[NO] Rondane - Meine erste Solotour

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  • alascora
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    • 17.09.2009
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    • Meine Reisen

    [NO] Rondane - Meine erste Solotour

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    Nachdem ich hier im Forum schon eher unzählige Reiseberichte gelesen, mitgefiebert und mich an den wunderbaren Fotos und spannenden Berichten von euren Touren erfreut habe, möchte ich jetzt so nach und nach auch ein paar Reiseberichte einstellen, die vielleicht dem einen oder anderen Inspiration, Information oder einfach ein kleiner Zeitvertreib sein könnten. Beginnen werde ich mit meiner ersten Solotour in den Norden, die mich im Oktober 2009 in ein wunderbares Winterwonderland nach Rondane geführt hat...

    :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::


    Oktober 2009. Norwegen. Rondane. Dunkelheit. Über mir ein samtschwarzer mit tausenden funkelnden Sternen behängter Himmel. Mein Atem kondensiert in der frostigen Nachtluft, aber mir läuft der Schweiß den Rücken hinunter, denn Serpentine um Serpentine schleppe ich meinen 35 kg schweren Rucksack bergan. Und ich will nur noch eines: Schlafen!

    Aber bevor ich überhaupt in Norwegen ankomme, entwerfe ich in Gedanken hier in Deutschland einen tollen Urlaub in Skandinaviens Weite. Ich stecke mitten in meiner Diplomarbeit und möchte nur noch raus hier und eine zeitlang abschalten, um neue Energie für den Endspurt zu schöpfen. Die letzten Jahre habe ich meine Reisen hauptsächlich mit meinem lieben Fotofreund Andreas auf diversen Autotouren verbracht, aber das soll sich diesmal ändern. Ich möchte mich wieder mehr aus eigener Kraft bewegen. Nachdem ich am 07. Mai des Jahres unglaubliche 100 kg auf der Wage gebracht habe, gehört Bewegung neben der Ernährungsumstellung zum Diätplan. Erste Erfolge zeigen sich bald und kurz vorm Urlaub wiege ich bereits 15 kg weniger.

    Ich war bereits 1999 zum ersten Mal mit Rucksack und Zelt in Norwegen. Damals mit zwei Jungs, die ich über die Pinwand beim Globetrotter kennengelernt hab. Und auch dieses Mal möchte ich nicht so gern ganz alleine dort hoch. Deshalb schalte ich im Forum wieder eine Annonce. Allerdings ist die Resonanz darauf nicht wirklich berauschend. Woran das wohl liegen mag? Naja, ich gebe zu - Trekking im Vorwinter in Norwegens Bergwildnis klingt echt nicht ganz nach Luxusurlaub. Nur ein Interessent meldet sich bei mir, springt aber dann doch ab. Steht also nur die Wahl Solotour oder auf den Urlaub verzichten. Wer mich kennt, der wird wissen, dass letzteres für mich nie in Frage käme. Also mache mich voller Enthusiasmus an die Planung.

    Nach diversen Recherchen in verschiedenen Outdoor-Foren, Wetterkanälen, Tourismusseiten und logistischem Hin- und Her zwischen Flug und öffentlichen Verkehrsmitteln, kristallisiert sich auch irgendwann ein konkretes Ziel heraus: RONDANE. Leicht und preisgünstig zu erreichen. Im Vergleich zu anderen Gebieten Norwegens relativ geringe Niederschlagsmengen, wandertechnisch gut erschlossen (wie ja eigentlich alle Nationalparks in Norwegen) und nicht zuletzt auch landschaftlich sehr interessant, was für mich als Naturfotografin wohl der wichtigste Punkt ist.

    Tag 1

    Datum: Montag, 12.10.2009
    Wetter: Deutschland: 08 °C, regnerisch; Norwegen: -3 °C, klar

    Und dann kommt er, der Tag der Abreise. Tags zuvor bin ich mit meinen Kindern bereits zu meiner Oma gefahren, die mit meinen Eltern zusammen die Kinderbetreuung für die nächsten 10 Tage übernimmt. Am Morgen stehe ich um 06.15 Uhr auf. Oma hat schon ein leckeres Frühstück gemacht. Wie lange genau muss ich jetzt nochmal auf ein solches verzichten? Mit leichtem Unbehagen denke ich an den mageren Proviantbeutel, der nach den zahllosen kläglichen Versuchen, meinen riesigen Ausrüstungsberg in den im Vergleich dazu geradezu winzigen Rucksack zu stopfen, übrig geblieben ist…

    Mein Vater, der mich auf seinem Weg zur Arbeit nach Elsterwerda zum Bahnhof bringt, steht um 7 Uhr an der Tür und erklärt mich für verrückt, als wir gemeinsam den Rucksack in den Kofferraum wuchten. Am Bahnhof angekommen, muss ich noch rund eine halbe Stunde warten, bis mein Zug kommt. So wie ich dort sitze, alleine im trüben Grau, mit einem Rucksack, den ich kaum anheben kann, bekomme ich zum ersten Mal Angst, mir doch zuviel vorgenommen zu haben. Die Sorgen meiner Oma, mischen sich in Gedanken mit den Tränen meiner Jüngsten, als ich mich verabschiedet habe, und den eigenen Bedenken. 10 Tage Norwegen. Ein Rucksack, den ich kaum anheben kann. Keine finanzielle Reserve, die mich auf eine Unterkunft außer meinem Zelt zurückgreifen ließe, geschweige denn eine Umbuchung des Fluges, falls doch etwas schief läuft. Ich bin schon froh, dass ich im August des Jahres zum ersten Mal mit dem Flugzeug zur Hochzeit meines Bruders nach Madrid geflogen bin und mir das Prozedere deshalb nicht mehr ganz neu ist… Dennoch. Auf einmal kommt in mir ein fast übermenschlicher Fluchtreflex auf. Noch könnte ich bleiben. Doch dann kommt mein Zug und ich steige ein. Jetzt gibt es kein zurück mehr…

    Mit dem „Voigtland-Express“ geht es in 1 ½ Stunden ohne Umsteigen nach Berlin-Schönefeld und das Ganze für nur 12 Euro. Die Deutsche Bahn verlangt mit 1x Umsteigen auf der gleichen Strecke satte 30 Euro mehr. Der bei der Abfahrt schon recht graue Himmel öffnet zu allem Überfluss auch noch seine Schleusen und ich hoffe, dass es oben in Skandinavien nicht genauso aussieht.

    Der Check In am Flughafen verläuft problemlos, da die nette Frau am Schalter bei den 2,4 kg Übergewicht meines Rucksacks nochmal ein Auge zudrückt. (Alternativ hätte ich daraus jedoch noch zwei Gepäckstücke machen können, die ich gebucht hatte, da ich wusste, dass 20 kg nicht reichen würden – auf Umpacken hatte ich jedoch so gar keine Lust…). Bei der Sicherheitskontrolle werden meine Schuhe durchleuchtet und die Kameraausrüstung in meinem Handgepäck wird zudem mit einem „Staubsaugetest“ auf Drogen oder Sprengstoff untersucht. Da jedoch alles clean ist, darf ich unbehelligt in meinen Flieger steigen…



    Gegen Mittag hebt dieser dann ab und trägt mich durch die dicke Wolkenschicht an die Sonne und ich genieße den dunkelblauen Himmel und die faszinierenden Wattebäusche unter mir. Der Flug nach Oslo-Rygge dauert keine zwei Stunden und schon bald zeigen sich herbstbunte Wälder und zahlreiche Seen unter der mittlerweile aufgerissenen Wolkendecke.









    Als ich das Flughafengebäude in Rygge verlasse, ist es wunderbar warm in der Sonne. Ein kostenloser Shuttlebus bringt mich dann auch gleich zum Bahnhof nach Rygge. Mein Zugticket für die Weiterfahrt nach Otta, dem Tor zum Rondane-Nationalpark, habe ich übers Internet schon Wochen vorher zum Minipris 199,- NOK in Deutschland gebucht. Ich bin gespannt, ob die Abholung am Ticketautomat problemlos funktioniert. Und es geht dann auch sehr easy. Man kann sich das Menü sogar in deutscher Sprache anzeigen lassen und nach Eingabe meiner Referenznummer halte ich kurze Zeit später meine Fahrscheine in den Händen. Eigentlich hätte ich hier nun noch zwei Stunden Zeit, bevor der gebuchte Zug mich nach Oslo Sentralstasjon bringen würde, aber die freundliche Zugbegleiterin lässt mich schon in den Zug eher, der kurze Zeit später abfährt, einsteigen. Das ist mein Glück, denn so habe ich in Oslo ausreichend Zeit, mich um den Brennstoffvorrat für meinen Benzinkocher zu kümmern.

