[UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

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  • Johannes2801
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    [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

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    Liebes Outdoor-Forum,

    zugegeben, meine aktiveren Zeiten im Forum sind schon einige, viele Jahre her. Und auch damals war ich nicht so aktiv, dass sich wahrscheinlich noch jemand an mich erinnert. Doch in bin weiterhin ein gelegentlicher Gast auf diesen Seiten und hole mir Inspiration oder Antworten auf meine Fragen. Und immer wieder verspreche ich, dem Forum bei Gelegenheit mal wieder einen Reisebericht zu schenken. In die Tat umgesetzt habe ich es nicht. Also, es wird höchste Zeit. Hier kommt mein Bericht einer überraschend milden März-Tour auf dem Cumbria Way quer durch den englischen Lake District. Zum Einstieg ein paar allgemeine Infos zum Weg, die ersten Etappen mit Fotos folgen in den nächsten Tagen.

    Viel Spaß dabei!
    Johannes

    Zur Einführung: Der Weg im Überblick

    Der Cumbria Way führt in 117 Kilometern von Ulverston nach Carlisle und durchquert dabei den englischen Lake District. Üblich ist es, ihn in fünf oder sechs Etappen zu laufen.
    Wenn ich ihn mit einem Wort beschreiben müsste, wäre das abwechslungsreich. Der Weg ist trotz seiner eher geringen Länge wirklich unglaublich abwechslungsreich. Das betrifft sowohl die Beschaffenheit und den Charakter der Wege wie auch die unterschiedlichen Landschaftsformen.

    Anreise: Könnte kaum einfacher sein. Vom Flughafen Manchester gibt es durchgehende Züge nach Carlisle und Ulverston. Ansonsten muss man maximal einmal umsteigen. Die Reise dauert knapp 2 bis 2,5 Stunden. Aber auch eine Anreise von anderen Flughäfen in England oder Schottland ist ohne Probleme möglich.

    Laufrichtung. Üblich ist es, den Weg von Süd (Ulverston) nach Nord (Carlisle) zu laufen. Somit hat man die Sonne im Rücken (und somit bessere Fotomotive vor der Nase) und außerdem läuft man auf die Coniston Fells und auf die Langdale Pikes zu und muss sich nicht umdrehen, um dieses eindrucksvolle Panorama zu genießen. Da die Etappe vor Carlisle jedoch als die unattraktivste gilt, habe ich mich für die umgekehrte Wanderrichtung entschieden und bin somit von Nord nach Süd gelaufen.

    Wegbeschaffenheit: Sehr abwechslungsreich, es ist eigentlich alles dabei: kleine, wenig befahrene geteerte Landstraßen, Feldwege, Schotterpisten, kleine, teilweise sehr schlammige Pfade, Wurzelpfade oder komplett weglose Abschnitte beispielweise quer über Viehweiden.

    Markierung: Der Weg ist für einen ausgezeichneten Fernwanderweg überraschend „schlecht“ markiert. Ich musste sehr oft die Karten gründlich studieren, um zu wissen, wo es nun weitergeht. Oft sind zwar die Public Footpath ausgeschildert, was aber nicht immer weiterhilft. Insgesamt hat der Weg keine ausgeprägte eigene „Identität“. Es gibt kein richtiges, offizielles Logo und – anders als in Ulverston – auch keinen offiziellen markierten Endpunkt in Carlisle, der Weg verläuft sich hier ein wenig.

    Landschaften: Der Weg folgt Flussufern (River Caldew, Great Langdale Beck), durch Wälder, über Schafsweiden, durch kleinere Orte wie Keswick, Coniston oder Caldbeck, an den Seen Coniston Water oder Derwent Water entlang, durch eindrucksvolle Bergtäler zum Stake Pass oder über die ans skandinavische Fjäll erinnerten Hochebenen rund um High Pike und Skiddaw. Und ganz zum Schluss sieht man bei gutem Wetter in der Ferne sogar das Meer.

    Popularität: Wer die große Einsamkeit sucht, wird sie auf dem Cumbria Way nicht finden. Dies liegt aber nicht unbedingt daran, dass der Weg stark frequentiert ist. Zumindest habe ich nicht den Eindruck, als wären die Massen hier unterwegs. Das liegt eher daran, dass man viele Tageswanderer trifft, die sich mit den Wainwrights genannten Bergen vergnügen. Und es gibt wiederum Abschnitte, da trifft man viele Spaziergänger mit oder ohne Hund, vor allem direkt nach Carlisle, südlich von Keswick und um Elterwater. Dann gibt es aber durchaus Abschnitte, wo man zumindest im März recht einsam unterwegs ist.

    Unterkünfte gibt es zahlreich am Weg. Hostels bspw. in Borrowdale, Keswick oder Carlisle, B&B, Hotels, Bunkhouses, Guesthouses, Campingplätze etc. Freunden der etwas abgelegeneren und einfacheren Unterkünften sei Skiddaw House empfohlen.

    Bergvarianten: Übrigens: der Cumbria Way kann auch als reine Bergtour begangen werden. Alles, was man dafür braucht, ist die Ordnance Survey Landranger Map Blatt 90 und 96 und ein wenig Fantasie. John Gillham schläft in seinem Wanderführer Alternativen vor, es gibt aber noch zahlreiche weitere Möglichkeiten und Variationen.
    Zuletzt geändert von Johannes2801; 28.03.2015, 22:35.
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  • Rattus
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    #2
    AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

    Bitte bald weiterschreiben
    Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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    • Martin1978
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      • 16.08.2012
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      #3
      [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

      Zitat von Rattus Beitrag anzeigen
      Bitte bald weiterschreiben
      +1 :-)


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      Du gamla, Du fria, Du fjällhöga nord
      Du tysta, Du glädjerika sköna!
      Jag hälsar Dig, vänaste land uppå jord,
      Din sol, Din himmel, Dina ängder gröna.

