[TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

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  • Abt
    Lebt im Forum
    • 26.04.2010
    • 5726
    • Unternehmen

    • Meine Reisen

    #21
    AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

    Die Geschichte der Türkei ist spannend.-ich habe das mal nachgelesen. Warum ging ausgerechnet von dort die militärische Macht aus, die nach Europa schwappte und den ganzen Balkan Jahrhunderte lang in Schach hielt... heute schwer vorstellbar.

    1928 gab es in der Türkei nach dem Abtauchen der Jungtürken den entscheidenten Schritt, die arabische Schrift in eine für Europäer lesbare und schreibbare zu verwandeln, also eine Schrift-Reform. Das ging, laut Wiki, von irgendeinem Kaukasier aus und umfasst auch einige andere Staaten, in der Region. Für mich immerhin ein Wahnsinnsschritt in Richtung Europa.

    Sorry meinen Exkurs,- damit kann sich jeder beschäftigen oder nicht, wir wollen uns ja hier über deine Reiseerlebnisse austauschen, denn leider viel zu selten, findet man Berichte aus solchen Gegenden hier gegenwärtig.

    Habe in deinem Flusswanderbericht vom Pintos aber manchmal gedacht: Hilfe! das ist Schlangenbgebiet!
    Hast du unterwegs intressante Tiere gesehen? oder von von der Ginsterart eine Nahaufnahme, um die mal hier zu bestimmen?

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    • trekalex
      Erfahren
      • 23.03.2013
      • 253
      • Privat

      • Meine Reisen

      #22
      AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

      Mit dem Exkurs hast du schon recht...solch grundlegende geschichtliche Gegebenheiten sollte man schon kennen, wenn man das Land bereist.

      In diesem Falle sollte man da auch noch eher als sonst Bescheid wissen, denn der Initiator der ganzen Reformen ist schließlich der von der Bevölkerung hoch geschätzte Mustafa Kemal, auch als ATATÜRK bekannt
      Neben der Sprachreform wurde im Zuge der tiefgreifenden Veränderungen in der 1920er Jahren unter anderem der gregorianische Kalender eingeführt, ebenso wie das metrische System (das hat noch nicht mal die USA geschafft bisher^^). Auch die Organisation des Staates in 3-Gewalten-Teilung, Anpassung der Gesetzgebung an Europäische Standards und weitere Modernisierungen haben dem Land sehr geholfen.
      Ganz besonders bemerkenswert finde ich persönlich die strenge Säkularität in der Türkei - Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen, kein Religionsunterricht oder gar Gebet in der Schule, einfach radikale Trennung von Staat und Religion. Und das in der 1920er Jahren. Einfach undenkbar in Europa, hier in Deutschland ist das ja auch nur im Grundgesetz verankert, interessiert die Politik offenbar aber nicht wirklich.
      Vor diesem Hintergrund ist es vor allem in den letzten Jahren und auch bei der letzten Wahl vor etwa einer Woche immer wieder traurig, wie viele Stimmen die machthabende Partei bekommt. Wurde vor einiger Zeit schon das Kopftuchverbot aufgehoben, so werden trotz Gezi-Protesten und moderner, junger und vorausdenkender junger Bevölkerung sicher wieder viele Reformen anstehen, die den Staat langsam aber sicher wieder in die Steinzeit zurückversetzen, wenn man es mal radikal formuliert.

      Die Sprachreform hat übrigens den netten Nebeneffekt, dass Türkisch für uns Europäer wirklich einfach zu lernen ist, hat man denn die Zeit und Motivation


      Und nun zur Natur

      Zu dem Ginster hab ich leider kein weiteres Foto...nächstes Mal denke ich daran^^

      Und zu den Wildtieren in Griechenland und Türkei: naja, Schlangengebiet stimmt schon. Da es aber eigentlich immer sehr steinig ist, kommt man nicht daran vorbei, sich schon aus großer Entfernung laut anzukündigen. Eidechsen sind nicht so schreckhaft und in rauen Mengen zu beobachten, Schlangen allerdings nicht. Einmal hab ich eine beobachten können dieses Jahr, aber die war schneller weg als die Kamera da war. Dabei würde ich ja so gerne mal eine näher betrachten!
      Schildkröten gibts natürlich auch en masse - man hört sie schon von der Ferne, wenn sie mal wieder mit einem lauten "Klong" gegen einen Stein laufen...
      Skorpione und Bären (in Griechenland) soll es ja auch geben, hab aber ebenso leider nichts von beidem sehen können.
      Was vor allem in der Türkei interessant ist sind die Vögel. Ich kenne mich da zwar nicht im Geringsten aus, aber konnte viele schöne kleine und große Arten beobachten. Man muss aber sagen, deutsche Vögel singen wesentlich ausgefeiltere und schönere Melodien, die im Süden heimischen Arten kommen meist nicht über zwei Töne heraus, die sie immer abwechselnd singen...

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      • Fernwanderer
        Alter Hase
        • 11.12.2003
        • 3885
        • Privat

        • Meine Reisen

        #23
        AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

        Zitat von trekalex Beitrag anzeigen
        Jaa, ich weiß - viele Bilder heute. War einfach so schön
        Von mir aus kannst Du noch ein paar nachreichen.

        Zitat von trekalex Beitrag anzeigen
        Als mal wieder die Markierung verschwindet,...
        Einige Zeit später stehe ich schon wieder vor einem Wegproblem:...
        ... hier ist die Markierung wieder sehr gut.
        Es fehlt offensichtlich immer noch an Erfahrung wie man gut auffindbare Wegmarkierungen setzt.

        Zitat von Abt Beitrag anzeigen
        Sorry meinen Exkurs,- damit kann sich jeder beschäftigen oder nicht, wir wollen uns ja hier über deine Reiseerlebnisse austauschen, denn leider viel zu selten, findet man Berichte aus solchen Gegenden hier gegenwärtig.
        Persönlich halte ich es für quasi postkoloniale, herrenmenschliche Ignoranz in fremde Länder zu reisen, ohne sich Gedanken über die Geschichte von Land und Leuten zu machen.
        Alles andere ist zumindest eine Form des zu Hause bleibens vor wechselnden, irgendwie pittoresken Hintergründen - gaffen statt reisen. Sowas wäre mir einfach zu blöd.

        Zitat von trekalex Beitrag anzeigen
        In diesem Falle sollte man da auch noch eher als sonst Bescheid wissen, denn der Initiator der ganzen Reformen ist schließlich der von der Bevölkerung hoch geschätzte Mustafa Kemal, auch als ATATÜRK bekannt
        Neben der Sprachreform wurde im Zuge der tiefgreifenden Veränderungen in der 1920er Jahren unter anderem der gregorianische Kalender eingeführt, ebenso wie das metrische System (das hat noch nicht mal die USA geschafft bisher^^). Auch die Organisation des Staates in 3-Gewalten-Teilung, Anpassung der Gesetzgebung an Europäische Standards und weitere Modernisierungen haben dem Land sehr geholfen.
        Ganz besonders bemerkenswert finde ich persönlich die strenge Säkularität in der Türkei - Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen, kein Religionsunterricht oder gar Gebet in der Schule, einfach radikale Trennung von Staat und Religion. Und das in der 1920er Jahren. Einfach undenkbar in Europa, hier in Deutschland ist das ja auch nur im Grundgesetz verankert, interessiert die Politik offenbar aber nicht wirklich.
        Man sollte aber auch nicht alles glauben, was in der Kurzfassung der Geschichtschreibung so erzählt wird.
        Bereits 1924 ist die Diyanet als direkt dem Präsidenten zugeordnete Behörde für Religionsangelegenheiten gegründet worden. De facto ist der Islam genauso Staatsreligion wie im Osmanischen Reich. Hodschas sind in der Türkei i. a. Staatsbeamte.
        Und wie lautete der Kommentar eines Istambuler Taxifahrer zu den Polizeiübergriffen am Taksimplatz inhaltsgemäß: Natürlich hätten sie nicht mit Tränengas in die Menge schießen dürfen, aber früher haben sie gleich scharf geschossen. Wenn sich Kemalisten also als Bollwerk der Demokratie aufpumpen, dann ist auch Vorsicht angeraten. Persönlich hätte ich Erdohan einen ordentlichen Nasenstüber gegönnt, aber das Wahlvolk hält die Konkurrenz für noch korrupter.

