[IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Venedig

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  • StevePeacewalker
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    • 26.06.2011
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    • Meine Reisen

    [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Venedig

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Im Faltboot von den Alpen an die Adria
    Über Lago Maggiore, Ticino & Po bis nach Venedig

    Schuld an allem war der Schweizer Michael Rytz. Es war an einem kalten Winterabend 2012. Ich saß daheim vor dem Computer und starrte auf den Bildschirm. Meine Gedanken jedoch waren frei und flogen draußen durch den Schneeregen. Schlagartig erwachte ich aus meiner Trance als ich auf das Video: "Im Kajak von Locarno nach Venedig" stieß. Die Idee, diese Tour selbst einmal zu fahren, hatte sich von diesem Moment an fest in meine Hirnwindungen eingegraben.

    Guido mein Paddelpartner reagierte auf meinen Vorschlag wenig motiviert: "Diese Italien Tour wäre nix für mich. Der Film ist zwar nett gemacht, aber Italien steht bei mir nicht auf der Favoritenliste." ließ er mich in einer kurzen Mail wissen. "Das werden wir ja noch sehen." dachte ich mir, aber für den Moment ließ ich das Thema unter den Tisch fallen und wir traten gemeinsam die Reise an den Allier an.

    Der Gedanke an Italien war jedoch keinesfalls gestorben. Immer und immer wieder spukte die Tour durch meinen Kopf, bis ich schließlich begann sie konkret zu planen. Als ich das fertige Konzept auf dem Tisch liegen hatte, rieb ich es Guido erneut unter die Nase. Nach einiger Zeit des Nachsinnens willigte dieser schließlich ein. "Na gut, dann lass uns den Po halt machen."


    Der Lago Maggiore und das Tessin

    Es war ein warmer Samstag Abend als wir gemeinsam in Locarno ankamen. Da Unterkünfte hier für Ausländer kaum zu bezahlen sind, griffen wir auf die Möglichkeit des Couchsurfens zurück. Wir wurden von Sandra, einer netten Falknerin in ihrer Wohnung aufgenommen. Den Weg dorthin legten wir mit dem Taxi zurück. Guido der alte Knacker hatte sich beim Transport seiner Ausrüstung den Rücken beleidigt. Als uns der Taxifahrer vor Sandras Wohnung hinausgeschmissen hatte, zählte Guido stirnrunzelnd die Scheine in seiner Hand. "Ich kenne mich ja mit den hiesigen Zahlungsritualen nicht aus, aber da habe ich dem einen Fünfziger gegeben und der gibt mir glatt 85 Franken zurück." Bevor wir den Taxifahrer jedoch auf seinen Fehler aufmerksam machen konnten, war dieser bereits aus unserem Sichtfeld verschwunden. "Das fängt ja gut an." grinste Guido. "Gleich am ersten Tag bekommen wir Geld geschenkt und das in der Schweiz. Das wird uns zuhause keiner glauben."



    Blick ins Tessin von Sandras Balkon


    Die Nacht verbrachte ich draußen auf Sandras Balkon. Ich würde noch genug Zeit mit Guido auf dieser Tour verbringen, da musste ich nicht gleich am ersten Tag mit ihm in einem Bett schlafen. Am nächsten Morgen karrte uns die nette Gastgeberin noch mit all unserem Gepäck zum Hafen von Locarno, wo wir ein kleines Passagierschiff bestiegen. Aus Zeitgründen hatten wir uns entschieden nicht den ganzen Lago Maggiore abzupaddeln, der über 60 Kilometer lang ist, sondern ein Stück mit dem Schiff zu fahren und erst in Italien einzusetzen. Das Tessin ist eine atemberaubend schöne Gegend und ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus während das Boot mit uns an Bord über den See jagte.



    Unser Passagierschiff, im Hintergrund die Berge.


    An beiden Ufern ragten hohe bewaldete Berge in den Himmel, auf deren Gipfel eisige Gletscher schimmerten. An den Ufern gediehen mediterane Pflanzen wie Palmen und Kakteen, die zwischen den hohen Bergen fast fehl am Platz wirkten. Das Wasser des Sees leuchtete in einem tiefen Blau und ich erschauderte bei der Vorstellung auf dem bis zu 370 Meter tiefen Gewässer Schiffbruch zu erleiden. Unser Boot klapperte Orte an beiden Seeufern im Zick-Zack ab, welche von Guido stets mit dem Ausdruck "gediegen" betitelt wurden. Es war wahrhaftig eine Gegend der Reichen und Schönen, dementsprechend verbaut waren auch die Seeufer. In Stresa, einem italienischen Kurort verließen wir schließlich das Schiff um den Rest des Sees in unseren eigenen Booten zu bewältigen.

    Wir betraten festen Boden und von hier an nahm das Unglück seinen Lauf. An der Seepromenade begannen wir sogleich mit dem Aufbau der Boote. Sorgfältig sortierten wir die Spanten und Senten, bauten Bug- und Heckelement zusammen und führten die Teile in die Häute ein. Da unsere Boote beide noch relativ neu waren, ging diese Prozedur recht mühsam von der Hand. Beim Durchspannen des Kielrohrs löste sich immer wieder einer der Spanten aus seiner Verankerung. Jedes Mal wenn das geschah musste ich die Bootshälften wieder aus der Haut zerren und erneut einsetzen. Mit zunehmender Wut beobachtete ich Guido, der sein Boot schon fast fertig hatte. "Was macht dieser verflixte Kerl bloß anders als ich?" dachte ich in einem Anflug von Verzweiflung und begutachtete sein fast fertiges Boot.

    Da sah ich, dass bei ihm der Spant ebenfalls herausgesprungen war. Guido hatte jedoch nichts davon mitbekommen und war einfach mit dem Aufbau fortgefahren. Nun blieb auch ihm nichts anderes übrig als das Boot wieder zu auseinander zu bauen. Unter Fluchen und Murren zerlegten wir die Gefährte erneut, den Atem der schaulustigen Touristen im Nacken, die keinen halben Meter hinter uns Position bezogen hatten. Letztendlich holte ich ein Stück Seil aus meiner Tasche und bändigte den aufmüpfigen Spant, in dem ich ihn kurzer Hand am Kielrohr festband. Als die Boote endlich einsatzbereit waren, hatte sich der Himmel verfinstert. Windböen bliesen uns um die Ohren und eine leichte Brandung klatschte ans Seeufer.



    Die Boote sind aufgebaut und bereit zur Wasserung.


    Schon das Einsteigen und Auslanden fiel mir alles andere als leicht. Ich hatte noch nie zuvor in einem Faltboot gesessen und nun sollte ich bei Wind und beachtlichen Wellen über einen unberechenbaren See fahren. Als ich es schließlich geschafft hatte hinaus aufs Wasser zu kommen, wäre ich am liebsten gleich wieder umgedreht. Das Boot kippelte hin und her, die Wellen hoben es hoch um es anschließend wieder abzusenken. Steuer hatte ich aus Zeitgründen keines montieren können und so versuchte ich durch Ankanten und heftiges Paddeln, mir das Gefährt in dem ich saß untertan zu machen. Der Himmel wurde immer finsterer und auch Guido war die Sorge ins Gesicht geschrieben. "Lass uns den nächstbesten Landeplatz suchen und dort unser Lager aufbauen!" rief er mir durch den Wind zu.

    Ich musste nicht lange überredet werden. Nach nicht einmal zwei Kilometern Fahrt landeten wir an einem wenig einladenden, steinigen Strand an und bauten zwischen Glasscherben und Müll unser Lager auf. Die Wellen waren mittlerweile beachtlich und schlugen mit lautem Klatschen ans Seeufer. Wir redeten nicht mehr viel an diesem Abend. Guido verzog sich gleich ins Zelt und verschwand aus meinem Blickfeld. Ich beschäftigte mich noch einige Zeit mit der Steueranlage des Bootes und schaffte es letztendlich sie funktionstüchtig zu bekommen. "Damit sollte es morgen ein wenig einfacher werden." dachte ich zufrieden und verkroch mich in meinem Zelt.



