[ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

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  • Wafer

    Lebt im Forum
    • 06.03.2011
    • 8665
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    • Meine Reisen

    #21
    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

    Hallo Torres.

    Auch ich verfolge deine Reisen schon eine ganze Weile. Deine Berichte lesen sich immer wieder gut!
    Ich finde es aber auch immer wieder spannend mit wie vielen unterschiedlichen Gesichtern Mallorca daher kommt! Ich selber war auch schon öfter auf der Insel outdoor unterwegs. Und jedes Mal hat mich die Insel überrascht! Nun, es muss ja einen Grund geben, dass da seit zig Jahrzehnten alle hinfahren. Und am Anfang gab es noch keinen Ballermann und Co.
    Auf meinen Wanderungen war ich viel alleine unterwegs. Auch in der Hauptsaison! (Oder wegen der Hauptsaison?)

    Ich freue mich auf die Fortsetzung!

    Gruß Wafer

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    • Bluebalu
      Dauerbesucher
      • 19.05.2013
      • 959
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      • Meine Reisen

      #22
      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

      Moin Torres!

      Vielen Dank fürs virtuelle Mitnehmen auf Deinen Reisen!

      Es ist nicht so sehr die "Qualität" der Bilder oder des Textes, es sind Deine Sichtweisen des angeblich unscheinbaren am Wegesrand und Deine Empfindungen.

      Statt weiterer Worte lieber ein Lied, das wie auch für Dich geschaffen ist :

      Don McLean: Starry, starry night

      Ciau BlueBalu

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      • Torres
        Freak

        Liebt das Forum
        • 16.08.2008
        • 30594
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        • Meine Reisen

        #23
        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

        Danke, Bluebalu. Dein Beitrag macht mich sprachlos. In positivem Sinne. Dann stelle ich mal besser die nächste Folge ein.

        Danke auch an Wafer.
        Oha.
        (Norddeutsche Panikattacke)

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        • Torres
          Freak

          Liebt das Forum
          • 16.08.2008
          • 30594
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          • Meine Reisen

          #24
          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

          18.01.2015 Llucmajor und die Salinen. 92,5 km

          Um 7.00 Uhr klingelt der Wecker. Es ist still. Sonntag. Aufstehen, Fotos vom Sonnenaufgang, fast wollte ich sagen: Aus dem Zelt. Mental fühle ich mich im Zelt. Aber nein. Ich mache das Bild vom Balkon. Unterhose. Schlafshirt. Kamera. Es ist brutal kalt. Gewohnheiten ändert man nicht. Das Foto ist wichtiger.








          Duschen. Die Zahnpasta ist fast alle. Endlich ein Grund, die Zahntabs der letzten Wintertour aufzubrauchen. Die ist nun auch zwei Jahre her. Ballast abwerfen. Packen. Nur den Tagesrucksack, aber immerhin. Die üblichen Routinen. Schäfchenwolken. Hellrosa. Wer die Natur liebt, kann sich nicht entziehen.








          Frühstück. An den Tischen bilden sich neue Grüppchen. Neuankömmlinge werden integriert. In der Theorie darf das nicht sein. Touristen sind ja anders als wir. "Es soll heit middag räägne". Mancher Menschen Worte treffen einen wie ein Pfeil ins Herz. Am Aufzug die Dame vom ersten Tag: "Wo geht es heute hin?" Llucmajor. "Schauen Sie, ob die Kathedrale auf ist. Das ist die zweitschönste der Insel nach Palma". Ich nicke.


          Um 9.00 hole ich das Fahrrad. Der hochgewachsene Schweizer. Den schönen Tag heute genießen. An Wochenenden ist weniger Verkehr. Die Promenade menschenleer. In Arsenal will ich erst gegen die Einbahnstraße zur Hauptstraße auf dem Berg schieben, dann suche ich den offiziellen Weg. Er ist fahrbar. Vögel zwitschern. Pflanzenduft. Das Rad schnurrt. Freiheit. Das ist Freiheit. Glücksgefühle. 3 Rennradlerinnen. Sie würdigen mich keines Blickes. Man hört Schüsse. Sonntagsjagd.

          Palma links, also fahre ich rechts. Falsch. Ich muss wenden. Die Straße kenne ich schon. Endlich der richtige Kreisverkehr. Am Aquarium lädt man Räder aus.

          Ich klettere den Hügel zur Autobahn hoch. Einmal steige ich kurz ab. Den Rest fahre ich und bin so stolz. Meine Hände sind völlig vereist. Die Handschuhe sind in der Fototasche der großen Kamera. Eine Mandarine. Aus dem Hotel gemopst.





          Ein Steinbruch. Kaum Autos auf der Autobahn. Sonntag.

          Eine Stunde bis Llucmajor. Gut zu wissen. Ich will zu den Salinen. Einen Rundweg gibt es nicht. Die alte Dame kommt mir in den Sinn. Einen Moment mache ich sie jung. Bergsteigerin, könnte ich mir vorstellen. Oder wandern im Gebirge. Endstation Mallorca. Sie meinte es gut. Der Umweg ist nicht groß. Ich sollte heute abend antworten können.





          Eine Brücke über die Autobahn. Leere Straßen. Ein Gemüsehändler hat geöffnet. Ich fahre nach Sicht, ungefähr dort muss die Kirche sein.

          Eine Absperrung. Menschen in der Ferne. Vermutlich Markt. Eine Frau zieht ihren Hund hinter sich her. Er trägt ein Schleifchen. Klick. Sollte hier vielleicht? In der Tat. Einen Moment laufe ich im Zug mit. Die Pferde einer Kutsche scheuen. Sie rutschen auf dem glatten Pflaster herum. Ein andere Fahrradfahrer, ein Einheimischer. Ich folge ihm und kürze ab. Dann stehe ich vor der Kathedrale.

          Der Umzug. Kampf zwischen Mönch und Teufel.








          Tänze.








          Kastagnetten. Eine meiner Tanten ist Spanierin und als Geschenk brachte sie Kastagnietten mit. Nicht leicht zu lernen. Erinnerungen werden wach. Es spielt eine Kapelle mit Trommeln und Dudelsäcken.

          Die Segnung beginnt. Zuerst Kutschen und ein paar Schafe. Dann kommen Pferde. Ja. Das ist Spanien. Ich kann mein Glück kaum fassen.





          Im Sattel geboren. Wo ist die Systemkamera? Im Hotel. Vielleicht auch ganz gut. Man bricht in eine Familie ein.











          Ein Fest für alle.





          Ein kleiner Junge auf dem Pony. Und hoch. Alle jubeln. Applaudieren. Er mag schlecht in der Schule sein. Hier ist er ein Held. Heimat. Tradition. Geborgenheit. Das wird das Internet nie ersetzen können.





          Wieder scheuen die Pferde.





          Nach den Großtieren kommen die Kleineren.





          Eine Traube Menschen wälzt sich auf den Pfarrer zu. Ich folge den Pferden. Es ist kalt, wenn man sich nicht bewegt. Fast stoße ich beim Abbiegen mit einer Kutsche zusammen.





          Ich hänge sie ab. Als ich die Karte wechsele, holt sie mich ein. Lange starren die Kinder mich an.





          Der Cami de Palmer. Keine Autos. Ich schaue nach der Kutsche. Ich sehe sie nicht. Nur Rennradler. Eine gefährliche Kreuzung. Immer wieder hört man Schüsse. Sonntagsjagd. Knallen. Und Schäfchenbimmeln.

















          Einsamer Hügel im Flachland.





          Die ersten Mandelblüten öffnen sich. Endlich weiß ich, welcher Baum das ist.





          Ich probiere jetzt auch mal die anderen Hebel der Schaltung und entdecke die größeren Ritzel. So fliege ich dahin.




          Ein Schild. Sa Salinera. En Trenc. En Trenc ist ein langer Sandstrand. Er ist unbebaut. Leider schaue ich ihn nicht an. Es ist flach hier. Ein wenig Holland.





          Ein Auto mit Hamburger Kennzeichen sucht den Weg. Ich halte es an, aber sie wissen nicht mehr als ich. Geradeaus. Es sieht ärmlich aus hier. Der Wind kommt von vorne.

          Ich folge dem Schild Ses Salines. Richtig wäre Sa Salinera. Klingt irgendwie gleich. Es geht bergan. Wasser glitzert im Tal. Da will ich hin. Ich bin also falsch, fahre aber dennoch weiter. Ein Blick auf Felsen und Meer.





          Ses Salines. Kurze Pause auf der Bank. Mittagsstille. Die Zeit steht still.





          Ein Schlenker nach Colonia de Sant Jordi. Die Farbe des Meeres. Reiseprospekt. Die Felsen sind Naturpark. Familien gehen spazieren.





          Lange halte ich mich nicht auf. Die Landstraße ist leicht ansteigend. Ein Schild weist auf eine städtische Therme hin. Laut Karte müssten die Salinen jetzt beginnen. Stattdessen ein hoher Zaun.
          Ein Rennradfahrer kommt aus einer Seitenstraße heraus. Eine Abkürzung oder muss ich links? Ich habe sie gefunden.





          Ich setze mich auf einen Stein und mache Pause bei Gurke, Käse und Brot. Ab und zu ein Auto. Die Straße endet am Meer. Einen Moment überlege ich, sie zu fahren. Erst beim Abendbrot bereue ich meine Wahl. Es soll wohl der schönste Strand auf Mallorca sein. Unbebaut. Dünen. Naturschutzgebiet.





          Zurück zur Landstraße. Eine Kirche. Und eine ehemalige, sehr große Regenwasserzisterne. Für die Anwohner und die Besucher der Therme.








          Der Weg zurück ist langatmig. Gegenwind. Straußenfarm.





          Medizinische Massage. Ein einsamer Hof und ein Wohnwagen. Kurz vor Beginn der Radroute überholt mich der Schweizer. Die Insel ist klein. Rechts biegt er in den Radweg ein.





          Ein Autofahrer fragt nach dem Weg nach sa Rapita. Er ist richtig. Ein Hof oder ein Dorf?





          Nach der Hälfte der Strecke habe ich keine Lust mehr. Mein Hintern tut weh. Ein fremder Sattel. Dazu der frische Gegenwind.