        In D ist bewußt keine strikte Trennung von Staat und Kirche (Trennung von Staat und Religion wäre Unsinn bzw. ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit) ins GG eingeflossen. Der Grundcharakter des GG ist inkludierend und nicht separierend (Verhältnis/Mehrheitswahlreicht, Bund/Länderkompetenzen etc.). Der Staat vertritt verfassungsgemäß bei Religionen und anderen Weltanschauungen eine Position der positiven Religionsfreiheit bzw. Neutralität. Vgl.: Religionsfreiheit


        Schöner Reisebericht!
        In der Ruhe liegt die Kraft

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        • Meer Berge
          Fuchs
          • 10.07.2008
          • 2381
          • Privat

          • Meine Reisen

          #24
          AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

          Hallo!

          Das scheint eine ganz wunderschöne Gegend zu sein, durch die du da gewandert bist!
          Ich habe leider gerade nicht die Zeit, mir deinen Bericht durchzulesen und habe nur die Bilder angesehen. Das Lesen werde ich auf jeden Fall schnellstmöglich nachholen, denn die Route interessiert mich sehr!

          Die Wege scheinen sehr steinig zu sein ...

          Vielen Dank für deine Mühe, deinen Bericht hier einzustellen!

          Gespannte Grüße,
          Sylvia

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          • trekalex
            Erfahren
            • 23.03.2013
            • 253
            • Privat

            • Meine Reisen

            #25
            AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

            Zitat von Fernwanderer Beitrag anzeigen
            Es fehlt offensichtlich immer noch an Erfahrung wie man gut auffindbare Wegmarkierungen setzt.
            Es geht so. Manchmal stolpert man über sehr unglücklich gesetzte Markierungen, die genau auf ein bevorzugten Trittstein gemalt und dementsprechend schnell abgewetzt sind und Ähnliches. Im Großen und Ganzen aber wirklich ordentlich markiert.

            Zitat von Fernwanderer Beitrag anzeigen
            Man sollte aber auch nicht alles glauben, was in der Kurzfassung der Geschichtschreibung so erzählt wird.
            Bereits 1924 ist die Diyanet als direkt dem Präsidenten zugeordnete Behörde für Religionsangelegenheiten gegründet worden. De facto ist der Islam genauso Staatsreligion wie im Osmanischen Reich. Hodschas sind in der Türkei i. a. Staatsbeamte.
            Und wie lautete der Kommentar eines Istambuler Taxifahrer zu den Polizeiübergriffen am Taksimplatz inhaltsgemäß: Natürlich hätten sie nicht mit Tränengas in die Menge schießen dürfen, aber früher haben sie gleich scharf geschossen. Wenn sich Kemalisten also als Bollwerk der Demokratie aufpumpen, dann ist auch Vorsicht angeraten. Persönlich hätte ich Erdohan einen ordentlichen Nasenstüber gegönnt, aber das Wahlvolk hält die Konkurrenz für noch korrupter.
            Klar. Ich wollte nur mal dem typischen Deutschen, der auf die "unterentwickelte und rückständige" Türkei herabblickt, ein anderes Bild vermitteln - es gibt halt viele, die die arabischen Länder über einen Kamm scheren und Saudis und Türken schnell mal in einen Pott werfen, wenn sie das Land noch nicht besucht haben...


            Zitat von Fernwanderer Beitrag anzeigen
            Trennung von Staat und Religion wäre Unsinn bzw. ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit
            Darüber lässt sich streiten. Aber nicht hier im Forum, würde ich mal sagen

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            • Rattus
              Lebt im Forum
              • 15.09.2011
              • 5177
              • Privat

              • Meine Reisen

              #26
              AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

              Tolle Fotos aus einer mir unbekannten Gegend und schön geschrieben, danke
              Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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              • trekalex
                Erfahren
                • 23.03.2013
                • 253
                • Privat

                • Meine Reisen

                #27
                AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                Schön, dass sich so viele Leser (und Bilderanschauer) gefunden haben - da macht das Schreiben gleich noch viel mehr Spaß

                07. Icmeler - Gerbe Kilise



                Die Vorfreude auf die nächsten Tage und Kilometer ist schon gestern groß gewesen, dementsprechend geht es heute schon früh los, typisch deutsch eben. Nur Arbeitstätige und Schüler, die nach Mugla müssen, sitzen in aller Frühe mit mir im Dolmus (falsch, die meisten lassen sich vor der Haustür abholen - der Busfahrer lässt einfach die Tür offen und fährt langsam/etappenweise den Berg hinauf, die meisten Leute steigen mehr oder weniger während der Fahrt ein). Oben an der Hauptstraße bin ich dann der Einzige, der aussteigt, um in einen Bus nach Marmaris zu wechseln.
                Nach nur wenigen Minuten kommt ein großer Überlandbus angefahren und wirft direkt an der Abzweigung, an der ich warte, einen Reisegast heraus. Als ich hinlaufe und nachfrage, wo es denn hingeht, so heißt es "Marmaris" - was für ein Dusel ich doch manchmal habe. Normalerweise kann man ja auf der Strecke nur in einen Dolmus einsteigen, nicht aber in einen Fernbus; die halten ja nur in den großen Städten...
                Dieser Bus hier ist wiederum fast leer, vielleicht 10 Leute sind wir...schon komisch, keiner will an einem Freitagmorgen nach Marmaris. Der Fahrer reizt auf der kurvigen Strecke wahrlich jeden Zentimeter der drei Spuren aus, die er zur Verfügung hat (2 Spuren + Standstreifen), dementsprechend flott sind wir dann auch schon am "Otogari", wo ich gleich einem Dolmus nach Icmeler nehmen kann.
                Überall in Marmaris wird fleißig an alten und neuen Hotels gewerkelt, um die kommende Saison vorzubereiten. Nie in meinem Leben möchte ich in so einem Klotz meinen Urlaub verbringen, dazu noch mit überfülltem Strand und Stadt nebenan...schon beim Einsteigen in den Dolmus war zu erkennen, mit was die Fahrer immer zu kämpfen haben, wenn wieder die Touristen einfallen: von Kinderfahrpreisen über Nachtfahrzeiten zu anderen Dingen (man soll den Dolmusfahrer nicht dazu auffordern, Orte und Hotels anzufahren, die nicht auf der Strecke liegen) ist alles in verständlichen englischen Texten, die im Bus hängen, geregelt. Ich schäme mich für meine Mit-Mitteleuropäer, die zum Teil offenbar keinerlei Sinn für fremdländische Sitten oder Anstand im Allgemeinen haben.
                Immer mehr Fahrgäste steigen in den am Ende gnadenlos überfüllten Kleinbus, in Icmeler leert er sich ebenso schnell wieder. Als ich der Letzte im Bus bin, fragt mich der Fahrer, wo ich denn eigentlich hin will - als ich die Dolmusstation (von der aus der Weg im Wanderführer beschrieben ist) nenne, ernte ich nur einen verdutzten Blick. Wenigstens die Vakif-Bank, in deren Nähe der Wegweiser stehen soll, gibt es offenbar, da fährt der nette Herr sogar extra nochmal einen kleinen Umweg für mich. Schon bevor wir da jedoch überhaupt ankommen, sehe ich schon besagten Richtungsweiser des Karischen Weges an der Straße stehen und lasse mich absetzen.
                An alle Nachwanderer, die den Startpunkt suchen: ich habe nicht den geringsten Schimmer, wie man da hinkommt :P





                Vom ersten Wegweiser des Karischen Wegs geht es dann nur noch kurz zwischen den Häusern durch, bevor ich über ein kleines Mäuerchen in ein Bachbett aus der Zivilisation verschwinde. Einen kleinen Aufstieg später kann ich dann von oben einen Blick über die Protzbauten der modernen Urlaubsindustrie werfen, es ist keine arg berauschende Aussicht. Da freue ich mich, dem Pauschaltourismus entfliehen zu können, indem ich dem gestrüpphaltigen Pfad um die Kurve folge. Der Ausblick wird schöner, da wilder - der Pfad schlimmer, da ebenfalls wilder. Einen Sattel später sehe ich nur noch Bäume und Sträucher um mich herum, dauernd bleibe ich mit meinem Rucksack an tiefen Ästen und Dornenranken hängen.





