[FR] [ES] - GR 107 Cami dels Bons Homes

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    [FR] [ES] - GR 107 Cami dels Bons Homes

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Länder: Frankreich, Spanien
    Reisezeit: Juli-August 2012
    Region/Kontinent: Südeuropa

    Startpunkt: Foix (Südfrankreich)
    Endpunkt: Berga (Nordspanien)

    Mitreisende: FatmaG

    Das Wandern, bzw das Fernwandern habe ich sehr spät erst für mich entdeckt. Zunächst - sehr klassisch - über den Camino Frances, Pilgerautobahn von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Santiago. Bereut habe ich diese erste Erfahrung jedoch nie. Ganz im Gegenteil: Durch den "Komfort" der Sicherheit, was Infrastruktur und Wegausschilderung betrifft, habe ich schnell genug Mut angesammelt, mich auf einsamere Strecken zu begeben. Denn die gibt es tatsächlich auch auf Jakobswegen. Aber das ist eine andere Geschichte…

    Jedoch ist der GR 107 mein allererster Fernwanderweg ganz ohne "Jakob".

    Am 27. Juli reise ich an.
    Ausgangspunkt ist Foix in Südfrankreich.
    Recht spontan hatte ich mich ein paar Monate zuvor für diesen Weg entschieden.
    Er soll in etwa den möglichen Fluchtwegen der Katharer folgen. Die Katharer waren eine christliche "Sekte", die von der katholischen Inquisition ausgerottet werden sollte. Zeugnisse ihrer Geschichte finden sich jede Menge im Süden Frankreichs, wo sie angesiedelt waren. Viele der Burgen, die ihnen als Fluchtpunkt dienten, stehen heute noch und, wenngleich Ruinen, zeugen sie doch von der Vergangenheit…

    Einen halben Tag gönne ich mir in Foix, kaufe noch ein paar Kleinigkeiten ein für die nächsten Tage, schlendere durch die Stadt und besichtige die erste Burg, welche noch nicht den "Katharerburgen" zugeordnet wird. Beeindruckend ist sie dennoch.


    Die Burg von Foix

    Bevor ich zu meiner Unterkunft zurückkehre, spendiere ich mir noch einen kleinen Apéro auf einer Terrasse, auf dem Platz spielt eine Jazzkombo. Ferienstimmung.
    Nachts entlädt sich gleich ein gewaltiges Gewitter über der Stadt und taucht die Burg in gespenstische Umrisse. Was bin ich froh, ein Zimmer gesucht zu haben, statt, wie ursprünglich vorgesehen, mein Zelt auf dem Campingplatz aufzubauen…


    28.7. 1.Etappe: Foix (370m) - Roquefixade (750m) - Wanderzeit (laut Wanderführer) 5:15

    Der Weg führt an den Stadtrand und gleich geht es steil bergan. Der Himmel ist bewölkt, es sieht immer noch nach Gewitter aus. Die Wege sind recht aufgeweicht, und sehr schnell haben sich grosse Schlammklumpen an meinen festen Wanderschuhen festgesaugt. Auf einer der ersten Kuppen - andere werden folgen - treffe ich gleich auch auf die erste Kuhherde, die wie so oft im Süden, frei herumläuft. Sie wird von ihrem Stier bewachte, dem ich lieber nicht zu nahe komme. Aber alles geht ganz friedlich von statten, und bald habe ich die Herde hinter mir gelassen und genieße die Natur, das Wandern und die Aussichten - trotz diesigem nebligem Wetter. Was muss das hier erst schön sein, wenn man wirklich "Ausblick" hat.
    Ab irgendwann kommen mir Wanderer entgegen, die den GR107 von Berga in Spanien aus laufen. Die meisten von ihnen haben in dem "Gite d'étape" in Roquefixade übernachtet, meinem heutigen Endziel; fast alles Pärchen aus Frankreich oder Spanien, nur einem einzigen Einzelgänger aus Holland begegne ich. Zwei junge Franzosen sind übrigens einen ganz anderen Weg gegangen: den "Sentier cathare", der von Port-la-Nouvelle am Mittelmeer bis Foix verläuft. (Natürlich machen sie mich auf den Weg neugierig, und - ich muss mal vorgreifen - so laufe ich den genau ein Jahr später…)


    Unterwegs nach Roquefixade

    Schnell, sehr schnell, zu schnell taucht die Burgruine auf und ist das Dorf Roquefixade erreicht. Ich bestelle erst einmal einen "café au lait", ohne den es morgens schon auch geht, aber nicht gerne, muss ich gestehen.
    Den Rucksack lasse ich im Gite und besichtige die Burg. Von ihr ist nicht viel übriggeblieben, dennoch finde ich auch sie, bzw ihre Lage recht beeindruckend.
    Im Restaurant des Gites esse ich zu Abend, es ist köstlich. Ich bin der einzige Übernachtungsgast und habe das Vierer-Zimmer für mich alleine.


    Roquefixade: der Metzger


    29.7. 2. Etappe: Roquefixade (750m) - Montségur (920m) - Wanderzeit 4:05

    Auch diesen zweiten Tag lasse ich ruhig angehen. Das Wetter: unverändert. Wieder begegne ich einigen Wanderern, die mir entgegenkommen. Und drei jungen Männern, die - ebenfalls Richtung Spanien wandernd - wild zelten und vielleicht wegen ihrer dicken Rucksäcke erstaunlich wenig Kilometer am Tag zurücklegen. Und ein paar Pilzsammlern. Und Joggern. Und zwei Quads, die auf MEINEM Wanderweg laut herumpreschen.
    Auf zwei Drittel der Strecke kehre ich in einer Teestube in Montferrier ein. Sie liegt über einem kleinen Tante-Emma-Laden und wird von einer älteren Dame geführt.


