[NP] Durch das Langtang-Tal mit Besteigung des Tserko Ri

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    • 14.03.2014
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    [NP] Durch das Langtang-Tal mit Besteigung des Tserko Ri

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    Tragischerweise ist mein Bericht mittlerweile zu einer Art Nachruf geworden; denn das Langtang-Tal wurde durch die Erdbeben von 2015 verwüstet. Hier lest ihr, wie wir den Trek im Herbst 2012 erlebt haben.


    Wir waren vier Interessenten und planten einen Trek in Nepal. Der Trek sollte der recht unterschiedlichen Kondition der Teilnehmer Rechnung tragen können. Unter solchen Umständen ist ein Trek “von A nach B” immer nicht so praktisch, weil es da nur selten eine Möglichkeit zum Abkürzen gibt. Besser ist in so einem Fall ein Trek “Hin-und-Zurück”; dann kann jemand, dem die Puste ausgeht, die anderen weiter gehen lassen und sich ihnen auf dem Rückweg wieder anschließen. Wir waren am Ende nur zu dritt, und wir entschieden uns letztlich für das Langtang-Tal. Dieses liegt im Langtang-Nationalpark nördlich von Katmandu und ist von dort mit einer etwa siebenstündigen Autofahrt zu erreichen. Der Trek beginnt auf etwa 1600m Höhe (in Syaprubesi) und führt hinauf bis auf etwa 3700m Höhe (Kyangjin Gompa). Dies ist eine Wegstrecke von rund 2,5 Tagen. Von Kyangjin Gompa aus hat man drei Optionen (neben der offensichtlichen vierten Option: Pause-und-Gar-nichts-Tun): 1. eine Wanderung weiter ins Tal hinein, ohne größere Steigung, 2. eine Besteigung des Kyangjin-Ri (rund 4700m hoch), oder 3. eine Besteigung des Tserko-Ri, auch Chorkari-Ri genannt (rund 5000m hoch). Die Entscheidung für eine dieser Optionen kann man angenehmerweise kurzfristig in Kyangjin Gompa selbst fällen. Summa summarum: man kann diesen Trek sehr schön anpassen an “gemischte Geschmäcker” bzw. an Erkenntnisse, die sich erst im Laufe des Treks selber ergeben. Letztlich bietet dieser Trek auch die Möglichkeit, auf dem unteren Teil der Strecke zwischen zwei alternativen Routen zu wählen.

    Unsere Wanderung einschließlich der Bergbesteigung dauerte sieben Tage. Ohne die Besteigung kann man den Trek leicht auf sechs Tage kürzen. Wer es eilig hat und gut bei Kondition ist, kann den Rückweg auch in zwei statt in drei Tagen machen und braucht damit also nur fünf Tage insgesamt. Dazu kommt in jedem Falle noch einmal ein Tag Autofahrt je Richtung.