                Einige Verbeugungen und Kniefälle später (sehr niedrige Äste) stehe ich mal wieder an einem Aussichtspunkt, bevor es durch den dichten Pinienwald mit einigem Unterholz hinunter nach Turunc geht.





                Das erste Haus, das ich passiere, hat eine Sternguckerkuppel auf dem Dach - irgendein "Center For Applied And Theoretical Physics", am Rande eines türkischen Touristendorfs. Schon eine seltsame Location, aber mir als angehendem Physiker (hoffe ich wenigstens mal) geht natürlich schon beim Anblick das Herz auf





                Beim Weg einmal durch den Ort gibt es einen kleinen Stopp beim Bäcker, danach komme ich an einem Feld mit unzähligen aufgebockten Booten für die Sommersaison vorbei, darunter Taxiboote ins nahe Marmaris und viele andere Kutter.
                Am Ortsende, bevor es wieder in den Wald geht, mache ich dann endlich Mittagspause an einem kleinen Bach, danach stapfe ich wieder mal durch den Wald den Berg hinauf. Nach einem kleinen Feld mit Hütte und schönstem Blumenmeer ist der Kamm bald erreicht und der Pfad führt steil, steinig und durch dichtes Unterholz bergab bis zu den Überresten der antiken Stadt Amos. Keine arg schöne Etappe von Icmeler bis hierher, muss ich sagen...









                Nachdem ich mich die gefühlten 1000 Stufen hinaufgequält habe, gibt es neben einem kleinen, nicht allzu gut erhaltenen Theater nur eine ganz nette Aussicht hinunter auf den Strand von Kumlubükü, hinter dem nur ein paar verlassene Hotels und Restaurants stehen - die Saison hat noch nicht begonnen, völlig ausgestorben hier, menschenleerer Strand...





                Die vielen Höhenmeter und das Dickicht haben mich ganz schön geschlaucht, eigentlich würde ich ja gerne schon Schluss machen für heute, aber da es weder gute Zeltgelegenheiten noch frisches Wasser gibt, beschließe ich, noch weiter zu laufen.
                Also wieder den Rucksack auf den Rücken und erst einmal ab runter an den Strand, der, wie ich feststelle, doch nicht ganz so leer ist wie gedacht. Eine Kuhherde hat es sich im warmen Sand gemütlich gemacht und ist nicht einmal daran interessiert, dass ich nahe am ihnen vorbeigehen muss, um nicht von den kleinen Wellen erwischt zu werden.





                Fast am anderen Ende des Strandes, vorbei an einigen umzäunten Hotels, folge ich schließlich den Markierungen eine Straße hinauf und einen Feldweg entlang, an Bienenkästen vorbei und immer schön die Aussicht genießend - man kann sogar die schneebedeckte Spitze des Ulu Dag im nahen Lykien sehen.



                Auf einem guten und glücklicherweise nicht mehr zugewachsenen Pfad wandere ich über einen Kamm hinweg zu den Ruinen einer byzantinischen Kirche, die idyllisch oberhalb des Meeres liegt. Durch die Bögen kann man aufs Meer blicken, leise rauscht der Wind durch den Pinienwald, die langsam immer tiefer sinkende Sonne wirft ihre Strahlen auf das saftig grüne Gras und die vielen bunten Blumen... wirklich ein magisches Plätzchen hier.





                Nur ein kleines Stück weiter treffe ich endlich auf die erwartete Quelle und schlage kurz hinter dieser in terassiertem aber ziemlich steinigem Gelände mein Zelt auf. Praktischerweise gibt es hier sogar griechisches Handynetz, da kann man dann sogar einmal preiswert nach Hause telefonieren



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                • Fernwanderer
                  Alter Hase
                  • 11.12.2003
                  • 3885
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                  Zitat von trekalex Beitrag anzeigen
                  Es geht so. Manchmal stolpert man über sehr unglücklich gesetzte Markierungen, die genau auf ein bevorzugten Trittstein gemalt und dementsprechend schnell abgewetzt sind und Ähnliches. Im Großen und Ganzen aber wirklich ordentlich markiert.
                  Dann ist es also deutlich besser geworden als vor ein paar Jahren am Lykischen Weg.

                  Klar. Ich wollte nur mal dem typischen Deutschen, der auf die "unterentwickelte und rückständige" Türkei herabblickt, ein anderes Bild vermitteln - es gibt halt viele, die die arabischen Länder über einen Kamm scheren und Saudis und Türken schnell mal in einen Pott werfen, wenn sie das Land noch nicht besucht haben...
                  Der Blick aus D auf TR ist tatsächlich häufig eher irgendwie "Durchs wilde Kurdistan" geprägt als von der Geschichte des letzten Jahrhunderts.

                  Darüber lässt sich streiten.
                  OT: Nö, weil schon die Väter des GG mit gutem Grund Religion und Weltanschauung in einen Topf geschmissen haben, weil sie keine zuverlässige Unterscheidung kannten und auch die Religionswissenschaften heute wissen es immer noch nicht.
                  Besonders lustig wird's wenn Religionswissenschaftler z. B. die "antireligiöse" GBS, die sich selbst als humanistische, der Aufklärung verpflichtete Vereinigung sieht, als Sekte einstufen. Das ist in der Fakultät eigentlich ein verbotenes Wort, aber bei den brighten Brüdern verlieren selbst manche von denen, die auf dem Gebiet schon alles gesehen haben, die Selbstbeherrschung.
                  Zuletzt geändert von Fernwanderer; 08.04.2014, 22:38.
                  In der Ruhe liegt die Kraft

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                  • gearfreak
                    Erfahren
                    • 30.01.2010
                    • 278
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                    Diese Landschaft hätte ich in der Türkei nicht erwartet! Danke für den Bericht!!

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                    • ranunkelruebe

                      Fuchs
                      • 16.09.2008
                      • 2211
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #30
                      AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                      Vielen Dank für's Weiterschreiben, ich freu mich immer, wenn du eine neue Etappe gepostet hast!

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                      • trekalex
                        Erfahren
                        • 23.03.2013
                        • 253
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                        Dann gehts auch schon gleich weiter...

                        08. Gerbe Kilise - Bahceli



                        Endlich mal war es richtig schön warm und regenfrei heute Nacht - klasse, ein trockenes Zelt ist was Tolles. Frohen Mutes geht es nach dem Frühstück natürlich umso schneller mit dem Abbauen und Einpacken, bin also schon früh "on the road".









                        Begleitet von traumhaften Ausblicken aufs Meer windet sich der Pfad an der Küste entlang, vorbei an einigen Zeltmöglichkeiten immer mal wieder ein bisschen bergauf und bergab, bis ich auf einmal hoch über dem Meer auf einer Klippe stehe. Traumhaft. Einfach nur super. Dieser Ausblick auf die kleine Feriensiedlung, den Strand und die vorgelagerte Insel von Ciftlik ist absolut sehenswert. Leider kann ich keine guten Fotos machen, weil mir die Sonne genau entgegenscheint, aber solche Anblicke kann man sowieso zur live und in Person richtig genießen.









                        Nach ein paar Minuten des faszinierten Starrens kann ich mich schließlich losreißen und meinen Weg fortsetzen, auch um der mittlerweile durchaus stark herunterbrennenden Sonne zu entgehen.
                        Auf dem folgenden Abstieg vernehme ich auf einmal Hundegebell und fühle mich an meine Erfahrungen aus Griechenland letztes Jahr erinnert... aber die Köter sehen schon eher bemitleidenswert aus und sind zudem an Bäume gekettet. Als ich nahe vorbei gehe, sind die beiden auch ruhig und machen keine Anstalten, sich überhaupt großartig zu bewegen. Nach Überqueren eines kleinen Bachs folge ich erst einmal einer völlig unbefahrenen Teerstraße, bevor mich die Wegmarkierungen durch die (für mich kaum als solche erkennbaren) Ruinen des antiken Syrna führen. Ein paar behauene Steine, soweit ich als Nichtwissender das beurteilen kann und darf.
                        Der letzte Hügel vor dem Zwischenziel/Etappenende in Bayir ist erklommen, da kann ich sogar das Meer auf der anderen Seite der Halbinsel sehen, ist ja gar nicht so breit wie gedacht. Da werde ich dann hoffentlich in ein paar Tagen vorbeikommen.