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      • Johannes2801
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        #4
        AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

        Carlisle, 14. März 2015

        Es kam unerwartet und ganz plötzlich. Nichts hat die Veränderung in der Landschaft angekündigt. Eben noch fahren wir durch triste Vororte und plötzlich ist sie da, die pittoreske englische Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Unzählige seltsame kleine Hügel, auf denen Schafe weiden, kleine Steinmauern, die sich kreuz und quer über die Felder ziehen, und ganz weit weg am Horizont die Berge, schneebedeckte Berge. Fast bin ich ein wenig erschrocken, mit so viel Schnee hatte ich gar nicht mehr gerechnet. Doch was überwiegt, ist die Begeisterung über diese wunderschöne Landschaft.

        Hinter dem kleinen Bahnhof Oxenholme streifen wir die östlichen Ausläufer des Lake Districts. Das hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. So komme ich während der Zugfahrt vom Flughafen Manchester kaum zum Lesen, sondern klebe an der Scheibe, staune und freue mich darauf, die kommende Woche durch diese Landschaft wandern zu dürfen.

        Nach einer kurzen Pause im Guesthouse schlendere ich noch ein wenig durch Carlisle. Kathedrale und Castle besichtige ich nur von außen. Bald tun mir von meinem kleinen Stadtbummel ordentlich die Füße weh; das kann ja heiter werden!





        Und ich suche schon einmal den Einstieg in den Cumbria Way, um morgen früh nicht zu viel Zeit damit zu verlieren. Jetzt überlege ich, ob ich morgen abkürzen soll und hinterm Bahnhof auf den Weg einsteigen soll. Oder ist es mir wichtig, den Weg ganz offiziell zu beginnen? Mal schauen, wonach mir der Sinn steht.

        Caldbeck, 15. März 2015



        Ich habe mich für Wegtreue entschieden und bin brav zum Marktplatz gelaufen. Einen offiziellen Startpunkt gibt es hier scheinbar nicht. Irgendwie schon schade. Aber so konnte ich wenigstens nochmal an der Kathedrale und an St. Cuthbert's Church vorbeilaufen.





        Die erste offizielle Wegmarkierung habe ich an der Viaduct Estate Road gesehen. Die ersten Kilometer auf dem Cumbria Way sind nur mit einer gehörigen Portion Humor zu ertragen. Vorbei an Gewerbe und Industrie, an Lidl und einem verrammelten und verlassenen Autohaus, an einem Autoschrottplatz und immer entlang an dem ziemlich verdreckten Ufer des River Caldew.



        Am Anfang meiner Touren habe ich sowieso immer etwas mit der Motivation zu kämpfen. Da hilft dieser wenig einladende Auftakt des Cumbria Way herzlich wenig. Schon komisch, da freue ich mich Wochen oder Monate auf meine Touren, und wenn’s endlich losgeht, muss ich immer erst einmal in Fahrt kommen.

        Der Weg führt weiter durch unspektakuläre Vororte aus Carlisle raus. Da ist sogar das Holme Head Wehr ein Highlight. Dann geht es auf matschigen Wiesen weiter, wo mir unzählige Spaziergänger mit ihren Hunden über den Weg laufen. Doch ganz langsam und allmählich schleicht sich dieses Gefühl ein und plötzlich merke ich, das macht mir ja doch irgendwie Spaß.



        Der offizielle Cumbria Way folgt hier einem geteerten Fahrradweg neben den Bahngleisen. Doch es gibt immer wieder die Möglichkeit, auf kleine Pfade direkt am Flussufer auszuweichen. Kurz vor Dalston finde ich im Schatten der Nestlé-Fabrik ein nettes Fleckchen am Ufer für eine erste Pause. Was für ein Sinnbild für diesen Tourauftakt!

        Doch kurz hinter Bridge End, über eine Schafsweide laufend, stelle ich überrascht fest: der Weg ist ja eigentlich doch ganz schön. Nicht spektakulär, nicht atemberaubend, sondern von einer harmlosen, leisen Schönheit.



        So laufe ich über Schafsweiden und Wiesen, an Lime House School vorbei und immer am – zum Glück nun nicht mehr verdreckten, sondern wirklich schönem – Ufer der River Caldew entlang. In der Ferne tauchen dann Berge auf, nur ganz undeutlich und im Dunst kaum zu erkennen. Das Ziel vor Augen gibt mir den letzten Anschub und jetzt hat er mich schließlich doch gepackt, der Cumbria Way.













        Bei der Kirche von Churchtown verliere ich kurz den Weg. Nein, besser gesagt, ich weiß, wo ich bin, ich weiß, wo der Weg laut Karte langgehen soll. Doch da hier kein offizielles Schild ist, traue ich mich nicht so richtig, über den Hof des Hauses am Ende der Straße zu laufen. Also lege ich einen kleinen Umweg ein, bevor ich an der Steinbrücke über River Caldew wieder auf den offiziellen Weg stoße.

        Insgesamt ist die Beschilderung angenehm dezent, fast etwas zu dezent. Der Identität des Weges tät es sicherlich gut, wenn er ein klares Logo hätte und es ab und zu ein Zeichen gäbe: „Sie sind gerade auf dem Cumbria Way unterwegs.“ Nur gelegentlich steht auf den offiziellen Zeichen für Public Footpath klein der Hinweis auf den Cumbria Way.

        Der Tagesabschluss wird noch einmal zu einem kleinen Highlight. Durch den Wald immer noch am River Caldew entlang schlängelt sich ein schmaler, schöner Pfad. Teilweise ist der Weg sehr matschig und da er abschnittsweise im steilen Hang verläuft, gibt es kein Ausweichen. Also Augen zu und mitten durch den Matsch.







        Bald verlässt der Weg das Ufer und klettert die bewaldeten Hänge hinauf. Hier bieten sich schöne Blicke auf die Fells mit High Pike und Carrock Fell.