    Ich hatte im Internet auf den Webseiten fast aller Anbieter gelesen, daß das Langtang-Tal noch vergleichsweise wenig begangen und ruhig sei. Diese Information ist mittlerweile veraltet, und ihr Fortbestehen auf den verschiedenen Webseiten zeugt mehr von der geistigen Behäbigheit der Betreiber. Inzwischen ist das Tal durchaus stark frequentiert, für manche Geschmäcker vielleicht sogar schon überlaufen. Man trifft mehrmals pro Stunde andere Trekker oder sogar größere Gruppen. Weil der Weg bis Kyangjin Gompa technisch nicht anspruchsvoll ist, ist er auch bei der Altersgruppe 50+ beliebt. Es gibt eine Menge Teehäuser (also Gästehäuser), und Camping ist nicht notwendig. Einen Schlafsack muß man selber mitbringen, aber Matratzen sind in den Teehäusern vorhanden. Zu Essen und zu trinken kann man sich leicht unterwegs kaufen; man braucht also nur ein paar Snacks und eine Wasserflasche mitzunehmen. Es gibt sogar warme Duschen (solar-beheizt); allerdings sind die Steinfußböden der Bäder natürlich sehr kalt. Also: ein paar Gummischlappen mitnehmen! Wir hatten Mitte Oktober in Kyangjin Gompa Nachtfrost (schätzungsweise minus sieben Grad), aber in den Zimmern war es immer noch warm genug, daß ich mit einem mittelwarmen Schlafsack (mit einem langärmeligen Unterhemd und einer langen Unterhose bekleidet) kein Problem hatte. Gute Wanderstiefel genügen für den Trek einschließlich der Bergbesteigungen; Alpinstiefel sind nicht erforderlich. Wer auf den Tserko Ri will, muß einen Bach queren, und dabei sind wasserdichte Stiefel natürlich vorteilhaft. Kleidung sollte den Temperaturbereich von leichtem Frost bis rund 20 Grad abdecken; was genau das im Einzelfall bedeutet, muß jeder selbst wissen. Ich hatte auf dem Tserko Ri nur ein Unterhemd, ein Hemd und eine Hardshelljacke an; das war ausreichend. Handschuhe mögen in der morgendlichen Kühle angenehm sein.


    Wie gesagt, der Startpunkt für den Trek liegt auf rund 1600m Höhe in einem Ort namens Syaprubesi (es gibt unterschiedliche Schreibweisen, denn es ist ja eine Transskription einer Schreibweise in Nepali-Schrift, die dem Hindi ähnelt). Das Langtang-Tal mündet hier ein von Osten in ein anderes Tal, das aus Tibet, also von Norden, nach Nepal herüber kommt. Das Langtang-Tal ist in seinem unterem Teil ziemlich eng mit steilen Wänden. Der dichte Wald läßt nur selten einen Ausblick zu.



    Hier ein Blick auf die kleine Ansammlung von Gaststätten in dem tief eingeschnittenen Tal, wo man normalerweise die erste Mittagspause macht, sowie die Hängebrücke, mit der man anschließend auf die andere (nördliche) Talseite wechselt.



    Nach der Mittagsrast kommt man langsam höher; der Weg führt durch Wald und ist stellenweise recht steil.



    Der geologisch Interessierte sieht am Wegesrand aufgeschlossen die Gneise, aus denen dieser Teil des Gebirges aufgebaut ist. Die starke Verformung zeugt von dem ungeheueren Druck, mit dem hier die indische gegen die asiatische Platte gepreßt wurde (und immer noch wird).



    Die erste Übernachtung ist normalerweise in einer Gruppe von Teehäusern, die sich „Lama Hotel“ nennt; es ist aber kein Etablissement dabei, das den Namen „Hotel“ wirklich verdient hätte. Es ist alles nur ziemlich simpel.


    Am zweiten Tag der Wanderung geht man zunächst weiterhin durch Wald mit nur gelegentlichen Ausblicken.



    An einer Stelle haben Wanderer (wohl in erster Linie Einheimische) kleine Steinmännchen auf dem Schotter des Flußbettes aufgebaut.



    Und weiter geht es.



    Das Tal ist immer noch eng, die Hänge sind steil, und der Fluß rauscht mit enormem Gefälle talabwärts.





    In etwas höherer Lage (rund 2800m) gelangt man in ein zunehmend breiteres Tal mit besseren Ausblicken.



    Dabei bietet sich auch zum ersten Mal der Blick auf den Langtang Ri, also den Siebentausender, der das Tal dominiert und der höchste Berg des Nationalparks ist.


    Diesen Berg sieht man bei gutem Wetter auch von Katmandu aus; seine schneebedeckten Hänge heben sich deutlich von der Kette der vorgelagerten niedrigeren Berge ab.



    Man geht an diesem zweiten Vormittag immer noch durch relativ dichten, schönen Hochwald.



    Schließlich endet der Wald, das Tal weitet sich, und es ist Zeit für die Mittagspause des zweiten Tages.



