[ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

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    • Meine Reisen

    [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Alles beginnt und alles endet
    zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
    (Picknick am Valentinstag)


    In diesem Reisebericht geht es um eine Reise, die der Erholung dienen sollte für einen Körper, der an Grenzen gekommen ist. Es ist wie üblich keine weglose Reise, aber diesmal auch keine Reise mit dem Zelt. Sondern es ist die Pauschalreise eines Outdoorers, der seinen Outdoorer- Lebensstil in ungewohnter Umgebung zu bewahren sucht. Voller Neugier und des Versuches, die Welt kennenzulernen und das, was sie Outdoor bietet innerhalb der sogenannten ausgetretenen Wege.

    Wer sich darauf einlassen kann, möge an meinen Erlebnissen teilhaben und die Reise verfolgen. Die anderen machen besser die Augen zu und blättern schnell weiter.

    Gracias.


    Anmerkung: Dieses ist der erste Reisebericht, der nicht nachträglich geschrieben wurde, sondern vom ersten bis zum letzten Beitrag als aktuelles Tagebuch verfasst ist. Hintergrund ist, dass ich vermeiden wollte, dass ich nach dem Urlaub in jeder freien Minute den Reisebericht schreibe und damit meine Erholung gefährde.


















    Zuletzt geändert von Torres; 22.02.2015, 20:22. Grund: Geotagging
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    #2
    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

    Einführung

    Es gibt viele Formen des Draußen seins.

    Man kann sich auf eine Bank auf einer Wiese setzen. Man kann auf Pfaden spazieren gehen. Man kann die Welt mit einem Bus bereisen oder zu den höchsten Bergen der Erde ziehen.
    Der eine hält es für etwas Besonderes, weglos, wild und vollbepackt das Land zu durchstreifen. Andere fragen sich, ob es überhaupt wichtig ist, in die Ferne zu reisen oder ob es nicht ausreichend ist, wahrzunehmen und den Zauber zu spüren, den die Elemente der Natur verströmen an jedem Ort und zu jeder Zeit. Die Nächsten möchten sich nicht mit Logistik belasten, sondern sich dem Genuss des Augenblicks verschreiben und wählen Wege, die vertraut und schön sind. Und wieder andere schätzen es, in sich hineinzuhören und durch den Fluss der eigenen Bewegung dem Geiste Raum zu geben, abgelöst vom hier und jetzt.

    Lange grübele ich nach meiner Englandtour, welche Form ich wählen soll. Ich verspüre das Bedürfnis nach Ruhe, aber auch eine Sehnsucht, die Welt außerhalb Europas kennenzulernen. In Europa gehen mir inzwischen die Ziele aus. Die Wahl besteht aus Regen oder nassem Schnee.
    Alleine mag ich mir eine Fernreise allerdings nicht zutrauen. Gleichgesinnte wären schön. Recherchen über organisierte Outdoortouren sind preislich ernüchternd. Ich plane Investitionen im nächsten Jahr und so ist das nicht drin. Wieder auf eigene Faust los und eine Reise ins Unbekannte? Das hieße Planen, Ausrüstungslogistik und Streß. Dann lieber Europa. Eine Schneeschuhtour in Schweden wäre erschwinglich, aber reicht die Kondition aus, um die Gruppe nicht zu behindern? Die Etappen sind lang, ich kenne meinen Schnitt.

    Ich verschiebe das Problem und fahre einen Teil Ochsenweg. Eine schöne Tour. Stille. Im Januar weiterfahren? Regen, Wind und Schnee sind wahrscheinlich. Urlaub klingt anders.

    Interrail kommt ins Spiel. Spanien. Portugal. Die Anreise dauert drei Tage. Um anschließend von Ort zu Ort zu fahren? Nach Städten steht mir nicht der Sinn. Dann doch eine Radtour. Frankreich. Die Anreise per TGV ist nur noch gemein. Den Nachtzug nach Paris gibt es nicht mehr. Also über Italien nach Marseille. Bilder trostloser italienischer Strände aus dem letzten Jahr und die Erinnerung an endlose Orte an der Cote d'Azur lassen mich erschauern. Zelten kann man da nicht. Alles geschlossen. Aber Hauptsache unterwegs.

    Es wird Weihnachten und zum Urlaubsbeginn sind es noch 10 Tage. Ein Flug ins Warme? Der Gedanke an Fliegen versetzt mich in Grauen. Man flüstert mir Teneriffa und Mietwagen zu, der Gedanke an Autofahren schreckt mich ab. Silvester. Ich habe keinen Plan. Sonst lauert immer schon eine Idee im Hinterkopf, doch diesmal bin ich müde und leer. Das neue Jahr beginnt, und ich fordere eine Entscheidung. Die Radtour nach Südfrankreich, das ist einfach, und die Temperaturen sind okay. Zehn Minuten später ist mir das schon wieder zuviel. Ich verschiebe dIe Buchung der Fahrkarten auf später. 8 Stunden später entscheidet mein Körper: Strike down. Das rechte Ohr. Infarkt. Kein Ton mehr. Ruhe. Ich brauche Ruhe. Das Leben auf der Überholspur ist zu Ende.

    Mein Kopf versucht zu finden, was Ruhe und Erholung verspricht. Jemand erwähnt La Reunion und vor meinem geistigen Auge erscheinen Palmen. 3 Wochen unter einer Palme, das Rauschen der Blätter, die Sonne auf der Haut. Man spricht französisch, das kann ich ja sogar. Drei Wochen nicht bewegen. Ich glaube, das wäre schön. Am Rechner suche ich nach günstigen Flügen. Das Angebot überfordert mich. Der Ochsenweg wäre mir lieber. Da war es so schön still.

    Am Samstag, den 3.1., irre ich durch die Innenstadt und weiß, die Entscheidung muss nun fallen. Noch zwei Tage bis Urlaubsbeginn. Bei einem Sportladen schaue ich nach Gepäcktaschen fürs Fahrrad, das es auf TGV taugliche Maße zusammenstaucht. Es gibt sie nur im Internet. Südfrankreich wird gestrichen. Schon bin ich auf dem Weg zu Karstadt, der Weg ist nicht weit. Eigentlich will ich da nichts und kaufe fast abwesend Käse und Brot und dann weiß ich, was micht treibt. Mit Nebel im Kopf und Dumpfheit im Ohr schlängele ich mich durch die Taschenabteilung. Das Karstadt Reisebüro. Am Morgen war der Name gefallen. Und irgendwie klang er gut. Am weißen Tisch sitzt eine Frau und strahlt mich an. Ich mag sie sofort. Man könnte sich kennen. Es ist in ihrer Hand.

    La Reunion. Langer Flug. Umsteigen in Paris. Über 3000 Euro. Für 3 Wochen unter einer Palme? Enttäuscht schüttele ich den Kopf. Portugal. Da war ich schon, aber vielleicht könnte ich das Rad mitnehmen und herumfahren. Nicht billig, ebenfalls. Umständlicher Flug. Ein Mietwagen wäre ratsam.. Türkei. 400 Euro für drei Wochen. Fast schon sittenwidrig dieses Angebot.Vor meinem geistigen Auge sehe ich Steine und Busse, die zu diesen Steinen fahren. In diesem Jahr fällt Urlaub aus.
    Ich ringe nach den richtigen Worten: Wissen Sie, ich reise anders. Ich kann nicht immer an einem Ort bleiben und Strandurlaub machen. Ich bin immer in Bewegung gewesen, seit ich reise. Fast jeden Tag woanders, immer etwas Neues sehen. Ich kann das nicht anders. Ich werde in einer Hotelanlage nicht glücklich. Es muss etwas geben, was ich tun kann. Aber eben nicht zuviel. Ich brauche Ruhe. Viel Ruhe. Nur zu einsam soll es auch nicht sein. Ablenkung ist auch gut.

    Sie versteht und nickt und sucht und schaut. Und ich trete meinen Rückzug an. Ein letztes Mal fällt mein Blick auf ein Bild, und ich weiß, dass etwas gibt, was mich entspannen kann, was alles vereint, was ich sonst auch tue, oh ja, auch wenn es technisch gesehen Urban Outdoor und damit "Bäh" ist, und was ich im tiefsten Inneren meines Herzens wirklich mag, aber es ist nicht bezahlbar. Und dann gebe ich mir einen Ruck, verpackt in einen Scherz, und spreche es an, aber klar, eben zu teuer, und sie nickt und blättert weiter in ihrem Bildschirm. Am Montag werden wir weitersuchen. Oder ich fahre den Ochsenweg. Oder doch noch einmal Finnland?

    Mein Ohr rauscht, und ich bin müde. Erschöpft lasse ich mich in einen der Wartesessel am Eingang fallen. Ich rufe die ods hotline (bei ods registrierte Person, die auch dann helfen kann, wenn sie gar nicht helfen kann) und klage mein Leid. Man sendet Durchhalteparolen und zeigt Verständnis. Der Sessel ist bequem, und ich würde am liebsten schlafen, aber ich gebe mir dann doch einen Ruck und stehe ungelenk auf. Ich nicke der Dame am Schalter noch einmal freundlich zu. Sie winkt, und ich brauche einen Moment, zu verstehen, dass sie mich herbeiwinkt. "Ich habe da was". Verwundert trete ich näher.

