[DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

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  • Paddolf
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    • 22.10.2014
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    [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    1.Tag
    "Pass auf dich auf." – "Na klar."
    "Und du rufst jeden Abend an." – "Natürlich, immer um 8."
    "Und kein unnötiges Risiko." – "Jaaa Mäuschen, Du kennst mich doch" – "Na eben ..."

    Begleitet von guten Wünschen und wesentlich mehr Ermahnungen beginnt die Fahrt zunächst mit dem Auto, das Boot auf dem Dach lässt sich auf den ersten Kilometern nur vom Fahrtwind durchpusten. GoogleEarth hat mir eine Brücke in Prenzlau gezeigt, da will ich hin und dort mein Kajak in die Ucker einsetzen.
    Fußgängerbrücke über die Prenzlauer Ucker

    Irgendwie soll es in die Ostsee gehen, mindestens bis Greifswald, besser bis Stralsund, aber eigentlich träume ich von Kap Arkona. Es ist erst meine zweite größere Kajaktour. Im letzten Jahr wollte ich an der Süd-Müritz startend den Ort Prerow von der Boddenseite her erreichen. Am Ende fand ich mich tatsächlich in Prerow, aber von Hiddensee kommend an der Darss-Nordküste - mit Halbspritzdecke und einem Flyer der Nationalparkverwaltung als Kartengrundlage. Ein Fall von gefährlicher Dusseligkeit.
    Aber ich habe gelernt, die Ausrüstung ist besser und der Wiedereinstieg mit Paddelfloat macht zumindest auf der heimischen Havel keine Probleme.
    In Prenzlau muss mein garagenverwöhntes Auto wohl auf der Straße nächtigen - und das eine ganze Woche lang. Die Freude vor dem Start ist getrübt, obwohl das Boot beladen mit allem Gepäck auf den ersten Paddelschlag wartet.
    Doch da ist es dann, das Schicksal, dass es gut mit mir meint. Herzlichen Dank an Familie Lindemann! Meine Vorbereitungen für die Paddeltour blieben nicht unbeobachtet, eine Anwohnerin erkundigt sich nach meinen Plänen und bietet mir spontan ihren Mieterparkplatz im Wohngebiet an.

    Startplatz an der Ucker (das Rote ist kein Müll, sondern mein Boot)

    Um 10 vor 10 ist es dann soweit, das Boot kann ablegen ... um kurz danach auf Grund zu laufen. Die Ucker ist im Stadtgebiet von Prenzlau so flach, dass ich mich an mehreren Stellen mit den Händen am Grund abstützen muss, um über die Sandbänke zu gelangen. Erst ab der Quillow-Mündung am Ortsausgang reicht der Wasserstand für sicheres Fahren.
    Eben aus diesem Grunde setzen hier gerade 2 Canadier ein. Für mich wäre das aber keine Alternative, ich hätte das Auto hier nur auf der grünen Wiese parken können, die Lindemannsche Fürsorge hätte ihm sicher gefehlt.
    Trotz des ab jetzt ordentlichen Wasserstandes, von zügigem Paddeln kann nicht die Rede sein. Das noch sehr schmale Flüsschen ist dicht von Schilf gesäumt. Entlang des gesamten Flusslaufes ändert sich daran wenig, jedoch treten bald die Ufer weiter auseinander und erlauben damit die vorgesehene Paddelbenutzung.


    durchs Schilf


    die Ufer weiten sich


    so werden Illusionen zerstört



    Uckerufer


    Kurz vor Wehr Nieden treffe ich ein Boot mit "Rückwärtsfahrern", ein breites Gefährt, für die Ucker an dieser Stelle eigentlich überdimensioniert. Kein Problem an dem behäbigen Ruderkahn vorbei zu ziehen. Ich grüße zwar freundlich, denke mir aber, die sollen sich mal ein ordentliches Boot zulegen.


    Wehr Nieden mit Krautsperre (ja, da muss man am Rand durch)

    Höchstens fünf Minuten später habe ich Wehr Nieden erreicht und kurz darauf haben mich die Ruderer erreicht. Jetzt muss ich mein Vorurteil ablegen. Im Boot unterwegs ist ein junges Paar mit einem etwa 1 Jahr alten Kind, dass ich vorhin nicht gesehen hatte. Geschützt unter einer Plane ist im Bug eine Schlaf- und Spielecke eingerichtet. Ich bin begeistert, so lässt sich schon mit einem Kleinkind eine Wasserwanderung unternehmen. Die drei wollen gemütlich bis Ueckermünde fahren und unterwegs auf den Wasserwanderrastplätzen in Pasewalk und Torgelow im Zelt nächtigen.
    Wir helfen uns gegenseitig beim Umtragen des Wehrs und nach freundlicher Verabschiedung bleibe ich in Gedanken noch ein wenig bei der Idee, auch schon mit sehr kleinen Kindern auf Tour zu gehen. Wenn ich dann irgendwann Opa bin, möchte ich mit den Enkeln genauso unterwegs sein. Also - ganz genau so dann doch nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, zum Rückwärtsfahrer zu werden. Ein richtig "fetter" Canadier sollte aber für den Zweck passen.


    irgendwo im Grenzgebiet

    2km weiter besteht letztmalig Gelegenheit, Brandenburger Territorium zu betreten. Die Ucker markiert die Landesgrenze, links grüßen Brandenburgische Windräder, rechts wuchert Vorpommersches Schilf. Hier hat dass Flüsschen übrigens ein Identitätsproblem. Je nach dem, an welchem Ufer man anlandet, befindet man sich an der Ucker oder an der Ücker. Um das Flüsschen nicht zu erzürnen, lasse ich es allein mit seinem Namenskonflikt und verlasse bald das Heimatbundesland.


    "Wildwasser" auf der Uecker

    Mit Pasewalk ist nun auch der erste größere Ort in MeckPom erreicht. Am Ortseingang lockt ein Wasserwanderrastplatz, soweit sich dass erkennen lässt mit ordentlicher Ausstattung. Aber es ist erst Mittag, das Wetter ist auf meiner Seite und die Kräfte sind noch frisch.


    in Pasewalk

    Pasewalk hat zwei Wehre. Am Mühlenwehr ist eine Strecke von vielleicht 70m zu umtragen. Also auspacken, einpacken, tragen ...
    Geht es nicht einfacher, wozu habe ich als Boot eine "Plasteschüssel"? Das Gras im Uferbereich möge es mir verzeihen, ich schleife das Boot über den Bewuchs. Nur eine etwa 10m breite Betonzufahrt lässt sich so nicht überwinden. Als der Bug über dem Beton schwebt, hebe ich das Heck an und drehe das Boot um 180°, der Drehpunkt liegt also unter dem Bug. Der Vorgang wiederholt sich, nur das Bug und Heck ihre Rollen tauschen. Wer ganz sicher gehen möchte, legt etwas Weiches unter den jeweiligen Auflagepunkt - aber mein Boot muss das auch so "abkönnen".