    Notbiwak am Lago Maggiore


    In der Nacht tobte ein heftiger Sturm und die Brecher donnerten unentwegt über den Strand. Als wir am nächsten Tag aus unseren Zelten krochen, war der Lago Maggiore glatt wie Öl und die Sonne tauchte ihn in ein freundliches, warmes Licht. Bei perfekten Bedingungen querten wir den See, dessen Ufer leider sehr verbaut und daher zum Wildzelten völlig ungeeignet sind. Je näher wir dem Ausfluss kamen ums mehr traten die Berge in den Hintergrund. Die Landschaft wurde flacher, der See verlor allerdings nichts von seiner Schönheit. Wir quartierten uns kurz vor dem Ausfluss des Ticino in Arona auf einem netten Campingplatz ein.



    Morgenstimmung am Lago Maggiore


    Guido fühlte sich dort gleich wie zu Hause und sprach sich für einen Pausentag aus, um seinen immer noch schmerzenden Rücken schonen zu können. Mir war zwar gar nicht dannach einen weiteren Tag auf dem Campingplatz herumzusitzen, aber ich respektierte Guidos Wunsch und legte kein Veto ein. Wir verbrachten den Tag mit Einkäufen, lagen faul im Zelt herum und brachten Guidos Boot wieder auf Vordermann bei dem sich erneut der verflixte Spant gelöst hatte. Am Abend vor dem Aufbruch las ich noch ein wenig über den Ticino Inferiore den wir morgen erreichen würden. Mittlerweile erschien es mir wie ein Wahnsinn den schnellen Alpenfluss mit 5,20 Meter langen Seekajaks befahren zu wollen.



    Pausentag am Campingplatz


    Das Nortik Argo liegt sehr schwerfällig im Wasser und bei dem Gedanken damit Kurvenschwälle zu fahren, Prallwände zu meistern und umgestürzten Bäumen auszuweichen, zog sich mein Magen zusammen. Vor dem Schlafengehen rannte ich auf dem Campingplatz umher wie aufgezogen. Ich las Guido noch den Bericht eines Kanadierfahrers vor, der auf dem Ticino bei Hochwasser zwei Mal havariert hatte. Einmal wurde er unter einem provisorischen Damm durchgespült und beim zweiten Mal fand er sich plötzlich in einer Wasserwalze wieder, der er jedoch nach einigen Umdrehungen lebend entkommen konnte. Ich schloss meine Lesung mit den Worten: "So, nun bist du informiert was dich morgen erwartet. Brauchst dich dann nicht beschweren du hättest nichts gewusst wenn du in der Walze rotierst."


    Im Tal des Ticino Inferiore

    Am nächsten Tag brachen wir in aller Frühe vom Campingplatz auf und absolvierten den Rest des Sees. Der Lago Maggiore verengte sich nun trichterartig und verwandelte sich in einen Fluss, den unteren Tessin - Ticino Inferiore genannt. Die Menge des aus dem See abfließenden Wassers wird durch ein Wehr geregelt. Ist der Pegel des Lago Maggiore dementsprechend hoch, sind dessen Schotten heruntergeklappt und man kann einfach darüber hinweg fahren.



    Das Wehr Miorina regelt den Ausfluss aus dem See.


    Das war bei unserer Fahrt jedoch nicht der Fall und so mussten wir einen Weg um das Hindernis herum suchen. Wer versucht rechts anzulanden wie es der DKV Führer empfiehlt, wird an seinem Leben bald nicht mehr viel Freude haben. Dort ist das Aussteigen wegen betonierter Steilufer fast unmöglich und der Sog des Wassers zieht gefährlich in Richtung der Wehrkrone. Wir näherten uns daher von der anderen Seite und landeten sicher vor dem Wehr an. Guido maulte zwar weil er schon wieder aus dem Boot steigen musste, aber ich konnte es nicht ändern. Auf der linken Seite gab es eine Schleuse, die wir jedoch nicht benutzen konnten. Aus den Hand- und Fußzeichen der Kraftwerksmitarbeiter schloss ich, dass diese nur für Boote des Personals zugänglich ist.

    Wir schleppten also unseren ganzen Krempel um das Hindernis herum und kletterten über steile Treppen wieder hinunter zum Unterwasser. Der Ticino war auf den nächsten Kilometern ein schnurgerades grünes Band, das ohne Schwierigkeiten, aber mit hoher Strömung, zwischen dicht bewachsenen Ufern dahinschoss. Es dauerte jedoch nicht lange bis die Strömung vor einem weiteren Kraftwerk vollständig zum Erliegen kam. Die nun folgende Umtragung sollte es in sich haben. Über anderthalb Kilometer mussten wir die Boote karren. Zuerst über eine viel befahrene Straße, dann über einen Schotterweg mit faustgroßen Steinen. Das Geniale an der Sache war dass wir den Weg zweimal gehen mussten.



    Die Umtragung von Porto Torre.


    Guidos selbstgebauter Bootswagen taugte überhaupt nichts und so legten wir mit meinem Eckla Foldy an diesem Tag fast 5 Kilometer auf italienischen Straßen und Schotterwegen zurück. Hinter dem Wehr fanden wir keine brauchbare Einstiegsstelle. Wir mussten die Boote über einen brusthohen Holzzaun hieven während ein Bernhardiner am gegenüberliegenden Gartentor Amok lief. Während wir die Boote beluden, gesellte sich plötzlich ein Italiener zu uns. Er grinste uns breit an, deutete dann auf unsere langen Seekajaks und schüttelte den Kopf. Dann imitierte er mit den Händen eine Kenterbewegung. "Rapido! Rapido!" Guido hatte davon nichts mitbekommen und ich hielt es auch für besser wenn das so bliebe. Der Bursche war auch so schon genug demoralisiert.



    Blick auf den Ticino hinter dem Wehr.


    Der Ticino war von nun an recht seicht und schoss mit beeindruckender Geschwindigkeit dahin. Ich bot mich an vorrauszufahren um zu scouten, da ich von uns beiden noch über die meiste Wildwassererfahrung verfüge. Bereits nach wenigen Metern erwartete mich ein heftiger Kurvenschwall den ich links durch die höchsten Wellen fahren musste. Zwar sah die rechte Seite verlockend einfach und friedlich aus, doch verbargen sich dort knapp überspülte Felsbrocken deren man sich erst bewusst wurde wenn sie einem den Kiel aufgeschlitzt hatten. Ich jagte mein Boot durch die Wellen und gab anschließend Guido wilde Handzeichen um ihn durch die Passage zu lotsen. Doch meine Sorgen stellten sich als unbegründet herraus. Guido lenkte sein Boot so souverän durch die Wellen, dass ich mir bald wieder mehr Sorgen um mein eigenes Wohlergehen machte.



    Endlose Schotterbänke säumen die Ufer des Flusses.


    Wenig später versperrte ein Steindamm den Fluss welchen wir mühsam treideln mussten. Zwar gab es auf der rechten Seite einen vermeintlich fahrbaren Durchlass, aber keiner von uns hatte Lust sich darauf einzulassen. Bis zu den Knien standen wir im Wasser und wateten mit den Booten an der Leine durch das atemberaubend schöne Tal. Vor uns breitete sich eine Schotteraue bis zum Horizont aus. Grinsend drehte ich mich zu Guido um der hinter mir über die Steine stolperte. "Aber verdammt schön ist es hier schon!" Er grinste zurück. "Ja das ist es."

    Wenig später landeten wir auf einer Schotterbank an um den Tag zu beenden. Wir waren beide müde vom Treideln und Schleppen, keiner wollte mehr weiterfahren. Ich kletterte die Uferböschung hinauf und suchte im dahinter wuchernden Urwald nach einem Lagerplatz. Wir fanden eine kleine Lichtung auf der wir unser Lager mitten im Busch aufschlugen. Die Boote brachten wir auf der Schotterbank unter ein paar Bäumen in Sicherheit. "Zurr die Boote bloß gut fest. Das fehlt uns gerade noch dass die dort oben das verflixte Wehr aufmachen und unseren ganzen Krempel wegspülen." wies mich Guido an. Das Wasser des Ticino war klar wie Kristall und ich ließ es mir nicht nehmen ein wenig davon zu trinken. "Du trinkst aus dem Ticino?", fragte mich Guido ungläubig. "Das nenne ich Mut." Ich erwiderte: "Das ist kein Mut. Aus dem Po zu trinken, das ist Mut."



    Unser erstes Camp in der Wildnis.