    Auf dem Hauptbahnhof angekommen, muss ich erstmal meinen Rucksack losweden, da ich nicht mit diesem Gewicht auf meinem Rücken durch die Stadt laufen will. Etwas schlucken muss ich dann schon, denn das Schließfach soll 40 Kronen kosten, was beim derzeitigen Wechselkurs von 1:7,9 rund 5 Euro sind. Aber ich beiße in den sauren Apfel und zahle die Gebühr. In zweierlei Hinsicht erleichtert, laufe ich nun los zum Intersport in der Storgata 11. Es ist nicht sehr weit und ich genieße auf dem Weg dahin das Gefühl, nun wirklich in mein kleines Abenteuer zu starten… Der Preis, der mir dann in dem kleinen aber gut sortierten Sportgeschäft für meine zwei Flaschen gereinigtes Benzin abgenommen wird, holt mich jedoch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Eine Literflasche kostet sage und schreibe 69,- NOK, das sind etwas über 8,70 €!

    Zurück am Bahnhof habe ich noch etwas Zeit und kann so noch in aller Ruhe durch die diversen Geschäfte bummeln. Danach hole ich mir meinen Rucksack zurück, fülle das Benzin in die Brennstoffflasche um und packe ihn zum vorerst letzten Mal um. Stolze 35,4 kg wiegt er jetzt – davon bringt allein die Kameraausrüstung samt Stativ rund 8 Kilo auf die Waage! Kann ich nicht nur ein ganz normales Hobby wie Briefmarken sammeln haben?!?

    Pünktlich um 18.32 Uhr fährt mein Zug ab und vier Stunden später steige ich in Otta aus. Per Google-Maps habe ich mir eine kleine Karte ausgedruckt, mit der ich auch ganz gut aus der Stadt hinaus in Richtung Nationalpark finde. Es ist hier schon echt frisch, doch unter der erbarmungslosen Last meines Rucksacks, mit dem ich mich auf der Suche nach einem Schlafplatz Serpentine um Serpentine die Straße nach Mysuseter hinauf quäle, bin ich schon nach kurzer Zeit total durchgeschwitzt. Und mit jedem Schritt, den ich mich weiter nach oben schleppe, wird mir klarer, dass mein Vater völlig Recht hatte. Ich bin verrückt, total bescheuert sogar! Nur gut, dass ich das vorher noch nicht wusste…

    Jetzt muss ich da durch und vor allem erstmal endlich eine halbwegs ebene Fläche finden. Ich stelle schon absolut gar keine Ansprüche mehr, Hauptsache mein Zelt steht bald irgendwo und ich kann endlich den unsäglichen Klumpen auf meinem Rücken loswerden und schlafen. Aber alles ist hier unsagbar steil und abschüssig. Endlich, von der Außenseite einer Kurve führt ein kleiner Trampelpfad davon. Hier werd ich versuchen, mein kleines „Micra“ aufzubauen, aber erst viel zu spät – nämlich als es das Innenzelt steht – merke ich, dass wohl der Wunsch der Vater des Gedankens war, dass ich hier endlich schlafen könnte. So „micro“ war mein „Micra“ dann doch nicht und die Stelle noch immer so abschüssig, dass ich vermutlich in der Nacht, eingewickelt in mein verselbständigtes Schlafgemach, irgendwo unten in der Sjoa gelandet wäre. Und als ob das nicht genug wäre, alles wieder zusammenpacken zu müssen, stelle ich fest, dass ich scheinbar den einzigen Kothaufen im meilenweiten Umfeld auserkoren hatte, um mein Zelt darauf zu stellen. So eine Sauerei! Mein Zelt stinkt und auch meine Schuhe und mein Rucksack haben etwas abbekommen. Ich bin sowas von bedient und könnte nur noch heulen. Nichtsdestotrotz werfe ich mir den Rucksack wieder auf den Rücken, um weiterzugehen.

    Der wunderschöne sternenklare Nachthimmel über mir, das Wispern des leichten Windes in den letzten verbliebenen goldgelben Blättern an den Birken um mich herum und die nach Winter duftende Luft lassen mich dennoch irgendwie glücklich sein (wenigstens für die kurzen Momente, in denen ich zum Luftholen innehalte während ich meinen Rucksack auf den Leitplanken abstütze…). Aber zum Glück finde ich in einer weiteren Serpentine hinter einer Betonmauer endlich eine ebene Fläche, auf der ich das Zelt aufschlagen kann. Als ich endlich in meinen Schlafsack krieche ist es halb 4 Uhr morgens…
    Zuletzt geändert von alascora; 15.12.2013, 10:56.

  • alascora
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    #2
    AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

    Tag 2

    Datum: Dienstag, 13.10.2009
    Wetter: - 3 °C, sonnig

    Gegen halb neun werde ich wieder munter. Norwegen, ich bin in Norwegen. Juhu! Schnell öffne ich mein Zelt und schlüpfe hinaus in die frische Morgenluft, um mich umzusehen. Kleine Schneereste hier und da künden von bereits vor einiger Zeit gefallenem Schnee.



    Ich nehme meine Kamera und mache ein paar Fotos vom unter mir von hohen Bergen umrahmten Otta. Die Bergspitzen sind schon leicht weiß überzuckert. Unten im Tal schlängelt sich der Otta-Fluss als türkisfarbenes Band durchs Tal und das letzte bunte Herbstlaub bildet einen wunderschönen Kontrast dazu. Ich hoffe, dass ich auch oben im Nationalpark noch das eine oder andere bunte Herbstblatt zu Gesicht bekomme.



    Überhaupt hoffe ich, dass es nicht gerade während ich hier bin, zu einem Wintereinbruch kommt. Ich kann nicht Skifahren und habe auch keine Schneeschuhe im Gepäck, kann mich also nur zu Fuß fortbewegen, was bei Schnee nicht besonders toll ist. Leider bin ich von meinen Urlaubszeiten durch die Kinder an die Herbstferien gebunden, die hier in Sachsen immer recht spät sind und kann nicht eher in den Norden aufbrechen. Also hoffe ich einfach, dass das Wetter die nächsten Tage stabil bleibt…

    Nachdem ich die ersten Fotos auf den Chip gebannt habe, geht es nach einer Handvoll Studentenfutter und einem schönen großen Cappuccino ans Einpacken. Einige Male müssen die Sachen neu angeordnet werden, bis sich der Rucksack endlich schließen lässt. Die nächste Herausforderung ist das Aufsetzen. Das funktioniert nur, wenn ich den Packen irgendwo erhöht abstellen kann, um ihn mir aufs Knie zu ziehen und dann auf den Rücken zu wuchten. Als ich das geschafft hab, breche ich fast unter der Last zusammen und durch das ungewohnte Gewicht tun mir noch von gestern die Schultern weh. Gegen halb 11 kann es losgehen. Ich schleppe mich mühsam weiter die Straße bergan. Im Sommer fährt von Otta aus ein Bus hinauf nach Mysuseter, aber jetzt, kurz vorm Winter gibt es kein öffentliches Verkehrsmittel mehr. So muss ich die rund 15 km in den Nationalpark wohl per Pedes gehen…

    Doch manchmal hat man einfach Glück (oder ich sah einfach zu mitleiderregend aus), denn einige Zeit später stoppt eines der wenigen Autos, die hinauffahren und ein älteres Pärchen fragt, ob sie mich mitnehmen können. Ich kann es kaum fassen. In Anbetracht der Strecke, die sich das Auto nun mit mir nach oben windet, hätte ich vermutlich bei meiner „Geschwindigkeit“ drei Tage gebraucht! Ich kann inzwischen mit meinen Fahrern ein paar Brocken meiner im Volkshochschulkurs erworbenen Norwegischkenntnisse anbringen und freue mich, dass ich sogar verstanden werde. Ein wenig mulmig wird mir dann allerdings auch recht schnell, als auf der Straße immer mehr vereiste Stellen auftauchen und schließlich die gesamte Landschaft um mich herum in ein strahlend weißes Winterkleid gehüllt ist.