    Kann man da durch?


    Am zweiten Pasewalker Wehr begegnet mir das erste Mal überhaupt eine Bootsgasse. (Die heimische Havel kennt so etwas nicht, für mich war es schon etwas Besonderes, den kleinen Uckerschwall etwa 3km vor Pasewalk zu befahren.) In der Gasse ist man ziemlich hilflos, steuern ist kaum möglich, vermutlich ist es das, was mir Respekt einflösst. Die Fahrt selbst ist dann unspektakulär ... allet jut!


    ein weiteres Wehr ...

    ... mit Bootsgasse






    "Allet jut" heißt es auch nach Passage der Bootsgassen an den beiden folgenden Wehren.
























    Hinweistafeln geben Auskunft, dass die Einrichtung von Bootsgassen und Wasserwanderrastplätze den Tourismus auf der Ucker anregen soll. Noch aber ist viel Luft nach oben, nur auf der Strecke von Prenzlau bis Wehr Nieden habe ich einen Canadier, ein Luftboot (beide natürlich nicht ohne Besatzung) und die Familie im Ruderboot überholt. Erst kurz vor Ückermünde wird mir dann wieder ein Boot begegnen. Auch an den Ufern lässt sich nur selten jemand blicken, vielleicht mal ein Angler.


    kurz vor Liepe

    Der abenteuerlustige männliche Paddler wird aber vielleicht an der Brücke nach Liepe fündig. Drei nicht mehr ganz knackfrische Damen machen mir weit übers Brückengeländer gebeugt unanständige Angebote. Wenn ich nur die Hälfte davon annehmen würde, hätte meine Holde aber so etwas von einen Scheidungsgrund. Und ich befürchte, wenn die offenbar alkoholinduzierte Hochstimmung der Ladies dem fälligen Kater gewichen ist, bekäme ich nicht mal ein Frühstück.


    Einfahrt nach Torgelow

    Torgelow, der nächste größere Ort, vermittelt vom Wasser ein freundliches Bild, dass dazu einlädt, an Land zu gehen. Das muss ich dann auch, aber nur um das Wehr zu überwinden. Am Wasserwanderrastplatz auf der Wehrinsel schlagen einige Radtouristen bereits ihre Zelte auf, ihr wichtigster Ausrüstungsgegenstand scheint ein kleiner Hänger mit zwei Kisten Bier zu sein. Wahrscheinlich wäre es ganz witzig, sich hier einzuklinken, aber mich hat der Ehrgeiz gepackt, ich möchte noch bis zum Wasserwanderrastplatz Eggesin paddeln.
    Die etwa 500m lange Wehrumtragung verlangt den Einsatz des Bootswagens.


    vom "Schwimmzeug" zum "Fahrzeug"

    Die Einsetzstelle entpuppt sich als Schwimmsteg mit unbrauchbar steiler Metalltreppe. Wahrscheinlich findet sich der Projektant dieser Einrichtung ganz toll, wozu also jemanden fragen, der sich mit den Bedürfnissen der Paddler auskennt, also z.B. jemanden vom ortsansässigen Paddelverein... Ich rollere jedenfalls etwa 50m zurück zu einer flachen Uferböschung, an der ich das Boot ins Wasser rutschen lassen kann.


    Uecker nach Torgelow

    Nach Torgelow wird die Uecker zum trägen und für ihre Verhältnisse breiten Fluss. Man kann sich gut vorstellen, dass vor dem Bau der Eisenbahnstrecke Kähne mit vielerlei Gütern beladen den Fluss bevölkerten. Jetzt aber, zu schon abendlicher Stunde zieht nur mein Boot seine Wellenbahn. Kurz vor Einmündung des Randow in die Uecker habe ich sogar Gelegenheit, einen Biber zu beobachten.


    hier hat ein Biber geknabbert

    Endlich, gegen 20.30Uhr ist der Wasserwanderrastplatz Eggesin erreicht. Dank telefonischer Vorankündigung haben die freundlichen Betreiber noch gewartet, ich kann die Formalitäten erledigen, eine Duschmarke und zwei Flaschen Bier erwerben - und damit ist der Abend gerettet. Als ich nach Zeltaufbau und Abendbrot noch ans Lagerfeuer eingeladen werde, komme ich doch recht spät in den Schlafsack.




    Zuletzt geändert von Paddolf; 25.12.2014, 22:20.

  • Paddolf
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    #2
    AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

    2.Tag
    Alles richtig gemacht. Die Sonne bescheint tatsächlich den Zelteingang und macht mir das Aufstehen leicht. Frühstück gibt es beim Bäcker und nach der Rückkehr zum Zelt ist der Morgentau halbwegs getrocknet, so dass ich mit dem Verpacken beginnen kann. Vom Aufstehen bis zum Start dauert es dann doch fast 3 Stunden.


    WWR Eggesin, das Boot wartet auf den Start


    Randowmündung (links) in die Uecker

    Auf einem kurzen Wegstück bringt mich der Randow wieder zur Uecker. Die ohnehin schwache Strömung scheint zum Erliegen zu kommen, passend zum Uferbewuchs wähnt man sich in einem sumpfigen Urwald. Ein Blick in meine GoogleEarth-Ausdrucke zeigt aber, dass die wild wuchernde Vegetation auf die Uferzone beschränkt ist.




    eine gefährliche Zone für Boote

















    Bald mehren sich die Zeichen eines nahenden Ortes: Anlegestellen, Fahrzeuggeräusche, hin und wieder der Durchblick zu einem Dach und irgendwann begegnet mir das erste Motorboot, ein quietschgelbes Schlauchboot mit Knattermotor.
    Nun ist auch Ückermünde erreicht und nach der Klappbrücke ahnt man im Hafen das nahe Haff. Von hier sind es noch 2km bis zur eigentlichen Mündung der Uecker.


