[SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

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  • Kuoika
    Erfahren
    • 23.08.2012
    • 471
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    • Meine Reisen

    #41
    AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

    25. August, Pausentag, Stáddátjåhkkå

    Heute bin ich schon ziemlich zeitig wach. Es ist ein wunderbarer sonniger Morgen und ich träume noch lange mit offenen Augen und offenem Zelt vor mich hin. Wir haben noch 3.5 Tage Zeit, bis wir in Sulitjelma in den Bus steigen wollen und leisten uns deshalb einfach einen Pausentag an diesem schönen Plätzchen.


    Perfekter Morgen.

    Während Efbomber sich und vor allem seinen Füßen einen kompletten Ruhetag gönnt, kann ich nicht ganz still sitzen und starte nach dem Frühstück einen Ausflug auf den Stáddátjåhkkå. Das Wetter für diesen kleinen Aussichtsberg ist ja bestens. Ich laufe einfach nach Süden den Berghang hoch, der eigentlich nie richtig steil oder geröllig wird, zumindest nicht auf meiner eingeschlagenen Route. Schon während des Aufstiegs habe ich eine schöne Aussicht über den den Sårjåsjaure und die umliegenden Berge. Noch vor Erreichen des Gipfels kann ich etwas von der beeindruckenden Eis- und Schneekappe des norwegischen Gletschers Blåmannsisen sehen.


    Die Konsul Perssons Stuga wird schnell kleiner.


    Wunderschöner Sårjåsjaure. Klick-Klack-Pano.


    Der Gletscher Blåmannsisen zeigt sich langsam.

    Nach einer guten Stunde erreiche ich auch schon den Gipfel auf 1305 m Höhe und habe beste Sicht in alle Richtungen, zum Miehttjevágge, über das Sulitelmamassiv, zum Blåmannsisen und über den westlichen Teil des Padjelantas.


    Das Miehttjevágge.


    Majestätisches Sulitelmamassiv.


    Sorjostjåhkkå und ein bisschen vom Blåmannsisen.


    Blick zum westlichen Padjelanta. Klick-klack-Pano.

    Ich bin hin und weg. Der Ausflug hat sich gelohnt!


    Weil´s mich freut.

    Ich mache eine ausgedehnte Fotopause und setzte mich später noch für ein paar Minuten in den Windschatten des Gipfels, bevor ich mich auf den Rückweg mache.


    Aussicht Richtung Stáddájåhkåhütten.

    Nach 2.5 Stunden bin ich schließlich wieder an unserem Lagerplatz. Ein paar Leute sind von den Staddajåhkåhütten gekommen, gehen aber nach ihren Pausen wieder zurück. Ich setzte mich mit einem Buch aus der Hütte (über die hiesige Fjällregion, schon mal neue Ideen sammeln…) und einer Tasse heißem Pudding in die Sonne. Fletzen, essen, schlafen.


    Abendstimmung am Sårjåsjaure.

    26. August, Sorjushytta

    Auch dieser Tag beginnt mit einem sonnigen, ruhigen Morgen und man kann sich kaum am Sårjåsjaure satt sehen. Der Norweger, der gestern noch zur Hütte kam, scheint schon über alle Berge zu sein. Er will heute noch bis nach Sulitjelma laufen. Wir gehen es da etwas ruhiger an. Kurz vor Mittag brechen wir auf. Bis zur Sorjushytta sind es laut Schild 10 km.



    Der Weg ist zunächst recht grün und bis zur schwedisch-norwegischen Grenze gibt es kaum noch Markierungen, so dass wir ab und zu auch mal den Pfad verlieren. Genauso schnell finden wir ihn aber meist auch wieder. Die Route ist ja zudem eigentlich durch See und Berge nicht wirklich zu verfehlen.






    Sorjostjåhkkå voraus.



    Kurz vor Streckenhälfte erreichen wir die Grenze, die neben dem gelben Grenzschild durch zwei große Steinmännchen markiert ist. Es hat sich außerdem jemand die Mühe gemacht, mit Steinen eine Linie zu ziehen, über die man dann schreiten kann. Der nächste offizielle Grenzstein liegt am Hammaren.


    Hej då Sverige, Hei Norge!

    Von nun an prangt in regelmäßigen Abstanden ein T an Steinen, die nun auch wieder mehr werden. Die Ts führen uns direkt zu einer Brücke über einen Gletscherbach. Man könnte wohl auch furten, wir nehmen aber trotzdem die Brücke, auch wenn sie etwas schwindelerregend ist. Außerdem kommt man der umliegenden Gletscherwelt so noch mal ein Stückchen näher.


    Lustige norwegische Brücke.

    Kurz darauf laufen wir wieder nah am Seeufer. Der See heißt mittlerweile Bajip Sorjosjávri und beherbergt hier ein kleines Insellabyrinth.



    Ich erspähe kurz darauf eine kleine Hütte und halte sie schon für die Sorjushytta. Dass man die Hütte nicht wirklich trockenen Fußes erreichen kann, macht dann doch etwas stutzig. Ein Blick auf die Karte zeigt schnell, dass das noch nicht die angepeilte DNT Hütte ist. Also geht es nach einer schönen Pause noch ein Stückchen weiter, unter anderem vorbei an einem einzelnen Skistock. Ob der zu dem Ski im Lullihavágge passt? Nach Passieren eines letzten Schneefeldes ist dann auch die richtige Sorjushytta zu sehen, malerisch gelegen unterhalb des Namensgebers Sorjostjåhkkå.




    Ankunft an der Sorjushytta.

    Von hier sind es übrigens 12.5 km bis zur Sårjåsjaurestugan. Ah ja... Zwei Däninnen haben schon einen Teil der Haupthütte bezogen und ermöglichen einen Hüttenrundgang, norwegische Hütten sind neu für uns. Viele Zeltplätze gibt es hier nicht wirklich, wir werden aber trotzdem unterhalb der Hütten fündig. Es ist mal wieder eine Punktlandung. Nach dem häuslichen Einrichten und einem Sprung in den kalten See fängt es an zu regnen. Es bleibt aber bei einem Schauer und später können wir wieder draußen sitzen und kochen.


    Camping is happiness.

    27. August, Ny-Sulitjelma

    Im Vergleich zu anderen Tourentagen sind wir heute doch schon recht zeitig auf den Beinen. Das Frühstück fällt bei mir recht üppig aus. So kurz vor Tourenende gilt für mein Proviant: alles muss raus. Für den nächsten Morgen hebe ich mir lediglich eine Portion Müsli und etwas Knäckebrot auf. Käse- und Salamiereste werden gnadenlos vernichtet. Für die letzten Höhenmeter schadet das sicherlich auch nicht.


    God morgon!


    Draußen schmeckt´s am besten.

    Wolken ziehen auf und nach den recht sonnigen letzten Tagen geht es heute bei eher grauem Wetter weiter. Nach dem Überqueren einer kleinen, noch neuen Brücke bei den Hütten beginnt ein längerer Anstieg, bei dem es noch einmal auf knapp über 1000 hm hoch geht. Es wird sehr karg und steinig.




    Letzter größerer Anstieg.


    Wehmütiger Blick zurück zur Sorjushytta.

    Und trotz der Unwirtlichkeit hat es seinen Reiz. Es erinnert mich ein wenig an Dossagevággi und Dossagemvággi zwischen Katterjåkk und Unna Allakas, wo ich Geröll lieben gelernt habe.


    Im Reich der Steine.

    Wir passieren einige kleinere Schneefelder und wandern an kleinen Gletscherfetzen unterhalb des Sorjostjåhkkå vorbei. Laut Literatur und Karte laufen wir dabei auch über einen kleinen Gletscherrest. Wir bekommen davon aber nicht wirklich etwas mit. Kurz vor dem Bajep Sårjåsjávrásj ist der höchste Punkt der Etappe geschafft. Trotz des geringen Kontrastes zwischen Himmel, Schnee und Eis, können wir noch mal etwas vom Blåmannsisen sehen. Man kann nur ansatzweise erahnen, welch beeindruckender Riese dahinter steckt.


    Suchbild: Blåmannsisen.


    Am Bajep Sårjåsjávrásj.



    Von nun geht es immer wieder etwas auf und ab, bis wir ziemlich steil zum Storelvvatnan absteigen und endgültig den Fuß des Sorjostjåhkkå verlassen.


    Storelvvatnan.

    Danach folgt wieder eine kleiner Aufstieg, dann wieder eine kleiner Abstieg usw. Ich wandere gerne jojo! Und dann, dann wird es wieder grüner und auf einmal stehen wir an einer fahrtauglichen Schotterpiste, an deren Ende ein paar Autos geparkt sind. Da sind wir also wieder in der Zivilisation angelangt.


    Die Zivilisation naht. Ny-Sulitjelma.

    Fast... Bis zur Hütte Ny-Sulitjelma muss man nicht der Straße folgen und kann weiter am Hang auf einem Pfad wandern. Je näher wir der Hütte kommen, umso mehr Blaubeeren wachsen am Wegesrand und ich kann nicht widerstehen, mir direkt meine Tasse voll zu pflücken. Dieses Mal sind es auch keine Rauschbeeren, ich erinnere mich noch genau an den Stengel, der nicht verholzt war, die kräftige Farbe der Früchte, die dann auch meine Hände sehr schnell angenommen hat und denn noch besseren Geschmack. Das gibt später noch lecker Beerenkompott!


    Hm... Blåbäääär.

    Wir zelten etwas unterhalb der Hütte, mehr oder weniger genau an der Straße, über die immer wieder Autos hoch (zu einer Wasserkraftanlage?) oder runter fahren. Meist wird uns fröhlich gewunken.

    28. August, Sulitjelma


    Letzter Morgen im Fjell.

    Unsere Tour nähert sich dem Ende und heute laufen wir nur noch ein paar km runter in das alte Bergbaudorf Sulitjelma.
    Die Schotterpiste ist ganz schön steil, immer wieder schlängeln sich Autos nach oben, auch mal schweres Baugerät, so dass wir zusehen müssen, Land zu gewinnen. Ich wähle diesen Abstieg zum knie-unfreundlichsten der Tour.


    Eine schöne Tour geht zu Ende.


    Na dann...

    Die Häuser werden immer größer und nach einer Stunde kommen wir im Dorf an. Im Café neben der Kirche gönnen wir uns erst mal ein schönes Stück Torte. Am Nachmittag geht es mit dem Bus nach Fauske, wo wir noch eine Nacht bleiben, bevor es dann direkt von dort mit dem Zug oder über Bodø mit dem Flieger wieder nachhause geht.


    Kuuuuchen.


    Sulitjelma.




    Bodø






    Schön war es. Jeder Tourenabschnitt war besonders, egal ob nun innerhalb oder außerhalb bestimmter Parkgrenzen, egal ob die Etappe eher jojo, steinig, grün oder eben war, egal ob wir jemanden "getroffen" haben oder tageweise alleine unterwegs waren. Gerne wieder. Laponia ist wunderbar.
    Zuletzt geändert von Kuoika; 05.02.2015, 21:39.

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    • Mortias
      Fuchs
      • 10.06.2004
      • 1200
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      #42
      AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

      Zitat von maahinen Beitrag anzeigen
      Sie schmecken nur wässriger und fader und sind deshalb nicht so beliebt.
      OT: Was heisst hier fader? Ich liebe Rauschbeeren. Ich esse die sogar noch lieber viel als die normalen Blaubeeren.

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      • Mortias
        Fuchs
        • 10.06.2004
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        #43
        AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

        Ohh jetzt seh ich jetzt erst, dass ich meine letzten Kommentar gepostet habe bevor ich gesehen habe, dass Du Deinen Bericht fertig geschrieben hast. Wirklich nochmal ein toller Abschluss. Besonders die Bidler von Sulitelma haben mir sehr gefallen. Und danke auch für diesen schönen Bericht. Schade nur, dass er jetzt schon zu Ende ist. Jetzt hoffe ich mal, dass der Efbomber noch ein paar nette Ergänzungen liefert.

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        • Kuoika
          Erfahren
          • 23.08.2012
          • 471
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          #44
          AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

          Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
          Wirklich nochmal ein toller Abschluss. Besonders die Bidler von Sulitelma haben mir sehr gefallen. Und danke auch für diesen schönen Bericht. Schade nur, dass er jetzt schon zu Ende ist. Jetzt hoffe ich mal, dass der Efbomber noch ein paar nette Ergänzungen liefert.
          Au ja, das war wirklich ein schöner Abschluss, die Region um den Sulitelma/Sulitjelma/Sulidälbmá werde ich mir irgendwann noch mal genauer anschauen.

