Die Donau entlang

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  • Enja
    Alter Hase
    • 18.08.2006
    • 4750
    • Privat

    • Meine Reisen

    #41
    AW: Die Donau entlang

    3.9.2013

    Wir sind nicht begeistert. Im Zelt schlafen wir deutlich besser. Aber gut, den Versuch war es wert. Als wir bezahlen wollen, erklärt man uns, dass die 22 € natürlich „pro Person“ seien. Wir also 44 € bezahlen müssen. Was wir tun, um keinen weiteren Ärger zu riskieren. Unser Wunsch, in Privatzimmern zu übernachten, ist aber nun bei Null. Jedes Hotel wäre hier günstiger gewesen. Und hätte uns ermöglicht, zu duschen.

    Weit weg von der Donau radeln wir Richtung Osijek. Osijek liegt an der Drau. Nicht an der Donau. Aber das Mündungsgebiet der Drau ist ein sumpfiger Naturpark, durch den keine Radwege führen. Also heißt es wieder mal „Straße radeln“ und wir sind froh, als wir Osijek erreichen. Auf unserer Seite der Drau liegt zunächst einmal die Festung, in der wir uns ein bißchen umsehen. Da wir die Auffahrt auf die Straßenbrücke verpassen, folgen wir zunächst einmal diesem Ufer mit schönen Ausblicken auf die Stadt. Es geht eine Uferpromenade entlang durch einen Park.

    Nachdem man uns durch ein Freibad mit allerhand Verbotsschildern durchgewinkt hat, überqueren wir die Drau auf einer Hänge-Fußgängerbrücke. Drüben sind wir direkt im Stadtzentrum. Hier sieht man viele Häuser, die mit Einschusslöchern geradezu übersät sind.

    Osijek ist berühmt für seine Sezessionsbauten. Zunächst einmal aber kommen wir an einem bedeutenden Werk der Moderne vorbei. Das Kino Europa. Es ist offensichtlich im Krieg auch böse erwischt worden. Speziell der Schriftzug „Europa“ ist von kleinen und großen Einschusslöchern umgeben, was etwas speziell wirkt. Einige Ecken weiter treffen wir auf das Kino Urania und sind nun bei den Sezessionsbauten angekommen. Leider kann man es nicht von innen besichtigen. Von außen ist es eindrucksvoll.

    Und von hier ab schieben wir unsere Räder an der langen Reihe der Sezessionsbauten entlang. Einer ist schöner als der andere. Nichts an diesen Bauten ist Einheitsware. Jedes ist wunderschön durchgestaltet. Manches wirkt zwar etwas bröselnd. Aber gerade das macht den Reiz aus. Besonders die schönen schmiedeeisernen Gitter sind noch Original. In dieser Form haben wir das bisher noch nicht gesehen. Genauso die Fenster.

    Anschließend geht es noch durch die Festung mit hübschen Lokalen und vielen Gebäuden der Universität, bevor wir wieder den üblichen Gewerbegürtel durchqueren, in dem sich praktischerweise die gleichen Discounter finden, wie wir sie auch zu Hause haben. Irgendwo stadtauswärts verlieren wir den EV 6 und landen auf der Hauptstrecke in Richtung Vukovar. So viel Verkehr hier? Das kann doch nicht die Nebenstrecke sein? Aber holla. Der Wind bläst uns geradezu voran. Wir sind mit 35 kmh unterwegs. Umkehren? Nö, wieso denn. Macht einfach großen Spaß.

    Einen gefühlten Wimpernschlag später sind wir in Vukovar. Das macht Hoffnung. Wir können Kroatien mit all seiner Camping-Feindlichkeit und seinen geschäftstüchtigen Bewohnern bald verlassen. Hurra. In Vukovar biegen wir zunächst mal zum Palais derer zu Eltz ab. Der Name ist uns vom Limburger Bauskandal her präsent. Na gut. Heute ist das ein Museum. Wunderbar restauriert. Barock und schön ockergelb gestrichen. Hinter dem Gebäude geht es runter an die Donau. Auf einer Bank an der Uferpromenade machen wir ein Picknick.

    Es herrscht lebhafter Betrieb. Um einen kleinen Bootshafen radeln wir noch fröhlich herum. Dann wird es schwierig. Die Stadt ist eine einzige Baugrube. Da werden Rohrleitungen verlegt. Das ist bestimmt sehr nützlich. Aber wir müssen auf die Durchgangsstraße ausweichen, um überhaupt durchzukommen. Und dort ist es unidyllisch. Allerdings nähern wir uns nun dem Wahrzeichen Vukovars. Dem zerschossenen Wasserturm. Er ist besonders groß für einen Wasserturm, steht auf einem Hügel zwischen Straße und Donau. Und es hat ihn wirklich böse erwischt. Sowohl die Betonrippen als auch die Ziegelflächen dazwischen bröseln vor sich hin und wehen regelrecht im Wind. Mutige Besucher scheint das nicht besonders zu stören. Ich halte lieber Abstand. Ein eindrucksvolles Denkmal der Sinnlosigkeit des Krieges.

    Nun haben wir Kroatien schon fast hinter uns. Gerne würden wir noch weiter bis Serbien, wo man, wie uns jedenfalls unsere Karte verspricht, jederzeit wild campen darf. Aber auch kein Campingplatz in Reichweite ist. Es geht oben an der Kante zum Donautal entlang. Ab und zu kann man sie sehen. Wir kommen flott voran.