          Ein Raubvogel (Rotmilan). Gute Gelegenheit, Pause zu machen.








          Bei Llucmajor bin ich wieder fit.





          Kindergeburtstag. Eine riesige Hüpfburg aus Plastik. Eine Mutter gibt Anweisungen.








          Auf einer Wiese Kinderlärm. Familien machen Picknick. In einer Großstadt vergisst man leicht, was Sonntag ist.





          Die Autobahnstrecke. Dann geht es bergab. Ich rase ins Tal. Rechtzeitig umfahre ich die Abgrenzung und sause die Landstraße durch S'Arenal ins Tal. Die Bremsen quietschen verdächtig und meine Hände sind vor Kälte starr. Verdammt, das tut weh. Handschuhe.





          Die Promenade ist wieder leer. Gegen 5 Uhr bin ich zu Hause. Zeitgleich mit dem Schweizer. Er hat 152 km auf der Uhr. Ich nur 92,5. Aber für mich ist das viel. Er nickt.

          Wieder esse ich mit den anderen. Heiße Diskussionen. Dann sortiere ich die Bilder. Die Geräusche der Klimaanlage nerven, und ich nehme wieder den Caribou.
          Zuletzt geändert von Torres; 15.02.2015, 13:38.
          Oha.
          (Norddeutsche Panikattacke)

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          • MaxD

            Lebt im Forum
            • 28.11.2014
            • 8914
            • Privat

            • Meine Reisen

            #25
            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

            Das Kommentieren von Reiseberichten versuche ich i. d. R. zu vermeiden...aber hier muss ich doch mal meinen Senf dazugeben!
            Dieser Bericht liest sich wie ein wirklich gutes Buch und ist tatsächlich so lebendig verfasst, dass man sich ganz nah dabei fühlt - in jeder Hinsicht...bitte mehr davon!

            ministry of silly hikes

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            • blauloke

              Lebt im Forum
              • 22.08.2008
              • 8317
              • Privat

              • Meine Reisen

              #26
              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

              Hallo Torres, wie üblich von dir ein gut geschriebener Reisebericht.
              Du hast ja bereits geschrieben, dass es dir wieder besser geht und ich hoffe das bleibt so.
              Bin jetzt noch gespannt, wieso und wie es dich von Mallorca nach Italien verschlagen hat, wie die Länderkürzel im Titel andeuten.
              Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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              • Torres
                Freak

                Liebt das Forum
                • 16.08.2008
                • 30594
                • Privat

                • Meine Reisen

                #27
                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                Danke Max.

                Und Dich, blauloke, bitte ich noch um etwas Geduld. Erst einmal geht es mit Mallorca weiter.
                Oha.
                (Norddeutsche Panikattacke)

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                • Torres
                  Freak

                  Liebt das Forum
                  • 16.08.2008
                  • 30594
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                  19.1.2015. Nicht meine Welt.

                  Dank des Schlafsackes ist mir am Morgen warm. Es war ein traumloser Schlaf. Ich habe etwas Kopfweh. Das Ohr ist schlechter. Frühstück. Es sind viele neue Leute da.

                  Müde bin ich. Der zweite Tag ohne Tabletten. Der Körper sucht Ruhe, ist aber immer noch ruhelos. Keine gute Verfassung für Radtouren. Daher beschließe ich zu wandern. Ich packe den Rucksack mitsamt Trekkingstock. Es wird nichts, das vorweg.





                  Zuerst laufe ich zum Radhändler wegen der Verlängerung. Die Leihwoche ist um. Eine schlanke Frau beschallt die leere Promenade "und dann haben sie mir die Wohnung gekündigt, weil sie dachten, ich bin verrückt, aber ich bin nicht verrückt...." Zwei Männer stürzen aus einem der Häuser: "Morgen ist ja Feiertag". Feiertag? Das heißt, die Straßen sind leer. Radtour. Danke für die Info. Verkehrssprache Deutsch.





                  Eine Katze kreischt erbärmlich, um sich gegen eine andere Katze zu wehren. Ich bleibe stehen. Drama in mehreren Akten. Ein kurzer Kampf, dann fällt dem Angreifer die dritte Katze in den Rücken. Die Schwarze entwischt während deren Kampfes und wird später vergeblich gesucht.











                  Der Radhändler meint, ich solle das Rad so lange behalten, wie ich will. Abgerechnet wird bei Rückgabe. Den Weg hätte ich mir gerne erspart.

                  Ich biege zur Hauptstraße ab und hechte nach dem Bus (Nr. 25). Placa Espana. Zugverbindungen checken. Bei Pollenca gibt es eine interessante Radroute. Busbahnhof und Bahnsteige sind unterirdisch. Ich finde die Rolltreppe. Am Informationsschalter gibt es einen Plan. Morgen gilt der Sonntagsfahrplan. Der Ticketautomat. Meint der Text Hin- und Rückfahrt? Eine Deutsche nickt.

                  Am Ende des Ganges ist der Busbahnhof. Der erste Bus gewinnt. Es ist der 230er nach Soller. Ich will aussteigen, ein Stück wandern und weiterfahren. Von wo, weiß ich noch nicht. Es gibt mehrere Wandermöglichkeiten hier. Ich will vor Ort entscheiden. Diskussion mit dem Fahrer. Aussteigen und weiterfahren mit dem Ticket geht nicht. Entweder Valdemossa oder Soller. Also nehme ich Valdemossa. Deutsche hinter mir erklären das System. Bezahlt wird pro zu fahrender Strecke. Der eine Mann erklärt mit lauter Stimme seinen Mitfahrern die Welt. „Vor 45 Jahren waren hier noch Felder...., was die Leute hier machen, ist wirklich..., der Fahrer sollte mal...., was will der denn da, ach so ein Krankenhaus.....“ Dummheit ist keine Frage des Alters. Ich halte mir die Ohren zu. Unangenehmes Vibrieren im rechten Ort.

                  Die Berge. Vorfreude. Aber von nahem sehen sie gar nicht mehr so majestätisch aus. Eher picklig. Keine Farben. Ein Radrennfahrer. Der Busfahrer flucht.





                  Regen. Die Berge wirken auf mich unheimlich. Es sind die gleichen Hänge wie in Italien. Im Sommer vielleicht schön. Im Januar unwirtlich und kahl. Der Deutsche hinter mir doziert: "Die lassen die Höfe einfach verfallen. Hier bauen sie zumindest wieder die Mauern auf. Aber Tourismus ist ja einfacher". Worte wie Pfeile. Mit Gift umhüllt. Ich drehe mich um: "Kann es sein, dass Sie noch nie im Tourismus gearbeitet haben?“ Schweigen. Valdemossa.





                  Chopin und George Sand. Trostlos. Liegt es am Regen? Liegt es an mir? Mich fröstelt. Keine Lust auf den Ort. Hier soll ein Wanderweg beginnen. Die Tracks sind im Navi. Meine Glieder sind bleischwer.
                  Die Deutschen steigen aus. Ich steige aus und wieder ein. Eine hochgezogene Augenbraue des Fahrers ist der Lohn. Die Strecke ist eine Küstenroute. Millimeterarbeit. Ligurien. Feucht und kalt. Rutschende Hänge. Viel zu steil. Wie lange ist das her?
                  Immer wieder bin ich kurz davor, einzunicken. Ich bin so müde. Was finden die Leute an diesen Landschaften gut? Oder liegt das am Regen? Teilweise Meerblick.





                  Soller. Eingeschlossen von hohen Bergen. Unbarmherzig ragen sie in den Himmel. Es ist kalt und feucht. Ich bekomme Platzangst. Nein, Steine sind nicht mein Metier. Die Alpen, okay. Aber dies hier? Das ist nicht meine Welt.

                  Port de Soller. Der Fahrer macht den Motor aus und zündet sich im Bus eine Kippe an. Er hat jetzt eine Stunde Pause. Ein kleiner Laden. Ich kaufe Spinatpizza und eine vegetarische Pasty. Das wäre auf jeden Fall der englische Begriff. Köstlich. Mir wird etwas wärmer. Ich laufe den Hafen entlang. Eine Entenfamilie zieht in der Bucht an mir vorbei. Hinter den Häusern die Berge. Im Sommer vielleicht nett. Ich stelle mir Sonne, Rotwein und Gelächter vor. Aber nichts, was Sehnsucht weckt. Zu eng.








                  Am Ende der Bucht ist ein Zaun. Der Blick auf das Meer ist wohl nur hinter den Felsen möglich. Einen Zugang sehe ich nicht. Zurück.





                  Die Straßenbahnschienen glänzen. Von der Straßenbahn wurde geschwärmt. Sie fährt erst wieder ab Februar. Drei, vier Menschen. Zwei Männer unterhalten sich. Eine silberne Skulptur. Der Bodenbelag ist glatt, wie überall auf der Insel. Bei Regen hat man keinen Halt.





                  Ein Automat: Fischköder. Toiletten gibt es nicht. Ich improvisiere. Wo ging es zum Bus? Denk logisch. So viele Möglichkeiten gibt es nicht. Menschen kommen mir entgegen. Es gibt wohl noch einen zweiten Bus. Den Kreisverkehr am Ortseingang ziert eine Garnelenskulptur aus Blech. An der Bushaltestelle komme ich mit einer Schottin ins Gespräch. Ihr gefallen die Berge ausnehmend gut. Nein, Schottland kenne ich nicht. Nur Galloway. Die Küste ist zu bergig. Der Busfahrer versprüht einen Duftcocktail frischer Blumen aus einer Sprühflasche gegen den Zigarettengeruch.





                  Rückfahrt. In einen Felsen ist ein großes Anwesen gemauert. Lange ist es zu sehen. Touristen? Ich suche nach Einfahrten. Nach Zugängen zu den Häusern. Wie kommt man da hin? Fällt man da nicht runter? Hier Auto fahren? Niemals. Schon vom Bus aus habe ich Angst, abzurutschen und in die Tiefe zu fallen. Panische Gedanken eines Flachländers.








                  In Valdemossa steigen die Deutschen wieder ein. Gott sei Dank sitzen sie hinten. Sie sind trotzdem zu laut. Der Regen hat aufgehört.