    Wildwasser im Seekajak

    Am nächsten Tag zogen wir gleich unsere Badehosen an, war es doch nur eine Frage der Zeit, bis der Fluss einen von uns umwerfen würde. Der Ticino gebärdete sich herrlich spritzig, wir preschten durch hohe Wellen und lenkten unsere Seekajaks durch die Kiesbankschwälle als hätten wir noch nie etwas anderes gemacht. Ich war begeistert wie gut sich der Argo beherschen ließ, obwohl er auf Flüssen dieser Art gewöhnlich nicht zuhause ist. Das Wasser des Ticino schimmerte im schönsten Smaragdgrün und die Schotterbänke leuchteten in einem so strahlenden Weiß, dass es in den Augen wehtat. Wir mussten sämtliche unserer Techniken aufbieten um dem Fluss Paroli bieten zu können. An einer Stelle wurde das Wasser mit voller Wucht durch einen engen Durchgang gepresst. Wir mussten ein paar Runden im Kehrwasser davor drehen um den Durchlass genau zu treffen. Wer die Einfahrt verpasste wurde gegen die Felsen gedrückt oder unter eine der im Wasser liegenden Baumleichen gezogen.

    Doch leider hielt der Ticino auch einige unerfreuliche Hindernisse für uns bereit. Gegen Mittag landeten wir vor einem Steindamm, der die Hälfte des Flusses blockierte. Auf der linken Seite schoss das Wasser mit voller Wucht an ihm vorbei, rechts zweigte ein unfahrbarer Kanal ab. Wir schleppten unsere Boote um den Damm herum und ein italienischer Bauarbeiter schenkte uns zur Aufmunterung ein paar Fishermans Friends. Der besagte Damm wird bei Hochwasser regelmäßig weggespühlt und muss dann mit losem Schotter wieder neu aufgeschüttet werden. Ein jährliches Schauspiel dem wir nun beiwohnen durften.



    Der Stichdamm wird gerade ausgebessert.


    Am Nachmittag des selben Tages erreichten wir eine Autobahnbrücke. Wir wussten dass dort aktuell gebaut wird und rechneten bereits mit Schwierigkeiten. Doch was uns dort erwartete, stellte alles bisher da gewesene in den Schatten. Während Guido noch damit beschäftigt war aus seinem Boot zu klettern, schlenderte ich bereits am Ufer entlang in Richtung der Brücke. Die Italiener hatten zwischen den beiden Brücken einen Damm über die gesamte Flussbreite errichtet. Dieser bestand aus riesigen Metallröhren, Bauschutt und anderem Gerümpel, unter dem das Wasser einfach hindurchfloss. "Wenn Guido das sieht dreht mir der durch.", dachte ich noch. Es blieb uns nichts anderes übrig als die Boote zu entladen und weitläufig um die Baustelle herum zu schleppen. Als wir damit fertig waren wurde es bereits Abend und so bauten wir direkt hinter den Brücken unser Camp auf.



    Baustelle nach italienischer Art.


    Tags darauf, wir waren noch keine halbe Stunde gefahren, tauchte schon das nächste Hindernis auf. Ein Steinwurfwehr, dicht gefolgt von einem unfahrbaren Brückenwehr. Ich stieg aus um mir die Sache anzusehen und kämpfte mich dabei durch einen undurchdringlichen Urwald. Bis zum zweiten Wehr konnte ich jedoch gar nicht vordringen, da mir der Weg durch einen Nebenbach abgeschnitten wurde. Doch auch das erste Wehr schien unmöglich zu umtragen, da das Einsetzen über die Steilböschung dahinter mit unseren Faltbooten schlicht unmöglich gewesen wäre. Deprimiert schlenderte ich zu Guido zurück um ihn über den Stand der Dinge zu informieren. Dieser erwartete mich bereits mit Neuigkeiten. "Während du weggewesen bist kam plötzlich ein kleines Motorboot unter der Brücke durch! Ich habe mit denen gesprochen und anscheinend können wir die zwei Wehre durch den Kanal der im rechten Brückenbogen abzweigt umfahren!", verkündete er strahlend. "Bist du sicher?", erwiderte ich skeptisch. "Laut DKV Führer wird das Wasser dieses Kanals unterschächtig in eine Raffinerie abgeleitet und ich habe wenig Lust in einem finsteren Wasserschacht zu sterben. Aber was solls. In dem Führer ist bis jetzt auch nur Dreck gestanden und umtragen können wir das Ding sowieso nicht."
    Dennoch war ich etwas misstrauisch und ließ Guido zur Sicherheit vorfahren. Wenn wir schon in der Raffinerie landen würden, sollte er wenigstens der erste sein. Der Nebenarm war sehr schmal und in zwei Gerinne unterteilt. Wir hielten uns ganz links, der Fluss war hier vielleicht noch zwei Meter breit und außerdem von überhängenden Ästen überspannt. Guido ließ sich davon nicht beeindrucken und trieb darunter hindurch, wobei er allerdings seinen Hut vom Kopf gefegt bekam. Mir war die Durchfahrt zu heikel und so treidelte ich mein Boot vom Ufer aus. Die Strömung war allerdings stärker als ich und riss mein Boot quer direkt auf die Äste zu. Zu allem übel handelte es sich bei diesen auch noch um ein Gestrüpp mit nadelspitzen Dornen. Ich sah bereits vor meinem inneren Auge wie sich selbige in die Luftschläuche meines Bootes bohrten. In einem Anflug von Verzweiflung sprang ich meinem Boot hinterher und bekam es am Heck zu fassen.



    Das Steinwurfwehr lässt sich durch den Kanal im rechten Brückenbogen umfahren.


    Mit aller Kraft drehte ich das Gefährt wieder gerade und beförderte es mit einem heftigen Stoß den Bug voran unter den Ästen hindurch. Hustend und spuckend tauchte ich anschließend selbst wieder auf und schaffte es mein Boot wieder an Land zu bekommen. Zitternd fischte ich mein Paddel aus dem Wasser und stieg wieder ins Cockpit wo das Wasser mehrere Zentimeter hoch stand. Wenige Zeit später tauchte am rechten Ufer ein Überlaufwehr auf, über welches Wasser in die besagte Raffinierie floss. Ich brauchte mich jedoch bloß weit genug davon fernzuhalten und kam ohne weitere Schwierigkeiten zurück in den Hauptarm. Guido hatte den Kanal schon lange verlassen und von meinem Kampf gar nichts mitbekommen. "Hast du meinen Hut gerettet?", war daher seine erste Frage als ich wieder zu ihm aufgeschlossen hatte. "Verdammt, ich habe dahinten fast mein Boot versenkt und hatte andere Probleme als deinen Klamotten hinterher zu tauchen.", knurrte ich wütend, während ich auf einer Sandbank mein Boot ausleerte.

    Am späteren Nachmittag erreichten wir die Ponte di Vigevano in deren Nähe Hannibal und Scipio im Jahre 218 v. Christus die Schlacht am Ticinus ausgetragen hatten. Heute lauert auch unter dieser Brücke ein Wehr, welches wir jedoch erneut durch einen Nebenarm auf der rechten Seite umfahren konnten. Guido legte sich hinter der Brücke in die Sonne und ich marschierte zu Fuß ins zwei Kilometer entfernt liegende Vigevano um unsere Vorräte auzustocken. Zahlreiche Motorboote schossen den Ticino auf und ab, welche sich auch von den Stromschnellen nicht beeindrucken ließen. Es passierte gegen Abend. Guido und ich fuhren dicht hintereinander, möglicherweise zu dicht. Vor uns lag ein Kurvenschwall dessen Abfluss jedoch von einem Felsriegel beinflusst wurde und so entstand ein starkes Kehrwasser. Ganz links war eine freie Durchfahrt, die wir jedoch nicht erreichten. Das Kehrwasser packte uns mit eisernen Griff. Ich versuchte mit aller Kraft den Griff des Flusses abzuschütteln und wurde ans linke Ufer gespült, wo ich mich aus dem Sog befreien konnte.



    Die Ponte di Vigevano, im Vordergrund kann man die freie Durchfahrt erkennen.