    Hafen Ueckermünde

    Ach ja, die Ueckermündung: Hier endete vor etlichen Jahren eine 4-tägige Kombitour mit Auto, Bahn, einem offenen Zweierkajak und vor allem mit meiner Holden. Nur zum "Schnuppern" aufs Haff sollte es gehen, es wurde zu einer unfreiwilligen Badetour. Das Boot verwandelte sich nach kurzer Zeit in eine Sitzbadewanne, wir waren froh, das nahe Ufer ohne Schwimmeinlage zu erreichen. Und das Ganze bei recht harmlosen Wellen.


    Rast im Hafen der "Lagunenstadt Ueckermünde"

    Heute ist es etwas windiger, der Wetterbericht hat bis zu 4 Bft angekündigt. Zeit für einen Stop im Hafen der "Lagunenstadt Ueckermünde". Landgang ins nahe Gebüsch und zwei Brötchen vom Frühstücksbäcker verspeist – die körperlichen Voraussetzungen stimmen. Die Halbspritzdecke verschwindet in der Gepäckluke und wird für den Rest der Tour durch die normale Spritzdecke ersetzt, ich ziehe eine leichte Paddeljacke und die Schwimmweste an – die ausrüstungstechnischen Voraussetzungen stimmen. Hoffentlich reicht auch das paddlerische Können ...
    Auf meiner Durchfahrt durch den Mündungskanal werde ich am Ufer von einem DLRG-Helfer begleitet. Zufall? Durch Wellenreflexionen ist die Wasseroberfläche recht kabbelig und ich bilde mir ein, dass der DLRG-ler auf der Suche nach einem Einsatzgrund ist. Aber "allet jut", ich kann mir die Peinlichkeit und ihm die Mühe ersparen.


    Ausfahrt aufs Haff

    Nach Verlassen des Mündungskanals wirkt zwar der Nordostwind ungebremst, aber die Wellen kommen schön gleichmäßig, so dass ich mich nach kurzer Zeit entschließe, nicht in Ufernähe zu fahren, sondern die direkte Verbindung zu wählen. Mit etwas Mühe erkennt man in etwa 15km Entfernung die Karniner Brücke, das ist die Landmarke, auf die ich nun zuhalte.


    am Horizont die Karniner Brücke

    Als dann die Kirchturmspitze des Ortes Usedom sichtbar wird, wähle ich diese als neue Landmarke. Damit komme ich zunächst etwas zu weit nördlich, habe damit aber auf den letzten Kilometern das Vergnügen, den Wind fast direkt von hinten zu erleben. Leider eignen sich die Wellen (oder mein Boot) nicht zum Kajaksurfen, aber ich vermute, auf dem Haff können sich Wellen mit der notwendigen Länge ohnehin kaum aufbauen.


    kurz vor Karnin

    Vor Erreichen der Karniner Brücke macht sich die Landabdeckung bemerkbar, ein gemütlicher Wind hilft mir auf dem letzten Stück zur Haffschänke bzw. zu "Vadder Gentz". So richtig erkenne ich nicht, warum diese Gaststätte einen Kultstatus besitzen soll, aber ich bin ja auch nur auf der Durchreise. Zumindest das Essen ist in Ordnung und man fühlt sich bei den Preisen nicht über den Tisch gezogen.


    Hafen von "Vadder Gentz"

    Nach "Vadder Gentz" ist es nur noch ein Katzensprung oder vielleicht besser ein Flossenschlag bis zu den immer noch eindrucksvollen Resten der Karniner Brücke.


    die eigentliche Hubbrücke blieb erhalten

    Ursprünglich diente das Bauwerk dem Eisenbahnanschluss Usedoms, bis es in den letzten Kriegstagen von Wehrmachtsangehörigen gesprengt wurde. Haben die Verantwortlichen wirklich noch an einen "Endsieg" geglaubt, waren sie einfach nur verzweifelt und konnten sich nicht vorstellen, dass das Leben nach dem Krieg weitergeht? Wer weiß, zu welchem Unfug man selbst in dieser Situation fähig gewesen wäre.


    Zecheriner Brücke

    Von links mündet nun die Peene und bald befinde ich mich an der Zecheriner Brücke. Hier kann ich einige Segler überholen, die auf die Öffnung der Klappbrücke warten.
    Nach der Brücke wendet sich der Peenestrom Richtung Nordost und damit kommt der Wind fast direkt von vorn. Nun beginnt die größte Quälerei der Tour. Für die folgenden 9km habe ich etwa 3 Stunden harter Paddelei gebraucht. Immer entlang des linken Ufers, immer fast schon im Schilf, jede noch so kleine Bucht abgefahren, nur um ein wenig Windschatten zu erhalten.
    Erst mit Wendung der Fahrtrichtung nach Nordwest entspannt sich die Situation etwas, zudem scheint der Wind nachzulassen. Dies wäre auch nicht untypisch, bei dem herrlichen Sonnenschein führt gerade am Nachmittag die Temperaturdifferenz zwischen See und Land zu einer deutlichen Nordströmung der Luft, gegen Abend verschwindet dieser Effekt.


    Bucht von Lassan

    Einen Moment lang bin ich geneigt, in die Bucht von Lassan zum Campingplatz einzufahren, aber eigentlich will ich noch etwas weiter. Das Etappenziel ist erst am Wasserwanderrastplatz Bauerberg erreicht.


    nach Lassan


    Zufahrt zum WWR Bauerberg


    Gegen die tiefstehende Sonne kaum erkennbar führt eine schmale Schilfdurchfahrt zu einem Katamaran-Anlandeplatz auf einem kleinen Wiesenstück. Das Gebäude der zugehörigen Segelschule versteckt sich nicht weit entfernt aber vom Wasser her unsichtbar im dichten Baumbestand des Bauerberges.


    auf dem WWR Bauerberg

    Der Betreiber der Segelschule erbittet eine Spende in selbstgewählter Höhe. Dafür kann man sein Zelt am Bootsplatz aufschlagen und die Duschen im Gebäude nutzen. Für insgesamt 10€ bekomme ich zusätzlich zwei Flaschen Bier, am nächsten Morgen ein nettes Gespräch und einen Pott richtig guten Kaffee. Für diejenigen, die Katamaransegeln ausprobieren wollen sicher eine Empfehlung.


    Richtung NordNordWest

    Am späten Abend ist der Wind fast völlig eingeschlafen. Der Blick Richtung Abendröte lässt in der Ferne zwei Krane erahnen. Dass muss wohl die Werft Wolgast sein. Noch später sieht man über den Bodden die Lichter der an der Küste gelegenen Urlaubsorte, aber hier ist alles dunkel und einsam.