                  Wieder bin ich so müde. Ich verabschiede mich von meinen Plänen. Zelten werde ich hier nicht.

                  Am Placa Espana ist Soundcheck für die Feierlichkeiten von morgen. San Sebastian. Die Markthallen sollte ich besichtigen. Sie sind bereits geschlossen. Der Express Bus ist voll. Mein Kopf dröhnt. Ich halte mir die Ohren zu. Als ich das Meer sehe, bin ich froh.





                  Im Zimmer checke ich die Zugpläne für morgen. Jede Stunde auf die 40. Und zurück jede Stunde auf der 07.

                  Beim Essen heißt es Abschied nehmen von dem Ehepaar. Die anregenden Gespräche mit dem Mann werden mir fehlen. Sie machen eine Kreuzfahrt. Die Abschiedsfeier entfällt wegen Unpässlichkeit, so dackele ich mit der anderen Dame in die Bar. Eine alte Sängerin mit beneidenswerter Figur und Stimme. Ein älteres Ehepaar trinkt Tee. Eine Proletentruppe, die bereits Ziel unseres Spottes war, filmt alles mit. Eine größere Clique tanzt.
                  Wir gönnen uns einen Cocktail. Der Bananencocktail sieht dunkelgrün aus. Nach Banane schmeckt er nicht. Sie protestiert. Getränke sind hier günstig. Dann wird uns die Sache zuviel, und wir entschwinden. Ich muss morgen früh raus.
                  Oha.
                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                  • maahinen
                    Erfahren
                    • 01.02.2014
                    • 303
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                    Oh lieber Torres, ich wünsche dir morgen einen besseren und schöneren Tag!

                    Liebe Grüße,
                    maahinen, mitfühlend

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                    • Torres
                      Freak

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                      • 16.08.2008
                      • 30594
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                      • Meine Reisen

                      #30
                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                      Zitat von maahinen Beitrag anzeigen
                      Oh lieber Torres, ich wünsche dir morgen einen besseren und schöneren Tag!

                      Liebe Grüße,
                      maahinen, mitfühlend
                      Danke für das Mitgefühl!

                      Gleich geht es weiter.
                      Oha.
                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                      • Seepferdchen78
                        Gerne im Forum
                        • 20.09.2009
                        • 97
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                        Auch von mir ein großes Dankeschön für diesen und auch deine anderen Reiseberichte. Ich finde es einfach unheimlich faszinierend, deine Sicht auf Land und Leute mitzuerleben. Dieser Bericht hilft im Moment auch zusätzlich noch ein wenig, die erkältungsbedingte Zwangspause etwas zu versüßen. Ich freu mich schon auf die Fortsetzung!

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                        • Torres
                          Freak

                          Liebt das Forum
                          • 16.08.2008
                          • 30594
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                          • Meine Reisen

                          #32
                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                          20.01.2015 Abgesoffen (Pollenca und Alcudia). 75 km.


                          Es ist Feiertag. San Sebastian. Der richtige Tag für eine Radtour. Wenig Verkehr. Um 7 Uhr stehe ich auf und bin Punkt 8.00 Uhr beim Essen. Vorher gibt es nichts. Ich fühle mich fit. Brot, Pannacotta, Müsli und panierte Aubergine (fett). Das Ehepaar, das zu meinen Gesprächspartner gehörte, freut sich auf die Kreuzfahrt. Ein kurzer Abschied. Heute regnet es nicht, erfahre ich. Das wäre schön. Halb neun hole ich mein Fahrrad. Der Portier drückt mir zwei Schlüssel in die Hand, aber ich nehme nur den einen. Richtig. Anerkennend nimmt er ihn wieder entgegen.

                          Reifendruck überprüfen. Es ist 8.41. Eine Stunde Zeit bis Palma. Bis auf einen Radfahrer ist die Promenade leer. Ich gebe Gas. Um 9.40 fährt der Zug. Es wäre schön, ihn zu bekommen.





                          Direkt am Radweg ist eine Einflugschneise. Ich sehe sie das erste Mal. Es wird ein Learjet.





                          9.07 Uhr. Die rechteckige Kurve. Später werde ich in Palma sehen, dass es hier noch mehr davon gibt. Ganz rechteckig ist sie aber doch nicht. 94 Grad. Vorsichtig fahren. Die Fußgängerstrecke. Dann wieder Gas. Ich muss vor der Kathedrale abbiegen. Aber wo genau? Ich habe keinen richtigen Plan. Die Karte gibt das nicht her.

                          Kreuzfahrtschiffe vor Palma. Das Schiff der Bekannten sehe ich nicht. Der Blick auf die Uhr zeigt 9.12 Uhr. Panik. Verdammt. Noch dreißig Minuten. Das schaffe ich nicht.

                          Ich gebe dennoch Gas. Weg vom Meer. Ich muss irgendwo rechts. Die Einbahnstraßen nerven. Hier sieht es günstig aus. Könnte stimmen. Ein Radweg. Ich rase Richtung Placa Espania. Glaube ich. Immerhin geht es bergauf. Das ist ein gutes Zeichen. Die Querstraße. Die Hauptstraße meiner Radtour ab Palma. Ich muss höher. Aber jetzt nicht verfahren. Es ist 9.28 Uhr. Auf sicher gehen und links in die Hauptstraße abbiegen. Da kennst Du Dich aus. Ich rase sie entlang. Wieso kann man hier nicht vernünftig ausparken, ohne die Straße zu sperren? Bremsen. Ausweichen. Vorbei. Nicht zu schaffen. Versuch´s einfach. Mein Ohr? Dafür habe ich keine Zeit.
                          Kreuzung zur Ringstraße. Ampel. 9.32 Uhr. Abbiegen. Gas geben. Die rote Ampel habe ich nicht gesehen, echt. Wieder eine, Mist. Ich komme neben einem Bus zum stehen. Will er die Spur wechseln? Sieht er mich? Ja. 9.34 Uhr.

                          Grün. Gas geben. Placa Espania. Wieder rot, den Bürgersteig nehmen. Erstes Gebäude, zweites. Die Rolltreppe. Lieber die Treppen nehmen, das geht schneller. Mist, fast ausgerutscht. Der Bodenbelag ist wieder spiegelglatt. Der Automat. Dafür habe ich gestern geübt. Jetzt keine Fehler machen. Du kannst das. Tren, dann Fahrtziel andere, wieder andere, dann Sa Pobla. Hin und zurück. 8.20 €. 10 Euro Schein. Das Kleingeld, den Fahrschein.

                          Die Schranke. Fahrschein drauflegen, so haben es gestern die anderen gemacht. Brummton. Eine Oma. Vorne ist auch ein Feld. Funktioniert. Tür auf. Gleis 5,6,7,8, Was denn nun. Rolltreppe. Ich überhole. Die Oma guckt irritiert, weicht aus. Ein Zug steht da, beleuchtet. Gleis 5. Sa Pobla? Ja. Rein. Vor der Fahrertür die Klemmbügel für Räder. Vier dürfen mit pro Zug. Geschafft. Verdammt. Geschafft. 9.38 Uhr. Um 9.40 Uhr fährt der Zug pünktlich los.





                          Nebel hängt in den Bergen. Wolkenfetzen auch. Keine gute Zeit für Berge. Kurz vor Inca entferne ich das Schloss, damit es am Ziel schneller geht. Außerdem bringe ich die Karte an, das hatte ich heute morgen nicht geschafft. Indigene Bevölkerung steigt zu. Ureinwohner oder Zuwanderung? Eine alte Dame sagt etwas zu mir, aber ich verstehe nicht genau was. Kurz darauf weiß ich es. Richtung Sa Pobla muss man umsteigen.
                          Der Zug steht gegenüber. Ein alter Zug. Wieder Fahrkartenkontrolle. Fahrkarten gibt es auch im Zug. Sie redet auf mich ein. Das Rad steht wohl falsch. Ich sage, ich verstehe kein Spanisch, und sie gibt auf. Der Zug ist ja leer.





                          Sa Pobla. Haus an Haus. Sandfarben. Zweckmäßig. Die Touristengebiete scheinen weit weg. Rauchende Baumstämme. Sant Antoni oder San Sebastian?





                          Ich finde die richtige Straße sofort. Einem Moment habe ich das Gefühl, auf Tour zu gehen. Eine Kirche am Wegesrand. Tatsächlich ist es ein Friedhof. Ein Mann ermutigt mich, einzutreten. Mir ist das unangenehm, ihn und die Friedhofsruhe zu stören. Mein Rad lehnt an einer Bank. Ein Klo gibt es auch. An der Straße sehe ich: Fahrräder verboten.








                          Ein Artischockenfeld. So sieht die Pflanze aus.





                          Es ist recht zügiger Verkehr. Später erfahre ich, dass wohl nur Palma Feiertag hatte. Dann wäre hier wenig Verkehr.





                          Wieder keine Probleme mit den Steigungen. Aus der Puste bin ich dann zwar schon, aber kein Vergleich. Ich muss nicht wie sonst absteigen. Glücksgefühl. Pollenca beginnt.





                          Das Fahren macht Spaß. On the road again. In den Bäumen Vogelgezwitscher.








                          Es beginnt zu nieseln. Auch mal nett. Stört mich nicht.





                          Aus dem Nieseln wird Regen. Nicht mehr nett. Stört mich doch. Ich ziehe den Poncho an. Eine kleine Nebenstrecke ist nicht rennradtauglich. Schade.





                          Es regnet jetzt nicht mehr, es gießt. Ich überlege, die Regenhose anzuziehen, aber dafür ist es zu warm. Gute Entscheidung. Die Schaltung hätte die Hose gefressen.





                          Die Hügel verschwinden im Dunst.








                          Pollenca. Der Anblick von hier aus wenig spektakulär. Unter einer Palme checke ich die Karte. Weiter.





                          Wasser in meinem rechten Schuh. Radgamaschen wären gut. Für die Regenhose ist es zu spät.

                          Die Radroute 11, die ich fahre, geht geradeaus weiter nach Port de Pollenca. Autos nerven. Ich hake Port de Pollenca. Lieber eine ruhige Abkürzung nach Alcudia. Man sieht heute sowieso nichts mehr. Abbiegen. Der Regen wird schwächer. Also richtig. Ein schönes Gestüt. An den Straßenrändern rauscht das Wasser.