    Guido jedoch war viel zu weit nach rechts gekommen und wurde nun von der Strömung gegen die Felsen gedrückt. Er versuchte noch das drohende Unheil abzuwenden und sich mit einer Seilfähre auf der Stelle zu halten. Doch dabei lehnte er sich zu Seite und tauchte das Paddel in seinem Stress mit der Kante voran ins Wasser. Statt wie gewohnt Halt und Stabilität zu bieten, schoss die Paddelkante durch die Wasseroberfläche wie Butter. Guido kippte zur Seite und landete in den Fluten des Flusses. Irgendwie schaffte er es sein Boot wieder umzudrehen und dem Kehrwasser zu entkommen. Ich hatte mich währendessen weiter unten in Position begeben und wartete was nun passierte.

    Guido stand mitten im Fluss an einer etwas seichteren Stelle und klammerte sich verzweifelt an sein Boot, während der Fluss versuchte es ihm zu entreißen. "Auf was wartet der Kerl bloß?", schoss es mir durch den Kopf, während ich gegen die Strömung zu ihm zurück paddelte. "Ich komme hier nicht weg! Kannst du mich abschleppen?", brüllte Guido und versuchte schon sein Boot an meinem festzubinden. "Bist du wahnsinnig Mann? Hör auf damit, du wirfst mich am Ende auch noch um!" "Dann schleppst du mich eben hier raus! Auf gehts!" Sprachs und klammerte sich am Heck meines Bootes fest, wobei er mit der anderen Hand sein Boot im Schlepptau hielt. Es muss wohl ziemlich komisch ausgesehen haben wie ich hektisch paddelnd, Guido und sein Gefährt an Land zog.

    "Mann ist das bitter. Jetzt bin ich über 8.000 Kilometer ohne Kenterung gefahren und dann das. Aber das Genialste an der Sache war die Tussi die auf dem Felsriegel gesessen hat und nicht einmal von ihrem Buch aufgesehen hat, als ich an mein Boot geklammert, direkt vor ihrer Nase vorbeigetrieben bin. Hat wohl gerade Shades of Grey gelesen das Mädchen." Guido breitete sein ganzes Zeug auf einem alten Baum zum Trockenen aus. Es sah aus als hätte er im Schotterbett des Ticino einen Laden aufgemacht. Sein Garmin und einen Schwamm hatte der Fluss davongetragen. Außerdem wusste er nun welche seiner "waserdichten" Packsäcke auch tatsächlich dicht waren und welche nicht.



    Guidos Kaufmannsladen nach seiner Kenterung.


    Wir befanden uns nun bereits kurz vor der Po-Mündung und langsam machte sich Unruhe breit. Wir hatten uns so an den Ticino, die schöne Landschaft und das saubere Wasser gewöhnt, dass wir am liebsten ewig auf ihm weitergefahren währen. Wir passierten Pavia mit seiner mittelalterlichen, holzgedeckten Brücke. Rechts und links säumten kleine bunte Häuser den Flusslauf die schon fast kitschig wirkten. "Was meinst du, können wir auf dem Po überhaupt in einem Faltboot fahren ohne dass uns der Dreck im Wasser die Bootshaut durchfrisst?", fragte ich Guido als wir kurz vor der Mündung standen. "Das wäre zumindest wünschenswert. Aber hat nicht Michael Rytz geschrieben dass es am Po Biber geben soll? Ich dachte die weisen auf eine gute Flussökologie hin.", gab Guido zurück. "Da würde ich mich nicht drauf verlassen. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Viechern um eine mutierte Unterart mit doppelt so dickem Fell und vier Nieren, um mit dem ganzen Gift fertig werden zu können. Aber wie auch immer. In ein paar Minuten werden wir wissen wie schlimm es tatsächlich ist."

    To be continued...

  • paddel
    Fuchs
    • 25.04.2007
    • 1864
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

    Klasse! Freu' mich auf die Fortsetzung.
    Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
    vorausgesetzt man hat die Mittel.

    W.Busch

    Kommentar


    • lina
      Freak

      Vorstand
      Liebt das Forum
      • 12.07.2008
      • 42917
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

      Liest sich super (ich wusste gar nicht, dass Paddeln so spannend sein kann )
      & freue mich auf mehr!

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      • LadyofPedelec
        Anfänger im Forum
        • 09.10.2013
        • 28
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

        Eine interessante Art zu Reisen. Werde Deinen Bericht weiterverfolgen. Interessiert mich ungemein, wie Ihr mit dem Boot nach Venedig kommt.
        Freue mich auf die Fortsetzung.
        LadyofPedelec

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        • StevePeacewalker
          Erfahren
          • 26.06.2011
          • 247
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

          Die Durchquerung der Po-Ebene

          "So Guido, nun tauch ein letztes Mal deine Hände in sauberes Wasser, denn damit wird es nun für einige Zeit vorbei sein," rief ich meinem Paddelpartner zu. Wenige Minuten später ergoss sich das saubere Wasser des Ticino in die trüben Fluten des Po. Eine weite Ebene dehnte sich vor uns aus. Die Flussufer wurden von endlosen Sandbänken gesäumt, hinter denen gigantische Pappelwälder wucherten. Am Abend wurde die Landschaft in ein goldenes Licht getaucht und wir blickten staunend in die weite Landschaft. "Bleibt nur zu hoffen dass das so bleibt.", sagte ich zu Guido. "Das Wasser stinkt nicht, es ist nirgends Müll und auch Zelplätze gibt es mehr als genug."



          Unser erstes Camp am größten Fluss Italiens.


          Der Po floss ruhig dahin und mäanderte sich mit 3-4 km/h Strömung durch eine gleichmäßige, ebene Landschaft. Abwechslung boten die teils urwüchsigen Ufer und die gigantischen Sandbänke, welche teilweise mehr als doppelt so breit waren wie der Po selbst. Wir passierten hohe Steilufer an denen große Kolonien von Bienenfressern brüteten. Die smaragdgrünen Vögel hatte ich bis dahin lediglich in Fernsehdokus zu Gesicht bekommen. Das Wasser des Po war entgegen unserer Befürchtungen weitgehend in Ordnung. Gelegentlich mündete zwar ein dreckiger Bach und es stank für ein paar Minuten kurz nach Chemie, doch kurze Zeit später war davon kaum noch was zu merken.



          Abendstimmung am Po.


          Wir erreichten Piacenza, eine große Stadt mit über 100.000 Einwohnern, wo wir unsere Vorräte aufstocken wollten. Ich landete an der einzigen Brücke direkt im Industriegebiet an. "Was willst du denn hier?" knurrte Guido. "Schau dir doch mal den ganzen Dreck hier an! Da kommt bestimmt noch was Besseres." "Was hast du dir denn erwartet Mann?", knurrte ich zurück. "Glaubst du etwa, dass es hier eine Uferpromenade mit McDonalds, Touristencafes und einer gepflasterten Ausstiegsrampe gibt? Wir sind hier im italienischen Industriegebiet und nicht auf der Rheinpromenade bei dir in Köln!"



          Pause auf einer Insel mitten im Flussbett.


          Als wir endlich mit dem Einkaufen fertig waren, mussten wir uns in die Riemen legen. Wir wollten unbedingt noch vor fünf Uhr am Po-Kraftwerk Isola Serafini ankommen, wo Sportboote laut DKV-Führer kostenlos geschleust werden. Als wir dreißig Kilometer später dort ankamen, bot sich uns ein trostloser Anblick. Vor der Einfahrt zur Schleusenkammer türmten sich tote Bäume, kaputte Schiffe und allerhand anderer Müll. "Sieht ja nicht sehr in Betrieb aus die Schleuse," knurrte Guido. "Ich kann nichts dafür. Wenn du nichts Konstruktives zur Lösung beizutragen hast, dann sei lieber still." Während Guido es sich murrend in seinem Boot bequem machte und darauf wartete, dass ich eine Lösung fand, lenkte ich mein Boot an eine Eisentreppe und kletterte aus dem Wasser.



          Das Po-Kraftwerk Isola Serafini.


          Ich ahnte schon, dass ich mir den Weg sparen konnte, marschierte aber dennoch über das Kraftwerksgelände um einen Bediensteten zu finden. Auf meiner Suche streifte ich quer über das verlassene Areal, bis ich an ein paar Containern ankam. Vorsichtig linste ich durch eines der Fenster. In dem dahinterliegenden Büro saß ein Mann der über irgendwelchen Papieren brütete. Vorsichtig klopfte ich mit dem Knöchel gegen das Fenster. Die Kommunikation mit dem Krafwerksbediensteten gestaltete sich als nicht ganz einfach. Irgendwie schaffte ich es, ihm klar zu machen, dass wir mit dem Boot da waren. Doch der Kerl verstand einfach nicht was ich von ihm wollte, bis es mir schließlich zu blöd wurde. Ich zupfte den armen Mann am Ärmel und bedeutete ihm, mir zu folgen.