          Der Bericht wird ja eventuell noch ergänzt, hat also ein offenes Ende.

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          • efbomber
            Erfahren
            • 23.08.2010
            • 228
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            #45
            AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

            Besser spät als nie hau ich jetzt auch noch ein Dankeschön für diesen tollen Bericht raus! Leider konnte ich immer nur zwischen irgendwelchen anderen Dingen Abschnitt für Abschnitt lesen. Sobald man anfängt, will man auch weiterschmöckern. Nicht zuletzt, weil man ja selbst beteiligt war. Tat richtig gut in der hektischen Zeit sich hin und wieder an diese wundervolle Tour zu erinnern und einen gewissen Grad an Entspannung zurückzugewinnen!

            Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
            Jetzt hoffe ich mal, dass der Efbomber noch ein paar nette Ergänzungen liefert.
            Zitat von Kuoika Beitrag anzeigen
            Der Bericht wird ja eventuell noch ergänzt, hat also ein offenes Ende.
            Nicht nur eventuell, ich liefere definitiv noch meine Sicht der Dinge ab. Ich kann nicht versprechen, dass ich das so schnell über die Bühne bekomme, wie Kuoika, aber wenn ich erst einmal den Anfang gemacht habe, dann wird es auch zu Ende gebracht
            Lieben Gruß
            David

            PS: für deine Fotos! Da kann ich leider nicht mithalten

            Kommentar


            • efbomber
              Erfahren
              • 23.08.2010
              • 228
              • Privat

              • Meine Reisen

              #46
              AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

              Na dann wollen wir auch mal etwas zu diesem herrlichen Bericht beitragen!

              Da ich bereits im April eine Tour entlang des Bohusleden geplant hatte, aber die Deutsche Bahn mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, wurde es allerhöchste Zeit loszukommen. Irgendwie sind Kuoika und ich übers Forum durch unsere Berichte und einige PNs auf die Idee gekommen eine Tour gemeinsam zu starten. Was etliche Ideen und Planungsstunden vorab in Anspruch genommen hatte, zahlte sich dann Anfang August aus. Es ging nach über einem Jahr endlich wieder nach Lappland! Die Vorfreude war gigantisch!

              Die Anreise - 09.08.2014
              Wie immer ging es mit der Bahn nach Stockholm. Leider nicht so ruhig und gelassen, wie sonst. Die Züge waren recht überfüllt und bereits von Hamm nach Hamburg durfte ich im Gang des Regionalzugs sitzen. Ständig sind irgendwelche Leute an mir vorbeigelaufen, auf der Suche nach Sitzplätzen. Natürlich ohne Erfolg. Zum Glück bin ich recht erholt gestartet und nicht müde. Die knapp 3 Stunden ziehen sich gewaltig, aber immerhin bleibt es unterhaltsam. Polizeibeamte drängeln sich durch die Abteile und lassen jeden dunkelhäutigen Passagier seine Papiere vorzeigen. Genau in meinem Wagon werden sie auch noch fündig und holen 5 Afghanen, angeblich illegal in Deutschland, aus einem Abteil. Keiner wiedersetzt sich, keiner versteht, was die Beamten wollen. Sie folgen mit gesenkten Köpfen und verlassen den Zug am nächsten Halt. Das Abteil wurde blitzschnell von einigen Passagieren besetzt, so dass es auf dem Gang ein wenig leerer wurde und ich meine Beine ausstrecken kann.
              10 Minuten später kommt eine Mutter mit einem ca. 3 bis 4 Jahre alten Kind ins Abteil, legt eine Decke aus und setzt sich ebenfalls im Gang hin. Der kleine Junge fängt an zu husten, beruhigt sich wieder. Immer im Wechsel. Auf einmal kotzt er drauf los... keine 3 Meter von mir entfernt. Die Mutter steht auf, sagt etwas in einer Sprache, die ich nicht verstehe oder kenne, packt ihren Filius am Arm, die Decke vom Boden und verlässt den Wagon wieder. Die Kotze bleibt, wo sie vom Jungen hingebrochen wurde und es fängt an zu stinken. Fängt ja gut an, denke ich mir.

              In Hamburg komme ich zwar mit Verspätung an, aber alles noch im grünen Bereich. Der nächste Zug wird genauso voll. Ich habe keine Sitzplatzreservierung, aber mehr Glück als Verstand. Eine junge Dame lässt mich neben sich sitzen, da sie beide Plätze reserviert hat, ihre Tochter aber erst in Lübeck dazusteigt. Mein Glück hält sogar noch an, da keine Person sich zu uns in den Vierer setzt, obwohl der Platz wohl reserviert war.
              Die Überfahrt mit der Fähre verlief ruhig und es ist nichts Aufsehenerregendes passiert.


              Passagiere an Deck.

              In Rødby steigt eine junge Dänin ein und setzt sich bei uns dazu. Ihr Neugeborenes hat hunger und schreit das Abteil zusammen, viele schauen sich verärgert um. Als der Hunger aber gestillt wurde, bringt ein richtig episches Bäuerchen alle Fahrgäste zum Lachen.

              In Stockholm angekommen haben Kuoika und ich uns sehr schnell gefunden und noch flott Süßes und Softdrinks für den Rest der Reise eingekauft. Im Zug wurde sofort die Karte ausgepackt und weitergeplant und geträumt. Auch der Nachtzug wird erreicht und wir beziehen unser Quartier. Die Gesellschaft ist klasse und es stellt sich eigentlich keine Müdigkeit ein. Aber irgendwann legen wir uns hin, der Lärm im anderen Abteil hält mich weniger wach als meine eigenen Gedanken und die Vorfreude, dass es bald losgehen kann! Ich werde zwischendurch häufig wach und wundere mich jedes Mal, dass der Zug nicht in Bewegung ist.

              Nach der Anfahrt die ersten Höhenmeter - 10.08.2014

              Ganz ohne zu hetzen geht es am Morgen weiter. Der Zug hat eine gute Stunde Verspätung, was ja bereits Kuoika erwähnt hat.


              Zwischenstop in Boden

              Wir haben noch genug Zeit ein Frühstück zusammen mit Svenja und Hagen, dem deutschen Päärchen, dass den Kungsleden laufen will, einzunehmen. Joghurtdrink und Käse-Schinken-Baguette gibt es für mich. Ich fühl mich total vollgefressen und von einigen Sabbelbacken im Abteil peinlich berührt. Es sind einige Deutsche dabei und irgendwie schäme ich mich fremd, als ich Brocken einiger Unterhaltungen unfreiwillig lauschen muss. Vielleicht sind mir aber die Menschenmassen der letzten Tage einfach zu viel geworden.
              Kurz vor 9 kommen wir in Murjek an.



              Ich bin das erste Mal hier und irgendwie gefällt mir das kleine Kaff! Ein leichter Wild-West-Charme hängt in der Luft. Nicht nur wegen der Bauweise der Häuser, auch weil es irgendwie verlassen wirkt.


              Leerstehendes Haus in Murjek, direkt am Bahnhof gelegen

              Keiner weis, was los ist, alle laufen ziellos durch die Gegend und warten auf einen Bus, der auch bald kommt. Leider ist das Gefährt nicht zu gebrauchen und die Hydraulik für die Ladefächer funktioniert nicht, genausowenig wie die Kühlung für den Motor. Hilfe durchs Smartphone, Tritte in den Motorraum werden anscheinend empfohlen, helfen nicht. Die Show ist zwar unterhaltsam, aber irgendwie wollen alle weiter und im Hinterkopf macht sich der Gedanke bei mir breit, dass wir heute noch starten wollten. Wir trudeln um die Bahnstation und machen ein paar Bilder.


              Stiefmütterchen gibt es auch hier oben


              Der Wegweiser verspricht viele Attraktionen, einige leider mehrere Kilometer weit entfernt

              Immerhin kommen wir mit einem weiteren Paar ins Gespräch, ebenfalls aus Deutschland. Alina und Sascha. Sie wollen am Kungsleden starten und dann in den Sarek wechseln. Wir unterhalten uns im Warteraum und verputzen noch einige Kleinigkeiten, auf die wir während der Tour verzichten werden. Plötzlich stehen die Leute auf, draußen ist ein Brummen zu vernehmen. Und tatsächlich kommt ein nagelneuer Bus angefahren. Heute dürfen alle kostenlos nach Kvikkjokk! Alle bis auf diejenigen, die ihr Ticket schon vorab gebucht haben, so wie wir

              Kurz nach 14 Uhr kommen wir endlich an! Während der Anfahrt hat es noch geregnet, aber als wir in Kvikkjokk aus dem Bus steigen, ist es trocken. Wir besuchen noch kurz die Fjällstation für einen letzten Toilettengang und um nach Björn zu fragen, dem Bootsmann. Dieser sei unterwegs, sagt man uns. Hagen und Svenja bestellen sich noch das Mittagessen, ich glaube es waren Burger. Draußen wiegen wir noch unsere Rucksäcke. Ich bin bei 29kg und das erste Mal unter 30kg beim Start einer Tour! Ich klopfe mir gedanklich selbst auf die Schulter zu dieser Leistung. Hier verabschieden wir uns auch von Alina und Sascha, aber nicht bevor Mail- und Blogadresse ausgetauscht sind.

              Am Bootsanleger warten wir darauf, dass Björn vom Padjelanta zurückkommt und uns übersetzen kann.


              Uns begrüßt sogar stellenweise die Sonne!

              Die Zeit nutzen wir um ein paar Fotos zu machen und sich nochmals zu Hause zu melden, was bei mir nicht wirklich gelingen will. Ich bekomme einfach keine SMS durch. Naja, nicht schlimm, die letzte SMS besagte ja von meiner Ma, dass wir uns melden sollten, wenn wir da sind. Zu diesem Zeitpunkt assoziierte mein Gehirn ein "wieder" dazu, was selbstverständlich zum Irrtum führte, dass ich mich erst nach der Tour wieder melden sollte.

              Irgendwann kam dann auch Björn mit einer Fuhre von Leuten, die er bei uns abgesetzt hat. Für 50 schlappe SEK gab es dann auch endlich unsere langersehnte Überfahrt. Der Wasserstand war so niedrig, dass wir das Gewicht im Boot verteilen mussten und eine größere Sandbank umfahren werden konnte. Kuoika und ich knipsen ein paar Fotos und ich genieße es meine Hand ab und an ins kühle Nass zu tauchen. Einfach nur herrlich.


              Wie immer starte ich frisch frisiert auf eine Tour


              Die Sandbank will umfahren werden


              Blick Richtung Tarradalen und Tarrekaise


              Gleich endet die nur wenige Minuten dauernde Überfahrt. Der Gamájåhkå führt nur wenig Wasser.

              Am anderen Ufer angekommen gibt Björn noch ein paar Tips mit auf den Weg und wir gehen endlich los! Auf den ersten Schritten fange ich langsam an zu realisieren, dass ab jetzt nichts organisatorisches mehr im Weg steht. Jetzt kommt es nur noch auf uns selbst an für die nächsten 18 Tage!


              Hier gehts lang!

              Der Anstieg zum Prinskullen erweist sich in mehreren Punkten als unangenehm für mich. Es ist relativ warm und schwül im Wald, was bei mir sofort zu Schweissausbrüchen führt. Es gibt am Anfang noch die Möglichkeit Wasser von einer Quelle auf Björns Grundstück mitzunehmen oder auf dem Pfad selbst, aber der Rinnsaal war fast trocken. Somit hatte ich für ca. 500 Höhenmeter einen Liter zur Verfügung. Für mich leider viel zu wenig, aber am Anfang steckt man sowas auch noch locker weg!


              Sturmschäden entlang des Pfades. Da werden Erinnerungen an 2012 wach. Damals ohne Pfad zum Umgehen.



