Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Von Budapest nach Hause

eine Variante

eine Variante
Es ist der Sommer 1989, wir sind am Balaton gestartet und machen auf dem Weg nach Hause in die DDR in der Nähe von Sopron in einer Kneipe eine Rast wegen des permanenten Dursts. Überall auf den Tischen liegen Einladungen zum Paneuropäischen Picknick mit Gyula Horn und Otto von Habsburg auf der Grenze bei Fertőràkos am kommenden Wochenende. Wir zählen unsere Forint: "Das reicht nicht bis dahin!"

1989 - Rast in Fertőràkos

1989 - Wir setzen unseren Weg am Neusiedler See entlang über Fertöd nach Bratislava fort.
25 Jahre später: Wieder verlässt uns der Mut. Wir werden nicht in das verminte und von Mücken verseuchte Überschwemmungsgebiet nach Ex-Jugoslawien fahren. Wir werden von Budapest aus heimwärts radeln und als Teiletappe die Herbst-Tour über den Böhmerwald vorziehen.
15. Juni 2014, Esztergom
"... und das müssen wir alles wieder zurück!"
Das war der Spruch, der die Zugfahrt prägte, die sich bei schönstem Wetter hinzog. Gegen 23 Uhr erreichten wir den Keleti-Bahnhof, kurz vor Mitternacht fanden wir unser Hotel und guckten bei zwei Bier in einem Pub die erste Halbzeit des Weltmeisterschaftsspiels Italien vs. Frankreich.

Start in Budapest, Margaretenbrücke (ungarisch Margit híd)
Viel Sonntagsausflügler, Jogger und Radler nahmen wie wir den Weg über die Margarethen-Insel. Bei einigen Schleifen anfangs geriet uns der Donau-Radweg immer mal aus den Augen. Der Weg trug noch einige Flutnarben und war für den Sonntagsverkehr recht schmal, aber es gab viele Kneipen, so dass der Himmelfahrtsmodus mit 0,5 l pro 10 km aufrecht erhalten werden konnte.

Auf dem Donau-Radweg bei Visegrad: Bela IV., Bruder von Elisabeth von Thüringen

Auf dem Donau-Radweg bei Dömös, abwärts
Der Radweg führte oft direkt an der Donau lang, das war so schön, dass wir den Aufstieg zur Burg Visegrad ausließen. Nun hatten wir auch endlich unseren Rhythmus gefunden, es kamen doch noch 78 km bis zum Zeltplatz Gran in Esztergom zusammen. Die Burg mit der Basilika in Esztergom wurde besucht.

Auffahrt in den Burghof von Esztergom
16. Juni 2014, Camping bei Györ
Verbindungsstrecke
Früh war ich zum Semmeln einkaufen in der Slowakei im Lidl. Die Hälfte ihres Sortiments und die komplette Einrichtung scheinen die aus Deutschland ranzukarren.

Die Maria-Valeria-Brücke verbindet Esztergom(HU) mit Štúrovo (SK) wieder seit 2001

Blick von Štúrovo auf die Basilika von Esztergom
Es war nur eine Etappe auf großen Straßen, viel LKW-Verkehr, aber die Ungarn gehen mit Radlern hier sehr tolerant um. Selbst auf dem Abschnitt mit Fahrverbot für Fahrräder hat niemand gehupt und sehr höflich überholt.
Festung Monostor bei Komarom, bis 1990 ein geheimes Munitionslager der Russen, kurz besucht. So erreichten wir pünktlich zum WM-Spiel der Deutschen einen Campingplatz, um Angela beim Hymne singen zuhören zu müssen. An Kilometer sind 92 zusammengekommen.

Das überwältigend große Fort “Monostor Komárom” ist die größte neuzeitliche Festung Mitteleuropas und wird gerne auch als das “Gibraltar an der Donau” bezeichnet. Auf der ungarischen Seite der Donau stehen drei und am gegenüberliegen Ufer in der Slowakei stehen fünf Festungen.
17. Juni 2014, Fertöd
Da unten, am See, sind 'se damals nüber gemacht
Heute war es eine schöne Etappe auf kleinen Wegen auf der Kleinen Schütt. So benennt Heiner die große Flussinsel Moson in deutscher Sprache.
Bei Lebenyi betraten wir wieder das "Festland" und fanden uns auf einem Jakobsweg wieder. Hier gibt es die Die Pfarrkirche Sankt Jakob. Die Anfang des 13. Jhdts. erbaute Kirche überstand zwar den Mongolensturm (1242), aber im Zuge der Türkenkriege (1529, 1683) wurde sie schwer beschädigt. Im 18. Jh. baute die Jesuiten die Kirche im barocken Stil um. Die Restaurationsarbeiten, die von 1862 bis 1879 dauerten, schälten die Jahrhunderte alten Schichten ab und heute stehen die bloßen Wände aus dem 13. Jh. vor uns (Tafel an der Kirche). Es gibt ein Pilgerhaus, und eine Pilgerin trafen wir auch im Dorf-ABC. Sie muss aber noch weit, auf einem Wegweiser stand: 2190 km bis Campostela.

