[SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

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  • SteHo
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    • 11.01.2013
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    [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

    Tourentyp
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    Lon
    Mitreisende
    Bedienungsanleitung: Dieser Bericht ist eigentlich nicht für den Rahmen dieses Forums geschrieben worden, daher werden an manchen Stellen vielleicht Dinge erklärt, die für viele User hier wahrscheinlich selbstverständlich sind. Weiters ist er nicht als Abhandlung der einzelnen Tage zu verstehen, sondern eher als höchst subjektiver Bericht über die Erlebnisse, die sich in meinem Kopf gehalten haben. Ich wünsche trotzdem viel Spaß und freue mich über jede Antwort/Kritik ....

    Die Idee

    Die Idee für eine Tour in der Wildnis schlummerte schon lange in meinem Kopf. Bereits als Jugendlicher scherzte ich (vermeintlich) darüber irgendwann einmal aus der Gesellschaft aussteigen zu wollen um Fischer in Norwegen oder Einsiedler in einem finnischen Wald zu werden. Heute scherze ich nicht mehr darüber, da viele Leute in meiner Umgebung mir mittlerweile zutrauen dann auch wirklich Nägel mit Köpfen zu machen.

    Lange Zeit war mein Leben vom Sport + Schule/Studium geprägt, so sehr, dass für solch ein Vorhaben weder die Zeit, noch die Energiereserven vorhanden gewesen wären. Da mein Sportlerdasein mittlerweile für beendet erklärt wurde und ich mein Bachelorstudium der Wetterfroschkunde abgeschlossen hatte, gab es keinen besser geeigneten Zeitpunkt als jetzt, um eine Tour in eine menschenleere Gegend zu planen.

    Durch diverse Internetberichte, Bücher und Reiseführer bin ich dann auf den Sarek – Nationalpark in Nordschweden gekommen. Dieser ist als Teil des Natur- und Kulturerbe Laponia von der UNESCO geschützt und bis auf ein paar Versuche bislang vom Menschen beinahe unberührt geblieben (bis auf das Volk der Samen natürlich, die dort seit 10 000 Jahren leben, aber auf eine sehr nachhaltige Art und Weise).

    Zusätzlich konnte ich meine Freundin, Marianne, als Begleitung für diese Tour gewinnen.


    Rentierherde nördlich des Rapadalen




    Die Route

    Wo wir das Zelt aufstellen haben wir meistens spontan entschieden, nur die Route haben wir uns bereits vorher überlegt. Wenn man möchte kann man sich die genaue Route anhand des Bildberichts überlegen, von GPS Positionen der Zeltplätze etc. halte ich aber nur wenig, da dadurch bei einer eigenen Tour vielleicht die Spontanität auf der Strecke bleibt.

    ECKPUNKTE: Ritsem - Nijak - Skarja Hütte – Rapadalen – Aktse – Kvikkjokk






    Die Ausrüstung

    Zelt: Helsport Rondane Light 3
    Schlafsack: Mountain Equipment Starlight 2 XL
    Unterlage: Exped Sim Light 3.8 SL
    Schuhe: Meindl Softline Top GTX
    Kamera: Sony Alpha 230 + zwei Kit Objektive (wurde mittlerweile gegen eine Canon EOS 60D mit besseren Optiken, Filtern, etc getauscht)
    Jacke: Selbst genäht (aus Gore-Tex Pro Shell Material)
    Regenhose: Selbst genäht (aus Gore-Tex Pro Shell Material)
    Rucksack: Northland 80+10 L (genaue Bezeichnung weiß ich gerade nicht)

    etc,etc.



    Davon haben wir zwar nicht alles mitgenommen, besonders gesund haben wir uns aber nicht ernährt



    Der eigentliche Reisebericht beginnt dann im nächsten Post :-)
    Zuletzt geändert von SteHo; 06.12.2013, 14:56.
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  • SteHo
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    #2
    AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

    Anreisemarathon



    Da wir (meine Freundin Marianne und ich, es handelt sich also nicht um eine Solotour) uns dazu entschlossen haben einen Teil unserer Ausrüstung selbst herzustellen, sitzen wir am Abend vor dem Abflug noch bis weit nach Mitternacht an den letzten wichtigen Feintunings, da von meiner Regenhose noch die letzten Nähte mit Nahtabdichter veklebt werden müssen. Etwas wagemutig wenn man bedenkt, dass uns das Taxi bereits um 4 Uhr in der FRÜH zum Flughafen bringen wird (Neben meiner Regenhose ist auch meine Regenjacke und meine Fleecepulli aus meinen eigenen, nähtechnisch völlig jungfräulichen Händen)