              Wir plackern uns den Pfad immer weiter nach oben, es ist teilweise recht steil, was dazu führt, dass meine Fersen immer stärker an den Schuhen reiben. Ich habe mir kurz vor Tourenbeginn neue Merinowollsocken von Icebreaker gekauft. Gegen Ende des Anstiegs zwickt es schon ganz schön an der Hacke. Bei einer Pause muss ich mein Shirt bereits auswringen, mir läufts aus allen Poren. Blaubeeren und kleine Snacks halten mich bei Laune. Irgendwann lasse ich Kuoika vorlaufen und kraxel in einem langsameren Tempo hinterher. Blicke zurück werden anfangs noch vom dichten Wald begrenzt, aber je höher man kommt, desto mehr geben die Bäume preis. Das spornt natürlich an schneller voran zu kommen. Ich gebe auf die letzten Meter Gas und erreiche kurz nach Kuoika den Prinskullen. Keine 2 Stunden haben wir bis hierhin benötigt. Die Pause dort oben tut in so vielerlei Hinsicht gut! Der Weitblick ist atemberaubend, trotz des etwas diesigen Wetters. Ich bin jetzt auch komplett mit dem Kopf im Fjäll angekommen. Das Wasser rationiere ich mir ein, wir müssen noch ein wenig weiter und einen der kleinen Seen finden. Der Versuch das T-Shirt, was übrigens auch vor dieser Tour bestellt wurde, ebenfalls Merinowolle, zu trocknen, schlug natürlich fehl. Während des Aufenthaltes am Prinskullen wird mir frisch um den Kopf und ich suche meine Mütze im Rucksack. Leider finde ich diese nicht direkt und harre leicht fröstelnd aus. Ich will nicht vor dem Lagerplatz meinen richtig toll gepackten Rucksack durchpflügen wie eine Wildsau.


              Kuoika bei der Fotopause


              Traumhaft schöner Ausblick!

              Als wir nach der Pause weiterlaufen kommen wir bald an einem Rentierzaun an. Ein Rest vom Skelett; Geweih, Schädel und ein Teil vom Rückgrat hängen im Zaun fest.


              Tja, richtig blöd gelaufen fürs Rentier.


              Die Sonne bricht für uns durch die dichte Wolkendecke

              Wir wandern durch das sehr nasse Vállevárre dem Vallespiken entgegen. Irgendwo hier müssten kleine Seen sein, die wir aber aus der Ferne einfach nicht sehen können. Der Durst nervt doch schon arg und langsam merke ich, wie sich meine Batterien von der langen Anfahrt auspowern.


              Wir halten uns an die Renwächterhütte, die alsbald in unserem Blickfeld auftaucht

              Als ich mich umdrehe, muss ich kurz staunend ein Foto machen. Die Fernsicht ist genial. Ganz weit hinten kann man Rittak und Tjaktjajaurre erkennen.



              Irgendwann erblicken wir dann endlich einen kleinen Tümpel, der zur Hälfte ausgetrocknet ist. Ich freue mich diebisch und ich hole mir sofort etwas zu trinken. Das Wasser schmeckt irgendwie abgestanden, ja fast schon leicht säuerlich im Nachgeschmack. Kein Wunder, wo auch überall auf den Steinen drumrum Rentierhaare liegen. Die saufen hier nicht nur, die gehen hier auch baden! Ich trinke es ungefiltert und ungekocht, es blieb ohne Folgen für mich! Im Wasser sind aber auch haufenweise rote Flöhe oder Larven, oder was auch immer das für Viecher sind. Fürs Abendessen unbedenklich, da abgekocht, werfe ich aber für die Nacht doch lieber ne Chlortablette aus Budeswehrbestand in die Trinkflasche. Schwimmbad lässt grüßen! :-)


              Unser erstes Lager! Fantastisch!

              Nachdem die Zelte aufgebaut sind, machen wir uns auch ans Kochen. Für mich gab es auf dieser Tour abends nur Nudeln. Das ist aber okay, ich liebe Nudeln! Dieses Mal habe ich Buchstabennudeln eingepackt (richtig geiles Packmaß). 250g Packungen, die mir für jeweils 2 Tage ausreichten. Kosten 39 Cent und gibt es in diversen Discountern. Der Topf wurde Abend für Abend randvoll und natürlich auch brav geleert! Wir sitzen noch relativ lange draußen und beobachten den Mond über den Hügeln und die Rentiere um uns herum. Ein richtig schöner Start für diese Tour!
              Meine Mütze suche ich übrigens auch noch. Vergebens! Ich muss sie nach meiner gescheiterten Tour im April wohl noch verwendet und anschließend zu Hause irgendwo verstaut haben. Ganz schön shitte so ohne Mütze...


              Die Wolken geben den Vallespiken frei


              Abendliche Idylle mit Vollmond


              Die Rentiere leisten uns hier stetig Gesellschaft

              Im Zelt verarzte ich noch meine wundgeschäuerten Fersen und lege mich zufrieden schlafen. Es ist so schön still hier, nichtmal ein Windchen weht. Ich schlafe wie ein König in meinem neuen Daunenschlafsack!

              So! Der Anfang ist getan, jetzt wird es hier alle paar Tage weitergehen.
              Zuletzt geändert von efbomber; 13.02.2015, 15:52. Grund: größere Fotos implementiert

              Kommentar


              • Mortias
                Fuchs
                • 10.06.2004
                • 1200
                • Privat

                • Meine Reisen

                #47
                AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                Ahh wie cool, jetzt kommt also noch Dein Beitrag. Und so wie es ausschaut wird es nicht nur eine kurze Ergänzung, sondern ein richtiger Reisebericht in Deinem gewohnt heiter-lustigem Schreibstil, sehr schön. Das Einzige was ich mir noch wünschen würde, wäre eine größere Darstellung Deiner Bilder (sofern es denn möglich ist).

                Kommentar


                • efbomber
                  Erfahren
                  • 23.08.2010
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                  #48
                  AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                  Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                  Ahh wie cool, jetzt kommt also noch Dein Beitrag. Und so wie es ausschaut wird es nicht nur eine kurze Ergänzung, sondern ein richtiger Reisebericht in Deinem gewohnt heiter-lustigem Schreibstil, sehr schön. Das Einzige was ich mir noch wünschen würde, wäre eine größere Darstellung Deiner Bilder (sofern es denn möglich ist).

                  Es war eigentlich von Anfang an geplant, dass wir beide den Reisebericht zusammen verfassen. Also immer im Wechsel Kuoika Tag 1, dann ich usw. Aus diversen Gründen konnte ich zeitlich einfach nichts für den Bericht einplanen, so dass ich erst jetzt anfange. Mittendrin mit Tag 1 aus meiner Sicht zu starten macht ja auch mal überhaupt keinen Sinn. So ist wenigstens jeder Bericht in sich geschlossen zusammenhängend.

                  Die Bilddateien habe ich dann auch nochmals überarbeitet. Wenn schon, dann einheitlich! Und nu schreibe ich mal die Fortsetzung.

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                  • Kuoika
                    Erfahren
                    • 23.08.2012
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                    • Meine Reisen

                    #49
                    AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                    Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                    Es war eigentlich von Anfang an geplant, dass wir beide den Reisebericht zusammen verfassen. Also immer im Wechsel Kuoika Tag 1, dann ich usw. Aus diversen Gründen konnte ich zeitlich einfach nichts für den Bericht einplanen, so dass ich erst jetzt anfange.
                    Und ich konnte nicht abwarten. Geht in drei Wochen auf Wintertour.

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                    • efbomber
                      Erfahren
                      • 23.08.2010
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                      #50
                      AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                      Zitat von Kuoika Beitrag anzeigen
                      Und ich konnte nicht abwarten. Geht in drei Wochen auf Wintertour.
                      Da werd ich neidisch!!!
                      Vor allem, weil ich dieses WE nach Winterberg wollte. Leider bin ich mal wieder krank und bleibe mit nem halben Keuchhusten lieber zu Hause. Dabei ist das Wetter richtig geil

                      Hab ich wenigstens Zeit für den Bericht.

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                      • efbomber
                        Erfahren
                        • 23.08.2010
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                        #51
                        AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                        Durch das Vállevágge - 11.08.2014

                        Ich werde früh wach, kurz vor 7. Es wirkt schon recht hell durch die Zeltbahn und ein kurzer Blick ins Freie deutet darauf, dass der Tag richtig schön wird. Hellblauer Himmel, wenn auch leicht frisch. So kann es von mir aus bleiben. Kuoika ist bereits vor mir aus dem Zelt und legt Wanderhose und Stiefel vom Vortag zum Trocknen aus.



                        Ein erster Blick Richtung Änok zeigt, dass es die Feuchtigkeit noch nicht bis zu uns geschafft hat. Das komplette Tal liegt unter den Wolken versteckt.



                        Zuerst wird aber mal gefrühstückt. Ich habe mein Pferdemüsli diesmal versucht aufzuwerten. Wie sonst auch ist der Vanillinzucker dabei, aber ich habe 4 Beutel (jeweils für 2 Tage gedacht, danke für den Tip Mortias ) mit Kakaopulver vermengt. Einfach damit etwas Abwechslung auf der Tour herrscht. Natürlich erwische ich auch direkt einen mit Kakao gepimpten Beutel, Glücksgriff! Das Milchpulver rühre ich im chlordurchsetzten Wasser an, was in der Nacht nahezu unangetastet blieb. Das Ergebnis ist geschmacklich gesehen... nun, nennen wir es mal "interessant".
                        Mittlerweile nehmen uns auch die Wolken wieder ein, so dass wir uns mit dem Aufbruch ein wenig Zeit lassen. Den Vallespiken wollen wir jetzt doch nicht mehr erklimmen, wie wir gestern Abend noch als Option offen gelassen hatten. Die Strecke bis zum Hábres ist auch schon so lang genug. Kurz vor elf packen wir dann langsam zusammen, aber ich streife noch kurz um den kleinen See, auf der Suche nach Moltebeeren. Der Geschmack vom Chlor-Kakao-Müsli muss aus meinem Mund! Das Zähneputzen alleine hilft da nicht viel. Und dann finde ich etwas richtig leckeres, wenn auch keine Moltebeere!


                        Der Birkenpilz mundet erstklassig!

                        Ich liebe Waldpilze und bin in Deutschland auch zur Saison immer auf der Suche. Hier oben finden sich diese kleinen Leckerbissen recht häufig. Ich kann nicht wiederstehen und verzehre ihn roh. Leicht frischer, nussiger Geschmack. Im nassen Grün um uns herum gibt es aber zahlreiche andere Pflanzen zu bewundern.



                        Der Himmel wird wieder freier als wir die ersten Meter hinter uns haben. 11:40 und irgendwie kommt es mir vor, als ob wir noch nichts geschafft haben.


                        Der Vallespiken kurz hinter unserem ersten Nachtlager

                        Ich bin heilfroh, dass ich mir heute das zweite Paar Socken zusätzlich angezogen habe. Die Trittsicherheit ist gleich besser und es gibt kein Scheuern mehr im Schuh. Die Blasenpflaster, die ich übrigens das erste Mal auf einer Tour benötigt habe, werden schon fürs übrige Wohlbefinden sorgen. Die ersten Kilometer sind richtig einfach zu gehen. Der Anstieg sehr seicht, das Areal weiträumig, die Aussicht genial. Endlich passieren wir einen kleinen Strom, so dass ich das Chlorwasser in die ansonsten recht trockene Pampa schütten kann. Tut mir zwar leid für die Umwelt, aber besser die als ich!



                        Das Wasser schmeckt hier richtig gut. Man merkt weder den abgestandenen Geschmack der Rentierärsche noch ein Anzeichen der kleinen roten Lebewesen. Neben dem frischen Wasser finden sich nun auch die ersten Moltebeeren! Kuoika hatte anfangs auf welche gehofft und ich sie ihr großmundig im Zug versprochen, da wir ja recht abseits der Hauptrouten unterwegs sein würden. Da hab ich Schwein gehabt, dass ich mich nicht geirrt habe. Wir machen ein paar Fotos von den orange-goldfarbenen Früchten und mampfen einige Hände voll weg.


                        Motive zum Knipsen gibt es reichlich!

                        Wir trödeln ein wenig rum und so kommen wir optisch kaum weiter, aber dieses Lappland ist auch nicht zum Durchhetzen geeignet. Gerade die ersten Tage sind richtig klasse, weil noch die Vorfreude so gewaltig ist. Man kommt ständig ins Staunen und Genießen. Das alte Ich von daheim lasse ich Schritt für Schritt zurück.