Torschmuck an der Südfassade – die normannische Stäbchenverzierung

Lébény ist das Tor der Hanság: Wie am Parlament auch am Dorfmuseum, rechts neben der ungarischen Flagge die vom Szekler Nationalrat genutzte Flagge
Kleine abseitige Straßen bedeuten aber auch wenig Logistik. Es ist aber nicht schlimm, zu Trinken (italbolt) gibt es immer, aber mit dem Essen wird es eng, kein etterem. So kam es, dass wir sehr hungrig in Fertöd ankamen, das berühmte Schloss Esterházy links liegen ließen und aus der guten Speisekarte viel zu große Portionen auswählten. Danach gab es ein großes Jammern, besonders Jens. Es waren heute mehr als 100 km.

Schloss Esterházy (Fertőd)
Wir sind jetzt am Südende des Neusiedler Sees, dort wo der Eiserne Vorhang zerriss und wir 1989 nicht mehr genug Forint hatten, um die vier Tage bis zum "Paneuropäischen Picknick" zu überstehen. Wir radelten am Schloss Esterházy vorbei nach Bratislava, damals, als die Ersten nüber machten von Ungarn aus.
18. Juni 2014, Breitenbrunn Seestation
Auf dem Seeweg
Nun reist jede Pause ein größeres Loch in die Kasse, wir haben das österreichiche Burgenland erreicht. Und die ersten "Pässe" überquert. Eine Schleife nach Sopron bringt eine kurze Stadtbesichtigung. Aus einer Kirche erklang Orgelmusik. Davor stand ein Denkmal an die Vertreibung der Deutschen aus Ödenburg: "Taucht unter, versinkt aber nicht!" Aus der Predigt des Pfarrers bei der letzten Konfirmation.

Mergitur, non submergitur!

Taucht unter, versinkt aber nicht!

Sopron - Ödenburg
Das Mittagessen gab es noch auf der ungarischen Seite.Gleich an der Grenze war es dann mit der Höflichkeit der Autofahrer vorbei, da rasten die Ösies über den Radweg. Unser Weg führte dann mit viel Zick&Zack zwischen Leitha-Gebirge und dem Neusiedler See immer nach Norden.
Beim Heurigen "Zum Paragraphentröpferl" der Fam. Ellinger in Oggau blieben wir etwas länger sitzen. Die junge Frau vom Ausschank kam aus Sangerhausen, es war die Schwiegertochter der Chefin, einer Hallenserin. Die Chefin erzählte uns dann, wo sie überall herumgekommen ist, um nun hier im Burgenland im Weinbau ihr Glück zu finden. Aber sie musste dafür einen ihrer Grundsätze über Bord werfen: "Keinen Mann mehr!"

Am Neusiedler-See / Fertö tó: Fertő bedeutet wörtlich „Sumpf". Er zeichnet sich durch seinen Schilfgürtel, seine geringe Tiefe und sein mildes und windiges Klima aus.
19. Juni 2014, Marchegg
Im Auenland
Gestern Abend gab es noch eine Lightshow von einigen Hundert Positionslichtern an den Windmühlen auf der Parnsdorfer Platte. Dort drüber führte der Verbindungsweg B21 vom Neusiedler See in die Donauauen.

Im Auenland der Donau
In Carnuntum wollten wir was für die Kultur tun und uns das Museum zum Zerfall des Römischen Reiches angucken. Aber die Kassenfrau bot nur Kombikarten für noch zwei weitere Anlagen an - 11€ pro Nase. Das war zu teuer, wir wollten uns ja nur über die hier beschlossene Teilung des Römischen Reiches im Museum informieren. Auch an Schloss Hof, dem zweiten Sommersitz der Habsburger, kamen wir von Kultur unbeleckt vorbei und erreichten Marchegg.

Bei Hans in Marchegg
Der Schlossgasthof hat ein paar weitere Stufen des Verfalls genommen. Aber der Hans ließ sich das Geschäft nicht nehmen und richtete drei Zimmer für uns her. Wenn uns andere Hiesige fragten, wo wir nächtigen würden und wir den Schlossgasthof erwähnten, war noch die geringste Einlassung: "Der macht doch gar keine Reklame mehr." In meiner Erinnerung war das Etablissement antik eingerichtet mit riesigen Türen. Ich bin schon ein wenig entgeistert. Naja, der Hans hat sich Mühe gegeben. Der Gastgarten ist immer noch schön schattig zum Gespritzten trinken.