    Dementsprechend gerädert brechen wir auch zu unserem Anreisemarathon auf. Vom Flughafen Wien geht es nach Stochholm, wo wir nach den letzten Einkäufen mehrere Stunden in einem Park verbringen, ehe wir am Abend in den Nachtzug ins 1400 km entfernte Gällivare steigen können. Von dort aus geht es am nächsten Vormittag noch 3 Stunden mit dem Bus nach Ritsem und dem nicht genug, nach einer Wartezeit von mehreren Stunden nehmen wir am Nachmittag (ca. 36 Stunden dauert die Anreise nun schon) noch die Fähre über den Akkajaure zum Start der Wanderung. Erleichtert und ohne jegliches Zeitgefühl nutzen wir am Abend unsere letzte Energie für einen Marsch über 9 km um dann irgendwann gegen 22:00 Uhr unser Zelt aufzustellen. Irgendwie komisch wenn es in der Nacht nicht dunkel wird.

    Unser erster Zeltplatz entschädigt jedoch für all die Mühen und ich bin bereits am Weg dorthin wirklich berührt und überwältig von der einzigartigen Schönheit dieser ünberührten Landschaft. Nachdem wir uns letzte Verhaltensregen überlegt haben, falls ein unangekündigter, nächtlicher Bärenbesuch vor dem Zelt stehen sollte, rollen wir uns langsam in unsere Schlafsäcke.





















    Zuletzt geändert von SteHo; 06.12.2013, 20:07.
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    • Psychovm

      Erfahren
      • 06.07.2013
      • 237
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

      Moin moin,

      klingt bisher sehr vielversprechend... Hoffentlich kommen noch mehr solch schöner Fotos ;)

      Greetz
      [ Photographie - Expedition - Geocaching - Blog ]

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      • Solasimon
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        • 09.12.2009
        • 904
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        #4
        AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

        Tolle Fotos und netter Stil, ich hoffe es geht in deinem Bericht zügig weiter...

        Vielleicht berichtest du ja auch mal im MYOG-Forum von deinen Kreationen (Jacke, Hose, Fleece) und deinen Erfahrungen damit.

        Simon
        Nur der wird Gottes Anerkennung finden und leben, der ihm vertraut.
        Die Bibel - Römer 1,17

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        • theslayer
          Dauerbesucher
          • 13.11.2013
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          #5
          AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

          Bitte mehr davon, toll geschrieben und bis jetzt wunderschöne Fotos!
          Auf meinem Blog Longing for the Horizon:
          Pamir Highway 2019 / Sarek 2018 / Padjelantaleden 2017 / 4500km Radtour Berlin-Nordkapp 2017 / Kungsleden 2015 / Kungsleden 2014 / Israel-Hike 2014 und viele kleinere Radtouren (Berlin - Kopenhagen / Prag - Berlin etc.)

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          • SteHo
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            • 11.01.2013
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            #6
            AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

            Wo ist eigentlich der Sommer hin?



            Das ist eine berechtigte Frage, schon am Anreisetag empfängt uns der Sarek nicht gerade mit offenen Armen. Das Wetter ist stark bewölkt, stürmisch und kalt. Wir befinden uns auf etwa 700 m und wenn die Wolken kurz einmal den Blick auf die höchsten Berghänge freigeben, erblickt man blütenweiße Flächen mit frisch gefallenem Schnee – und das mitten im Juli. Nicht gerade der ideale Start für unsere erste längere Tour, aber wir versuchen das beste daraus zu machen. Eines als Vorabinformation: Das Wetter sollte sich die ersten Tage nicht bessern, die Flusspegel waren dementsprechend hoch und einer davon wäre ohne Wetterbesserung nicht zu durchqueren gewesen. Aber alles der Reihe nach.