    In Montferrier

    Da die Burg Montségur vor dem Dorf desselben Namens liegt, entschließe ich mich, sie sofort zu besichtigen, statt zunächst zum Gite d'étape zu laufen. Das Kassenhäuschen ist so winzig klein, dass ich mich nicht traue, die Dame darum zu bitten, meinen Rucksack aufzubewahren. So kraxle ich mit Rucksack den steilen Weg zur Burg hoch, die im Grunde nur noch aus 4 Wänden und einem großen Innenhof besteht. Alle Leute (es sind recht viele) warten darauf, dass der 'Guide" mit der Besichtigung beginnt. Auch ich lasse mich erst einmal nieder. Wer weiß, vielleicht wird es ja interessant…
    Und das wird es, sogar richtig. Der Guide berichtet eine volle Stunde lang voller Inbrunst über die monatelange Belagerung von Montségur, über das Leben und die grausame Verfolgung dieser Menschen. Später erfahre ich, dass er Historiker ist und die Katharer sein Fachgebiet. Eine faszinierende Geschichtsstunde!
    Leider verdeckt immer noch dichter Nebel das Tal und lichtet sich nur ganz kurz, und ich erhasche lediglich einen raschen Ausblick in die Tiefe.

    Dann geht es weiter nach unten in das wunderschöne Dorf Montségur, wo ich sehr herzlich im Gite empfangen werde. Es ist urig und genauso, wie ich mir ein Gite vorstelle. Wieder ist das Essen köstlich, es gibt Biobrot dazu, und Rotwein. Und mit Blumen und Blüten geschmückter Salat. Leider bin ich wieder der einzige Gast.
    Nach Dusche und Abendessen drehe ich noch eine Runde durchs Dorf, bevor ich müde in die Federn sinke.


    Vom Gîte aus: Blick auf die Burg Montségur


    30.7. 3. Etappe: Montségur (920m) - Refuge du Chioula (1610m) - Wanderzeit 7:30

    Ein langer intensiver Tag.
    Immerhin ist der Himmel mittlerweile blau. Endlich. Schließlich ist Sommer.
    Kurz nach Montségur geht es gleich hammerhart bergab durch ein Waldgebiet. Der Weg ist steil, alles ist aufgeweicht. Dh Schlammschlacht und Rutschpartie. Wunderbarerweise bleibe ich immerhin auf beiden Beinen. Bei dem Weiler Pélail mache ich kurz Rast, bevor es dann durch die "Gorges de la Frau" geht. Das soll angeblich von dem französischen Wort "effroi" kommen, dh "Schrecken". Ich bin gespannt, ob mich dort irgendwelche Schrecken erwarten. Immerhin bin ich Alleinreisende und irgendwie mutig und irgendwie auch wieder nicht… Der Weg durch die Schlucht, die vor allem ganz am Anfang sehr beeindruckend ist, ist schnell getan, ja, ich hatte mir da was Größeres ausgemalt - bei dem vielversprechenden Namen!


    Die Schlucht des Schreckens...

    Weiter geht es gemütlich durch die Dörfer Comus, Prades und Montail, und dann hoch hoch hinaus in die (Vor)Gebirgswelt. Endlich.
    Der Aufstieg ist mühsam, ganz schön steil für eine mitteldurchtrainierte Person.
    Aber "oben" (wobei der Begriff "oben" natürlich sehr relativ ist) angekommen auf dem Col des Canons, verschlägt es mir schier den Atem, als sich urplötzlich der Blick auf die Gebirgskette eröffnet. So viel Schönheit auf einen Blick.

    Den GR-Zeichen folgen erweist sich hier als Suchspiel, denn auf den von Kuhherden, Pferden und bestimmt auch Schafen geschaffenen Trampelpfaden ist nicht immer so ganz klar der "eigentliche Weg" zu erkennen.
    Naja, dennoch schaffe ich es bis zum Refuge du Chioula, vor dem ich - natürlich mit Erlaubnis des Hütenbetreuers - mein Zelt aufbaue. Andere Schlafgäste gibt es diesmal, allerdings keine Weitwanderer. Das Abendbrot nehmen wir gemeinsam zu uns, bevor sich jeder mit den letzten Sonnenstrahlen in sein Revier zurückzieht.

    Übrigens sind die drei jungen französischen Wildcamper auch kurz mal hier aufgetaucht, bevor sie wieder abgetaucht sind…


    31.7. 4. Etappe: Refuge du Chioula (1610m) - Mérens-les-Vals (1060m) - Wanderzeit 7:25

    Heute wird wieder ein langer intensiver, aber grandioser Tag.

    Sehr früh stehe ich auf, mit dem Sonnenaufgang breche ich mein Zelt ab. Und nach Café au Lait und Petit-Déjeuner geht es los. Unterwegs, gleich nach dem Refuge, treffe ich wieder auf die Dreier-Gruppe, der eine steht gerade pullernd am Wegesrand.


    Kurz hinter dem Refuge du Chioula

    Durch lichte Wälder und viel Farn geht stetig bergab, gleich wieder steil bergauf und mächtig hinab. Die Aussichten sind fantastisch. Nach dem Ort Orgeix schlängelt sich der Weg in weitgezogenen Serpentinen durch dichten Wald. Gut, dass ich irgendwann nur drei Spanierinnen begegne und nicht einem der Pyrenäenbären, die es ja gibt, denen angeblich jedoch niemals wer begegnet. Immerhin hat sich die eine Spanierin auch mächtig erschreckt, als ich plötzlich hinter ihr stehe…

    An einer Schutzhütte am Col de Joux, in der ich nicht gerne übernachten müsste, mache ich Rast, lasse die drei jungen Frauen an mir vorbeiziehen und genieße Sonne und Sicht, bevor ich mich an den Abstieg nach Mérens mache. Ich kreuze heute zum ersten Mal übrigens den GR10, den für mich fast mythischen Wanderweg, den ersten, den ich je bewußt wahrgenommen habe vor vielen vielen Jahren, als Wandern noch ein Fremdwort war.

    Ich steige sogar bis "Mérens d'en Bas" ab, das ist der untere Teil des zweigeteilten Dorfes "Mérens-les-Vals" (Mérens d'en Bas und Mérens d'en Haut), genehmige mir einen Apéro im Dorfcafé und ziehe weiter zum Campingplatz, wo ich heute übernachten werde. Zum Glück finde ich in dem kleinen Campingladen ein paar Nahrungsmittel, denn in dem Dorf war der Laden schon geschlossen. Kalte Küche heute - Campingkocher und -utensilien befinden sich nicht in meinem Gepäck.
    Bei meinen Zeltnachbarn läuft der Fernseher auf Hochtouren, die Jungs streiten und spielen sich gegenseitig Streiche, werden daraufhin lauthals ausgeschimpft, der Transitverkehr nach Andorra und Spanien zieht brummend und lärmend durchs Tal --- eine erholsame Nacht beginnt…


    1.8. 5. Etappe: Mérens-les-Vals (1060m) - Refuge des Bésines (2104m) - Wanderzeit 5:40

    Müde, gerädert und nicht besonders gut gelaunt werde ich wach. Zu allem Übel ist alles in meinem Zelt klamm, feucht, nass - so natürlich auch mein Daunenschlafsack. Mist!
    Das Einpacken dauert ewig, und ohne Milchkaffee (!) geht es sehr spät erst los.