    Danach wird das Tal immer weiter und offener, und es bietet sich ein schöner Blick auf die Wälder des Gegenhanges (die damals im Oktober herbstlich verfärbt waren).



    Am Nachmittag des zweiten Tages nähert man sich dann dem Dorf Langtang Village (auf rund 3200m Höhe, hier links im Bild), wo man zum zweiten Mal übernachtet. Im Hintergrund ist bereits der Tserko Ri zu sehen.



    Mühsam schleppt ein alter Bauer Heu zu seinem Hof.



    Eine Stupa am Wegesrand zeugt vom kulturellen Einfluß des tibetischen Buddhismus in diesem Gebiet.



    Eine letzte Hängebrücke auf dem Weg nach Langtang Village ...



    ... dann ist das Dorf erreicht. Hier ein paar wassergetriebene buddhistische Gebetsmühlen tibetanischer Art.



    Schließlich ist es Zeit, die Beine ein wenig baumeln zu lassen ...



    Abends am Herdfeuer:



    Der Blick auf die Berge am Morgen des dritten Tages von Langtang Village:



    Ein altes Gehöft in Langtang Village; nur das Wellblechdach zeugt davon, daß auch hier ein wenig bescheidene Modernität Einzug gehalten hat.



    Im Weitergehen hat man noch einmal den Blick zurück auf Langtang Village und den unteren Teil des Tales.



    Der weitere Weg führt an einer tibetanischen Gebetsmauer ...


    ... und einem bunt dekorierten Felsen entlang.



    Ohne Hetze erreicht man bereits um die Mittagszeit des dritten Tages den Ort Kyangjin Gompa (etwa 3700m hoch gelegen) mit seinem eindrucksvollen Bergpanorama. Ganz links im unteren Bild wieder der Gipfel des Tserko Ri.





    Die Abende in Kyangjin Gompa können stimmungsvoll sein:







    Die meisten Trekker lassen es damit genug sein und gehen von Kyangjin Gompa wieder zurück. Eine von uns machte hier nun einen Rasttag, in Gesellschaft eines zweiten Führers und eines zweiten Trägers, die ich vorsichtshalber angeheuert hatte. Wir zwei anderen rüsteten uns zu einer Besteigung des Tserko Ri. Zu allererst wärmten wir uns mit einer Tasse heißen Kaffee in der kühlen Morgenluft (knapp unter Null Grad).



    Wie schon gesagt: der Weg zum Tserko Ri erfordert die Querung eines Baches, die nicht ganz einfach ist und für die wasserdichte Stiefel definitiv hilfreich sind. Auf dem Weg sahen wir eines der hier populären Nutztiere, eine Kreuzung zwischen Rind und Yak.



    Dann ging es hinauf:

    Blickrichtung auf diesem Foto ist West, also talabwärts.


    Der Aufstieg führt durch zwei größere Felder großer Steinblöcke.

    Blickrichtung auf diesem Foto ist ebenfalls West.


    Nach rund 4 Stunden Aufstieg (natürlich abhängig von Kondition und Höhenverträglichkeit) steht man dann auf dem Gipfel des Tserko Ri, rund 1300m höher als Kyangjin Gompa.

    Wiederum ist dies der Blick in Richtung Westen. Es waren weit weniger Trekker auf dem Gipfel (vielleicht 20) als in Kyangjin Gompa (vielleicht 200).

    Für den Tserko Ri, der mitunter auch als „Chorkari Ri“ bezeichnet wird, sind die am häufigsten zitierten Höhenangaben 4985m und 5050m. Überhaupt findet man für nepalische Berge oft unterschiedliche (mitunter sogar sehr unterschiedliche) Höhenangaben auf Landkarten und in Texten; das nepalische Survey Department ist offensichtlich nicht in der Lage, hier Ordnung zu schaffen.