            Aufgrund unserer Unerfahrenheit ergeben sich am Anfang ein paar “lustige” Situationen. Nachdem wir am Abend vor unserer ersten Nacht im Sarek noch über Verhaltensregeln diskutiert hatten, falls der unwahrscheinliche Fall eintritt, dass ein Bär, Wolf oder dergleichen (auch wenn die Statistik so einem Ereignis eine Wahrscheinlichkeit nahe Null zuspricht) vor unserem Zelt auftaucht werden wir am nächsten Morgen von lauten und grunzenden Geräuschen in wenigen Zentimetern Entfernung von unseren Köpfen geweckt. Wir haben Angst, das Herz auf Tauchstation in den Tiefen der Hose. Nach einer gefühlten Ewigkeit versuche ich langsam einen Blick zu erhaschen, wie sich herausstellt steht “nur” ein übermütiges Rentier direkt vor unserem Eingang. Nach einem kurzen, beinahe flirtähnlichem Augenkontakt sucht es aber Gott sei Dank das Weite und obwohl es das Adrenalin nur so durch meine Blutbahn drückt, sind genau solche Erlebnisse einer der Gründe um hierher zu kommen. Ich fühle mich gut.







































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            • SteHo
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              #7
              AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

              Zitat von Solasimon Beitrag anzeigen
              Tolle Fotos und netter Stil, ich hoffe es geht in deinem Bericht zügig weiter...

              Vielleicht berichtest du ja auch mal im MYOG-Forum von deinen Kreationen (Jacke, Hose, Fleece) und deinen Erfahrungen damit.

              Simon

              Habe ich mir selbst auch schon überlegt. Wäre auch irgendwie fair, da ich viele Anregungen dazu hier als (meist) stiller Mitleser bekommen habe. Leider habe ich aber kaum Fotos von den Zwischenschritten der Herstellung gemacht, ich kann aber natürlich einen praktischen Erfahrungsbericht, Einkaufsliste, Kosten, Zeitaufwand etc. schreiben. Danke für die Anregung, werde ich bald machen :-)
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              • SteHo
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                #8
                AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                Weiter gehts - morgen sollte der Bericht dann fertig sein :-)



                Keine Brücken



                Am nächsten Tag erreichen wir unseren ersten wirklich großen Fluss den wir durchqueren müssen. In der Literatur wird diese Stelle als “mittelschwer” bezeichnet und darauf haben wir uns auch ein gutes Stück beim Zusammenstellen der Route verlassen. Als wir dann aber beim Suottasjjahka stehen trauen wir unseren Augen kaum. Der Fluss ist im Durchschnitt ca. 40 bis 50 m breit und hat mehrere Stellen die mit Sicherheit brusttief sind. Uns bleibt nichts anderes übrig als darauf zu hoffen, dass der Regen endlich aufhört, damit das Wasser etwas zurückgehen kann. Bei diesen Verhältnissen ist eine Durchquerung schlicht und einfach einem Himmelfahrtskommando gleichzusetzen, also bauen wir unser Zelt auf und warten auf Wetterbesserung. Die Stimmung war dementsprechend angespannt, denn wenn das Wetter so bleiben würde, müssten wir die Tour sehr wahrscheinlich abbrechen und nach Ritsem zurückkehren.

                Am nächsten Morgen jedoch können wir unseren Augen kaum trauen, denn es zeigen sich erste Wolkenfenster am Himmel und sowohl der Wind als auch der Regen haben völlig aufgehört. Langsam kämpfen sich auch die ersten Bergspitzen durch die tiefliegenden Wolken, und zum ersten Mal sehen wir die unglaublich eindrucksvolle Landschaft des Sarek in seiner vollen Pracht. Gefüllt mit neuem Mut brechen wir zum Fluss auf und erkennen, dass der Wasserstand deutlich gesunken ist. Nach einer kurzen Suche nach der besten Stelle für die Flussdurchquerung, legen wir los. Das Wasser ist eisig kalt – kaum mehr als 4 Grad – und die ganze Prozedur dauert mit Sicherheit 15 Minuten. Gegen Ende wird es noch einmal brenzlig als wir beinahe ohne Gefühl in den Füßen auf eine weitere tiefe Stelle mit starker Strömung treffen, aber auch diese meistern wir ohne Fehler und stehen dann am Fuße des Nijak in absoluter Freude über das gerade Geschaffte.




                Blick zu den frisch verschneiten Spitzen des Akkha Massivs.