    OT:
    So, jetzt muss ich erst einmal Gänsebraten naschen ...
    Morgen geht es in den Skiurlaub. Ob ich dann im Hotel weiterschreiben kann??
    Falls nicht, kommt der Rest später.
    Zuletzt geändert von Paddolf; 25.12.2014, 22:24.

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    • Paddolf
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      #3
      AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

      3.Tag
      Anders als die Segler will ich den am Morgen noch schwachen Wind ausnutzen und lasse mich vom Piepsen meiner Armbanduhr wecken.
      Da ich für die Übernachtungen offizielle Rast- bzw. Campingplätze vorgesehen habe, soll das Frühstück jeweils die lokale Wirtschaft stärken - sprich: nix dabei, denn Essen wird für den Tag am jeweiligen Übernachtungsort besorgt. Mangels nahegelegener Einkaufsmöglichkeit muss ich heute allerdings auf die Notreserve zurückgreifen: Linseneintopf aus der Büchse - kann man wärmen, muss man aber nicht.
      Das Boot ist gepackt, ich möchte mich aber noch bei den Seglern verabschieden. Auf dem Berg selbst ist nur der Hund wach, er kennt mich bereits und stuft mich zum Glück als ungefährlich ein. Jetzt lässt sich auch der Betreiber der Segelschule blicken. Da er für seine Gäste ohnehin Frühstück zubereiten will, bietet er mir an: "Wenn Du noch 10Minuten hast, kannst Du einen Kaffee bekommen."
      KAFFEE ... , mit diesem Wort ist die Entscheidung gefallen, natürlich habe ich noch 10Minuten. Am Ende ist es über eine halbe Stunde, die ich später als vorgesehen aufbreche. Wir quatschen über dies und jenes und ich bekomme die aktuellen Wettervorhersage.
      Fazit für Kanuwanderer: Meidet die Urlaubsorte, die Boddenküste hinter Usedom ist nicht weniger reizvoll, aber ruhiger, preisgünstiger und man hat eher die Chance auf persönliche Kontakte.


      Abfahrt vom Bauerberg

      Die Wettervorhersage bestärkt mich in meiner Hoffnung, heute kann ich Rügen erreichen. Vor der Überfahrt über den Greifswalder Bodden habe ich gehörigen Respekt, die endgültige Entscheidung über die Streckenführung werde ich erst bei der Ausfahrt aus dem Peenestrom treffen. Nun muss ich zügig starten.


      auf dem Achterwasser

      Das Achterwasser bis zum Peenestrom kann ich fast bei Windstille befahren.


      Einfahrt in den Peenestrom

      Selbst bei Einfahrt in den Peenestrom fächelt nur ein laues Lüftchen, aber mit jeder Minute länger bedauere ich, nicht schon früher aufgebrochen zu sein.


      Wolgast

      Etwa mit dem Erreichen von Wolgast wird der Wind aus nördlicher Richtung unangenehm wirksam. Bald jedoch kann ich in die schmalere alte Peene einfahren und bin damit nicht so stark dem Wind ausgesetzt wie die größeren Boote auf dem Peenestrom. Vermutlich bietet die Strecke auch mehr fürs Auge, aber das kann ich mangels Vergleich nicht bestätigen.


      Pause an der alten Peene



      Brückchen über die alte Peene


      Bei Peenemünde vereinen sich alte Peene und Peenestrom wieder. Bald darauf öffnet sich der Blick über die Spandowerhagener Wiek auf den Greifswalder Bodden, im Hintergrund erahnt man die Rügensche Küste.


      Spandowhagener Wiek


      Zeit für eine längere Pause. Hier begegne ich den letzten Paddlern bis kurz vor Stralsund. Mutter und Tochter haben ein Boot in Spandowhagen gemietet und hier ein Badestopp auf ihrer Tagestour eingelegt.


      Badepause bei Peenemünde


      Die Überfahrt nach Rügen habe ich in zwei Etappen geteilt. Auf der ersten kürzeren Strecke bis zum Ruden befindet man sich nahe eines Fahrwassers und begegnet so einigen Booten. Der Wind, eine schwache 3 treibt die Wellen schräg von vorn gegen das Boot. Das ist durchaus hinderlich, aber erzeugt nicht den Eindruck von Kentergefahr.


      Ruden voraus

      Am Ruden selbst mache ich mir nicht die Mühe. das Boot zu verlassen. Ein Müsliriegel und ein Schluck aus der Wasserpulle, das reicht schon.
      Die folgende 8km lange Etappe lässt mich doch recht einsam. Anfangs, bei Querung der Flachwassergebiete, trifft man noch auf Schwäne. Dann bleibt man seinen Gedanken und den Wellen überlassen. Die Rügensche Küste rückt nur langsam näher, ich fühle mich ein wenig verloren, eine eigenartige Stimmung.


      Das Südperd ...

      ... kommt nur langsam ...

      ... näher.

      Irgendwann ist dann doch das Südperd erreicht und ich merke, wie sich meine Anspannung löst. Alles, was ich jetzt erreiche ist Zugabe. Es besteht die Möglichkeit, in Thiessow und Lobbe zu zelten. Aber mich treibt die Freude über die gelungene Überfahrt weiter um das Nordperd. Ein Fehler, wie sich im nachhinein herausstellt. Offenbar war ich während der Überfahrt so verkrampft, dass mich in den folgenden Tagen eine Verspannung in der rechten Schulter plagt. Die Übernachtung bereits in Thiessow hätte dies wahrscheinlich verhindert.


      Nordperd voraus

      Mit Umrundung des Nordperds, Rügens östlichsten Kap, öffnet sich der Blick auf Göhren.


      Strand von Göhren, Turm von Jagdschloss Granitz


      Findling vor der Küste

      Im Abendlicht frage ich an der Seebrücke nach dem Campingplatz. Am Strand versprechen nette Urlauber, ein Auge auf das Boot zu haben und ich eile zur Rezeption des Campingplatzes. "Alles ausgebucht, versuchen Sie es doch mal nicht direkt an der Küste."
      Nach dem ich gefühlte 10 mal erkläre, dass ich a) wirklich nur eine Nacht bleiben möchte, b) tatsächlich mit einem Kajak hier gelandet bin und c) ja, den Platz bis morgen um 11Uhr wieder geräumt haben werde, zeigt die Dame Verständnis.


      Camping Göhren

      Beim Aufstellen des Zeltes beobachte ich eine wahrscheinlich typische Situation. Auf wenig besuchten Campingplätzen interessiert man sich füreinander und kommt schnell ins Gespräch. Auf einem großen, gut gefüllten Platz erhält man bei nur einer Übernachtung kaum Kontakt.