    Eine Viertelstunde nachdem ich noch im Herbst aufgesammelt wurde, stehe ich nun in 15 Zentimeter hohem Schnee mitten im glitzernden Winterwonderland! Das habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet, zumal die Webcam aus Rondane zwei Tage vor meinem Abflug noch keinen Schnee gezeigt hat. Ich bete, dass ich die mir von meiner Freundin Ulli geliehenen Gamaschen nicht doch zuhause liegengelassen habe. Also stelle ich ein weiteres Mal den Inhalt meines Rucksackes auf den Kopf und finde sie glücklicherweise - ganz unten natürlich!

    Die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel und auf einmal bin ich einfach nur noch glücklich, hier sein zu dürfen. Ich habe meine Kamera in einer Gürteltasche vor dem Bauch und beim Fotografieren entlang des Weges, vergesse ich fast den drückenden Rucksack. In der Sonne sind es angenehme 5 °C, aber wenn ich längere Zeit stehen bleibe, spüre ich dennoch deutlich, dass hier Winter ist.



    Ich treffe zwei Norwegerinnen, die ebenfalls hier Urlaub machen und gerade von einem kleinen Spaziergang zurückkommen. Eine der beiden hat lange Zeit in Berlin gelebt und spricht sehr gut deutsch. So unterhalte ich mich ein Weilchen mit ihnen und bekomme so noch einige wertvolle Tipps mit auf den Weg. Vor allem bekomme ich einen schönen geschützten Platz für mein erstes Nachtlager etwas außerhalb von Mysuseter empfohlen. Windgeschützt in einer Mulde an einem kleinen Bach unweit der Store Ula gelegen, kann ich mein Zelt dann schon um 15.00 Uhr aufschlagen, aber die Tage sind kurz hier oben zu dieser Jahreszeit, die Sonne geht im Moment um 18.15 Uhr unter – zehn Tage später verabschiedet sie sich gleich nochmal eine halbe Stunde eher.





    Da ich das schöne flache Licht des Abends zum fotografieren nutzen möchte, möchte ich mein Zelt immer schon am Nachmittag an einem schönen Platz aufgestellt haben, damit ich in Ruhe die letzten Strahlen ausnutzen kann und nicht noch in der Dunkelheit damit anfangen muss…



    Nachdem das Zelt steht, greife ich mir meine Kameratasche samt Stativ und kann ohne den Rucksack nun unbeschwert in aller Ruhe entlang der Ula fotografieren gehen. Die Ula hat sich hier eine tiefe Schlucht in das Schiefergestein gegraben.





    Die erhofften, mit goldenem Herbstlaub behängten Fjellbirken sind inzwischen jedoch nahezu kahl, aber es ergeben sich auch so viele tolle Motive.







    Landschaftlicher Höhepunkt ist allerdings ganz klar der Storulfossen. Rund 20 Meter stürzt die Ula hier über das plattige Felsgestein in die Tiefe und wirbelt dabei einiges an Gischt auf. Leider ist das Licht nun schon weg und so mache ich nur ein paar wenige Fotos.









    Als ich schließlich wieder am Zelt ankomme, ist die Sonne bereits untergegangen und es wird empfindlich kalt. Schnell werfe ich in meinem Camp den Kocher an und mit einem dampfenden Topf Spaghetti Bolgnese in den Händen, wird im Zelt gegessen. Trotz der warmen Mahlzeit dauert es lange, bis mir endlich warm wird. Vor allem meine Oberschenkel und der Po sind durch die zu dünne Hose, die ich anhatte eiskalt. Ich hoffe, dass die zwei Daunenschlafsäcke, die ich mangels eines dickeren übereinander gezogen habe, halten mich halbwegs warm. Ein Bisschen Sorge habe ich deswegen schon, aber nach ungefähr einer Stunde Bibbern, wird mir endlich wieder etwas warm.

    Als ich den Wecker für den nächsten Morgen stellen will, damit ich zum Sonnenaufgang um 08.00 Uhr bereits am Wasserfall bin, stelle ich fest, dass mein Handy sich aufgrund des schwachen Akkus in einem Programm aufgehangen hat. Ich setze den Reserveakku ein und stelle (dank der Kamerauhr) die Zeit neu ein. Nachts muss ich nochmal raus und ein unglaublicher Sternenhimmel wölbt sich über mir. Ich husche jedoch ganz schnell wieder in die warmen Daunen, denn der Blick aufs Thermometer zeigt klirrend kalte -15 °C!!!

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    • alascora
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      #3
      AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

      Tag 3

      Als ich am Morgen aufstehen will, rieselt mir Reif ins Gesicht. Das ganze Innenzelt und der Schlafsack sind mit kleinen, im Licht der Stirnlampe glitzernden Eiskristallen überzogen. Ich ziehe mir alle Sachen an, die ich mithabe und schlüpfe aus dem Zelt. Langsam beginnt der Tag zu dämmern und zartes Morgenrot überzieht den Himmel. Ich ärgere mich etwas über mich selbst, als ich feststelle, dass ich die ersten Fotos (aufgrund einer Spielerei am Wasserfall abends zuvor) alle mit ISO 1600 fotografiert habe – bei dem Rauschverhalten meiner Kamera ein maximal künstlerisch verwertbares Pixelbunt!



      Zum Glück sind es jedoch nicht allzu viele Fotos, die so in den digitalen Datenmüll wandern müssen, bevor es mir auffällt. Als ich am Wasserfall ankomme, staune ich nicht schlecht, als sich dieser innerhalb der kalten Nacht in einen aus bizarren Zapfen und Wülsten bestehenden Eisfall verwandelt hat! Der kleinere der beiden Fälle ist fast gänzlich in seinem Eispanzer erstarrt.









      Ich fotografiere, bis die ersten Sonnenstrahlen kräftig genug sind, um etwas zu wärmen und kehre wiederum ziemlich durchgefroren zu meinem Zelt zurück, um mir mein Frühstück zuzubereiten.





      Das Thermometer am Zelt zeigt trotz Sonne, die darauf scheint, - 8°C an und so freue mich vor allem auf einen heißen Becher Cappuccino. Aber als ich meinen Topf, den ich über Nacht zum Einweichen mit einem Stein beschwert in den Bach gestellt habe, holen will, stelle ich fest, dass das Wasser darin trotz umgebendem fließendem Wasser gefroren ist. Eigentlich klar, denn die Bewegung verhindert neben der Temperatur ja das Einfrieren. Ich klopfe das Eis an einem Stein heraus, was den Vorteil hat, dass mit dem Eisblock die Essensreste gleich mit entfernt werden.



      Heißes Wasser ist dann schnell gemacht und endlich kann ich meine Hände wieder auftauen. Als ich den Müsliriegel essen will, der mein Frühstück darstellt, beiße ich mir daran fast die Zähne aus, so steinhart, wie dieser gefroren ist. Ich wusste gar nicht, dass sowas gefrieren kann und überlege ernsthaft, mir für weitere derartige Touren eine Zusatzversicherung für Zahnersatz zuzulegen!

      Und überhaupt, diese Kälte birgt noch weitere unerwartete Überraschungen. Die morgendliche Katzenwäsche vor dem Aufstehen zum Beispiel. Seit Jahren nutze ich auf meinen Campingtouren dazu Baby-Feuchttücher, wenn keine andere Möglichkeit, sich zu waschen besteht. Als ich diese am Morgen benutzen will, sind sie natürlich ebenfalls steinhart gefroren. Der Müsliriegel zum Frühstück kommt in Zukunft also in meine Hosentasche, während ich fotografieren gehe und die Feuchttücher gesellen sich ab sofort zu den Batterien für Kamera, Handy & Co in den Schlafsack. Zahncreme kommt in gefrorenem Zustand übrigens auch nicht aus der Tube. So werden die Gäste in meinem "Bett" abends immer zahlreicher und als sich auch noch meine Schuhe dazugesellen, wird es langsam eng darin...