    Bis sich das Ufer insofern ändert, als kleine tief eingeschnittene Bäche unseren Weg kreuzen. In jedes Dorf geht es jetzt tief hinunter und auf der anderen Seite wieder nach oben. Das beschert uns atemberaubende Ausblicke – und weiche Knie. Der Tag ist schon weit fortgeschritten. Zeit nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu gucken. So erreichen wir Sarengrad. Hier gibt es ein Kloster, das wir uns ansehen wollen. Es ist hübsch gelegen. Und wird gerade renoviert. Turm und Dach waren offensichtlich genauso wie der Wasserturm in Kampfhandlungen verwickelt. Zurück auf der Hauptstrecke treffen wir drei Friedensradler. Der Vortrupp einer Gruppe von 20, die durch den Balkan für den Weltfrieden radeln. Ohne einen Pfennig Geld. Jetzt auf der Suche nach einem Plätzchen, wo sie ihre Zelte aufbauen können. Sie wollen hier auf die anderen warten. Wir fahren weiter.

    Und sehen ein Schild. „Free Camping“ steht drauf. Ist das nicht das, was wir alle wollen? Wir sehen uns an und biegen ab. Es lohnt sich. Ein kleines Restaurant am Donauufer. Ein so hübsches Plätzchen, wie wir es unterwegs noch selten hatten. Eine kleine Wiese mit Gartenmöbeln. Eine Quelle. Toiletten. Was wollen wir mehr? Wir werden freundlich empfangen. Natürlich können wir hier unser Zelt aufbauen. Nein, das kostet nichts. Wir nehmen das gerne an und melden uns zum Essen an. Es gibt Fisch, wie meist an der Donau. Dazu frisch gebackenes Brot. Weintrauben, Pflaumen und Pfirsiche aus dem eigenen Garten. Toll. Wir sind rundum zufrieden.

    Wir hatten schon vermutet, dass die Friedensradler auch auftauchen würden. Und es dauert nicht lange. Sie machen dem Wirt gleich mal klar, dass er von ihnen keinen Cent bekommen wird. Sie möchten nur die Toiletten etc. nutzen. Und natürlich ihre vielen Handys und was sie sonst noch so dabeihaben, aufladen. Dazu haben sie jede Menge Mehrfachstecker dabei. Jeder baut sein Zelt auf. Aus mehreren großen Fahrradanhängern wird eine Feldküche ausgepackt. Sie kochen vegan. Hauptsächlich Kartoffeln. Das Essen wird von den Feldern gesammelt. Der Wirt bringt ihnen Obst. Sie sind auf dem Weg nach Novi Sad, wo es ein Fahrradcafe gibt, wo man umsonst schlafen kann. Und die reparieren einem dann auch noch die Räder. Und eine Armenküche gibt es dort auch. Wo man kostenlos essen kann. Na denn. Der Wirt macht die Runde und bietet Pflaumenschnaps an.

    Mit ein paar Dorfbewohnern sitzen wir noch beim Bier. Thema ist wie überall hier: Der Krieg. „Vorher lebten hier Kroaten und Serben zusammen. Sowas geht nicht. Dann kam der Krieg. Alles war kaputt. Viele Menschen tot. Und alle hassen einander nun. Im Dorf leben Serben und Kroaten.“

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    • Enja
      Alter Hase
      • 18.08.2006
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      • Meine Reisen

      #42
      AW: Die Donau entlang

      4.9.2013

      Die Morgensonne trocknet zügig unser Zelt. Wir sitzen beim Kaffee und sehen den Friedensradlern zu. Sie kochen auf offenem Feuer. Das Holz dazu haben sie auf dem Grundstück eingesammelt. Der Vortrupp bricht früh auf. Sie erkunden die Straßen und malen für die anderen Pfeile auf. Die letzten, die erst spät in der Nacht angekommen sind, schlafen noch tief.
      Wir sind bald in Ilok und sehen uns dort zunächst mal das Kloster an. Von dort oben hat man einen sehr schönen Blick über das Donautal. Die Brücke bildet die Grenze. Vor der Auffahrt werden wir von den Kroaten kontrolliert, die nichts gegen unsere Ausreise haben. Am anderen Ende warten die Serben. Sie begrüßen uns freundlich, winken uns gleich aus der Warteschlange nach vorn und wünschen uns nach einem kurzen Blick auf unsere Ausweise „Gute Fahrt“.

      Fazit Kroatien: Perfekte Straßen, Landschaft ziemlich unspektakulär, nicht unser Lieblingsland - vielleicht war unser Aufenthalt zu kurz.

      Serbien ist anders. Die Straßen sind nicht mehr perfekt. Eher wie in Ungarn. Die Häuser nicht herausgeputzt. Die meisten Schilder ausschließlich kyrillisch beschriftet. Die Leute grüßen freundlich. Die westeuropäischen Supermarktketten fehlen – ab jetzt kaufen wir in Dorfläden. Es gibt deutlich mehr Hunde. Darunter viele sehr große. Sie kläffen aber überwiegend hinter Zäunen. Und ab jetzt ist der Straßenrand und die Landschaft vermüllt.

      Wir fahren bis Backa Palanka – Mitte und biegen dort auf die Straße nach Novi Sad ein. Es gibt schönere Strecken. Die Donau ist weit weg. Es staubt und stinkt. Aber die Autofahrer verhalten sich auch hier uns gegenüber mustergültig. In Futog treffen wir auf das Donauufer und biegen auf den Dammweg ein. Er ist zwar als „fast unbefahrbar“ in der Karte eingetragen, aber das war vielleicht früher mal. Auch hier säumen Angler das Ufer und mit schönem Blick auf die Donau und das Landleben um uns herum haben wir Novi Sad bald erreicht.