                        Trockenheit und Nässe im Wechsel


                        Das erste Mal Farne auf dieser Tour.


                        Grashüpfer?

                        Nach der ersten Stunde gibt der Blick zurück den See frei, an dem wir gelagert haben. Ist ja trotz Moltebeerenpause und Trödelei schon ein Stückchen bewältigt. Der Canyon wirkt gigantisch, obwohl er garnicht mal so groß ist.


                        Links im Bild der kleine See, unser erster Lagerplatz

                        Der heutige Tag bringt ein Wechselspiel von Wolken und Sonne mit sich. Ich freue mich bereits auf den ersten Strom, der sich vom Vallespiken ins Vállebäcken hinabschlängelt um frisches Wasser aufzutanken. Leider ist es so trocken und ungünstig gelegen, dass lediglich ein ganz kleiner Rinnsaal unterhalb eines Schneefeldes langfließt. Hier gibts also nichts zu holen, dann halt später!


                        Rentiere kühlen sich oberhalb unserer Route auf dem ersten Schneefeld unserer Tour ab

                        Ich bin richtig froh über das Wetter, wenn mir auch momentan ein wenig warm ist. Lieber so als strömender Regen!


                        Schnee im Sommer bringt mich immer zum Grinsen


                        In der Ferne schimmert der Sakka bei Kvikkjokk im Sonnenschein

                        Wir laufen weiter ins Vállevágge, was zunehmend enger und steiler wird. Aber immer noch alles kein Problem und ganz gemütlich zu laufen. Obwohl es noch eine Weile im Sonnenschein weiter geht, verdichtet sich bald die Wolkendecke und es wird merklich frischer. Mir fehlt meine Mütze...
                        Südlich von dem Gipfel 1442 halten wir uns talabwärts. Langsam wird das Wasser knapp und ich will definitiv runter zum Fluss und etwas trinken.


                        Ein altes Maßband wird zum Kunstobjekt

                        Ein gutes Drittel der heutigen Etappe ist bereits geschafft! Tm Bachbett angekommen wird zuerst getrunken und ein Päuschen eingelegt. Das gesamte Areal ist jetzt steinig bis geröllig und man kommt nun automatisch etwas langsamer voran. Zum Glück ist es trocken!


                        Unterwegs am Fluss nach mehr als der Hälfte der Tagesetappe

                        Das Tal und seine Beschaffenheit gefallen mir sehr. Vor allem, weil wir das für uns alleine haben. Doch kaum finde ich gefallen am Gedanken des Alleinwanderns, werde ich eines besseren belehrt. Uns kommen mehrere bunte Punkte entgegen. Gleich eine ganze Gruppe! Das ist Grund genug eine Pause einzulegen und uns zu ihnen weiter oben im Hang zu gesellen, als wir auf gleicher Höhe sind. Kuoika kann mit ihrem schwedisch glänzen, wohingegen ich mich in anteilsreichem Schweigen hüllen muss. Die Kurzfassung bekomme ich später mitgeteilt. Irgendwie lustig so viele Leute auf einem Haufen hier draußen zu treffen. Da mir meine Eltern nicht glauben, dass man hier meistens nie ganz alleine ist, bitte ich auf englisch um ein Foto, welches mir nicht verwehrt bleibt. Das ist mir eines der liebsten Fotos dieser Tour geworden, fragt mich aber bloß nicht warum!


                        happy swedish people

                        Nach der Pause versuchen wir das Tempo ein wenig anzuziehen, es ist immerhin schon 16 Uhr durch und wir haben noch ein gutes Stück vor uns. Die kleine grüne Insel inmitten dieser Steinkluft schreit geradezu danach das Zelt aufzuschlagen. Wir ignorieren die Schreie und kraxeln weiter, denn ein Blick zurück lässt nichts Gutes erahnen.


                        Ist da etwa Regen im Anmarsch? Der Wetterbericht vor Tourenstart war jedenfalls recht pessimistisch.

                        Die kleine Wandergruppe sind übrigens nicht die einzigen, die wir noch treffen. Noch zwei weitere Paare kommen uns entgegen. Ich empfinde beinahe Mitleid, es sieht langsam wirklich nach Regen aus und die haben noch das gesamte Tal vor sich. Mittlerweile haben wir auch schon die Jacken ausgepackt. Es wird frischer und windiger, Lapplandfeeling kommt auf!


                        Zeit für Fotos ist immer!

                        Kurz vor der Passhöhe auf über 1100m ist es 18 Uhr und das Tagesziel nun nicht mehr so weit. Ich bin auf den Blick hinter der Anhöhe gespannt und freue mich insgeheim schon auf meine Portion Nudeln! Bei jedem Schritt denke ich an eine andere Kombination von Nudelgericht. Der zweite Tag und ich bin schon im Fresswahnsinn, wie soll ich da denn zum Schluss noch einen draufsetzen? Rentiere jagen und direkt was rausbeissen?
                        Aber diese Gedanken weichen blitzartig als ich meinen Kopf hebe und bemerke, dass wir die Anhöhe erreicht haben. Ich bleibe stehen und komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Diese grandiose Aussicht nimmt meine volle Konzentration in Anspruch. Vergessen ist der Hunger, vergessen die leicht schmerzenden Fersen. Ich lege den Rucksack ab und Kuoika und ich kosten diesen Moment richtig aus.


                        Ruonas, Tjuollda und Tjuoldavágge im Sonnen-Wolken-Mix

                        Es tut unglaublich gut diese Weite vor sich zu haben. Im Vergleich zum klaustrophobisch anmutenden Vállevágge (völliger Schwachsinn, ist ja total weitläufig und breit, kam mir aber im Vergleich dazu so vor) ist diese Aussicht eine wahre Wohltat.


                        Erstmal gucken!


                        Tjuollda im Sonnenschein

                        Irgendwann packen wirs und machen uns auf; die letzten Meter warten auf uns. Das wird jetzt nicht mehr viel, es geht lediglich 150 Höhenmeter abwärts zum See am Hábres, der in etwa auf 960m liegt. Auf dieser Seite wirkt es noch sehr freundlich, die Wolken im Rücken verschwinden bald aus unserem Blick. Ich knipse immer mal wieder Kleinigkeiten, die mich fast genauso faszinieren wie die Panoramen.


                        Giftgrünes Moos

                        Beim Abstieg habe ich eine weitere Premiere vor mir. Es raschelt im Geröll zu meiner Linken. Ich halte an, weil ich meine ein leises Fiepen gehört zu haben. Das Warten wird belohnt! Kurz erblicke ich eine lustige, schwarze Schnauze und zwei kleine, schwarze Knopfaugen zwischen zwei Steinen, die mich zurück anstarren. Mein erster lebender Lemming bleibt aber nicht lange und macht sich flott aus dem Staub. Kein Foto, aber was solls! Ich bin richtig glücklich über diese Begegnung. Bislang habe ich auf jeder Tour was neues sehen dürfen, was die Fauna angeht. Kuoika läuft ein wenig vor, da sie endlich das Lagerleben genießen will. Ich verweile noch kurz, aber als ich die Wolken sehe, die sich über dem Tjuoldavágge tummeln, eile ich auch die letzten Meter zum See hinab.


                        Dunkle Wolken im Anmarsch

                        Gegen halb 8 Abends steht das Zelt und ich erkunde nur noch kurz die nahe Umgebung nach geeigneten stillen Örtchen. Wir haben nämlich Zeltnachbarn. Ein älteres schwedisches Paar.


                        Unser zweiter Zeltplatz

                        Während ich im Zelt verschwinde um das Abendessen vorzubereiten, gehen die Schweden eine Runde baden. Der Regen setzt ein, bevor wir draußen anfangen können zu kochen. Schade, kein gemeinsames Abendessen heute. Es gibt wie immer Nudeln, dazu einen heißen Tee mit Zucker. Earl Grey mag ich besonders gerne auf Tour!
                        Vor dem Schlafengehen stelle ich erschrocken fest, dass die Blasenpflaster alles nur noch schlimmer gemacht haben. Die Haut hat sich gelöst und klebt wie angelötet an diesen Scheißdingern! Ich lasse alles so und versuche nicht drüber nachzudenken. Der Regen plätschert leise vor sich hin und ich dämmere langsam aber zufrieden ein.
                        Zuletzt geändert von efbomber; 14.02.2015, 13:42. Grund: Datum korrigiert

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                        • Mika Hautamaeki
                          Alter Hase
                          • 30.05.2007
                          • 3979
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                          #52
                          AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                          Juhuu, noch mehr Fotos!
                          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                          A. v. Humboldt.

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                          • OttoStover
                            Fuchs
                            • 18.10.2008
                            • 1076
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                            #53
                            AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                            Very nice, please more!!!
                            Ich lese und spreche Deutsch ganz OK, aber schreiben wird immer Misverständnisse.
                            Man skal ikke i alle gjestebud fare, og ikke til alle skjettord svare.

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                            • Kuoika
                              Erfahren
                              • 23.08.2012
                              • 471
                              • Privat

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                              #54
                              AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                              Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                              Das ist mir eines der liebsten Fotos dieser Tour geworden, fragt mich aber bloß nicht warum!


                              happy swedish people
                              Die "Kids" und ihre Tour waren ja auch einfach nur cool.
                              Hier ziehen sie weiter:

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                              • efbomber
                                Erfahren
                                • 23.08.2010
                                • 228
                                • Privat

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                                #55
                                AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                                Tjuoldavágge wir kommen... nur etwas später als geplant - 12.08.2014

                                Irgendwoher kenne ich den Zustand beim Wachwerden. Es hat natürlich nicht aufgehört zu regnen, aber sicher sieht das nur halb so schlimm aus, wenn ich kurz aus dem Zelt spähe.


                                Ja wo ist denn der See hin?

                                Schade aber auch! Zeit sich nochmals umzudrehen und weiterzudösen. Kuoika ist ebenfalls wach, glaube ich jedenfalls, denn über das Prasseln der Regentropfen am Zelt ist kaum was anderes zu vernehmen. Unterhalten ist ebenfalls schwer, man versteht sich einfach nicht, auch wenn man die Stimme erhebt. Wir einigen uns also stillschweigend erst einmal abzuwettern. Ist ja noch früh. Mein Gesicht wird im Verlauf des Vormittags aber immer länger und länger. Kann doch nicht sein, dass der Sommer so trocken war und wir hier mit Regen so ein Pech bekommen. Wundern würde es mich jedenfalls nicht.

                                Irgendwann raschelt es vor meinem Zelt und Kuoika steht in voller Regenmontur und klitschnass vor meinem Zelt. Wir besprechen kurz, dass wir bis Mittag warten und dann losziehen. Heute wollen wir eh nur bis irgendwo zur Renvaktarstuga. In aller Ruhe mampfe ich mein Müsli, diesmal leider einen Beutel ohne Kakaopulver erwischt. Unsere schwedischen Nachbarn packen die Sachen und machen sich noch am frühen Vormittag auf den Weg. Sie hatte Probleme mit ihrem Knie und deshalb wollten beide eilig nach Kvikkjokk, wenn ich mich hier nicht täusche.
                                Gegen 13 Uhr hört das ekelige Wetter auf ekelig zu sein, gibt den Blick in alle Richtungen frei und motiviert uns daher auch schleunigst hier wegzukommen!


                                Nur noch einzelne Regentropfen fallen vom Himmel

                                Nachdem die Blasenpflaster zurecht gerückt und alle Klamotten verstaut sind, gehen wir ganz gemütlich los. Die Gegend ist jetzt richtig nass und die Steine sehr glatt. Das Tjuoldavágge neckt uns schon, sieht es doch greifbar nah aus.


                                Blick Richtung Tagesziel und morgiger Etappe

                                Leider täuscht die Karte an dieser Stelle den Wanderer, also uns. Denn die Höhenlinien, die eine seichte Senke hinab zum Ruonasgårsså andeuten, sind leider in Wirklichkeit so eng beisammen, dass mir Angst und Bange wird auf direktem Weg den Fluss zu queren. Zum Glück sieht das Kuoika auch so und wir machen uns den weniger steilen Teil hinab in nordwestlicher Richtung auf den Weg. Wer gerne klettert, der kann sich hier austoben, aber mit dem Tourengepäck und den nassen Steinen ist das vielleicht doch eher etwas gewagt.