    Raus aus diesem Tal - und hätte ich nicht gestern schon entschieden, ich wolle ab hier einen Schlenker via Alternativstrecke (und GR10 !!!) laufen, so hätte ich dies spätestens heute morgen spontan getan.
    Schnell verbessert sich jedoch meine Laune drastisch; wie sollte es auch anders sein in dieser Umgebung bei strahlendem Sonnenschein.
    Gleich zu Beginn, nach einem steilen Aufstieg nach Mérens d'en Haut und ab den ersten GR10-Zeichen, komme ich an den "sources sulfuriques" vorbei; das sind natürliche schwefelhaltige Quellen, in denen auch prompt zwei Wassernixen im Bikini plantschen. Gut so, ansonsten hätte ich die Schwefelquellen trotz des Geruchs womöglich verpasst.
    Mérens liegt in der Nähe von Ax-les-Thermes, einem französischen Kurort, der für genau diese Schwefelbäder bekannt ist. Da das Baden in freier Natur - im Gegensatz zum Kurbad - gratis ist, zieht dieser Ort gerne viele Besucher an.
    Der Aufstieg wird immer abenteuerlicher. Wunderbar, solange es Wandern bleibt und nicht Klettern wird, ist mir alles recht.
    Kurz vor einem Geröllfeld überhole ich flink ein junges französisches Paar. Es ist ihr erster Wandertag, sie wollen 2 Wochen autonom auf dem GR 10 unterwegs sein und bis Banyuls am Mittelmeer laufen. Ihre Rucksäcke sind riesig, der ihre beinhaltet zudem noch ihre gesamte Fotoausrüstung (allein die wiegt 2 Kg, vertraut sie mir an). Das ganze muss zwischen 18 und 20 Kg wiegen. Sie sind jetzt schon ko, dabei ist Mérens kaum außer Sicht.
    Später treffe ich auf eine Französin, die auch alleine unterwegs ist. Wir wechseln einige Worte, bevor jede in ihre Richtung weitergeht. Dann, ganz plötzlich, taucht ein kleiner türkisfarbener Bergsee auf, an dem schon ein Paar rastet. Von der anderen Seite nähern sich zwei Menschen, die viel reden. Als wir uns nähern, erkenne ich, dass es Vater und Sohn sind, der Sohn höchstens 9 Jahre alt; der Vater erklärt ihm Dinge. Oder hält ihn bei Wanderlaune. Leider hatte ich vorher schon kurz gerastet, daher bleibe ich nicht sehr lange an diesem schönen Ort. Weiter steil bergauf, wieder Geröll.
    Endlich vor mir die "Portaille des Bésines", der für den heutigen Tag höchste Punkt (2333m).
    Noch eine mühsame Dreiviertelstunde, dann bin ich am Refuge des Bésines angelangt bin, wo ich heute übernachten werde.


    Auf dem GR10 Richtung Bésines

    Nach der Dusche und dem Einquartieren im Refuge beziehe ich Stellung auf der Terrasse, wo ich es mir im Schatten mit meinen Notizen und Wanderführer und kaltem Getränk gemütlich mache. Ich bin trotz spätem Start sehr früh angelangt, und beobachte das Kommen und Gehen der Wanderer. Die meisten tauchen nur kurz auf, und nach einer Erfrischung ziehen sie gleich weiter in alle Richtungen, um sich einen Schlafplatz irgendwo in dieser großartigen Kulisse zu suchen. Ich bin ganz schön neidisch auf sie, aber noch traue ich mich nicht, alleine irgendwo zu zelten. Noch nicht, aber ganz sicher irgendwann einmal…

    Irgendwann, Stunden später, taucht das französische Paar mit den riesigen Rucksäcken völlig fertig im Refuge auf; sie erholen sich sehr mühsam mit einer kalten Cola, und tun mir fast ein wenig leid, als der Refuge-Vater ihnen erklärt, im Gebirge müsse jeder dafür sorgen, dass er seinen Müll, den er hinaufschleppt, auch wieder selber hinunterbringe… Sehr viel später haben sie sich wieder aufgerafft und sind weitergezogen. Ob sie es wohl bis Banyuls geschafft haben?
    Kurz vor 17 Uhr taucht dann eine große Gruppe auf, bzw 2: eine Herrenrunde und deren Damen, die sich ebenfalls zusammengeschlossen haben. Wie das oft so ist mit Gruppen: Sie reden alle sehr laut und wild durcheinander. Vorbei mit der herrlichen Ruhe hier oben!

    Endlich ein Abendbrot, wie ich es mir seit Tagen gewünscht habe: in der Gesellschaft anderer Wanderer, mit denen ich über den Tag austauschen kann. Darunter 2 Freundinnen, die die Tour der Monts d'Orlu laufen, ein Paar aus Brüssel (meine Landes- und sogar Stadtgenossen), ein Individualwanderer, der in Hendaye gestartet ist und einige mehr.

    Gut, dass man beim Einschlafen noch nicht weiß, wie sich die Nacht gestaltet…
    Meine Zimmernachbarn reagieren anscheinend auf frische Bergluft und Sonnenaufgang extrem allergisch und haben kurzerhand nachts Fensterscheiben und Fensterläden fest verriegelt. Nach einigem nächtlichen Gerangel (Fenster auf, Fenster zu, Fenster auf, Fenster zu - je nachdem, wer gerade wieder wach ist), stelle ich irgendwann erleichtert fest, dass es frühmorgens ist und ich endlich aufstehen kann.