      Es geht ein bißchen durch die Vororte und schließlich eine belebte Uferpromenade entlang. Für Fußgänger, Radfahrer, Jogger und Inlineskater gibt es hier jeweils eigene Spuren. Der Radweg ist relativ schmal und stark befahren. So wären wir fast an den beiden Engländern vorbeigeschossen, die hier auf einer Bank sitzen und rasten. Natürlich setzen wir uns dazu. Sie wollen heute noch bis Zemun. Wir wohl eher nicht.

      Zuerst einmal sehen wir uns natürlich Novi Sad an. Die Innenstadt ist übersichtlich. Ein bißchen viele Plattenbauten, aber es gibt eine nette Fußgängerzone mit gemütlichen Straßenkaffees. Auf einmal rasselt es neben uns. Aus der Dachkante eines Hauses fällt haufenweise Putz begleitet von einigen Backsteinen. Die Sonnenschirme darunter fangen das auf, so dass niemand verletzt wird. Aber es setzt doch eine panikartige Fluchtbewegung ein.

      Als wir unsere Runde beendet haben, überqueren wir die Donau in Richtung Festung Petrovaradin und folgen der stark befahrenen Straße nach Sremski Karlovci. Wir sehen uns die Kirchen an, bummeln durch die barocke Altstadt und gehen ein Eis essen. Kleine Verschnaufpause bevor es aufwärts in Richtung Fruska Gora geht.

      Die Straße nach Sremski Karlovci war schon extrem befahren. Aber eben. Jetzt geht es mit dem gleichen starken LKW-Verkehr gemeinsam steil bergauf. Auf relativ schmaler Straße. Entsprechend sind wir in Schweiß gebadet, als wir oben ankommen. Aber schön ist es hier. Von der Passhöhe aus sieht man über die Berge und Täler. Hier biegen wir ab, um das Kloster Krusedol zu besuchen. Der Weg ist gut ausgeschildert und relativ eben. Wir entspannen uns. Wie schön, dass da an einer Ecke eine Vinoteca liegt. Wir setzen uns zu den anderen dort in den Schatten und probieren den Wein aus dem Weinberg oben drüber.

      Das Kloster liegt auf einem großen Gelände. Wir kaufen uns eine Postkarte, da kein Eintritt verlangt wird, aber um Einkauf im Klosterladen gebeten wird. Außer Postkarten gibt es dort nichts. Die kleine Klosterkirche ist sehr alt und komplett ausgemalt. Und sehr orthodox. Daran müssen wir uns erst noch gewöhnen.

      Rasant abwärts bis Beska und ab dort eben dem Donaubogen nach fahren wir weiter Richtung Belgrad. Bis Zemun werden wir es nicht mehr schaffen. Die Straße ist mal besser, mal schlechter, ab und zu nur geschottert – wir kommen nicht wirklich voran. Es wird dunkel. Wir biegen ab Richtung Stari Slankamen. Meine Güte liegt das tief unten. Uns war gar nicht klar, wie hoch hier das Ufer über dem Tal liegt. Durch eine eindrucksvolle Schlucht geht es abwärts in das hübsche Örtchen unten. Wir fahren an einem Hotel vorbei immer den Schildern „Marina“ folgend. Dort gibt es einen Hafen und ein Restaurant. Wir fragen, ob wir dort irgendwo unser Zelt aufbauen können. Ja, können wir. Wir könnten auch im Restaurant schlafen oder auf einem Boot. Da entscheiden wir uns natürlich für das Boot. Das ist doch mal was anderes. Nach einem gemütlichen Abendessen – es gibt Fisch – führt man uns über diverse Stege und Anleger zu einem Kajütboot. Es schaukelt leise vor sich hin. Man warnt uns noch davor, dass um 6.15 Uhr das tägliche Kreuzfahrtschiff vorbeidonnern wird.

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      • Enja
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        • Meine Reisen

        #43
        AW: Die Donau entlang

        5.9.2013

        Eine halbe Stunde vor Ankunft hört man das Kreuzfahrtschiff heranwummern. Seine Bugwelle lässt unser Schiffchen heftig auf und ab hüpfen. Wir setzen uns an Deck und sehen zu, wie das Leben rundherum erwacht. Fischer fahren hinaus und kommen mit dem zurück, was sich über Nacht in ihren Netzen verfangen hat. Andere fahren raus, um ihre Angeln ins Wasser zu halten. Und die Last-Schubverbände, die in der Nähe vor Anker lagen, machen sich zur Abfahrt bereit.

        Wir frühstücken im Restaurant, wo man anschließend einige wenige Euro für beide Mahlzeiten und die Übernachtung haben will. Wir verdoppeln die Summe. Da ist es immer noch herzlich wenig. Mit frischen Kräften sind wir schnell wieder oben an der Nebenstrecke Richtung Belgrad. In Novi Banovci kreuzen wir die Autobahn. Ab hier wird der Verkehr stärker.

        In Batajnica treffen wir auf die Hauptstrecke Novi Sad – Belgrad. Ab hier fahren die LKWs dicht an dicht. Dazwischen viele PKWs und unzählige Busse in allen Größen. Wir fahren am Straßenrand, wo die Straßenschäden besonders groß sind. Das erfordert hohe Konzentration. Ampel folgt auf Ampel. Dort knäuelt sich jeweils der Verkehr. Dazwischen liegen die Bushaltestellen, bei denen wir immer wieder die Busse kreuzen müssen. Lärm, Staub und Dreck tun ihr Übriges.
        Wir sind froh, als wir kurz vor Zemun den Abzweig zum Campingplatz erreichen. Er liegt ein Stück von der Straße weg im Gewerbegebiet. Die Ausstattung ist in Ordnung. Die sanitären Anlagen ordentlich. Es gibt heißes Wasser. Ein kleines Restaurant. Kostenloses W-Lan. Eine etwas spärlich bewachsene Wiese. Sowohl Schatten als auch sonnige Flächen. Einen ehemaligen Pool in der Mitte und eine schöne Aussicht über die Donau.