      Als später dann das Zelt abgebaut ist und alles im Rucksack wieder seinen Platz gefunden hat, ist es bereits früher Nachmittag. Noch habe ich keine Routine, was das Packen anbelangt. Schlimm ist das jedoch auch nicht, denn ich habe alle Zeit der Welt und möchte heute nur bis zum Wasserfall weiter, um dort noch eine Nacht mein Lager aufzuschlagen. Unterwegs vergisst man beim Fotografieren im Winterwonderland sogar fast den schweren Rucksack auf dem Rücken.













      Als ich oberhalb des Wasserfalls angekommen bin, schlage ich als erstes mein Lager auf. Eine kleine Senke sorgt für etwas Windschutz um mein Zelt und eine kleine „Bank“ aus Stein bietet sogar den Luxus, einmal nicht auf dem Boden im Schnee sitzen zu müssen.



      Nachdem mein Camp dort eingerichtet ist, greife ich mir mein Fotozeugs und steige zum Fuß des Wasserfalls hinunter, wo sich eine neue endlose Motivvielfalt für mich bietet. Stundenlang kann ich so alles um mich herum vergessen und mache zahllose Fotos vom Wasser in all seinen Erscheinungsformen.















      Als es unten in der Schlucht zu dunkel wird, steige ich wieder hinauf und genieße die stille, weite Natur um mich herum. Lediglich am Mittag kam eine Gruppe Jugendlicher hier vorbei, seitdem habe ich den Flecken am Ula-Fall ganz für mich alleine. Leider bekomme ich aber auch kein einziges Tier zu Gesicht. Lediglich ein paar Spuren im Schnee künden vom heimlichen Leben um mich herum.





      Das Licht ist durch den flachen Sonnenstand einfach herrlich und so fotografiere ich, bis die Sonne hinter dem Horizont verschwindet. Es ist eine wunderbare, stille Landschaft. Rau und abweisend zeigt sie sich und zugleich friedvoll und beruhigend. Ich bin in meinem Leben selten so zufrieden und ausgelichen gewesen, wie in diesen Stunden, in denen es nur das Licht, die Berge und meine Kamera zu geben scheint. Während das Licht immer goldener wird, versuche ich diese Momente voller Stille mit meiner Kamera einzufangen, um so ein kleines Stück dieses Glücks mit nach Hause nehmen zu können.







      Die Schatten werden immer länger werden und die untergehende Sonne taucht die Landschaft um mich herum in einen rosaroten Farbton, bis zuletzt nur noch die Gipfel der Berge aufglühen.









      Doch die Kamera wird noch immer nicht weggelegt, auch die "Blaue Stunde" hat ihren ganz eigenen Reiz und beim Betrachten dieser ruhigen, fast monochromen Fotos stelle ich immer wieder fest, dass es diese "leisen" Bilder sind, die mich am meisten berühren.







      Mit einbrechender Dunkelheit bereite ich mir mein Abendbrot aus einer weiteren Fertig-Nudelpackung zu und lese in dicke Daunen gehüllt und mit Mütze, Handschuhen und Schal vermummt noch ein paar Zeilen in meinem Buch, bis mir so warm geworden ist, dass ich einschlafen kann. Nachts werde ich nochmal kurz munter, weil ich zu schwitzen beginne und ziehe mir eine Lage Kleidung aus.
      Zuletzt geändert von alascora; 14.12.2013, 16:27.

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        #4
        AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

        Tag 4

        Datum: Donnerstag, 15.10.2009
        Wetter: -4 bis 2 °C, bedeckt

        Es ist spürbar wärmer geworden, als ich am Morgen zum Sonnenaufgang das Zelt verlasse.h kann also fotografieren, ohne dass Erfrierungen an den Fingern befürchten muss und das genieße ich wieder ausgiebig. Der Wandel des Lichts, das von der blauen Stunde, die hier oben im Winter besonders langsam ins erste Morgenrot übergeht, ist immer wieder aufs Neue faszinierend.





















        Als das Licht irgendwann zu hart zum Fotografieren wird, genieße ich mein Frühstück, das wieder einmal nur aus einer Handvoll Studentenfutter besteht und einem heißen Kakao bei unglaublichen 10°C in der Sonne. Ich hole mir tatsächlich sogar einen Sonnenbrand im Gesicht! Am nördlichen Horizont zeigt sich jedoch ein Wolkenband, das bis zum Mittag die Sonne verdeckt.









        Als es schließlich gänzlich zugezogen ist, habe ich auch meine Sachen verpackt und laufe den kleinen Trampelpfad entlang der Ula immer weiter in Richtung Spranget. Trotz des nicht mehr ganz so tollen Lichts, gibt es viele faszinierende Motive am Wegrand, wie die skurril geformten Zwergweiden, natürlich die Ula selbst und die sie umgebende Bergwelt. Ich schaue eine zeitlang dem geschäftigen Treiben der Wasseramseln zu und komme auch heute wieder nur im Schneckentempo voran. Auf dem kleinen Wanderweg ist vor mir seit dem Schneefall nur ein Mensch unterwegs gewesen, wovon die einsame Fußspur zeugt. Die Sommersaison ist längst vorüber und die Skifahrer erobern das Gebiet erst in den kommenden Monaten wieder, wenn die Schneedecke dicht genug ist. Nur vereinzelt streifen jetzt noch Jäger durchs Gebirge und verirrte, verrückte Touristinnen aus Deutschland… Dennoch fühle ich mich nicht einsam - ich genieße diese Zeit einfach nur - ohne den alltäglichen Trouble zuhause. Ich komme etwas zur Ruhe, sortiere meine Gedanken, spinne verrückte Ideen und sammle so Kraft für die kommende Prüfungszeit...





        Immer wieder gibt es auf dem Pfad sumpfige Stellen, wo kleinere Bäche und andere Rinnsale in die Ula münden, aber ich finde zum Glück immer wieder eine Möglichkeit trockenen Fußes hinüber zu kommen. Dennoch ist das Laufen ziemlich anstrengend, da sich der Weg unter dem Schnee oft nur erahnen lässt. Der schwere Rucksack trägt natürlich auch noch das seinige dazu bei. Und es kommt, wie es kommen musste, ich stolpere über eine verborgene Wurzel und lande wie ein Maikäfer mit Händen und Füßen von mir gestreckt auf dem Rücken. Bis ich mich aus dieser misslichen Lage wieder befreit habe, dauert es so seine Zeit, nicht zuletzt deshalb, weil ich mich vor Lachen kaum aus der Umklammerung meines Rucksackes befreien kann. Nun stehe ich zwar wieder befreit auf zwei Beinen, allerdings weiß ich nicht, wie ich hier, so ganz ohne einen Stein oder ähnliches, auf den ich mein Bein zum Aufsetzen des Rucksackes stellen kann, diesen Koloss wieder auf meinen Rücken bekommen soll. Mit enormer Kraftanstrengung wuchte ich ihn dann aber doch hinauf (wobei es mich durch den Schwung gleich fast wieder in den Schnee wirft).







        Bei Spranget bildet die Ula noch einmal eine kleine Schlucht, durch die sich tosend die Wassermassen ihren Weg bahnen. Eine kleine Brücke führt hier hinüber, tiefer in den Nationalpark hinein in Richtung Rondvassbu, wohin ich morgen laufen möchte. Doch zunächst beschließe ich mir für heute hier ein Plätzchen fürs Zelt zu suchen.











        Ich schlage dann auch nicht weit entfernt mein Zelt auf. Die kleine Mulde, die ich mir dafür suche, bietet nur wenig Windschutz, aber ich stelle die Längsseite in Windrichtung und bin froh, dass sich kaum ein nennenswertes Lüftchen regt. Die eigentlich doch recht deutlichen Anzeichen, dass sich dies bald ändern soll, vermag ich nicht zu lesen und erfreue mich derweil einfach nur an dem grandiosen Bergpanorama, das mich umgibt. Weit reicht der Blick über das karge Fjell zu den durch längst vergangene Gletschertätigkeit rundgeschliffenen Gipfeln des Storronden, Rondslottet, Smiukampen und wie sie alle heißen...