          Draußen angekommen deutete ich vehement auf die Schleuse. Dass diese schon seit den 80er Jahren nicht mehr funktionierte, konnte ich damals noch nicht wissen. Der Kraftwerksmitarbeiter gab mir zu verstehen, dass unsere Reise hier zu Ende sei und wir wieder dorthin zurückfahren sollten wo wir herkämen. "You stop here! Go back!" Ich hatte keine Lust ihm zu erklären, dass wir bereits von Locarno kämen und sicher nicht dorthin zurückfahren würden. Deshalb schüttelte ich ihm nur die Hand, bedankte mich für seine Hilfe und trottete zurücke zu Guido.



          Unser Camp vor den Toren des Kraftwerks.


          "Wie sieht es aus, werden wir geschleust?" "Negativ. Wir habe zwei Möglichkeiten. Entweder wir folgen dem Rat von dem Kerl und fahren zurück nach Locarno oder wir suchen einen Weg um das Ding herum." Dazu mussten wir jedoch ans andere Ufer fahren, denn ein Einsetzen in den Schleusenkanal war auf Grund der betonierten Böschungen nicht möglich. Dort angekommen bauten wir gleich das Camp auf. Am nächsten Tag blieb uns dann nichts anderes übrig als das Kraftwerk zu umtragen, eine Prozedur die uns fast den ganzen Vormittag kosten sollte. Zuerst mussten wird die Boote auf einem holprigen Feldweg hinter das Hindernis karren. Dort angekommen, erwartete uns eine über zehn Meter hohe, schräg abfallende, betonierte Böschung. Bei dem Versuch die Boote dort hinunterzutragen hätten wir uns den Hals gebrochen. Desshalb seilte sie Guido mit Hilfe des Bootswagens und einem langen Seil die Böschung hinunter ab. Ich ging während des Vorgangs vorne her und verhinderte so, dass der Wagen ausbrach.



          Einsetzen unterhalb des Kraftwerks.


          Während wir dort unten schufteten, umschwirrten uns zahlreiche merkwürdige Schmetterlinge, die es wohl auf das Salz abgesehen hatten das wir ausschwitzten. Die Tiere begleiteten uns sogar noch ein Stück hinaus aufs Wasser. Da wir uns nun nicht im Kraftwerkskanal, sondern im ursprünglichen Flussbett des Po befanden, mussten wir eine zusätzliche Flussschleife paddeln welche der Kanal abscheidet. Der Po hatte bis zum Zusammenfluss der Arme kaum Strömung und wir mussten ordentlich paddeln um Meter gut zu machen. Wenig später erreichten wir Cremona und Guido machte sich erneut unglücklich, in dem er in Richtung der Stadt loslief um einen McDonalds zu suchen. Nachdem er kreuz und quer auf vielbefahrenen Straßen durch Industriegebiete getrabt war, kam er schließlich erfolglos und deprimiert zurück.



          Blick auf den Fluss in Cremona.


          Der Po war landschaftlich recht hübsch, es gab zahlreiche wunderschöne einsame Zeltplätze und das Wasser war noch immer einigermaßen sauber. Mittags kame wir im Club "Amici del Po" unter. "We are from Germany!", versuchte Guido der Wirtin begreifbar zu machen, was an der schwarz-rot-goldenen Flagge auf seiner Schirmmütze jedoch auch für den Dümmsten problemlos zu erkennen war. "Mann, was soll eigentlich dieses Käppi? Die halten uns doch für irgendwelche beknackten Patrioten oder schlimmer." "Ich habe noch ein anderes mit Türkei-Flagge drauf, wäre dir das etwa lieber?" gab Guido zurück. "Außerdem brauche ich meinen Sonnenschutz, ist doch völlig latte was auf dem Ding drauf ist."



          Abendessen auf endlosen Sandbänken.


          Die Städte am Po haben nichts vom geschleckten und aufgedonnerten Protz des Tessins und des Lago Maggiore. Es sind herbe Industrieorte die nicht auf Schönheit sondern auf Zweckmäßigkeit ausgelegt sind. Sie kehren dem Fluss hinter hohen Deichen den Rücken und lassen ihn weitgehend machen was er will. Die Brücken sind gnadenlos funktionell errichtet und entbehren jeglicher Schönheit. "Anstatt der 400 schönsten Schlösser der Loire, kannst du hier die 400 schönsten Industriedenkmäler Italiens besichtigen," habe ich einmal zu Guido gesagt.



          Lagerplätze findet man mehr als genug.


          Am nächsten Tag kamen wir in einen kleinen Ort names Revere. Am Ufer befand sich ein kleiner Bootsclub von dem mir jemand wild zuwinkte. "Ciao, ich bin Paolo! Hast du Hunger? Wie heißt du eigentlich?" "Ah, Stephano! Wilkommen in Revere!" Paolo konnte nur italienisch und als ich sagte ich müsse noch auf Guido warten, fragte er mich: "Was ist das ein Guido?" Der Italiener entpuppte sich als absoluter Pfundskerl, er tischte uns Wurst, Brot und Käse auf. Dazu gabe es Grappa und Zigarren. Als ihn Guido um einem großen Kaffee bat war der Italiener außer sich. "Großer Kaffee, sowas kann nur aus Amerika kommen! Sowas gibt doch keine Kraft, warum trinkst du da nicht gleich das hier?" schnaubte er und hielt Guido seine Wasserflasche unter die Nase.



          Zu Gast bei Paolo in Revere.


          Im Clubhaus hing eine vortreffliche handgezeichnete Karte, die den ganzen Po darstellte. Paolo zeigt uns die Abzweigung die wir nach Venedig nehmen mussten, die sogenannte Volta Grimana. Ich deutete mit dem Finger auf das Kraftwerk Isola Serafini. "Die Schleuse von dem Ding funktioniert nicht!" Paolo lächelte. "Stephano, wilkommen in Italien!" Nach einiger Zeit gesellte sich ein alter Knabe hinzu und begann wie wild auf italienisch zu diskutieren. "Ich glaube ihr gehts jetzt besser," raunte Paolo. "Wenn sich der Kerl einmal warm geredet hat, muss ich mir das den ganzen Tag anhören." Er begleitete uns noch bis zu unseren Booten und wünschte uns viel Glück für unsere weitere Reise.



          Unsere Camps wurden von Mal zu Mal schöner.


          Wir standen nun kurz vor dem Beginn des Po Deltas und der Fluss verbreiterte sich enorm. Am folgenden Tag verlor ich Guido und konnte ihn bis zum Abend nicht mehr finden. Als ich einen Lagerplatz ausgewählt hatte, rief ich ihn auf seinem Handy an. "Wo steckst du denn?" "Also an den beiden großen Brücken bin ich noch vorbeigekommen und jetzt habe ich mein Lager aufgebaut. Am anderen Ufer ist so ein rechteckiger Fleck aus hellem Stein, sicher zehn Meter breit," beschrieb mir Guido seinen Standort. "Aber das kann nicht sein! Das sehe ich von hier auch! Warte mal." Ich schlenderte ein Stück zurück flussaufwärts, erklomm einen Hügel und stand unmittelbar in Guidos Camp. Lachend holte ich mein Boot und die restliche Ausrüstung nach.



          Sonnenuntergang im Po-Delta.


          Als ich am nächsten Tag die Nase aus dem Zelt hielt, sah ich sofort dass unsere Boote nicht mehr da waren. Obwohl wir sie komplett aus dem Wasser geholt und an einen Sandhering gebunden hatten, war der Fluss ihrer habhaft geworden. "Guido! Wach auf! Verdammt, die Boote sind weggeschwommen!" Aus seinem Zelt drang noch ein undefinierbares Geräusch, da war ich auch schon davon gesprintet um nach ihnen zu suchen. Gottseidank hatten wir unser Camp auf einem Hügel aufgebaut. Man konnte weit blicken und ich glaubte am Horizont die Boote in einer Bucht liegen zu sehen. Sie waren es tatsächlich. Friedlich dümpelten sie am Ufer entlang, als warteten sie nur darauf von uns abgeholt zu werden. Glücklicherweise hatte ich sie am Vorabend noch aneinandergebunden und so konnten wir die Gefährte ohne Mühe bergen. Während wir wieder zurück zu unserem Lager paddelten, ging ein Regenguss nieder, der uns innerhalb von Sekunden bis auf die Haut durchnässt hatte.