        In Caldbeck quartiere ich mich im Old Rectory B&B direkt an der Kirche ein. Ich werde mit einer Tasse heißem Tee und selbst gebackenen Keksen begrüßt. Und das schönste ist: mein Zimmer hat eine Badewanne. Ich weiß schon, wo ich nach dem Pub hingehe…
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        • Johannes2801
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          • 16.06.2004
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          #5
          AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

          Mmh, wie es scheint, wurde mein Bericht aus Versehen in die Reisevorbereitungen verschoben. Ich versuche mal, einen Moderator zu erreichen, der das rückgängig machen kann. Derweil schreibe ich einfach mal weiter in der Hoffnung, dass irgend jemand meinen Bericht auch hier findet....

          Skiddaw House, 16. März 2015

          Schwer liegen die Wolken in den Bergen, als ich morgens aufwache. Es sieht trist und grau aus. Umso gemütlicher ist da das Frühstück in der rustikalen alten Küche bei den netten Gastgebern. Doch ich bin nicht zum Kaffeetrinken hier. Also breche ich etwas später als geplant auf und freue mich auf meine anstehende Tour über den High Pike. Trotz des Wetters steht für mich fest, dass ich nicht der offiziellen Schlechtwetter-Alternative folge. Den Weg durch die eindrucksvoll-öde Caldbeck Fells will ich mir nicht entgehen lassen.





          Die ersten Kilometer führt mich der Weg durch dünn besiedeltes Farmland. Ich laufe über Schafsweiden und schmale Landstraßen, die kaum den Namen Straße verdient haben. Die Landschaft ist merklich rauer und wilder als gestern. Bei der kleinen Siedlung Nether Row, kaum mehr als ein halbes Dutzend Häuser groß, endet die Straße. Ich bin so angetan von der Stimmung, dass ich beinahe dem falschen Footpath-Schild folge. So wäre ich fast doch auf der Schlecht-Wetter-Route gelandet. Die Beschilderung ist wirklich so dezent, dass man die Karte teilweise gründlich studieren muss, um nicht falsch zu laufen.





          Hier ändert der Weg seinen Charakter und zieht langsam den Hügel hinauf durch diese faszinierend, unwirtliche Landschaft. Die Wolken hängen weiterhin tief in den Bergen und es fängt leicht zu regnen an. Der Regen wird schnell stärker und geht in Schneeregen und Hagel über. Eingepackt in meine Regenmontur macht mir das doch wenig aus. Und nach einer guten halbe Stunde lässt der Regen schon wieder nach.





          Ich erreiche die Wolkengrenzen und der Nebel verschluckt mich. Über einen kleinen Trampelpfad geht es den Berg hinauf bis zum Gipfel vom High Pike. Hier treffe ich auch die einzigen beiden anderen Wanderer des Tages, die in dem Steinkreis am Gipfel eine Pause machen. Ich geselle mich ein wenig zu ihnen, bevor ich weiter nach Süden laufe.



          Für Leute, die nicht vom Wandervirus befallen sind, ist es bestimmt schwer nachvollziehbar, welche Glücksgefühle sich einstellen können, wenn man bei wenigen Grad über Null, bei nasskaltem Wetter und dichtem Nebel durch eine eintönige Gras- und Heidelandschaft läuft. Zum Glück ist gerade niemand da, dem ich das Gefühl erklären muss. So kann ich einfach nur laufen und genießen. Mit einem breiten Grinsen ziehe ich so durch die Caldbeck Fells.



          Bald erreiche ich Lingy Hut. Hier hatte ich meine Lunchpause eingeplant. Eigentlich viel zu früh, ich bin noch gar nicht wieder hungrig oder müde. Doch da kann schnell Abhilfe geschaffen werden. Ich muss nämlich feststellen, dass ich irgendwo auf dem Weg den Regenschutz von meinem Rucksack verloren habe. Nach der kurzen Pause am High Pike habe ich ihn wohl nicht wieder richtig angelegt. Also lege ich eine kleine Extratour ein, um ihn zu suchen. Jetzt habe ich mir die Pause in der einfachen Schutzhütte doch redlich verdient.



          Für den Abstieg ins Tal halte ich mich an den Vorschlag von John Gillham und folge dem Pfad, der direkt unterhalb der Hütte beginnt. Der Pfad ist recht deutlich und lange Zeit bin ich mir sicher, die bessere Wahl getroffen zu habe, bis ich kurz oberhalb der Mine auf einen anderen, sehr gut ausgebauten Pfad stoße. Überrascht lese ich auf der Informationstafel, dass die Mine erst Anfang der achtziger Jahre stillgelegt wurde. Ob im Zuge der politischen Auseinandersetzung der Miner’s Strikes erfahre ich nicht.







          Unterhalb der Mine stoße ich auch wieder auf meinen alten Bekannten, den River Caldew, der hier deutlich kleiner und beschaulicher anmutet als noch am Vortag. Dem Flusslauf folgend laufe ich wieder allmählich bergauf, zuerst auf einem breiten Weg, später auf einem schmalen Pfad.



          Bald erkenne ich Skiddaw House am Ende des Tals. Erst erscheint es mir ungewöhnlich nah und ich rechne damit, sehr bald anzukommen. Doch zugleich stelle ich fest, wie müde und erschöpft ich schon bin. So zieht sich der Weg doch noch ordentlich hin, so dass ich froh bin, als ich endlich vor der Herberge stehe.



          Eigentlich mag ich diese abgelegenen, urigen und ursprünglichen Unterkünfte mitten im Nirgendwo sehr gerne. Doch heute dauert es irgendwie ungewöhnlich lange, bis der Funke überspringt. Zu dem Gefühl der Einfachheit gesellt sich das Gefühl, dass die Unterkunft irgendwie auch ein wenig schäbig und heruntergekommen wirkt. In allen Räumen bis auf der Küche ist es eiskalt. Nur langsam taue ich also auf und erst, als wir abends alle zusammen um den Kamin sitzen, stellt es sich endlich ein, dieses Gefühl, an einen ganz besonderen Ort mit ganz besonderen Menschen gelangt zu sein.
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          • Johannes2801
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            #6
            AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

            Skiddaw House, 17. März 2015

            Ich lasse den Tag ruhig angehen, sitze mit meinem Buch am Kamin und beobachte die Wolken, die tief in den Bergen hängen. Erst spät entscheide ich mich, zu einer kleinen Tour aufzubrechen. Direkt hinter dem Hostel beginnt ein deutlicher Pfad hinauf zu Sale How und weiter zu dem Pass zwischen Skiddaw und Little Man.