        Auch jetzt gegen Abend ist es im Vergleich zu den letzten Tagen noch sehr warm und so kann ich, nachdem das letzte Abendlicht auf Chip gebannt ist, ohne Eile mein Abendbrot zubereiten. Wie immer besteht dieses nur aus einer Packung Tütennudeln. Aber da ich nach dem kärglichen Frühstück nur ein paar Schokobonbons „zugeteilt“ bekommen habe, ist das ein fast königliches Menü für mich…

















        Nach dem Essen schlafe ich recht bald ein, bis mich das heftige Flattern der Zeltwände im Wind wieder weckt. Die Böen werden immer heftiger und es fängt an zu regnen. Ein Blick auf die Uhr zeigt gerade mal 23.00 Uhr – es bleiben also noch 8 Stunden, bis die Nacht vorbei ist. Ich bekomme es langsam mit der Angst zu tun, als ich feststelle, dass der Wind auch noch gedreht hat und mein Zelt sich nun mit der Breitseite dem Sturm entgegenstellt. Zudem ist mein kleines Micra alles andere, als ein sturmstabiles Expeditionszelt.

        Als ich einige Zeit später noch einmal nach draußen will, um die Abspannleinen zu kontrollieren, muss ich auch noch mit Entsetzen feststellen, dass mein gesamtes Vorzelt, wo ich am Abend den Schnee festgetreten habe, durch die rasant angestiegenen Temperaturen unter Wasser steht - und kurz davor ist, sich ins Zeltinnere zu ergießen. Ich verstaue meinen Rucksack in der Apsis erst einmal in einem großen Müllbeutel. Dann ziehe ich die Socken aus und steige - nur mit Crocs an den nackten Füßen - ins Eiswasser. Meine Versuche, einen Entwässerungsgraben um mein Zelt zu ziehen, sind in der Mulde, wo es steht, nur von kärglichem Erfolg gekrönt, aber zumindest kann ich verhindern, dass das Wasser ins Innenzelt überläuft…

        Wieder im Schlafsack, wärme ich meine Eisfüße und Hände wieder auf, bekomme aber kein Auge mehr zu. Immer wieder schütteln heftige Böen das Zelt. Nur indem ich mich gegen die Breitseite lehne kann ich verhindern, dass es völlig flachgerückt wird. An Schlaf ist den Rest der Nacht nicht mehr zu denken – ich habe einfach nur noch Angst, dass ich meine schützende Außenhülle verliere und schutzlos den Elementen ausgeliefert bin. In meinem Kopf löst ein schlimmes Szenario das nächste ab….

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          • Meine Reisen

          #5
          AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

          Tag 5

          Datum: Freitag, 16.10.2009
          Wetter: -5 °C, wolkig, Sturm

          Als ich bei Tagesanbruch mit den ersten rosaroten Sonnenstrahlen aus dem Zelt schlüpfe, hat der Sturm etwas nachgelassen, aber er bläst mich noch immer fast von den Beinen. Es ist wieder kälter geworden und der See um mein Zelt herum ist zu blankem Eis gefroren. Der Himmel zeigt sich, bis auf einige Wolken inzwischen wieder fast blau.













          Ich schicke gegen 7 Uhr eine SMS an meinen Vater und frage nach der Wetterprognose. Kurze Zeit später bekomme ich die Nachricht, dass es wieder kälter werden soll, bei mäßigem Wind und kaum Niederschlag. Nach dem Schrecken der letzen Nacht, überlege ich nun hin und her, was ich nun machen soll. Eigentlich wollte ich noch weiter ins Gebirge hinein, zumindest bis zum Rondvatnet. Aber da dies meine erste Solotour ist und ich außerdem, falls mir etwas passiert, so verlassen wie das Gebirge im Moment ist, kaum mit schneller Hilfe rechnen kann traue ich mich, trotz der voraussichtlichen Wetterbesserung, nicht weiterzugehen. Letztlich bleibt das Wetter im Gebirge doch immer ein wenig unvorhersehbar. Schon eine kaum nennenswerte Menge an Neuschnee, würde mich beim Vorankommen enorm behindern. Und nicht zuletzt habe ich meinen Kindern versprochen, heile wieder zuhause anzukommen.

          Hier bleiben kann ich allerdings auch nicht, zu offen ist das Fjell hier und zu sehr stürmt es noch. Ich werde also mein Zelt abschlagen und mir wieder einen geschützteren Platz suchen. Zunächst jedoch mache ich noch ein paar schöne Fotos von den Bergen um mich herum mit ihren sturmzerfetzten Wolkenmützen. Winzig und schutzlos ausgeliefert steht mein kleines Zelt tapfer und trotzt tapfer den Elementen.



          Als ich zum Packen wieder ins Zelt möchte, traue ich mir kaum, den Reißverschluss zu öffnen, so sehr zerrt der Wind an dem dünnen Stoff. Im schützenden Inneren gibt es nur einem Müsliriegel gegen den knurrenden Magen - Kaffekochen fällt heute aus. Dann packe ich umständlich im engen Zeltinneren alles zusammen, was möglich ist und frage mich, ob dies wirklich eine so gute Idee ist, bei dem Sturm mein Zelt abzubauen. Was, wenn es mir dabei zerreißt, oder gar davonfliegt? Andererseits weiß ich auch nicht, ob es dem Sturm so ungeschützt in voller Breitseite hier noch lange standhält. Und noch so eine Nacht voller Angst überstehe ich auch nicht. Letztlich geht doch alles gut und das Zelt verschwindet heil im Rucksack. So wunderschön dieser Ort hier auch ist, ich bin froh, als ich wieder in Richtung Mysuseter zurückgehen kann.





          Auf der Versorgungsstraße, auf der ich nun zurücklaufe, komme ich allerdings auch nicht schneller voran, als auf dem kleinen Trampelpfad an der Ula gestern, denn die Straße ist total vereist und der Sturm beutelt mich – mit dem Rucksack als zusätzlicher Angriffsfläche – hin und her. Wie betrunken torkele ich also zurück, auch etwas enttäuscht, dass ich so nicht mehr weiter in den Nationalpark vordringen kann... Ein paar schöne Impressionen dieses Sturmtages kann ich entlang des Weges dann auch noch einfangen.



















          Mein Lager schlage ich zunächst einmal wieder an der geschützten Stelle an der Ula auf, an der ich bereits die erste Nacht campiert habe. Ich schlüpfe in den Schlafsack, um mich wieder aufzuwärmen, lese ein paar Seiten, schreibe Tagebuch und sichte Bilder in der Kamera.

          Es bleibt den ganzen Tag über stürmisch und das Zelt flattert auch hier noch ziemlich heftig. Ich mag mir kaum ausmalen, wie es jetzt dort oben im Fjell aussieht… Ich gehe heute nicht einmal mehr zum Fotografieren raus, zu kalt ist mir. Die Temperatur liegt zwar nur bei -5 °C, aber durch den Wind werden mindestens gefühlte -15 °C daraus. Beim Rückweg aus dem Fjell habe ich heute trotz langer Unterwäsche, Fleecepulli und Hose, Windstopper-Fleece und GoreTex-Jacke gefroren. Ich verbringe den Nachmittag also mit "Nichtstun" und koche mir in aller Ruhe mein Abendbrot, bevor ich mich heute recht früh nach der durchwachten letzten Nacht in meine Schlafsäcke kuschele.

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          • alascora
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            • 17.09.2009
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            • Meine Reisen

            #6
            AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

            Tag 6

            Datum: Samstag, 17.10.2009
            Wetter: -5 °C, sonnig

            Halbzeit! Als ich wie immer mit der Morgendämmerung aus den Daunen steige, hat sich der Sturm endlich gelegt. Es ist nur noch etwas windig und ein zartes Morgenrot kündigt einen schönen Tag an. Pastellfarben geht die blaue Stunde in den Tag über und so vergehen die nächsten anderthalb Stunden mit fotografieren...