    Es ist das, was ich im Gehen ansprach, und es ist tatsächlich bezahlbar. 600 Euro. Ich starre sie an. Die Fähre nach Finnland wäre teurer (das ist immer meine Maßeinheit). Sie schaut auf den Bildschirm und klickt und nickt und tatsächlich, es scheint etwas zu geben. Meine Hand bewegt sich in Richtung Portemonnaie und die Kreditkarte liegt auf dem Tisch. Eine Woche, wenn auch gegen Ende. Davor zur Erholung in die Sonne. 11 Tage Mallorca zum Superpreis. 2 Stunden Flug. Das ist zu schaffen. Die Reise ist gefunden

    Als ich balticskin die Reisepläne verrate, reagiert er wie ein echter Freund: "Ich freue mich auf Deinen Reisebericht! Sie werden Dich lynchen."
    Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 13:42.
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      #3
      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

      13.1.2015 Das Meer.

      Abflugtag. Gepackt hatte ich bereits am Tag der Buchung und die Überlegenheit des Outdoorers gegenüber dem Touristen klar erkannt: a) Packen können und b) Gewicht sparen können. Der Packvorgang dauerte 30 Minuten und der Inhalt wurde nur noch geringfügig ergänzt. Da mit zunehmenden Alter meine Katastrophenangst zunimmt, versuche ich mich bestmöglich auf Touristenpauschalklasse vorzubereiten und sowohl gesellschaftliche Pflichten als auch disfunktionale Heizungen, schlechte Betten, sportliche Aktivitäten (genaueres ist nicht geplant, ich hoffe, dass man Räder mieten kann und vielleicht wandern kann), mehrwöchigen Pilotenstreik und arktischen Wintereinbruch vorzubereiten. Im Klartext heißt das:

      Big Agnes Fly Creek UL 2 (glaubt jemand ernsthaft, ich gehe ohne Zelt aus dem Haus????? - leider nicht gebraucht)
      WM Caribou
      Neoair (leider nicht gebraucht)
      Brunton Flex, (blöde Idee, ich hätte den white gas stove nehmen müssen. Ich finde keine Kartuschen)
      Ein Topf, ein Teller, Besteck.

      2x zivile Jacken
      2 zivile Hosen
      Passende Schuhe
      3 Shirts

      Bademantel (Nicht benötigt, gab es vor Ort)
      Tewas (entbehrlich, da zu kalt)
      Paddelschuhe

      Regenjacke
      Regenhose
      Montane featherlite smock
      Gelbe Windbreakerradweste (für Radfahrer sogar Vorschrift laut Hotelprospekt)
      Stirnlampe
      Poncho (Fahrrad)
      Trekkingstock
      Buffs
      Wintermütze
      Merinohandschuhe
      Fette Radhandschuhe
      Daunenjacke (sehr wichtiges Kleidungsstück!)

      Kulturbeutel, Sonnencreme

      JW Baumwolljacke (auch, um die Nationalität zu betonen)
      Trekkinghose
      Hanwag Lima.

      Gorillapod (nicht benutzt).

      Verpackt im GoLite Jam 50 Liter. Rucksackschutzhülle (sonst Rollerhülle). Die Summe laut Waage des Check-Ins: 14,2 kg.

      Das Handgepäck besteht praktisch nur aus Elektronik: Kameras, 3 Objektive, Tablet, Reader, Buch, Ladegeräte, Akkus, Batterien, Stirnlampe. Rucksack: Vaude Rock 25. Gewicht 6 kg. Gesamt: 20 kg. Das ist für mich gut tragbar. Ich bin zufrieden.





      Nachdem ich am 5. Januar endlich zum Arzt gekommen, befinde ich mich durch Tabletten bis zum Anfang der Reise im Delirium. Der Ochsenweg, den ich in gnadenloser Selbstüberschätzung noch radeln wollte, entfällt. Der späte Reisebeginn erweist sich als Segen.
      Die Planungen beschränken sich auf das Lesen von Wegbeschreibungen des GR 221, aber zufriedenstellend ist das nicht. Zu schwer für mich. Ich hoffe trotzdem auf eine Möglichkeit, aus dem Hotel "abhauen" und zelten gehen zu können. Kloster Lluc ist die einzige Möglichkeit. Die anderen drei sind schlecht zu erreichen. Und im Winter vermutlich auch zu, wie überall im Süden. Wildcampen ist verboten und nicht ratsam. Man kann froh sein, wenn der GR 221 nicht weiter beschränkt wird. Winterausrüstung habe ich nicht.
      Der Faktencheck zeigt: Das Hotel ist beim Ballermann. Ich sehe mich schon sterben. Oder ein Fahrrad mieten. Irgendeine Gurke. Mir graut davor. Aber was soll ich tun? Ich hoffe, ich kann irgendwie Outdoor sein. Ich denke an ods Ärger. Eine eigene Domain für meine Reiseberichte wäre nicht schlecht: Outdooristeinlebensgefühlegalwasmanmacht.de oder so. Aber dann regt mich das wieder auf. Ich kann Kleingeisterei nicht leiden.

      Am Vortag des Fluges bestätigt der Hörtest Hören im akzeptablen Bereich. Ein Hörgerät brauche ich noch nicht. Dem Urlaub steht nichts entgegen. Die Tablettendosis wird nun täglich reduziert. Die Nacht vor dem Flug dennoch nur Wachschlaf

      Als ich um sechs aufstehe, ist das Hören mit beiden Ohren ungewohnt. Unter Tabletteneinfluss suche und finde ich in autistischem Starrsinn den Fotoadapter fürs Tablet, dann mache ich mich nach einer Scheibe Brot auf den Weg. Den Poncho will ich auspacken, doch es regnet in Strömen. Schicksal, der Poncho muss mit (gute Entscheidung!).

      In Trance nehme ich die öffentlichen Verkehrsmittel Richtung Airport. Alles wirkt grau und gedämpft. Die Medikamente. Das dumpfe Ohr. Eine vollschlanke Frau wippt mit den Beinen im Takt der Musik. Ich tippe auf Kosmetikbranche.
      Der S-Bahnhof. Ich folge Rollkoffertouristen. Lange Wege, aber trocken. Der Flughafen ist leer. Menschen verteilen sich auf endloser Fläche. Ich erinnere mich. Ich habe mal eine Führung gemacht. Eine Tafel hilft. Ich checke ein. Der Rucksack gilt als Sperrgepäck. Richtig gepackt, ich bekomme ein Lob.
      Die Terrasse ist wegen Sturms gesperrt, und ich frühstücke Pommes bei McDonalds. Tablettennebenwirkung. Alles wirkt sehr irreal, und ich finde es furchtbar laut.

      Die ods hotline erklärt mir, dass man auch lange vor der Bordkartenzeit zum Gate gehen kann, und ich mache mich auf den Weg. Gut gelaunte Mitarbeiter am Band, das Durchchecken macht Spaß. Ich kaufe eine Zeitung. Dann folgen lange Gänge. Ich habe den weitesten Weg und die Läden sind gespenstisch leer. Eine Frau fragt: Massage?. Saturn hat einen Automaten aufgebaut. Batterien, Ladegeräte, Fotoapparat, Handy. Am Gate wird es wieder laut, die Menschen reden und Kinder schreien. Viele haben Taschen und Tüten in der Hand. Da war ich doch echt bescheiden.
      Als der Aufruf kommt, gibt es Gedrängel und Stau, bis alles sitzt. Schlimmer als in der Bahn. Ein Koffer in der Gepäckablage steht quer. Als ich ihn drehe, fällt der Mantel davor einem Mann ins Gesicht. Es trifft nicht den falschen. Schnell hebe ich den Rucksack hinein und drücke den Mantel über den Koffer. Der Mann ist genervt: Den will man doch noch anziehen. Das Flugzeug hebt sich, und ich erinnere mich nun. Geflogen bin ich ja schon. es ist nur Jahre her. Flugangst habe ich keine. Ich mag es eben nicht gerne. Man verliert das Gefühl, wie weit etwas ist und erhebt sich maßlos in die Gefilde der Sterne.

      Ich habe einen Fensterplatz und der Zauber umfängt mich. Ist es Landschaft oder Phantasie? Die Welt entsteht im Kopf.
      Ich mache Fotos. Schnee liegt nicht, aber im Süden Deutschlands sind Seen vereist. Die Alpen. So klein und faltig. Majestätisch? Eher kleine Pickel auf der Märklin-Wand. Das Ehepaar neben mir ist nett. Ich zeige die Fotos, damit auch sie etwas sehen.





      Das Meer beginnt. Leichte Wellen breiten sich rillenförmig aus.. Dann beginnt auch schon der Landeanflug. Serra de Tramuntana. Raue Berge. Dann Flachland. Der Flieger setzt auf.

      Es ist warm, man merkt es sofort. Der Weg zum Ausgang ist weit. Die Koffer werfen sich gegenseitig vom Band, es ist, als wäre es ein DOS Spiel. Mein Rucksack kommt, und ich setze ihn auf. Willkommen in Espana. Die Toilettenspülung ist defekt.

      Die anderen sind in Bussen entschwunden, und ich suche nun den Ausgang. An einer Bushaltestelle steht ein Mann, er spricht Deutsch mit einer Dame. Der Fußweg nach draußen? Er lacht: Gar nicht. Entweder ein Bus oder ein Taxi, zu Fuß geht es hier nicht raus.
      Der Bus kommt in einer halben Stunde und ich merke, dass mich das stresst. Der Taxistand, und ein Fahrer winkt. Wir sprechen Englisch, und ich lerne schnell die wichtigsten Worte. Die Fahrt kostet 17.45 €. Billig ist Mallorca schon mal nicht.

      Der Schuppen ist scheußlich wie erwartet und natürlich riesengroß. Man spricht deutsch an der Rezeption, aber bemüht ist man nicht. Mir ist es recht, ich mag aufgesetzte Freundlichkeit nicht. Das Zimmer ist groß und hübsch, aber das Meer sehe ich nicht. Vom Balkon aus ist es doch noch zu sehen. Die Zimmer zur See vermietet man lieber an zwei Personen, verstehe ich und gefällt mir nicht. Ich sehe die Berge und das erste Morgenlicht.

      Ich frage an der Rezeption nach einem Fahrradverleih. Morgen. Ein Schwabe lächelt mich freundlich an und wendet sich dem Mann an der Rezeption zu. In der Fernbedienung fehlen die Batterien.

      Ich gehe die Straße hinunter Richtung Meer und bin wirklich bei Ballermann und Söhne. Der Bierkönig. Laut schmettern deutsche Lieder über die enge, leere Straße. Ein Afrikaner lungert herum. Es ist Winter. Keiner kauft jetzt Kettchen. Das riesige Lokal ist leer. Niemals werde ich im Sommer meine Schritte in die Nähe lenken. Niemals.

      Der Grillmeister. Der Wurstkönig. Oberbayern. Mein Gott, ich kann es nicht glauben. Die Promenade. Und dann kommt es. Da ist es. Das Meer.