                        Der Abstieg in den kleinen Ort ist herrlich: Blumen verschiedenster Farben, in voller Blüte stehende (Mandel-?) Bäume und ein allgegenwärtiges Summen, unzählige Bienen sind unterwegs. Im Großen und Ganzen einfach nur eine Augenweide, der Frühling in der Türkei.



                        Im Ortskern von Bayir ist einiges los, schnell kaufe ich ein paar Sachen und verschwinden wieder. Schon oft ist mir auffallend viel Wahlwerbung selbst in den kleinsten Orten aufgefallen, in Ören habe ich zum ersten Mal mit großen Boxen ausgestattete und über und über mit Parteiemblemen bestückte Kleinbusse dabei beobachten können, wie sie im Konvoi die Hauptstraße auf und ab fuhren, um Werbung zu machen. Die heutige Aufführung in Bayir toppt das jedoch noch: mit Blaskapelle und Trommlern im Schlepptau zieht wieder eine Gruppe von Fahrzeugen langsam in das Dorf und macht vor der größtenteils im "Kahve" versammelten Bevölkerung ausgiebigste Wahlwerbung. Selbst nach einer knappen halben Stunde des Aufstiegs den Hang südlich der Ortes hinauf kann ich den Lärm immer noch hören. Und jetzt das faszinierendste der ganzen Sache: es sind nur mickrige Kommunalwahlen!



                        Wie auch immer, mit schöner Aussicht in das grüne Tal steige ich bis zur Teerstraße in Richtung Süden bergauf, danach gibt es erst einmal eine längere Mittagspause im Schatten eines großen Olivenbaums.











                        Schließlich folge ich dem Weg weg von der Straße in ein einsames Hochtal, hier gibt es nur ein paar weidende Tiere und viele Steine. Leider auch viele Steinmäuerchen, die alle überklettert werden wollen, weil die Durchgänge meist mit abgeschnittenem Gestrüpp und dornigen Ästen versperrt sind, damit die Kühe und Ziegen auf den Feldern ihrer Eigentümer bleiben. Also muss ich immer mal wieder ein Stück vom Pfad abweichen und mir einen Weg über zugewachsene Mauerstücke suchen.



                        Nach einer gefühlten Ewigkeit in der heißen und einsamen Gegend gelange ich wieder zur Straße, die ich vorhin schon überquert habe - nur muss ich jetzt über 3 km auf dieser weiter in Richtung Süden wandern.
                        Ich als bleicher Mitteleuropäer, der nach dem Winter noch nicht allzu viele Sonnenstrahlen genießen durfte, merke nun auch schon die Auswirkungen zweier sonniger Tage: Nase und Oberarme werden langsam aber sicher rot. Dabei ist es doch gerade einmal Mitte März! Dass es so schnell geht, hätte ich nicht gedacht...also besser ein bisschen aufpassen in den nächsten Tagen.
                        Nach einiger Zeit vermute ich, dass es nun links abgehen müsste, da ich wie im Wanderführer beschrieben am Ende eines Tals am Übergang zu einem weiteren stehe. Genau wo ich die Abzweigung vermute, steht an der Straße ein winziges Holzhäuschen mit einem "Taxi"-Schild auf dem Dach; was auch immer das da zu suchen hat, ist mir bis heute ein Rätsel, jedenfalls sitzt eine türkische Hirtin davor.





                        Diese kennt sogar den Karischen Weg und bestätigt mir, dass hier die Abzweigung ist, und zeigt mit der Hand "hinter und dann steil rauf". Während sie mir ein wenig Vorsprung vor dem riesigen Hirtenhund gibt (zum Glück lief er mir nicht hinterher), gehe ich schnell in die gezeigte Richtung und folge weiter der Markierung. Da es schon spät ist, bringe ich den Aufstieg weiter hinten schleunigst hinter mich (es war zum Teil wirklich sehr steil, bloß nicht bei Nässe absteigen!) und finde auch schnell ein kleines Grasinselchen zwischen den ganzen Büschen hier oben, wo ich mein Zelt gut geschützt aufschlagen kann.

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                          • 23.03.2013
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                          #32
                          AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                          09. Bahceli - Loryma





                          Am frühen Morgen kommt ein wenig Wind auf, der mir für die letzten ein oder zwei Stündchen bis zum Sonnenaufgang den Schlaf raubt - nervig, aber wenigstens hält er mir das Zelt frei von Kondenswasser, sodass ich beim ersten Licht schnell aufbrechen kann.
                          Das Wetter präsentiert sich heute, ganz im Gegenteil zum gestrigen Tage, eher trüb und vor allem windig. Auf dem steinigen Weg nach Bahceli und danach weiter nach Taslica bietet der hoch über der Küste ausgesetzt verlaufende Weg zwar wunderschöne Ausblicke hinab zum Meer, steinigen Inselchen und den höheren "Gipfeln" im inneren der Bozburun-Halbinsel, auf der ich ja gerade herumlaufe, aber er ist eben ausgesetzt. Völlig dem Wind ausgeliefert, der mittlerweile eher in der Gegend "Sturm" oder "Orkan" anzusiedeln ist, fällt es schwer, halbwegs vernünftig zu laufen oder zu fotografieren, da Beine und Handykamera oft von unvorhersehbaren Windstößen erwischt werden - trotzdem habe ich mein Bestes gegeben, um euch ein paar schöne Fotos präsentieren zu können. Hin und wieder war sogar eines dabei, bei dem der Horizont waagerecht ist .









                          Auch an vielen idyllischen Zeltplätzen komme ich vorbei, allerdings sind die bei diesem Wetter nicht mehr so angenehm und haben zudem kein Wasser (nur falls mal wer vorbeikommt und einen schönen Sonnenaufgang aus dem Zelt sehen will).





                          Im windgeschützten Tal um Taslica wird es dann endlich ein wenig ruhiger, wenn auch trotzdem nicht wärmer. Hier wachsen dann auch wieder unzählige schöne Blumen und lassen wenigstens ein paar klitzekleine Frühlingsgefühle aufkommen.





                          Gleich nachdem ich in das Dorf gelaufen bin, sehe ich schon den Wegweiser des Karischen Weges - nicht immer waren die so gut zu sehen wie dieser hier. Auch der Mini-Market, kaum 50 m den Berg hinauf gelegen, ist sofort gefunden. Dort angekommen werde ich natürlich wie aus jedem anderen Dorf gewohnt von allen Seiten eingehend gemustert, doch kaum habe ich meinen Rucksack neben der Tür abgestellt, so treten sich die alten einheimischen Herren schon fast auf die Füße, um mir die Hand zu schütteln. Schon immer wieder unglaublich, diese Freundlichkeit, mit der Fremden hier entgegengetreten wird. Viel los ist hier im "Dorfzentrum" zwischen Market und Kahve, von allen Seiten werden mir ein Paar Brocken Englisch zugeworfen: man fragt, wohin ich denn unterwegs bin, wo ich herkomme, wo ich heute losgelaufen bin; der Rucksack ist aber schwer, meinen zwei Jungs, nachdem sie hin hochheben durften.
                          Mein Einkauf dauert also über eine Viertelstunde, danach setze ich meinen Weg in Richtung Süden zur einsamen Spitze der Halbinsel fort (hier muss ich anmerken: ich hatte schon überlegt, auf diesen Streckenabschnitt zu verzichten und ohne diese zwei Etappen zum Kap und zurück gleich mit der restlichen Umrundung der Bozburun weiterzumachen, wegen des eher schlechten Wetters und der Einsamkeit. Mit so viel guter Laune und nach dem Anblick der glänzenden Augen eines Herrn im Market, der fasziniert von Loryma erzählte, ließ ich mir diesen Teil dann besser doch nicht entgehen).
                          Mehrere Leute im Dorf hatten mir auch eine Fahrt nach Serce Limani angeboten, welches das Ende der Teerstraße auf etwa halber Strecke zwischen Taslica und dem Kap ist, aber wozu bin ich denn Wanderer? Außerdem liegen ja noch die Ruinen von Phoenix auf dem Weg dahin.
                          Es geht also gemütlich die Teerstraße bergab, durch ein Gatter und ein wenig den Berg hinauf, schon stehe ich inmitten von Trümmern. Es lässt sich kaum noch stehende Baukunst bestaunen, es liegen eigentlich nur fein säuberlich bearbeitete Felsblöcke in großen Mengen in der Gegend herum. Und das geht dann noch für eine halbe Stunde Wanderung so, immer wieder sieht man antike Zeugnisse, oft auch einfach als Bausubstanz für Tierunterstände und Zisternen verwendet.