    2.8. 6. Etappe: Refuge des Bésines (2104m) - Porta (1623m) - Wanderzeit 7:35

    Um Punkt 7:15 Uhr verlasse ich das Refuge und sauge gierig die frische Bergluft ein, die mir in der Nacht verwehrt wurde.
    Zunächst geht es kurz ein recht flaches Stück entlang, ein paar Zelte hier und da in der Nähe oder Ferne, dann geht es noch einmal höher hinauf. Gestein und Geröll, zum Teil enorme Felsbrocken - hin und wieder muss ich meine Trekkingstäbe auf Seite lassen, um mich mit beiden Händen an den Felsen festzuhalten und höherzuhangeln. Hier und da vom Winter übriggebliebene Schneeflecken; ich kann einfach nicht widerstehen und muss einen Finger hineinstecken…


    Aussicht vom Coll de Coma d'Anyell

    "Oben" am Coll de Coma d'Anyell (2470m) angekommen eröffnet sich wieder eine neue Welt vor meinen Augen.
    Drei Männer wählen einen höhergelegenen Weg, ein junger Sprinter überholt mich, und nachdem er einen Blick in mein GR-Buch geworfen hat, hastet er weiter. Kurz danach ein Schäfer, der sich an einen Fels gelehnt gemütlich in der Sonne fläzt. Lässig ruft er seinen Hund zu sich, um mich vorbeizulassen.


    Schafe, Schafe, Schafe, ein Schäfer und ein Hund

    Da taucht etwas weiter hinten plötzlich die Herrenrunde auf (die Damen dürften nicht allzu weit entfernt sein), und nun bin ich diejenige, die weiterhastet - und zwar so schnell es der Weg und meine Orientierung erlauben. Bloss keine morgendliche Ruhestörung an diesem friedvollen Ort…
    Der Etang de Lanous liegt friedlich zu meiner Linken, er wird mich noch eine Weile heute begleiten auf dem GR7, auf dem ich mich jetzt bis zum Etappenende befinde.


    Beim Etang de Lanous - GR7

    Wieder durch eine Kuhherde, deren Stier sich demonstrativ gelangweilt wegdreht; ein Pärchen im Trab trabt an mir vorbei; zwei ältere Herren kommen mir entgegen, der eine äußerst redselig; dann, später, eine ältere Dame; beeindruckend, diese Form in ihrem Alter; und kurz nach der Staumauer des Etang de Lanous eine holländische Familie, die sehr vorsichtig mit ihren Kindern über ein paar Felsen klettern.

    Der Abstieg nach Porté-Puymorens zieht sich ewig daher. In einem Hotel trinke ich was und bestelle ein Sandwich - einen kurzen Moment lang überlege ich, ob ich nach einem Zimmer fragen soll; jedoch stellt der Hotelbesitzer mir zu viele persönliche Fragen für meinen Geschmack, und so ziehe ich recht schnell wieder von dannen. Auf dem Weg nach Porta treffe ich die 3 Spanierinnen von vorgestern wieder; sie haben ihr Zelt auf dem Campingplatz in Puymorens aufgestellt und sind nach Porta zum Essen gegangen. Das nenne ich Motivation! (laut Wanderführer 55 Min hin - und 55 Minuten zurück!). Ich gönne mir derweil ein Zimmer (und ein Abendessen) in einem kleinen Hotel. Und schlafe ruhig, entspannt und friedlich in meinem Einzelzimmer mit Doppelbett…


    3.8. 7. Etappe: Porta (1623m) - Portella Blanca (2517m) - Cal Jan de la Llosa (1.540m) - Wanderzeit 5:10

    Heute morgen ziehe ich erst um 8 Uhr los nach einem für meine Begriffe sehr ausgiebigem Frühstück. Der sehr nette Hotelbesitzer schenkt mir noch eine Apfelsine und 2 Abrikosen, und von meinem Frühstück stecke ich ein paar Scheiben Baguette und eine kleine Portion Marmelade ein. Und das ist gut so! Meine Vorräte sind sozusagen aufgebraucht; ich nehme fast nie mehr als nur ein paar Kleinigkeiten mit, die mich im Notfall zwei oder drei Tage über Wasser halten könnten, und an den letzten Tagen gab es einfach keine (offenen) Läden für Nachschub.


    Portella Blanca, Dreiländereck Frankreich, Spanien, Andorra

    Der sehr lange Tage (von wegen Wanderzeit 5:10 Stunden - zumindest in meinem Fall) führt mich erst zum höchsten Punkt meiner Wanderung, der 'Portella Blanca", dem Dreiländereck zwischen Frankreich, Andorra und Spanien auf 2517 Meter. Dann steige ich in Spanien wieder hinab, kreuze noch den GR11 und fast schon spanische Wandermassen, die ihm folgen. Vielleicht sind es auch Tageswanderer.



    Sehr viel später erreiche ich den kleinen Weiler 'Cal Jan', wo es angeblich einen 'Campingplatz' geben soll. An einem der beiden Häuser neben einem Wasserlauf (das angeblich dritte Haus kann ich nirgends entdecken) informiert mich ein älterer sehr urtümlich wirkender Herr, dass er den 'Campingplatz' verwalte. Der ist übrigens nur eine Wiese, auf der zwei schon aufgebaute Zelte stehen. Sie werden an müde Wanderer vermietet. Ich bin die erste hier. Die Frage nach der Dusche wird mir höflich, aber bestimmt mit 'der Fluss' beantwortet.
    Gesagt getan. Es wird eher eine "Katzendusche", das Wasser ist natürlich eiskalt. Mittlerweile sind auch die drei Spanierinnen hier eingetroffen, und haben ihr Zelt aufgebaut. Ich habe mich, etwas bequem, in einem der schon fertig aufgebauten Zelte eingerichtet. Zusammen mit den drei Frauen und den beiden Brüdern vom Hof, die übrigens nicht in dem Weiler leben, sitzen wir noch eine halbe Stunde zusammen und tauschen aus. Um 20 Uhr liege ich schon in meinem Schlafsack, und kurz bevor ich einschlafe, frage ich mich noch, was wohl der morgige Tag auf Lager haben wird… Immerhin liegt mir kein Abendessen auf dem Magen, denn das ist heute mehr als bescheiden ausgefallen: ein paar Brotkrumen, zwei Aprikosen und ein paar Mandeln. Damit sind meine Reserven endgültig aufgebraucht.


