[US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Sverdrup
    Anfänger im Forum
    • 30.01.2012
    • 27
    • Privat

    • Meine Reisen

    #41
    AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range



    Danke für den tollen Bericht! Die Fotos sind wahnsinnig schön und wie immer schreibst du ausführlich und lebhaft, so dass es spannend zu lesen ist. Ich freue mich schon auf den Rest...

    Kommentar


    • Sarekmaniac
      Freak

      Liebt das Forum
      • 19.11.2008
      • 10958
      • Privat

      • Meine Reisen

      #42
      AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

      Das mit der Rotfärbung wäre geklärt. Grizzly lag mit mit seiner Vermutung, Eisen, ganz richtig, allerdings nicht als Sedimenteintrag von Zuflüssen aus den Bergen, sondern als gelöste Minerale in hochgedrücktem Grundwasser.

      I am attaching a video from the National Park Service describing Aufeis. Ironically, it is indeed German for ‘ice on top’. This occurs all over Alaska and is normally caused by groundwater flowing during the winter months. Eventually, when a river freezes and the groundwater continues to flow, it is forced to the surface and creates thick layer of ice. This color of the ice is dictated by the minerals present within the ice. In this case, it is most likely Fe, but other minerals can have a red color as well. My guess is Fe because of its abundance in the Earth’s crust and the ease it is leached into groundwater.
      So die Auskunft von Rob Rember vom Arctic Research Center Fairbanks.

      Hier der Link zu dem erwähnten Video:

      http://www.nps.gov/akso/aufeis_video.cfm



      Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
      (@neural_meduza)

      Kommentar


      • Vegareve
        Freak

        Liebt das Forum
        • 19.08.2009
        • 14385
        • Privat

        • Meine Reisen

        #43
        AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

        Zitat von Libertist Beitrag anzeigen
        So eine Tour im Winter... und dann noch solo - Hut ab!
        Jap, kann ich nur unterschreiben.
        "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

        Kommentar


        • paddel
          Fuchs
          • 25.04.2007
          • 1864
          • Privat

          • Meine Reisen

          #44
          AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

          Beeindruckend!

          War dir vorher schon klar, daß du es mit soviel flüssigem Wasser zu tun bekommst?
          Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
          vorausgesetzt man hat die Mittel.

          W.Busch

          Kommentar


          • Sarekmaniac
            Freak

            Liebt das Forum
            • 19.11.2008
            • 10958
            • Privat

            • Meine Reisen

            #45
            AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

            Zitat von paddel Beitrag anzeigen
            Beeindruckend!

            War dir vorher schon klar, daß du es mit soviel flüssigem Wasser zu tun bekommst?
            Das ich tatsächlich durch ein komplett offenes Flussbett waten muss - damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Sonst hätte ich Watschuhe mitgenommen. Zum Thema Overflow hatte ich mir einiges angelesen. Speziell der Bereich der Gates of the Arctic (da wo das Eis rot war) ist eine notorische, immer wiederkehrende Overflow und Aufeis-Stelle. Wenn man es dann "in echt" sieht, ist es doch sehr beeindruckend. So was wird man in Skandinavien nicht finden, nirgends.

            Es war aber im Grunde sehr wenig Wasser auf dem Eis - im April und Mai, wenn die Schneeschmelze im vollen Gange ist, sieht das noch ganz anders aus. Insofern ist es schon so aufgegangen, wie ich es geplant hatte. Ich bin bewusst ziemlich früh unterwegs gewesen, weil ich nicht allzuviel Wasser haben wollte, und habe dafür die doch noch sehr strengen Temperaturen im März in Kauf genommen. Lieber kalt als nass. (nun gut, ich hatte ja dann beides)
            Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
            (@neural_meduza)

            Kommentar


            • Sarekmaniac
              Freak

              Liebt das Forum
              • 19.11.2008
              • 10958
              • Privat

              • Meine Reisen

              #46
              AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

              2.4.