            So schön die Bergwelt hier auch ist, nun habe ich sie oft genug fotografiert. Ich stelle fest, dass ich durch die vergangenen Auto-Fototouren in den Dolomiten und in Osteuropa inzwischen schon ein wenig verwöhnt bin, was die Motivvielfalt betrifft. Überhaupt muss ich mich wieder daran gewöhnen, so langsam unterwegs zu sein. Besonders gut in Form bin ich ja nun nicht und der schwere Rucksack bremst mich zusätzlich aus.

            Gegen halb 10, als ich wieder an meinem Schlafplatz ankomme, strahlt die Sonne schon kräftig vom blauen Himmel. Zum Frühstück, was wieder einmal aus dem obligatorischen Müsliriegel besteht, lasse ich sie mir wärmend ins Gesicht scheinen. Als Bauchwärmer gibt es heute ein Gemisch aus Cappuccino und Kakao - sehr lecker! Ich bin unglaublich froh, dass mein Kocher so zuverlässig seinen Dienst tut und dank fließendem Wasser, das mir hier eigentlich immer zur Verfügung steht, kann ich auch gut mit meinen Brennstoffvorräten haushalten, da ich keinen Schnee schmelzen muss. Nur an die, durch die Huminstoffe rostbraune Farbe des „Trinkwassers“ muss ich mich etwas gewöhnen.



            Heute möchte weiter der Ula hinab folgen und breche mein Zelt so gegen halb 11 ab. Aber entgegen aller Planung komme ich auch heute wieder einmal kaum voran, zu zahlreich sind die Motive am Wegrand. Genau, wie es mir die Norwegerinnen am ersten Tag gesagt haben – dies ist das schönste Teilstück entlang des kleinen Flüsschens. Ständig ergeben sich neue Motive, die mich meinen Rucksack abstellen lassen: kleine Stromschnellen, Eisgebilde in unterschiedlichsten Strukturen und Formen, Gischt und verschneite Ufer...











            Als ich dann an einer kleinen Brücke ein wunderschönes Plätzchen finde, beschließe ich, einfach hier zu bleiben, obwohl ich heut kaum nennenswert vorangekommen bin. Sogar einen eigenen "Sessel" habe ich hier unmittelbar neben dem Zelt - welch ein Luxus! So wird schnell das Lager hergerichtet und dann koche ich mir noch einen heißen Cappuchino, den ich gemütlich in der Sonne sitzend genieße.









            Die nächsten Stunden verbringe ich dann wieder fotografierend im Bachtal der Ula. Durch den Sucher der Kamera ergeben sich immer wieder neue faszinierende Einblicke in den Mikrokosmos aus Eiszapfen, Eiswülsten, Gischt, fließendem Wasser und Stein. Mit der Kamera „malen“ kann ich nirgends so gut, wie an einem kleinen naturbelassenen Bächlein. Ich vergesse einfach alles um mich herum beim Spiel mit Licht, Farben und Formen…











            Hungrig genieße ich dann abends im Zelt meinen Reistopf, langsam und genießerisch. Ich merke, dass die kappen Essensrationen (ein Müsliriegel oder eine Handvoll Studentenfutter am Morgen, über den Tag ein paar Schokobonbons und abends eine Nudel- oder Reispackung) so langsam echt an die Nerven gehen. Aber ich hätte beim besten Willen nicht mehr in meinen Rucksack hineinbekommen - und schließlich habe ich ja auch nichts gegen ein paar Kilo weniger auf den Hüften.

            Die lange Nacht verschlafe ich tief und fest - trotz des lauten Rauschens der Ula unter mir. Noch eine ganze Weile danach, kann ich zuhause von diesem ausgeschlafenen Zustand zehren, denn dort bleibe ich eigentlich fast immer viel zu lange auf und bekomme selten so viel gesunden Schlaf.

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            • alascora
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              • 17.09.2009
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              #7
              AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

              Tag 7

              Datum: Sonntag, 18.10.2009
              Wetter: -2 °C, sonnig

              Heute gehe ich zum ersten Mal nicht bei Sonnenaufgang hinaus zum Fotografieren. In das enge Tal der Ula kommt dazu zu wenig Licht. Zum Frühstück gegen 9 Uhr gibt´s wieder einen dampfend heißen Cappuchino und Studentenfutter. Ich beschließe, bei der nächsten Wintertour komplett auf Müsliriegel zu verzichten und stattdessen mehr Trockenobst und Nüsse mitzunehmen. Beides schmeckt bei der Kälte einfach besser und ist dann auch nicht so hart gefroren, wie die Riegel.



              Nach dem Frühstück bekomme ich heute zusätzlich noch ein paar Vitamine in Form von "Tiefkühl-Beeren" und ich mache auch gleich noch ein paar Aufnahmen davon.











              Zusammengepackt sind meine Sachen dann recht schnell und mein heutiges (mutiges) Ziel steht auch bereits fest: Ich brauche unbedingt eine heiße Dusche! Ich stinke sicher wie ein Elch! Zum Glück riecht man sich ja nicht selber! Aber so langsam ist´s nimmer schön....







              Der Weg nach Mysuseter hinein zieht sich eine ganze Weile hin und die Straße ist auch wieder ziemlich glatt. Die Fjellstue hat ihre Pforten, wie vermutet, schon für die Saison geschlossen, so bleibt nur das Rondane Spa Hotel. Ziemlich nobel kommt es daher, aber ich bin dennoch so verwegen und erkundige mich erstmal nach dem Preis für eine der Hütten, die hier ebenfalls vermietet werden. 800 Kronen die Nacht sind natürlich unerschwinglich für mich und so frage ich, ob es denn möglich wäre, dennoch eine heiße Dusche zu nehmen. Diese bekomme ich dann sogar kostenlos, vermutlich einzig und allein deshalb, weil die nette Dame am Empfang, meinem abgerissenen Zustand zufolge, sah, wie nötig diese war.

              Der Duschraum im Keller des Hotels ist ziemlich schick und es duftet darin - auch aufgrund der Sauna, die sich ebenfalls hier befindet. Als ich mich dann im Spiegel betrachte, erschrecke ich mich fast vor mir selbst. Das ganze Gesicht ist verbrannt, faltig und die Augen blutunterlaufen. Ich brauche für die nächste Tour definitiv eine Sonnenbrille. Daran kann nun auch die Dusche nichts mehr ändern, aber zumindest an meinem körperlichen und seelischen Wohlbefinden vollbringt das heiße Wasser wahre Wunder. Die frische lange Unterwäsche und die sauberen Socken sind eine weitere Wohltat fürs Gemüt. Ich kann dann sogar noch bis 17.00 Uhr, als der Empfangsbereich geschlossen wird, in der gemütlich warmen Hotellobby sitzen und lesen, während ich meine Kamera-Akkus ans Stromnetz hänge.

              Als ich mich wieder hinaus „in die Wildnis“ begebe, ist es fast dunkel, und ich laufe zurück zur Ula, allerdings dann etwas weiter flussabwärts. Weit komme ich nicht mehr und schlage heute mein Zelt ob der vorangeschrittenen Stunde auf dem Vorplatz einer Hütte auf, die aber zu dieser Jahreszeit sowieso einsam und verlassen steht. Die schneefreie überdachte Veranda kann ich gut zum Kochen nutzen und dann heißt es, eine weitere lange Nacht im Zelt zu verbringen. Als ich die Nacht nochmal hinaus muss, ist der Himmel über mir sternenklar. Ich hoffe immer noch, zum ersten Mal in meinem Leben, das Nordlicht zu sehen, aber leider vergeblich...

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              • alascora
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                • 17.09.2009
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                • Meine Reisen

                #8
                AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                Tag 8

                Datum: Montag, 19.10.2009
                Wetter: -2 °C, sonnig

                Heute krieche ich schon ziemlich früh, noch vor Beginn der Dämmerung aus den Daunen und packe meine Sachen zusammen. Hier, direkt an der Hütte möchte ich das Zelt nicht stehen lassen, während ich fotografieren gehe. Inzwischen brauche ich zum Packen kaum noch eine halbe Stunde. Jedes Ding hat seinen Platz im Rucksack und die Handgriffe sitzen. Nachdem mein Lager geräumt ist, werfe ich mir meinen (inzwischen glücklicherweise etwas leichter gewordenen) Rucksack auf den Rücken und laufe ein Stück. In einem Wäldchen unterhalb des Berges Kåsen (2060 m), lasse ich meine Sachen liegen. Ich möchte zum Fotografieren auf den Gipfel steigen, von dem ich mir eine schöne Aussicht erhoffe. Und tatsächlich, je höher ich durch den Schnee voran stapfe, desto weiter öffnet sich das Panorama unter mir. Weit geht so der Blick über das Tal der Ula und die umgebende Bergwelt. Das ganze Gebiet, in dem ich die letzten Tage verbracht habe, liegt in schönstem Morgenlicht unter mir.