                                Kleiner aber feiner Canyon

                                Kurz bevor wir an eine Flussgabelung und einen richtig tollen kleinen Wasserfall kommen, achte ich mal eben nicht auf den Weg, sondern erfreue mich über die herrliche Landschaft und stolpere über einen klitzekleinen, ja gerade zu winzigen Stein. Besser gesagt ich trete drauf, der Stein gibt nach, ich knicke um, kann mein Gleichgewicht trotz Stöckchen nicht mehr halten und rutsche mit dem zweiten Fuß einfach auf dem triefnassen Heidegestrüpp aus. Das Ergebnis ist eine zwei Meter lange Rutschpartie auf dem Hosenboden über weiches Grünzeug. Kurz schimpfen, dann drüber grinsen und schon gehts weiter mit nasser Buchse.


                                Saftig grüne Farben, karge Felsen und Wasser

                                Kuoika hat wieder nasse Schuhe und geht einfach irgendwo über den kleinen Seitenarm des Flusses. Ich muss etwas genauer nach einer geeigneten Stelle schauen. Meine Beine sind kürzer und meine Stiefel noch trocken
                                Der Hauptstrom ist etwas breiter, aber dafür genauso einfach zu furten. Die letzten Meter abwärts trennen uns noch vom Ruonasgårsså. Kuoika geht vor und da passiert es. Kurz vor dem Flussbett rutsch sie aus und fliegt kopfüber dem schlammigen Ufer entgegen. Gekonnt fängt sie den Sturz ab und ich atme erleichtert aus. Es ist aber auch schweineglatt! Ich wähle die etwas elegantere Lösung und folge rutschend auf dem bereits nassen Hintern. Das Wanderstöckchen von Kuoika ist leicht verbogen. Damit kann man leben!

                                Da die Gegenüberliegende Seite noch sehr steil ist, folgen wir im Flusslauf aufwärts, bis wir furten müssen. Trotz Regen ist der Wasserstand so niedrig, dass man ohne Probleme mit Gamaschen trockenen Fußes auf die andere Seite gelangt.


                                Es ist steiler als es aussieht


                                Es geht wieder aufwärts

                                Auf dieser Seite darf ich mich über ein paar hübsche Blümchen freuen. Hier hat sich also der Sommer versteckt!
                                Aus dem Canyon gekraxelt geben wir uns sofort eine kleine Pause. Ich bin am Schnaufen wie ein alter Ochse und freue mich über etwas zu Trinken und ein wenig Schokolade. Anschließend geht es bei wolkenverhangenem Himmel runter ins Tjuoldavágge. Der erste Teil ähnelt einer Buckelpiste, wird aber sehr schnell angenehmer zu gehen. In einer Senke treffen wir einen älteren schwedischen Herren, der gerade seine Mittagspause macht. Kuoika versucht ins Gespräch zu kommen, aber der ältere Herr hört wohl nicht mehr gut. Häufig wird ein fragender Gesichtsausdruck aufgesetzt und Kuoika muss dieselben Sätze wiederholen. Ich finds irgendwie lustig. Man trifft die verschiedensten Leute hier oben! Wir lassen ihn aber schnell in Ruhe seine Pause genießen und ziehen weiter.
                                Der Untergrund wird jetzt richtig genial. Stellt euch vor ihr würdet die dicksten Daunendecken mehrfach falten und dann ein Zimmer damit auslegen und anschließend versuchen dort zu laufen. Alles federt und man sackt ab und an in ein kleines Loch. Die Gamaschen halten einiges ab, aber die Hosenbeine werden trotzdem immer nasser.


                                Heitere Stimmung trotz trübem Wetter


                                Von links oben bis rechts unten sind wir langgelaufen


                                Wilde Schönheit

                                Pilze und Beeren säumen den Hang. Langsam kommt auch etwas Weidengestrüpp hinzu, was den Blick auf den Boden vor mir ab und an verhindert und ich stolpere desöfteren. Wir kommen gegen 17 Uhr im Tal an.


                                Nur noch ein paar Schritte durchs Tjuoldavágge

                                Unten angekommen wird es natürlich nicht trockener. Der Boden ist entweder zugewachsen und etwas schwerer zu begehen oder eben sumpfig. Aber was wäre eine Lapplandtour ohne mindestens eine sumpfige Passage oder das Abgeplackere durch Weidengestrüpp?


                                Idyllischer, kleiner Sumpfteich

                                Es bleibt aber abwechslungsreich genug und auf kleinen Hügelchen bekommt man immer wieder einen netten Ausblick. In der Ferne erblicken wir wieder Rentiere, die uns immer rechtzeitig aus dem Weg gehen. Während den nächsten Minuten konzentrieren wir uns gut auf jeden Schritt. Aber, wie sollte es auch anders sein, so ungestört und alleine sind wir garnicht. Aus der Ferne kündigt ein anfangs verhaltenes WumpWumpWump auf einen nahenden Helikopter aus Richtung Kvikkjokk an. Noch bevor dieser in Sichtweite gerät, vernehmen wir eine weitere Störquelle. Diesmal aber irgendwo vor uns. Was zum Teufel ist denn hier los bitte?
                                Einer der Helikopter transportiert zumindest Wanderer, da in der Außenwanne Gepäck verstaut liegt. Insgeheim bin ich ein kleiner Sadist und male mir aus, was wohl passiert, wenn die beiden Helikopter hier überm Tal zusammenstoßen. Wär schade um die Umwelt. Das Manöver des aneinander Vorbeifliegens gelingt und bald hört man nichts mehr von den Rotorblättern. Schon irgendwie ätzend so plötzlich mit einer penetranten Art von Zivilisation konfrontiert zu werden. Aber der Tourismus blüht und für die Leute hier oben ist das natürlich gut.


                                Schön ists hier!

                                Laut Karte und Bauchgefühl müssten wir bald an der Hütte ankommen. Gefällte Birken bzw. Baumstümpfe mit sauberem Sägemuster, wie von einer Motorsäge, lassen ebenfalls darauf schließen.


                                Die letzten Buschpassagen werden gekonnt gemeistert.

                                Und plötzlich steht die Hütte vor uns. Freude macht sich breit! Das Wetter wird immer freundlicher und wir schauen uns in aller Ruhe um. Die Zelte stellen wir gleich in der Nähe auf. Die Hütte selbst hat einen Vorraum, der offen ist, der Hauptraum aber abgeschlossen. Das Toilettenhäuschen ist allerdings offen! Beim ersten Blick hinein überlege ich kurz, mir doch lieber einen Stein zu suchen. Selbst die Tiere hier sind ordentlich und kacken pflichtbewusst auf dem Plumpsklo. Zielsicher sind sie aber nicht, was hunderte von Mäuse- oder Lemmingköteln beweisen. Wäre das meine Hütte, hätte ich es auch nicht toll gefunden, wenn mir alle überall drumrum hinmachen. Ich nutze also dennoch die vorhandene "Sanitäranlage"

                                Uns kommen gleich einige gute Ideen. Wir bauen die Zelte auf und spannen eine Wäscheleine für die nassen Klamotten. Seit der ersten Tour habe ich immer etwas Allzweckschnur, grün, dabei. Nur 9 Monate Grundwehrdienst und man ist geschädigt bzw. geprägt für den Rest seines Lebens Noch während der Tätigkeiten erblicken wir einen weiteren Wanderer, der sich aber nicht zu uns heruntertraut. Wir winken, bekommen aber keinen Gruß zurück. Wir witzeln drüber, dass das ein Deutscher sein muss und gehen kurz nachdem das Lager steht runter zum Tjuoldajåhkå. Endlich ist Badezeit! Das Wasser ist eisig und frisch und es ist richtig toll sich nach so einem Tag wieder sauber zu fühlen. Während wir unsere Kochutensilien nach draußen holen und das Abendessen zubereiten wollen, kommt der Wandersmann von weiter oben im Hang zu Besuch.

                                Es stellt sich heraus, dass er tatsächlich aus Deutschland kommt, ein Pfälzer oder Bade würde ich mal vom Akzent her tippen. Wir tauschen uns aus, er ist nämlich Teile unserer Tour gelaufen und macht uns schon ganz scharf aufs Sarvesvágge! Man erzählt sich das übliche, ich frage ihn nach seinen anderen Touren und werde prompt neidisch. Kanada und Patagonien hat er schon gesehen. Während des Gesprächs biete ich meine Ritter Sport Rum-Traube-Nuss zum Allgemeinverzehr an, was dankend von ihm angenommen wird. Er ist froh über Schokolade, das merkt man daran wie schnell die von der Hand in den Mund verschwindet, ich bin froh übers eingesparte Gewicht, weil ich wieder weniger nasche als eingeplant. Er steht kurz vor Ende seiner Tour und erkundigt sich nach ein paar Tipps, er will auch zum Hábres hinauf uns dann durchs Vállevágge. Der gutmeinte Ratschlag sich den Sumpf zu sparen und gleich oben im Hang zu bleiben, will er sich zu Herzen nehmen. Wir verquatschen uns und natürlich fängt es wieder an zu regnen. Er verabschiedet sich und wir dürfen dann wieder im Zelt kochen. Naja, jedenfalls ich. Kuoika war schlau genug während der Unterhaltung ihr Essen zuzubereiten.


                                Sieht auf der Karte nach nichts aus, in natura hingegen ein ganzes Stückchen.


                                Essen und kochen im Zelt. Keine Seltenheit auf dieser Tour.

                                Das einzige, was mir ein wenig Sorgen bereitet, sind die aufgeschürften Fersen. Die Blasenpflaster haben ganze Arbeit geleistet und die Haut noch weiter abgezogen. Ich komme nicht drumrum und muss die samt Haut losschneiden. Jetzt muss das gute alte Heftpflaster herhalten. Zum Glück habe ich ordentlich davon eingepackt. Den Tag Revue passierend schlafe ich langsam ein.

                                Trotz Regen, spätem Etappenstart und nassen Klamotten war es ein richtig schöner Tourentag!

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                                • efbomber
                                  Erfahren
                                  • 23.08.2010
                                  • 228
                                  • Privat

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                                  #56
                                  AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                                  Spontane Entscheidung im Låptåvágge - 13.08.2014

                                  Geschlafen habe ich ein wenig unruhig und mich häufiger als sonst im Schlafsack umhergewälzt. Als ich die Augen öffne, scheint es mir deutlich zu hell für diese Uhrzeit. Ein Blick hinaus und ich weis auch warum. Die Sonne schlägt sich durch die Wolken und ich weis einfach, dass es heute ein richtig schöner Tag wird.


                                  Buojdesbuollda und der südliche Ausläufer des Låptåtjåhkkå bilden ein kleines Trogtal, ähnlich wie Lapporten

                                  Die erste Amtshandlung ist das Hinaushängen der noch immer klammen Kleidung. Anschließend geht es direkt auf Fototour und Beerensuche. Unser Nachbar im Hang ist noch nicht zu sehen.Ich pflücke mir zwei Hand voll blaue Beeren (ich enthalte mich der Diskussion ob Rauschbeere oder Blaubeere ) und werfe sie in meinen Pott Müsli.


                                  Anfangs scheint die Sonne noch verhalten hinterm Tjuollda hervor


                                  So schmeckt das Müsli richtig geil!

                                  Die Etappe heute wird auch nur kurz ausfallen und wir lassen uns deshalb Zeit. Mittlerweile sehen wir den Pfälzer vor seinem Zelt. Auch er hat aufs knallrote T-Shirt gewechselt. Langsam packen wir nach und nach die Ausrüstung zusammen.


                                  Die Spinne erforscht meine Regenjacke aus der Nähe

                                  Dank der immer kräftiger scheinenden Sonne trocknen die Klamotten in Windeseile und wir kommen in den Genuss in trockenen Sachen zu starten. Bevor es aber endgültig losgeht schaut noch kurz der Nachbar vorbei, mit einem vollen Becher Moltebeeren! Kuoika und ich sind erstmal neidisch. Direkt um unseren Lagerplatz haben wir nämlich keine davon gefunden.


                                  Nach dem letzten Toilettengang gehts dann auch endlich los. Was für eine Aussicht!


                                  Ein herrlicher Tag

                                  Um 11 Uhr verabschieden wir uns von der Hütte und laufen gerade mal 50 Meter weiter, bevor wir die erste Pause einlegen! Hier wimmelt es von Moltebeeren, die vertilgt werden wollen.