              Nachts geht Wind, ein ganz ungewohntes Geräusch. Und standortbedingt scheint schon um neun die Sonne auf das Zelt. Als ich im Vorzelt frühstücke, höre ich einen Helikopter. Er kommt von Süden, überfliegt mich, wendet irgendwo talaufwärts und kommt zurück, um auf der anderen Talseite, etwa einen km entfernt von mir, zu landen. Drei Menschen steigen aus und gehen maximal 50 m vom Heli entfernt auf dem Tundraboden hin und her. Keine Ahnung was sie da machen. Nach 20 Minuten steigen sie wieder ein, der Rotor wird angeworfen und der Heli verschwindet in dieselbe Richtung aus der er gekommen ist. Meine ersten Menschen seit 2 Wochen.



              Um elf Uhr breche ich auf. Es geht immer noch ein leichter wind, und es ist etwas diesig, zum ersten Mal eigentlich auf dieser Tour. Später klart es auf. Da man mitten im Canyon nicht zelten kann, steht das moderate Tagesziel, der untere Canyoneingang, fest.

              Ich gehe zu Fuß über den grasigen, stellenweise völligen schneefreien Boden, dann wieder über Schneefelder, für die ich die Ski anschnalle. Irgendwann werden die Uferhänge steiler, und es bleibt nur der Fluss. Heute fange ich wirklich an, zu fluchen. Das Eis ist zwar immerhin trocken, aber es ist größtenteils spiegelglatt, all die schönen Eiskristalle vom Hinweg sind verschwunden, und der Ernie Creek hat spürbares Gefälle. (Ungefähr an dieser Stelle habe ich auf dem Hinweg frohlockt, dass ich ja zum Glück hier nicht wieder hoch muss). Ich gehe zu Fuß auf dem Eis von Schneerest zu Schneerest, doch das Wasser ist bis in die Ufer hochgekrochen - Bergaufeis sozusagen. Einmal rutsche ich aus und falle aufs rechte Knie, kurz danach rutsche ich aus und falle aufs linke Knie. Zum Glück ohne schlimmere Folgen. Ich schleiche zu Fuß die schräge Eisfläche hoch und denke darüber nach, was für eine feine Sache doch Grödel sind.



















              An einigen Stellen stoße ich auf riesige Sastrugi-Inseln, die komplett ausgehärtet sind, so dass ich noch nicht mal eine Fußspur auf den "Wellenkanten" hinterlasse, dazwischen völlig freigetaute Flächen. Es ist immernoch etwas dunstig, zusammen mit der Kälte die ideale Bedingung für einen Bilderbuch-Halo. Etwa 900 m jenseits meines alten Zeltplatzes stoße ich ein schönes großes Schneefeld, auf dem sich das Zelt problemlos aufstellen lässt. Kaum steht das Zelt, verschwindet die Sonne hinter den hohen Bergen, und es folgt einen Sonnenuntergang vom Feinsten.

























              Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 06.02.2015, 23:17.
              Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
              (@neural_meduza)

              Kommentar


              • Sarekmaniac
                Freak

                Liebt das Forum
                • 19.11.2008
                • 10958
                • Privat

                • Meine Reisen

                #47
                AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                3.4.

                Als ich am Morgen aufwache, scheint die Sonne ins Zelt, und es hat im aufgewärmten Zelt nur -15 Grad. Was für ein Luxus.. Das Barometer ist in den letzten Tagen gesunken, auf 1009 mbar, aber es ist weiterhin sonnig. Heute geht es den Canyon hinauf, knapp 300 Höhenmeter. Anfangs nutze ich die Ski, doch bald wandern sie auf die Pulka. Wie schon am Vortag eiere ich das blanke Eis bergauf.