                Anschließend schultere ich wieder einmal den Rucksack und werde mich ab heute langsam auf den Rückweg machen. Mein Flieger geht zwar erst am Donnerstag, aber vor mir liegen noch 15 km Fußmarsch nach Otta zurück und zudem hat mir mein Vater für die nächsten Tage steigende Temperaturen und auch Nieselregen angekündigt.


                Nachdem ich wieder im Tal bin, werfe ich einen letzten Blick hinauf zum Kåsen und folge dann dem Tal der Ula hinab bis Mysuseter. Der Weg hier entlang ist kaum mehr, als ein kleiner Trampelpfad und ich muss ziemlich aufpassen, mir hier nicht an einer der zahlreichen unter dem Schnee verborgenen Stolperfallen den Knöchel zu verknicken. Dieses Talstück ist jedoch noch einmal wunderschön und urwüchsig und ein weiterer kleiner Wasserfall rauscht hier über eine Steilstufe gen Tal. Ein schönes letztes Teilstück im Rondane.















                Gegen Mittag bin ich dann zurück in Mysuseter und von nun an führt mein Weg nur noch die Straße hinab nach Otta. Obwohl es stetig bergab geht, läuft es sich nur sehr schlecht, weil die Straße glatt und vereist ist. Es sind heute in der Sonne sicherlich 6-8 °C und um mich herum tropft und taut es überall. Durch den Schneematsch sind auch meine Schuhe inzwischen durchgeweicht und ich bekomme unangenehm nasse Socken. Ich laufe deshalb nur noch lustlos 2-3 km bergab...



                Am noch recht frühen Nachmittag gegen 15.30 Uhr beschließe ich deshalb, als ich einen halbwegs ebenen Platz für mein Zelt finde, es für heute gut sein zu lassen. Zeit habe ich ja schließlich noch genug. Und so kann ich wenigstens meinen feuchten Schlafsack samt der klitschnassen Gamaschen und Socken noch in den letzten Sonnenstrahlen trocknen lassen.





                Als ich nach dem Abendessen in mein Zelt krieche, höre ich noch lange in meinem Hörbuch und auch, als ich nachts noch einmal munter werde und wach liege. Es war einfach zuviel Schlaf die letzten Tage...

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                • alascora
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                  • 17.09.2009
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                  Tag 9

                  Datum: Dienstag, 20.10.2009
                  Wetter: 0 °C, teilweise bedeckt

                  Am Morgen kann ich mich lange nicht aufrappeln, da es hier nichts zum Fotografieren gibt. Ich höre also noch mein Hörbuch zu Ende und schäle mich dann doch endlich aus dem warmen Schlafsack. Als ich dann gefrühstückt und meine Sachen zusammengepackt habe, ist es schon Mittag. Dann geht es wieder weiter - immer die Straße hinab. Auf der anderen Talseite habe ich noch eine zeitlang einen schönen Blick zurück auf die inzwischen vertrauten Silhouetten der Rondane-Berge...











                  Danach geht es nur noch im Schatten am Nordhang des Tales hinunter und die Straße ist einfach langweilig. Einzig eine kleine geologische Besonderheit gibt es noch auf der anderen Talseite durchs Teleobjektiv zu bestaunen: die Kvitskriuprestene, die weißgekleideten Priester. Dies sind weiße Erdpyramiden aus Moränenmaterial, welche durch die dunklen Steinplatten, die sie bedecken, besser vor der Erosion geschützt wurden, als das umgebende Material.











                  Es sind heute gerade mal noch 0°C und ich komme immer tiefer - aus dem Winter hinaus, zurück in den Herbst. Nach den Tagen im kargen, weißen Fjell sind herbstlich gelbe Birkenblätter ein Anblick, an den ich mich erst wieder gewöhnen muss.





                  In einem Seitenweg finde ich ein schönes ebenes Plätzchen für mein Zelt. Es ist herrlich, dieses mal nicht im Schnee aufschlagen zu müssen. Sofort als das Zelt steht, ziehe ich mir die nassen Bergstiefel aus und lasse die nassen Socken in der Sonne trocknen. Danach koche ich mein Abendbrot und bereite mich auf eine weitere lange Nacht vor...

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                  • alascora
                    Anfänger im Forum
                    • 17.09.2009
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                    #10
                    AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                    Tag 10

                    Datum: Mittwoch, 21.10.2009
                    Wetter: 0 °C, teilweise bedeckt

                    Eigentlich könnte ich meinen vorletzten Urlaubstag noch hier, etwas oberhalb von Otta bleiben, da mein Zug nach Oslo zurück erst am Donnerstag fährt, aber ich habe kaum noch Wasser und nichts mehr zu essen. Der letzte Rest Wasser ergibt einen kleinen Kakao - mein karges Frühstück heute Morgen.







                    Also packe ich mit knurrendem Magen zusammen und laufe die letzten Kilometer nach Otta hinab - schnurstraks in den nächstgelegenen Supermarkt hinein! Hier muss mich beim Anblick all der Leckereien in den Regalen sehr zurückhalten, um nicht den halben Laden leer zu kaufen. Bepackt mit einem großen Beutel frischer Lebensmittel setze ich mich in einen kleinen Park in die Sonne. Der Biss in ein dick mit Räucherlachs belegtes Brötchen ist einfach göttlich!

                    Am Bahnhof erkundige ich mich dann noch nach der Zugverbindung nach Lillehammer am nächsten Morgen. Der Bahnhof hat sogar einen Nachtwarteraum, aber irgendwie möchte ich dort nicht bleiben, zumal dieser erst um 22 Uhr öffnet. Also mache ich mich auf die Suche nach einem Platz für die Nacht und lande auf einer kleinen Halbinsel mitten im Fluss. Hier auf der Wiese mäht gerade ein Bauer das Gras, der meine Frage, ob ich hier mein Zelt aufschlagen darf, gleich freundlich bejaht. So steht meine kleine Unterkunft bereits am späten Nachmittag und ich habe genügend Muße, den Tag gemütlich mit einem leckeren frischen Abendbrot ausklingen zu lassen...

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                    • alascora
                      Anfänger im Forum
                      • 17.09.2009
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                      Tag 11

                      Datum: Donnerstag, 22.10.2009
                      Wetter: 2 °C, bedeckt, Nieselregen

                      Ich stehe am Morgen sehr zeitig auf und packe im Dunklen mein Zelt zusammen. Im Licht der Stirnlampe laufe ich dann von meinem Schlafplatz auf der Insel durch eine kleine Siedlung zurück in Richtung Bahnhof. Eine eigenartige, fast weihnachtliche Stimmung kommt in mir auf, als ich durch den stille und klaren, frostigen Morgen laufe. In manchen der kleinen bunten Holzhäuschen brennt schon Licht und sie strahlen warme und heimelige Gemütlichkeit aus...

                      Am Bahnhof warte ich noch eine halbe Stunde, bis mein Zug gen Süden pünktlich abfährt. Der Fluss Lågen, an dem entlang sich die Bahn durchs Gudbrandsdalen bewegt hat trotz des inzwischen bedeckten Himmels eine unglaublich türkise Farbe. Je weiter ich so nach Süden gelange, desto herbstlicher ist es noch. Ich genieße diese schöne Zugfahrt - nur schade, dass sie nur so kurz währt...