        Wir beschließen, den Nachmittag hier zu verbringen, mal wieder ordentlich zu duschen und unsere Wäsche zu waschen. Zwei Donauradler liegen neben Zelt und Fahrrädern schlafend neben ihrem Zelt. Wir bauen unseres auf, erledigen unsere Arbeit und halten auch bald ein Nickerchen.

        Die beiden Schwaben sind auf dem Weg nach Istanbul. Sie haben unbegrenzt Zeit uns sind sehr gemütlich unterwegs. Morgen wollen wir alle Belgrad passieren. Mal sehen, wie das klappen wird.

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        • Enja
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          #44
          AW: Die Donau entlang

          6.9.2013

          Noch ein paar Kilometer Hauptverkehrsstraße bis zum Abzweig nach Zemun. Zemun ist ein hübscher Vorort an der Donau mit der üblichen Uferpromenade. Gemütlich geht es hier entlang an diversen lokalen, Clubschiffen, Diskotheken und schließlich durch einen Park in die Save-Mündung hinein bis zur Brücke zur Innenstadt. Belgrad liegt auf einem Höhenzug. Alles ist, wie überall in Serbien mustergültig ausgeschildert. Die Kreuzungen sind zudem durchnummeriert, so dass man den Standort jederzeit auf der zugehörigen Karte findet.

          Nach Überquerung der Save treffen wir auf einen Fahrrad-Aufzug samt Chauffeur, der uns nach unten auf den Kai schafft. Dort liegen diverse Kreuzfahrtschiffe. Die Passagiere werden in Busse verfrachtet. Die Save entlang geht es zurück zur Donau. Vorne an der Mündung findet ein Volksfest statt. Es ist aber noch früh. Die Fischsuppe wird überall gerade erst vorbereitet. Genauso wie die Grillspezialitäten. Schließlich wendet sich der Radweg wieder landeinwärts und führt steil aufwärts. Rechts von uns liegt der Kalemegdan Park. Den wollen wir uns nicht entgehen lassen. Darin befinden sich die Überreste der Belgrader Festung. Von oben hat man eine tolle Aussicht über Donau und Save, so dass sich hier auch die Reisegruppen tummeln. Und ansonsten tobt das Leben.

          Nun haben wir den Radweg verloren und bummeln gemütlich durch die Belgrader Innenstadt, wobei wir nach und nach an den meisten Sehenswürdigkeiten vorbeikommen. Auch hier gibt es viele Lokale zum Einkehren. Die Preise sind allerdings im Vergleich zu denen auf dem Land recht hoch. Mit Radfahren ist nicht viel zu wollen. Der Verkehr ist teilweise extrem. Und irgendwann reicht es uns. Wir wollen weiter. Wir schlagen unserem Navi vor, uns nach Pancevo zu bringen. Stellen dabei aber fest, dass es in Belgrad keine Straßen kennt. Wir folgen soweit es geht dem gelben Pfeil. Und sehen schließlich die Brücke nach Pancevo unten liegen. Vier Autospuren, dazwischen die Bahnschienen. Darauf dichter schnell fließender Verkehr.
          Wir möchten jetzt hauptsächlich eines: raus aus der Großstadt. Geradewegs. Also fackeln wir nicht lange, biegen in die Brückenzufahrt ein und rasen so schnell es geht abwärts. Das geht ziemlich schnell. Und so verpassen wir die Auffahrt auf den Seitenweg für Fußgänger. Der sieht zwar ziemlich rumplig aus, aber normalerweise nehmen wir den, um den Autoverkehr weniger zu stören. Einmal auf der Brücke, kommt man da nicht mehr hoch.

          Der Verkehr in der rechten Spur muss jetzt hinter uns her hoppeln. Was er auch geduldig tut. Trotzdem sind wir froh, als wir am gegenüberliegenden Ufer auf einen Seitenstreifen ausweichen können. Von dem aus auch der EV 6 in Richtung Damm abzweigt. Am Dorf entlang geht es auf schmalen Wegen aber bald sind wir auf dem Damm angekommen. Er ist nicht besonders gut befahrbar, führt aber an einer sehr sehenswerten Sumpflandschaft entlang. Wir sehen den Vogelschwärmen zu und freuen uns an der vielfarbigen Landschaft.

          Kurz vor Pancevo landen wir wieder auf der Hauptstrecke. Hier staut sich der Verkehr. Da es nur im Schritttempo vorangeht, fahren wir nebeneinander hinter einem riesigen Langholztransporter. Sobald es einen Abzweig in den Ort gibt, nehmen wir den. Allzuviel zu sehen gibt es hier nicht, so dass wir bald stadtauswärts Richtung Kovin fahren. Hier geht es an den Industrieanlagen und Raffinerien entlang, die die Nato hier versehentlich so wirksam bombardiert hat. Jetzt ist alles nagelneu. „Messer“ steht dran.

          Die Straße lässt sich gut fahren. Wir folgen ihr bis Banatski Brestovac. Hier kaufen wir ein. Das Gemüse an einem Stand an der Straße. Im Laden gab es nur „Überlagertes“. Man schenkt es uns. So wenig, wie wir brauchen, könne man nicht abrechnen. In Richtung Donau soll von hier aus eine befestigte Straße zum Campingplatz führen. Ausgeschildert ist nichts. Wir finden sie aber trotzdem. Es ist die einzige in dieser Richtung. Eine Elektroleitung führt dran entlang. Zum Campingplatz. Die Strecke zieht sich. Und „befestigt“ ist natürlich ein dehnbarer Begriff. Da fällt auch Kopfsteinpflaster drunter. Oder wie hier Betonplatten.