                          Gegen Mittag komme ich wieder auf die Teerstraße, die hier stehenden Funkmasten schwanken beachtlich und geben durch den Wind interessante Töne von sich. Schließlich stehe ich am nächsten Wegweiser in Asardibi, kurz vor dem Ende der Straße. Ab hier geht es also in die Einsamkeit, mehr oder weniger.





                          Einen Aufstieg später finde ich in einem unendlich stillen Bergtal wieder und folge der Markierung über Stock und Stein (eigentlich fast nur Stein), bis ich sie verliere...
                          Zumindest eine der drei verschiedenen (und bisher äquivalenten) Markierungen, die den Weg zeigen sollten - nämlich die des Karischen Weges. Ich stattdessen bin gutgläubig weiter den roten Pfeilen und Punkten gefolgt, bis es mir zu riskant wurde. Da ich mich ohne wenigstens halbwegs gutes Kartenmaterial (die zum Wanderführer mitgelieferte Karte zählt definitiv nicht dazu) nicht querfeldein versuchen möchte, drehe ich also um und gehe bis zur letzten Markierung zurück (in dieser kargen Gegend sieht nämlich jede Ecke gleich aus...). Der richtige Weiterweg ist schnell gefunden, vorher bin ich offenbar ins falsche Tal abgebogen.
                          Endlich habe ich wieder Blick aufs Meer: ein gutes Stück unter mir sehe ich den natürlichen Hafen, dessen Zugang zum offenen Meer von den riesigen Mauern Lorymas bewacht wird. An den Sandstränden stehen mehrere Restaurants, große Anleger für Yachten ragen ins Wasser hinaus. Los ist hier trotzdem nicht das Geringste, wie zu erwarten war. Im Sommer ankern hier Unmengen an größeren und kleineren Booten, viele Touristen bestaunen die gut erhaltenen Überreste der Trutzburg Loryma auf der Landzunge oder lassen sich nach einem heißen Segeltag einen kühlen Drink in einem der Strandrestaurants schmecken.





                          Ich aber, ein wenig schlecht gelaunt ob der Einsamkeit und des "schlechten" Wetters, umrunde einen Teil der Bucht und überlege, was ich nun als nächstes tun sollte. Es ist schließlich schon spät am Nachmittag; auf Loryma gäbe es zwar mit Sicherheit traumhafte Zeltgelegenheiten, aber allerhöchstens schmutziges Zisternenwasser. Laut meinem Wanderführer soll sich aber etwa eine Stunde weiter in Richtung Kap eine Quelle befinden, das klingt doch gut
                          Sowieso schon müde nach solch einem langen Wandertag beschließe ich also, dass mir der Anblick Lorymas aus der Ferne genügt und ich besser dem markierten Pfad ohne Abstecher dorthin direkt bis zu besagter Quelle folgen will. Nur hundert Meter hinter dem Wegweiser stehe ich jedoch neben einer Hütte vor einem steinigen Feld voller Gestrüpp und kann mal wieder keine Markierung sehen...
                          Da öffnet sich auf einmal das Gatter hinter mir und ein Mann mittleren Alters tritt aus seinem Grundstück - und spricht mich auf Englisch an! Wir unterhalten uns also ein wenig, ich frage ihn nach der Quelle ein Stück weiter: ja, die hat Wasser. Keine 5 Minuten später sitze ich zuerst bei einem Glas Wasser, dann bei wirklich leckerem Fladenbrot mit Rauke-Lauch-Käse-Füllung zusammen mit ihm, seiner Frau und seiner Mutter in einem windgeschützten Eck vor einem Kochfeuer vor seiner Hütte und reden ein wenig.
                          Den Karischen Weg kennt er nicht, aber die Markierungen quer durch die Gegend sind ihm durchaus aufgefallen; als ich in Erfahrung bringen will, wie viele Wanderer hier denn so etwa pro Woche durchkommen, meint er grinsend: "Wanderer? Vor ein paar Wochen waren mal zwei Holländer da", ansonsten sei ich bisher der einzige seit der letzten Sommersaison gewesen, wo es hier nur so schwirrt von Touristen. "Viel zu abgelegen hier. Viel zu weit weg."
                          Schließlich lasse ich meinen Rucksack bei ihm stehen und mache doch noch einen kurzen Ausflug zur Burg - ist auch wirlich sehenswert.





                          Zurück bei dem netten Einheimischen frage ich, wie sie sich denn mit Nahrungsmitteln versorgen: Wasser wird im Garten aus dem Boden gepumpt, einmal die Woche fahren sie und die Bewohner der zwei weiteren noch bewohnten Hütten zum Markt nach Sögüt - mit dem Boot zum Anfang der Straße nach Serce Limani und dann mit dem Auto weiter.
                          Englisch hat er übrigens bei seiner alljährlichen Sommerarbeit auf einem Ausflugsboot gelernt.
                          Zum Abschluss bekomme ich noch ein Fladenbrot zusammen mit der Empfehlung, morgen doch Karamaka anzusehen (der Weg führt sowieso durch, hätte ich so oder so getan - aber alles der Reihe nach). Ich kann mich gar nicht genug bedanken und schenke ihnen noch eine Packung Kekse (hab sowieso viel zu viele davon gekauft, wie immer halt), bevor ich schließlich weitergehe.





                          Keine Stunde später (zum Glück, bald wird es dunkel) gelange ich dann endlich zur Quelle und kann gleich daneben mein Zelt aufschlagen. Als es dunkel ist, klettere ich noch einmal aus meiner absolut sturmsicher gemachten Schlafhöhle (es windet wirklich sehr stark hier oben), um kurz den Blick hinüber zur hell erleuchteten Insel Rhodos zu bestaunen.





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                          • Sisterintherain
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                            • 18.06.2013
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                            #33
                            AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                            Traumhafter Bericht, vielen Dank! Bin vor zehn Jahren viel auf Kreta gewandert und werde ganz sehnsüchtig beim Anblick der Landschaft... (Und nun bin ich auch ganz verliebt ins Vela).

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                            • trekalex
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                              AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                              Zitat von Sisterintherain Beitrag anzeigen
                              Traumhafter Bericht, vielen Dank! Bin vor zehn Jahren viel auf Kreta gewandert und werde ganz sehnsüchtig beim Anblick der Landschaft... (Und nun bin ich auch ganz verliebt ins Vela).
                              OT: Ins Vela darf man sich auch wirklich verlieben...einfach ein tolles kleines knuffiges Zelt

                              Heut Abend kommt dann vermutlich der nächste Teil, bleibt gespannt

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                              • trekalex
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                                • 23.03.2013
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                                AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                                Na mit dem gestrigen Abend ist es dann leider doch nichts mehr geworden
                                aber dafür gibts jetzt den nächsten Teil.