      Die Sonne lacht und streichelt die Haut. Meine Ohren kreischen schrill. Ohne Nachzudenken ziehe ich die Schuhe aus und gehe in Richtung Meer. Das Wasser ist kalt, es ist eisig kalt. Nordsee im frühen Sommer. Ich packe meine Schuhe ein und laufe langsam den Strand lang. Das Wasser entspannt mich schon nach kurzer Zeit und meine Ohren werden ruhiger.





      Eine Frau sitzt an einem Beobachtungsstand und blinzelt in die Sonne. Ein Mann kommt mir entgegen, auch er läuft ohne Schuhe.

      Ich bin müde und trockne die Füße ab. Dann wärme ich sie in den neuen Schuhen. Sie sind ein wenig zu groß, die passenden wurden nicht rechtzeitig geliefert. Feiertag in Süddeutschland, ich habe nicht dran gedacht. Es sind die letzten Exemplare, die Produktion wurde eingestellt. Ein Schock Anfang letzter Woche.Wenn alles gut geht, habe ich bald 4 Paar davon, das reicht hoffentlich bis zum Rest meines Lebens.





      Ich gehe zur Promenade zurück. Ein kleiner Supermarkt. Fast jeder Laden ist hier ein Supermarkt, aber die meisten sind nicht geöffnet. Mineralwasser und Einwegrasierer. Was der Mensch so alles braucht.

      Ich streife weiter und kurz darauf habe ich einen wundervollen Begleiter.





      Ganz preiswert ist das natürlich nicht, aber es erfüllt alle Träume. Mehr als ich zu hoffen wagte. Eine Rentnergurke: Es wäre mein Tod. Der schweizer Name des Verleihers hatte mich angezogen. Er hat hier einen Konzern geformt.. Das Business ist fest in seiner Hand. Rennräder, vor allem. Mallorca ist ein Rennradland. Wer hätte das gedacht.

      Ich miete einen abgewrackten Helm und zahle Pfand für Werkzeug und Tacho. Das Rad fährt gut, ich fühle es sofort. Ich fühle mich besser. Ich bin wieder komplett.


      Die Sonne entscheidet sich, unterzugehen und zaubert ein wunderschönes Licht. Leider erstmal das falsche, denn die Fotochallenge hat das Motto "Blaue Stunde". Viel zuviel rot ist in der Luft.





      Der Sonnenuntergang. Zielgerichtet versinkt die Sonne im Meer. Ein Ehepaar zuckt sein Iphone. Es sind einige Menschen unterwegs. Spanier oder Deutsche.




      Ich fahre zu der Vermietung zurück. Es ist jetzt kurz vor sechs. Er ist nicht ganz begeistert, denn in 5 Minuten hat er Feierabend. Der Sattel muss noch ein Stückchen höher. Er macht es schnell. Danke.

      Es ist Essenszeit. Radständer gibt es keine. Ein Radkeller? Man drückt mir einen Schlüssel in die Hand. Zur Straße rechts, Nr 3. Sonst nichts. Ich schiebe hoch und suche nach der drei. Gebäude? Hausnummer? Keine Ahnung. Ein Radverleih. Die gleiche Firma. QuerStraße rechts. Radklamottenverkauf. Die gleiche Firma. Dunkel. Eine Seitenstraße. Zu weit. Mein Hirn schwillt. Zurück. Radvermietung. Ein Hof, ein Tor. Nichts. Hier sind nur Büros. Werkstattgebäude. Auf diese Idee komme ich nicht.

      Die Rezeptionistin zeigt, wie egal ihr das ist und das Rad kommt in den Raum fürs Gepäck. Eine Zeichnung könnte helfen. Der Mann morgen soll mir das zeigen.

      Das Abendessen 9.90 €. Buffett und Getränke. Die Auswahl ist groß. Frischen Salat, Gemüse, Fisch, Fleisch, Perfekt.

      Der Raum ist nicht isoliert, meine Ohren dröhnen. Jugendherberge Neumünster. Oh, Italien. Ein kleiner Hauch Farbe, ein Gewürz, Kultur. Niemand kann das wie ihr

      Am Eingang sitzen Rentner. Würste, Fleisch, Kartoffeln, Speck. Weiter hinten volle Teller: Salat, Gemüse, Obst, Nudeln. Rennfahrerdress. Die Jungs am Nebentisch sprechen eine schöne Sprache. Finnisch? Es perlt so schön. Vielleicht ist es auch etwas ganz anderes.

      Der Wetterbericht verspricht einen sonnigen Tag. Im Zimmer ist es eisig kalt. Woolpower 400. Ich lade Bilder für die Fotochallenge hoch und gerate in fürchterliche Verzweiflung. Die ods hotline hilft mit Rat und Tat. Nach Mitternacht ist es geschafft. Das erste Mal seit über einer Woche finde ich Schlaf und wache sogar nachts nicht auf.
      Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 13:40.
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        #4
        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

        14.1.2015 Eine kleine Runde. 70,2 km

        Um sieben klingelt der Wecker. Kurz darauf stehe ich auf dem Balkon. Eine Nebelwand taucht auf und wird größer.





        Dann kommt die Sonne heraus.





        Ich trage meine rote Montane und ordne mich in der Reihe der Sportler ein. Es funktioniert, sie grüßen nett. Aber man sähe es wieder am Teller. Müsli, Gurke, Paprika, Ananas, Frischkäse und zwei Brötchen.

        Am Aufzug steht eine füllige, ältere Frau mit wallender Bluse und Ketten. Sprechen Nichtmehroutdoorer mit Touristen? Ich frage sie, ob sie Zimmer mit Seeblick hat. Ich nicht. "Machen Sie sich nichts draus", sagt sie. " Dafür ist es bei mir furchtbar laut. Bierkönig. Nachts um zwei wache ich immer auf. Gehen Sie raus. Das Wetter wird schön. Verbringen Sie jede Minute draußen, so lange sie können. Fahren Sie nach Cala Blava. Am Hafen in S'Arenal geht es nach rechts."

        Kurz darauf hole ich mein Rad aus dem Gepäckraum des Hotels. Die Frau von der Rezeption arbeitet immer noch und schaut so verkniffen wie üblich drein. Ich sehe nun, dass gestern die Tür zur Werkstatt gemeint war. Eine kleine Zeichnung, und ich hätte es gefunden. Nette Leute gibt es hier an der Rezeption. Der Mann am Tresen der Werkstatt redet anders, weicher, als die Leute an der Rezeption. Und er lacht aus den Augen. Ich frage ihn, woher er kommt. Er ist Mallorquiner, Katalane. Ich erkläre, er spricht anders als die anderen, und ich dachte, er sei Italiener. Wegen der Fröhlichkeit, sage ich, und kopiere die Dame von eben.. Er lacht und freut sich. Da scheint es Unterschiede zu geben.

        Es ist noch kühl, und ich nehme die Promenade nach S' Arenal. Die ersten Spaziergänger sind unterwegs. Ich mache ein Foto und eine Frau kommt spanisch redend auf mich zu. Ich erkläre, dass ich nichts verstehe (auf italienisch). Sie läuft zu ihrem Mann zurück. Ein Rad, eine Weste. Anscheinend nicht deutsch.





        Die Angler sind Mallorquiner, es kann nicht anders sein. Sie lachen und scherzen wie Italiener. Die Küste ist schön.





        Kleine Strände bei Cala Blava. Aber noch ist es viel zu kalt.





        Ein Mann im grünen Shirt rennt über die Straße zu den Felsen. Kurz darauf sehe ich ihn wieder. Verdammt, ist der schnell.





        Aussichtspunkte. Man spricht Deutsch.








        An der Kreuzung geht vielbefahrene Landstraße los. Ich biege zunächst ab in den nächsten Ort. Blumen.Vögel zwitschern in den Bäumen.








        Eine Tante von mir hat auf Mallorca ein Häuschen. Plötzlich erinnere ich mich daran. Eine Katze geht in die Sonne.





        Ich suche noch einmal eine kleine Bucht, doch Baulärm macht Ruhe unmöglich.





        Steil geht es wieder bergauf. Wie schaltet man vom sechsten hinunter in den ersten Gang? Es kracht gewaltig. Ich glaube, ich bekomme die Schaltung bald klein. Mit Rohloff ist so etwas kein Problem. Schieben. Wieder ein Mann in grünem Shirt. Es kann nicht derselbe sein. So schnell kann er nicht sein. Ein bisschen mulmig ist mir dennoch.

        Zurück durch den Ort zur Hauptstraße. Steil ist sie nicht, aber hügelig. Ich werde gleich wieder schieben. Und dann fahre und fahre und fahre ich hinauf und kann das Ganze kaum glauben. Sind es die Medikamente? Oder das Fahrrad? Vielleicht beides? Rennradreifen, Leichtbau. Macht das wirklich so eine Menge aus? Radrennfahrer überholen mich mit Ola. Ein bisschen wie Italien.

        Warm ist es geworden und schonen wollte ich mich auch. Die Autos sind mir zu laut. Ich muss von dieser Straße runter. Die Karte weist eine ruhige Straße aus.

        Tatsächlich ist es ein beschilderter Radweg. Selten ein Auto, aber auch das viel zu laut. Radfahrer huschen vorbei. Sonst bin ich alleine. Die Felder wie zu Hause, nur warm. Die Mauern sind anders.





        Ein großer Vogel, rot gefärbt, stößt herab, doch bis ich die Kamera gezückt habe, ist er weg. Noch lange sehe ich ihn in der Ferne kreisen.





        Stille.


        Keine Kirche. Sondern das Hilton.








        Ein Radweg in Richtung Küsten lockt. Doch ich kann die Distanzen nicht einschätzen. So fahre ich lieber den kürzeren Weg. Ich muss mich ja erst einmal reinfinden.








        Rastplatz. Die Stille und warm ist es auch.








        Ein Rausch der Farben.





        Ohne es zu merken, bin ich bei Llucmajor. Die vielbefahrene Landstraße dröhnt nur. Ich will mich nicht überfordern und trete den Rückzug an. Zurück zur Unterführung, zum Hotel geht es am Autobahnradweg entlang. Der Wind kommt von vorne und übertönt die Geräusche. Es ist angenehmer zu fahren, als ich dachte.











        Ich verfahre mich bei S'Arenal und muss wenden. Es ist Absicht, man kann den Radweg nicht verlassen. Der Schleichweg. Ich bin nicht alleine.





