[NO] Jotunheimen Nationalpark – Wandern im Heim der Riesen

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    [NO] Jotunheimen Nationalpark – Wandern im Heim der Riesen

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    Jotunheimen Nationalpark – Wandern im Heim der Riesen



    Ein Sturm fegt über den Grat. Der Wind braust in den Ohren, die Regenhüllen unserer Rucksäcke knattern ein einträchtigen Trommelkonzert. Ich verstehe meine eigenen Worte nicht. Beim Aufstieg kamen uns andere Wanderer völlig durchnäßt und erschöpft aus dem Nebel entgegen. Ein Weiterkommen sei oben auf dem Gebirgskamm bei diesem Wind nicht möglich. Zu nass, zu matschig, zu windig. Wir würden gut daran tun, umzukehren – das waren ihre Worte. Eine andere Gruppe ist dem Rat gefolgt und weiter unten umgedreht. Wir wollen es darauf ankommen lassen, uns in die Hände der Natur begeben, sehen wie weit wir kommen – auch wenn wir uns den Beginn unserer Wanderung durch den Jotunheimen Nationalpark mitten im norwegischen Sommer irgendwie anders vorgestellt hatten.






    Im Regen von Gjendesheim nach Memurubu

    Mit dem Bus sind Patricia, Natascha, Markus und ich von Oslo nach Gjendesheim angereist, einem Ort – sofern man die wenigen Hütten so nennen kann – am östlichen Rand des Jotunheimen Nationalparks. Nach der vierstündigen Fahrt stehen wir plötzlich im Regen und suchen nach einem Unterschlupf in den Gebäuden rund um die Turisthytte am Ufer des Gjendesee. Mit anderen Wanderern quetschen wir uns in den kleinen Vorraum eines Cafés – nicht um lang zu bleiben, sondern um uns und unsere Rucksäcke wetterfest zu machen. Dann heißt es: Abmarsch! Der Weg ist gut markiert und mündet direkt hinter den Gebäuden in einen steilen Anstieg. Schweiß von innen, Wind und Regen von außen – ich liebe es. Im stetigen Gleichschritt gewinnen wir an Höhe und lassen die Häuser am Rand des Sees hinter uns.
    jotunheimen nationalpark wandern








    Rote T-Markierungen des norwegischen Wandervereins (DNT) dienen zur Orientierung


    Wir erreichen den Bergkamm 700 Meter über dem See. Aus dem leichten Regen ist ein solides Mistwetter geworden. Orkanartige Böen peitschen uns den Regen ins Gesicht. Er dringt durch jede noch so kleine Ritze unserer Regenkleidung. Nach zwei Stunden erreichen wir den höchsten Punkt der Tagesetappe und stehen im dichten Nebel. Die roten T-Markierungen des norwegischen Wandervereins (DNT) sind trotz ihrer geringen Abstände nicht mehr auszumachen. Und dann passiert, was passieren muss: Wir finden uns an einer Klippe wieder – weiter geht es an dieser Stelle nicht. Nach einigem Suchen und dank GPS finden wir den Weg wieder. Eigentlich zählt dieses Stück unserer Wanderung zu den schönsten Tagestouren Norwegens. Vor allem der Abstieg in Richtung Bessegen-Grat bietet einen einmaligen Anblick – bei schönem Wetter. An der schmalsten Stelle des Grats rutschen wir mehr sitzend als laufend die glitschigen Felsen hinab. Der Wind weht direkt über den See und treibt die Regengischt senkrecht nach oben über den Grat. Die Wolken ziehen in Fetzen an uns vorbei. Von Zeit zur Zeit ist der Anblick auf den Bessegen-Grat frei. Er trennt die beiden Seen Gjende und Bessvatnet, deren unterschiedliche Wasserfarben beeindruckend aussehen.