                                10. Loryma - Asardibi



                                In der heutigen Nacht musste das Zelt wirklich viel aushalten - ungebremst starker Wind wie schon den ganzen gestrigen Tag über, ab Mitternacht etwa schüttete es dann bis zum frühen Morgen ohne Ende. Als ich bei Sonnenaufgang (da war dann wieder strahlender Sonnenschein) aus dem Zelt krabble, ist um mich herum überall Matsch, zum Glück aber nicht allzu tief. Mein Schlafplatz, ein kleines Bisschen erhöht, ist noch mit festem Untergrund gesegnet - da hab ich mal Glück gehabt.
                                Während die Sonne langsam aus dem dichten Dunst, der über dem Meer hängt, kriecht, muss ich meine treue und mittlerweile auch unter verschiedensten Bedingungen getestete Unterkunft also wohl oder übel nass einpacken, ich will ja schließlich irgendwann mal losziehen.





                                Nur eine halbe Stunde muss ich mich durch die dichte und kratzige Macchie (mit einigen kuscheligen Ginstersträuchern versetzt) kämpfen, da stehe ich auf einmal wirklich mitten im absoluten Nichts vor einem Wegweiser des Karischen Weges. Neben dem Pfad über Loryma nach Asardibi und Taslica, auf dem ich gerade gekommen bin, gibt es noch zwei weitere Richtungen: über Karamaka (verlassenes Geisterdorf) bis nach Tola (fast die Spitze der Halbinsel mit schönem Strand), was natürlich eine Sackgasse ist und ebenso wieder rückwärts bis hierher gelaufen werden muss. Und andererseits gleich ab hier wieder auf einer anderen Strecke bis nach Asardibi und Taslica.
                                Da stehe ich nun schon wieder und überlege. Möglichst schnell zurück in die Zivilisation und frisches Obst und Gemüse oder bis ganz nach unten, bevor es wieder zurück geht? Mein geliebtes frisches Essen ist nämlich langsam aber sicher erschöpft, nachdem ich seit mehreren Tagen nichts mehr nachkaufen konnte...
                                Egal, wenigstens das Geisterdorf nehme ich mit. Und so wurde aus dem kurzen Abstecher nach Karamaka dann doch noch eine kleine Tour bis nach Tola, hinunter ans Meer, und wieder zurück. Die Ruinen von Karamaka waren hierbei durchaus interessant, auch wegen der schönen Lage und der guten Aussicht zur griechischen Insel Symi.





                                Der kleine Strand in Tola, über den der Weg kurz führt, ist leider wie die meisten einsamen Strände in Türkei und Griechenland schon eher zu einer Müllhalde verkommen. Schade um die schöne Gegend, gerade weil sich die Wiesen direkt daneben gut als Zeltplatz anbieten. Mit Quelle, Strand, ein wenig Essen im Rucksack und ein wenig Gesellschaft lassen sich hier dennoch sicher schöne Pausentage in der Einsamkeit einer traumhaften Umgebung verbringen.









                                Alleine und mit knappen Essensvorräten mache ich das dann aber besser nicht, sondern gehe lieber zurück zum Wegweiser, wo ich nach einer kurzen Phase der Verwirrung hinter den Ruinen von Karamaka(Markierung weg, wo bin ich eigentlich hergekommen?) auch bald ankomme.







                                Nur ein kurzes Stück weiter kommt dann auch der erwartete Brunnen, wo ich im Baumschatten mein Mittagessen verdrücke, Musik höre und die Beine baumeln lasse. Schon herrlich hier, schönstes Wetter, die Stille der Einsamkeit...





                                Irgendwann jedoch wird mir langweilig, die Sonnenbrandgefahr sinkt auch wieder - also los gehts. Im Wanderführer sind bis zum Anfang der Teerstraße in Asardibi nahe Serce Limani vier Stunden Wanderzeit angegeben. Und hier brauche ich die Zeit auch wirklich komplett, da ich mindestens eine Stunde, wenn nicht länger, bei der sich ständig wiederholenden Suche nach dem nächsten Wegzeichen verbringe. Schon am ersten Aufstieg durch felsiges Gebiet geht mir schnell die Markierung flöten, hab sie jedoch schnell wiedergefunden und so kann ich das steile Stück doch relativ flott von Farbklecks zu Farbklecks kletternd zurücklegen (ein Pfad oder Weg ist nicht wirklich zu erkennen).



                                Oben angekommen stehe ich, wie schon öfters, am Rande einer großen Weide, ohne auch nur den blassesten Schimmer meines Weiterweges zu haben. Irgendwo rechts, gegen Nordosten müsste es gehen. Das im Buch beschriebene verfallene Steinhaus sehe ich auch dort stehen. Schon vorher hatte ich das Gefühl, dass seit Eröffnung des Karischen Weges kein/kaum ein (verantwortungsbewusster) Wanderer hier vorbeigekommen sein kann - egal wie versteckt oder klein oder unsichtbar die Markierung war, ich habe fast keine Steinmännchen entdecken können. Wie auch schon früher am Tage baue ich auch hier an den wichtigsten Stellen an der Weide vereinzelt gut sichtbare Steinmännchen auf, die Nachwanderern die Orientierung erleichtern sollen, nachdem ich in einer halbstündigen Suche den Wegverlauf ausmachen konnte.
                                Bis nach Asardibi geht es immer eher unspektakulär (ein paar schöne Aussichten zur Datca-Halbinsel mal ausgenommen) in sehr felsigem Gebiet und teilweise lückenhaft markiert weiter, wenigstens wird zum Ende hin der Pfad immer eindeutiger.





                                Die einzige Gesellschaft, die mir begegnet, sind Kühe und Ziegen, die sehr ängstlich sind und immer großen Sicherheitsabstand halten.
                                An der Straße angekommen folge ich dieser noch für etwa zwei Kilometer, bis ich in der Dämmerung einfach direkt daneben auf einem kleinen Grasstück mein Nachtlager aufbaue und mich schlafen lege.
                                Das könnte meiner Erinnerung zufolge der erste Tag meines noch jungen Lebens sein, an dem ich keiner Menschenseele begegnet bin und mit wirklich niemandem ein Wort gewechselt habe (außer mit mir selbst^^).



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                                • trekalex
                                  Erfahren
                                  • 23.03.2013
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                                  #36
                                  AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                                  Wie immer verweise ich mal wieder auf meine Homepage (siehe in meiner Signatur), auf der man das Ganze ein bisschen übersichtlicher dargestellt bekommt


                                  11. Asardibi - Bozburun








                                  Schon früh am Morgen bin ich "on the road again" und laufe flott gen Norden. Schon um halb acht stehe ich somit in Taslica vor dem Minimarkt, wo mich natürlich das halbe Dorf noch von vorgestern kennt und mich freudig begrüßt - wirklich ausnehmend nette Dorfbevölkerung hier. Nach einem kleinen Einkauf bekomme ich noch einen kleinen Tetrapack Pfirsichsaft geschenkt, bevor ich mich verabschiede und die Teerstraße in Richtung Sögüt und Cumhuriyet einschlage. Eine super Aussicht hat man von hier oben am Hang, durch das ständige Kopfverrenken verpasse ich auch sogleich die Abzweigung der Karischen Weges, der nämlich nur kurz der Straße folgt, bevor er steil links ins Gestrüpp abtaucht. Also muss ich wohl ein paar hundert Meter zurücklaufen, bis ich sie finden kann.





                                  Ab hier gehts dann wieder durch dichte Macchie und stacheligen Ginster, meine untere Körperhälfte freut sich ganz besonders, mal wieder innig mit den Gewächsen knuddeln zu dürfen.



                                  Unten in Cumhuriyet angekommen führt der Weg immer am Strand entlang bis zu dessen Ende, wo es einfach knapp über dem Wasser auf einem Trampelpfad weitergeht - das türkise Wasser unter mir ist herrlich.