                          Ein Hügel. Ein Schild zu einem Heiligtum. Sehe ich es? Wohl nicht.





                          Die Linse wird nicht mehr trocken. Ein paar Hunden gefalle ich nicht. Sie bellen. Mein Ohr ist genervt.








                          Ein Parkplatz und Schilder. Anscheinend ein Erholungsgebiet. Sonst wäre ich neugierig. Heute nicht. (Nachtrag: Es handelt sich um den Parkplatz zum Wanderweg auf den Puig de Santuiri. Klick. Der Berg, den ich fotografiere und der mich einige Zeit begleitet, ist der Puig de Maria, auf dessen Gipfel ein Kloster steht.)





                          An einer Gabelung ein Radwegschild. Der Radweg führt in Richtung Port de Pollenca. Nein. Heute nicht. Ein Auto. Der Fahrer sieht aus, als wäre es ihm zu nass hier.





                          Das Meer. Samt Radweg. Ein wenig enttäuschend.





                          Der zweite Fuß ist jetzt auch voll Wasser. Vermutlich das Fahrrad. Ein Schutzblech habe ich nicht.





                          Es gießt wie aus Eimern. Ströme von Wasser schießen über die Straße oder an den Straßen entlang. Die Straße zieht sich. So kommen mir Gedanken. Ich habe gestern ods gelesen und einen Moment stelle ich mir die Frage, warum ich mir diesen Outdoor-Scheiß (Zitat Werner Hohn) antue. Meine Antwort: "Weil ich es kann (= beherrsche). Einfach nur, weil ich es kann.“ Weil ich weiß, wie es sich anfühlt, wie man damit umgeht, wie man es überlebt. Mit Karl-Jupp in Malle am Frühstücksbuffet. Und? Vielleicht ein lustiger Kerl. Man muss mit ihm ja nicht reden. Wenn man keine Lust mehr auf Outdoor hat, lässt man es eben bleiben. Alt ist man nicht, weil man „normalen“ Urlaub macht. Alt ist man, wenn man sich nicht mehr ändern kann.

                          Mir ist kalt, und ich trete mich in Rage. An einen fiktiven ods-User. Denn wenn jetzt jemand meint, diese verregnete Schxxe wäre zu wenig Outdoor, der solle mal selbst bei diesem Wetter Fahrrad fahren. 6 Grad und Dauerregen, was ein Spaß. Der solle mal selbst im Januar Urlaub machen. Im Sommer Urlaub machen ist einfach. Wenn die Tage hell sind und lang. Aber im Januar? Wenn 70 Prozent oder mehr der Hotels verrammelt sind und die Campingplätze geschlossen sind? Wenn man für etwas Wärme auf Länder ausweichen muss, in denen es keine Outdoortradition gibt? Kämpferisch trete ich weiter in die Pedale. Solche Ignoranten können mich mal kreuzweise. „Ein Forum, Euch zu knechten und ins Freie zu treiben.“ Wenn das hier nicht im Freien ist, weiß ich echt nichts.

                          Nach diesem Anfall geht es mir besser. Ich versuche, die Landschaft irgendwie schön zu finden. Die Berge sind so gut wie weg.





                          Neben der Straße ein Nationalpark. Einen Zugang sehe ich nicht. Nasser, freudloser Sumpf. Die Linse wird nicht trocken und ist sofort verschmiert. Das Meer rauscht. Wie es hier wohl im Sommer ist?








                          Alcudia. Das Wasser am Straßenrand ist ein reißender Fluss. Am Straßenrand anhalten funktioniert nicht mehr. Das Wasser ist schon zu tief. Die Tischnachbarin erzählte von gefährlichen Flussbetten in den Bergen. Wanderer erkennen sie nicht als solche und dann kommt der Regen. Ich verstehe, was sie meint. Diese Massen sind selbst bei uns eher selten.





                          Eine Kirche. Die Ampelregelung ist ungewohnt, ich stehe im Weg. Ein Mann sieht mich verächtlich an. Wegen des Fotos oder wegen des Fahrrades oder guckt er immer so?





                          Hinter der Kurve sehe ich, dass es eine riesige Anlage ist. Aber nicht bei dem Regen. Weiter.





                          Die Geschäfte sind auf, und es herrscht viel Verkehr. Die Autos fahren schnell. Wieder muss ich meinen Standort checken. Wosch. Ich bekomme bis zur Hüfte eine Ladung Wasser ab. Die Hose ist jetzt auch nass. Ich verspüre den Impuls, die Schuhe auszugießen. Aber dann kommt sowieso gleich wieder Wasser rein. Wo schon was ist, kann auch nichts mehr reinkommen.

                          Ich fahre Richtung Port. Stau. Also biege ich in Richtung Promenade ab. Nur weg hier. Kleine Geschäfte schließen gerade. Menschen sehe ich keine. Ein Yachthafen. Ein Spielplatz.





                          Ich irre irgendwelche Hauptstraßen entlang. Wieder nervige Einbahnstraßen. Gibt es hier keine Promenade? Meine Füße werden langsam kalt. Der Ochsenweg lässt grüßen.

                          Ich finde eine Promenade. Okay. Sicher nett hier. Aber Platja de Palma ist netter.





                          Unter einer Palme suche ich Schutz. Aktivitäten unter dem Poncho, die Rolläden sind geschlossen. Pause. Mal eine kurzen Moment keinen Regen haben. Sinnlos. Palmen bieten keinen Schutz. Dafür ein mächtiger Donner. Nur weg hier. Aber es wird der einzige bleiben.








                          Kanäle. Alles ist verwaist. Die Hotels sind geschlossen.





                          Ein letzter Blick.





                          Wieder die Hauptstraße. Es gibt eine separate Spur für Radfahrer und parkende Autos. Rechts ist ein See. Kann man da entlang? Nein. Die Straße endet direkt am See. An einer Schwelle breche ich mir fast die Handgelenke. Das Füllmaterial fehlt, da ist einfach nur ein Loch. Unter dem Wasser nicht zu erkennen.





                          Längst habe ich entschieden, abzukürzen. Vor dem Nationalpark, nicht dahinter. Irgendwo da hinten sind zwei der Campingplätze (von vier), aber zu deren Besichtigung fahre ich jetzt nicht den Umweg. Die Landstraße nach sa Pobla. Links der Nationalpark. Geschlossen. Unspektakulär. Eine sumpfige Ödnis. Das gibt es auch an der Nordsee.





                          Wieder ein Zugang zum Nationalpark. Ein Schild warnt vor Wanderern, welche die Straße kreuzen.





                          Gegenüber ist Privatbesitz. Wer hatte etwas gegen England wegen ähnlicher Schilder? Mallorca ist genau so. Ein weißer Kormoran? Als ich halte, fliegt er auf. Die Berge sind nur zu erahnen.





                          Es ist kurz vor zwei, um sieben nach fährt der Zug. Noch 6 km liegen vor mir. Das schaffe ich nicht. Ich reduziere die Geschwindigkeit. Ich muss mich nicht mehr beeilen. Lieber länger in Bewegung bleiben. Das ist wärmer.





                          In Sa Pablo folge ich den Schildern centro, aber ein Zentrum finde ich nicht. Dabei gibt es eins. Vielleicht gebe ich zu früh auf. Aber das System aus schmalen Straßen, Stoppschildern und doch wieder Vorfahrt ist sehr anstrengend. Man muss höllisch aufpassen. Und kühl wird mir auch. Also fahre ich wieder zurück.





                          Am Bahnhof ziehe ich den Poncho aus und mache Fotos vom Wasser in den Schuhen. Die Strümpfe wringe ich aus. Erstaunlich, was da so hineingeht. Dann laufe ich frierend herum. Vielleicht war Ausgießen ein Fehler. Wo ist die Wechselwäsche? Im Zimmer. Egal, die wird auf den 16 Kilometern ab Palma sowieso wieder nass.





                          Der Zug kommt und hat eine halbe Stunde Aufenthalt. Mir ist furchtbar kalt. Die Heizung ist aus. Ein Marokkaner mit Fahrrad knabbert Sonnenblumenkerne. Wir würden gerne reden, haben aber keine gemeinsame Sprache. Seine Mutter wohnt in Düsseldorf. Ich esse Brötchen mit Käse.

                          Der Zug springt an und die Heizung wärmt. Der Anschlusszug ist wieder eiskalt und die Heizung unzureichend. An jeder Station kommt kalte Luft hinein. Gegen 16.00 Uhr bin ich in Palma. Es duftet nach Popcorn, aber ich werde nicht schwach. Ich fahre durch die Parkanlage hinter dem Bahnhof und dann Radwege nach rechts. Sie führen Richtung Wasser, aber die Ampeln sind ständig rot. Das nächste Mal Hauptstraße. An einer Schnellstraße endet der Radweg vor einem Bauzaun. Orten. Entscheiden. Fahren. Aha. Hier kommt man raus.





                          Ich fahre dennoch Hauptstraße. Die Autos können nicht überholen, denn die Straße ist eng. Aber so richtig voran geht es auch nicht. Also doch der Radweg.

                          Ein R4. Auch vier Touristen bleiben stehen. Aha. Franzosen.





                          Der Radweg tut auch der Seele gut. Schön ist es hier. Die Füße schwimmen wieder im Wasser und werden daher langsam warm. Ich fliege die gewohnte Strecke entlang. Selbst bei Regen ein Genuss. Die anderen werden jetzt auf ihrem Kreuzfahrtschiff sein. Wie es da wohl ist?








                          Der Yachthafen am Ende der Bucht, an der ich wohne. Vor kurzem habe ich hier Surfer fotografiert und das blau bestaunt. Heute sieht es aus, wie die Nordsee. Hoch spritzt das Wasser, als ich durch die Pfütze fahre. Ungewohnt hier.








                          Die Strandpromenade fast leer. Keine Radfahrer. Zwei einsame Spaziergänger. Deutsche, würde ich wetten.





                          Gegen die Einbahnstraße ballere ich zur Mietstation. Geschafft. Der Katalane lacht. Ich spritze das Rad ab.