        Schule ist aus, es ist laut in den Straßen. Ein Platz. Leer. Zwei Menschen dösen in der Sonne.Ich finde einen kleinen Supermarkt und kaufe Wasser, Brötchen und Käse. Mallorca ist Flanbyland, wer hätte das gedacht. Aus schlechten Lautsprechern plärrt Musik. Eine Qual für die Ohren. Gibt es irgendwo noch ruhige Zonen? Die Tabletten lassen nach.

        Ich setzte mich am Hafen unter eine Palme. Der Sand ist kalt. Die Wellen rauschen und dröhnen in meinem Ohr. So laut war Wasser noch nie. Ludwig van Beethoven. Ich verstehe seine Qual. Der Käse ist gut und würzig. Die Sonne wärmt. Bald geht es den Ohren besser, sie haben sich an das Rauschen gewöhnt.





        Genussvoll radele ich die Promenade entlang. T-Shirts, Taschen. Ein Cafe. Fast alles andere hat geschlossen. die Burgerketten inklusive. Im Sommer muss hier die Hölle los sein, alle 500 Meter gibt es welche.

        Ein Souvenirladen hat Obst, und ich kaufe eine schicksalshafte Banane. Seit Tagen habe ich Krampfneigung, eine Banane kann nicht schaden. Das Rad hat keinen Ständer, und ich lege es einfach hin. Als ich aufgestiegen bin, die Banane in der Hand, bleibe ich mit der Bananenhand hängen. Das Rad macht eine blöden Schlenker. Ich ruckel und die Hand ist frei. Erleichterung. Ich esse die Banane auf, werfe die Schale in eine der Papierkörbe, dann geht es auf Nebenstraßen langsam zum Hotel. Eine Steigung. Schiebestrecke, gewöhnlich. Ich packe sie. Ein Krampfanfall im Oberschenkel. Mit Disziplin geht er weg. Ich freue mich auf Ruhe. Mein Ohr beginnt zu Rauschen. Die Anstrengung war zuviel. Ich lehne das Rad am Radraum an und greife nach der Karte. Es ist nur keine da.

        Einen Moment weiß ich nicht, wie ich mich umbringen soll. Dann entscheide ich mich für Suchen. Präzise suche ich den Rückweg ab. Sie ist einfach nicht zu finden. Wie weit war der Laden denn? Da war sie doch noch auf dem Fahrrad. Der Schlenker muss es gewesen sein. Ich verfluche die Banane. Ich fahre suchend fast bis S'Arenal. Dann fahre ich wieder zurück zum Hotel. Nichts. Die müsste doch zu sehen sein. Wieder zurück, die Promenade entlang. Zum Hafen, zur Palme, da ist sie nicht. Zurück, die Promenade entlang. Rennradtempo. Den Laden sehe ich nicht, ich kann mich nicht erinnern. Der Weg war lang, aber in Arenal war er nicht. Die ersten Cafebesucher glotzen mich an. Ich bin leicht zu erkennen. Ich fahre mit einem hochgezogenen Hosenbein. An meinem Rad bleibe ich nie hängen. Nochmal zurück. Dann wieder her. Einen kurzen Moment beglückt mich Verstand. Das Navi. Wo ist der Ausschlag, als ich an der Kasse war? Gar nicht weit vom Hotel entfernt. Der Laden hat zu.

        Ich fahre zum Hotel und packe meine Sachen aus. Zur Ruhe komme ich nicht. Einbruch des Numinosen in die heile Welt. Mein Kopf und die Ohren brennen. Blanke Panik. Immer noch nicht belastbar. Ich frage an der Rezeption nach Karten. Der Mann von gestern ist wieder da und weiß weder was von Karten noch von einem Laden. Der Radverleih. Rennradkarten. Die will ich nicht. Ich bin Outdoorer und brauche Details. Ein kleiner Supermarkt. Es sind nur grobe Karten. Der nächste Supermarkt. Zurück, noch ein Supermarkt. Die Frau schickt ihre Schwester los. Ich brauche Kompass 230. Wir reden ein bisschen, während wir warten. Sie war mal in Freiburg im Breisgau und spricht etwas deutsch.

        Die Karten taugen nicht, aber die Radkarte kaufe ich ihr ab. Da sind Routen mit Höhenmetern drauf. Ich fahre zu einer Hotelkette, Bikehotel. Karten haben sie nicht. In Palma gibt es Buchhandlungen.

        An der Promenade erschallt klassische Musik. Ein wenig Kultur gibt es hier auch, was ein Glück. Ich schließe das Fahrrad ein. Die anderen Hotelgäste waschen den Staub vom Rad. Das Paar von heute morgen grüßt mich. Die ods-hotline wird wieder gequält, bei dieser Karte ist Verlust eine Katastrophe. Sie weist auch Nebenradwege aus und das ist hier unverzichtbar. Ich fahre ja nicht Strecke, sondern Landschaft ab. Erst das zeigt, wie krank ich wirklich bin. Ich kann mich kaum beruhigen. Überhaupt kein Improvisationsvermögen mehr. Eine Outdoortour wäre gescheitert.

        Das Essen ist besser als gestern, an den Lärm gewöhnt man sich auch. Hauptsache Salat und Gemüse. Günstiger als hier geht das nicht.

        Die odshotline weist auf Kartendownload bei Kompass hin. Nicht schlecht, aber nicht zu vergleichen. Nachbarn haben das Nachbarzimmer besetzt, der Fernseher dröhnt zum Erbarmen. Verzweifelt suche ich das Pannenset, es ist gegen Pfand Teil des Leihvertrages, und ich habe es wohl auch verloren. Diese Erkenntnis gibt mir für heute den Rest, und ich stopfe Ohropax in die Ohren.

        Viel gefahren bin ich heute irgendwie nicht, das ist mir klar. Aus Routine schaue ich aufs Navi. 70,2 km. Nicht zu fassen. Ich brauche ein neues Fahrrad.
        Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 14:11.
        Oha.
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        • Werner Hohn
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          • 05.08.2005
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          #5
          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

          Aus dem Flughafen soll man auch zu Fuß, bzw. mit dem Rad hinaus und hinein kommen. Vor ein paar Jahren hat mir ein Spanier seinen Weg zur Arbeit auf den Flughafen erklärt, den er täglich von Can Pastilla mit dem Rad macht. Gefahren, gegangen bin ich den allerdings noch nicht. Soo toll sieht der aus dem Busfenster nämlich nicht aus.

          Tja, die Kunst bei der Hotelwahl am winterlichen Ballermann besteht darin, den richtigen Abstand zwischen der Einflugschneise des Flughafens und s'Arenal de Palma zu finden.

          Wanderkarten (Kompass) findet man sehr oft in den Kiosken großer Hotels. Es muss ja nicht das eigene sein. Oder man fährt in die Stadt. Dort hat die Regionalregierung, wie überall in Katalonien und auf den Balearen, einen gut bestückten Karten- und Buchladen (einheim. Wander- Koch-, etc-Bücher). Heißt Casa del Mapa und ist unter der Straßendecke.

          Mach' mal weiter. Ich bin gespannt, wo es dich noch hingetrieben hat.
          Zuletzt geändert von Werner Hohn; 05.02.2015, 14:59.
          .

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          • Torres
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            • 16.08.2008
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            #6
            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

            Na klar, irgendeine Lücke gibt es bestimmt. Aber das wäre mit dem Gepäck auch nicht so doll gewesen, ich wusste ja noch gar nicht, wo ich hin muss.

            Was die Karten angeht: Wir haben Januar. Es hat doch fast nichts auf! Die meisten Hotels hatten geschlossen, auch die Großen. Und bei denen, die in der Umgebung auf hatten, war ich. Ich bin daher tatsächlich bei dem von Dir genannten Kartengeschäft gelandet....

            Das Hotel war mehr als okay, den Flughafen hat man gesehen, aber nicht gehört. Nur Meerblick wäre schön gewesen.
            Oha.
            (Norddeutsche Panikattacke)

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            • Waldhexe
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              • 16.11.2009
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              #7
              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

              Sehr schön!
              Ich nehme an, Du magst Max Frisch?
              Schreib bald weiter, Homo Faber.

              Gruß,

              Claudia

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              • blind
                Anfänger im Forum
                • 21.01.2015
                • 13
                • Privat

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                #8
                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                Ich war über Weihnachten und Sylvester "bikepacking" in der Tramuntana. Man kommt relativ gut vom Flughafen runter, allerdings sind nach Palma rein dann doch ein paar Kilometer die ich nicht unbedingt zu Fuß gehen wollte.
                Ansonsten hatten wir ähnliche Probleme... Hotels haben großteils nochs zu, Kaffeebars und kleine Läden auch, die Rifugios in der Tramuntana auch. Wildcampen war nirgends ein Problem, die Leute sind da extrem unkompliziert.
                Unsere Wanderkarte haben wir noch zuhause einen Tag vor dem Abflug gekauft, allerdings hat uns die Karte ziemlich im Stich gelassen. Im Endeffekt sind wir mit den "Notfall" OSM Karten auf m Handy besser zurechtgekommen.

                OT: Schön nochmal was von Mallorca zu sehen! Interesanter Bericht!

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                • Torres
                  Freak

                  Liebt das Forum
                  • 16.08.2008
                  • 30593
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                  Es gibt im Internet eine sehr gute Topo für Mallorca. Die hatte ich mir aufs Navi heruntergezogen. Ich weiß nur nicht mehr, von wo, aber wenn ich das finde, finden das andere auch. Es gibt dann natürlich auch noch Detailkarten für den GR 221.
                  Im Januar ist wildcampen sicherlich weniger ein Problem, ich würde aber dennoch mit solchen Aussagen vorsichtig sein, da es bekanntlich die Masse macht. Im Januar sind aber viele Leute wirklich sehr entspannt, denn wer dann auf Mallorca kommt, mag die Insel wirklich.