          Unser letztes Camp im Po-Delta.


          Der Regen sollte uns den ganzen Tag verfolgen, in einer Intensität wie ich sie schon lange nicht mehr erlebt habe. Ich konnte kaum noch etwas sehen und meine Haare fielen mir wie ein fettiger schwarzer Vorhang ins Gesicht. Der Po war ebenfalls angschwollen und trug allerhand Zeug mit sich. Von harmlosen Plastikmüll bis hin zu kleinen Baumstämmen schwammen die verschiedensten Dinge an uns vorbei. Auch die Gezeiten waren hier schon deutlich zu spüren. Diesen hatten wir auch das Verschwinden unserer Boote zu verdanken gehabt. Doch das alles konnte uns nicht aufhalten und so gelangten wir schließlich an die Conca di Volta Grimana. Hierbei handelt es sich um eine gewaltig Schleuse, die das Portal zu einem Netzwerk von Kanälen darstellt über das man in die Bucht von Venedig gelangen kann.



          Conca di Volta Grimana.


          An der Schleuse angekommen, bekamen wir erst einmal einen gewaltigen Schreck. Die Auskunftstafel davor besagte, dass mann sich mindestens zwei Stunden vor Ankunft ankündigen muss um geschleust werden zu können. "Das kann doch nicht wahr sein.", sagte ich zu Guido. "Ich werde mal bei denen anrufen und fragen, ob das stimmt." Kaum hatte ich die Nummer auf der Tafel gewählt, landete ich in einer automatischen Vermittlungszentrale. Die Stimme am Telefon bot mir italienische und englische Sprachführung an, fuhr dann aber einfach in Italienisch fort, obwohl ich mich für Englisch entschieden hatte. Dann zählte die Stimme verschiedene Flusssysteme auf, die mir überhaupt nichts sagten, daher entschied ich mich kurzer Hand für das erstgenannte. "Conca di Volta Grimana per favore!" ließ ich den Schleusenmeister wissen. "Ah, due canoa, molto bene!" sprachs und schon öffneten sich die Eisentore und gaben die Einfahrt in die Schleuse frei.



          Der Canale di Valle.


          Es folgte der Canale Bianco ein schmaler Schiffskanal, der uns in den Po di Levante führte. Wir passierten zwei weitere Schleusen und landeten schließlich im Canale di Valle, einem schnurgeraden von Schilf gesäumten Korridor. Die Schleusen waren allesamt mit Kamerasystemen ausgestattet und die Ampeln schalteten nach wenigen Minuten auf Grün ohne dass ein Zutun unsererseits erforderlich war. Nur einmal weigerte sich die Ampel grünes Licht zur Ausfahrt aus der Kammer zu geben, obwohl die Schleusung längst abgschlossen war und das Schleusentor weit offen stand. "Die sitzen jetzt da irgendwo vor ihren Monitoren und lachen sich über uns kaputt", sagte Guido. "Da schaut euch diese dämlichen Deutschen an! Bevor die Ampel nicht grün zeigt, rühren sie sich nicht von der Stelle. Lass uns mal ausprobieren wielange es braucht bis sie sich aus der Schleuse heraustrauen!" Ich grinste zurück: "Du hast recht. Besser wird es nicht mehr, lass uns hier abhauen."



          Italienische Fischer präsentieren uns stolz ihren Fang.


          Die nächste Schleuse teilten wir uns mit zwei Fischerbooten die bereits hinaus preschten, da waren die Schleusentore noch nicht mal zur Hälfte geöffnet, von der Ampel ganz zu schweigen. Es war die letzte Schleuse gewesen, nur noch eine Kammer aus Stein und Metall die uns noch vom Meer trennte. Ich paddelte erfürchtig aus der Schleuse, steckte den Finger ins Wasser und leckte ihn ab. "Guido mein Freund, wir haben es geschafft. Jetzt liegt nur noch das Meer vor uns."


          Abenteuer in der Lagune von Venedig

          Die Durchquerung der Schleusen und Kanäle hatte uns viel Kraft gekostet und so bauten wir unmittelbar nach der letzten Schleuse im Industriegiet von Chioggia unser Zelt auf. Unser Camp verlegten wir auf einen Damm um vor den Gezeiten sicher zu sein. Auch die Boote schleppten wir hoch hinauf um nicht wieder eine böse Überaschung zu erleben. Neben unseren Zelten lagerte eine große Möwenkolonie, deren Krächzen weithin zu hören war. Der faulig salzige Geruch des Meeres lag in der Luft und ich konnte es noch gar nicht fassen, dass wir es tatsächlich bis hierher geschafft hatten.



          Das Meer liegt vor uns.


          Gleichzeitig war mir jedoch auch ein wenig mulmig zu Mute. Gigantische Schiffe fuhren an unserem Lager vorbei und als ich die gigantischen Wellen sah die ihnen nachfolgten, zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Guido schien meine Gedanken gelesen zu haben. "Wenn du sowas falsch anfährst, dann holla die Waldfee." Am nächsten Tag brachen wir in Richtung des Lido von Venedig auf. Das Lido ist ein langgezogener Landstreifen welcher die Lagune vom offenen Meer abtrennt. Wir paddelten durch den Hafen von Chioggia, vorbei an Fischkuttern und gigantischen Containerschiffen die gerade beladen wurden. Das Hämmern und Stampfen von Maschinen erfüllte die salzige Luft.



          Sonnenuntergang im Hafen von Chioggia.


          "Wenn hier ein Schiff rausfährt und uns übersieht sind wir erledigt," schoss es mir noch durch den Kopf, doch da hatten wir den Hafen bereits hinter uns gebracht. Wir steuerten nun direkt auf Chioggia zu, eine Stadt die Venedig sehr ähnlich ist und daher auch als "Klein Venedig" bezeichnet wird. Als wir den Kanal der Stadt durchquerten kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es gab so viel zu sehen, dass ich meinen Kopf staunend in alle Richtungen drehte um so viel wie möglich aufnehmen zu können.



          Der Kanal von Chioggia.


          Schließlich ließen wir Chioggia hinter uns und wagten die Überfahrt zum Lido. Das Meer dehnte sich in seiner ganzen Größe vor uns aus, am Horizont waren die Umrisse des Lidos zu erkennen. Das Wasser leuchtete blau in allen Schattierungen, aber ich wusste genau dass uns hier der kleinste Fehler den Kopf kosten könnte. Guido konnte sich auf Grund seines Rückens nicht umdrehen und so war es meine Aufgabe, nach von hinten kommenden Schiffen Ausschau zu halten. Wir schafften die Überfahrt und kamen heil am Lido an. Dieses bestand hier lediglich aus einer mehreren Meter hohen Steinmauer. Links davon ragten zahlreiche Holzpfähle aus dem Wasser, die paralell zum Lido in einer Reihe angeordnet waren. Die Pfähle waren mit Muscheln überwachsen und wurden vom Salzwasser nach und nach zerfressen, wodurch sie mich an die Stümpfe kranker und verfaulter Zähne erinnerten. Im Wasser trieben dichte Wolken aus Seegras, die sich ständig an Paddel und Steuer verfingen. Mitten im Meer standen hölzerne Fischerhütten auf Pfählen, die aussahen als würden sie einer anderen Welt entstammen. Jeder Pfahl wurde von einer fetten Mittelmeermöwe besetzt. Die riesigen Vögel hockten auf den faulenden Holzpfosten wie uralte Wächter und blickten mit ihren gelben Augen auf uns herab.



          Die Holzpfähle werden von großen Mittelmeermöwen besetzt.