                          Am Empfang frage ich nach Zeitung für die Schuhe. Sie verweist auf die ausliegende Bildzeitung. Sehr witzig. Ich soll mich morgen an das Zimmermädchen wenden. Ich kaufe die Bild. 1.30 € kostet der Spaß.

                          Klamotten aus. Alles ist nass bis auf die Haut. Ich lasse Wasser ein. Die Badewanne ist klein. Wo kommt eigentlich das ganze Wasser her? So wasserreich ist die Insel bestimmt nicht. Das hier ist ein Notfall, beruhige ich mich.

                          Wohlig warm entsteige ich der Wanne. Gleich gibt es Essen. Und das erste Mal begreife ich, was Urlaub ist: Ein anderer macht es. Okay, die Wäsche wasche ich selbst. Aber putzen, kochen, Bett machen muss ich nicht. Kein Zelt aufbauen, die nassen Klamotten am nächsten Tag anziehen, kein Tütenzeug heiß machen und Nudeln kochen muss ich auch nicht. Alles da. Nur Radfahren, Radfahren, Radfahren. Ach, wie schön.

                          Beim Abendessen erzählt der Schweizer, er habe anderthalb Stunden seine Klamotten geföhnt. Ich esse viel Gemüse, Fisch und Melone und mein Körper fühlt sich unglaublich gut an. Das erste Mal sehe ich erholt aus. Ich glaube, das Leben als Tourist könnte mir gefallen.
                          Oha.
                          (Norddeutsche Panikattacke)

                          Kommentar


                          • Torres
                            Freak

                            Liebt das Forum
                            • 16.08.2008
                            • 30594
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #33
                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                            21.1.2015. Sant Jordi. 28,8 km

                            Am Morgen geht glutrot die Sonne auf.





                            Ein Mann am Nebentisch erzählt mir in Wiener Tonfall von der Rosette in der Kathedrale in Palma. An einem Tag im Jahr zeigt sie ein besonderes Licht. Er sucht derartige Phänomene. Er hat die Bücher von Arxiduc/Erzherzog Lluis/Ludwig Salvator von Österreich-Toskana eingehend studiert und ist auf der Suche nach Spuren. Salvator war Naturforscher, der Mallorca ausführlich in den sieben Bänden „Die Balearen geschildert in Wort und Bild“ beschrieben hat. Er war ein Verwandter von Kaiserin Sissi. Jeder Mensch hat andere Hobbies.

                            Auf den Gipfeln der Berge liegt Schnee. Gerne würde ich ihn von Nahem sehen. Ich fühle mich wieder sehr müde und ziehe eine Fahrt zum Kloster Lluc in Betracht. Der Bus fährt zweimal am Tag: Morgens und abends. Zu spät. Gecancelt. Schade.





                            Eine Dame öffnet die Tür zum Zimmer gegenüber. Sie schaut auf die ganze Bucht. Atemberaubend. Sie sei ja auch 6 Wochen hier, sagt sie erklärend. Gestern hatte ich mich mit der Tischnachbarin über Preise unterhalten. Mit Frühbucherrabatt zahlt sie ungefähr 34 Euro pro Tag. Für Halbpension. Seeblick. 8 Wochen. Die gleiche Summe kann man auch in drei Wochen Finnland bei einer gescheiterten Wintertour ausgeben. Ich zahle 37 Euro mit Abendessen. Leider kein Meerblick.

                            Die Bildzeitung hat einen guten Job gemacht. Innen sind die Schuhe trocken. Ein Regenbogen über der Bucht. Raus. Das Wetter ist heute spannend. Ich beschließe, Richtung Sant Jordi zu fahren und eine neue Strecke nach Llucmajor auszuprobieren.

                            Eine Gruppe Radrennfahrer holt ihre Räder. Junge, magersüchtige Kinder. Auf ihren mit Überziehern verpackten Klickies tänzeln sie über den Steinboden als trügen sie Stöckelschuhe.





                            Die Glaskirche La Parciuncula. Anscheinend ist hier ein Franziskanerorden. Das Museum würde ich gerne besuchen.
                            Ich quere die Autobahn und biege in den Radweg ein. Es ist sehr kühl. Aber schön.





                            In der Ferne Regenwolken. Kurz nieselt es. Ich ziehe den Poncho an, aber dann wieder aus. Notfalls bin ich schnell wieder zurück.





                            Ich sehe völlig andere Dinge, als beim ersten Mal. Und ich frage mich, ob man überhaupt eine Landschaft würdigen kann, wenn man sie auf Tour durchfliegt. Es ist, als würde man sie erst durchdringen, wenn man sie im Laufe der Jahreszeiten sieht.





                            Mal da. Mal verschwunden.











                            Ein gelber Vogel. In der Palme entwischt er mir noch. Aber richtig scharf bekomme ich ihn nicht (vermutlich eine Goldammer).





                            Mandelblüte. Jeden Tag neue Knospen. Jeden Tag neue Blüten.





                            In ein paar Tagen wird hier alles weiß sein, habe ich gestern gelesen. Da bin ich leider nicht mehr hier. Die Gegend um Llucmajor ist das Hauptgebiet. Hufgetrappel.





                            Ich lasse mir viel Zeit. Trödeln.





                            Ein Vogelschwarm (Kiebitze?). Fliegt er gegen das Licht, sehen die weißen Leiber wie kleine Silberpappeln im Wind aus. Die ganze Luft glitzert. Gebannt bleibe ich mehrere Minuten stehen und schaue dem Treiben zu. Einmal bin ich im Weg. Das Auto hupt. Sehen die Leute das nicht? Die halten mich bestimmt für verrückt.





                            Tiefe Pfützen auf dem ausgeschilderten Radweg vor Sant Jordi. Der Umweg beim ersten Mal war kein Fehler. Der Fahrer des Wagens rät mir (auf Spanisch) zum Umweg. Den kenne ich schon. Danke.





                            Erneut der Vogelschwarm. Als ich ihn silbrig glänzend direkt vor mir habe, klingelt das Telefon. Verdammt. Wieso stelle ich das Ding im Urlaub nicht aus. Kurz darauf fliegt er davon.





                            Der Geruch nach nassem Hund ist weg. Anscheinend eine Sumpflandschaft. Der Regen vertreibt den Geruch.





                            Sonne und Schnee.








                            Sant Jordi. Verschlafen. Still. Wie ländlich, abseits der Touriburgen. Die Autobahn trennt Welten.








                            Spielende Kinder auf dem Schulhof. Der Klang klingt hell und freundlich. Herbstfarben.





                            Die weißen Vögel.








                            Er denkt, ich sehe ihn nicht. Dieses Bild wird scharf (Haussperling).








                            Zwei Männer unterhalten sich. Ihre Hunde auch. Ich grüße. Die Schafe mit Glöckchen.








                            Der unbekannte Radweg. Wieder die Lärmvögel. Aber ich sehe sie nicht. Kontraste.





                            Eine lange Steigung. Kein Problem. Wolken schieben sich über die Sonne. Ich fröstele. Und werde schlagartig müde. Fast fallen mir die Augen zu. Ein Mofafahrer kreischt sich den Hügel hinauf.





                            Nach Llucmajor wären es nur 14 km, aber ich sehne mich nach Schlaf. Auf seinen Körper sollte man hören.





                            Die bisher so liebliche Natur wechselt jäh das Gesicht. Ein böiger Wind. Ein Mann führt seine wertvollen Pferde in den Stall. Eine Frau ergreift die Wäsche.








                            Autofahrer fahren hektisch durch den Ort. Nach Hause, bevor der Regen kommt. Intuitiv finde ich die richtige Straße. Palmen biegen sich im Wind. Dann prasselt Regen hinunter. Kleine spitze Pfeile im Gesicht. Ich ziehe den Poncho über. Fast fegt mich der Wind vom Rad.





                            Küstenwetter. Ich liebe es. Nur fünf Grad mehr wären nett. Die Strecke Routine. Am Sumpf vorbei.





                            Unbeeindruckt kommen mir Radrennfahrer auf der Hauptstraße entgegen. Die Einbiegung zum Radweg. Ein alter Mann im Anzug sucht empört sein Auto auf. Das Wetter scheint nicht nach seinem Geschmack zu sein. Er hat einen Anzug an.

                            Ich wähle die Akürzung und komme in El-Pilari heraus. Der Regen hat aufgehört.





                            Ein kleiner Ort auf der dörflichen Seite der Autobahn. Eine Frau bringt ihrem kleinen Jungen das Pinkeln vor der Haustür bei. Sie hält ihn vor ihrem Oberkörper fest. Der Kleine schreit. Die Freundin lacht.
                            Ein Dorfladen. Ich kaufe ein baguette und frage nach einer regionalen Spezialität (auf Französisch). In ihren Augen blitzt es: Das hier, das gibt es zu San Sebastian. Auch eine Teigtasche, vergleichbar der Cornish Pasties. Wie ich sagte: Die Autobahn trennt zwei Welten.





                            Ich biege hinter der Autobahn noch einmal ab. Ein Restaurant. Eine Schule. Sie scheint zu der Glaskirche zu gehören. Zum Hotel geht es rechts. Einbahnstraße. Ich fahre langsam und illegal. Ein Steinbruch. Ich biege jetzt doch korrekt links ab.

                            Eine Hauptstraße. Wieder stelle ich fest, dass die Mallorquiner sehr viel rücksichtsvoller fahren, als die Italiener. Eine Ansammlung von Menschen, die auf ein Grundstück strömen. Die Polizei bewacht. Was es ist, kann ich nicht erkennen. Ein Supermarkt. Gar nicht so weit vom Hotel, aber eben oben an der Straße. Meine Gesprächspartnerin beim Abendbrot kann Wege einfach nicht erklären.

                            Ich befreie das Rad vom Sand. Wasserverschwendung, wenn man nachdenkt. Das Zimmermädchen kommt, spät heute. Ich versuche unsichtbar zu sein, und wir lachen. Sie ist sehr groß gewachsen, bestimmt 1.90, und wirklich nett. Schade, dass man nicht reden kann.