                Der prachtvolle Nijak bahnt sich langsam seinen Weg durch die Wolken




                Die schwierige Querung des Suottasjjahka steht bevor, am Tag davor waren viele der Steine noch nicht zu sehen. Schaut auf dem Foto irgendwie harmloser aus als es war, oder als wir es empfunden haben.





                NIJAK - BLAUER HIMMEL - und ein bisschen Schnee am Gipfel - traumhaft









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                  #9
                  AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                  Das Comeback des "Sommers"



                  Nach der geschafften Überquerung machen wir uns auf in Richtung Ruohtesvagge, ein bisschen unter Zeitdruck da wir aufgrund der schlechten Witterung doch einiges an Zeit verloren haben. Doch dafür sollten wir in den nächsten Tagen noch ausgiebig belohnt werden. An diesem Tag gehen wir vom späten Vormittag bis weit in den Abend hinein, Nach über 25 km bauen wir gegen 22:30 das Zelt auf und fallen totmüde ins Bett.

                  Als ich mich in der Nacht zu einem Toilettengang aufmache, merke ich erst in einer gesunden Distanz vom Zelt wie kalt es eigentlich ist, überall ist Reif auf dem Gras. Es ist so kalt, dass sogar diverse Wasseransammlungen und die Oberfläche unseres Zeltes gefroren sind. Da meine Bekleidung nur äußerst minimal ausfällt (Unterhose + dünnes Funktionsshirt) laufe ich danach rasch zurück. Im Zelt beginne ich sehr stark zu zittern und mich beschleicht ein sehr ungutes Gefühl, da sich dies auch nach einer halben Stunden noch immer nicht gebessert hat. Erst nach etwa zwei Stunden habe ich mich halbwegs erholt, bekomme aber in dieser Nacht kein Auge mehr zu. Retrospektiv betrachtet war ich zu dieser Zeit einfach “nur” ein wenig unterkühlt, wenn man mit der körperlichen Reaktion auf einen solchen Umstand aber keine Erfahrung hat ist dies wirklich beängstigend.










































































                  Am nächsten Tag sind wir aufgrund der langen Wanderung vom Vortag, den schweren Rucksäcken, (noch immer über 20 kg bei Marianne und um die 30 kg bei mir) und meines nächtliches Ausflugs in die Polarluft doch etwas angeschlagen und machen daher früher als geplant Schluss. Dies liegt auch daran, dass wir erst später als geplant zum Gletscherbach Tjagnarisjagasj kommen und dieser aufgrund der Schneeschmelze zu dieser Tageszeit vorübergehend mehr Wasser führt als erwartet. Wir beschließen, dass es in unserem Zustand einfach nur unnötig das Risiko eines Sturzes erhöht und verschieben die Durchquerung auf den nächsten Tag.
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                  • SteHo
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                    #10
                    AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                    Auf in den Dschungel



                    Am nächsten Tag durchqueren wir bereits am Morgen den Gletscherfluss mit dem unaussprechlichen Namen und machen uns rasch auf in Richtung Süden. Wir haben uns erst nach langem hin und her, für und wider und hunderten Pro und Kontra-Listen dafür entschieden, nicht den kürzeren Weg durch das Snavavagge, sondern rund um den Laddebakte zu gehen. Dieser Weg ist zwar laut Karte etwas länger, weist aber im Gegensatz zur anderen Variante keine mitunter etwas heikleren An- und Abstiege auf. Laut Literatur hat dieser Weg den Ruf schwierig zu sein, in Wirklichkeit sollte er zwar zeitweise durch dichtes Gestrüpp führe, aber über weite Strecken gut begehbar sein. Was nun folgte war zeitweise wirklich am Rande des Möglichen und höchstwahrscheinlich die anstrengendste Etappe der ganzen Tour.

                    Der Weg führt zunächst noch idyllisch am Ufer des Rahpajahka entlang, teils auf – durch die sinkenden Pegelstände bedingten – trockengelegten Sandbänken. Im weiteren Tagesverlauf wird die Vegetation aber immer dichter und dichter, bis wir uns schließlich einen Weg durch Dickicht bahnen, das wir in unserer Heimat wahrscheinlich als undurchdringlich bezeichnen würden. Noch dazu liegen überall umgefallene Bäume am Boden, die jedoch durch das dichte, bodennahe Gestrüpp meist nicht erkennbar sind. Und um der Torte noch ein Schlagobershäubchen zu verpassen, präsentiert sich der Boden zeitweise auch noch mit überwucherten Felsen durchsetzt, aus denen plötzlich abertausend Gelsen hervorzuschießen beginnen. Das alles bei einem angestrebten Tagespensum von mehr als 20 km – nichts für schwache Nerven.