                                  Fast in der nächsten einsamen Bucht angekommen, bleibe ich mit dem Fuß irgendwie und irgendwo hängen und das Unglück nimmt seinen Lauf (es mag daran liegen, dass heute mein 13ter Tag ist): es ist schwer, den Sturz genau zu beschreiben, aber danach hatte ich blutige Hände, schmerzende Knie, einen Schnitt am Schienbein und zu guter Letzt noch eine blutende Wunde am Hinterkopf. So viel Unachtsamkeit vor lauter Umherschauen muss natürlich wieder bestraft werden :P
                                  Nach dem ersten Schock ob der blutenden Wunde an meinem Kopf ist jedoch schnell wieder alles unter Kontrolle, ein paar Taschentücher haben schon gereicht, um die Blutung zu stoppen. Trotzdem bin ich ein gutes Bisschen mitgenommen nach diesem Ereignis.
                                  Gleich am nächsten Meerzugang mache ich mein Gesicht wieder ansehnlich, um nicht von den nächsten Leuten, denen ich begegne, für einen Zombie gehalten zu werden...
                                  Noch eine Bucht weiter stoße ich auf ein Restaurant und einen Anlegesteg für eine Reihe an Ausflugsbooten. Wie in Cumhuriyet stehen die meisten davon jedoch aufgebockt an Land und werden wieder auf Hochglanz gebracht, bevor der Sommer kommt. Entlang an einer im Bau befindlichen Hotelanlage laufe ich auf einem Feldweg entlang und treffe schließlich auf einen Pfad, der sich eng am steilen Abhang nach oben über einen Sattel windet, wo es durch terassiertes Gebiet und über ein paar Weiden, auf denen Schafe grasen, schließlich wieder bis zur Hauptstraße in Richtung Bozburun weitergeht. Ja, das sollte "Schafe" heißen, nicht "Ziegen"





                                  Immer gut markiert auf guten Pfaden, sollte ich mal erwähnen - über die gut markierten Passagen verliere ich ja sonst kein Wort, während ich mich hier über jedes kleine schlechter markierte Stück beklage...







                                  Da ich erst mal genug von der ganzen Wanderei habe nach meinem kapitalen Sturz heute morgen, will ich erst mal nach Bozburun, wo ich entscheiden möchte, was ich mit der übrigen Woche anstelle. Nach drei zähen Teerstraßenkilometern (zum Teil frisch geteert, Teerpfützen und -gestank) genehmige ich mir ein großes Pide im Ortszentrum, bevor ich ein Zimmer in der preiswerten und wirklich empfehlenswerten "Yilmaz" Pension nehme.



                                  Eine Dusche später sieht die Welt schon wieder viel besser aus, Gedanken über einen vorzeitigen Heimflug sind so gut wie verschwunden
                                  Ich beschließe also, nachdem ich ja noch eine Woche Zeit habe, erst einmal ein oder zwei Tage Pause zu machen, bevor ich die letzten 2 - 3 Wandertage in Angriff nehme.
                                  Ich bin ja schließlich im Urlaub und nicht auf der Flucht, habe ein schönes Zimmer, einen Supermarkt nebenan und ein Internetcafe gibts auch gleich in der Nähe - was will man denn mehr, das Wetter ist auch schön sonnig...

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                                  • trekalex
                                    Erfahren
                                    • 23.03.2013
                                    • 253
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                                    #37
                                    AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                                    So, vorletzer Etappenbericht schon wieder :/
                                    Mit Sicherheit allerdings einer der schönsten Tage, wenn nicht sogar der schönste Tag meiner Tour


                                    12. Bozburun - Selale



                                    Nach zwei faulen Tagen heißt es nun wieder: Abmarsch! Schon mit den ersten Sonnenstrahlen verlasse ich Bozburun, heute muss ich ja kein Zelt abbauen und bin deshalb umso schneller fertig. Einige Zeit lang folge ich einer Teerstraße, bis ich endlich den ersehnten Wegweiser nach Selimiye am Straßenrand entdecke und auf eine Staubstraße wechseln kann. Diese windet sich im Schatten eines die Morgensonne verdeckenden Hügels über den Sattel bis nach Selimiye.





                                    Oben angekommen kann man rein theoretisch den Ausblick auf das kleine Hafendorf genießen, aber die Sonne steht noch zu tief und spiegelt sich auf der Meeresoberfläche - also sehen meine Handykamera und ich nicht allzu viel. Beim Abstieg passiere ich einen Brunnen mit schönen Zeltmöglichkeiten inklusive gutem Ausblick, aber ich bin ja eben erst losgelaufen. Unten in Selimiye wandere ich zum Hafen/Ortszentrum, um den Pfad wieder aufzunehmen, irgendwie muss ich mal wieder eine Abzweigung verpasst haben. Ich war zu faul, wieder ein Stück zurück den Berg hinauf zu laufen, daher einfach durch die Straßen weiter runter, verlaufen kann man sich hier sowieso kaum.





                                    Immer wieder laufen mir Schulkinder über den Weg, ansonsten ist hier irgendwie tote Hose. Es gibt zwar viele Pensionen und Restaurants, aber die haben alle geschlossen, ansonsten komme ich nur noch am einem Minimarkt und Kahve vorbei. Also laufe ich weiter der Beschreibung im Buch nach, bis ich an der Hauptstraße nach Bozburun auf den nächsten Wegweiser seit dem am Hafen treffe (Markierungen habe ich für die zwischenliegende Passage keine finden können...sind da aber auch nicht nötig).



                                    Auf einem Pfad geht es zuerst durch den Olivenhain und am Friedhof (mit der letzten Ruhestätte eines Kleintransporters) vorbei auf einen ziemlich unter Wasser stehenden Feldweg (man konnte sich zum Glück am Rand vorbeizwängen), später wird es mal wieder ziemlich bewachsen. Gut markiert schlängelt sich der Pfad den Hang hinauf bis zur Teerstraße, wo es dann weiter nach Kizilköy geht.





                                    Ab hier wird es wieder wirklich schön: grandiose Blumenmeere, in denen es nur so wimmelt von Bienen, begleiten meinen Weg zwischen bewirtschafteten Feldern hindurch. Weiter oben stoße ich auf die wild herumliegenden Trümmer einer antiken Festung, ein Teil derer steht noch zu meiner Linken auf einem kleinen Gipfel und bewacht wie schon seit langer Zeit die umliegenden Täler.











                                    Viele Steinmännchen besonders fleißiger Vorwanderer erleichtern mir die Orientierung, schließlich gelange ich zu einem felsigen Vorsprung, von dem aus ich wieder das Meer auf der östlichen Seite der Halbinsel sehen kann. Auch einen Teil der Teerstraße, auf der ich vor einigen Tagen gen Süden gelaufen bin, kann ich unter mir sehen.







                                    Zu der muss ich jetzt auch wieder hinunter - dazu muss ich allerdings erst mal sehr steil durch den dichten Wald absteigen, nicht so leicht mit dem großen Rucksack. Danach gehts gleich wieder bergauf und mal wieder über Steinmäuerchen kletternd über ein von einer Kuh bewohntes Stück Land. Bisher sind ja eigentlich alle Tiere, denen ich begegnet bin, ausnehmend schreckhaft gewesen und haben sich nur beim kleinsten Anblick meiner Person aus dem Staub gemacht, aber diese Kuh ist anders: wie Eisen zum Magneten fühlt sich das mächtige Tier zu mir hingezogen und folgt mir Schritt für Schritt, bis ich über die nächste Mauer verschwunden bin. Ob aus Sehnsucht nach Zuwendung oder zur Verteidigung ihres Gebiets vermag ich nicht festzustellen. Stehen bleiben und es darauf ankommen lassen will ich es jetzt allerdings auch nicht...