            Das Weiß der tief hängenden Wolken geht fließend über in das Weiß der schneebedeckten Gipfel. Es ist überraschend windstill und mild, so dass ich mich schnell warm laufe. Am Pass angtekommen angekommen lichten sich die Wolken ein wenig und öffnen den Blick über den breiten Grat. Die Sicht in die Täler ist jedoch weiterhin durch dichten Nebel behindert.





            Ich laufe erst zu Little Man, bevor ich dem deutlichen Pfad auf Skiddaw folge. Auf dem breiten Grat läuft es sich sehr angenehm und einfach. Hier oben treffe ich auch bei diesem Wetter einige andere Wanderer. Ich möchte nicht wissen, welche Menschenmassen bei schönem, sonnigem Wetter sich hier gegenseitig auf die Füße treten.







            Hinter dem Gipfel wird es wieder etwas einsamer. Hier ziehen die Wolken wieder zu und ich laufe durch eine weiße Wand. Ich fühle mich ein wenig wie in Watte eingepackt. Bald stoße ich auf den Zaun, der die Navigation auch in diesen Bedingungen idiotensicher macht. Langsam komme ich wieder unter die Wolken und lasse auch die Schneegrenze über mir zurück.



            Der kleinen Hügel Baskestall legt nur ein Katzensprung neben dem Weg. Ich wundere mich erst über den deutlich ausgetretenen Pfad zu dem doch eher unscheinbaren Punkt. Dort angekommen überrascht mich die schöne Aussichten nach Norden.



            Dann geht der Weg recht steil immer am Zaun entlang ins Tal hinab. Der Blick über die Klippen, die Dead Crags ist wirklich eindrucksvoll. Bei dem Wasserfall Whitewater Dash stoße ich auf einen breiten Weg, der mich zurück zum Hostel führt.







            Dort angekommen treffe ich auf zwei junge Frauen aus Liverpool, die es sich im Notraum des Hostel bequem gemacht haben, oder es zumindest versuchen. Wirklich einladend ist dieses enge Notquartier nicht. Sie müssen hier warten, obwohl Martin und Marie im Hostel zu Gange sind. Ich glaube, Martin nimmt die Schließzeiten sehr ernst. Ich verstehe natürlich, dass sie Zeit brauchen, um einmal ohne Gäste wichtige Arbeiten zu erledigen. Schön ist es allerdings nicht, in diesem kahlen, kleinen Kabuff warten zu müssen. Doch Marie hat ein Erbarmen und lässt uns schon vor 5 Uhr wieder ins Hostel. Und bald treffen auch die anderen Gäste wieder ein und wir können es uns im Gemeinschaftsraum gemütlich machen.



            Borrowdale, 18. März 2015

            Was für ein unglaublich schöner Tag. Es sind Tage wie dieser, die die Sucht nach Langstreckentouren so richtig entfachen und haufenweise Glückshormone ausstoßen.



            Etwas wehmütig bin ich schon, als ich morgens Skiddaw House und die nette Gesellschaft der letzten zwei Tage, die Gastgeber Martin und Marie, Will und Michael und Charly und Daniela zurücklasse. An solch entlegenen Orten sind die Gespräche einfach am intensivsten.





            Die Sonne kämpft sich schnell erfolgreich durch den Morgennebel und ich merke bald, dass ich viel zu warm angezogen bin. Bevor ich ganz durchgeschwitzt bin, ziehe ich mich hinter einer kleinen Steinmauer um. Die Thermounterwäsche ist angesichts der frühlingshaften Temperaturen doch etwas arg dick aufgetragen. Jetzt läuft es sich doch gleich viel angenehmer.





            Der Weg schlängelt sich teilweise recht schmal durch den steilen Osthang von Lonscale Fell. Leider ziehen hier weiterhin einige Dunstschleier durch die Täler. In Kombination mit der gleisenden Sonne nicht gerade optimales Fotowetter. So kann ich Derwent Water mehr erahnen als wirklich erkennen.

            Bald stoße ich auch auf den Hauptpfad, der sich zu Skiddaw hinaufwindet. Und mit ihm auf unzählige Tageswanderer, die das sonnige Wetter für eine Tour auf Skiddaw oder zumindest auf den kleinen Aussichtshügel Latrigg nutzen wollen. Ich komme kaum noch aus dem Grüßen raus. In meiner Wandermontur strahle ich scheinbar große Kompetenz aus; zumindest fragen mich viele der Tageswanderer, ob sie noch auf dem richtigen Pfad seien.





            Bald erreiche ich Keswick. Die lebendige Kleinstadt macht einen recht ansprechenden Eindruck. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass gefühlt jedes zweite Geschäft ein Outdoorladen ist. Ich gönne mir eine Portion Chips with salt and vinegar, setzte mich auf dem Marktplatz und schaue mir das bunte Treiben an. Leider verschwindet die Sonne hinter Wolken und es wird merklich kühler. Also hole ich mir noch einen Coffee to go und wandere mit Pappbecher in der Hand weiter.



            Auf den nächsten Kilometern treffe ich wieder auf unzählige Spaziergänger. Richtig einsam wird die heutige Etappe nicht mehr. Der Schönheit der Landschaft tut das jedoch keinen Abbruch. Als ich auf einer Lichtung plötzlich den deutlichen Pfad hinauf auf Cat Bells vor der Nase habe, bekomme ich spontan Lust, meine Route zu ändern. Vergessen sind die Überlegungen zur Wegtreue. Der spontane Impuls ist stärker.



            Doch dabei vergesse ich ganz, auf den Weg zu achten. Einmal nicht richtig auf die Karte geschaut, und schon bin ich auf dem falschen Weg. Statt hinauf zum Grat umrunde ich Cat Bells im östlichen Hang. Die beiden nächsten Pfade, die zum Grat hinaufsteigen, sind wegen starker Erosion gesperrt. Zurückgehen will ich auch nicht, also folge ich dem Pfad weiter und genieße die Aussicht über Derwent Water.