          Jedenfalls finden wir kurz vor dem Donaudamm den Platz. Schön eingegrünt. Neue Sanitäranlagen. Dauercamper füllen ihn. Aber als wir versprechen, nur übernachten zu wollen, bekommen wir eine Wiese gezeigt. Ein Zelt steht schon drauf. Zwei Fahrräder. Eine Schweizer Fahne. Aha. Das sind die beiden auf Weltreise. Im Moment unterwegs nach Thailand. Wir haben sie noch nicht getroffen, aber schon von ihnen gehört. Und während wir unser Zelt aufbauen, biegen die beiden Schwaben aus Zemun um die Ecke.

          Das muss gefeiert werden. Glücklicherweise gibt es hier auch noch Bier zu kaufen. Wir kochen und essen in gemütlicher Runde und berichten von unseren bisherigen Erlebnissen.

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          • Enja
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            • 18.08.2006
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            • Meine Reisen

            #45
            AW: Die Donau entlang

            7.9.2013

            Morgens werden wir früh geweckt. Die Tische und Bänke gehören zum Markt. Es sind diverse Traktoren vorgefahren, um ihre Waren hier aufzubauen. Schnell räumen wir unser Zeug weg und frühstücken erst einmal gemütlich zwischen den Zelten. Heute ist die Ausrüstung dran. Hilleberg oder Nicht-Hilleberg. Rohloff oder Nicht-Rohloff. Das muss alles ausdiskutiert werden. Währenddessen trocknen die Zelte. Und jeder hat so seine eigene Art alles wieder zusammenzupacken und auf den Rädern zu verstauen.

            Wir starten als erste den Damm entlang. Ein bißchen Hoppeln. Ähnlich wie gestern haben wir rechts eine ständig wechselnde Sumpflandschaft und die Donau, links Wiesen und Bauerngehöfte. Wir können uns gar nicht satt sehen. Allerhand Vieh wird zum Weiden über den Damm getrieben. Besonders fotogen eine Gruppe gepunkteter Schweine in allen Größen. Ich begrüße deren Hirtin mit einem freundlichen „Dobre den“ worauf sie mir mit „wunderschönes Wetter heute“ antwortet. Auch hier sprechen viele deutsch.

            Zwei Reiseradler kommen uns grußlos entgegen. Kurz danach treffen wir auf einen Langholztransporter und einen Mercedes mit einem geöffneten Kofferraum. Eine bunte Tasche wird gegen ein dickes Bündel Geldscheine getauscht. Alle strahlen. Drogenhandel? Aber braucht man dazu einen Langholztransporter? Und wie kommt der überhaupt auf den Damm? Fragen über Fragen.

            Bald erreichen wir die Donaubrücke bei Kovin. Als wir hier besonnen ins Wasser sehen, überholen uns die Schweizer, die in den Ort wollen, um Essen zu gehen. Es ist Mittagszeit. Der sorgfältig beschilderte Radweg führt ebenfalls nach Kovin. Wir umrunden ein Gewerbegebiet, fahren aber bald auf dem Damm weiter. Heute ist uns danach. Man kommt zwar nicht besonders vorwärts, aber es gibt viel zu sehen.

            Hinter Kovin geht es ein Stück durch den Wald aber bald führt uns der Damm wieder dicht an der Donau entlang durch Sumpf und Weidelandschaft. Erst in Dubovac werden wir wieder die Straße erreichen. Und auf halber Strecke von Kovin her liegt bei Gaj ein Campingplatz an einem Donau Altarm. Theroretisch. Praktisch treffen wir hier auf eine riesige Baustelle. Wir müssen runter vom Damm auf einen Nebenweg, der noch hoppliger ist als der Weg bisher. Ein Stück weiter geht es wieder hoch und mitten über die Baustelle. Riesige LKWs und Radlader sind dabei, die Landschaft bis zum Horizont auf Dammhöhe aufzufüllen. Sieht weniger nach einer Campingplatzerweiterung (von dem sieht man noch Reste) als eher nach einer neuen Gewerbefläche aus. Hier wollten unsere momentanen Reisebegleiter übernachten. Das wird wohl nichts.

            In Dubovac endet der Dammweg und es geht zurück auf die Durchgangsstraße, auf der wir ein Naturschutzgebiet durchqueren. Einen Wald. 10 km lang führt die Straße schnurgeradeaus durch. Mit einer Kurve verlassen wir den Wald und fahren auf die Brücke über den Kanal Dunav-Tisa-Dunav. Unter uns führt der Kanal genauso kerzengeradeaus wie vorher die Straße zwischen zwei Dämmen dahin. Unten wird reichlich gecampt und geangelt. In einer steilen Kurve geht es abwärts auf den geschotterten Dammweg. Wir rutschen gerade runter, als die beiden Schwaben oben auf der Brücke erscheinen.
            Nanu, wir hätten sie weit hinter uns vermutet. Es stellt sich heraus, dass sie ab Kovin die Straße genommen haben. Wir fahren ein Stück gemeinsam, mögen so langsam aber nicht radeln und haben bald wieder einen Vorsprung. Bald erreichen wir Stara Palanka und damit auch wieder die Donau, die hier einen großen See bildet. Von hier aus geht es entweder weiter nach Rumänien oder mit der Fähre hinüber auf das andere Ufer nach Ram. Wir hoffen, dass sie passend fährt. Am Anleger ist ein gemütlicher Biergarten, in dem die Schweizer sitzen. Sie haben bereits erkundet, dass die nächste Abfahrt um 16 Uhr sein wird, dann wieder eine um 18 Uhr. Also alles perfekt. Noch genug Zeit für ein Bier. Und die Schwaben kommen auch noch rechtzeitig.