      OT: So, jetzt muss ich mich aber auf die Jokelei in die Alpen vorbereiten. Mal sehen, wie viel "Spaß" wir morgen auf der Autobahn haben werden.
      Zuletzt geändert von Paddolf; 16.01.2015, 19:36.

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      • syncronizer
        Gerne im Forum
        • 12.03.2012
        • 83
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        #4
        AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

        Toller Bericht, Fotos und Google karte, vielen Dank.
        Freu mich schon auf die Fortsetzung.



        EDIT: Ups, sollte eigentlich nach dem 1. Beitrag kommen, da haben sich die posts überschnitten...
        Zuletzt geändert von syncronizer; 25.12.2014, 22:12.

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        • geige284
          Dauerbesucher
          • 11.10.2014
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          #5
          AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

          Schöner Bericht bislang! Gefällt mir gut. Die Gegend um Wolgast war auch mein paddelrevier damals im kanusportverein wolgast

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          • Kris
            Alter Hase
            • 07.02.2007
            • 2799
            • Privat

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            #6
            OT: Was für ein Auto fährst du denn? ;) Danke fürs reiseberichten!
            „Barfuß am Leben ist auch was wert.“ - Kasperl

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            • JC-N

              Erfahren
              • 21.03.2004
              • 194
              • Privat

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              #7
              Toller Bericht!!!
              maximum vastness + maximum solitude = maximum fun

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              • willo
                Administrator

                Administrator
                Lebt im Forum
                • 28.06.2008
                • 9799
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                Super Bericht,

                einen Teil der Strecke bin ich auch schonmal gepaddelt, damals vom Kummerower See die Peene runter kommend.

                Grüße,
                Heiko
                Meine Fotos ziehen um: http://500px.com/baryt/sets

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                • Paddolf
                  Erfahren
                  • 22.10.2014
                  • 341
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                  4.Tag
                  Lange vor 11Uhr bin ich wieder auf dem Wasser. Zuvor gestattete mir Petrus den Zeltabbau noch im Trockenen.


                  vor dem Start - im Hintergrund Halbinsel Jasmund

                  Schon bald, irgendwo zwischen Baabe und Sellin setzt ein leichter Regen ein. Das stört nicht wirklich, Paddeln ist schließlich Wassersport. Einzig die getrübte Sicht ruft mein Bedauern hervor. Dafür ist der Wind schwach, die langgestreckten Wellen aus Ost scheinen eher von der Dünung als vom Wind herangetragen zu werden.


                  Steilküste an der Granitz


                  Vor der Einfahrt in die Prorer Wiek, noch an der Steilküste der Granitz entschließe ich mich spontan, die Gunst des Wetters zu nutzen und direkt nach Sassnitz zu fahren. Erst im Nachhinein erkenne ich aus der Karte, dass die Querung dieser Bucht die längste der gesamten Tour war, die mir mit ca. 5km auch die größte Landentfernung verschaffte. Trotzdem beeindruckt mich die Querung viel weniger als die des Greifswalder Boddens. Vielleicht habe ich mich etwas an die Dimensionen der Küstenpaddelei gewöhnt, vielleicht führt die Situation einer Bucht zu einer subjektiv anderen Wahrnehmung und sicher spielt auch das trübe, ruhige Wetter eine Rolle.


                  vor Mukran


                  Vor Mukran ist mit Schiffsverkehr zu rechnen. Die Fähren und anderen Schiffe machen ja nicht gerade Jagd auf Paddelboote, aber ein wenig Obacht ist geboten, um nicht vom Signalhorn aus dem Kurs getutet zu werden. In diesem Falle ist allerdings die Aufmerksamkeit unnötig, die Fähre zieht in großer Entfernung vorbei.


                  Küste vor Sassnitz


                  Ein Landgang in Sassnitz scheint kaum möglich, die Steinschüttung am Ufer schützt nicht nur die Küste sondern hält auch Kleinboote fern. Erst am nördlichen Rand der Stadt enden die Uferbefestigungen. Zum pausieren muss ich hier anlanden, wenig weiter nördlich erstreckt sich der Nationalpark Jasmund, die dortigen Küstengewässer sind als Sperrzone deklariert.


                  Pause nahe Sassnitz

                  Mittlerweile zeigt sich wieder die Sonne und der Wind hat ein wenig aufgefrischt, die richtigen Voraussetzungen um mit der Vorbeifahrt an den Kreidefelsen der Stubbenkammer einen der Höhepunkte der Tour zu genießen. Zwar muss man aus Naturschutzgründen einen Mindestabstand von 500m zur Küste einhalten, aber vielleicht ist der Blick aus dieser Entfernung ohnehin eindrucksvoller. Widersinnig erscheint mir nur, dass die Fußgänger sowohl am Strand als auch oben auf dem Steilküstenweg die Landschaft erkunden dürfen, aber Paddelboote aus den Küstengewässern verbannt werden.


                  Kreideküste der Stubbenkammer



                  Königsstuhl

                  Die erste Gelegenheit nach Umrundung der Stubbenkammer an Land zu gehen ergibt sich in Lohme. Im schön gelegenen Hafen ist extra für Kleinboote eine Anlandemöglichkeit vorgesehen und das in die Steilküste gebaute Cafe Niedlich (der Name ist Programm) bietet neben der Gastronomie einen reizvollen Blick.


                  Hafen Lohme

                  Hier ereignet sich einer der unglaublichen Zufälle, die man nicht für möglich hält, wenn man sie nicht selbst erlebt. Mein in Stockholm wohnender Cousin, den ich in den letzten 3 Jahren nur einmal auf einer Familienfeier getroffen habe, befindet sich für ein paar Urlaubstage mit seiner Frau auf Rügen und justament zur selben Zeit am selben Ort.
                  Nach diesem denkwürdigen Treffen lege ich die letzte Strecke bis Glowe frohen Mutes zurück, zumal der schwache Wind fast genau in Fahrtrichtung weht und seine Unterstützung gewährt. Am Hafen Glowe kann ich für 5€ das Zelt auf dem Trailerplatz aufschlagen und die Sanitäranlagen benutzen. Nicht berauschend - aber was will man mehr.


                  Zelt auf dem Trailerplatz


                  Sonnenuntergang

                  Ein herrlicher Sonnenuntergang verspricht für den nächsten Tag bestes Wetter.