                Ich wundere mich, warum die Weidenbüsche im Overflow-Eis so zerrupft aussehen. Dicht an dicht laufen Schneehuhnspuren kreuz und quer zwischen den Zweigen lang. Als ich an ein komplett vereistes spiegelglattes Stück Uferböschung passiere, entdecke ich des Rätsels Lösung: Hier, wo die Schneehühner nicht hinkommen, stehen die Weiden in Blüte und haben ca 10 cm lange frische Triebe, überall sonst sind sie geplündert und kahlgefressen.

                Ich weiß, dass Weiden extrem frostresistent sind, aber das ist schon faszinierend. Sie sind etwa 50-100 cm hoch geflutet und eingefroren, zum Teil lugen die Zweige nur 10 oder 15 cm aus dem Eis hervor. Nachts herrschen -25 bis -30 Grad - und sie treiben aus. Frühling in Alaska.







                An den Hängen ist der Schnee sichtbar zurückgegangen, aber im Grund des Canyons, wo kaum Sonne hinkommt, liegt noch viel Schnee. Doch er ist so hart, dass zu Fuß gehen bequemer ist. Es is 16:30 Uhr, als ich den Pass erreiche. Endlich kommen die Ski wieder an die Füße. Ohne Felle, nur mit Wachs gehe ich noch ein Stündchen. Das Nachmittagslicht ist unglaublich schön. Tiefblaue Schatten überall, die eisüberkrusteten Hügel glitzern. Wie schon auf dem Hinweg ist es hier im Anaktuvuk Valley kein Problem, ausreichend tiefen Schnee für das Zelt zu finden. Nach dem Aufbau bleibe ich noch eine ganze Weile draußen, schaue in die Sonne und trinke den restlichen Tee aus der Thermoskanne.





























                Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                (@neural_meduza)

                Kommentar


                • Sternenstaub
                  Alter Hase
                  • 14.03.2012
                  • 3321
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #48
                  AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                  ein wirklich beeindruckender Bericht mit wunderschönen Fotos. Du hast echt ein gutes Auge!
                  Danke dafür.
                  Two roads diverged in a wood, and I—
                  I took the one less traveled by,
                  And that has made all the difference (Robert Frost)

                  Kommentar


                  • Mortias
                    Fuchs
                    • 10.06.2004
                    • 1194
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #49
                    AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                    So, ich melde hier mal meinen offiziellen Wunsch an, dass ich nichts dagegegen hätte, wenn dieser schöne Bericht bald mal weiterginge.

                    Kommentar


                    • Mika Hautamaeki
                      Alter Hase
                      • 30.05.2007
                      • 3979
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #50
                      AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                      Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                      So, ich melde hier mal meinen offiziellen Wunsch an, dass ich nichts dagegegen hätte, wenn dieser schöne Bericht bald mal weiterginge.
                      Vollste Zustimmung!!!
                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                      A. v. Humboldt.

                      Kommentar


                      • Rattus
                        Lebt im Forum
                        • 15.09.2011
                        • 5177
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #51
                        AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                        Ups, da hatte ich die Fortsetzung verpasst. Schon mal gesagt, nochmal: Unglaublich schöne Bilder
                        Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

                        Kommentar


                        • Sarekmaniac
                          Freak

                          Liebt das Forum
                          • 19.11.2008
                          • 10958
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #52
                          AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                          4.4.


                          Um die Strecke gegenüber dem Hinweg etwas zu variieren, gehe ich heute direkt den Fluss lang. Und außerdem geht es ja in die Gegenrichtung, auch so kommt optisch Abwechslung auf. Der schwarzweiße Berg vom Hinweg, dieser hier links:



                          begleitet mich stundenlang.

                          Vormittags ist noch viel blauer Himmel zu sehen, doch dann wird es etwas trübe, die Sonne wird fahl, die Landschaft verliert ihre Farben. Eine schwarzweiße Steinwüste, schwarze Linien aus Uferkies, sehr wenig Schnee, viel blankes Eis. Manchmal ist das Eis etwas nass, auf dem Hinweg hat mich das sehr beschäftigt, jetzt sehe ich das etwas gelassener.