    "La ducha?" --- "El rio!"


    4.8. 8. Etappe: Cal Jan de la Llosa (1.540m) - Refugio dels Cortals (1510m) - Wanderzeit 6:10

    Meine anfängliche morgendliche gute Laune (und das völlig ohne Café con Leche weit und breit) erfährt irgendwann einen Stimmungswechsel. Und etwas verdrossen laufe ich den Weg ab, ohne ihn wirklich wahrzunehmen. Immerhin gibt es in Prullans dann doch das heißgeliebte Heißgetränk, das die Spanier meist besonders schmackhaft zubereiten und gerne in grossen Gläsern servieren; genau so wie ich es liebe. Die Strecke bis Bellver de Cerdanya ist nicht sehr spektakulär und von ihr bleibt nur ein vager Eindruck von Asphalt zurück. Übrigens lasse ich hier die Pyrenäen nun endgültig hinter mir, um meinen Weg durch den Cadí-Moixeró Nationalpark weiterzuführen. In dem Städtchen Bellver kaufe ich immerhin endlich noch einmal frisches Obst, Brot und Trockenwurst ein, und nach einem zweiten Café con Leche entscheide ich mich, weiter bis zum Refugio dels Cortals zu gehen, obwohl der Himmel recht gewitterträchtig ausschaut.
    Meine Angst vor einem Gewitter wird sich schließlich als unbegründet erweisen, und so presche ich "umsonst" eilig den Berg hinauf. Irgendwann, wie so oft, wenn ich mich ganz alleine wähne, tauchen plötzlich zwei Frauen mit Hund vor mir auf. Weiter geht's, der Weg schlängelt sich durch die Bäume den Abhang wieder hinunter. Nun wähne ich mich wirklich völlig alleine auf der Welt. Dann: urplötzlich ein riesiges felliges Geschöpf hinter mir. Ich erschrecke so sehr, dass mir ein Schrei entfährt - bevor ich eine Achtelsekunde später erleichtert feststelle, dass es bloß ein sehr großer schwarzer Hund ist. Sein Herrchen taucht panisch hinter ihm auf. Wir entschuldigen uns höflich gegenseitig und versichern uns, dass nichts geschehen sei.
    Dann, recht bald, das Refugio. Ein wunderbarer Ort. Die Aussicht ein Traum. Das Refugio klein und urig, Toiletten und Duschen im winzigen Anbau.
    Wir sind 8 Wanderer, ein Paar aus Pamplona, 5 durchtrainierte Katalanen und ich. Gemeinsam essen wir an der großen Tafel, und als die Refugiowirtin fragen kommt, ob denn noch etwas fehle, sagt einer der 5 mit Eindringlichkeit "Vino, Vino", "Wein, Wein"… Den bekommen wir, sogar reichlich. Wir amüsieren uns köstlich, es ist in der Tat ein sehr lustiger Abend in netter Atmosphäre. Heute gehe ich spät, es muss 23 Uhr sein, zu Bett; vorsorglich benutze ich diese Nacht meine Ohrenstöpsel in Erwartung des Schnarchkonzertes, das da kommen möge.


    Am Refugio dels Cortals


    5.8. 9. Etappe: Refugio dels Cortals (1510m) - Refugio Cal Tasconet (1440m) - Wanderzeit 7:45

    Später Aufbruch. Und nach ca einer Stunde gleich ein zweites Frühstück, bzw Kaffee auf der Terrasse des Refugio San Jordi. Die Betreiber sind sehr mit sich beschäftigt, und mit dem Reinemachen der vergangenen Nacht. Ich bleibe nicht lange. Etliche spanische Wanderer sind ebenfalls unterwegs. Es ist August. Sommerferien.
    Der Weg schlängelt sich auf und ab, durch bewaldetet Regionen, mit oder ohne Ausblick. Meist an einem Hang entlang auf einer Forstpiste. Entspannt und wenig anspruchsvoll. Irgendwann sitzt ein Paar neben dem Weg und macht Pause. Weshalb auch immer sprechen wir uns an und kommen ins Gespräch. Sie heißt Mirella und war in Belgien vor langer Zeit im Rahmen vom Erasmus-Programm Studentin. Und, kaum zu glauben, weil ich ihr erzähle, dass ich deutschsprachige Belgierin bin, fragt sie mich, ob ich Frank SoUndSo kenne - den einzigen Deutsch sprechenden Belgier, den sie kennt. Und ich kenne Frank SoUndSo in der Tat! Er ist ein Freund, der ebenfalls Brüssel als Wahlheimat hat… Die Welt ist klein. (Ein Standardsatz aber in dem Fall einfach so treffend!). Wir legen eine kurze Strecke gemeinsam zurück, dann trennen sich unsere Wege wieder.
    Ich gehe weiter bis Baga, wo ich mir ein Zimmer suchen werde.
    Aber zunächst einen 'Café con leche', und ein 'bocadillo de jamon'.
    Dann streune ich durch Baga, und kann mich nicht für ein Hotel oder eine Pension entscheiden. Oder erwärmen.
    Also laufe ich weiter und wieder aus der Stadt hinaus. Der Nachmittag ist schon vorangeschritten, erst lasse ich den Campingplatz von Baga rechts liegen; dann links die mögliche Alternativunterkunft ca 4 Kilometer weiter, sie ist geschlossen und Fehlanzeige…
    Die nächste Möglichkeit ist ca 2:30 Wanderstunden entfernt, die Wolken versprechen nichts Gutes. Dennoch rufe ich in dem Refugio an, und die Dame am Telefon überredet mich, mich dennoch auf den Weg zu machen. Das tue ich also, allerdings in einem Affenzahn - Gewitter draußen mag ich nicht sonderlich. Der Weg schlängelt sich durch die Gegend, die ich im Vorüberflug wahrnehme. Viel Wald, viele Vögel (mit rotem Kopf) - Spechte, die es hier geben soll?
    Endlich erreiche ich das Refugio; es bietet keine Mahlzeit an, wie gut, dass ich ein paar Reserven dabei habe.
    Die Refugio-Nachbarn führen ihren Hund Gassi und nehmen mich mit; sie zeigen mir die "Pedraforca" von einer Seite, die ich sonst wohl kaum gesehen hätte - nämlich genau die Sicht auf den Berg, von der aus man seinen zweigeteilten Gipfel sehen kann.