                                  Moltebeere, Hjortron, Cloudberry, da ist für jeden was dabei

                                  Wir halten uns an die Tipps vom Pfälzer und wechseln nicht schon bei der Hütte über den Tjuoldajåhkå, sondern wandern erst bis zur Einmündung des Buojdesjåhkå. Beim aktuellen Wasserstand hätte man allerdings überall problemlos übersetzen können. Der Vorteil an dieser Variante war aber eindeutig. Wir würden uns die ersten Meter durch Buschwerk auf der anderen Seite arbeiten müssen. Hier hingegen gibt es nur vereinzelt Weidengestrüpp und eine freie Sicht in alle Richtungen.


                                  Wald und Gestrüpp auf der anderen Seite sparen wir uns heute

                                  Die südwestliche Seite des Ufers ist wirklich einfach zu gehen. Viele Rentierpfade geben einem einen wunderbaren Weg vor und im Vergleich zum nordöstlichen Ufer haben wir hier nichts falsch gemacht.


                                  Angenehmes Wandern bei wunderschönem Wetter. Da lacht die Seele!

                                  Wir kommen super voran und erreichen nichtmal nach 45 Minuten eine geeignete Furtstelle. Wobei Furt eigentlich der Falsche Begriff ist, wir müssen weder die Schuhe umziehen noch die Gamaschen. Wir kommen von Stein zu Stein ans andere Ufer und ich nutze die Gelegenheit um frisches Wasser aufzufüllen und einen kleinen Snack einzuwerfen vor dem kommenden Aufstieg ins Låptåvágge.


                                  Von Stein zu Stein


                                  Die Sonne brennt

                                  Obwohl es richtig warm wird und nur einige Wolken übers Tal schweben, komme ich bis hierhin kaum ins Schwitzen. Normalerweise läuft mir ab 15 Grad die Suppe aus allen Poren. Ich nehme diesen Umstand dankend an und genieße den heutigen Tag aufs vollste! Wir halten uns am äußeren Arm des Tjuoldajåhkå und arbeiten uns Meter für Meter nach oben.


                                  Am Tjuoldajåhkå


                                  Wunderschönes Tjuoldavágge


                                  Das Schattenspiel der wolken gibt das gewisse Etwas für Fotos und Pausen

                                  Der Anstieg ist teils leicht zu gehen, teils recht steil. Aber die Abschnitte wechseln sich häufig ab, so dass es recht angenehm bleibt. Allerdings die gestrige Etappe und diese an einem Tag zusammen zu laufen, wie im Grundsten beschrieben, wäre mir persönlich zu viel. Anfangs noch dem Flussverlauf folgend, müssen wir bald feststellen, dass man kaum einen Blick darauf werfen kann, wenn man sich im Tjuoldagårsså bewegt.


                                  Am Rand ist es einfach zu steil


                                  Jeder Blick zurück lohnt sich!

                                  Kurz bevor wir oben ankommen, legen wir noch eine längere Pause ein, in der wir uns vom Schuhwerk befreien. Das ist wirklich besser in Pausen auch den Füßen eine Erholungsphase zu gönnen. Wir starren ins Tjuoldavágge hinab. In die andere Richtung kann man noch nicht wirklich in die Weite spähen. Wir haben heute richtig Glück mit dem Wetter und genießen jede Minute davon. Irgendwann geht aber jede Pause zu Ende und wir schultern die Rucksäcke. Der Weg wird immer angenehmer und flacher und die Steine, die hier rumliegen, sitzen fest im Boden, so dass man nicht ins Stolpern kommt.


                                  Diese Weite ist der Wahnsinn

                                  Kuoika läuft weiter unten am Rand des kleinen Canyons, wohingegen es mich nach oben zieht. Ich bin schon richtig scharf auf die Gipfel der umliegenden Berge. Noch werden diese durch den Hang verdeckt, in dem wir uns bewegen. Zeit für Details bleibt allerdings. Ich staune über die Vielzahl der Farne in diesem Hang und der Formation einiger Steine.


                                  Wie geschnitten Brot!


                                  Große Bruchkante auf der anderen Seite des Tjuoldagårsså und Kuoika-Suchbild!


                                  Farne vorne und Mángitjårro im Hintergrund

                                  Als wir wieder zusammentreffen und die Ebene flacher wird, schauen wir uns genauer um. Irgendwo in der Mitte des Låptåvágge sollein kleiner See sein, an dem wir eigentlich schon unser Lager aufschlagen sollten. Da es aber erst 15 Uhr ist, das Wetter immer noch bombig und wir hochmotiviert, beschließen wir den Plan zu ändern. Ursprünglich wollten wir direkt aus dem Låptåvágge zwischen Tjuollda und Mángitjårro Richtung Njoatsosvágge gehen. Eine weitere Option wäre allerdings, einen kleinen Umweg einzuplanen und das Lager am Goabrekjávrásj aufzuschlagen. Am Folgetag könnte man dann den kleinen Pass nehmen um wieder auf die alte Route zu kommen. Ein Blick auf die Karte legt direkt 2 gute Gründe dafür vor. Erstens ist die Aussicht dort unten im Tal eher mau und die Alternative lässt mehr erhoffen. Zweitens gelangen wir so noch heute in den Sarek, was zwar lediglich einen symbolischen Charakter hat, aber man findet halt Gründe, wenn man welche sucht!


                                  Tolle Aussicht von hier oben, dort unten im Tal vermutlich eher weniger. Blick Richtung Sátáristjåhkkå und Bårdetjåhkkå.

                                  Wir laufen im Låptåtvágge höher als notwendig in unsere neu geplante Richtung. Aber ich will unbedingt die Aussicht genießen. Der Pfälzer kam aus dem nördlichen Teil des Tals und schwärmte von der Aussicht. Er lief sogar höher als wir in entgegengesetzter Richtung, denn er meinte, dass er Schneefelder gequert hat. Diese sind aber noch einige Meter von uns entfernt im Hang vom Skievvun. Aber auch von hier ist die Sicht fantastisch! Das Wetter spielt halt mit und lässt das Wanderherz höher schlagen.


                                  Was ein herrliches Panorama!

                                  Ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert von der Weite des Landes. Auf Fotos besteht zu Hause nur meist das Problem, dass man dieses Gefühl für die Landschaft eigentlich nicht einfangen kann. Die Weite und Größe lässt sich zumindest ansatzweise erahnen, wenn man ein Vergleichsobjekt ins Foto mit einbaut.


                                  Låptåtvágge mit Vergleichsobjekt

                                  Wir hätten noch eine ganze Weile so stehen können, aber die Zeit läuft und es gilt noch den Fluss zu queren. Dieser ist auch tatsächlich mal etwas breiter und tiefer, aber wir sind faul und suchen nach einer geeigneten Stelle, wo wir wieder ohne Schuhwechsel furten können. Gerade als ich nicht mehr daran glauben will, findet Kuoika eine Passage, die nur mit Gamaschen bewerkstelligt werden kann. Spitze!


                                  Sieht wilder und tiefer aus, als es tatsächlich ist.

                                  Drüben angekommen verschwindet die Sonne immer öfters hinter größeren Wolkenbändern und es wird frischer. Wir sind jetzt offiziell im Sarek. Die ersten Rentiere lassen auch garnicht lange auf sich warten und nehmen zur Begrüßung reiß aus vor uns.


                                  Running reindeers

                                  Obwohl es frischer wird, wechsle ich nicht auf die Softshell, solange man sich bewegt, bleibt es ja warm. Wir kommen an vielen kleineren Tümpeln vorbei. Um ehrlich zu sein, glaube ich sogar, dass wir am Grund dieser Tümpel langlaufen, denn hier ist es sehr sehr trocken. Die meisten Seen sind gerade mal zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Aber so ist das, wenn es im Sommer 2 richtige Hitzemonate gibt. Ich bin froh, dass wir es hier mit weitaus dezenteren Temperaturen zu tun haben.


                                  Einfach nur zufrieden!

                                  Die letzten Meter für den heutigen Tag werden noch etwas steiniger, aber irgendwie macht es immer noch Spaß, auch wenn meine Füße nach Entlastung schreien. Am Goabrekjávrásj gilt es jetzt noch einen geeigneten und windgeschützen Zeltplatz zu finden. Gegen 17:30 kommen wir an und werden relativ schnell fündig.


                                  Am Goabrekjávrásj


                                  Absolut genialer Ausblick!

                                  Nachdem die Zelte aufgestellt sind, geht Kuoika noch eine Runde Schwimmen. Mir tuen die Füße zu sehr weh und das Ufer des Sees ist nicht gerade leicht zu erreichen. Auch hier muss man über viele Steine laufen. Ohne Stiefel für mich im aktuellen Zustand eine Qual, weshalb ich mich ins Zelt in den Schlafsack lege und die Landschaft weggucke. Boah ist das geil hier! Es war eine richtig gute Entscheidung, den Zeltplatz hierhin zu verlegen. Während ich den Wolken dabei zuschaue, wie sie an den Gipfeln der umliegenden Berge hängen bleiben. Man kann von hier sogar bis zum Nåite und Ridátjåhkkå schauen. Nach einer halben Stunde kommt Kuoika zurück und wir können endlich mal wieder draußen kochen und essen. Es wird allerdings richtig frisch! Habe ich bereits erwähnt, dass mir meine Mütze fehlt? Sehr sogar?


                                  Buchstabennudeln mit Tomate-Mozarella-Sauce! Beste Leben!

                                  Nach dem Festmahl von Abendessen streife ich noch ein wenig ums Lager. Es ist richtig toll hier und die Sonne färbt alles in einen goldenen Farbton. Wirklich magisch! Ich bekomme nicht genug davon und friere mir sogar dankend einen dafür ab.


                                  Lager am Goabrekjávrásj

                                  Unsere einzigen Nachbarn sind heute ein paar Möwen. Die Viecher gibt es aber auch wirklich überall

                                  Gegen halb 10 wird es aber doch zu kalt und wir verziehen uns in die wärmenden Schlafsäcke. Was für ein herrlicher Tag das doch war!


                                  Abendstimmung

                                  Ein Lagerplatz, der seinesgleichen sucht! Solltet ihr jemals die Möglichkeit haben dort auf eurer Tour langzukommen, dann plant da eine Übernachtung ein! Volle Empfehlung meinerseits!

                                  So, das fluppt ja besser als gedacht mit dem Bericht! Krank sein, hat also auch seine Vorteile
                                  Vielleicht gibt es heute nachmittag noch eine Etappe, aber jetzt muss ich erstmal an den Grill, der Hunger ruft!
                                  Gruß
                                  David

                                  Kommentar


                                  • Kuoika
                                    Erfahren
                                    • 23.08.2012
                                    • 471
                                    • Privat

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                                    AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                                    Låptåvágge
                                    Was für ein herrlicher Tag das doch war!
                                    Definitiv einer meiner Lieblingstage und der Campspot einer meiner Favoritplätze. Alles richtig gemacht.

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                                    • Mortias
                                      Fuchs
                                      • 10.06.2004
                                      • 1200
                                      • Privat

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                                      #58
                                      AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                                      Kompliment für diesen schönen Zeltplatz, den ihr da gefunden habt. Und danke fürs Weiterschreiben. Obwohl ich durch Kuoikas Bereicht ja eigentlich schon weiß, wo ihr so lang gelaufen seit, so ist es dennoch ein Vergnügen das alles jetzt auch nochmal aus Deiner Perspektive zu verfolgen. Definitiv eine gute Idee von Dir, nochmal so einen detaillierten Bericht zu verfassen. Ach ja, und freut mich, dass Du meinen Tip mit dem Kakao im Müsli beherzigt hast. Ich hoffe, es hat dann später auch noch etwas mehr gemundert als mit dem Chlor Geschmack.

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                                      • efbomber
                                        Erfahren
                                        • 23.08.2010
                                        • 228
                                        • Privat

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                                        #59
                                        AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                                        Die Furt im Njoatsosvágge - 14.08.2014

                                        Was gibt es Schöneres auf einer Tour als vom Sonnenschein geweckt zu werden? Es ist gerade mal 6:40 Uhr und die Sonne knallt genau in mein Gesicht, wäre da nicht die Zeltbahn. Es ist angenehm warm und so wird nicht lange faul rumgelegen, sondern sofort das Zelt geöffnet um frischere Luft hineinzulassen und das erste Foto des Tages aufzunehmen.