            Ich überlege noch, ob ich dem Pfad folgen soll, der zum Sattel zwischen Cat Bells und Maiden Moor hinaufsteigt. Doch als ich die Chance bekomme, wieder zum Cumbria Way zurückzukehren, nutze ich sie. Ganz auf den Uferpfad am Derwent Water möchte ich dann doch nicht verzichten. Die Handskulptur habe ich zwar leider verpasst, dennoch hat es sich gelohnt.



            Ich gönne mir eine lange Pause am Ufer, bevor ich den See hinter mir lasse und durch das wunderschöne Borrowdale nach Süden wandere. Es folgt ein kurzer Abschnitt an der Straße, dann führt der Weg durch den verwunschenen Wald teilweise am River Derwent entlang. Die Abendsonne taucht alles in ein magisches goldenes Licht.







            Auf den kleinen Abstecher auf Castle Crag verzichte ich. Ein verpatzter Abstecher pro Tag reicht mir. Die schöne Abendstimmung im Wald ist vollkommen ausreichend als krönender Tagesabschluss. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht laufe ich weiter und komme aus dem Genießen gar nicht mehr heraus.





            Bei der alten Steinbrücke verlasse ich den Cumbria Way und folge einem schmalen Wurzelpfad zur YHA. Dort angekommen fühle ich mich sofort wohl. Irgendwie habe ich das Hostelling immer noch im Blut. Jetzt sitze ich über die Karte gebeugt im Gemeinschaftsraum und überlege, wie ich angesichts der guten Wettervorhersage morgen Wegtreue mit einem kleinen Abstecher kombinieren kann. Und zugleich plane ich meine nächste Tour durch die Lakes, diesmal von West nach Ost. Die Landschaft hat mich wirklich gepackt.



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            • Rattus
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              #7
              AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

              Immer wieder schön, die angelsächsischen Eindrücke, danke
              Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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              • Mancunian
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                #8
                AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

                Eine schöne Tour. Die Lakes gehören auch zu meinen Lieblingslandschaften in UK. Klar können sie un puncto Schroffheit und Höhe nicht mithalten, aber das müssen sie auch nicht. Ich bin gespannt wie es weiter geht...
                ---
                I'd rather be out on the hills...
                http://chorltoniac.blogspot.com

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                  #9
                  AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

                  Old Dungeon Ghyll, 19. März 2015


                  Die Jugendherberge in Borrowdale.

                  Der Nachfrost hängt noch in der Luft, als ich morgens in der Jugendherberge in Borrowdale aufbreche. Doch bald hat die Sonne ihn vertrieben, so dass ich Handschuhe und Mütze wieder wegpacken kann. Ich folge dem schmalen Pfad am River Derwent zurück zu den Stepping Stones. Dort überquere ich den Fluss und stoße wieder auf den Cumbria Way.


                  Das sind natürlich nicht die Steppingstones, sondern eine der unzähligen Steinbrücken.




                  Steinmauern soweit das Auge reicht...

                  Die ersten Kilometer des Tages stehen ganz im Zeichen pittoresker, moosüberwachsener Steinmauern. Sie rahmen meine Wanderung über idyllisches Farmland und Schafsweiden Richtung Süden der Sonne entgegen. Zu meinen Füßen glitzert das Wasser des Stonethwaite Beck in der Sonne. Was für ein perfekter Start in den Tag!


                  Blick hinauf ins Langstrath am Abzweig



                  Der Abzweig ins Langstrath wird lange Zeit durch den Felsen des Eagle Crag verborgen. Erst kurz bevor sich der Weg teilt öffnet sich der Blick hinauf in das Tal, das mich heute über den Stake Pass zu meinem Etappenziel führen wird. Zuerst folge ich weiterhin den kleinen Steinmauern auf einem eher holprigen Pass oberhalb des Langstrath Beck. Doch allmählich weicht das Farmland immer mehr zurück. Was bleibt ist die faszinierende Weite und Leere eines Tals, das mich jetzt immer mehr an die Glens in den schottischen Highlands erinnert.






                  Eine kleine Schlucht im Langstrath

                  Von unten kommend sind die Felsen Blea Rock und Blea Crag markante Wegmarken. Bald entdecke ich auf der anderen Talseite zwei Wanderer. Nach zwei Spaziergängern früh am Morgen sind es die bisher einzigen Menschen, die ich auf meinem Weg sehe. Sie werden später noch auf meine Talseite herüberwechseln und an der kleinen Holzbrücke am Stake Beck Fotos von mir machen.


                  That's me

                  Hier macht das Tal einen weiteren Knick und am Ende thront eindrucksvoll ein Berg, in dem ich glaube Scafell Pike zu erkennen. Der Weg steigt nun sehr gut ausgebaut in engen Serpentinen aus dem Tal heraus. Dabei habe ich abwechselnd das obere Langstrath mit Scafell Pike (falls er es ist) oder den Stake Beck, der sich hier in Kaskaden ins Tal ergieß, vor der Nase.




                  Nachdem der Pfad durchs Tal eher einfach gehalten ist, sind die Serpentinen zum Pass sehr gut ausgebaut.

                  Bei dem kleinen, namenlosen See auf dem Pass mache ich eine Pause, liege in der Sonne und genieße das eindrucksvolle Bergpanorama. Was für ein unglaublicher Tag, um diese wunderschöne Landschaft zu genießen. Hier oben treffe ich auch auf immer mehr Wanderer, die dieses frühlingshafte Wetter für eine Tour nutzen wollen.


                  Der kleine See liegt etwas versteckt.

                  Auf meinen geplanten Abstecher zu den Langdale Pikes verzichte ich. Irgendwie schmeckt mein Trinkwasser heute seltsam, fast so, als wäre das Wasser im Borrowdale gechlort gewesen. Ich überlege noch, ob ich Wasser aus den Bächen nehmen soll. Doch irgendwie steht mir gerade mehr der Sinn danach, beim Hotel in der Sonne zu sitzen und zu lesen.