                          Heute schwächle ich ein wenig, ich habe nachts ziemlich schlecht geschlafen, ständig Krämpfe in den Beinen gehabt und ein wenig gefröstelt.

                          OT: Und dann hatte ich diesen sehr deutlichen Traum in der Nacht: Ich habe eine Zwiebelsuppe gekocht. Zwiebeln geschnitten, mit etwas Zucker in der Pfanne karamellisert, Rinderbrühe dazu, köcheln lassen, in Steingut-Suppentassen mit Käse überbacken, Weißbrot geschnitten. Ich sah es nicht nur alles deutlich vor mir, ich konnte es sogar riechen. Was auch immer das bedeuten mag.


                          Ohne direktes Sonnenlicht ist es sehr kalt. Ich fummele mehrmals, mit Aufwärmpausen für die Finger, an den Kurzfellen herum. Die Schlitze für die Befestigung sind mit steinhartem Eis gefüllt, dass sich selbst mit einem Taschenmesser nicht entfernen lässt. Irgendwann gebe ich auf und wachse die Ski. Das funktioniert ganz gut, nur läuft sich auf dem harte Untergrund das Wachs schnell ab, und ich muss öfter nachwachsen.

                          Ich stoße auf erste Skooterspuren, und auf eine Haufen Karibudecken, -köpfe und -eingeweide, die von Jägern zurückgelassen wurden. Vorboten der Zivilisation. Etwa 15 km vor Anaktuvuk Pass zelte ich auf einer größeren Schneewehe auf einer Kiesbank im Fluß.





























                          Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 14.03.2015, 23:16.
                          Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                          (@neural_meduza)

                          Kommentar


                          • Sarekmaniac
                            Freak

                            Liebt das Forum
                            • 19.11.2008
                            • 10958
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #53
                            AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                            5.4.

                            Die Siedlung ist nur einen Tagesmarsch entfernt ist, allerdings steuere ich nicht direkt darauf zu, sondern halte ich mich hart auf der Nordseite des Tals. Ich habe ja wegen des großzügigen Zeitbudgets beschlossen, noch eine kleine Schleife Richtung Norden zu machen und erst danach nach Anaktuvuk Pass zurückzukehren.

                            Nachts ging ein leichter Wind, uns es hat ein paar Flocken geschneit, das Eis des Anaktuvuk River ist morgens ganz leicht überzuckert. Es ist etwas dunstig, und trotzdem leuchtet die Landschaft. Schneekristalle blinken, auf dem Eis, in der Luft. Ich merke an meinem Gesicht, wie kalt es ist. Nach jeder Pause sind Kamera und Schultern mit winzigen schneeweißen Kristallen bedeckt, die aus der Luft ausfallen und sich mit einer leichten Bewegung abschütteln lassen.

                            Der Fluss teilt sich immer wieder in einzelne Arme, die durch von Weiden bewachsene Inselchen abgetrennt sind. Die Weiden ist phänomenal - die Wurzelstöcke, mit denen sie sich der Erosion der Uferböschung entgegenstemmen, haben etwa die dreifache Biomasse der Kronen.

                            Ich habe die ganze Tour über phantastisches Wetter gehabt, deshalb wäre es Quatsch diesen Tag als den (fotografisch) "besten" zu küren. Aber dennoch: Die Lichtstimmung heute ist absolut ungaublich. Pastellfarbener Nebelkitsch, kastaniengroße "ice flowers" auf dem Fluss. Gegen Spätnachmittag wieder blauer Himmel. Das winzige Zelt am Fuß des großen Bergs, der den Eingang des oberen Anaktuvuk Valley bewacht. Vom hier aus geht es morgen nordwärts.