                    Am Ende des Arbeitstages suchen wir bereits – mehr oder weniger verzweifelt – nach einem Zeltplatz, denn wir können und wollen für heute einfach nicht mehr weiter. Der Urwald lässt aber weit und breit keine Lichtung erkennen, und so marschieren wir unter diversen Schimpftiraden noch bis in die späten Abendstunden weiter, bis wir schließlich doch noch unser Ziel, die verschlossene Skarki Hütte erreichen.


                    Braun weiß




                    Ausnahmsweise mal auf einem Pfad. Der Einschnitt ist der Aufstieg ins Snavavagge, rechts davon befindet sich der Laddebakte um den wir im Rapadalen herumgehen




                    Tarnfarben









                    Direkt am Ufer der Rapa auf Schotterbänken





                    Weiterhin im Rapadalen





                    Laddebakte und Rapa





                    Strandurlaub











                    Achtung Steinschlag





                    Mächtiges Solorentier











                    Im Dschungel




                    Am nächsten Tag geht es Marianne leider nicht gut, sie klagt über Schwindel und Übelkeit. Die harte Etappe vom Vortag fordert ihren Tribut, irgendwie eine logische Konsequenz. Auch ich fühle mich körperlich nicht sonderlich wohl, aber ein Ruhetag mitten im dichtesten Wald, wo derzeit abertausende Mücken diverser Rassen eine Blutsaugerconvention abhalten, löst bei mir nicht gerade Freudenstürme aus. Nach einigen Überlegungen beschließen wir jedoch, dass es heute einfach keinen Sinn macht aufzubrechen und verschieben unseren Aufstieg auf die Nordseite des Rapadalen auf den nächsten Tag. Das einzig positive dabei ist, dass das Wetter noch immer mitspielt.

                    Nach einer halbwegs ruhigen Nacht ist Marianne am nächsten Tag noch immer übel, sie will heute aber trotzdem losgehen. Nach einem ausgedehnten Frühstück brechen wir auf, leidergottes verabschiedet sich dieses nach nur wenigen Minuten bereits wieder aus ihrem Magen – über 100 km von der Zivilisation entfernt wäre eine Krankheit jetzt wohl nicht sonderlich lustig. Erstaunlicherweise geht es ihr danach aber rasch besser und wir schaffen den Aufstieg zum Alep Vassjajagasj. Die Blicke über das Rapadalen sind einfach nur beeindruckend, hier sieht man, dass die Natur noch immer der beste Architekt ist, den dieser Planet zu bieten hat. Rund um uns befinden sich mächtige, vergletscherte Berge, im Tal schlängelt sich ein Fluss in mehreren Armen durch dichtesten, arktischen Urwald. Wir sitzen darüber und im Hintergrund ziehen hunderte Rentiere ihre abendliche Runde über die Hochflächen dieses arktischen Paradieses. ÜBERWÄLTIGEND SCHÖN.



                    Blick über das Rapaselet









                    Nochmal Rapaselet, der schönste Ort den ich bis jetzt gesehen habe




                    Neugieriges Rentier bei meinem Rucksack








                    Große Rentierherde, in diesem Moment hab ich mich das erste Mal wirklich als Teil der Natur gefühlt und nicht als Besucher.










                    Halb fünf Uhr am Morgen, Nebel im Rapaselet und Aufbruch Richtung Skierrfe










                    Lenticularis Wolken (Föhnwolken) über dem Gadojktjahka und Bielloriehppe. Darüber altocumulus castellanus Wolken (Gewittervorboten) weil sie auf hohe Feuchte in der mittleren Atmosphäre hindeuten.




                    Nochmal das neugierige Rentier
                    Zuletzt geändert von SteHo; 11.12.2013, 20:41.
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                    • Mika Hautamaeki
                      Alter Hase
                      • 30.05.2007
                      • 3979
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                      Tolle Photos!!!
                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                      A. v. Humboldt.

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                      • Hunter9000
                        Dauerbesucher
                        • 02.06.2012
                        • 671
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                        Wirklich tolle Fotos.