                  Blick hinab ins Mickleden



                  Also ziehe ich bald weiter und steige auf der anderen Seite ins nicht minder eindrucksvolle Mickleden herab. Eingerahmt wird dieses grüne Tal von den imposanten Felsen des Bowfell und der Langdale Pikes. Der heutige Tag ist nicht nur hinsichtlich des Wetters ein echtes Highlight. Hier habe ich das umgedrehte Erlebnis von heute Vormittag: Langsam wird die Leere und Einsamkeit des Tales durch Farmland und kleine Steinmauern gefüllt.




                  Das berühmte Old Dungeon Ghyll

                  Am Old Dungeon Ghyll setzte ich mich wie geplant mit meinem Buch in die Sonne und lasse mir von der netten Dame an der Rezeption ganz außer der Reihe ein Stück Cheesecake und eine heiße Schokolade servieren. Leider zieht der Himmel bald zu und es wird kalt. Es ist eben doch erst Ende März. Also ziehe ich mich in den gemütliche Salon zurück und mache es mir auf der Couch am Kamin bequem.

                  Coniston, 20. März 2015

                  Die große Wildnis kann der Cumbria Way zwar wirklich nicht bieten. Dafür ist der Weg wahrlich sehr abwechslungsreich und immer für eine Überraschung gut.

                  Als ich morgens aufbreche, zieht sich der Himmel bedrohlich zu. Ich rechne damit, dass sich jeden Moment die Schleusen öffnen und es heftig zu regnen anfängt. Doch an der Rezeption werde ich eines Besseren belehrt: Heute steht eine Sonnenfinsternis an. Die hatte ich ganz vergessen. Schon in Skiddaw House war sie ein Gesprächsthema. Leider ist der Himmel bedeckt, so dass ich von dem Schauspiel außer der ungewöhnlichen Dunkelheit wenig mitbekomme. Auch in den Tälern hängt noch schwer der Dunst. Was mich jedoch nicht davon abhält, wieder unzählige Fotos von der wunderschönen Landschaft zu machen.






                  Irgendwie mystisch: Die Langdale Pikles im Nebel

                  Die ersten Kilometer des Tages sind noch sehr von der Kulisse des Great Langdale mit den Langedale Pikes dominiert. Das eindrucksvolle Panorama habe ich jedoch im Rücken, so dass ich ständig stehen bleibe und zurückschaue. Ich kann mich kaum von dem Anblick lösen und komme nur langsam vorwärts.

                  Bei Oak Howe verändert sich die Landschaft. Das Tal wird weiter und die Nähe zu den Ortschaften spürbarer. Der Weg folgt nun erst einem breiten Feldweg am Great Langdale Beck und dann am Rande des kleinen Ortes Chapel Stile.




                  Chapel Stile

                  In Etterwater mache ich etwas für mich während einer Wanderung sehr ungewöhnliches und kehre ein. Die Verlockung, in einem kleinen Café zu sitzen und über einem Zitronen-Chees-Cake in meinem spannenden Buch weiter zu lesen, ist einfach zu groß. Es lässt sich sogar wieder ein wenig die Sonne blicken.



                  Weiter geht es durch eine parkähnliche Landschaft, nun wieder am nördlichen Ufer des Great Langdale Beck. Hier laufen mir unzählige Spaziergänger über den Weg, so dass es mir dann doch etwas zu viel wird. Ich sehne mir wildere und einsamere Abschnitte herbei. Nach einem kurzen Abstecher zum Wasserfall Skelwith Forth überquere ich den Fluss und folge dem Weg nach Süden. Tatsächlich macht die Landschaft nun einen etwas „natürlicheren“ Eindruck und der Weg ist etwas weniger frequentiert.


                  Skelwith Force



                  Nach Low Park habe ich eine große Gruppe Wanderer direkt vor der Nase, die dem offiziellen Weg folgt. Das macht die Entscheidung für mich einfach, dem alternativen Wegvorschlag von John Gillham zu folgen und direkt nach Süden durch den Wald zu laufen. Auf der OS Landranger Map ist dieser wunderschöne kleine Pfad, der sich in einem ständigen auf und ab durch den Wald windet, nicht einmal eingezeichnet. Doch er lohnt sich! Hier bin ich auch endlich wieder ganz alleine.


                  Die wunderschöne Abkürzung durch den Wald

                  Am anderen Ende stoße ich auf die große Straße, der ich nur durch eine Steinmauer getrennt für einige hundert Meter folge. An mehreren Stellen sind einige Steine aus der Mauer gefallen, ganz so, also ob da ein Auto gegen die Mauer gefahren wäre. Bald kann ich die Straße hinter mir lassen und folge einem Feldweg recht steil den Hügel hinauf. Wieder einmal fehlt hier jegliche Beschilderung, während ein Wegweiser vorschlägt, weiter der Straße zu folgen.







                  Der kleine Feldweg, der sich durch pittoreske Steinmauern flankiert, den Hügel hinauf windet, nimmt mich wider Erwarten sehr gefangen. Außer einem Radfahrer begegne ich auf diesem Abschnitt keinem anderen Menschen. Der Blick nach Süden Richtung Coniston Fell ist sehr eindrucksvoll und gibt einen kleinen Vorgeschmack auf weitere überraschende Ausblicke.

                  Bald verlasse ich den Feldweg und laufe über eine Schafsweide zu dem sehr schön gelegenen Tarn Hows. Hier stoße ich wieder auf unzählige Spaziergänger, die mit dem Auto zu diesem idyllischen Fleckchen Erde gefahren sind. Ich setzte mich ans Ufer des Sees und mache, argwöhnisch beäugt durch ein Entenpaar, eine lange Pause.


                  Tarn Hows ist ein beliebtes Ausflugsziel


                  Blick auf die Coniston Fells



                  Kaum wieder unterwegs, raubt mir der Blick über die Coniston Fells auf der anderen Seite des Tals bis hin zu den Langdale Pikes in der Ferne schier der Atem. Ich bekomme Lust, durch diese eindrucksvollen Berge oberhalb von Coniston zu wandern – ein anderes Mal, heute werde ich dafür weder Kraft noch Zeit über haben. Dank diesem unerwarteten Panorama verkrafte ich es auch gerne, dass ich einen guten Kilometer auf Asphalt laufe, bevor ich beinahe meine Abzweigung verpasse. Wieder bedarf es eines gründlichen Studiums der Wanderkarte.