                                        Die Sonne lacht

                                        Was gibt es groß zu erzählen, die Morgenroutine ist bei uns beiden schon da und es wird zackig gefrühstückt und dann geht es auch bald los. Kurz vor 10 kehren wir unserem schönen Lagerplatz den Rücken und machen uns auf den Weg Richtung Pass zwischen Goabrek und Mángitjårro. Es geht angenehm seicht aufwärts, so dass wir zügig voran kommen. Ab und an schauen wir doch hinter uns, die Sonne erhellt das Tal und in kleinen Schmelzwasserpfützen spiegeln sich die Wolken.


                                        Der Wind pfeift über den Goabrekjávrásj


                                        Wolken im Wasser

                                        Es dauert nicht lange und wir dürfen eine kleine Passage mit Schnee queren. Im August eher selten und nur in versteckten Nischen und sonnenabgewandten Hängen zu finden.


                                        kleiner Klecks Schnee

                                        Auf der Passhöhe angekommen wird es ein wenig unübersichtlich, wie man am besten runter kommt. Jeder von uns sucht seinen eigenen Weg. Hin und wieder müssen die Hände zu Hilfe genommen werden. Das Geröll ist manchmal recht groß und sperrig, so dass ein wenig Kraxelarbeit von Nöten ist. Das vor uns liegende Tal sieht bei weitem nicht so spektakulär aus, wie unser Lagerplatz vom Vortag. Gestern also alles richtig gemacht!
                                        Der erste Teil sieht recht sumpfig aus. Frisches Wasser zumindest vom weiten nicht wirklich zu sehen. Egal, es ist nicht so warm, dass ich mir einen Liter Wasser nach dem anderen geben müsste. Wir bewegen uns Richtung Njoatsesvágge und anfangs ist es wirklich recht sumpfig. Aber so ab halbem Weg in diesem kleinen Tal wird das Gelände angenehm zu gehen. Eine kleine Grassteppe liegt zu unseren Füßen und gegen 11 Uhr legen wir eine größere Pause ein.


                                        Die Seele baumeln lassen

                                        Ich verköstige einen Energieriegel, etwas getrocknete Physalis und wie so oft Traubenzucker. Energietechnisch war ich diese Tour sehr gut ausgestattet und hab auch gefressen wie ein Mähdrescher. Bisher habe ich alle Mahlzeiten zu mir genommen, was keineswegs die Regel bei mir ist. Jede Pause hat irgendwann ein Ende und so geht es auch für uns nach einer viertel Stunde weiter.


                                        Goabrek im Sonnenschein

                                        Kurz darauf erreichen wir schon den Rand des Tals und der Abstieg ins Njoatsosvágge steht bevor.


                                        Was für eine Aussicht! Rechts hinten im Bild das Vállevárre und der Vallespiken, von wo wir gekommen sind und links im Bild die Strecke, wo es noch langgeht.

                                        Ein wenig mulmig ist mir aus mehreren Gründen anfangs schon. Erstens müssen wir da irgendwie runter kommen, zweitens den Njoatsosjåhkå furten und drittens wieder so viele Höhenmeter raufklettern. Aber zumindest zwei Probleme haben sich garnicht als solche erwiesen! Wir halten uns immer am Goabrekjågåsj und laufen einfach dem Tal entgegen. Es ist leichter als gedacht.





                                        Es gibt anfangs kaum Gestrüpp, welches einen behindert und so müssen wir einfach nur runtergehen. Ab der Hälfte wird es ein wenig unübersichtlich Dank dem unvermeidlichen Weidengestrüpp. Aber selbst das stellt kein großes Problem dar. Es reicht kaum bis zur Hüfte und stört somit nur marginal. Dennoch rutsche ich ein paar Mal aus und knicke auch um. Liegt das an mangelnder Konzentration oder einfach nur daran, dass ich dauernd die Gegend bewundere?


                                        Hang mit Weidengestrüpp

                                        Bei einer weiteren Pause haben wir den Njoatsosjåhkå im Überblick und beraten, wo wir furten sollen. Er sieht zwar von hier oben breit aus, aber am ganzen Lauf sind überall genug Sand- bzw. Kiesbänke zu sehen. Wir beschließen die bereits lang geplante Stelle anzupeilen. Alles andere würde auf jeden Fall mehr Sumpf bedeuten. Denn wenn unten im Tal kein Birkenwald wächst, ist in der Regel ein Sumpf dafür verantwortlich. Viele hellgrüne Grasflächen lassen also auf jede Menge Sumpfgebiet schließen. Der Abstieg naht sich dem Ende und kurz bevor es weiter geht, beobachten wir einen deftigen Regenschauer im Tjuoldavágge.


                                        Der Regen kommt.... aber nicht zu uns!

                                        Auf den letzten Metern erwischen uns dann einige Tropfen. Kuoika packt die Regensachen aus und ich schließe mich mürrisch an. Irgendwie haben die Wolken meinen Missmut bemerkt und das Tröpfeln sofort wieder eingestellt. Ich packe meine Regenjacke kurz darauf wieder weg. Hier unten ist es ein wenig unübersichtlich. Dichter Birkenwald gespickt mit Weidengestrüpp und schlammigen Passagen macht es uns garnicht so leicht zur angepeilten Stelle zu navigieren.
                                        Oft denke ich wehmütig, dass ich ein paar Zutaten für eine leckere Pilzsuppe mitnehmen sollte. Wir laufen an dutzenden Birkenpilzen und Birkenrotkappen vorbei. Ich merke sofort meine Urinstinkte als Jäger und Sammler durchbrechen. Zu Hause wären diese kleinen niedlichen Prachtstücke direkt im Korb gelandet. Hier lasse ich sie wehmütig stehen und versuche mich auf das Wandern zu konzentrieren.


                                        Birkenrotkappe

                                        Zwischen dem Dickicht ist nur schwer erkennbar, ob wir bereits auf richtiger Höhe zur Furststelle sind, weshalb wir einfach Richtung Wasserlauf gehen. Die letzen Meter sind richtig sumpfig. Selbst zwischen den Weiden steht das Wasser und man muss richtig gut schauen, wohin man tritt. Zwischen knöcheltief und knietief liegt meistens nur ein Schritt. Wir haben aber richtig Glück und erreichen genau die Furtstelle. Wir kannten die nur von wenigen Bildern und aus einigen Berichten. Die Stelle ist auch im Grundsten beschrieben, wenn ich mich nicht irre. Nach starkem Regen kann sie aber unpassierbar sein. Für uns ist dies eine Schlüsselstelle der Tour. Aber jede noch so kleine Befürchtung, dass wir hier nicht rüber kommen, war ebenfalls unbegründet.
                                        Halb am Ufer im Dickicht und halb im Seitenarm des Njoatsosjåhkå machen wir uns furtbereit. Die Hose kommt in den Rucksack, die Schuhe um den Hals. Mit den Neoprenschuhen gehe ich als zweiter los. Kuoiika ist bereits am ausloten des Hauptstroms.


                                        Der Seitenarm ist gerade mal knietief


                                        Happy David am Njoatsosjåhkå

                                        Von der kleinen Insel aus ist es ebenfalls nicht schwer auf die andere Seite zu gelangen. Der warme Sommer hat schon dafür gesorgt, dass der Wasserstand hier nicht allzu hoch ist. Mitte Oberschenkel ist schluss bei mir und das obwohl ich leicht im Sediment einsinke, wenn ich zu lange stehenbleibe. Auf der anderen Seite werden noch ein paar Fotos gemacht, die Beine getrocknet und ein wenig verschnauft.


                                        Schöne Furtstelle!

                                        Da sich das Wetter nicht zu bessern scheint und wir nicht zwangsläufig im Regen durch das Gestrüpp wollen, machen wir uns aber eilig auf den Weg. Im Dickicht schwirren sogar einige Mücken rum und ich bekomme einen Stich ab. Dies ist das einzige Mal, dass ich pro forma Mygga verwende. Es wäre im Nachhinein noch nicht einmal notwendig gewesen. Richtig toll, so ganz ohne dieses Viehzeug! Auf dieser Seite des Flusses gelangen wir bald auf einen kleinen Pfad, den schon andere vor uns gelaufen sind. Der verliert sich zwar immer wieder, da Rentierpfade kreuzen und man zwangsläufig dem Falschen folgt, aber viele Wege führen zum Etappenziel! Wo wir gerade bei Rentieren sind, es gibt hier einige kleine Herden, die hier äsen. Leider ist es wieder so diesig, dass mir keine schönen Bilder gelingen. Ich werde langsam müde und beim Aufwärtskämpfen merke ich, dass meine Füße wie die Hölle schmerzen. Die Höhenmeter machen sich jetzt immer stärker bemerkbar, aber was soll ich machen, da muss und will ich durch!

                                        Am Ruopsokjåhkå machen wir kurz vor Etappenziel eine längere Pause. Ich lege mich auf einen Stein und trinke direkt aus dem Fluss, wasche mir Gesicht und Kopf. Es ist weit entfernt davon, warm zu sein, aber irgendwie tut die Abkühlung richtig gut. Von hier aus sehe ich sogar, wo wir im gegenüberliegenden Hang runtergelaufen sind. Ich denke mir nur, scheisse, was tue ich mir hier bloß an? Das sieht viel höher aus, als es mir drüben vorkam.


                                        Pause am Ruopsokjåhkå. Am Fluss auf der anderen Seite sind wir hinabgestiegen.

                                        Da wir nicht genau wissen, wie weit es noch bis zur Renvaktarstuga ist, nehmen wir kein Wasser mit. Die Flussquerung ist problemlos. Der Anstieg am anderen Ufer aber so steil, dass ich richtig ins Schwitzen komme. Ich hoffe sofort, dass ich hier nicht zurück muss um an Wasser zum Kochen zu kommen.


                                        Herrliche Aussicht

                                        Ungefähr 200m weiter steht die Hütte. Die Signalfarbe Rot leuchtet uns entgegen und wir suchen uns zwei halbwegs windgeschützte Stellen für unsere Zelte aus. Genug Auswahl hat man hier schließlich. Leider ist das Toilettenhäuschen abgesperrt und Wasser gibt es hier auch keines. Nachdem das Lager aufgebaut ist und die Sachen wie Gamaschen, Furtschuhe und Handtuch zum Trocknen ausgelegt sind, gehen wir zurück zum Ruopsokjåhkå um unseren Wasservorrat aufzustocken. Also Kuoika geht und ich humple hinterher.

                                        Gekocht wird hinter der Hütte, das ist die einzige richtig windgeschützte Stelle weit und breit. Es ist so frisch, dass ich wieder meine Mütze vermisse. Der Hut alleine hält keine Wärme am Kopf. Aber was solls, gibt ja gleich lecker Nudeln mit Jägersauce und ne Heisse Tasse vorneweg. Das muss reichen zum Aufwärmen


                                        Kochen im Windschutz mit Blick auf rotes Plumpsklo


                                        Selbst die Hummeln suchen Schutz im Windschatten der Hütte. Tapfere kleine Bumblebees.

                                        Wenigstens die Regenwolken haben sich verzogen. Es wirkt direkt freundlicher, wenn man blauen Himmel und die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu Gesicht bekommt.


                                        Unser Lager

                                        Was soll ich sagen, wir sind jetzt schon 5 Tage im Fjäll und immer noch vom Regen verschont geblieben. Läuft prima mit dem Glück. Ich genieße noch ein wenig die Aussicht. Lange halten wir das aber nicht mehr aus, es ist richtig kalt.


                                        Die Aussicht genießen

                                        Um 21 Uhr liege ich im Schlafsack und döse schnell ein.

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                                        • efbomber
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                                          • 23.08.2010
                                          • 228
                                          • Privat

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                                          #60
                                          AW: [SE/NO] Kreuz und quer durch den Süden Laponias

                                          Tag der Regenbögen - 15.08.2014

                                          Heute schlafe ich doch tatsächlich bis 8 Uhr durch. Die Nacht war frisch und ein wenig gefröstelt habe ich auch, weil ich mich nicht richtig zugedeckt habe. Aber der Tag verspricht wieder ganz passabel zu werden. Die Motivation ist sofort wieder da.