                  Zuletzt geändert von Paddolf; 01.01.2015, 21:45.

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                  • Paddolf
                    Erfahren
                    • 22.10.2014
                    • 341
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                    #10
                    AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona


                    OT: @Kris

                    Das ist das besagte Gefährt - unschwer als Opel Zafira zu erkennen. Ein Cabrio wäre ja ein bisschen blöd, wie soll ich da das Kajak aufs Dach bekommen?
                    Na gut, es gibt ja Bootstrailer. Aber ein Cabrio mit Anhängerkupplung ...

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                    • ronaldo
                      Freak
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                      Liebt das Forum
                      • 24.01.2011
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                      #11
                      AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                      Sehr, sehr schöner Bericht!
                      Die Betonrampenquerung finde ich pfiffig, und die kartografische Aufbereitung ist super, ganz prima nachzuvollziehen.

                      OT: Cabrio mit Hängerkupplung kann ich übrigens empfehlen, man ist sehr flexibel. Hab so schon mit Klappi Südskandinavien bereist, einmalig, so offen durch die Wälder zu zockeln.
                      sehr OT: Für den Käfer Cabrio gab es damals einen sog. Surfbrettträger, 70er halt. Hab ich vor ein paar Jahren noch getestet, war einwandfrei.

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                      • Mika Hautamaeki
                        Alter Hase
                        • 30.05.2007
                        • 3979
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                        #12
                        AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                        Schöner bericht mit tollen Fotos. Vielen Dank!
                        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                        A. v. Humboldt.

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                        • David
                          Erfahren
                          • 26.09.2002
                          • 122

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                          Da ich selber begeisterter Kajaker bin und die Gegend noch nicht kenne, macht der Bericht Lust auf eine Fahrt gen Rügen! Danke!

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                          • Paddolf
                            Erfahren
                            • 22.10.2014
                            • 341
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                            5.Tag
                            Tatsächlich, der Morgen begrüßt mich mit Sonne und einem lauen Lüftchen. Frühstück beim Bäcker und Verpacken der Ausrüstung kosten mich nur noch etwa 2Stunden, mittlerweile sind die Abläufe eingeschliffen. Mit den Grüßen einiger frühstückender Segler verlasse ich den Hafen. Die guten Bedingungen machen Mut, so dass ich nicht entlang der Küste fahre, sondern direkt über die Tromper Wiek auf Vitt zuhalte. Das spart etwa 5km.


                            Tromper Wiek, im Hintergrund Kap Arkona



                            Algenteppich auf der Tromper Wiek


                            kurz vor Vitt


                            Wer Vitt nicht kennt, dem sei dieses Örtchen mit seiner zauberhaften Lage in einer Schlucht in der Steilküste unbedingt empfohlen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich als Kind von Arkona kommend staunend am Rande dieses Tals stand und wie ich als Jugendlicher in einer Vollmondnacht entlang der Steilküste von Vitt zurückwanderte, nachdem ich im "Goldenen Anker" eines meiner ersten Biere "gezischt" hatte.
                            Natürlich blieb die Schönheit des Ortes nicht verborgen, meine Empfehlung möchte ich ergänzen: Sei früh dort, komme sehr spät oder erkunde das Dörfchen außerhalb der Saison.


                            im "Hafen" von Vitt

                            Am Hafen von Vitt gönne ich mir die letzte Pause vor der Umschiffung von Kap Arkona. In der kurzen Zeit meines Aufenthalts füllt sich der Hafenbereich sichtbar mit Urlaubern, die gleich mir den reizvollen Ort besuchen und vielleicht auch eine kleine Stärkung zu sich nehmen wollen.


                            Kap Arkona

                            Nun aber Kap Arkona. Ich habe mir ausgemalt, bei schlechtem Wetter eventuell die inneren Boddengewässer zu befahren und das letzte Stück zum Kap zu laufen. Aber das Schicksal meint es wirklich gut mit mir. Ich staune, wie gnädig mich die Ostsee empfängt und freue mich "wie Bolle", mein Ziel erreicht zu haben.


                            Arkona - Das innerliche Grinsen ist noch viel breiter, als es das Bild wiedergibt.


                            OT: ... Liebe Kinder, der Onkel fährt sonst auf Großgewässern mit Schwimmweste, aber es ist warm, auch im Wasser. Und die Schwimmweste (gelb) liegt griffbereit unter dem achterlichen Gepäcknetz ...


                            Gellort


                            Die ruhige See erlaubt mir sogar, am Blockstrand von Gellort, dem nördlichsten Punkt Rügens anzulanden und ohne mir zuvor die Füße nass zu machen den Siebenschneiderstein zu besteigen. Wie man sich denken kann rührt der Name dieses eindrucksvollen Findlings daher, dass darauf 7 Schneider Platz finden sollen, um ihre Arbeit zu verrichten.


                            auf dem Siebenschneiderstein


                            Die Freude über das erreichte Ziel, die großartige Küste und der freundliche Rückenwind lassen die folgende Strecke für mich zur schönsten der Tour werden. Hinzu kommt, dass ich schon seit Kinderzeiten etliche Urlaubstage an Rügens Nordküste genießen durfte und daher Vieles wiederentdecke, was mir aus Landsicht bekannt ist. So lasse ich es mir auch nicht nehmen, einen ausführlichen Badestop am Strand vor Nonnevitz einzulegen. Wenn in diesem Sommer die Boddengewässer eine deutliche Algenblüte zeigen, ist das Wasser an der Nordküste noch von beeindruckender Klarheit.


                            kurz vor Camp Nonnevitz

                            Entlang der Küste passiere ich den Bakenberg und darauf rückt langsam Hiddensee mit dem Dornbusch ins Bild.


                            Küste bei Kreptitz, im Hintergrund Hiddensee

                            Weiter der Küste folgend erreiche ich Dranske von der Seeseite. Auch für mich eine kleine Überraschung, da ich den Ort bisher nur boddenseits kannte.


                            Pause in Dranske

                            In Dranske bietet sich Gelegenheit, am Caravanplatz um Aufnahme zu bitten oder mit kurzem Landtransport in den Wieker Bodden zu übersetzen, um dort eine Zeltmöglichkeit zu finden. Da ich aber die Lust am Paddeln noch nicht verloren habe, beschließe ich nach Seehof oder Schaprode weiterzufahren, wo sich Übernachtungsmöglichkeiten bieten sollen.


                            im Fahrwasser zwischen Bug und Bessin

                            Die Route führt nun durch den geschützten Bereich zwischen Bug und Bessin. Daher müssen sich auch Paddelboote an die Betonnung halten.