                        Habt ihr noch herausgfunden, was es mit der Übelkeit deiner Freundin auf sich hatte? Falsches Essen, Dehydration, oder einfach Überanstrengung?

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                        • SteHo
                          Anfänger im Forum
                          • 11.01.2013
                          • 39
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                          Zitat von Hunter9000 Beitrag anzeigen
                          Wirklich tolle Fotos.

                          Habt ihr noch herausgfunden, was es mit der Übelkeit deiner Freundin auf sich hatte? Falsches Essen, Dehydration, oder einfach Überanstrengung?
                          Erstmal ein herzliche DANKE :-)

                          Das ist wirklich eine gute Frage, die wir uns zu der Zeit recht häufig gestellt haben. Die Ernährung war natürlich nicht so wie zuhause, aber ich denke, dass dies nicht der Auslöser war. Auch das Wasser als Verursacher kann man wahrscheinlich ausschließen, da wir immer aus den selben Quellen getrunken haben.

                          Die wahrscheinlichste Variante ist meiner Meinung nach eine Kombination aus Überanstrengung, zu wenig Schlaf und doch auch psychischer Stress (wobei man das sicher nicht getrennt voneinander betrachten kann, das eine beeinflusst ja schließlich auch beide anderen Faktoren etc.) So lange war von uns schließlich noch niemand so lange ohne Kontakt zur Außenwelt und zu anderen Menschen. Interessant war natürlich, dass es dann nachher recht schnell verflogen ist, kann natürlich aber auch auf die gut sortierte Reiseapotheke zurückführen :-)
                          http://www.stefan-hofer.com

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                          • SteHo
                            Anfänger im Forum
                            • 11.01.2013
                            • 39
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                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                            Ein Hauch von Zivilisation



                            Die erste menschliche “Siedlung” mit dem Namen Aktse ist nun nurmehr ein bis zwei Tagesmärsche entfernt, wenngleich es von dort noch irgendwas zwischen 70 und 100 km bis zur ersten echten Siedlung mit Bushaltestellte – Kvikkjokk – sind. Am Weg nach Aktse müssen wir bei äußerst hohen Temperaturen teils in tiefe Schluchten absteigen, um auf der anderen Seite, mit unseren schweren Rucksäcken am Rücken, felsige Wände hochzuklettern. Die Aussicht von den Nordhängen des Rapadalen ist aber weiterhin fantastisch, das Flussdelta ist wirklich außerordentlich spektakulär.

                            In den frühen Nachmittagsstunden erreichen wir die Schlüsselstelle der letzten Tage, die steile Südflanke des Gierdogiesjtjahkka. Wir versuchen diesen nördlich zu umgehen, aber auch hier präsentiert sich uns ein steiler, mit großen Felsen durchzogener Hang. Teilweise sind auch “leichte” Kletterstellen dabei – es geht aber alles gut und so erreichen wir die Hochfläche vor unserer letzten Passüberquerung. Nachdem wir das erste Mal seit fast 2 Wochen Handyempfang haben, melden wir uns in der Heimat. Wir sind voller Euphorie, weil wir ab dem nächsten Tag auf dem Kungsleden, und damit auf einem befestigen Pfad laufen werden. Gar nicht so sehr, weil es sich um einen gut begehbaren Pfad handelt, sondern vielmehr aufgrund der “Sicherheit”, im Falle eines Unfalles bessere Möglichkeiten zu haben um Hilfe zu bekommen.


                            Blick Richtung Laiture Delta



                            Blick von einem Sattel knapp westlich des Skierrfe auf das Laitaure Delta




                            Ein Steinadler kreist über uns (der am Morgen gar nicht weit von uns von zwei Möwen "gejagt" wurde)


                            Nochmal das Delta



                            Nachdem wir circa eine Stunde Pause gemacht hatten, kündigen dunkle, hochreichende Wolken ein nahendes Gewitter an. Etwas später erreicht uns dieses in einer denkbar ungünstigen Lage, denn wir sind gerade auf einer exponierten Hochfläche, ohne Möglichkeit rasch ins Tal abzusteigen. In gar nicht so entfernter Entfernung schlagen ein paar Blitze ein und wir suchen uns geeignete Mulden in die wir uns knien können, damit wir nicht den höchsten Punkt in der Umgebung darstellen. Auch diese Situation überstehen wir unbeschadet, und wir machen uns im strömenden Regen (obwohl rundherum die Sonne scheint) auf den Weg nach Aktse. Dort kommen wir erst spät am Abend an.