    Wir sind erschöpft, halten Ausschau nach einem Platz für das erste Nachtlager. Das Gelände ist völlig durchweicht. Dicke Grasbüschel, moosiger Boden, kleine Rinnsale: Es gibt kaum Plätze, die geeignet, geschweige denn groß genug für unsere drei Zelte sind. Schließlich finden wir Zuflucht hinter einer kleinen Kuppe kurz hinter dem Bessegen-Grat. Es ist feucht aber wenigstens windgeschützt. Einen Vorteil hat das Wetter: Es ist ausreichend Wasser zum Kochen da. 30 Minuten und ein Tütenessen später schälen wir uns aus den nassen Klamotten. Die trockenen Schlafsachen und der warme Schlafsack sind eine Wohltat. Aber die abendliche Outdoorromantik und das gemütliche Beisammensein bei guter Aussicht fallen heute leider aus.

    Zugegeben: Es kostet viel Überwindung, die klammen Klamotten am nächsten Morgen wieder anzuziehen. Zelt und Ausrüstung verpacken wir im leichten Nieselregen. Es dauert eine Weile bis wir uns im nassen Nebel warmgelaufen haben. Eine mystische Stimmung umgibt uns. Nicht immer ist das rote T einfach zu finden, trotzdem kommen wir gut voran. Etwas Abwechslung bieten die Überquerung eines Altschneefeldes und eines seichten Flusses. Plötzlich reisst die Wolkendecke auf und gibt den Blick auf den Gjendesee frei. Tief unter uns liegt die Mündung des Gletscherfluss Muru, der sein milchig-graues Schmelzwasser tosend in das Türkis des Sees ergiesst. Direkt neben der Mündung liegt die Memurubu-Hütte – eine gute Gelegenheit um unsere Sachen zu trocknen und in einem Bett zu übernachten. Ein kleinees Vier-Bett-Zimmer ist noch frei. Nach drei Stunden im Regen beschließen wir, an diesem Tag nicht mehr weiterzugehen.

    Entlang der Urdadalstjønnen bis zur Spiterstulen

    Nach dem Regen kommt Sonne – das zumindest sagt eine alte Wandererweisheit. Nun, ein wirklich klarer blauer Himmel ist es nicht, aber wenigstens regnet es nicht mehr. Nach einer gemütlichen Nacht in der Memurubu-Hütte packen wir unsere Sachen und starten in Tag drei. Da wir auf Seehöhe übernachtet haben, beginnt auch dieser mit einem 600-Meter-Anstieg. Wir lassen es langsam angehen, geniessen die tolle Aussicht über den Gjendesee und die ihn säumenden steilen Felshänge. Mittags machen wir eine kurze Rast, kochen Tee und essen eine Kleinigkeit. Tagsüber stehen Nüsse, Riegel und Würstschen auf dem Speiseplan. Leider verschlechtert sich das Wetter langsam wieder und als wir unser Nachtlager aufschlagen, hat es sich wieder so richtig eingeregnet. Ein weiterer Abend, den wir separat in unseren Zelten verbringen. Nachdem das Abendessen verspeist und die Tagebücher geschrieben sind, liegen wir in den Schlafsäcken und lauschen dem Klopfen der Regentropfen an der Zeltwand.



    Ich wache auf, weil es warm im Zelt ist. Ein Blick nach draußen: Tatsächlich ist die Sonne zwischen den Wolken hindurchgeschlüpft. Wir nutzen die Gelegenheit und breiten die nasse Ausrüstung auf den umliegenden Steinen und Grasbüscheln zum Trocknen aus. Endlich sehen wir auch etwas mehr vom Jotunheimen, dem „Heim der Riesen“. Riesen? Trotz klarer Sicht: Wesen aus der nordischen Mythologie sind weit und breit natürlich keine in Sicht. Vermutlich war es der Anblick der wilden, nach-eiszeitlichen Landschaft, der dem Nationalpark Mitte des 19. Jahrhunderts zu seinem Namen verhalf. 27 der höchsten Berge Norwegens befinden sich hier. Am Ende des Tals ist der Hellerfossen zu erkennen, ein Wasserfall der sich aus dem See Hellertjønne speist.