                            Flachwasser im Vitter Bodden


                            Im letzten Teil dieses Abschnittes hoffe ich abkürzen zu können und verlasse die Fahrrinne. Das Wasser voraus erscheint erfreulicherweise fast spiegelglatt und verspricht gutes Vorankommen. Ein Trugschluss, ein kurzes Stück weiter ist das Boot auf Grund gelaufen. Nur mit Mühe und Abstützen auf dem Grund mache ich mich wieder frei und kehre reumütig ins Fahrwasser zurück.


                            bei Seehof

                            Bei Seehof vermittelt der Caravanplatz den Eindruck, nicht sonderlich für Wanderer mit Zelten eingerichtet zu sein, so dass ich die restlichen 4km bis Schaprode auch noch unter den Kiel nehme.


                            Camping Schaprode

                            Der hiesige Zeltplatz ist überfüllt, die Dame an der Rezeption lässt sich durch mein mitleidheischendes Gebaren nicht erweichen. Aber wieder meint es das Schicksal gut mit mir: Zufällig lässt sich der Chef blicken und hat Verständnis für meine Situation. Er gestattet die Unterbringung für eine Nacht und erspart mir somit wildes Campen auf einer nahe gelegenen Kuhwiese.
                            Bier kaufen und Zelt aufstellen sind mittlerweile schon Routine, so dass ich noch deutlich vor Küchenschluss in der Zeltplatzgaststätte Fisch aus örtlichem Fang genießen kann.




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                            • Paddolf
                              Erfahren
                              • 22.10.2014
                              • 341
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                              6.Tag
                              Die heutige Tour verspricht keine großen Überraschungen - gutes Wetter, schwacher Wind und eine wenig spektakuläre Küstenlinie.


                              Küste nach Schaprode (Insel Öhe)

                              Insel Ummanz wird passiert. Vor der Querung des Kubitzer Boddens lege ich noch eine Pause ein und bekomme unverhofft interessierte Zuschauer.


                              Pause an der Südspitze von Ummanz

                              Nach der Vorbeifahrt an der streng geschützten Insel "Heuwiese" im Kubitzer Bodden sind noch 6km bis zum jenseitigen Ufer zu bewältigen. Wie von allein verfällt man in ein gemütliches Paddeln, vergleichbar dem gedankenverlorenen Trott eines Wanderers.


                              Blick in den Kubitzer Bodden


                              Blick nach Barhöft


                              Links glitzern die Wellen, rechts fällt der Blick auf die Ausläufer des Darss und weckt Erinnerungen an die Tour des vergangenen Jahres, die mich durch die Barhöfter Rinne zwischen Hiddensee und Bock führte.
                              Erst auf dem letzten Stück beschleunigt sich der Paddelschlag, mir entgegen kommt ein anderer Paddler - der erste seit Peenemünde - und da möchte man nicht zu träge erscheinen. Nach freundlichem Gruß ist auch bald der Kubitzer Bodden gequert und damit erfolgt die Einfahrt in den Strelasund.


                              Stralsund voraus

                              Schon seit geraumer Zeit ist die Silhouette von Stralsund sichtbar und der Bootsverkehr nimmt merklich zu. An einem der wärmsten Wochenenden des Sommers zieht es Stralsunder und Gäste an und aufs Wasser.


                              Abschiedspause

                              Eine letzte Rast dient mehr dem Abschied von der Tour als der Auffrischung der Kräfte. Ich finde ein schattiges Plätzchen am Strand von Altefähr, breite meine Plane auf dem leicht müffelnden Tang aus und strecke mich aus, den Blick mit ein wenig Wehmut aufs Wasser gerichtet.
                              Irgendwann muss ich dann aber aufbrechen. Stellt sich nur die Frage, wo der Kanuklub Stralsund sein Gelände auf der gegenüberliegenden Seite des Sundes hat. Bei der Abfahrt bemerke ich nur etwa 200m entfernt 2 Seekajaks. Vielleicht kann man mir dort helfen. Unweit der schmucken Kajaks sonnen sich zwei barbusige junge Damen. Während ich nach dem Weg frage, pendelt mein Blick zwischen den 4 Schönheiten. Die Angesprochenen können mir nicht helfen - aber da kommt unerwartet die Stimme aus dem Hintergrund: "Willst du auch zur Sau?" Aus dem Sichtschutz eines der Bootes erhebt sich eine neoprengewandete Gestalt. Nichts gegen den rauen Habitus eines Seekajakers, aber der Widerspruch zum ausgesprochen erfreulichen Anblick der Ladies entlockt mir schon ein innerliches Grinsen. Und was in aller Welt soll ich bei einer Sau?
                              Später erfahre ich, dass die Salzwasserunion, also SAU, ihre alljährliche Seekajakwoche in Stralsund veranstaltet.


                              Steg des KC Stralsund

                              Rasch ist der Strelasund überwunden und der Kanuklubs Stralsund erreicht. Es wird nicht ganz einfach, einen Platz am Steg zu finden. Aber kurz darauf liegt mein Boot auf dem Gelände des Kanuklubs und würde vielleicht Minderwertigkeitskomplexe bekommen, wenn es die schnittigen und teuren Laminat- und Carbonboote in der Nachbarschaft sehen könnte.


                              Kajaker der SAU, im Hintergrund Altefähr

                              Der Rest ist schnell erzählt. Der Zug bringt mich von Stralsund nach Prenzlau, das Auto finde ich wohlbehalten wieder und fahre nach Stralsund zurück. Am Kanuklub hilft mir ein Stralsunder Paddler das Boot aufs Auto zu laden und bald bin ich auf dem Heimweg. Gegen 1Uhr in der Nacht erreiche ich dann wieder Werder.





                              Zuletzt geändert von Paddolf; 03.01.2015, 23:43.

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                              • Paddolf
                                Erfahren
                                • 22.10.2014
                                • 341
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                                #16
                                AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                                Was mir sonst noch so einfällt:

                                Herzlichen Dank für die freundlichen Kommentare bezüglich des Berichts.