    La Pedraforca

    In der Nacht entlädt sich dann doch das Gewitter, das mich freundlicherweise verschont hat, mit einer Riesenkraft. Ein mächtiges Schauspiel. Die Luft wird morgen wieder klar und frisch sein. Da können jetzt gerne alle Wände wackeln…


    6.8. 10. Etappe: Refugio Cal Tasconet (1440m) - Gosol (1423m) - Wanderzeit 4:10

    Ein kurzer Wandertag trotz spätem Abflug… Um 13 Uhr schon komme ich in Gosol an. Der Cadí-Moixeró Nationalpark ist auf seine Weise schon auch sehr beeindruckend. Ein fast schroffe Schönheit, lange Zeit ist links die Sicht auf die Pedraforca, allerdings kann man von hier nicht den zweigeteilten Gipfel erkennen. Viele Kuhherden, die es zu durchqueren gilt, mal mit mal ohne Stier. Mal mit mal ohne Kuhhirten. Das Wetter ist so lala. Aber fürs Wandern ist es gut. Hier sind weniger Menschen unterwegs, nur hin und wieder mal sehe ich wen. Schnell trennen sich die Wege.
    An einem Rastplatz ca 3 Kilometer vor Gosol treffe ich eine spanische Familie, die Dame fragt, ob ich alleine unterwegs sei. "Ja"… Woraufhin sie erwidert: "Besser alleine als schlecht begleitet". Wie wahr…
    Dann treffe ich noch ein französisches Paar, die von mir hoffnungsvoll wissen wollen, wie weit es denn noch sei bis…
    Gosol! Das Städtchen steht immer noch ganz unter dem Eindruck von Picasso, der dort eine Zeitlang verweilte; eine Statue im Stadtkern wurde einer seiner Zeichnungen entlehnt.


    Unterwegs nach Gosol

    Nachdem ich mich in einem Hotel am Stadtrand einquartiert habe, besichtige ich die Burgruine und schlendere dann durch die Strassen von Gosol. Apéro auf einer Terrasse und Postkartenschreiben, die obligatorischen. Ich bemühe mich um die Schönschrift, die ich schon vor 10 Jahren abgelegt habe, denn meine Patin beklagt sich jedes Jahr, dass meine Karten einfach unleserlich seien…
    Essen im Hotel, sie bereiten mir auch ein Frühstück vor, das ich mit aufs Zimmer nehme, da ich morgen zeitig aufbrechen möchte, das Frühstück aber erst spät serviert wird.


    7.8. 11. und letzte Etappe: Gosol (1423m) - Berga (724m) - Wanderzeit 9:00

    El ultimo!
    Er, der Tag, beginnt mit kaltem Kaffee, die Thermoskanne hat es nicht so lange geschafft. Brrr.
    Zunächst führt der Weg durch Dörfer oder um sie herum, bevor es dann wieder ganz in die Natur geht.
    Gleich nach dem letzten Dorf für lange Zeit (Fenders) treffe ich auf eine junge Spanierin, die wohl gerade erst wachgeworden ist und im Wald unter freiem Himmel übernachtet hat. Und dann geht es - was sonst - erst einmal wieder schön steil hinauf. Auf den Weiden "oben" am Coll del Portet angelangt stehen jede Menge Kühe, der Weg, der zunächst durch bepflanzte Gegenden führt, dann über eine sehr schöne große Weide, folgt nun einer Art "Balkon" mit Sicht in das Tal von Bonner, mit Felsüberhängen und dergleichen. Wunderschön. Zwischen den Felsen stehen Kühe mit ihren Rindern. Meine Anwesenheit erschreckt sie, obwohl ich ganz behutsam voranschreite. Eine prescht los, die anderen folgen - Richtung Abgrund. So jedenfalls sieht es auf den ersten Blick aus. Jedoch kein Geräusch von aufprallenden Kuhkörpern - zum Glück -, Kühe sind sicher geschicklicher, als wir uns das vorstellen können. Und der vermeintliche Abgrund kein Abgrund…


    Kuhflucht

    Weiter geht's, auf eine Anhöhe, und gleich wieder hinunter, durch eine weitere Kuhherde mit Stier durch. Dann Schotter. Vorsichtig gehe ich weiter. Endlich wird der Weg weniger steil, der Kies ist dennoch unangenehm. Und dann - urplötzlich - rutsche ich aus, bevor ich mich versehe, und falle vorne rüber, rutsche auf dem Bauch weiter, in die Disteln hinein, das Gewicht auf meinem Rücken gepaart mit der Schwerkraft pressen mich zu Boden. Es dauert höchstens 20 bis 30 Sekunden, bevor ich mich endlich recht mühselig hochrappele. Zum Glück ist mir nichts passiert außer Disteldornen so ziemlich überall…
    Nachdem ich wieder auf beiden Beinen stehe, schaue ich spontan in die Luft, warum eigentlich? Und sehe weit weit über mir erst zwei, dann drei, dann fünf Geier kreisen, die sich schon auf ihren Mittagstisch einstimmen wollten.

    Sie begleiten mich (enttäuscht) noch einige Zeit, bevor sie weiterziehen. Ich bin unterdessen sehr vorsichtig und ehrfurchtsvoll unterwegs, denn der Schotter zieht sich weiter, der Abhang wird immer steiler und meine Sohlen bieten leider keinerlei Halt auf dem Terrain. (Eine sehr lehrsame Erfahrung, muss ich sagen).


    Peguera, verlassenes Westerndorf

    Dann, endlich Peguera, das einem verlassenen Westendorf erstaunlich ähnelt. Seine Kuh-, Stier- und Ochsenherden lasse ich hinter mir und mache mich an den Endspurt meiner Wanderung - die erste Hälfte des Tages liegt nun hinter mir. Erst geht es entlang einer ehemaligen Zuglinie (der Minen um Peguera), dann muss ich noch einmal 'aufsteigen' bis zum Col de Noucomes, wandere durch die Kiefernlandschaft am Pla d'Esteny, bevor sich mir die Sicht auf Berga eröffnet.
    Es dauert allerdings noch eine Weile, bevor ich dort sein werde. Zunächst schlängelt sich der Weg hinab ins Tal, durch Espinalbet, und dann die vielen Treppenstufen hinauf nach Queralt, dem offiziellen Endpunkt des GR107. Queralt ist allerdings nicht nur de Endpunkt des Fernwanderwegs der Katharer, sondern ebenfalls ein Pilgerort mit einer recht imposanten Kirche auf den Felsen gebaut.