                            Nach dem Zeltaufbau (ich muss ein bißchen hin und herlaufen und suchen, um genug Schnee für die Heringe zu finden), setze ich mich mit Thermoskanne und Isomatte auf einen nahezu schneefreien Schuttwall und mache ein kleines Picknick. Und danach erledige ich ein etwas größeres Geschäft. Ich habe noch nie bei einer schöneren Aussicht gesch...n.

                            Zum Kochen verziehe ich mich dann ins Zelt - und verpasse den ersten und zweiten Akt eines spektakulären Ereignisses: Ein Halo-Sonnenuntergang. Erst bei Akt 3, da ist die Sonne schon hinter den Bergen verschwunden, entdecke ich bei einem zufälligen Blick nach draußen, was da vor sich geht. Was sind da schon Nordlichter. (Die habe ich übrigens auch zwei oder dreimal, wenn ich mal nachts raus musste, gesehen. Allerdings nichts Sensationelles. Bzw. falls doch, habe ich es verschlafen. Zum Glück habe ich - dank eines ausgefeilten Flüssigkeitsmanagements - nachts meist durchgeschlafen).





















































                            Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                            (@neural_meduza)

                            Kommentar


                            • Sarekmaniac
                              Freak

                              Liebt das Forum
                              • 19.11.2008
                              • 10958
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #54
                              AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                              6.4.

                              Heute also geht es ein Stück nordwärts. Nicht gerade eine kreative Wegführung, aber es gibt Schlimmeres, als in dieser Landschaft die Zeit totzuschlagen. Weil es windig ist, gibt es nicht so viele Bilder. Mir werden beim Knipsen einfach die Finger zu kalt.

                              Mehrmals sehe ich enorme Karibougeweihe aus dem Schnee ragen. Sie scheinen von Menschenhand aufgestellt. Ich sehe auch eine Skooterspur daneben lang laufen. Vielleicht als Wegzeichen. An einer Stelle sind sogar fünf Geweihe im Kreis angeordnet.

                              Das Anaktuvuk Valley ist hier mehrere km breit, etwa 20 km weiter nördlich laufen die Berge der Brooks Range langsam aus, und eine riesige sumpfige Ebene beginnt, die sich bis zum Polarmeer zieht. Den ganzen Tage schaue ich in Richtung der Big Nothingness.

                              Auch heute sehe ich wieder einen Halo und stehe bei Sonnenuntergang mit der Kamera bereit. Allerdings hat es wohl andere Lichtverhältnisse (weniger Dunst?). Das spektakuläre Farbenspiel vom Vortag bleibt aus.











                              Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                              (@neural_meduza)

                              Kommentar


                              • Sarekmaniac
                                Freak

                                Liebt das Forum
                                • 19.11.2008
                                • 10958
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #55
                                AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                                7.4.

                                Am letzten Tag der Tour ist es zum ersten Mal so windig, dass ich den Schlafsack beim Auslüften beaufsichtigen muss. Und für jedes Bild, das ich schieße, bezahle ich mit zwei Minuten Schmerzen in den Fingern. Die Füße fühlen sich nach drei Wochen Daueraufenthalt in der Kälte auch nicht mehr richtig warm an. Ein bißchen dumpf, taub und pelzig.. Ich habe mir quasi den Tank leergefahren.

                                Langsam freue ich mich darauf, ins Warme zu kommen. Aber bis dahin genieße ich jeden Augenblick. Besonders spektakulär ist die Querung des Cache Lake. Tiefschwarzes, durchsichtiges Eis, ein Spinnengewebe von feinen, weißen Rissen, aber mit einer spiegelglatten Oberfläche, über die der Wind die Schneekristalle treibt. In einem Meter Tiefe und mehr erkennt man einzelne, eingefrorene Schneeflocken, Luftblasen, Wasserpflanzen.