                            Ich bin müde und mir ist furchtbar kalt. Ich wickele mich in meinen Schlafsack und stelle mir vor, ich sei im Zelt. Kurz darauf bin ich für eine Stunde entschlummert. Mein Ohr dankt es mir. Wieder zeigt sich ein Regenbogen über den Bergen.

                            Abendessen. Klatsch. Dieter Bohlen ist in den Nordosten gezogen. Privat ist er ganz anders. Da schiebt er Kinderwagen. Trotzdem: Nicht ihr Niveau. Peter Maffay hat eine Finca, in der benachteiligte Jugendliche Urlaub machen können. Er ist hier sehr beliebt. Die Finca von Michael Douglas ist ein Museum. Wohnen tut er woanders. In Cala Rajada ist es am schönsten. Jetzt ist dort aber alles tot. Da fährt man im Sommer hin. Am Strand stehen Polizisten und kassieren die Flaschen ein. Die jugendlichen Touristen hatten sich angewöhnt, sie an die Felsen zu werfen. Man konnte den Strand kaum noch betreten. Überall wurden die Strafen erhöht. Eimersaufen, Pinkeln, gefälschte Markenartikel, falsche Kleidung. Das gefällt nicht allen. Die Mädels sind am schlimmsten. Die Vermieterin hat letztes Jahr welche vor die Tür gesetzt. Abiturienten. Das ist doch etwas Besseres! Und dann grölen sie nachts im Pool. Die Lehrerin hatte gebettelt, aber da kennt die Vermieterin nix.

                            Der Wiener setzt sich an unseren Nebentisch. Er sucht bei ihr Infos über die Therme. Dunkel erinnere ich mich an ein Schild, als ich zu den Salinen gefahren bin. Ich muss nachher mal nachschauen. Meiner Gesprächspartnerin ist das zu bunt. Sie hat gerade einen Anruf gekriegt, und als der Wiener Essen holt, ist sie einfach verschwunden. "Ich bin doch hier nicht die Auskunft", sagt sie zu mir und geht auf ihr Zimmer. Ich vergaß zu erwähnen: Die Dame ist aus Hamburg und nicht mehr ganz jung. Ihr Alter wollte sie nicht verraten.

                            Der Wiener ist darüber völlig empört. Er kann sich gar nicht beruhigen. Ich versuche höfliche Erklärungen. Aber innerlich muss ich grinsen. Um mich gleich darauf ebenfalls zu entschuldigen und zurückzuziehen.
                            Zuletzt geändert von Torres; 16.02.2015, 20:42.
                            Oha.
                            (Norddeutsche Panikattacke)

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                            • grenzenlos
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                              • 25.06.2013
                              • 566
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                              #34
                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                              Interessanter Bericht + schöne Fotos
                              Danke!
                              Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                              Gruß, Wi grenzenlos

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                              • Torres
                                Freak

                                Liebt das Forum
                                • 16.08.2008
                                • 30594
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #35
                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                Danke schön. Ebenfalls.

                                Jetzt geht es auch gleich weiter.
                                Oha.
                                (Norddeutsche Panikattacke)

                                Kommentar


                                • Torres
                                  Freak

                                  Liebt das Forum
                                  • 16.08.2008
                                  • 30594
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                                  #36
                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                  22.01.2015 Cala Pi. 69,9 km.

                                  In der Nacht blitzt und donnert es synchron. Ich träume von einem Überfall. In einer Bücherei liegt eine Person und ist an den Händen gefesselt. Ich rufe die Polizei. Wieder kracht es, und ich werde wach. Ärgerlich wälze ich mich auf die andere Seite.





                                  Frühstück. Dem Anhänger von Lluis Salvator erläutere ich meine Erkenntnisse über die Zisterne an dem Thermalbrunnen. Als er Therme sagte, hatte ich meine Bilder angeschaut. Die Kirche. Ein Kloster. Die Therme ist nebenan und gehört zu einem Hotel. Die einzige heiße Quelle Mallorcas. Der Wiener weiß das wohl schon. Er will wissen, ob man in der Nähe kostenlos in der heißen Quelle baden kann. Das Hotel (das noch geschlossen ist und 220 € die Nacht kostet) ist ihm zu teuer. In der Toskana ginge das. Aha.





                                  Ich überlege, worauf ich Lust habe, aber mir fällt nichts interessantes ein. In S'Arenal ist Markt. Meine Tischpartnerin trifft sich dort mit Freundinnen. Ich brauche nichts. Also das Fahrrad. Eine kleine Runde. Die Straße von gestern zu Ende fahren.

                                  Am Autobahnkreisel wieder ein Regenbogen.





                                  Gestern kamen Radfahrer von rechts. Ausprobieren. Wieder eine neue Abkürzung. Eine Palmenfarm. Baströckchen.





                                  Ein Radteam überholt sirrend.





                                  Sehen sie den Regenbogen überhaupt? Sogar ein Begleitfahrzeug mit Ersatzrädern auf dem Dach ist dabei.

                                  Eine Meise sitzt auf der Straße. Das Foto wird unscharf. Ich summe "Somewhere over the rainbow". Judy Garland. Kinderstar. Weltstar. Drogen. Ist sie schon vergessen? Aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht? Das blüht uns allen, früher oder später.





                                  Sant Jordi. Auf der Bank habe ich am zweiten Tag gesessen. Die Strecke füllt sich mit Erinnerungen. Das gefällt mir.





                                  Radwegschild. Gut versteckt. Harmonie der Farben.





                                  Der Müllwagen. Kleiner feiner Staub rieselt mir ins Gesicht. Bloß nicht atmen. Doch, sagt die Lunge. Gesund ist das sicher nicht. Es riecht nach Fisch.

                                  Ein alter Mann mit Hund. Er pinkelt in die Hofeinfahrt. Der Hund, nicht der Mann.





                                  Das Radwegschild weist nach rechts. Gestern bin ich anders gefahren. Ich erinnere mich. Die Pferde, die reingeholt wurden. Gleich kommt die Frau mit der Wäsche.

                                  Die Straße glänzt von der Nässe. Eben muss ein Regenschauer durchgegangen sein. Das Gefühl von Freiheit.





                                  Die Wiese mit Blick auf Sant Jordi. Die Schafe. Wo sind die Schafe?


                                  Links von mir.





                                  Langsam beginnt die Steigung. Der Mandelbaum. Jeden Tag einige Blüten mehr. Ein paar Blütenblätter liegen auf der Straße. Der Regen hat sie zu Boden geworfen und zerstreut.





                                  Die Straße wird steiler. Das Schild wollte ich gestern schon fotografieren.





                                  Im ersten Gang komme ich Schritt um Schritt, Umdrehung für Umdrehung weiter. Dann ein kleines Tief. Das Herz pocht bis zum Hals. Und das ist wörtlich gemeint. Ein kleiner Gummihammer. Tok, tok, tok, tok, tok. Pause. Nicht übertreiben.





                                  Der Bodenbelag bremst, aber auch das letzte Stück radele ich hoch. Andere machen das wohl damit.





                                  Zwei Greifvögel. Vollbremsung. Die große Kamera. Nicht leicht, sie im Objektiv zu entdecken. Schön und schnell.





                                  Ein Grab. Ein Kind? Ich lese die Plakette. Vermutlich ein Hund. Ein Blick zurück.





                                  Und nun wird es interessant. 4 km MTB Strecke. Falsches Fahrrad.





                                  Ich schiebe.








                                  Nasses Fahrrad oder nasse Füße?





                                  Das Wandern macht Spaß. Nur wo Du zu Fuß warst.... Es ist still hier. Keine Vögel. Nur Stille. Und warm. Am Rand liegt Bauschutt. Die Hülle eines Monitors. Das Wissen um schneebedeckte Berge.

                                  Ohne es zu merken, fange ich an zu rezitieren.
                                  Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
                                  Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
                                  Im Tale grünet Hoffnungsglück;
                                  Der alte Winter, in seiner Schwäche,
                                  Zog sich in rauhe Berge zurück.
                                  Von dort her sendet er, fliehend, nur
                                  Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
                                  In Streifen über die grünende Flur.
                                  Aber die Sonne duldet kein Weißes,
                                  Überall regt sich Bildung und Streben,
                                  Alles will sie mit Farben beleben;

                                  Nun fällt mir nur noch der Rest ein:
                                  Zufrieden jauchzet groß und klein:
                                  Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
                                  (J.W. Von Goehe, Faust I)

                                  Ich schüttele den Kopf. Jetzt rezitiere ich schon Goethe. Ich muss wirklich krank sein. Aber irgendwie passt es so schön. Dieser Kontrast aus schneebedeckten Gipfeln, kalter Luft, wärmender Sonne und Frühlingsblumen. Noch ein letzter Blick zurück.





                                  Ein Selfie für die Fotochallenge.





                                  Ein moderaterer Abschnitt beginnt. Man findet mit etwas Geschick eine Fahrspur. So setze ich mich wieder auf das Rad und taste mich vorsichtig voran. Rennfahrer machen das besser. Sie geben einfach Gas.





                                  Das leise Bimmeln der Schafglocken.





                                  Immer noch ganz still.





                                  Kein Sand, sondern Felsen.





                                  Auch hier weist jedes zweite Schild auf Privatbesitz hin. Nur selten fehlt es. Zaun hin oder her.





                                  Ein schöner Abschnitt. Ein MTBler war gestern empört abgereist, weil es hier keine Strecken für ihn gäbe. Vielleicht die falsche Karte.








                                  Und wieder ist die Luft voller Vogelstimmen. Tschilp und piep und was es so gibt. Zu sehen sind keine. Oder sind es die Punkte, die man zwischen den Bäumen sieht? Dann sind sie zu schnell. Kleine Mücken tanzen in der Sonne. Vielleicht brachte der Regen sie her.





                                  Ich bin jetzt kurz vor Llucmajor.








                                  Die Systemkamera geht nicht mehr an. Ich hatte den Akku doch gestern geladen. Hatte ich ihn falsch ins Ladegerät gesteckt? Selbst schuld. Nicht kontrolliert.





                                  Zwei Babyschäfchen. Lange schaue ich ihnen zu.





                                  Der Radweg nach Algaida. Einen Moment überlege ich. Aber mein Ziel ist Cala Pi. Das hatte ich bei der ersten Radtour ausgelassen. Heute sollte ich das schaffen.