    Blick auf Berga

    Dann geht es endgültig nach Berga hinab und zwar auch wieder über unzählige Treppenstufen; ich muss zugeben, dass ich sie sehr anstrengend finde, nach dem längsten Wandertag mit all seinen Höhen und Tiefen. Ziemlich geschlaucht komme ich im Zentrum an, zu allem Übel habe ich mich auch noch verlaufen, was meine Ankunft nochmals um eine halbe Stunde nach hinten schiebt. Einziger Trost: die vielen reifen Brombeeren am Wegesrand.
    Das 3-Sterne-Hotel (übrigens eines der wenigen Hotels vor Ort) habe ich mir heute redlich verdient. Das kühle San Miguel auf der Terrasse ebenso...
    Zuletzt geändert von FatmaG; 20.04.2014, 20:08.

  • German Tourist
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    #2
    AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

    Erst mal vielen Dank für Deinen Bericht! In dieser Gegend war ich den letzten Jahren mehrfach unterwegs und bin auch zwei Mal Teile des Katharerweges gelaufen - und so erst mal auf die Katharer aufmerksam geworden. Wie Du ja schon schreibst, war dies eine christliche Sekte, die durch die Inquisition ausgerottet wurde. Und daher weiß man heutzutage recht wenig über sie.

    Bezieht sich das "Bons Homes" aus dem Wegnamen auf die Katharer? Warum ist dieser Weg den Kathareren gewidmet bzw. welche Bedeutung hatte der Weg für die Katharer? Geht er einfach an ihren Burgen entlang oder war es ein Fluchtweg? Kurz: Kannst Du mal ausführlicher schreiben, was der GR 107 mit den Katharern zu tun hat und was Du über sie herausgefunden hast?

    Als ich in dieser Gegend unterwegs war, habe ich natürlich wie üblich auch wildgezeltet. Aber ich habe wirklich niemanden gesehen, der auch gezeltet hättte. Insofern finde ich es sehr interessant, dass Du auf so viele Wildzelter gestoßen bist.

    Und nach den vielen Schnarcherlebnissen und unruhigen Nächten bist Du jetzt hoffentlich auch reif fürs Wildzelten....
    http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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    • FatmaG
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      #3
      AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

      Der Begriff "Bonshommes", "Bons Homes" in Katalanisch, bedeutet ins Deutsche übersetzt "Gute Menschen". Ab der Inquisition wurden sie als "Katharer" bezeichnet.
      Soweit ich das zusammenfassen kann, war es eine sehr friedliche Gemeinschaft von Gläubigen; die vor allem im Süden Frankreichs immer mehr Anhänger fand - vor allem weil die offizielle katholische Kirche (damals schon) sehr kritisiert wurde. Unter den Adligen der Gegend gab es einige Sympathisanten, so zB. der Graf von Toulouse. Die verfolgten "Bonshommes" fanden u.a. Zuflucht bei diesen Adligen in deren Burgen.

      Das, was heute unter "Weg der Guten Menschen" (Foix bis Berga) bzw "Katharer Weg" (Port-la-Nouvelle bis Foix) bekannt ist, ist in keinster Weise geschichtlich belegt. Belegt ist lediglich ihr Lebensraum (u.a. das Gebiet Ariège, durch das der GR107 sich hinzieht). Der GR107 folgt teilweise alten Pfaden, die seit immer schon von Grenzgängern benutzt wurden - von Schmugglern, Hirten und womöglich auch von Flüchtlingen.
      Einige der Burgen und Festungen haben erwiesenermassen einen Zusammenhang mit dieser Glaubensgemeinschaft, so zum Beispiel die Festung von Montségur. Dort hatte eine größere Gruppe 'Katharer' vor der Verfolgung Schutz gesucht im Jahr 1243. Durch deren strategisch starke Position hat diese Belagerung fast ein Jahr gedauert, bis sie fiel, obwohl nur eine Handvoll Bogenschützen in der Festung die Stellung hielt. Es war die längste Belagerung in der Geschichte der Katharer, sie endete mit einem riesigen Scheiterhaufen, da die Gläubigen nicht ihren Glauben abschwören wollten. Das Jahr 1244 läutete das Ende der Katharer ein, und 1321 wird offiziell der letzte "Bonhomme" hingerichtet.


      Ich vermute übrigens, der Historiker aus Montségur bietet jeden Sommer sein Wissen den Besuchern an - wer in der Gegend unterwegs ist, sich für Geschichte interessiert und Französisch versteht, sollte sich das nicht entgehen lassen.


      Hier noch ein Link zu einer deutschen Seite: http://de.wikipedia.org/wiki/Katharer



      Zitat von German Tourist Beitrag anzeigen
      Und nach den vielen Schnarcherlebnissen und unruhigen Nächten bist Du jetzt hoffentlich auch reif fürs Wildzelten....
      Auf jeden Fall ;)

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      • Wafer

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        • 06.03.2011
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        #4
        AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

        Hallo FatmaG.

        Zuerst mal ein warmes Willkommen im Forum!

        Vielen Dank für den tollen Bericht! Ich freue mich immer, wenn wieder ein Bericht über die Pyrenäen auftaucht. Und er ist sehr gut geschrieben! Ich habe mir mal ein KML dazu aus dem Netz angesehen. Schade, dass dein Track nicht direkt mit dabei ist. So konnte ich deine Alternativroute über Teile des GR10 nicht wirklich nachvollziehen. Aber das Höhenprofil sieht auch so schon sehr anstrengend aus! Ist einfach eine tolle Gegend!
        Schön, dass du uns "mitgenommen" hast auf deine Tour!

        Gruß Wafer

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        • FatmaG
          Erfahren
          • 14.03.2013
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          #5
          AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

          Danke Wafer.
          Freut mich, auch Dein Willkommensgruß.