                  Das Jagd-Folly kurz vor Coniston

                  Die letzten Kilometer führen mich abwechslungsreich und wieder recht einsam durch Wälder und über Weiden. Coniston Water, den ich von weitem schon einmal durch die Bäume habe schimmern sehen, kommt erst ganz zum Schluss wieder in mein Sichtfeld. Doch weniger der See, als vielmehr die eindrucksvollen Klippen der Berge dominieren dieses kleine, quirlige Dorf. Hier quartiere ich mich in der Herberge ein, die voller Läufer ist. Morgen steht der traditionelle Lauf um den See an. Ich hoffe nur, es gibt nicht zu viele Überschneidungen mit dem Cumbria Way.


                  In Coniston dominieren die schroffen Klippen
                  Zuletzt geändert von Johannes2801; 04.06.2015, 21:55.
                  Meine Touren auf: www.per-pedes-online.de

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                  • hungerast
                    Erfahren
                    • 25.09.2013
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                    #10
                    AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

                    Bin hierüber gerade gestolpert, obwohl es den Bericht ja schon seit Längerem gibt. Schön, schön, schön. Das muss ich unbedingt auch mal schaffen. Ich habe mal für 1 Jahr auf der Isle of Man gelebt, daran fühlte ich mich beim Anschauen der Bilder sehr erinnert.
                    England, oh England ... Danke für die vielen Eindrücke!
                    Take a load of your feet Pete
                    You better watch out what you eat
                    Better take care of your life
                    'Cause nobody else will

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                    • Mancunian
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                      • 12.06.2014
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                      #11
                      AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

                      Long Distance Trails wie der Cumbria Way sind nicht so meins, aber der Lake District und die Eindrücke sind sehr schön anzusehen und zu lesen. Prima Bericht. In Coniston war ich vor Jahren mal und wollte dann hoch auf den Old Man of Coniston, musste aber wegen schlechtem Wetter umkehren. Schade eigentlich. Bin mal gespannt wie es weiter geht.
                      ---
                      I'd rather be out on the hills...
                      http://chorltoniac.blogspot.com

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                      • Johannes2801
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                        • 16.06.2004
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                        #12
                        AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

                        Zitat von Mancunian Beitrag anzeigen
                        Long Distance Trails wie der Cumbria Way sind nicht so meins, aber der Lake District und die Eindrücke sind sehr schön anzusehen und zu lesen. Prima Bericht. In Coniston war ich vor Jahren mal und wollte dann hoch auf den Old Man of Coniston, musste aber wegen schlechtem Wetter umkehren. Schade eigentlich. Bin mal gespannt wie es weiter geht.
                        Meine Langstreckenleidenschaft fing vor 14 Jahren ganz klassisch mit dem WHW an. Danach hat es mich dann doch eher in wildere Regionen gezogen, Knoydart oder Sarek. Doch in den letzten Jahren habe ich auch die markierten Fernwege wieder mehr für mich entdeckt. Ich finde, es hat alles seinen Reiz. Der besondere Zauber des Streckewanderns stellt sich bei mir in deutschen Mittelgebirgen genauso ein wie im schwedischen Fjäll oder in den schottischen Highlands...

                        So, gleich kommt der letzte Abschnitt. Vielen Dank schon einmal für Eure netten Kommentare soweit...
                        Meine Touren auf: www.per-pedes-online.de

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                        • Johannes2801
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                          • 16.06.2004
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                          #13
                          AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

                          Ulverston, der 21. März 2015

                          Was für ein Finale! Ich hatte mich auf ein langsames Ausklingen eingestellt, hatte sogar halbherzig mit dem Gedanken gespielt, den Tag für eine Tagestour in den Coniston Fells zu nutzen und mit dem Bus nach Ulverston zu fahren. Doch die letzte Etappe fährt mit einigen unerwarteten Highlights auf, die auch die letzten, zähen Kilometer des heutigen Tages vergessen machen. Doch alles der Reihe nach.


                          Coniston mit den Coniston Fells dahinter

                          Morgens scheint wieder kräftig die Sonne, doch es ist noch recht frisch und ein starker Wind pfeift mir um die Ohren. Der ganze Ort scheint im Lauf-Fieber zu sein, doch ich breche auf, bevor der große Trubel losbricht.

                          Über Schafsweiden, am Yachtclub vorbei und über einen Campingplatz führt mich der Weg zum Ufer des Coniston Water. Hier pfeift ein eiskalter Nordwind über den See, doch bald tauche ich in den schützenden Wald ein.


                          Ein rauer Wind pfeift über Coniston Water

                          Hinter dem Wassersportclub der Universität von Birmingham beginnt ein traumhaft schöner Wurzelpfad, der sich weniger Meter oberhalb des Sees durch den Wald schlängelt. Ich kann mich kaum sattsehen und wünschte, der Weg würde so bis Ulverston weiter laufen.




                          Der wunderschöne Wurzelpfad am Coniston Water

                          Bei dem Bootssteg bei Sunny Bank verlässt der Weg leider das Ufer schon wieder. Ich lege hier eine lange Pause ein und versuche mich leider erfolglos an einem Selbstauslöserfoto, bevor ich dem See den Rücken kehren muss.


                          Da es nichts wird mit dem Selbstauslöserfoto, muss der Steg halt so herhalten...

                          Der Weg klettert nun oberhalb von Mere Beck zu den Woodland Fells hinauf. Trotz der geringen Höhe von nur gut 200 Meter kommt hier fast noch einmal richtiges, englisches Berggefühl auf. Hier bietet sich auch noch einmal eine wunderschöne Aussicht über die Coniston Fells, vielleicht zum letzten Mal denke ich mir noch. Wie sollte ich mich täuschen. Der letzte Blick auf die Coniston Fells, das wird mein persönlicher Running-Gag des Tages.