                                  Llucmajor. ich fahre Richtung Zentrum. Der Ort seltsam vertraut. Ein hübscher Marktplatz. Seit sa Pobla schaue ich genauer, dass ich das Zentrum finde.





                                  Ein Junge hat sich auf den Boden geworfen und stellt sich tot. Da das niemanden interessiert, versucht er, sich in Erinnerung zu rufen. Ich muss schmunzeln. Ein Vater mit Kleinkind lächelt mich an. Hat er mich wiedererkannt? Oder bezieht es sich auf die Situation? Ich lächele zurück.

                                  Die Kathedrale. Leider ist sie geschlossen.

                                  Ich fahren die gleiche Straße wie am Sonntag weiter. Ich kenne mich ja mittlerweile hier gut aus. Es ist lausig kalt zwischen den Häusern. Im Sommer wird es hier schön kühl sein. Ein Auto hupt mich an. Gemach, gemach. Wir sind in Spanien.

                                  Hinter der Brücke ein Moment der Unsicherheit. Ich wüsste zu gerne, was ein Talaiot ist. Das Schild zeigt geradeaus. Aber der andere Weg ermöglicht eine Rundweg. Also verzichte ich und nehme den Cami de Torre.

                                  Vergeblich halte ich Ausschau nach alten Steinen. Ich sehe nichts. Pech gehabt. Die Landschaft ist unspektakulär. Nur der Blick birgt Abwechslung.





                                  Ein Traktor mäht die Bäume an der Straße. Kreischend und gefräßig beißt sich die Fräse in das Gebüsch und lässt die Pflanzenteile in ihrem Schlund verschwinden. Es reicht nach frischem Gehölz und zerquetschten Pflanzen.

                                  Die Felder wirken hier etwas wilder und unberührter.





                                  Ein Schaf hat sich an das Gras am Zaun gewagt. Als ich halte, um es zu fotografieren, läuft es panisch davon. Hoffentlich überlebt es den Schreck. Schafe sind sehr sensibel.





                                  Dieses Rotbraun ist einfach ein Traum.





                                  Ich habe gestern gelernt, dass Wildpinkeln auf Mallorca 800 € Strafe kostet. Dann bin ich jetzt bei 2400 €. Oder etwa schon bei 3200 €? Aber was soll man machen. Toiletten sind hier außerhalb der Saison nicht zu sehen.





                                  Auch hier die Energiewende? Es ist ein sehr großes Feld.





                                  Ein Verwandter. Vielleicht sollte ich das als Selfie einreichen?





                                  Wieder schwelge ich im Anblick eines gelben Feldes. Diesen Farbton kenne ich nur von Raps.





                                  Ich bin nun kurz vor Cala Pi. Eine Küstenstraße. Das Meer ist zu erahnen. An einer Schlucht sieht man es kurz.
                                  Gespenstische Leere. Hier wohnt man im Sommer. Ab und zu bellt ein Hund. Menschen sehe ich keine. Erinnerungen an Italien werden wach. Wie die bewachten privaten Areas an der Küste Latiums. Nur die Zäune und Wachanlagen fehlen. Als ich zwischen zwei Häusern den Blick auf ein Stück Wasser erhasche, bin ich froh.

                                  Und dann glaube ich, worum es geht: Ein Turm. Wäre auch unlogisch, dass der Ort wegen der Luxusvillen so gut ausgeschildert ist. Die Straßen heißen Chopin und Vivaldi.





                                  Wieder eine Einbahnstraßenregelung. In meine Richtung ist die Straße oben. Auch wenn mir kein einziges Auto begegnet, so gehe ich auf Nummer sicher und halte mich an die Regeln. Zwei Häuser sind mit amerikanischer Flagge bestückt. Bleich am Nebenhaus eine Spanische.

                                  Ein Kreisverkehr. Zum Gemäuer geht es bergab. Steil. Auf dem Rückweg müsste ich schieben. Ein Ruck. Wenn ich schon mal da bin!

                                  Der Ortskern ist menschenleer. Ein Schild Playa. Strand? Ein Schild Platja zeigt nach rechts. Was heißt nun Strand. Playa oder Platja? Ich bremse und schaue kurz nach rechts. Und mache große Augen. Ein Felsen. Anscheinend eine Schlucht. Ich trage das Fahrrad Treppen hinunter. Sicher ist sicher. Und was ich nun sehe, verschlägt mir den Atem.





                                  Ein Strand. In der Bucht. Das Wasser so blau wie im Reiseprospekt. Flaschen verboten. Ob man sie hier auch an Felsen geworfen hat? Heute ist hier niemand.





                                  Ganz nach unten gehe ich nicht. Es ist kalt hier. Und ich will das Rad nicht anschließen.





                                  Am Ende der Straße ein Parkplatz, und hier ist auch der Turm. Zwei Autos. In einem läuft der Motor. Das sind Spanier.

                                  Wer das hier sieht, möchte hier auch wohnen. Ich gönne es jedem Einzelnen.





                                  Hinter dem Turm ist eine Bank. Weiter unten sitzen zwei Männer. Später werden sie an mir vorbeilaufen. Etwas zu betont gehen sie getrennte Wege. Vorsicht? Gewohnheit? Oder ist die Liebe bereits Routine? Der Jüngere sieht meinen Blick und lächelt in sich hinein.





                                  Ich probiere noch einmal das Tele aus. "Batterie leer". Immerhin. Sie redet mit mir. Wieso kann ich nicht einfach mal einen Ersatzakku einpacken. Selbst Schuld.





                                  Der Ort könnte Colonia de Sant Jordi sein. Da war ich am Tag der Salinen.





                                  Die Insel. Auf meiner Karte ist sie nicht drauf. Am Abend erfahre ich: Unbewohnt. Touristen dürfen nur tagsüber dorthin.





                                  Ich packe Baguette und Käse aus und esse eine Kleinigkeit.





                                  Nicht gerne nehme ich Abschied, aber es ist einfach zu kalt. 8 Grad vielleicht. Heute morgen hat die Sonne noch gewärmt. Jetzt nicht mehr.

                                  Das Stück Straße zum Kreisverkehr muss ich schieben. Die Spanier überholen mich. Jetzt ist im Ort alles leer.





                                  Wüsste man nicht, dass neben der Straße eine Schlucht ist, könnte man sie nicht sehen.





                                  Passend zum Rückweg setzt Gegenwind ein. Frischt er hier nachmittags auf wie in England? Oder ist es die Ankündigung von Regen? Bergauf geht es auch. Ein großes Feld mit Stockreihen. Weinberge? Hier ist Süden. Es ergäbe Sinn. Und dieses Gelb. Immer wieder dieses Gelb.

                                  Auf meiner Karte ist ein M eingezeichnet. Vielleicht sind hier die Talaiots? Ein weißes Schild am Straßenrand. Prähistorische Bar kann ich entziffern. Dann wird es auch schon offiziell.





                                  Auf der rechten Seite WC Schilder. Hier sind die Parkplätze. An der Einbiegung zu meinem Radweg das Tor. Natürlich geschlossen. So bleibt nur das Bild durch den Zaun.





                                  Und über den Zaun.





                                  Talaiots sind (Wach)Türme aus der Talaiyotkultur, die es zwischen dem 13. und 2. Jh. v. Chr. auf den Balearen gab. Steine bleiben bestehen - Menschen vergehen, reime ich.





                                  Immer noch der frische Wind. Mühsam. Ein großer Vogel. Majestätisch. Schwereloses Gleiten. Ein Bild gelingt nicht.

                                  Die ersten Tropfen. Ein leichter Sprühnebel. So darf es bleiben. Bleibt es nicht.





                                  Diese Wolke zieht genau in meine Richtung.





                                  Erbarmungslos peitscht der Regen ins Gesicht. Wieder diese Windböen. Die Mauern und Bäume bieten leidlich Schutz. Die Fototasche geht immer wieder auf. Energisch zwinge ich sie zu Wohlverhalten.
                                  Das Hilton. Für einen kurzen Moment machen die Schauer Pause. Leer sieht es aus. Nur der Geruch von gebratenem Hähnchen. Ein einsames Auto auf dem großen Parkplatz. Ein Reisebus.

                                  Der Regen nimmt Fahrt auf. Ein Trupp Rennradler auch. Ein Mann schreit Kommandos. Die aus Sternenseide gewebten Regenjäckchen der Fahrer flattern im Wind.

                                  Links von mir ist ein kleiner Regenbogen. Für ein Foto sind die Bäume und Mauern zu hoch. Zart schimmern seine Farben. Kleine Vögel schießen wie kleine Geschosse über die Straße. Meisen, nehme ich an. Einige sind winzig.





                                  Der Regen wird schwächer. Abbiegen in den Radweg, der zur Autobahn führt. Kurz darauf ein Straßenschild: Cami del Palmer. Das war der Weg in Richtung Salinen. Anscheinend geht er hier weiter. Ausprobieren. Er würde mir die Hälfte der Autobahnstrecke ersparen. Der Weg ist gut befahrbar. Ein Golfclub. Daher kein Radweg, im Sommer sind hier zuviele Autos.


                                  Am Ende des Regenbogens liegt der Schatz. Aber auf welcher Seite?








                                  Die Sonne kommt wieder heraus, und ich höre schon die Autobahn. Der Steinbruch. Die nassen Büsche und Bäume glitzern in der Sonne wie kleine Sterne.





                                  Meine Speicherkarte ist voll, und ich gebe mich mit dem Bild zufrieden. Es ist wieder kalt geworden. Ich spurte den Hügel herunter und fahre diesmal Radweg über das Aqualand nach S'Arenal. Das Meer liegt ruhig und bedächtigt in der Bucht. Eine Touristin lässt sich I love Mallorca - Shirts zeigen. Für die Enkel, vermute ich.

                                  Gewohnte Wege. An der Parallelstraße versperrt eine Zementmischmaschine den Weg. Die ProfiTeams feilen an ihren Rädern. Die riesigen Werkstatt-LKW tragen die Kennzeichen von Polen, Belgien und Italien.