                                Um kurz vor vier erreiche ich die Straße. Sie ist blankgefegt, so dass ich kurz vor dem Ort die Ski abnehme, um den Belag zu schonen. Und natürlich kommt mir bald ein Auto entgegen. Ob ich die Frau bin, die vor drei Wochen hier losgegangen ist? Bin ich. "Ich bin froh, dass Du wieder da bist", höre ich Ich auch. Da die Straße ja nur drei Meilen lang ist, kann der Wagen nicht weit fahren. Nach einer Viertelstunde überholt er mich von hinten, verschwindet vor mir Richtung Dorf. Und kommt nach 10 Minuten wieder zurück. So ein Auto muss bewegt werden.



































                                Ein Straßenschild taucht auf, dann die erste Häuserreihe. Das Büro im City Council ist noch auf. Ich wärme mich ein bißchen auf, halte ein Schwätzchen, nehme meine hinterlegten Sachen wieder in Empfang und mache mich auf zu der bekannten Stelle an der Landebahn, wo ich mein Zelt etwa 20 m von der alten Stelle aufschlage.
                                Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 15.03.2015, 10:07.
                                Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                (@neural_meduza)

                                Kommentar


                                • Sarekmaniac
                                  Freak

                                  Liebt das Forum
                                  • 19.11.2008
                                  • 10958
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #56
                                  AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                                  8.4.

                                  Am nächsten Morgen mache ich mir nur eine Thermoskanne mit heißem Tee und gehe zum Frühstücken in das kleine Gebäude direkt an der Landebahn. Hier ist die lokale Vertretung des North Slope Borough untergebracht, zwei Büroräume, ein paar öffentliche Computerarbeitsplätze, eine Sofaecke für Leute, die auf ein Flugzeug warten. Meinen Tee brauche ich gar nicht, Larry Burris, der hier arbeitet, versorgt mich mit Kaffee. Und o Wunder, er schmeckt mir sogar.

                                  Larry ist ein Enkel von Simon Paneak, der in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts die letzten nomadisierenden Clans der Nuamiut davon überzeugte, am Anaktuvuk Pass eine dauerhafte Siedlung zu gründen. Die Nuamiut (Inlandeskimos) waren das letzte indigene Volk der USA, das sesshaft wurde.

                                  Im kleinen, aber feinen Simon Paneak Memorial Museum erzählen die Bewohner des Dorfs ihre Geschichte: Das Leben einer zu 100% vom Karibou abhängigen Jägergesellschaft, die über mehrere Jahrhunderte in einer der extremsten Klimazonen der Erde überlebte.

                                  Was mir am meisten in Erinnerung blieb: Dass die Nuamiut in ihrem Siedlungsgebiets im Laufe der Jahrhunderte fast alle größeren Bäume abholzten, um ihre aus Weidenholz und Fellen gebauten Jurten zu heizen. Bei Anaktuvuk Pass liegt ein Berg, dessen Name - "Berg der hohen Bäume" daran erinnert, dass hier ursprünglich einmal bis zu vier m hohe Weiden standen. Dass alles, Nahrung, Kleidung, Wohnung, Tauschhandel vom Karibu abhing, dass jedoch nie ein Versuch gemacht wurde, das Karibu zu domestizieren. Dass man drei Sorten Schneeschuhe baute, drei Sorten Boote, davon ein Typ ausschließlich für die Karibujagd auf dem Wasser, drei oder vier unterschiedliche Schlittentypen. Und ein technologischer Teufelskreis: Dass man Bären jagt, um an den Oberschenkelknochen zu kommen. Weil man nur daraus die spezielle Waffe fertigen kann, die man unabdingbar für die Bärenjagd braucht.

                                  Pfeile, Pfeilspitzen, Speere, Bögen, Angelhaken, Schlagfallen, Gesichtsmasken, traditionelle Fellkleidung, Schneeschuhe, Schlitten: Einige Gegenstände sind alt, die meisten wurden seit den 1950er Jahren von Paneak und anderen Männern und Frauen seiner Generation gefertigt. Nicht unbedingt, weil man sie für den Alltag benötigte, sondern um das komplexe, alte Wissen zu dokumentieren.