                                    Als der letzte kleine Anstieg vor Bayir erklommen ist, mache ich erst einmal eine ausgiebig Mittagspause an der Teerstraße. Irgendwie ist mein Knie, das mir schon seit dem Sturz Schmerzen bereitet, immer noch nicht besser geworden. Eher im Gegenteil, auf dem letzten Teerstraßenstück bin ich ganz schön unrund gelaufen, da hat der Spaß dann doch ein Loch.
                                    Also beschließe ich, von der Route abzuweichen und in Bayir auszusteigen, laufe also die Straße weiter bis ins Dorf. An sich ja keine schlechte Idee, nur erfahre ich dort, dass es keinen Dolmus in Richtung Bozburun gibt. Nach Sögüt in den Süden könne ich fahren oder nach Marmaris, da will ich aber nicht hin :P
                                    Also heißt es doch nocheinmal die Schuhe in die Hand nehmen und weiterlaufen. Als ich wieder auf die Markierungen des Karischen Weges stoße, steht mir der Sinn überhaupt nicht nach erneutem Markierungsgesuche und Buschgeklettere, also bleibe ich auf der Hauptstraße nach Norden, bis der Weg wie erwartet mal wieder meine Strecke kreuzt und ich diesem weiter in Richtung Selale zum Ende der Etappe folge.
                                    Dort soll rein theoretisch auch ein Dolmus nach Bozburun vorbeifahren, wo ich noch die restlichen paar Tage bis zum Heimflug ausspannen will.
                                    Von der Straße geht es also irgendwann auf einen Feldweg durch den Pinienwald bis zu ein paar Häusern, schön angenehm kühl ist es hier. Auf einmal ist der Weg zu Ende und ich stehe vor zwei Toren, das linke grün, das rechte blau. Leider mal wieder keine Markierung in Sicht. Ich wähle das grüne Tor, gehe ein Stück die Einfahrt hinunter, da sehe ich links wieder ein Wegzeichen. Glück gehabt!



                                    Schnell baue ich noch ein Steinmännchen auf; ich bin noch nicht mal fertig, da öffnet ein Bewohner des Hauses, zu dem die Einfahrt gehört, das Fenster und bedeutet mir, dass ich hier richtig bin. Als ob ich nicht einen Meter neben der Markierung stehen würde.
                                    Dennoch bedanke ich mich natürlich höflich und ziehe meiner Wege. Der nachfolgende Abstieg zieht sich ganz schön, ich bin froh, als ich endlich das Rauschen der Wasserfälle von Turgut (Wasserfall = Selale) vernehmen kann, welches das Ende der Etappe einläutet.
                                    Vorbei an vielen Schildkröten steige ich immer noch im dichten Pinienwald hinab bis ans Wasser. Unten angekommen laufe ich auf Stegen und über Aussichtsplattformen hinweg bis zum Cafe am unteren Ende der Touristenattraktion, wo es erst einmal frisch gepressten Grapefruitsaft gibt (inklusive Gesellschaft der Cafebetreiber, ich bin offenbar gerade der einzige Besucher). Im kühlen Schatten einer riesigen Platane, rauschendes türkises Wasser nebenan, das Quaken der zahlreichen Frösche in Ohr... hier lässt es sich wirklich aushalten.







                                    Eine traumhafte Stelle auf der Bozburun-Halbinsel (in der Sommersaison allerdings vermutlich eher weniger - da sollen täglich große Jeepsafaris einfallen), hier würde ich ja schon gerne übernachten...
                                    Auf Nachfrage, ob das denn geht: natürlich! Der Cafebesitzer bietet mir gleich seine Teetrinkecke (gibts sicher einen mir unbekannten Spezialbegriff dafür) an, ich jedoch werde mir lieber eine der Aussichtsplattformen weiter oben suchen... ein bisschen mehr blickgeschützt und idyllischer



                                    Nachdem ich meinen Drink bezahlt habe und sich der Tag dem Ende nähert (die einzigen 4 anderen Besucher seit meiner Ankunft das Gelände verlassen haben), wird es richtig nett hier. Ahmet, Bahar und Sercan (hoffentlich hab ich mir das richtig gemerkt), die drei Türken vom Cafe, laden mich zu Tee und zum Abendessen ein, zu dem ich noch ein paar Kleinigkeiten aus meinem Rucksack beisteuern kann, bevor zwei von ihnen nach Hause nach Marmaris fahren (Sercan schläft im Cafe, der Grund für seinen Spitznamen "Rambo").



                                    Bevor es dunkel wird, verabschiede ich mich und baue mein Zelt auf einer der Holzplattformen am Wasser auf. Kaum bin ich fertig, kommen doch tatsächlich noch zwei Touristen aus Izmir vorbei - sie sind ebenso erstaunt wie ich über die Gegebenheiten unserer Begegnung... belustigt schießen sie ein Foto von mir und meinem Zelt, bevor es dunkel wird und ich mich schlafen lege.

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                                      • 23.03.2013
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                                      #38
                                      AW: [TR] Karischer Weg - Zwischen Ziegen und Zwergen

                                      Letzter Wandertag...

                                      13. Selale - Turgut



                                      Da der erste Dolmus der Tages nach Bozburun hier erst um 10 Uhr vorbeikommen soll (laut Wanderführer und Cafebetreiber wenigstens), habe ich ja noch einiges an Zeit übrig heute - wo ich ja nicht wirlich lange ausschlafen kann mitten im Gelände einer Sehenswürdigkeit. Deshalb entschließe ich mich, von hier noch die ersten gut 2 km der letzten geplanten Etappe bis zu einem antiken Grab(-haus oder so, es wird als "Monumental tomb" beschrieben) zu laufen, dort gemütlich mein Frühstück einzunehmen und danach wieder gemütlich zur Hauptstraße zurückzulaufen, um meinen Bus zu kriegen.





                                      Gesagt, getan; ich mache mich früh auf den Weg und gehe gemütlich in Richtung meines angepeilten Ziels. Alles gemütlich eben
                                      Dort angekommen muss ich nur einen kleinen steilen Abhang hoch, schon stehe ich neben dem beeindruckend gut erhaltenen kleinen Gebäude: ein Dach in 1A-Zustand hält das Innere trocken, über der Tür sind schemenhaft zerfressene Inschriften zu entdecken. Waghalsig auf eine Felsnase gebaut, stellt dieses Zeugnis der Vergangenheit eine beeindruckende Meisterleistung der antiken Baukunst dar, ich bin stark beeindruckt. Zudem hält der magische Ort für den pausenbedürftigen Wanderer noch eine super Aussicht in das kleine Tal, in dem das nächste Dorf Turgut liegt, bereit.





                                      Während ich also mein leckeres Frühstück genieße (wer Orangenschalen findet, darf sie behalten), kann ich die lokalen Bauern dabei beobachten, wie sie ihr Vieh auf die Felder treiben, und nebenbei den Gesängen des (elektrischen) Muezzins aus den Boxen des Minaretts lauschen, während hinter mir langsam die Sonne über die Berge kriecht.
                                      Irgendwann steige ich wieder zur Straße herab und gehe zurück - ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Dolmus nun auf der Umgehungsstraße, die in 300 m Entfernung parallel zur Dorfstraße hier verläuft, oder eben auf der Dorfstraße kommen soll. Besser an der Kreuzung warten. Schon um kurz nach 9, viel zu früh, stehe ich an geplanter Stelle und warte. Und warte. Und warte. Um viertel nach 10 bin ich mir nicht mehr so sicher, ob der Bus auch wirklich kommt...
                                      Zu meiner (psychologischen) Rettung kommt ein Gemüsehändler mit seinem Pickup angefahren und hupt kurz, auf einmal kommen alle (drei) Frauen des Weilers hier an der Kreuzung herbeigeeilt. Eine, die an mir vorbeikommt, frage ich nach dem nächsten Dolmus, als Antwort bekomme ich: "On bucuk", nach kurzem Zögern folgt noch ein "On iki". Aha, halb elf oder elf Uhr also. Na da bin ich ja mal gespannt.
                                      Um, ich vermag es kaum zu glauben, Punkt elf Uhr kommt er dann wirklich - wird auch Zeit, langsam reicht die Sonne auch bis hier hinunter und es wird sehr warm...
                                      Als einziger Fahrgast werde ich also nun nach Bozburun kutschiert, ein paar Tage zum Faulenzen, Equipment säubern und Wärme/Sonne tanken stehen noch bevor, bis es wieder nach Hause geht.




                                      So, das wars dann von mir. Der letzte Wandertag ist hiermit online gestellt, wer noch etwas über andere Kleinigkeiten auf meiner Heimreise lesen oder sich auch den ein oder anderen Testbericht nicht entgehen lassen will, der möge einfach in den nächsten Tagen und Wochen mal auf meiner Homepage vorbeischauen

                                      Wie auch immer, ich bedanke mich aufs Herzlichste bei allen Lesern, die diesen Bericht überhaupt erst schreibenswert gemacht haben. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht!

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