    Für den Rückweg nach Kyangjin Gompa nahmen wir eine andere Route, die mit geringerem Gefälle in einer großen, ostwärtigen Schleife um den Berg herum und zurück ins Tal führt. Auf meine Frage, warum wir diese Route nicht für den Aufstieg genommen hätten, konnte unser Führer nur antworten, daß es eben üblich sei, für den Aufstieg die kürzere und steilere Route auf der Südwestflanke des Berges zu nehmen. Am frühen Nachmittag waren wir wieder zurück in Kyangjin Gompa; wir hatten es nicht als sonderlich anstrengende Tour empfunden. Wer Probleme hat mit Höhen über 4000m, wird das aber natürlich anders sehen.


    Am vierten Tag traten wir dann den Rückweg von Kyangjin Gompa an. Hier noch einmal der Blick auf den soeben bestiegenen Berg. Beachtet, mit welchem Gefälle der Fluß das Tal hinab tost!



    Der Abstieg nach Langtang Village führt durch eine relativ offene Landschaft.



    Noch einmal ein altes Haus nahe Langtang Village.



    Auch auf dem Rückweg von Langtang Village talabwärts ergeben sich schöne Ausblicke entlang dieses leicht zu begehenden Weges.



    Zwischendurch erfrischten wir uns mit ein paar Gläsern frisch gepreßten Sanddorn-Safts. Sehr lecker ...



    Schließlich sind wir wieder zurück in dem schönen Hochwald. Man könnte ihn auch einen Märchenwald nennen.



    Am siebten und damit letzten Tag unserer Wanderung machten wir Gebrauch von der Option, die ich oben erwähnte: wir gingen auf einer anderen Route von Lama Hotel nach Syaprubesi zurück. Diese Route ist mehr ein Höhenweg am Hang entlang und bietet dadurch sehr schöne Aussichten ins Tal. Allerdings fällt sie zum Schluß dann eben (logischerweise) sehr steil nach Syaprubesi ab, viel steiler als der Talweg. Während die Aussichten in der Tat wunderbar sind, sollten sich Trekker, die z. B. Probleme mit den Knien haben, gut überlegen, ob sie sich einen rund zweistündigen sehr steilen Abstieg zumuten wollen.

    Hier in paar Fotos von der Rückkehr entlang dieses Höhenweges, der über das Dorf Sherpagaon führt:











    Ein letztes beeindruckendes Panorama auf der Rückfahrt nach Katmandu:



    Damit war dann unsere Trekkingtour beendet.
    Zuletzt geändert von OutofSaigon; 23.01.2021, 11:31.

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    #2
    AW: [NP] Durch das Langtang-Tal mit Besteigung des Tserko Ri

    Liebe Freunde,
    wie sicherlich den allermeisten von euch, so war auch mir bekannt, daß die Erdbeben vom April und Mai 2015 gerade im Langtang-Tal zu gräßlichen Verwüstungen geführt haben. Ein plötzlicher Bergsturz habe das ganze Dorf begraben, mitsamt den Menschen dort, Einheimische wie Trekker. Ein unbekannte Zahl von Toten liege tief unter den Erdmassen, viel zu tief, um jemals ausgegraben werden zu können.

    Wie verheerend es wirklich war, das wurde mir erst klar, als ich mir jetzt die Satellitenbilder angeschaut habe.

    Langtang vor der Katastrophe



    Langtang nach der Katastrophe



    Das ist schon entsetzlich zu sehen.

    Ich hatte meinen Bericht nicht nur als rückwärtsgewandte Erzählung unserer eigenen Erlebnisse geschrieben, sondern auch als Anregung und Kollektion nützlicher Hinweise für nachfolgende Wanderer. Solche wird es aber nun wohl lange nicht mehr in größerer Zahl geben.

    Das Langtang, wie wir es erlebt haben, gibt es nicht mehr und wird es nie wieder geben.


    Langtang im Oktober 2012


    Friede den Seelen derjenigen, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben!

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