                                  Zeichnungen an den Wänden dokumentieren die Fertigkeiten der Nuamiut: Etwa wie man Feuer macht, Schlagfallen für Wölfe baut, wie man sich allein aus einem Eisloch rettet.

                                  Vom Museum gehe ich ins Restaurant der Nuamiut-Kooperative. Ein ehemaliger Ölarbeiter, der in Anaktuvuk Pass kleben geblieben ist - einer der wenigen Weißen, die dauerhaft hier leben - zeigt mir den Weg.

                                  Nach dem Mittagessen geht es zurück zum Museum. Ein paar Stunden stöbere ich in der Bibliothek. Später in Fairbanks habe ich das Glück, in einem Antiquariat einige der Bücher, die ich angeschaut habe, erwerben zu können - unter anderem einen Ausstellungskatalog mit Zeichnungen von Simon Paneak, die er auf Anregung des Ethnologen John Campbell in den 1960ern und 70ern angefertigt hat, um Sagen, Jagdtechniken und sonstige Aspekte der Alltagskultur der Nuamiut zu dokumentieren. Einfach mal die Bilder auf der Seite des National Park Service anschauen, und ihr versteht, warum ich dieses Buch liebe.

                                  Dann geht es zurück zur Sofaecke, und als das Büro um 17:00 Uhr schließt, wechsele ich wieder ins Restaurant. Ein Hüftsteak mit Pommes und Gemüse, hmmm. Dazu etwas, was sich "Beer" nennt, aber tatsächlich eine eklige braungelbe Limonade ist. Erinnert an Club Cola. Ich hatte ganz vergessen, dass hier im Ort nirgends Alkohol verkauft wird. Meine Gesellschaft zum Essen sind zwei Ingenieure aus Fairbanks, die hier zu Zeit arbeiten, weil das elektrische Leitungsnetz umgebaut und erweitert werden soll. Sie schlafen für 200 Dollar die Nacht in Gästezimmern über dem Restaurant. Da gehe ich lieber in mein Zelt. (Wobei ich heute gehört habe: "Wenn Du willst, kannst Du im Gemeindesaal schlafen." "Wenn dir zu kalt wird, komm einfach zurück, Du kannst hier im Restaurant schlafen". "Du kannst doch auch in der Schulturnhalle schlafen". Einfach nur nett, die Menschen hier).

                                  Diese beiden letzten Nächte im Ort sind tatsächlich die kältesten der Tour, unter -30 Grad.


                                  Rückreise


                                  Morgens breche ich sehr früh das Zelt ab und mache das Gepäck flugtauglich. Das letzte Benzin wird im Kocher verbrannt; Larry kriegt das Bärenspray. Ich habe den Nachmittagsflug gebucht, will aber schauen, ob in der Frühmaschine Platz für mich ist. Ich habe Glück, die Maschine bringt ein Quad und hat nur zwei Passagiere für den Rückflug. Als ich im Flieger sitze fällt mir, auf, dass sich meine Füße immer noch etwas taub anfühlen.

                                  Schon um 12 Uhr mittags komme ich nach Fairbanks zurück. Hier ist mittlerweile der Frühling ausgebrochen. Das Zelt wandert zum Trocknen auf die Terrasse des Bed & Breakfeast, und ich nehme ein Vollbad.

                                  Am nächsten Morgen schlafe ich erstmal aus. Wie immer nach einer längeren Wintertour schlafe ich in der ersten Nacht schlecht in der Wärme und wache mehrmals auf. Nach dem Frühstück geht es erstmal zum FAPLIC, ich melde mich zurück, liefere einen kleinen mündlichen Tourbericht ab und studiere danach am Stehtisch die einlaminierten Alaska-Karten. Touren für die nächsten 100 Jahre...