                          Am Coats Hill versuche ich mich in meiner ganz eigenen Version vom Rattenfänger von Hameln. Plötzlich läuft mir eine ganze Schafsherde hinterher und lässt sich auch nicht so leicht abschütteln. Was wohl mein Gastgeber in der B&B in Ulverston gesagt hätte, wenn ich mir einer ganzen Horde Schafe aufgekreuzt wäre? Zum Glück verlieren meine Wollfreunde bald das Interesse an mir und bleiben zurück.


                          Bitte unauffällig folgen...

                          Bei Beacon Tarn lege ich meine zweite Pause ein, sitze am Wasser und genieße das Gefühl der Abgeschiedenheit. Wieder eine Rast an einem See, doch die Szenerie ist doch so ganz anders als bei der ersten Pause am Coniston Water.


                          Beacon Tarn mit den Coniston Fells im Hintergrund

                          An der Südseite des Sees führt ein deutlicher Pfad direkt neben dem Hügel Wool Knott den Hang hinauf. Ich folge ihm gutgläubig, doch plötzlich dämmert es mir: sollte der Weg nicht eigentlich auf der anderen Seite sein? Der Blick in die Karte zeigt: ich bin falsch gelaufen. Doch statt wieder zum See zurückzulaufen, nehme ich den direkten Weg über Wool Knott. Oben angekommen erlebe ich meine nächste Überraschung: In der Ferne erkenne ich Hoad Monument über Ulverston und direkt dahinter glitzert das Meer in der Sonne. Der 360-Grad-Rundumblick von dem nur etwas über 200 Meter hohem Hügel ist wirklich eindrucksvoll. Hier verabschiede ich mich mit einem letzten Blick auch noch einmal von den Coniston Fells, bevor ich meinen Weg ins Tal suche.


                          Blick von Wool Knott Richtung Ulverston und Meer

                          Ich rechne fest damit, dass der Weg jetzt ziemlich schnell an Reiz verliert. Doch weit gefehlt! Die Berge sind gegen Rolling Hills eingetauscht, doch an Schönheit hat die Landschaft wahrlich nicht eingebüßt. Der Weg klettert hinter Cockenskell sogar noch einmal auf den Höhenzug Tottlebank Fell hinauf, der wieder eine sehr schöne Aussicht bis zum Meer bietet.







                          Hinter der Farm Kiln Bank lege ich bereits meine dritte Pause ein, sitze an einem kleinen Bach und genieße die Sonne. Der Wind hat jetzt abgeflaut und es wird sehr warm. Ich rechne jetzt damit, dass die letzten Kilometer nach Ulverston ein einziger Durchmarsch werden. Doch wieder soll ich mich gehörig täuschen.


                          Wie heißen diese Tiere nochmal? Ich hab's vergessen...

                          Erst einmal verirre ich mich fast auf einer Weide, was mir heute noch öfters passieren soll. Hinter High Stennerly geht es schweißtreibend einige Meter hinauf auf einen Höhenzug und wieder werde ich von dem beeindruckenden Panorama überrascht. Nach Norden bietet sich mir ein eindrucksvolles Panorama über Coniston Fells, Coniston Water und die Berge dahinter. Ein letztes Mal?


                          Und diese Berge? Mein Gedächtnis...


                          Hoad Monument am Horizont

                          Ab Gawthwaite verliert die heutige Etappe nun dann doch rapide an Reiz. Jetzt überwiegen kleine Landstraßen, vereinzelte Feldwege und weglose Abschnitte über Weiden, die sich oft als Labyrinth entpuppen. Die Wegweiser sind nicht selten nur auf den zweiten Blick zu finden oder sie fehlen am Übergang zwischen den Weiden gänzlich. So bin ich mir auf dem Abschnitt hinter Knapperthaw lange Zeit unsicher, ob ich überhaupt noch richtig bin. Ich stehe plötzlich mitten auf einer Kuhweide und finde (zuerst) nicht weiter.



                          Bei St. Johns Church bietet sich mir mal wieder eine toller Blick nach Norden über die, natürlich über die Coniston Fells. Bis ganz zum Schluss nach Ulverston wird es immer wieder tolle Ausblicke über die Bergwelt der Lakes geben.


                          St. Johns Church



                          Langsam werden meine Bein schwer und meine Füße tun mir weh. Da helfen die schwer zu findenden Wege über Weiden und quer durch Bauernhöfe wenig.




                          Typischer Übergang zwischen den Schafsweiden, hier zumindest mit Wegmarkierung


                          Ich bin nicht der einzige, der sich nicht an den Coniston Fells sattsehen kann...


                          Der Tag wird lang, die Schatten werden länger...



                          Ich bin erleichtert, als endlich Ulverston unter meinen Füßen auftaucht und ich mich dem Hoad Monument gegenüber sehe. Ein wenig wehmütig bin ich schon, doch aktuell überwiegt eher die Erschöpfung.


                          Hoad Monument...


                          ... und Ulverston



                          So bin ich erleichtert, als ich dann mitten auf einem Parkplatz am Stadtrand vor der Skulptur stehe, die das offizielle Ende des Weges markiert. Die letzte Etappe hat mich doch ganz schon geschlaucht.


                          Am Ende des Weges und am Ende meiner Kräfte

                          Ich muss etwas suchen, bis ich mein B&B finde. Erschöpft lasse ich mich aufs Bett fallen. Ob ich noch die Kraft finden werde, Essen zu gehen? Eines steht zumindest fest: heute gibt es kein schlechtes Bar Meal. Das habe ich mir nun wahrlich verdient.
                          Meine Touren auf: www.per-pedes-online.de

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                          • gargantula
                            Erfahren
                            • 09.12.2013
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                            #14
                            AW: [UK] Auf dem Cumbria Way durch den Lake District

                            Sehr schön! GB reizt mich immer mehr.
                            “Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.”

                            (Antoine de Saint-Exupéry, französischer Schriftsteller, 1900 – 1944

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