                  @Waldhexe
                  Max Frisch "Homo faber"? Das war Schullektüre, und ich fand das fürchterlich. . Ich weiß noch nicht mal, ob ich das Ding überhaupt fertig gelesen habe. Bin ich bereits in diesem Stadium? (Ich muss das Ding mal suchen, den Inhalt erinnere ich nicht mehr.)
                  Oha.
                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                  • Gast-Avatar

                    #10
                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                    Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                    @Waldhexe
                    Max Frisch "Homo faber"? Das war Schullektüre, und ich fand das fürchterlich. . Ich weiß noch nicht mal, ob ich das Ding überhaupt fertig gelesen habe.
                    Nach einiger Zeit kann man sich die "Schullektüre" ruhig noch mal zu Gemüte führen.

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                    • Waldhexe
                      Alter Hase
                      • 16.11.2009
                      • 2875
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                      OT:
                      Ich wollte Dir keinesfalls zu Nahe treten, Dein Schreibstil hat mich nur daran erinnert. Und um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich habe "Homo Faber" sehr gerne gelesen und fand es toll, ich könnte mir vorstellen, dass Du ihn heute auch magst.


                      Geht's bald weiter?

                      Gruß,

                      Claudia

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                      • Torres
                        Freak

                        Liebt das Forum
                        • 16.08.2008
                        • 30593
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                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                        15.1.2015. Über Palma nach Sant Jordi. 45 km

                        Ich bin auf der Arbeit und man will etwas von mir. Man redet auf mich ein. Setzt mich unter Druck. Zuviel. Mein Kopf platzt, während ich die Anforderungen koordinieren will. Ich löse das Problem, indem ich tot umfalle und von höheren Warte aus die lebensrettenden Maßnahmen betrachte. Es ist 6 Uhr morgens. Der Weg ist noch lang.





                        Ich hole das Rad vom Haken. Ein Schweizer Hüne begrüßt mich: "Schon los?" Dabei ist es schon neun. "So schnell war ich noch nie unterwegs". Ich rede von dem Fahrrad. "Aber Pässe fahre ich damit nicht" und meine die Steigung. "Ist ja auch viel zu kalt" sagt er, und meint den Fahrtwind. Und sowas sagt ein Schweizer!

                        Der Souvenirladen ist offen, die Karte nicht gefunden. Verzweiflung. Ausgeschlafen sehe ich genau, wie ich sie wegstoße, damit die Banane nicht herunterfällt. Filmriss. Ein Trauma. Wie konnte das passieren. Sonst fällt mir so etwas auf.

                        An der Promenade Richtung Palma die Polizei und daneben eine kleine Touristeninfo. Die habe ich gestern nicht gesehen. Karten gibt es in Palma, da gibt es einen sehr guten Laden dafür. Ein junger Mann, wir sprechen Englisch. Eine Karte von Palma, er zeichnet den Standort ein. Ein Infozeichen steht dabei, das Geschäft scheint auch eine Touristeninfo zu sein.

                        Es ist kalt. Ich habe Shirt, Windbreaker, Jacke und Windweste an. Es hält gerade warm. Ich habe leichtes Kopfweh. Der Verleih. Ein Schweizer öffnet. Ich mag den Schweizer Tonfall.
                        Das Reparaturset. Ich habe es verloren. Er greift unter den Sitz. es ist da. Speicherfehler auf der körpereigenen Festplatte, Partition Erinnerungsvermögen gestört. Ich hatte den Beutel kurz in der Hand. Und nicht bemerkt, dass er untergeschraubt wurde. Vergessen. Er lacht mich an. Spezialkarten, ja, nur in Palma. Das Rad in Palma abschließen. Ich komme aus Hamburg. Er lacht. Und auch an einem festen Gegenstand. Ich nenne den Preis meines gelben Fahrrads. Nun lacht er richtig. Alles klar. Man versteht sich.

                        Die kleine Bucht des ersten Abends. Dann ein schmaler Radweg, vielbefahren. Zweispurig. Durchgehend bis Palma.











                        Eine rechtwinklige Kurve. Ich hätte gedacht, das schließt sich aus. Zweispurig. Ich taste mich vor, ganz vorsichtig und schaue an der Mauer um die Ecke. Ein Halt gegenüber am Aussichtspunkt. Foto. Ich ziehe jetzt doch die Jacke aus. "Da würden die Deutschen jetzt sagen: Das entspricht aber nicht den Sicherheitsvorgaben". Emil Steinberger - Tonfall. Eine Gruppe Schweizer Radler nimmt die Ecke elegant.





                        Es ist eng. Spaziergänger. Die Stadt im Dunst.











                        Palma. Eine große Kirche. Ist die wichtig? Später vielleicht. Der Radweg trägt eine Nummer. Ich biege am Yachthafen ab. Geradeaus, dann den Berg hoch. Aha, die Kirche ist wohl eine Kathedrale. Jetzt links. Da ist gar keine Straße. Die Treppe. Das Fahrrad ist so leicht. Der Laden. Casa del Mapa.





                        Laternenpfähle fehlen. Ein paar Meter weiter ein Papierkorb, das reicht. Das Bügelschloss hakt. Das nächste Mal nehme ich ein Schloss mit. Und meinen Helm.

                        Die Karte gibt es in vielen Sprachen. Beglückt halte ich sie in der Hand. 11.00 €. Fast kaufe ich zwei. Ich werde sie brauchen. Den ganzen Tag.

                        Der Verkehr ist moderat. Das klag im Reiseführer anders. Ich schiebe dennoch bergan. Nur nicht übertreiben. Langsam, langsam.

                        Eine Gaskartusche wäre nicht schlecht. Spontaner Gedanke. Bei C&A wird demonstriert. Die Polizei beobachtet. Ich frage eine Polizistin: Decathlon. 2,5 km entfernt an der Autobahn. Navi. Wohl machbar, aber habe ich Lust? Ich schiebe etwas in die Richtung. Dann sagt mein Ohr: Nein. Die Strecke für heute ist in Gegenrichtung. Spontan wende ich. C&A wird weiter von einem Trüppchen Warnwesten gellend ausgepfiffen. Schönes Flair an der Straße. In der Kurve muss ich rechts. Da ist aber ein Einkaufscenter. Abbiegen nicht möglich. Weiter. Zu weit, sagt das Navi. Wenden. Zurück. Ach so, eine Altstadt. Der Verkehr führt drumherum.

                        Ich wähle die Abkürzung. Kleine Gassen. Schieben. Essensduft. Eine Buchhandlung. Goya Bildband. Literatur. Ein Café. Einen Moment fühlt es sich an, als wäre ich in Spanien.

                        Das Navi lenkt mich zur Hauptstraße. Ein Stück der Ringstraße. Autos, Mopeds, Busse. Kein Vergleich mit Italien. Ich schwimme mit.

                        Abzweigung. Die Karte ist unbezahlbar. Ich bin richtig. Meine Ohren sind besser. Der Verkehr ist laut, aber es dröhnt nicht. Die Autobahn.





                        Ein verlorener Platz. Palmen. Parkplätze. Leer. Hier soll ein Radweg sein. Ich finde ihn nicht. Ich fahre die leere Straße entlang. Die Hauptstraße quert. Jetzt geradeaus. Der Name der Straße zeigt nach rechts. Also rechts. Falsch. Da war ich eben fast. Wenden. Ein Radweg. Man muss ihn kennen. Die richtige Straße. Kein Radweg. Son Ferriol der Zielort. Ein Standstreifen, daher als Radstrecke markiert. In Abständen kleine Lampen montiert. In der Nacht zeigt sich so der Straßenrand. Für das Rennrad bleiben an den Ausbuchtungen Millimeter. Oder die Straße.

                        Die Autos sind laut. Sie fahren schnell. Es ist der Radweg 16, und er gefällt mir nicht. Rennfahrerstrecke. Fahren und gut. Mir fehlt das Gefühl von Natur.

                        Die Karte hilft. Ich kann Nebenwege fahren. Ein kurzer Tag dann, aber was soll es. Die Abzweigung. Der Weg ist schlecht. Eine Zufahrt. Immerhin der Blick auf Oliven. Aber das hier ist falsch. Ich wende.





                        Richtig. Der Hügel ist leicht bezwungen. Am Straßenrand Haufen von Müll. Anhalten, verklappen, wegfahren. Kloschüsseln, Fernseher, Textil. Es ist still.

                        Ländlich. Der Hund bellt.

                        Ein Wasserbecken. Der Flughafen ist nicht weit.





                        Eine kleine Straße. Ruhe für die Ohren. Gar keine Autos hier. Aufs Stichwort hin kommt ein Transporter um die Ecke und keucht den schmalen Weg hinauf. Ich warte und lasse ihn passieren.

                        Ein Hof. Gemütlich. Mediterran. Ich habe ein Haus auf Mallorca. Das wird plötzlich sehr verständlich.

                        Zitronen. Der Hund kläfft. Das Haus wirkt, als könnte man die Leute kennen. Ich schaue nicht hin, und man sieht auch niemanden.





                        Kurz darauf ein Tor. Groß. Stabil. Schwarz. Geschlossen. Aus diesem Haus erklingen Stimmen. Fragen, ob sie es öffnen? Die Privatsphäre stören? Oder umkehren? Unschlüssigkeit.

                        Warten. Nachdenken. Das gelingt mir doch sonst auch. Der Weg ist auf der Karte eingezeichnet.

                        Ich nähere mich dem Tor. Erst probieren, dann fragen. Es ist offen. Ein kleiner Durchschlupf für Radfahrer und Wanderer. Ich muss das Fahrrad anheben. Danke, dass ich passieren darf.








                        Ein Ort. Laut Karte geht es geradeaus. Ein schlechter Weg. Häuser vereinzelt auf der rechten Seite. Ich fotografiere sie nicht. Ist man hier arm? Der Flughafen ist nicht weit. Die andere Straßenseite.





                        Ein Haus. Die Familie sitzt im Garten. Fünf Hunde schaukeln sich hoch. Kläffen. Lauter als das startende Flugzeug. Ein Tor verschließt sich vor mir. Der Weg ist zu Ende. Vor mir ist Flughafengelände. Wenden.





                        Wieder die Hunde. Sie rasen wie irre über das Grundstück. Ein Mann läuft an der Straße entlang. Ein Arbeiter. Faltig und verschwitzt. Ein Haus. Es riecht nach Hund. Ein Setter ist an eine dünne Leine gekettet und rennt an der Leine wie verrückt im Kreis, überschlägt sich, bellt. Symptome beginnenden Wahnsinns. Raserei.
                        Überall sind Augen.