          Wir fuhren seelenruhig zwischen der Mauer und den Pfählen dahin, bis von hinten das erste Schiff angeschossen kam. "Guido, da kommt was von hinten, schauen wir, dass wir hinter die Holzpfähle kommen!" Als wir den Schutz der Pfähle erreicht hatten, erkannten wir auch deren Zweck. Durch sie wurde die Fahrrinne für die Schiffe markiert, jenseits der Pfähle war das Meer so seicht, dass wir sogar den Grund sehen konnten. "Halten wir uns einfach außerhalb der Schifffahrtsrinne", sagte ich zu Guido. "Hierher können uns die Pötte nicht folgen und wir müssen nicht ständig um unser Leben fürchten. Wenig später verwandelte sich die Mauer in einen Landstreifen und eine kleine Stadt zog sich darauf entlang. Wir paddelten weiterhin paralell zum Lido und hielten nur gelegentlich an um die Wellen von vorbeischießenden Schiffen zu parieren.



          Entlang des Lido Pellestrina.


          Am Nachmittag erreichten wir die Öffnung des Lidos, durch welche Schiffe in die Lagune ein- und ausfahren können. Wir querten den Durchstich und kämpften dabei gegen das abfließende Wasser der Gezeitenströmung. Dieses bildete einen Sog, der stark genug war um uns hinaus aufs Meer zu ziehen. Wir wurden zwar ein Stück abgetrieben, schafften es jedoch, unseren Kurs zu halten. Währenddessen mussten wir noch den gigantischen Autofähren ausweichen, auf deren Fahrspuren wir uns hier herumtrieben. Wie durch ein Wunder erreichten wir heil den zweiten Teil des Lidos und brachten uns abermals im seichten Wasser hinter den Holzpfählen in Sicherheit.

          Am Abend des Tages tauchte schließlich links am Horizont die Silhouette von Venedig aus dem Dunst des Meeres auf. Wir wollten allerdings nicht direkt in die Lagunenstadt hinein, sondern zu einem Campingplatz am Ende des Lidos. Um dorthin zu gelangen, mussten wir eine mehrere hundert Meter breite Enge zwischen Venedig und dem Lido queren. Dort trafen zu allem Überfluss noch unzählige Schiffslinien zusammen. Die Schiffe kamen von allen Seiten. Das Meer warf riesige Wellen in alle Richtungen, es schäumte und kochte. Meine Füße auf den Steuerpedalen zitterten wie eine Nähmaschine und auch Guido hinter mir fühlte sich nicht mehr wohl in seiner Haut. Die meiste Zeit war er allerdings gar nicht zu sehen, nur wenn ihn die Wellen gerade in die Höhe hoben, konnte ich einen Blick auf ihn erhaschen. Verzweifelt versuchten wir einen Landeplatz zu finden, doch das Ufer bestand hier aus einer meterhohen, senkrechten Mauer, die keine Gelegenheit zum Anlanden bot. Schließlich entdeckte ich eine schräge, sehr steile Betonrampe die mir als einzige Möglichkeit erschien. Bevor ich anlanden konnte, musste ich jedoch auf den richtigen Moment warten. Die gewalten Brecher die von den Schiffen erzeugt wurden, hätten mich sonst gegen die Rampe geschmettert oder wieder zurück ins Meer gespült. Irgendwann war der Augenblick gekommen. Ich jagte mein Boot Richtung Ufer kletterte hinaus und brachte es in Sicherheit. Dabei war ich derart angespannt und konzentriert, dass ich gar nicht merkte wie mir die scharfkantigen Muscheln meine Füße aufschlitzten. Wenige Minuten später war auch Guido da. Er kletterte wegen seines kaputten Rückens auf allen Vieren aus dem Boot und die Böschung hinauf in Sicherheit.



          Guido und ich nach unserer Ankunft, glücklich wie selten je zuvor.


          An diesem Abend beschlossen wir mit einer nie dagewesenen Einigkeit, Venedig ausschließlich zu Fuß zu erkunden. Wir quartierten uns für ein paar Tage auf dem kleinen aber sehr feinen Campingplatz San Nicolo ein. Als ich am nächsten Tag durch die Touristenmassen der Lagunstadt lief, dachte ich zurück an das Tal des Ticino und die weite Ebene des Po. Wie gerne wäre ich in diesem Moment bei Paolo in Revere gegenüber des Fernheizwerks gesessen und hätte mit ihm Zigarre geraucht und Grappa getrunken. Sicher, Venedig war alt und wunderschön, hatte aber mit dem Italien, das ich auf unserer Reise kennen und lieben gelernt hatte, nicht mehr viel zu tun.


          Im Faltboot von den Alpen nach Venedig

          Videoporträt einer magischen Reise




          Für alle die den Weg nach Venedig selbst beschreiten möchten, habe ich einen
          Flussführer zu Ticino und Po geschrieben.
          Zuletzt geändert von StevePeacewalker; 02.12.2015, 11:06.

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          • Tomscout
            Fuchs
            • 04.01.2006
            • 1353

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            #6
            AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

            Na holla die Waldfee!!!
            Schön, mal wieder was von Dir zu lesen, auch wenn der Bericht jetzt nicht in mir ein Verlangen des "muss ich auch machen" hervorruft
            Seit wann hast Du ein Nortik? Naja, das ist auch sicher besser geeignet für den ersten und den letzten Teil der Tour als dein Grabner, vermute ich?

            Gruß, Tom
            TOMSCOUT'S TOUREN ...letzter Bericht: Hohe Tatra 2016

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            • StevePeacewalker
              Erfahren
              • 26.06.2011
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              • Privat

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              #7
              AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

              Zitat von Tomscout Beitrag anzeigen
              Na holla die Waldfee!!!
              Schön, mal wieder was von Dir zu lesen, auch wenn der Bericht jetzt nicht in mir ein Verlangen des "muss ich auch machen" hervorruft
              Seit wann hast Du ein Nortik? Naja, das ist auch sicher besser geeignet für den ersten und den letzten Teil der Tour als dein Grabner, vermute ich?

              Gruß, Tom
              Hallo Tom, das Nortik habe ich mir letzten Winter für diese Tour gekauft. Für den Ticino wäre der Grabner Explorer auch gut geeignet gewesen. Aber Seen und Großflüsse fahre ich nach meinen Erfahrungen auf der Loire nur mehr ungern im Luftboot. (Vom Meer ganz zu schweigen)

              Die Tour war sowas wie ein kleiner Traum von mir und obwohl sich das im Bericht stellenweise nicht so liest war es die beste und spannendste Tour die ich seit langem durchgezogen habe.

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              • Ditschi
                Freak

                Liebt das Forum
                • 20.07.2009
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                #8
                AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                Die Bilder der Lagerplätze am Fluß -- zum Träumen.

                " Wildwasser im Seekajak" hört sich recht widersprüchlich an, aber zuletzt war es ja genau das richtige Boot.

                Und absolut richtig: raus aus der Fahrrinne ! So ein Seekajak wird schnell einmal übersehen.

                Gruß Ditschi

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                • StevePeacewalker
                  Erfahren
                  • 26.06.2011
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                  #9
                  AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                  Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
                  Die Bilder der Lagerplätze am Fluß -- zum Träumen.

                  " Wildwasser im Seekajak" hört sich recht widersprüchlich an, aber zuletzt war es ja genau das richtige Boot.

                  Und absolut richtig: raus aus der Fahrrinne ! So ein Seekajak wird schnell einmal übersehen.

                  Gruß Ditschi
                  Da hast du recht aber gottseidank war der Ticino letztendlich kein schweres Wildwasser und lies sich selbst im Seekajak gut bewältign

                  Zur Sichtbarkeit, das Argo ist durch seine unauffällige Farbe auf dem Meer sehr schlecht sichtbar, was sich als verhängnisvoll erweisen kann. Würde ich die Tour nochmal fahren, ich würde mir auf dem Meer eine orange Warnweste oder ähnliches überziehen. Ist zwar hässlich aber hier geht es nicht um Schönheit.

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                  • Ditschi
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                    • 20.07.2009
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                    #10
                    AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                    Rettungswesten, wie man sie auf dem Meer trägt, verfügen zumeist über passive Radarreflektoren. Damit steigen die Chancen, gesehen zu werden. Ich weiß jedoch nicht, welche Wirkung diese doch kleinen Flächen auf der Weste tatsächlich erzielen. Aber zumindest wird mit der zusätzlichen Sicherheit geworben.
                    Es gibt sicherlich auch größere Radarreflektoren für`s Boot.
                    Ich begnügen mich mit denen auf der Weste, meide aber eh Fahrrinnen und Schiffsverkehr. Die Schiffsführer schauen möglicherweise mehr auf den Radarschirm als auf`s Wasser. Auf dem Schirm fällt man sicher eher auf.
                    Ditschi

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                    • Kajakte
                      Erfahren
                      • 30.07.2011
                      • 334
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                      Hallo Steve und Guido,

                      hier ist er nun, Eurer Reisebericht, den ich schon mit grosser Spannung erwartet habe. Habt vielen Dank dafür. Leider konnte ich ja nicht mit Euch paddeln. Aber wie schon das Video von Michael Rytz macht auch Euer Bericht richtig Lust auf die Tour, sodass ich sie bei Gelegenheit nachholen werde.