            Viertel vor Vier erscheint die Fähre. Der Anleger ist geschottert. In diesen Schotter rammt die Fähre ihre Rampe auf der gleichfarbiger Schotter liegt. Der auf der Rampe an der anderen Seite ist rot. So sieht wohl der Anleger drüben in Ram aus. Die Schiffsbesatzung erscheint mit Schaufeln und ebnet den Autos den Weg von der Fähre. Die Autos, die in die Gegenrichtung wollen, stehen schon bereit. Um 16 Uhr schieben wir unsere Räder an Bord. Die Fähre besteht aus einem Ponton mit einer Rampe an jeder Seite. Daran ist ein kleines Schiffchen befestigt, dass den Ponton zieht. Um wieder zurückzuschippern, muss das Schiffchen erst einmal gelöst, umgedreht und wieder befestigt werden. Das dauert ein Weilchen. Dann geht es los.

            Die Donau ist hier so breit, dass die Überfahrt etwa 20 Minuten dauert. Inklusive einer langsamen Vorbeifahrt an der Burg von Ram. Am Anleger rammt sich fröhlich die Rampe in den roten Schotter – passend zu dem, der schon draufliegt und bald können wir an Land schieben. Durch den Ort geht es steil hoch. Aber anschließend ausdauernd bergab. Praktisch bis zum Silbersee (Srebnero Jezero), wo wir auf Strand, eine Strandpromenade, Appartement-Häuser, Hotels, Restaurants und alles was dazugehört treffen. Hier ist ein solches Gewusel an Urlaubern unterwegs, dass wir die Räder schieben müssen.

            Der Campingplatz liegt am Ende der belebten Promenade. Wir fahren rein und umrunden ihn bis wir am anderen Ende auf eine Ausfahrt treffen, an der es eine unbesetzte Rezeption gibt. Der Platz sieht eher wie ein Wohnwagen-Friedhof aus. Oder wie ein Flüchtlingslager. Unzählige mehr oder weniger zerstörte Wohnwagen stehen dicht an dicht. Einige wenige sind bewohnt. An den Wegen stehen zahlreiche halb verfallene, vollgerümpelte Gebäude, die aussehen wie Sanitärgebäude, es aber hoffentlich nicht sind. An einem Ende gibt es eine unebene Fläche mit hochstehendem Gras. Diverse Feuerstellen und viel Müll komplettieren die Idylle. Drauf stehen diverse Lampen, teils schief und alle sehen so aus, als habe man auf sie ein Scheibenschießen veranstaltet. Wir staunen.

            Na gut. Wir bauen die Zelte auf. Eine Alternative haben wir nicht zur Hand und irgendwie wird das schon gehen. Wir beschließen, die Situation mit Humor zu nehmen. Um so mehr als wir ein Sanitärgebäude finden, dass halbwegs benutzbar ist. Es gibt sogar heißes Duschwasser. Inzwischen ist auch jemand aufgetaucht, in Begleitung eines ganzen kläffenden Hunderudels, der sich wundert über das, was wir da machen. Als wir ihm versichern, dass wir zahlende Gäste sind, beruhigt er sich. Er hat jetzt aber keine Zeit, unseren finanziellen Beitrag in Empfang zu nehmen.

            Nach dem Duschen beschließen wir, dass große Angebot an Restaurants zu nutzen, um gemeinsam essen zu gehen. Wir sitzen hübsch auf einer Terrasse über dem Silbersee und das Bier ist gut. Das Essen leider kaum genießbar. Der Grillteller besteht hauptsächlich aus verbrannten Schweineschwarten. Die Pommes Frites sind äußerst elastisch. Und der Salat ist sparsam. Wir nehmen auch das mit Humor.

            Jedenfalls haben wir viel Spaß miteinander.

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            • Enja
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              #46
              AW: Die Donau entlang

              8.9.2013

              Am Morgen stellen wir fest, dass alle Zelte im Schatten stehen. So dauert das Frühstück etwas länger. Die beiden anderen Paare starten vor uns. Wir trödeln etwas mit dem Packen. Irgendwo wollen wir einkaufen, da Sonntag ist und wir heute voraussichtlich nicht durch viele größere Orte kommen werden. Schnell haben wir Veliko Gradiste erreicht und stoppen an einem Markt in Ortsmitte, der ziemlich viel versprechend aussieht. Die anderen sind nicht in Sicht.

              Wir ketten unsere Räder an eine Laterne. Ein Polizist nimmt daneben Aufstellung. Was immer wir kaufen wollen, Obst, Gemüse, einen Topfkratzer, man will es uns schenken. Die kleinen Mengen, die wir haben wollen, können sie angeblich nicht auswiegen. Eine Bäckerei und ein kleiner Laden finden sich auch noch. Wohl versorgt und verhältnismäßig schwer beladen, machen wir uns wieder auf den Weg.

              Die Donau erweitert sich zunächst zu einem großen See, um sich dann zu verengen. Vor der Engstelle liegt die Burg Golubac. Man sieht sie oft auf Bildern vom Eisernen Tor. Eine sehr malerische Lage. Wir fahren zwar direkt am Ufer eben dahin, aber über uns türmen sich nun die Berge auf. Vor der Burg gibt es eine Holzhütte mit Touri-Info auf einem direkt am See gelegenen Picknick-Platz. Von hier aus hat man einen besonders guten Blick auf die Burg. Sie sieht aus wie tiefergelegt. Der See ist aufgestaut. Die Burg lag früher gehörig über der Donau. Jetzt direkt am Stausee. Die Angestellte der Touri-Info versichert uns, der Besuch der Burg sei kostenlos.