                        Ich biege rechts ab. Die Abzweigung nach Sant Jordi. An der Kreuzung steht die Zeit still. Männer schlagen sie tot. Der Radler Treff - Bikers Point (mallorquinisches Essen - mallorquin Food - baguettes warm + kalt - Hamburger - Bier) ist geschlossen.

                        Die Straße ist schön. Autos stören nicht. Der Ort um die Kirche wirkt wie eine Insel der Geborgenheit.





                        Hinter einem Zaun auf der anderen Straßenseite weiden Vögel. So entdecke ich die Bank und lasse mich in der Sonne nieder. Hinter meiner rechten Schulter die Landebahn. Der Wind steht günstig. Man hört sie kaum. Im fünf Minutentakt schwebt man herein. Wie ich vor zwei Tagen. Leicht und sanft. Das Geld, der Wohlstand, das Leben. Im Sommer wird es jede Minute sein. Ich esse Käse und Brot.

                        Erst als ich aufbrechen will, entdecke ich Besuch.





                        Ich entscheide mich für die kleine Runde und biege vor dem Hügel ab. Der Blick zurück. Die Häuser schlafen. Der Radweg erhält EU Fördermittel. Da gab es doch mal was. (In Polen stand an den Radwegen oft EU Fördermittel dran. Katastrophale Straßen, aber perfekte Radwege.) Autos sind hier keine. Schön ist es hier auch nicht. Aber die Farbe.





                        Etwas später riecht es entsetzlich nach nassem Hund, nach stinkendem, schlechtes Futter fressendem Hund.

                        Die Hauptstraße. Das ist wohl falsch. Ich suche Schilder und fahre zurück. Der nächste Weg ist in schlechtem Zustand. Wieder wenden. Der Parallelweg zur Straße ist noch am besten. Wieder der Hundegestank. Hier ist eine Farm. Ein verschlossenes Tor. Kommt der Geruch dorther?

                        An der Querstraße rätseln. GPS hilft. Links. Hier ist nun auch ein Radschild, die Abzweigung war viel früher. Ich habe sie nicht gesehen. Ein Hof. Ein schöner Weg beginnt.

                        Einen kurzen Moment England. Foggy hier. Künstlich hergestellt. Ein Bauer fackelt Pflanzenreste ab.





                        Radwegmarkierungen.





                        Still ist es hier.

                        Große Pferde. Kleines Gemäuer. Kann man hier leben?





                        Ich zupfe Gras. Eine kleine Belohnung für das Fotomodell.





                        Ich bin nicht in Eile. Es gibt so viel zu sehen. Bald halte ich wieder an.











                        Lärm. Es sind kleine, zwitschige Vögel. Ein Höllenlärm. Zahnbohrerlärm. Kreischend und schrill. Natur ist nicht immer still. Natur kann auch ganz schön nerven.





                        Ich zucke zusammen. Was sagt die Zeit? Entspann Dich. Du bist nicht auf Tour.

                        Ich horche in mich hinein. Gibt einen fühlbaren Unterschied zwischen Tagestour und Tour? Oh ja, den gibt es. Der Druck entfällt: Hat der Platz, das Hotel geöffnet? Bald wird es dunkel. Wie weit ist es bis zum Ziel? Stattdessen genießen. Sehen, hören, fühlen, schmecken. Die Zeit währt ewig. Und zu Hause wartet der gedeckte Tisch. Ein Leben als Kind.





                        Ein bisschen hier wie in Italien (Latium). Wie lange ich für den heutigen Tag mit dem Roller gebraucht hätte? Welch eine Mühsal im Vergleich.





                        Kein Schild. Der Weg ist schlecht. Das wird falsch sein. Zurück und abbiegen.





                        Die Touristenzentren nahen. Noch einmal wohlfühlen. An einer Mauer trödele ich vor mich hin und fotografiere Steine. Die Fotos gefallen mir nicht.

                        Ich sage ja. Überall sind Augen.





                        Radrenntraining. Der Blick zu Boden. Sind es Schweizer? Niederländer? Belgier?

                        Die Autobahn. Eine Wunde in der Landschaft wie ein Wanderweg in unberührter Natur. Nichts gegen das folgende. Ein Kreisel. Und dann Schilder. Nein. Ich bin nicht aus Deutschland. Ich wechsele die Nationalität. Ein Freund von mir findet so etwas gut.





                        Das Hotel ist hinter dem Hügel. Ich bin müde, mein Schädel brennt. Aber mir fällt nicht ein, was ich im Zimmer machen soll. So fahre ich noch in den Ort. Dort kaufe ich Wasser, suche vergeblich Ziplocks (für die Karte, mein Beutel ist schon recht milchig) und lasse mir bei einem der Reiseveranstalter den öffentlichen Nahverkehr erklären. Erschöpft wanke ich zum Strand. Der Deckel einer Dose liegt im Sand.

                        Steht die Sonne im Sommer gerade? Die Dächer bieten keinen Schutz.





                        Zwei Männer baden im eiskalten Wasser. Ein Paddler schwebt durchs Bild. Mein Boot. Wie ich ihn beneide. Aber es ist kalt und mich fröstelt.





                        An der Promenade biege ich falsch ab und fahre Hauptstraße weiter. Zum Stellplatz. Das Fahrrad eingehängt.

                        Im Zimmer. Die Nachbarin sitzt rauchend auf dem Balkon. Zwei Gläser Alkohol daneben.

                        Das Essen ist gut, ein riesiger Teller Salat, Hühnerbrust, Scholle vom Buffett. Das kauft man zu dem Preis nicht selbst. Den ersten Abend keine Tablette mehr. Nur morgens noch. Der Stoffwechsel ist gestört.
                        Gespräche am Nebentisch. Zwei Damen haben Ketten erworben. Man freut sich über die Beute. Sechs Euro haben sie ihn runtergehandelt. „In der Hochsaison sind die stur. Das geht nur in der Nebensaison.“ Ich betrachte das Objekt. Die Kette ist auch keine 4 Euro wert. Aber es geht nicht um die Kette. Es geht ums Gewinnen. Niederdrücken. Siegen. Schnäppchen. Die Regeln bestimmen.
                        Ein Ehepaar kommt dazu. Die jungen Alten. Pensioniert und nicht mehr ganz gesund. Radreisende. Das hier ist Spontanurlaub. Wir unterhalten uns gut. Touristen und Outdoorer. Die Grenzen verschwimmen.
                        Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 20:32.
                        Oha.
                        (Norddeutsche Panikattacke)

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                          • 16.08.2008
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                          #13
                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                          16.1.2015. Die Tuba. Ca. 12 km

                          Der Schlaf war gut. Mein Kopf ist schwer. Heute soll es regnen.





                          Ein frischer Wind. Nordsee. Wolken jagen über den Himmel. Es ist wahr. Am Bauch kribbelt die Haut. Die Bauchdecke fühlt sich heiß an. Tablettennebenwirkungen. Ein ekliges Gefühl. Ein Foto von der Klimaanlage. Bedienungsfehler meinerseits. Heute abend wird es warm. Gespräche im Fahrstuhl, die Bauchdecke glüht. Fast fällt mir der Salat aus der Hand. Die Hände zittern. Entzug. Turkey. Die vorletzte Ration, stark reduziert. Ein wenig später geht es besser.

                          Ein Ehepaar am Aufzug entscheidet sich für die Treppen. "Immer dieser Ehrgeiz" sagen sie. Ich packe den Daypack mit Poncho. Doch das Fahrrad. Ich fühle mich nicht gut. Das Ehepaar von eben kommt mir sportlich entgegen. "Immer dieser Ehrgeiz, was?", rufen sie mir zu. Sie lachen. Retourkutsche. 2 Radler mit deutlichem Bauch, schwarz-roter Dress. Figurbetont. Frankfurt/Oder. Wetter nicht so gut heute. Ich bestätige nicht. Ich bin aus Hamburg. Ach so: "Ja, haben mal eine Truppe Hamburger getroffen. Gefragt, wer bei Regen fährt. Alle Hände gingen hoch. Echt. Alle. Sonst könnten sie ja nie los".

                          Das Meer ist wild. Nordsee. Tosend. Surfer in der Ferne. Probleme mit dem Gleichgewicht. Fit bin ich nicht. Die Beine sind schwer.








                          Gegenwind. Wie leicht mit diesem Fahrrad.

                          Ich suche den Supermarkt. Bucheinwickelfolie. Die Karte ist empfindlich. Ich finde ihn nicht wieder.

                          Ein Mann zeigt nach oben. Auf dem Hügel ein Mercando. Frauen mit Hackenporsche weisen den Weg. Ein Krüppel mit Stöcken bettelt. Innen modernste Ausstattung. Luxus hinter gammliger Fassade. Frauen rennen mit ihren Einkaufswagen hektisch umher. Berufsverkehr. Die Fischabteilung. Ich bräuchte eine Kartusche. Fisch aus Mallorca, Gambas. Frisch.

                          Ein Weihnachtsmann hängt noch am Balkon. Fast alle Straßen sind Einbahnsstraße. Oder Sackgasse. Treppen heben. Das Rad ist so leicht.

                          Die Buchten vom ersten Tag.








                          Ein Platz an den Steinen. Pinkelstelle im Sommer. Aber etwas Schutz vor dem Wind..





                          Ich lege mich hin. Ohne Tablette bin ich schlapp. Der Wind ist laut. Er pfeift durch die Masten der Schiffe des Hafens. Ein tiefer Ton. Tuba.

                          Ich döse. Schlafen kann ich nicht.

                          Die Tuba wird lauter. Ein ganzes Konzert. Mein Ohr vibriert. Der Ton tut weh. Ich hebe das Rad über Steine.

                          Der Aussichtspunkt. Die Palmen rattern im Wind. Wie ein Stromgenerator. Das gleiche Geräusch.

                          Ich schiebe zu den Felsen. Das Rad angelehnt. Natur.








                          Das Meer tost.





                          Ein Wüstentier.





                          Der Wind bläst mich fast um. Die neuen Sohlen. Gut gemacht.