                                Hier einmal die Gesamtstrecke:


                                Die Fotos im Bericht sind für mich eher Erinnerungsstütze, erzeugt von einer Automatikknipse mit Dreifachzoom. Die Nachbearbeitung beschränkt sich gegebenenfalls auf die Ausschnittswahl. In vielen anderen Berichten wirken die Fotos schon aus sich selbst heraus, da kann ich leider nicht mithalten. Ich bitte um Nachsicht ...
                                Auf vielen Fotos ist der Bug des Kajaks mit abgebildet. Ich bin ja diesen Anblick gewohnt - aber nervt es eventuell andere Betrachter??? (In vielen Fällen wäre es mit wenigen Sekunden zusätzlichem Aufwand möglich, das Boot so zu drehen, dass es eben nicht auf dem Bild erscheint.) Wie seht ihr das?

                                Mit dieser meiner zweiten größeren Kajaktour bin ich wohl endgültig dem Wanderpaddeln verfallen. Nach meiner ersten Tour bezweifelte meine Frau noch, dass sich die damalige Hochstimmung wiederholen lässt, das erste Mal ist das beeindruckendste. Ich selbst ahnte aber schon, dass sie Unrecht behalten sollte.
                                Einer meiner Kollegen, ein begeisterter Läufer berichtete, dass nach etwa 5km Lauferei sein Körper anfängt Glückshormone auszuschütten. Das wollte ich dann auch haben. So etwa ein Jahr lang unterzog ich mich einem regelmäßigen Lauftraining. Was nicht kommen wollte, waren die Glücksgefühle. Hingegen brauche ich mich nur ins Boot zu setzen und kaum habe ich den Steg verlassen, merke ich, wie sich ein Grinsen in meinem Gesicht breit macht. Am Ende einer anstrengenden Paddelstrecke gerade jetzt im Winter bei schlechtem Wetter bin ich dann zwar auch froh, wieder aus dem Boot zu kommen, aber eigentlich freue ich mich dann auch schon auf das nächste mal.

                                Zur Ehrenrettung der drei Ladies auf der Brücke in Liepe (Tag 1) sei gesagt, dass es wahrscheinlich hochanständige Omas sind, die nach einer vergnüglichen Feier ein wenig "über die Stränge geschlagen" haben.

                                Wer sich wundert, dass die beschriebene Ostwindlage nicht zum Sommer 2014 passt - die Tour fand schon 2013 statt. Das Grundgerüst dieses Berichts habe ich damals für Verwandte und Freunde verfasst, jetzt dient es als Erinnerungsstütze für:

                                Der nächste Paddelsommer kommt bestimmt.

                                OT: Wo wir gerade beim Thema sind: Für dieses Jahr habe ich so locker eine Tour von Lübeck nach Arkona ins Auge gefasst. Bei unpassendem Wetter oder "bösem" Gegenwind kann die Tour auch kürzer ausfallen, bei "gutem" Wind könnte es noch ein Stückchen um Rügen herum gehen. Falls es Interessenten gibt, die sich mit einem ähnlichen Gedanken tragen, vielleicht findet man sich ...
                                Ich habe 7 bis 9 Tage Zeit, kann diese aber noch recht frei in den Zeitraum vom 18.7. bis 22.8. legen.
                                Zuletzt geändert von Paddolf; 06.01.2015, 18:42.

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                                • Mancunian
                                  Erfahren
                                  • 12.06.2014
                                  • 259
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                                  #17
                                  AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                                  Sehr schön geschriebener Reisebericht. Da ich selbst kein Paddler bin (und mein Intex 99€ Schlauchkayak bestimmt auch nicht zählt), fand ich es interessant wie sich gerade Rügen, dass ich vom Segeln her kenne, aus "Paddelsicht" anfühlt. Schade, dass an der Halbinsel Jasmund 500m Abstand gehalten werden müssen. Macht irgendwie wenig Sinn, dass Paddler auf Abstand gehalten werden, wenn die Touris am Strand wandern dürfen. Aber wahrscheinlich hats mit irgendwelchen Tieren zu tun. Wer weiss.
                                  Dein prima Bericht wird aber für mich eine Anregung sein, etwas Ähnliches in ferner Zukunft (wenn die Kinder gross sind) auch mal zu machen. Bis dahin paddel ich denn noch ne Runde auf dem Cospudener See.
                                  ---
                                  I'd rather be out on the hills...
                                  http://chorltoniac.blogspot.com

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                                  • blauloke

                                    Lebt im Forum
                                    • 22.08.2008
                                    • 8354
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                                    Vor einigen Jahren haben wir eine Woche Urlaub auf Rügen verbracht und durch deinen Bericht sind wieder Erinnerungen aufgefrischt worden.
                                    Deinen Hinweis auf Rügen früh zu kommen oder spät zu gehen kann ich bestätigen.
                                    Wir sind mal nachmittags zum Königsstuhl und dann nicht runter zum Strand, weil auf dem Gelände und der Treppe hinunter einfach zu viele Leute unterwegs waren.
                                    Unsere Ferienwohnung hatten wir in Lohma und so habe ich am nächsten Tag meinen Morgenlauf zum Königsstuhl gemacht und war dann ganz alleine am Strand.
                                    Die Touristenbusse treffen erst ab neun Uhr ein, vorher war absolute Ruhe.
                                    Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                    • mikey
                                      Neu im Forum
                                      • 21.12.2014
                                      • 7
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                                      Wirklich ein schöner und spannender Bericht. Vor allem für mich als Nichtpaddler eine vollkommen ungewohnte Perspektive.
                                      Und in diesem Sinne empfinde ich den Bug des Paddelbootes auf deinen Fotos nicht als störend. Es verstärkt vielmehr den Eindruck, dem Element Wasser ziemlich nah und ausgeliefert zu sein.

                                      Dass die Touristenmagnete zumindest in der Hauptsaison fürchterlich überlaufen sind, kann man sich leicht vorstellen. Ich bin dem aus dem Weg gegangen und in der Vorsaison Ende Mai / Anfang Juni (übrigens auch 2013) gefahren. Ein Großteil der Infrastruktur ist schon vorhanden, obwohl es nicht überlaufen ist.

                                      Und wenn man die Touristenströme umgehen kann, ist Rügen wirklich eine schöne, ruhige und besuchenswerte Insel.
                                      Ich werde wohl mal einen kleinen Bericht meiner Reise schreiben.

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                                      • Nicmu
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                                        • 05.02.2015
                                        • 13
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [DE] Kajaktour Prenzlau-Arkona

                                        Zitat von mikey Beitrag anzeigen
                                        Wirklich ein schöner und spannender Bericht. Vor allem für mich als Nichtpaddler eine vollkommen ungewohnte Perspektive.
                                        Exakt so ging es mir auch. Ich habe mir für den Sommer an der Universität zum Kanu fahren angemeldet. Echt spannend und sportlich.

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