          Weil Du speziell erwähnt hast "gut geschrieben", habe ich ihn nochmal durchgelesen; ich fragte mich nämlich plötzlich "Ach ja?"… Und gleich in den ersten 15 Zeilen durfte ich also mit Schrecken feststellen, dass da noch jede Menge Rechtschreibfehler drin steck(t)en…

          Mit "Tracks", deren Finden, Erstellen und dergleichen kann ich leider nicht weiterhelfen.
          Allerdings, wenn es Dir dienlich wäre, kann ich gerne die "Eckpfeiler" der Strecke genauer posten.

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          • lina
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            #6
            AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

            Herzlichen Dank für Deinen sehr anregenden, vielfältigen Bericht! Es kribbelt kräftig in den Füßen

            Ende Juli ist für Südfrankreich ja temperaturbetreffend eher schwierig, da sehr heiß – aber für diese Strecke ganz gut machbar, oder?

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            • FatmaG
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              • 14.03.2013
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              #7
              AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

              Wirkliche Probleme mit Hitze hatte ich in Südfrankreich bisher eigentlich nur in direkter Nähe zum Mittelmeer mit seinem sehr trockenen und heißen Klima.
              Je weiter es ins Inland hineinging, desto gemäßigter waren die Temperaturen. So habe ich's jedenfalls in Erinnerung.

              Beim jeweiligen Start in Narbonne-Plage (2011), in Montpellier (2012) und in Port-la-Nouvelle (2013) waren die ersten zwei bis drei Tage sehr heiß, mitunter unangenehm (Hitzewelle, fehlen von Wasserquellen - bis hin zum verfehlten Hitzschlag gleich am allerersten Nachmittag in einer dürren schattenlosen Ebene bei Montpellier ) und danach war das alles eigentlich auch kein Thema mehr.

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              • Werner Hohn
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                #8
                AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

                Schön erzählt, so schön, dass ich die Frage nach den Berichten von den anderen genannten Wegen stellen muss. Wann können wir mit denen rechnen? Auch weil es wenig Deutschsprachiges aus dieser Region im Netz gibt.

                Wanderer auf Pilgerwegen sieht man oft, doch vom Pilgerweg auf den Weitwanderweg, ist eine eher seltene Entwicklung. Die meisten "nur" Pilger bleiben auf Pilgerwegen, sofern es nicht sowieso ein singuläres Erlebnis bleibt.
                .

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                • FatmaG
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                  • 14.03.2013
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                  #9
                  AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

                  Zitat von Werner Hohn Beitrag anzeigen
                  Wanderer auf Pilgerwegen sieht man oft, doch vom Pilgerweg auf den Weitwanderweg, ist eine eher seltene Entwicklung. Die meisten "nur" Pilger bleiben auf Pilgerwegen, sofern es nicht sowieso ein singuläres Erlebnis bleibt.
                  Das ist in der Tat erstaunlich. Ich hätte spontan gedacht, dass es vielen so geht wie mir, wo es doch eigentlich so viele Parallelen gibt...
                  Übrigens bin ich vor einiger Zeit auf folgende Bedeutung des Begriffs "Pilgern" gestossen (sehr frei zitiert - ich finde die 'Quelle' nicht mehr) :
                  "zu Fuss unterwegs sein und reisen, meist in der Ferne".


                  Danke auch für das Kompliment zu dem Bericht.
                  Ich werde - sobald es sich zeitlich macht - den "sentier cathare" (Port-la-Nouvelle bis Foix) beschreiben. Meine anderen Wege in Südfrankreich waren allerdings Jakobswege (Teilstück Via Tolosana, "Chemin du Piémont Pyrenéen", Voie du Baztan), bzw der Stevenson-Weg, zu dem es schon einen Reisebericht gibt, der neugierig macht.

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                  • florence
                    Neu im Forum
                    • 18.06.2016
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

                    Hallo Fatma, ich bin ganz neu in diesem Forum und hereingekommen, da ich Deinen Bericht sehr ermutigend finde, den Chémin des Bonshommes auch als Einsteigerin zu gehen. Ich hätte noch die eine oder andere Frage. Ist das ok/üblich hier auch Anfängerfragen zu stellen wie zB: Hast Du die Plätze in den Unterkünften vorgebucht, oder bist Du auf gut Glück einfach von einem Etappenort zum anderen gelaufen? Bin sehr gespannt ob ich Dich auf diesem Weg erreiche. Besten Dank für eine evtl. Antwort. Sehr herzlich - florence

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                    • FatmaG
                      Erfahren
                      • 14.03.2013
                      • 233
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                      #11
                      AW: (FR) (ES) - GR 107 Cami dels Bons Homes

                      Hallo Florence,

                      Ich denke (oder hoffe), jede Frage ist erlaubt hier. Es geht ja um Informationstausch, und ich war und bin selber immer sehr froh, von anderen Wanderliebhabern Tipps von ihren Touren zu bekommen.

                      Für den Cami dels Bons Homes habe ich mal reserviert, mal nicht. Allerdings hatte ich ein Zelt dabei, da konnte ich spontan entscheiden, wie weit ich noch gehen würde.
                      Generell reserviere ich die allererste Nacht, weil es mich beruhigt; dann mal am Vortag bzw am Morgen selbst für die nächste Nacht.
                      Das ist allerdings vor allem wichtig in den "gîtes d'étape", und besonders, wenn es auch ums Abendessen geht.
                      Oder, wenn besonders viele Wanderer unterwegs sind. (betrifft aber vor allem Jakobswege)

                      An manchen Orten gab es kein Abendbrot, bzw keine Möglichkeit der Einkehr, was bei der Planung zu beachten ist.
                      (Hier waren es Cal Jan de la Llosa und Refugio Cal Tasconet).
                      Zwei Etappen waren vor allem in Spanien etwas länger (von Porta bis Cal Jan de Llosa, und die letzte von Gosol nach Berga; soweit ich mich erinnere gab es übrigens bei beiden unterwegs keinerlei Einkehr).

                      Diese Tour ist wunderschön und eigentlich immer noch meine Lieblingswanderung, obwohl ich mittlerweile schon wieder einige mehr kennengelernt habe.

                      Und gerne beantworte ich Dir Deine Fragen, allerdings bin ich demnächst selber wieder unterwegs.

                      Gute Planung!
                      Fatma

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