                          Ich bin der König der Welt. Gibt es mehr Freiheit als umgeben zu sein vom wilden Meer? Wie es sich biegt, die Felsen umschlingt, umkost. Nie die gleiche Form. Nie die gleiche Welle. Bewegung. Wechsel. Veränderung. Und Kraft.

                          Dann bin ich erschöpft. Ich sollte mich ausruhen.

                          Mit Rückenwind zurück. Die Tuba. Ein reiner Ton. Man kann ihn nicht fotografieren.

                          Im Navi steht der Supermarkt. Eroski. Ich war morgens nicht weit entfernt. Eine Gurke. Ein Stück Käse. Folie gibt es nicht. An der Kasse vor mir ein Mann. Wiederverwendbare Platiktüte. Ein Deutscher? Spanisch spricht er.

                          Einbahnstraße. Schieben. Gespräche hinter der Plastikwand. Kälte- und Nässeschutz für Restaurants. Hier im Ort wohnt man. Hier leben Menschen. Das ist kein Touristenstrand. Wo Menschen leben, ist offen.

                          Ein zugiger Platz. An der Ecke ein kleines Lokal. Lachen. Stimmen. Gegenüber ein winziger Laden. Tabak. Zeitungen. Mehr zufällig schaue ich hinein. Man weiß ja nie. Ein zweiter Raum. Buntes Papier. Ich muss fragen. Das Fahrrad. Dahinten ist ein Schild. Das verdammte Schloss. Es macht mich wahnsinnig.





                          Zwei kichernde Teenies sitzen auf der äußeren Fensterbank und machen Selfies. Ich trete ein. Fantasiesprache.
                          "Ola. Folia. ... Folia transparente. (Er holt Präsentationsfolien) Si et no. (Was zur Hölle heißt kleben). Folia, si. Tesa. Tesafilm." Er schaut mich an. Ich zeige: Mit den Händen etwas einwickeln. Er denkt nach. "Libre". Si si, Libre. (Ich fasse es nicht, er versteht mich. Buch ist richtig.). Das hintere Regal. Rollen. Er hat mich verstanden. Zwei Größen. Bucheinwickelfolie. Darf ich sie küssen? Wieso hat niemand den Laden gekannt? 2 Euro für zwei Rollen.

                          Die Spannung fällt ab. Das Trauma ist überwunden. Ich bin wieder komplett. Ich denke an Rumpelstil. Rumpelstil wird es verstehen. Es kommt eben auf die Karte an. Die Müllbeutel flattern im Wind. Einer fliegt davon. Ich knote ihn fest.





                          Die Kurve. Hier waren am ersten Tag die Kinder. Plötzlich erinnere ich mich.

                          Der Hafen. Die Tuba ist hier Teil eines Orchesters. Schön. Glasmusik. Feine Töne. Harmonisch. Das Meer rauscht dazu.





                          In der Ferne füttert eine Frau die Möwen.

                          Ewig könnte ich hier stehen. Mein Kopf leider nicht. Er brummt. Bänke gibt es hier keine. Vielleicht will man hier Penner und Säufer nicht.





                          Touristenfoto.





                          Ich fahre auf dem Fußgängerweg. Menschen sehe ich nicht. Autos im Moment auch nicht. Siesta? Ein einsamer Bus. Leer. Sonst nichts.

                          Die Möwen. Unbemerkt schleichen sich kleine Freunde ins Bild.








                          Das Meer donnert weiter an den Strand. Unbeirrt, ohne Gnade. Hinsetzen? Das Rad gehört nicht in den Sand. Zurück. Zum Hotel.

                          Bierkönig. Heut ist so ein schöner Tag. Lalalala. Heut ist so ein schöner Tag. Lalalala. Afrikaner mit billigen Kettchen am Arm warten auf Kundschaft. Junge Leute essen Wurst. Ein Bus vor dem Hotel. Große Koffer. Sperrgepäck. Rennräder. Ein ganzes Team.

                          Die Parkbox ist zu. Rezeption. Eine lange Schlange. Eine Hemdträger reicht mir den Schlüssel ohne hinzuschauen, obwohl ich nicht dran bin. Es wird. Der Manager, wie mir scheint. Abduschen. Gemeint ist das Rad. Die Hose leider auch. Wasserverschwendung. Gibt es hier eine Abscheideanlage? Steht aber in den Mietbedingungen.





                          Im Aufzug Bekannte. Man kann mit allen reden. Man muss es nur tun. So nett hätte ich es mir hier nicht vorgestellt. Blick vom Balkon. Ein schmaler Streifen Meer zwischen Beton.





                          Ausruhen geht nicht richtig. Die Tabletten. So ziehe ich wieder los. Der Wind pfeift. Die Hängeschilder krächzen bedenklich im Wind. Die Sonne ist herausgekommen.





                          Ich gehe nahe ans Wasser. Ein Risiko. Der Sog kann einen schnell hineinziehen. Keine Menschen am Strand.




                          Die Sonnendächer tanzen im Wind.

                          Eine Sandskulptur. Eine Burg und eine Fratze. Der Mann kommt aus Sachsen-Anhalt. Im Sommer arbeiten. Im Winter Sandskulpturen. Man will in der Sonne leben. Das Alter treibt einen dann zurück.





                          Quallen wurden angeschwemmt. Glitzernd liegen sie auf dem Sand.





                          Nur mühsam reiße ich mich los. Es ist kalt geworden.





                          Die Leute von gestern sind wieder Nachbarn. Intellektuelle Gespräche bis zum Schluss. Für mich die beste Therapie.
                          Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 19:48.
                          Oha.
                          (Norddeutsche Panikattacke)

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                          • stoeps
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                            • 03.07.2007
                            • 537

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                            #14
                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                            Toll geschrieben – und ich meine nicht die eigentliche Reise, sondern der eigene Zustand. Auch wenn der Satz eigentlich immer falsch sein muss, wage ich mal zu behaupten: Ich kann Dir nachfühlen. Hirnoperation vor zwei Jahren. Danach dieser Effekt, dass komplexe Situationen körperliche Erschöpfung bedeuten; nicht denken können, nicht entscheiden können. Es ist, als ob ich beim Denken spüren konnte, wie mir der Sauerstoff aus dem Hirn lief.
                            Es war ein langer Weg seitdem – aber immer aufwärts.
                            Mir geht es sehr gut.
                            Das wünsche ich Dir auch.

                            stoeps
                            „The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
                            ― John Muir

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                            • maahinen
                              Erfahren
                              • 01.02.2014
                              • 303
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                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                              Lieber Torres,

                              hoffentlich geht es dir wieder besser
                              Ich bin süchtig nach deinen Reiseberichten - egal ob Mallorca oder Finnland oder sonst was... Danke! Und mach weiter, bitte, bitteeeeeeeeee!

                              Liebe Grüße
                              maahinen
                              Zuletzt geändert von maahinen; 05.02.2015, 19:13.

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                              • Torres
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                                Liebt das Forum
                                • 16.08.2008
                                • 30593
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                                #16
                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                Danke, Ihr beiden. Ja. Geht schon viel besser. Kommt ja auch noch einiges

                                Die nächste Folge kommt morgen. Ich muss jetzt mal den Homo Faber suchen.....
                                Oha.
                                (Norddeutsche Panikattacke)

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                                • Harry
                                  Meister-Hobonaut

                                  Alter Hase
                                  • 10.11.2003
                                  • 4997
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                  Ah da ist torres ja wieder, mit einem etwas anderem Bericht.
                                  Wir haben auch mal eine Nacht vor dem Flughafen Palma auf einer Wiese verbracht und sind dann morgens mit dem Bus auf das Flughafengelände.
                                  Bei google hatte ich mir aber schon mal einen Fussweg rausgesucht.

                                  Wäre Kloster lluc nicht auch eine Übernachtungsoption gewesen oder ein Hotel in Valldemossa?

                                  Adressen für Schraubkartuschen sind hier im Forum in den malle Threads.

                                  Für deinen nächsten Winterurlaub hätte ich schon eine Idee.
                                  Gruß Harry.
                                  Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen. (Johann Wolfgang von Goethe)

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                                  • Ditschi
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                                    Liebt das Forum
                                    • 20.07.2009
                                    • 12345
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                    @ torres, sprachlich exellent wie immer, fällt mir auf, daß Du auch mit der Kamera immer besser wirst. Zum Inhalt: nur wer Deine Ausgangslage kennt, kann ermessen, daß auch diese Art von Urlaub einmal bitter nötig sein kann. Der Körper sagt, was geht und was nicht geht. Man sollte ihm gut zuhören.
                                    Und wenn einer käme zu meckern, das sei ihm zu wenig outdoor. Laß ihn. Es gibt genug, die es verstehen.
                                    Ditschi

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                                    • Torres
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                                      Liebt das Forum
                                      • 16.08.2008
                                      • 30593
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                      Danke Ditschi.

                                      @Harry
                                      Ich hatte die Threads gelesen. Es gibt wohl einen Kletterladen in Palma, dessen Wegbeschreibung ich nicht verstanden hatte. Ansonsten eben Decathlon, und einen kleinen Intersport habe ich auch gesehen. Einen richtig guten Outdoorladen gibt es in Pollenca. Aber das war mir zu weit. Letztlich war das Hotelessen nicht zu toppen. 8 Sorten Salat, 3 Sorten Fleisch, Fisch, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Eis. Pizza. Oliven, Erdnüsse, Käse. Brot und Brotaufstrich. 6 oder mehr Süßspeisen. Softdrinks, Wein und Bier. Und das für 9.90 Euro. Das war beeindruckend. Ich hatte keine Halbpension gebucht, weil ich vermutete, dass es jeden Tag das gleiche gibt. Dem war definitiv nicht so. Mit dem Gaskocher am Strand Nudeln kochen hätte vor diesem Hintergrund eher Bushcraft Charakter gehabt . Zudem sollte man sich doch mit Einbruch der Dunkelheit ins Hotel begeben. Ich bin nicht ängstlich, aber im Winter sollte man da vorsichtig sein.