              Wir schieben unsere Räder wieder hoch auf die Straße und treffen dort auf die vier anderen, die wir eigentlich vor uns vermuteten. Aber sie haben sich verfahren und eine Bonus-Runde eingelegt. Als wir auf die Burg zukommen, sehen wir, dass Eintrittsgelder vermutlich kontraproduktiv wären. Die Straße führt direkt durch die Burg. Und dann in die Schlucht. Staunend trödeln wir weiter. Ein Ausblick ist schöner als der nächste. Am Hang kleben einige Häuschen.

              Und in nicht allzugroßer Entfernung, hinter Brnjica, gibt es einen Campingplatz. Da die hier dünn gesät sind, beschließen wir, dort einzuchecken. Der nächste ist erst weit hinter dem Eisernen Tor. Ein Schotterweg führt hinunter an das Wasser. Auf einer grünen Wiese steht ein kleines Sanitärhaus mit allem, was man braucht, sogar einer Waschmaschine, was wir seit Budapest nicht mehr gesehen haben. Am Strand stehen Tische und Bänke. Und ein kleines Restaurant, das aber geschlossen ist.

              Wir bauen unsere Zelte auf, waschen Wäsche und hängen sie in die Sonne. Wir baden in der Donau und halten ein Nachmittagsschläfchen. Irgendwann kommt der Eigentümer, kassiert unsere Gebühr und öffnet das Restaurant. Wir kaufen ein paar Flaschen Bier, wollen aber selber kochen. Das fettige Essen von gestern liegt uns schwer im Magen und wir sind gut mit frischem Obst und Gemüse versorgt.

              Gemütlich sehen wir dem Sonnenuntergang zu. Am anderen Ufer wirft ein Lastschiff Anker. Vögel kreisen über dem Wasser. Idyllischer geht nicht. Die anderen beschließen, morgen einen Ruhetag einzulegen. Wir haben eher den Eindruck, dass wir im Moment einen Ruhetag nach dem anderen eingelegt haben und freuen uns auf das Eiserne Tor. Wir wollen am nächsten Morgen früh los, die anderen ausschlafen. Also verabschieden wir uns schon mal.

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              • Enja
                Alter Hase
                • 18.08.2006
                • 4750
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                #47
                AW: Die Donau entlang

                9.9.2013

                Früh krabbeln wir aus dem Zelt. Die heutige Strecke ist lang. Und wir wollen natürlich genug Zeit für das Eiserne Tor haben. Überraschung: Nachdem es nun so lange trocken war, dass wir eine tiefe Bräune angenommen haben und gar nicht mehr wissen, wie sich Regen anfühlt, liegt heute dicker Nebel über dem Wasser. Hilft nichts. Wir packen mal wieder ein nasses Zelt ein und machen uns auf den Weg. Die anderen schlafen noch fest.

                Als wir vom Platz radeln, hat sich der Nebel gelichtet. Aber am Himmel hängen dicke Wolken und es nieselt. Das Tal ist jetzt eng. Die Straße führt dicht an der Donau entlang. Drüben sieht man die Alternativroute in Rumänien. Wir passieren noch Dobra. Dann gibt es kaum noch Orte. Wir sind ganz allein unterwegs. Nur selten einmal überholt uns ein Auto. Die Donau biegt nach Süden ab. Und nun kommen sie. Die unbeleuchteten Tunnel, vor denen man uns immer wieder gewarnt hat.
                Genau besehen, sind es 21. Manche sind so kurz, dass man durchgucken kann. Andere sind so lang und häufig auch gebogen, dass es sehr, sehr dunkel und unheimlich wird. Zumal die Tunnel grob in den Berg gehauen sind. Wir freuen uns über unsere gute Fahrradbeleuchtung und schalten zusätzlich noch die Helmlampen ein. Eine Restfurcht, dass ein von hinten herandonnernder LKW uns übersieht, bleibt. Tatsächlich kommt das nicht vor. Wir sind in den Tunnels völlig allein und haben unseren Spaß.

                Zwischenzeitlich ist die Sonne durchgekommen. Nach jedem Tunnel eröffnen sich neue, gleißend ausgeleuchtete Ausblicke auf die Landschaft. In den Tunnels ist es kühl und zappenduster. Eine äußerst kurzweilige Tour. Irgendwo unterwegs kommen uns zwei gut gelaunte Radler mit Kapitänsmützen entgegen. Schleswig-Holsteiner, die ihre Tour in Tulcea begonnen haben. Eine Frage hätten wir. „Wie ist das mit den Hunden in Rumänien?“ Wir lassen uns reichlich Zeit. Lepenski Vir lassen wir trotzdem aus. Uns ist nicht nach Archäologie. Wir machen uns gleich daran, die dahinterliegende Steigung zu erklimmern. Zügig geht es nach oben. Sowas verspricht immer „Aussicht“. Und die gibt es auch. Zuerst auf die umliegenden Täler mit ihren Dörfern. Und schließlich auf die Donau, die hier mit Derdapsko Jezero bezeichnet ist. Also Djerdap-See. Im Hui geht es wieder abwärts und wir kommen nach Donji Milanovac. Mit Hafen, Uferpromenade und Läden. Wir kaufen uns ein Picknick zusammen und setzen uns auf eine Bank am Ufer.