Die Marchauen: Die Störche von Marchegg
Die Marchauen mit den alten Storchennestern auf noch älteren Eichen haben uns begeistert. Hier Brüten die Störche noch wie vor der Kulturflucht zu den Rädern auf den Strommasten der Menschen in alten Eichen, oft mehrere Familien über einander. Ob&wie die sich über die Schissrichtung mit ihren Obermietern einigen, konnten wir nicht herausbekommen.
20. Juni 2014, Poysdorf
Ein Viertel im Weinviertel
Hans hat nach bester Managementlehre, nach der man immer den besten Eindruck zum Schluss machen muss, durch ein wunderbares Frühstück alle seine Gäste überzeugt. Es waren wunderbare Betten, wir haben gut geschlafen, und der erste Gespritzte zum Frühstück mit Spiegelei&Schinken und vielem mehr war im 5€-Preis des Frühstücks enthalten, es war großartig.

Die Rochuskapelle bei Mannersdorf
Auf dem Rochusberg mit seiner Wallfahrtskapelle gedachten wir dem ersten Österreicher, der hier in der Gegend vor 30000 Jahren geboren wurde. In der nächsten Kellerzeile durften wir auch das erste Viertel im Weinviertel verkosten. Gestern beim Fußball in einer Sportsbar vergaß ich meine Mütze. Als mir Heiner sein Vattenfallkäppi aufsetzte, wurde es sofort von meinem Nachbar gegen eine ÖBB-Kappe getauscht. Die passt mir wie angegossen.

Die Kellerzeile von Mannersdorf.

Blick über die Auenlandschaft der March: Am Horizont die Kleinen Karpaten (SK)
Wie schon gewohnt führt auch der KTM-Radweg auf Güterwegen kreuz&quer durch die Weinhänge und Gerstenfelder der Gegend. An einigen Feldern stand ein Schild, dass hier die Gerste für Österreichs bestes Bier, GOESSER-Bier, angebaut wird. In Herrenbaumgarten wurden wir hierher auf den schönen Campingplätze in Poysdorf verwiesen. Der Zeltplatzverwalteter empfing uns, als wären wir seine Kinder. Überhaupt legen die Leute hier eine große Freundlichkeit an den Tag.

Was noch so im Weinviertel wächst
21. Juni 2014, Hadres
Weitere Viertel im Weinviertel

Bei Poysdorf
Der Hinweis auf den Camping in Poysdorf führte uns vom KTM-Radweg fort. Als überraschend westlich von uns ein Bergkegel mit Burgruine auftauchte, dachte ich erst an Falkenstein, wir nahmen nicht den direkten Weg nach Las und fahren dort hin, aber es war die Burg Staatz.

Die Burg Staatz
Bei Wultendorf in der Weingasse werkelte Einer an seinem Keller rum, wir kamen ins Gespräch und natürlich auch auf das Weinverkosten. Bald saßen wir in seinem Keller und er stellte drei Flaschen seiner Produktion auf den Tisch. Wir waren zu Gast bei Herrn Öfferl. Wir erfuhren einiges zum Weinbau und den Verwertungsbedingungen. "Um drei Weinbauern unter einen Hut zu bringen, musst's zwei erschlagen!" Also fiel das mit der Genossenschaft schon mal weg. Der bodenständige ÖVPler fand die Idee gut, Österreich zum Feinkostladen der EU zu entwickeln, um den vielen Kleinbetriebe ein gutes Wirtschaften zu sichern. Aber das haben seine Parteifreunde auch verbockt. In Wultendorf gibt es heute keinen Haupterwerbslandwirt mehr, alle gehen in eine Fabrik arbeiten. Wir erhielten noch drei weitere Flaschen seines guten Stoffes für die Reise. Eine der Flaschen mit dem guten Veltliner aus kontrollierter Herkunft verkasematuckelten wir an einem Mahnmal der Vertreibung der Südmähren.

Die Gemeinde Joslowitz: Nach der Besetzung des Ortes durch Sowjets am 5. Mai 1945 kamen tschechische Milizen in den Ort, verhafteten NS-Repräsentanten und Kollaborateure und begannen mit Vertreibungsaktionen gegen die Bevölkerung. Nur 82 deutsche Einwohner blieben im Ort zurück. Nach 1945 wurde nahe der Grenze beim niederösterreichischen Zwingendorf eine Gedenkstätte errichtet. Heute kann man, ausgehend von dieser Gedenkstätte, nach Joslowitz auf einem Fahrweg (Feldweg) über den "Europaplatz" auf der Grenzlinie hinüber wandern. (Quelle)
Die Reise wurde jedoch immer wieder durch weitere Achtel des hiesigen Weißweins unterbrochen. So gegen 18 Uhr war "Zimmer frei" und die längste Kellerzeile Österreichs ausgeschildert. Da wir noch unbedingt das deutsche Fußballspiel sehen wollten, wurde die Etappe als erfolgreich bewertet und nach nur 60 km beendet.
Kommentar