                      Gegen halb 3 komme ich dann auch schon in dem kleinen Örtchen Rygge an. Inzwischen hat leichter Nieselregen eingesetzt und so gestaltet sich die Schlafplatzsuche besonders unangenehm. Stundenlang kann ich keinen geeigneten Platz finden, wo ich halbwegs vor den Blicken der Einwohner mein Zelt aufstellen kann. Der Rucksack wird immer schwerer und ich weiß bald nicht mehr, wohin ich noch gehen soll, denn allzu weit kann ich auch nicht aus Rygge hinaus - fährt doch mein Shuttlebus zum Flughafen am nächsten Morgen schon um 06.05 Uhr ab... Als es schon fast zu dämmern beginnt, werde ich endlich in einem kleinen Pappelwäldchen hinter dem Sportplatz fündig. Schnell steht dann auch meine schützende Hülle und ich kann dem Nieselregen, der die ganze Nacht hindurch fällt, in meinem warmen Schlafsack trotzen.

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                      • alascora
                        Anfänger im Forum
                        • 17.09.2009
                        • 20
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                        Tag 12

                        Datum: Freitag, 23.10.2009
                        Wetter: 4°C, Regen

                        Um 04.30 Uhr endet heute meine Nachtruhe und ich muss, wieder einmal im Dunklen, meine Sachen zusammenpacken - zum letzten Mal für diesen Urlaub, denn heute wird mich der Flieger wieder nach Deutschland zu meinen Kindern bringen, auf die ich mich schon unglaublich freue. So schön eine Mutti-Auszeit auch ist - irgendwie freut man sich dann doch wieder auf die kleinen "Nervensägen"... Mit dem Shuttlebus bin ich schnell am Flughafen und habe dort noch etwas Zeit, um ein paar kleine Mitbringsel einzukaufen.

                        Um 09.30 Uhr startet dann auch der Flug gen Deutschland und ich kann über den Wolken noch etwas Sonne tanken, bevor ich Berlin bei strömendem Regen den Flieger verlasse...







                        In Berlin muss ich dann noch sieben Stunden auf dem Flughafen warten, bevor der Voigtland-Express mich nach Elsterwerda bringen wird, wo ich von meinen Eltern um kurz nach halb acht abends abgeholt werde. - Viel Zeit, um diesen schönen Urlaub in Gedanken noch einmal Revue passieren zu lassen...

                        ★ ENDE ★

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                        • Geronimo
                          Fuchs
                          • 14.01.2004
                          • 1402
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                          Wow, bin beinahe sprachlos! Habe nur mal die Fotos bestaunt!



                          Genau solche Lichtstimmungen liebe ich an Norwegen so enorm! HAMMER Fotos - DANKE dafür!
                          Lesen werde ich den Bericht morgen.

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                          • nicki1005
                            Erfahren
                            • 30.04.2011
                            • 374
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                            Danke für deinen tollen Bericht und die schönen Fotos!
                            Die Nacht nach Tag 4 hört sich ja ziemlich ungemütlich an. Und dann auch noch gefrorene Feuchttücher...

                            Freue mich schon auf weitere Berichte von dir
                            Alles Liebe,
                            Nicki

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                            • Spartaner
                              Alter Hase
                              • 24.01.2011
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                              #15
                              AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                              Oh, ich hätte nicht gedacht, dass in Deutschland noch solche Mädels rumlaufen

                              Darf man hier Powerfrau sagen? Ich bin ja im Vergleich zu dir ein Weichei, packe mein Gepäck ins Boot, damit ich nicht schleppen muss.

                              Gruß Michael

                              PS: verrätst du uns auch dein Endgewicht nach dieser Reise? Ich verliere, wenn es gut läuft, auf mehrwöchigen Touren auch manchmal 4 - 5 kg.

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                              • theslayer
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                                • 13.11.2013
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                                #16
                                AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                                Wow, toller Bericht, habe ihn grade verschlungen.
                                Wirklich eine tolle Aktion, mutig von dir, die Solotour, das Wetter, die Kiddies etc. alles unter einen Hut zu bringen.

                                Auch toll zu sehen, welche Mühe du dir mit den Fotos gemacht hast, blaue stunde morgens+abends ausnutzen, dass nenn ich mal konsequent... ich würde da sicherlich mich nur einmal im schlafsack umdrehen.
                                So machen die fotos noch mehr spaß und es sind tolle kompositionen dabei!

                                Auch finde ich schön, dass du selber mal kürzer trittst und nicht auf teufel komm raus doch noch versuchst weiter in die Wildnis vorzudringen, sondern besonnen den Rückweg antrittst. Scheint ja als hättest du trotzdem viel erlebt.

                                Respekt und hoffentlich kommst du bald wieder dazu!

                                Grüße
                                Daniel
                                Auf meinem Blog Longing for the Horizon:
                                Pamir Highway 2019 / Sarek 2018 / Padjelantaleden 2017 / 4500km Radtour Berlin-Nordkapp 2017 / Kungsleden 2015 / Kungsleden 2014 / Israel-Hike 2014 und viele kleinere Radtouren (Berlin - Kopenhagen / Prag - Berlin etc.)

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                                • alascora
                                  Anfänger im Forum
                                  • 17.09.2009
                                  • 20
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                                  Hej Ihr,

                                  danke erstmal für Eure lieben Rückmeldungen. Es ist total schön, wenn ich jemandem eine kleine Freude mit diesem Bericht machen konnte. Schließlich habe auch ich als "stille" Leserin hier auch schon oft von Reiseberichten profitiert und mir so einige Anregungen holen können.

                                  @geronimo: Ja, mir geht es genauso. Ich liebe das Licht des Nordens. Inzwischen war ich 5 Mal in Norwegen unterwegs und ich hoffe, dass ich nächsten Herbst/Frühwinter wieder dort sein kann.

                                  @Nici: Die stürmische Nacht dort oben im Fjell wird mir wohl immer in Erinnerung bleiben. Da merkt man schnell, wie schutzlos man als kleines Menschlein doch inmitten dieser Elemente ist. Ein Jahr später hat es dann auf den Lofoten ein Sturm geschafft, das Zelt innerhalb weniger Minuten zu zerreißen. Aber mehr dazu im nächsten Bericht...

                                  @Spartaner: "Powerfrau" - ich weiß nicht. War eher notgedrungen, soviel Gepäck zu schleppen, da die Alternative gar keinen Urlaub bedeutet hätte. Heute geht´s aber leider nimmer, da meine Hüfte seit einem Jahr streikt. Vielleicht steige ich ja auch bald um auf´s Boot... Ein paar kleinere Schnuppertouren im Kanu hab ich jedenfalls schon hinter mir und vielleicht ist das ja ne echte Alternative. (Achso und ich hab so um die 5-6 Kilo runter gehabt nach der Tour )

                                  @Daniel: Danke auch Dir für Deine Zeilen: Da ich schon seit meiner Kindheit fotografiere und gerade die Landschaftsfotografie mich besonders begeistert, stehe ich natürlich meist vor Sonnenaufgang auf. Aber da ich sowieso Frühaufsteher bin und die Nächte im Vorwinter dort oben ohnehin viel zu lang sind, macht mir das eigentlich wenig aus. Bis auf die Überwindung von den warmen Daunen in die kalten Klamotten zu steigen natürlich...

                                  LG Cora
                                  Zuletzt geändert von alascora; 14.12.2013, 20:56.

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                                  • nathalie_luke

                                    Erfahren
                                    • 08.08.2008
                                    • 198
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                                    #18
                                    AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                                    sehr schön, vielen Dank

                                    lg nathalie.

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                                    • gearfreak
                                      Erfahren
                                      • 30.01.2010
                                      • 278
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                                      Wow, neu im Forum und gleich so einen Hammer-Bericht abgeliefert!

                                      Der Bericht hat alles, was ich mir von einem guten Bericht wünsche; er ist sehr gut geschrieben und mit wunderbaren Bildern garniert. Ich hoffe, Du machst Dir mit Deinen anderen Touren (die Du ja in der Zwischenzeit sicher gemacht hast) auch die Mühe und uns eine Freude!

                                      LG gearfreak

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                                      • Alex79
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                                        #20
                                        AW: [NO] Rondane - Meine erste Solotour

                                        Wirklich toll geschrieben! Hat mir meinen "krank daheim" morgen verschönert!
                                        Gruß
                                        Alex

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