                      Viele Grüsse!

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                      • blauloke

                        Lebt im Forum
                        • 22.08.2008
                        • 8345
                        • Privat

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                        #12
                        AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                        Hallo Steve, wieder mal ein interessanter Bericht von dir. Ich lese deine Flussgeschichten immer gerne.
                        Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                        • LadyofPedelec
                          Anfänger im Forum
                          • 09.10.2013
                          • 28
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                          Dein Bericht war bis zum Schluss spannend. Ich freue mich auf Eure nächste Tour per Boot.

                          Dass es Euch in Venedig nicht gefallen hat, liegt bestimmt daran, daß, wie Ihr schon bemerkt habt, der Touristenhammelherde gefolgt seit. Abseits davon ist Venedig sehr, sehr ruhig und entspannend. Auch gibt es viele Hostels (oft ehemalige Klöster) mit schönen und günstigen Unterkünften. Also nicht nur eine Tagestour nach Venedig planen, das halte ich sowieso für schwachsinnig, sondern mal mehrere Tage dort verbringen. Ein Tipp für's nächste Mal.

                          LadyofPedelec

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                          • R4dic4lMac
                            Gerne im Forum
                            • 01.12.2015
                            • 71
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                            Sehr, sehr geiler und inspirierender Bericht, unterhaltsam geschrieben und mit allen typischen Unwegsamkeiten die einen auf so einer Tour erwarten, es wirkt so authentisch und man erkennt sich in vielen Situationen wieder.
                            Allerdings begreife ich nicht wie man ernsthaft ein Boot in ufernähe an einem Hering im Sand befestigen kann
                            Das Video ist ebenfalls gut geschnitten mit sehr passendem Soundtrack und zeichnet ein so ganz anderes Bild als der Bericht, der sich stellenweise so liest als würde der Po nur aus Abwasser und Industriegebieten bestehen.

                            Bei ca. 540 km in 21 Tagen, was einen Schnitt von 25 km am Tag macht würde mich interessieren, wieviele Stunden am Tag seid ihr gepaddelt, bzw. wie schnell war die Fließgeschwindigkeit auf Ticino und Po?

                            Um welche Jahreszeit habt ihr die Tour gemacht und wie waren die Temperaturen Tags / Nachts ?

                            Einbisschen schade das ihr mit dem Kajak nicht nach Venedig rein seid, zumal die kleineren Flussgassen ja etwas gemütlicher sein sollten. Nach Wochen der Ruhe und Einsamkeit in der Naturidylle in einer brodelnden Metropole anzukommen gibt immer einen schönen Kontrast und einen würdigen Abschluss einer solchen Tour.

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                            • StevePeacewalker
                              Erfahren
                              • 26.06.2011
                              • 247
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                              Zitat von R4dic4lMac Beitrag anzeigen
                              Sehr, sehr geiler und inspirierender Bericht, unterhaltsam geschrieben und mit allen typischen Unwegsamkeiten die einen auf so einer Tour erwarten, es wirkt so authentisch und man erkennt sich in vielen Situationen wieder.
                              Danke!


                              Zitat von R4dic4lMac Beitrag anzeigen
                              Allerdings begreife ich nicht wie man ernsthaft ein Boot in ufernähe an einem Hering im Sand befestigen kann
                              Pure Dummheit. Ich hätte die Boote gar nicht befestigt, weil wir sie doch ein Stück aus dem Wasser gezogen hatte. Die Flut hatte ich 100 Kilometer vor der Mündung nicht auf dem Schirm.

                              Zitat von R4dic4lMac Beitrag anzeigen
                              Das Video ist ebenfalls gut geschnitten mit sehr passendem Soundtrack und zeichnet ein so ganz anderes Bild als der Bericht, der sich stellenweise so liest als würde der Po nur aus Abwasser und Industriegebieten bestehen.
                              Liest sich das so? Der Po ist schon ein toller Fluss, ziemlich unterschätzt. Im Vergleich zur Elbe geradezu ein Traum.

                              Zitat von R4dic4lMac Beitrag anzeigen
                              Bei ca. 540 km in 21 Tagen, was einen Schnitt von 25 km am Tag macht würde mich interessieren, wieviele Stunden am Tag seid ihr gepaddelt, bzw. wie schnell war die Fließgeschwindigkeit auf Ticino und Po?
                              Ticino war sehr schnell, aber viele Umtragungen und dadurch Zeitaufwand, Po war langsam maximal 3-4 kmh. Wir sind gmütlich gepaddelt, wären wahrscheinlich noch langsamer gewesen mussten aber in drei Wochen in Venedig sein. Guido hatte Probleme mit dem Rücken und ich mit dem rechten Ellenbogen, daher mussten wir es langsam angehen.

                              Zitat von R4dic4lMac Beitrag anzeigen
                              Um welche Jahreszeit habt ihr die Tour gemacht und wie waren die Temperaturen Tags / Nachts ?
                              Im Mai. Temperaturen waren Tagsüber bis 27 Grad, Nachts nie unter 18 Grad.

                              Zitat von R4dic4lMac Beitrag anzeigen
                              Einbisschen schade das ihr mit dem Kajak nicht nach Venedig rein seid, zumal die kleineren Flussgassen ja etwas gemütlicher sein sollten. Nach Wochen der Ruhe und Einsamkeit in der Naturidylle in einer brodelnden Metropole anzukommen gibt immer einen schönen Kontrast und einen würdigen Abschluss einer solchen Tour.
                              Ach was, wir waren einfach nur froh unbeschadet angekommen zu sein. Das Meer hat uns am Ende noch ziemliche Kräfte gekostet.

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                              • Gast-Avatar

                                #16
                                AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                                Super Bericht!
                                obwohl schon mehr als ein Jahr eingestellt habe ich den tollen Bericht gerade erst gelesen...
                                Super! Hätte gerne noch mehr über den Teil an der Adria/Pomündung und Laguna gelesen, das ist noch mal ein Traumziel für mich mit Faltboot, hier war es halt mehr das Ende der Gesamttour. Aber wie gesgt: klasse Bericht!

                                Danke!
                                suke

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                                • Gast-Avatar

                                  #17
                                  AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                                  Ich habe den Bericht leider auch erst jetzt gelesen. Einfach nur super! Da ich dieses Jahr mit dem Fahrrad zum Lago Maggiore gefahren bin, könnte ich mir gut vorstellen, auf dem Wasser fortzusetzen.

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                                  • Deichgraf
                                    Erfahren
                                    • 01.05.2011
                                    • 269
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [IT] Wildwasser im Seekajak - Vom Lago Maggiore über Ticino und Po nach Vene

                                    Ich habe jetzt schon diverse Reiseberichte von Dir(Euch) gelesen und Videos gesehen. Ich werde Eure Touren und Wege nicht nachfahren, gerade diese Tour besonders nicht, aber ich werde langsam zu einem Fan!

                                    Vielen, vielen, vielen, VIELEN Dank, dass Du (Ihr) mich an Euren Abenteuern teilhaben lasst! Ihr seid eine Inspiration und es bringt Freude als Abwechslung des tristen Alltags solche Abenteuer zu lesen. Ich kann als alter Kajakhase so vieles was ihr beschreibt nachvollziehen und nachfühlen. Umtragen an schwierigen Stellen, schwierige Wasserpassagen usw. usw.

                                    Vielmals Danke für die Mühe des Aufschreibens und Mitteilens! Mir geben diese Berichte sehr viel!

                                    Herzliche Grüße

                                    Daniel
                                    Im Umgang mit anderen Menschen stellt sich immer wieder die gleiche Frage: "Spinne ich oder die anderen?" Ich möchte nichts vorweg nehmen, nur soviel: JA !

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