                            Anmerkung des Autors: Ich habe meiner Freundin vor dem Urlaub erklärt, dass es nördlich der Polarkreises nur äußerst selten Gewitter gibt. Das bekomme ich heute noch sehr häufig zu hören - Der Grund dafür ist kurz erklärt: Ich bin studierter Meteorologe


                            Abendlicher Gewitterturm
                            http://www.stefan-hofer.com

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                            • Pielinen
                              Fuchs
                              • 29.08.2009
                              • 1348
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                              Zitat von Hunter9000 Beitrag anzeigen
                              Wirklich tolle Fotos.

                              Habt ihr noch herausgfunden, was es mit der Übelkeit deiner Freundin auf sich hatte? Falsches Essen, Dehydration, oder einfach Überanstrengung?
                              Das kann schon mal vorkommen. Das Wasser macht zwar nicht krank aber der Darm reagiert u.U. doch auf die ungewohnte Bakterien und Plankton Zusammensetzung, dazu noch die ungewohnte physische Belastung und noch möglicherweise zu wenig getrunken. Das Campingessen ist auch erstmal ungewohnt. Die Psyche ist es eher nicht.
                              Ich reagiere auf Tour auch gerne mit einer "beschleunigten Verdauung".

                              Amsonsten hübscher Bericht, ist ja sozusagen die Einstandtour für den Sarek. Für mich war das die zweite Tour in Lappland,

                              1988
                              Wer nichts weiß muss alles glauben...

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                              • efbomber
                                Erfahren
                                • 23.08.2010
                                • 228
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                                Zitat von SteHo Beitrag anzeigen
                                Wir haben uns erst nach langem hin und her, für und wider und hunderten Pro und Kontra-Listen dafür entschieden, nicht den kürzeren Weg durch das Snavavagge, sondern rund um den Laddebakte zu gehen. Dieser Weg ist zwar laut Karte etwas länger, weist aber im Gegensatz zur anderen Variante keine mitunter etwas heikleren An- und Abstiege auf.
                                Gerade der nordwestliche Einstieg ins Snávvávágge ist in meinen Augen nicht ohne. Als absoluter Anfänger war das damals mein erster "Klettersteig". Bei Regenwetter besonders abzuraten für einen Neuling. Da bei uns damals allerdings auch die Zeit eine Rolle gespielt hat, haben die Pros auf unserer Liste für den Aufstieg gestimmt.... Ich kann heute noch über mich und meine Anspannung lachen! Schön war es trotzdem

                                Dein Bericht ist kurz und sachlich gehalten mit vielen richtig tollen Bildern geschmückt. Das Wetter war euch ja an den wichtigen Tagen gut gestellt. Das Rapadalen ist in meinen Augen eines der schönsten Täler der Welt. Deine Fotos belegen dieses in meiner Ansicht nach sehr eindrucksvoll! Danke für den Bericht!

                                Gruß
                                David

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                                • ich
                                  Alter Hase
                                  • 08.10.2003
                                  • 3566
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                                  Tolle Bilder!

                                  Meine letzte Tour da oben ist schon viel zu lange her...
                                  Nicht nur Fuchs sein, auch n puschigen Schwanz haben!

                                  Spaß im Winter und Wandern mit Kindern

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                                  • Tie_Fish
                                    Alter Hase
                                    • 03.01.2008
                                    • 3550
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                                    Grüße, Tie »

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                                    • Philipp88
                                      Anfänger im Forum
                                      • 30.09.2012
                                      • 15
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                                      Sehr schöner Berucht und natürlich auch Bilder.
                                      Wie lange habt ihr denn für die Tour gebraucht?

                                      Viele Grüße,

                                      Philipp

                                      Kommentar


                                      • smeagolvomloh
                                        Fuchs
                                        • 07.06.2008
                                        • 1929
                                        • Privat

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                                        AW: [SE] Mein Erstlingswerk: Sarek Durchquerung 2013 - Von Ritsem nach Kvikkjokk

                                        Vielen Dank für das Einstellen des Berichtes. Sehr unterhaltsam und die Fotos sind wirklich klasse!

                                        "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit."
                                        Wilhelm von Humboldt, 1767-1835

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