                                  Ich frage an der Touristeninfo, wo es ein nettes Cafe gibt, und bekomme einen vielversprechenden Tipp. Erst im letzten Sommer eröffnet. Sehr gemütlich sei es, selbstgebackener Kuchen, und nur fünf Minuten Fußweg entfernt. Ich begebe mich dorthin und muss feststellen, dass das Cafe bereits wieder aufgegeben wurde. Vermutlich waren die ungewöhnlichen Öffnungszeiten schuld für das Scheitern: Monday-Friday 9-12 am, 3-6 pm. Ein gewagtes Geschäftsmodell. Danach stöbere ich ein bißchen in den Läden von Downtown herum, unter anderem in einem schön kleinen Antiquariat, kaufe mir in einem Supermarkt Käse, Brot und Tomaten und kehre zurück in meine Unterkunft. Ich mache mir einen faulen Abend vor dem Computer und gehe früh schlafen.

                                  Am nächsten Tag gehe ich morgens in ein Hotel in Downtown, das mir der Koch vom Nuamiut-Restaurant und der Elektro-Ingenieur empfohlen haben. Wegen des super Frühstücks. Noch so ein toller Geheimtipp... Gibt es einen Ort in Fairbanks, wo man gut essen kann? Ich habe ihn nicht gefunden. Danach fahre ich mit dem Bus zur Uni. Im Arctic Research Center ist u.a. ein Kartenladen untergebracht, der sämtliche lieferbaren Alaskakarten führt. Ich kaufe ein bißchen was ein.

                                  Dann besuche ich das University of Alaska Museum of the North - die Dauerausstellung ist etwas altbacken und oberflächlich. Räudige ausgestopfte Eisbären und Karibus, so ein richtiges klassisches Heimatmuseum. Spannender ist die Sonderausstellung über die Internierung und Verfolgung japanischstämmiger Alaskaner während des 2. Weltkriegs.

                                  Der Abend vergeht mit Packen. Meine Flüge wurden umgebucht und ich muss am nächsten Morgen schon um sechs Uhr zum Flughafen; später hänge ich dann geschlagene sieben Stunden in Seattle rum. Vom Rückflug, durchweg bei strahlend sonnigem Wetter, bleiben mir zwei Dinge in Erinnerung: Der Flug über die endlosen Bergketten Kanadas, und dann später die Landung in Heathrow: Ein Flickenteppich aus gepflügten Feldern, Wegen, Häusern und Farmen im Karree. Eine Landschaft, in der es keinen Quadratmeter gibt, der nicht vom Menschen transformiert wurde. Was für ein Kontrast zu den letzten drei Wochen.

                                  Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 06.11.2015, 20:26.
                                  Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                  (@neural_meduza)

                                  Kommentar


                                  • Trampelpfad
                                    Gerne im Forum
                                    • 08.02.2015
                                    • 68
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #57
                                    AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                                    Danke für deinen tollen Bericht und die super Bilder.
                                    Das macht Lust auf mehr.

                                    Kommentar


                                    • Chouchen
                                      Freak

                                      Liebt das Forum
                                      • 07.04.2008
                                      • 20009
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #58
                                      AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                                      Besonders die Eis/Skier-Photos sind toll!
                                      (Der Rest natürlich auch.)
                                      "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

                                      Kommentar


                                      • Lynness
                                        Erfahren
                                        • 08.05.2008
                                        • 416
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #59
                                        AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                                        wunderschöner Bericht Macht Lust aufs Draussen sein im Winter

                                        super Danke
                                        Gruß Lynness

                                        Kommentar


                                        • Gast-Avatar

                                          #60
                                          AW: [US] Gates of the Arctic - im Winter durch die Brooks Range

                                          Auch von mir ein dickes Danke! Tolle Fotos. Dieses Jahr waren in Alaska wohl eher Schlittschuhe als Skier angesagt.

                                          Kommentar

                                          Lädt...
                                          X