                                          Sonne, fast überall

                                          Nach dem Frühstück geht es aus dem Zelt, die ersten Schritte noch mit Schmerzen verbunden. Ich fühle mich ein wenig wie ein alter Greis. Aber ein netter Nachbar meinte mal zu mir "David, pass auf, ab 30 gehts bergab!". Sieht aus als ob er Recht behalten hat


                                          Die Sonne wärmt uns beim Zusammenpacken, Regenbogen im Njoatsosvágge


                                          Auch die Rentiere suchen nach einem Frühstücksplatz

                                          Als ich die Rentiere etwas ab vom Lager langlaufen sehe, bekomme ich richtig Hunger auf ein schönes Stück Fleisch! Immerhin schon über eine Woche her, dass ich gegrillt habe!
                                          Irgendwann zwischen 10 und 11 brechen wir auf. Die Sonne setzt sich immer mehr durch und gibt richtig freundliche Ausblicke auf das Njoatsosvágge frei.



                                          Der Aufstieg sah vom anderen Hang weitaus anstrengender aus. Meine Schmerzen halten sich in Grenzen und das Laufen ist angenehm, nicht nur weil es relativ seicht nach oben geht, sondern auch die Bodenbeschaffenheit sehr gut ist. Den Hauptanteil an Gestrüpp haben wir bereits gestern hinter uns gelassen. Von der Renvaktarstuga aus sind es nur noch wenige Abschnitte mit Grünwuchs, bis es kahler wird. Heidekraut, kniehohe Weide und einige Wacholdersträucher zieren hier die Gegend.


                                          Einfacher Aufstieg


                                          Tjuollda hinterm Wacholder

                                          Gespannt bin ich auf die nächste Flussquerung. Ob hier wieder so ein steiler Ab- und Anstieg beim Bachbett zu erwarten ist? Bevor es soweit ist, legen wir aber noch eine kleine Fotopause ein. Die Landschaft ist so schön bei Sonnenschein, dass man einfach nicht schnell durcheilen möchte. Hinter einem kleinen Hügel gönnen wir uns dann noch ein paar Snacks bevor es weiter geht.
                                          Nicht lange und wir kommen am besagten, namenlosen Fluss an. Er verdient eigentlich nicht diese Bezeichnung, denn selbst zu Hause bei uns in Lippstadt gibt es Gräben, die mehr Wasser führen. Auch kein steiler Hang stellt sich uns in den Weg. Alles einfach zu gehen!


                                          "Furt" am namenlosen Fluss

                                          Von der Hütte aus konnte man schon erahnen, dass es eine Art Wegmarkierung gibt, die in der Karte allerdings nicht vermerkt ist. Tatsächlich halten wir uns aber nicht daran und laufen dem Pfad folgend nach oben. Die schlichten Holzpfähle mit einem weißen X stören mich, um ehrlich zu sein, beim Fotos schießen. Das wirkt hier so, als ob ein Wanderverein im Sarek Routen definieren wollte. Bei einer hohen Frequenz von Besuchern oder miesem Wetter vielleicht nicht das Schlechteste, bevor tausende Wege gelaufen werden, aber mir geht dann einfach dieser charakteristische Flair vom Nationalpark ab.


                                          Fetter Regenbogen im nördlichen Njoatsosvágge, der Tsähkkok in den Wolken


                                          Während wir im Sonnenschein wandern, regnet es dort hinten

                                          Sobald wir die Passhöhe bei 1140m erreichen, wird es brutal frisch. Der Wind zeigt, was er kann und weht uns um die Ohren. Es wird alles Wärmende angezogen, was da ist, bis auf die Mütze natürlich.... . Der Ausblick auf die andere Seite Richtung Vállevárre und Vallespiken entschädigt aber und lenkt von der Kälte ab.


                                          Da ging unsere Tour los

                                          Die Rucksäcke werden hier erneut abgelegt um einige Fotos zu machen. Die Aussicht Richtung Norden ist ebenfalls phänomenal, auch wenn die Wolken die Spitzen vom Tsähkkok und Vássjábákte verdeckt halten. Die Landschaft ist atemberaubend schön!


                                          Raue und wilde Landschaft! Ich liebe diese Gegend!


                                          In der Ferne liegt Kvikkjokk am Sakka

                                          Langsam aber stetig verlieren wir Wärme und es fröstelt uns doch sehr, so dass wir wieder weiterlaufen. Ab jetzt halten wir uns auch an die Markierungen, weil sie schlicht und einfach den Optimalweg vorgeben. Der Boden bleibt leicht zu gehen. Es gibt kaum große Felsbrocken oder Steine, alles sitzt fest in der Erde.


                                          Immer den Knüppeln entlang

                                          Erst ab dem Sähkok wird es wieder anspruchsvoller. Hier liegt einiges an Geröll herum, nicht immer trittfest, so dass man aufpassen muss. Auf 1200m Höhe ist man oben und wird direkt vor eine Entscheidung gestellt. Gehe ich jetzt übers Schneefeld oder laufe ich außen rum? Während Kuoika die spaßige Variante nimmt und das Schneefeld passiert, wähle ich die sichere Variante, weil ich mich nicht hundertprozentig trittsicher fühle und laufe drumrum. Ich hätte mich 150%ig aufs Maul gelegt bei dem Gefälle.


                                          Schneefeld am Sähkok

                                          Ich bin in Gedanken und laufe stumpf den Holzpfählen hinterher. Plötzlich merke ich, dass Kuoika nicht mehr vor mir ist. Klar, sie hatte einen guten Vorsprung, aber Moment mal, so weit kann sie doch nicht vor mir sein. Kurz auf die Karte linsen und feststellen, dass man ein Trottel und beinahe zu weit der Markierung gefolgt ist. Diese verläuft nämlich nicht parallel zum eingezeichneten Pfad in der Calazzo-Karte "Sarek och Padjelanta". Ich drehe mich um 90° nach links und laufe einfach Richtung Tjevrajávrre. Den bunten Kleks werde ich schon wiederfinden
                                          Und siehe da, am einzigen halbwegs windgeschützten Punkt sitzt Kuoika und wartet auf mich. Der Rucksack fliegt in die Ecke und es wird eine kleine Pause eingelegt. Passend hierzu dürfen wir wieder einen tollen Regenbogen bewundern.


                                          Regenbogen die Erste


                                          Regenbogen die Zweite, diesmal komplett!

                                          14:20 Uhr geht es wieder weiter. Jetzt ist es ja nicht mehr weit. Der Abstieg zum Fluss, der aus dem Tjevrajávrre strömt, ist nicht der Rede wert. Es geht ganz seicht hinab und häufig helfen größere Steinplatten aus, auf denen man ein paar Meter völlig gerade laufen kann. Ich versuche so viele wie möglich davon in meinem Weg hinab einzubeziehen. Jede Erleichterung ist mir jetzt Recht. Kurz vor der Furt finden wir einen Wanderschuh, der an einen Stein gelehnt steht. Kouika wundert sich, ich mich anfangs auch. Der wurde nicht vergessen, sondern bewusst liegen gelassen. Die Sohle ist kaputt und vom Stiefel gelöst. Da komme ich direkt ins Grübeln. Wer lässt einen Schuh zurück, auch wenn der kaputt ist? Man läuft doch nicht in einem Wanderschuch und einer Sandale oder Crock weiter. Naja, aus diesem Grund habe ich ja mein Panzertape dabei. Lieber in einem nassen Schuh zu Ende laufen als in meinem Neoprenüberzieher.

                                          Die Furt selber ist relativ einfach. Kuoika kommt von Stein zu Stein hinüber. Ich probiere das auch, muss aber feststellen, dass meine Sohlen miserablen Gripp haben. Kommt davon, wenn man die Alltagsstiefel auf die Wanderung mitnimmt. Immerhin fast 3 Jahre täglich daheim getragen, bevor es ins Fjäll damit ging. Das mache ich nicht noch einmal! Mit Gamaschen und einer alternativen Stelle 20 Meter flussaufwärts klappt das Übersetzen dann problemlos.


                                          Auf der anderen Seite

                                          Anschließend geht es sofort einige Meter nach oben, denn wir wollen ein Schneefeld nutzen, um über die kleine Schlucht am Sähkokjåhkå zu kommen. Langsam aber sicher melden sich dann meine Schmerzen wieder, aber irgendwie ist es mir egal. Ist ja kurz vorm Etappenziel. Leider entpuppt sich dann das Schneefeld als relativ tief im Canyon. Auch wenn es bis auf die andere Seite geschlossen verläuft, es ist nicht sehr lang und wir können nur erahnen, wie tief es dort nach unten geht. Auf der anderen Seite müsste man zwangsläufig etwas klettern. Ich habe direkt ein ungutes Gefühl und will hier nicht lang. Kuoika ist da unerschrockener und testet die ersten Meter aus, kehrt aber wieder um. Auch ihr ist das hier nicht geheuer und wir beschließen einfach hinabzugehen und den Fluss zu furten.


                                          Stabil genug oder doch nicht? Wir verzichten darauf eine Antwort zu finden.

                                          Bald kommen wir auch an eine Stelle, die zum Queren geeignet erscheint. Hätte man das vorher gewusst, hätten wir direkt am Fluss weiterlaufen können. Egal, weiter gehts!


                                          Die passende Furtstelle im Auge

                                          Beim Abstieg über das kleine Schneefeld landet Kuoika einmal kurz aufm Poppes, sieht gewollt aus! War es aber nicht, wie ich im Nachhinein erfahren habe.
                                          So klein ist das alles hier garnicht und auch der Wasserstand ist etwas höher als gewohnt bei dieser Tour. Dennoch schaffen wir es beide mit Gamaschen und Ausloten der tieferen Stellen trocken und ohne Schuhwechsel überzusetzen.


                                          Kurz vor der Furt

                                          Auf der anderen Seite angekommen, geht es wieder nach oben um einen geeigneten Zeltplatz zu finden. Ich sage es vorab, viele gute Stellen gibt es hier nicht. Der Wind ist knackig und dauerhaft präsent. Würde er von der anderen Seite wehen, hätten dutzende windstille Plätze zur Auswahl gestanden, so allerdings nicht. Gegen 16 Uhr haben wir dann endlich eine Stelle gefunden, wo zumindest einer relativ windgeschützt sein Lager aufbauen kann. Ich überlasse die Stelle Kuoika, sie hat sie ja schließlich entdeckt. Auch mein Platz ist halbwegs gut, da ich eben liege und exakt genug Platz habe, alles vernünftig abzuspannen. Bevor ich aber mit dem Aufbau starte, gönne ich mir etwas Ruhe.


                                          Noch so sauber nach 6 Tagen!

                                          Ich komme nach der Pause nur schwer hoch, aber das Zelt steht in Windeseile. Das Aufbauen vom Akto ist so simpel, da braucht man nicht lange fummeln. Nur einmal ist mir auf dieser Tour die Spannleine, die unterhalb des Bodens verläuft, über das Außenzelt gerutscht, so dass ich völlig perplex war, als ich das Gestänge nicht sauber durchbiegen konnte. Durfte dann alles nochmals abbauen, aber kann halt passieren beim Einrollen.
                                          Nachdem das Lager steht geht es los Wasser suchen und sich selbst waschen. Wir haben Glück und wenige Meter zurück gibt es ein kleines Rinnsal, dass genügend Wasser führt. Auch wenn mir arschkalt ist, ich hab heute geschwitzt wie ein Bauarbeiter im Hochsommer und kann mich aktuell selber nicht mehr riechen. Ein Wasserloch ist tief genug um sich ausgiebig abwaschen zu können. Danach fühle ich mich wie neu geboren!
                                          Zurück am Lagerplatz kochen wir gemeinsam draußen im Schutz eines kleinen Hangs. Schattig ist es dennoch! Aber der Ausblick beim Verköstigen ist genial und die Sonne wärmt zumindest das Gemüt von innen.


                                          Halbwegs windstiller Zeltplatz mit toller Aussicht Richtung Boarek


                                          Der Ausblick ist auch hier fantastisch!

                                          Obwohl wir uns nett unterhalten und auch noch länger hätten quatschen können, verziehen wir uns nach dem Essen und einem Tee in die warme Zuflucht des Schlafsacks. Es ist verdammt frisch und ich würde meinen bislang wird es definitiv die kälteste Nacht für uns. In der Nacht werde ich mehrfach wach. Ab und zu prasseln Regentropfen ans Zelt. Ich freue mich auf den nächsten Tag!

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