    Nachdem unsere Ausrüstung getrocknet ist marschieren wir los. Nach etwa einer Stunde erreichen wir den rauschenden Wasserfall, steigen an seiner Flanke auf und wandern entlang der Urdadalstjønnen, einer Kette von kleinen Bergseen. Zwischen schneebedeckten Gipfeln führt uns ein kleiner Pass ins Urdadalsbekken. In der Ferne entdecken wir an einem Berghang eine Rentierherde – etwa 50 Tiere, die sich auf einem Schneefeld tummeln. Wir beobachten sie eine Weile und halten dabei Ausschau nach einem Platz für unser Nachtlager. Oberhalb eines Sees bauen wir schließlich unsere Zelte auf. Im Licht der letzten Sonnenstrahlen waschen wir uns im eiskalten See und kochen Wasser für Tee und Abendessen. Ein kleiner Lemming sitzt unter einem Grasbüschel und leistet uns Gesellschaft. Der Tag erfährt seine Krönung, als die Rentierherde nur wenige Meter von unseren Zelten entfernt an uns vorbeizieht.



    Der letzte Tag bricht an. Wir sind nicht mehr weit von der Spiterstulen entfernt, dem Ziel unserer Wanderung. Die ehemalige Almhütte beherbergt heute Touristen. Sie liegt zwischen Galdhøpiggen und Glittertind, den beiden höchsten Bergen Skandinaviens. Dass man sie auch mit dem Bus oder dem Auto erreichen kann, machen die Spiterstulen zu einem beliebten Sommerausflugsziel und dem idealen Ausgangspunkt für Touren in und um Visdalen und die Berge des Jotunheimen Nationalparks. Wir erreichen die Hütte um die Mittagszeit und reihen uns in Warteschlange der eincheckenden Gäste ein. “Ich habe nur noch ein sehr kleines Zimmer für Euch vier frei”, sagt die freundlichen Norwegerin am Empfang. Nehmen wir! Wie klein kann schon sehr klein sein? Als wir kurz darauf die Tür öffnen zeigt sich: Die Dame hatte recht. Das Zimmer ist winzig – gerade ein bisschen größer als die beiden darinstehenden Stockbetten. Für vier müde Wanderer aber ist es genau das Richtige.

    Noch mehr Fotos auf unserer Seite:
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  • matzen
    Erfahren
    • 07.02.2008
    • 196

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [NO] Jotunheimen Nationalpark – Wandern im Heim der Riesen

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    Schön geschrieben und schöne Fotos. Gerne mehr.

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    • damiman21
      Erfahren
      • 23.06.2013
      • 255
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [NO] Jotunheimen Nationalpark – Wandern im Heim der Riesen

      Ich bin selbst schon den Grat gelaufen. Aber bei dem Wetter sag ich nur Wahnsinnig!

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      • evernorth
        Fuchs
        • 22.08.2010
        • 1842
        • Privat

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        #4
        AW: [NO] Jotunheimen Nationalpark – Wandern im Heim der Riesen

        Zu wenig Zeit???
        Ich frage mich, warum startet man bei so einem Mistwetter einen der schönsten, norwegischen Kurz-Trekks?
        Das ist ein wenig wie " Perlen für die Säue ", hat wenig bis gar nichts mit Genuss zu tun und ist dazu noch potentiell hoch gefährlich, also bitte nicht nachmachen!
        Ist allerdings auch eine Wetterecke mit magnetischer Anziehungskraft für sehr schlechtes Wetter ( ich habe hier auch schon viele Stunden auf besseres Wetter gewartet - meist war es dann noch nicht wirklich gut, noch nass , aber mit deutlich besserer Sicht ).
        My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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