                                  Morgen ist der letzte Tag. Die Sonne soll scheinen.
                                  Zuletzt geändert von Torres; 10.02.2015, 21:21.
                                  Oha.
                                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                                  • grenzenlos
                                    Dauerbesucher
                                    • 25.06.2013
                                    • 566
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #37
                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                    Gutes Auge für Regenbögen + hoffe, die Sonne scheint wirklich
                                    Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                    Gruß, Wi grenzenlos

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                                    • Atze1407
                                      Fuchs
                                      • 02.07.2009
                                      • 2425
                                      • Privat

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                                      #38
                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                      In diesem Reisebericht geht es um eine Reise, die der Erholung dienen sollte für einen Körper, der an Grenzen gekommen ist.
                                      Tja Torres, man wird eben Älter.

                                      Nichts desto Trotz, ein Bericht der mir sehr gut gefallen hat, einschließlich der Fotos.

                                      VG
                                      Atze
                                      Zuletzt geändert von ; 11.02.2015, 06:57. Grund: QUOTE repariert
                                      Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
                                      Abraham Lincoln

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                                      • Torres
                                        Freak

                                        Liebt das Forum
                                        • 16.08.2008
                                        • 30594
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #39
                                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                        Danke, Atze, da bin ich ja beruhigt. Ich habe die Zahl der Häuserbilder auch stark reduziert.

                                        Auf die Frage des Älterwerdens komme ich noch, wirst schon sehen . Aber die Krankheit hat damit nichts zu tun. Die Ursachen liegen im Dunkeln, man geht aber davon aus, dass Stress und Lärm das begünstigen. Selbst mein jungdynamischer Ohrenarzt hatte das schon...

                                        @grenzenlos
                                        Ja. Sie hat geschienen
                                        Oha.
                                        (Norddeutsche Panikattacke)

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                                        • Torres
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                                          Liebt das Forum
                                          • 16.08.2008
                                          • 30594
                                          • Privat

                                          • Meine Reisen

                                          #40
                                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                          23.01.2015. Abschied. ca. 30 km.

                                          Es wird ein sonniger Tag. Ich will ihn am Meer verbringen.





                                          Doch zunächst besuche ich die Glaskirche.





                                          In dem dazugehörigen Museum wird die Geschichte des Tourismus auf Mallorca erzählt. Als die Kolonien verloren gingen, geriet die Landwirtschaft in eine Krise. Man lebte von Fischfang, den Feldern und der Steinmetzerei.
                                          Tourismus war die Überlebenschance der Insel. Das Wort leitet sich von der Grand Tour der jungen Engländer ab, die drei bis fünf Jahre herumreisten, um die Welt kennenzulernen und zu Erfahrungen zu sammeln, wie ein Staat regiert wird. Zuvor reiste man nur aus Hunger oder aufgrund von Kriegen. Schilderungen von reichen Reisenden, wie George Sand, Lluis Salvator bis Miro machten die Insel bekannt. Sie waren die ersten Touristen. Dann wurde Reisen auch für normale Menschen erschwinglich. Heute lebt Mallorca davon. Nichts erinnert mehr an die Insel von damals. Das Landleben, das man heute als verlorene Idylle betrauert, ist verschwunden. Dafür ist die bittere Armut Wohlstand gewichen.
                                          Heute steht Mallorca wieder am Scheideweg. Der Konzeption eines nachhaltigen Tourismus wird mehr Gewicht zugemessen. So werden die Hotels an der Platja de Palma zu besseren Standards gezwungen und der Radtourismus weiter ausgebaut.

                                          Die Kirche ist ein wunderschöner Bau. Sie gehört zu einem Franziskanerkloster. Da niemand mehr Priester werden wollte, ist in den Gebäuden heute eine Schule.





                                          Ans Meer. Viel mehr Menschen sind unterwegs, als in den letzten Tagen. Eine Kutsche wartet auf Touristen.





                                          Der Wind lässt die Wellen an die Steine schlagen. Ich lasse mir viel Zeit.











                                          Ein verfallenes Haus.








                                          Traumwellen.











                                          Landromantik.





                                          Die Kathedrale.








                                          Ein Platz an der Promenade. Tschilp und Zwitscher. Geduld. Geduld.











                                          Surfer sind unterwegs.











                                          Eine Frau sitzt mit drei Hunden in der Sonne vor ihrem Haus. Was es wohl für ein Gefühl ist, einfach am Meer zu wohnen? Ein paar Schritte und schon ist man da? Für mich wäre das ein Traum. Aber im Sommer ist es hier bestimmt viel zu voll. Die ersten Kampfradler sind mir heute bereits begegnet.





                                          Der Verkehr nimmt zu. Zu laut. Ich wollte bis ans andere Ende Palmas fahren, aber ich drehe um.

                                          Wieviele Sorten blau gibt es?





                                          Immer noch Schnee.





                                          Ein Seidenreiher. Wieso sehen die anderen ihn nicht?





                                          Erfolgreich ist er nicht.





                                          Hier sieht er aus wie die Concorde.





                                          Kachel.





                                          Immer wieder etwas Neues entdeckt.








                                          Das Wasser ist ein Sternenmeer.





                                          Schnell genug. Ein Rotkehlchen? (Nein, ein Braunkelchen. Danke, Griffon.)





                                          Spaziergänger.





                                          Noch einmal sehe ich es auf einem Zaun. Ein kleiner Weg am Wasser entlang.





                                          Ein ehemaliges Schwimmbad, anscheinend. Vielleicht ein abgerissenes Hotel.





                                          Klangspiele. Immer noch zu laut.





                                          Wieder ein Seidenreiher, diesmal mit Fahrrad. Das ist aber Urban Outdoor, junger Mann!





                                          Gelbe Füße. An den Tischen des Lokals sitzen zwei Gäste und unterhalten sich.





                                          Eine Bäckerei, die für ihre Ensaimades bekannt ist. Von hier lassen sich die Festlandsspanier gerne das Gebäck mitbringen, dessen Namen ich mir partout nicht merken kann.





                                          An der Promenade esse ich den luftig-leichten, fettigen Hauch. Radfahrer fahren in hohem Tempo auf dem Bürgersteig an mir vorbei. Der Radweg verläuft parallel unten am Strand. Es wird Zeit zu gehen. Und Bilanz zu ziehen.
                                          Hat mir mein Zelt gefehlt? Oh, ja. Im Zelt kann ich immer am besten schlafen. Eingekuschelt in den Schlafsack, die Geräusche von Regen und Wind. Liebgewonnene Routinen. Aber alles andere nicht. Ich konnte mich dem widmen, was ich am liebsten mag: Draußen sein. Und ich war viel bewusster draußen: Kein Rausch der Eindrücke, kein Vorbeifliegen. Sondern Wege finden. Landschaften durchdringen. Gewohnheiten entwickeln. Wind und Wetter trotzen. Das Meer sehen. Das war schön.

                                          Die Schiebestrecke vom ersten Tag. Als ich mit der Schaltung noch nicht klar kam. Wie taten mir damals die Ohren weh. Noch ist es nicht gut. Aber besser.





                                          Ein Radfahrer rast mit Millimeterabstand an mir vorbei, als ich aufstehe, und ich erschrecke mich zu Tode. Mein Ohr glüht und schmerzt ganz tief drinnen und fängt wieder an zu pochen. Immer noch nicht in Ordnung. Hilflos schaue ich mich um. Ist das wirklich so schwer, ein wenig Rücksicht? Schon seit Jahren stört mich das, aber damals war es noch nicht so wichtig. Nicht, dass ich nun wirklich ein Engel bin, aber dann fährt man doch vielleicht einmal langsam. So habe ich das nicht gelernt, und so war ich auch nie. Wie sollen denn andere noch träumen? Wenn jeder in den Bereich des anderen dringt. Und den anderen zu ständiger Aufmerksamkeit zwingt?
                                          Einen kurzen Moment setze ich mich noch einmal hin. Der zweite Teil der Reise. Sie werden mich vielleicht hassen. Aber es ergibt immer noch Sinn. Schlafen. Zur Ruhe kommen. Lesen. Auch diese Woche war das Radfahren nicht gerade wenig. Mach doch einfach mal nichts. Das kannst Du nicht. Ich weiß. Mal sehen, wie es wird.

                                          Italia. Ich freue mich.

                                          Langsam geht es zurück. Das Fahrrad abgeben. Noch ist geschlossen. Siesta. Ich setze mich an den Strand. Ein Abschiedsfoto. Ich werde das Rad vermissen.





                                          Den Strand auch. Diese Weite und das Meer. Die letzten Tage menschenleer. Welch ein Glück, es genießen zu können.








                                          Immer noch sind viele Menschen unterwegs. 15 Grad. Schon fast zu warm. Rennradler. Spaziergänger. Modeschmuckverkäufer. Rentner auf Leihfahrrädern. Immer mehr Läden haben auf.

                                          Die Fahrradrückgabe. Alles okay. 110 Euro habe ich letztlich bezahlt. Ich kaufe noch ein Trikot. 12 Euro sind nicht viel. Hauptsache, es passt. Die meisten Radsachen sind in XXXXS. Der Werbeaufdruck ist eingepreist. Ich zeige meine Radwanderkarte. Auf unseren Karten sind nur Rennradstrecken. Guter Belag und wenig Verkehr. Nächste Woche sind die Mallorca Classic. 4 Tage Radrennen. Da wird man die Insel nicht wiedererkennen.
                                          Längst ist der Gründer Multimillionär. Er hat den Radsport nach Mallorca gebracht. Auf seine Empfehlung hin werden Straßen geteert. Weltmeister war er auch. Ab März beginnt die Hauptsaison. Dann sind so viele Teams vor Ort, dass Radfahren für Hobbyfahrer schwierig wird.


                                          Ich wandere zum Hotel. Schlüssel abgeben. Ein kurzes Schwätzchen mit dem Katalanen. Packen. Ich bin überrascht, wie lieb ich diese Insel gewonnen habe. Sicherlich, im Sommer wäre das hier nichts für mich. Aber die letzten Tage waren großartig. Wer hätte das gedacht. So kann man sich irren. Die Grenzen verschwimmen.


                                          Zuletzt geändert von Torres; 16.02.2015, 20:44.
                                          Oha.
                                          (Norddeutsche Panikattacke)

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