solch vielen tollen Einheimischen und Bekanntschaften zu erleben.

                Dies war für mich definitiv auch das tollste auf unserer letztjährigen Sommertour auf dem Balkan. Erlebnisse die kein Reiseführer und keine noch so teure und durchplante Reise im Vorfeld garantieren können.

                Dankeschön


                Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                meine Weltkarte

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                • EbsEls
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                  • 23.07.2011
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [TR] [GE] A Story about Cows

                  Danke für den Bericht aus einer Ecke, zu der mein Traum langsam in einen Plan übergeht. Auch die Fotos sind großartig.
                  Einige Fragen hätte ich:
                  Hattet Ihr wirklich nur die Räder und die kleinen Rucksäcke? Oder seid Ihr zwischen den beschriebenen Highlights auch Strecke mit all Eurem Gepäck gefahren? Das kann ich nicht so richtig rauslesen.
                  Wie lange wart Ihr insgesamt unterwegs?

                  Georgien 2016, mit Borjomi und dem Guderzi-Pass - vielleicht schaffe ich das noch
                  Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                  Eberhard Elsner

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                  • Baciu
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                    • 18.07.2013
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                    #10
                    AW: [TR] [GE] A Story about Cows

                    Ja, schön mal was aus der Ecke zu lesen und die Holzpritschen ...

                    kenn ich doch

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                    • Abt
                      Lebt im Forum
                      • 26.04.2010
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                      #11
                      AW: [TR] [GE] A Story about Cows

                      Na, nicht nur jeder Unterwegs, auch wir hier sind an euren Erlebnissen und Geschichten Intressiert.
                      Eure Bilder, eure Storys sind einfach Wahnsinn. Bleibt so verückt wie ihr seid und behaltet euren abwechslungsreichen Schreibstil bei. Danke.

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                      • Starkbier
                        Gerne im Forum
                        • 13.09.2010
                        • 54
                        • Privat

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                        #12
                        AW: [TR] [GE] A Story about Cows

                        Zitat von codenascher Beitrag anzeigen
                        Nochmals vielen Dank für den gesamten Bericht. Einfach nur herrlich solche Reisen nicht nur alleine (bzw. Mit dem Reisepartner) sondern mit solch vielen tollen Einheimischen und Bekanntschaften zu erleben.

                        Dies war für mich definitiv auch das tollste auf unserer letztjährigen Sommertour auf dem Balkan. Erlebnisse die kein Reiseführer und keine noch so teure und durchplante Reise im Vorfeld garantieren können.

                        Dankeschön

                        Sorry für die verspätete Antwort. War zwischendurch wieder weiter östlich unterwegs, meist ohne Internet. Seh ich aber genauso wie du. Die Menschen haben die Reise für mich noch viel mehr geprägt, als die "sportlichen Leistungen" oder die landschaftlichen Eindrücke!

                        Zitat von EbsEls Beitrag anzeigen
                        Danke für den Bericht aus einer Ecke, zu der mein Traum langsam in einen Plan übergeht. Auch die Fotos sind großartig.
                        Einige Fragen hätte ich:
                        Hattet Ihr wirklich nur die Räder und die kleinen Rucksäcke? Oder seid Ihr zwischen den beschriebenen Highlights auch Strecke mit all Eurem Gepäck gefahren? Das kann ich nicht so richtig rauslesen.
                        Wie lange wart Ihr insgesamt unterwegs?

                        Georgien 2016, mit Borjomi und dem Guderzi-Pass - vielleicht schaffe ich das noch
                        Dank dir!
                        Wir hatten nur die kleinen Rucksäcke (30l)+eine Lenkertasche für die DSLR+eine 12l Ortliebrolle, die bei längeren Abschnitten ihren Platz an meinem Lenker gefunden hat. Ist natürlich eine recht kompromissreiche Gepäckphilosophie, aber für das Mountainbiken ist eben jedes Kilogramm weniger ein Muss. Das hat dann auch bspw. dazu geführt, dass wir im Borjomi Nationalpark ohne Isomatten los "mussten"
                        Beinahe 7 Wochen waren das (faules Studentenpack)

                        Zitat von Baciu Beitrag anzeigen
                        Ja, schön mal was aus der Ecke zu lesen und die Holzpritschen ...

                        kenn ich doch

                        Hoffe, dass du eine Isomatte dabei hattest und vom weißköpfigem Typ verschont geblieben bist

                        Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                        Na, nicht nur jeder Unterwegs, auch wir hier sind an euren Erlebnissen und Geschichten Intressiert.
                        Eure Bilder, eure Storys sind einfach Wahnsinn. Bleibt so verückt wie ihr seid und behaltet euren abwechslungsreichen Schreibstil bei. Danke.
                        Vielen Dank auch dir. Freut mich riesig

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