                                      Platja de Palma hatte die Reiseberaterin gewählt, weil man von dort am einfachsten wegkommt. Die von Dir vorgeschlagenen Orte bedürfen außerhalb der Saison doch eines Autos. Die Verbindung mit Öffentlichen Verkehrsmitteln ist je nach Region eher dürftig und die Fahrtzeiten lang. Im Januar kann das Wetter außerdem erheblich schlechter sein, als es bei mir war. Im Moment reden die Nachrichten von Schneefall, Straßensperrungen und den auch schon in der letzten Woche herrschenden 8 Meter hohen Wellen im Mittelmeerraum. Da ist ein wenig Infrastruktur nicht zu verachten. In Platja fahren die Busse alle 10 Minuten nach Palma. Ebenso fährt dort der Flughafenbus. Notfalls hätte man sich bei Regen in Palma verlustieren können. Es sollte ja diesmal Erholung sein und nicht wieder irgendein Improvisierwahnsinn.

                                      Das generelle Problem ist einfach, dass Januar ein ungewöhnlicher Reisemonat ist. Die Feiertag sind im Allgemeinen noch Saison, dann fängt auf Mallorca das Leben erst mit der Mandelblüte Ende Januar wieder an. Ich habe von Leuten gehört, die mal im Januar in Andratx Urlaub gemacht haben. Die musste jeden Abend 4 km ins nächste, völlig überfüllte Restaurant fahren, das einzige in der Region, was überhaupt auf hatte.
                                      Oha.
                                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                                      • Torres
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                                        Liebt das Forum
                                        • 16.08.2008
                                        • 30593
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                        16.1.2015 Sant Antoni in Palma

                                        Nach einem wilden, aber freundlichen Traum in der Nacht, wache ich auf. Die Klimaanlage funktioniert, ist aber zu laut. Blaue Stunde. Es war Regen angesagt, stattdessen kündigt die Sonne einen schönen Tag an. Die letzte Tablette. Ich fühle mich schlapp.





                                        In Palma soll etwas mit Tieren sein. Eine Prozession oder so. Verstanden habe ich weder, was da los ist, noch, wo ich hin muss. Ich weiß nur, dass man das wohl sehen muss. Ich setze auf Schicksal. Zum Frühstück gibt es einen riesigen Teller Salat und Müsli. Dazu Lindentee.





                                        Der Bus fährt in der Querstraße. Der Afrikaner: "Hallo, hallo, warten Sie". Auf Deutsch. Ohne Radtrikot ist man Beute. Musik dröhnt. Den Schlager habe ich vergessen. Wie kann man dort arbeiten? Schon morgens diese Musik? Ein Ehepaar, auch sie suchen den Bus. Engländer aus Plymouth. Auf der Fahrt unterhalten wir uns gut. Pollenca. Dort waren sie eine Woche lang. Sehr zu empfehlen. Er erklärt mir seine Lieblingswanderung. Heute gehen sie shoppen in Palma. Der Bus ist voll. Auch wir stehen.

                                        Eine Deutsche erzählt, es ginge um eine Tiersegnung und an der Kathedrale sei etwas los. Gestern war vom Placa Espana die Rede gewesen. Das wäre auch klüger gewesen. An der Kathedrale steige ich aus. Steile Treppen. Oben sammeln sich Haustierbesitzer. Ich wandere etwas umher.

                                        „Kutschfahrt, Kutschfahrt?“





                                        Ich schaue den Leuten zu. Viele Kinder sind als kleine Teufelchen verkleidet.








                                        Eine Familie in traditioneller Tracht. Ich mache ein Foto, aber der Vater guckt warnend. Es ist ein Fest der Einheimischen und nicht für Touristen.

                                        Es ist kühl. Nichts passiert. Bald werde ich unruhig. Langsam wandere ich Richtung Placa Espana. Die berittene Polizei mit Pony. Die Tete (Reiter an der Spitze).





                                        Ein beleuchteter Laden. Jung und alt versammeln sich hier. Ensaimada de Mallorca. Ein Gebäck. Sie gibt es nur auf Mallorca. Staatlich geschützt. Ein leichter Hauch von Nichts mit Puderzucker bestäubt. Nicht schlecht.

                                        Placa de Maior. Sand auf der Straße, um das Pflaster zu verdecken. Für die Pferde vermutlich. Fahrräder bleiben stecken. Die Kirche Saint Miguel. Die Menschen stehen am Straßenrand. Ich bin furchtbar schlapp. Eine Bank. So setze ich mich gegenüber der Kirche nieder.

                                        Immer mehr Menschen kommen. Hunde bellen. Für manche purer Stress. Alle Farben und Rassen von Hunden. Schleifchen. Feiertagsanzug. Chouchen dürfte hier nicht fehlen. Überall Kinder. Man kennt sich. Man grüßt sich. Ein Vater schimpft.














                                        Der Aufzug. Ein Auto. Die Pferde. Dann eine Menschenmenge mit Haustieren. Die Straßen sind nach drei Minuten verstopft. Ich bin am falschen Platz. Placa Espana. Die Kirche entdecke ich nicht und da ist nun auch kein Platz mehr. Gesegnet werden Hunde, Katzen, Kanarienvögel, Ziegen. Auch eine Eule war dabei, wurde mir berichtet. Ich laufe Richtung Meer. Noch einmal der Umzug.





                                        Zwei Welten.





                                        Eine Touristeninformation. Outdoorfragen. Man weiß nichts. Immerhin der Busplan von Palma. Der Bummelbus braucht eine Stunde. Alle 20 Meter eine Haltestelle, benannt nach den Hotels. Meins hätte ich auf der Herfahrt nie gefunden. Die Haltestelle ist Playa Golf, aber da bin ich nicht untergebracht. Eine Fahrt kostet 1.50 €.

                                        Rucksack umpacken. Dann laufe ich zum Strand. Ich ziehe die Paddelschuhe an und laufe im Wasser. Kalt ist das auch, aber nicht so kalt wie barfuß. Das Wasser spült Sand in die Schuhe hinein. Das Panorama ist überwältigend. Man kennt es, und es ist immer wieder neu.





                                        Kokosnüsse?





                                        20 Bilder. Mindestens. Der Schatten ist im Weg.





                                        Wieviele Sorten Blau gibt es?





                                        Eine Welle ist zu hoch. Mein Hosenbein wird durchtränkt. Ich zucke zusammen. Verdammt, ich kann nicht trocknen. Panische Gedanken eines Zelters. Entspann Dich, Du hast ein Hotel. Erleichtert gehe ich weiter. Immer noch nicht in Ordnung.

                                        Ein Mann kommt mir entgegen. Mein Gehirn sucht nach Ankern. An irgendetwas erinnert mich der Anblick. Ein motorbetriebenes Fahrzeug. Schon klar. Aber irgendwas stimmt da nicht. Erst als er den Fuß rausstreckt, macht es klick. Tretroller mit Elektromotor. Kamera. Wie immer zu spät.





                                        Ein Restaurant namens „Ballermännle“. Schwäbische Spezialitäten. Wozu nach Deutschland fahren. In dicker Jacke sitzt man auf der Terrasse.

                                        Cala Estancia. An dieser Bucht befand sich der erste Hotelvorschlag. Ich hatte abgelehnt. Ich suche und finde es nicht. Dörflicher hier. Weniger Strand. Urban Outdoor. Mehr Menschen. Nein, ich bin am Ballermann ziemlich gut untergebracht. Kaum zu glauben.

                                        Ein Supermarkt. Gurke für morgen. In Schutzhülle verpackt. Man muss sie selbst abwiegen, erfahre ich an der Kasse. Augenbrauen als Waffe.

                                        Die Mole. Ein Mann sitzt in seinem Auto. Er erschrickt, als ich neben ihn trete. Ich auch.





                                        Mit den Krücken versucht ein alter Mann Steine zu greifen, als hätte er Essstäbchen in der Hand. Es misslingt. Ein junges Mädchen hüpft schnippisch herum. Frühpubertät. Ich frage die Großmutter nach einer Toilette. Nur im Sommer. Sie spricht gut Englisch. Spanierin vom Festland. Den Winter über lebt sie hier. Ein gelber Vogel hüpft in einer Palme. Ich erwische ihn nicht.

                                        Geht es noch blauer als blau? Die Farben sind ein Traum. Die Kamera verfälscht. Das Blau ist noch blauer.





                                        Die Sonne auf der Haut. Alles fühlt sich so warm an. Gelöste Spaziergänger. Deutsche, Spanier, ein paar Franzosen. Ein Afrikaner verkauft Uhren. Mühsames Geschäft.





                                        Ein Paar spielt eine Art Bocchia. Der Mann schummelt. Seine Freundin protestiert. Deutsche.
                                        Kinder spielen anschleichen. Wie lange ist das her?





                                        An den Säulen kleben Schilder. Kein Eimersaufen. Keine Uhren und Handtaschen bei fliegenden Händlern kaufen. Keine Ghettoblaster. Keine Hütchenspiele. Keine Massage am Strand. Keine Flaschen. Ob das wohl jeder liest?





                                        Den ganzen Tag das Meer fotografieren. Mir reicht das.





                                        Mülltüten stehen herum. Ich bleibe kurz stehen. Ein Mann eilt herbei. Was da wohl drin ist?

                                        Der Vater fit, der Sohn k.o. Männertag.








                                        Ich setze mich auf den Strand und döse ein wenig in der Sonne. Die Häuser an der Promenade leuchten im Licht. S´Arenal. Urban. Zugebaut. Mich stört das nicht. Aufgetürmter Sand. Mehr nicht. Ich stelle mir vor, wie sie in einigen Jahren oder Jahrhunderten zerfallen. Wären jetzt die Menschen weg, was bliebe übrig? Schutt. Ein Häufchen Sand.





                                        Langsam wird es kühl.








                                        Abendessen. Ich albere mit den Leuten von gestern herum. Bilder der Tiersegnung. Schade. Die Hauptveranstaltung war an der Kirche. Anscheinend wurde in diesem Jahr der Umzug reduziert. Aber da gab es keine Bank.
                                        Morgen Abend sind in Palma weitere Feiern angesagt. Grillen. Rauch und Feuer. Musik. Sant Sebastiano. Zu spät für die Fahrt mit dem Bus.
                                        Zuletzt geändert von Torres; 06.02.2015, 21:47.
                                        Oha.
                                        (Norddeutsche Panikattacke)

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