                Gerne möchten wir die Engstellen, die nun kommen, mit einem Boot durchfahren. Wir finden diverse Aufkleber, die eine solche Passage für Radfahrer anbieten. Aber den passenden Anleger nicht. Weder in Donji Milanovac noch in Golubinje, dass wir bald darauf durchradeln. Nun geht es auf die engste Stelle dieses Donaudurchbruchs zu. Man sieht sie schon von weitem. Davor geht es noch ordentlich hoch, damit man eine bessere Aussicht hat. Die Strecke drüben in Rumänien biegt vorher ab. Will man direkt an der Donau entlang, muss man das in Serbien tun.

                Auch hier sind wir völlig allein unterwegs. Drüben rollt jetzt lebhafter Verkehr. Wir schieben inzwischen. Die Landschaft ist einfach zu großartig, um durchzuradeln. Auf dem Wasser sind hier zahlreiche Bootchen unterwegs. Da wir immer noch keinen Anleger gefunden haben, vermuten wir mal, dass sie von Rumänien aus unterwegs sind. Nach dieser ersten Engstelle erweitert sich die Donau zu einem fast kreisrunden See, um dann in die nächste enge Passage einzutreten. Die Felsen ragen so steil auf, dass wir hier mal wieder durch einen Tunnel müssen. Davor gibt es einen Rastplatz „mit Aussicht“, wo wir uns erst einmal niederlassen. Diese Plätze, die es hier in großer Stückzahl gibt, sind alle mit Tischen und Bänken, Dach drüber und Quelle ausgestattet. Sehr angenehm für eine Pause.

                Drüben in Rumänien sehen wir jetzt den Decebalus stehen. Der sieht aus wie ein geradezu pre-antikes Monument. Ist aber ein modernes Kunstwerk. Zur Erinnerung an einen Daker-König. In kurzer Entfernung am Ufer steht das Mraconia-Kloster. Auf unserer Seite geht es jetzt wieder steil bergauf nach Golo Brdo (auch ohne Anleger für Bootstouren). Unterhalb der Straße und von hier aus nicht sichtbar liegt die Tabula Traiana. Erwähnte ich schon, dass wir hier wirklich gerne eine Bootstour gemacht hätten?

                Nun weitet sich die Donau wieder auf. Pünktlich setzt ein intensiver Nieselregen ein und es ist „Schluss mit lustig“. In Tekija sind wir zu schnell, um irgendwo einzukehren. Wir hoffen auch noch irgendwie, dass der Regen wieder aufhört. Gegenüber liegt jetzt Orsova. Und von da ab, führt drüben auch eine Bahnlinie am Ufer entlang. Wir beschließen, in Fort Elisabeth einzukehren und abzuwarten, ob der Regen nicht vielleicht doch aufhört. FE ist allerdings nur eine römische Ausgrabungsstätte. Also weiter.

                Trotz Regen machen wir noch einen Stop an der Djerdap-Staumauer. Schön ist sie nicht. Aber hoch. Allerhand Verkehr läuft drüber. Beide Ufer werden jetzt von Industrie und Gewerbe gesäumt. Wir sind inzwischen klatschnass. In Novi Sip, dem nächsten Ort, ist ein Campingplatz eingezeichnet. Wir sehen allerdings keinen. Im örtlichen Supermarkt versorgen wir uns mit einem üppigen Abendessen und fragen nach. Dort herrscht großer Betrieb. Es gibt ein Sonderangebot. Reiner Alkohol in 1,5-Liter-Flaschen. Im Sixpack. Jede Menge bulgarische und rumänische Autos parken draußen. Die werden bis oben hin zugestapelt. Es ist halt Erntezeit. Da wird Schnaps gemacht.

                Mit der Beschreibung des Supermarkt-Inhabers finden wird den „Campingplatz“. Karatasch steht dran. Ein riesiges Barackencamp. Es gibt sogar eine Rezeption. Dahinter eine große Wiese mit einem Zelt drauf. Zwei Fahrräder daneben. Den gelben Anhänger haben wir in Ungarn schon mal gesehen. Man erklärt uns allerdings, dass dies kein Campingplatz ist, sondern ein Sportcamp. Die sozialistischen Parolen hängen noch überall dran. Und weil das ein Sportcamp ist, können wir zelten. Keine Dusche, keine Toiletten, keine Kosten – aber W-lan. Wenn das mal kein Argument ist.

                Alternativen haben wir sowieso keine. Also bauen wir unser Zelt auf der Wiese auf. Und lernen endlich die beiden mit dem gelben Anhänger kennen. Ein belgisches Ehepaar in unserem Alter. Unterwegs seit Juli. Auf dem Weg nach Istanbul. Auf der Wiese gibt es eine Tisch-Bank-Kombination. Da setzen wir uns dazu. Als es wieder anfängt, heftig zu regnen, hängen wir unser Tarp drüber. Wir bekommen Besuch. Ein junger Mann tritt aus dem Dunkel. „Ich Mirko“. Er zeigt auf die Kekse auf dem Tisch. Er bekommt sie. „Zigaretten?“ Wir bedauern. „Pivo?“ Wir bedauern noch einmal. Das haben wir schon ausgetrunken. Er verschwindet wieder im Dunkeln. Gut, dass er nicht „Fahrrad“ gesagt hat. Oder gar „Zelt“.

                Irgendwo zwischen den vielen Baracken gibt es einen Wasserhahn, den wir für eine Katzenwäsche nutzen. Vorsichtig. Wer weiß, wer hier noch unterwegs ist. Trotzdem gehen wir alle gut gelaunt schlafen.

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                • Abt
                  Lebt im Forum
                  • 26.04.2010
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                  #48
                  AW: Die Donau entlang

                  Das Gabcikovo- Projekt.
                  http://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwe...4%8D%C3%ADkovo
                  Da gab es zunächst ziemliche Verärgerung bei den Slowaken über den plötzlichen einseitigen Ausstieg Ungarns wegen Ökologie und Umweltprotesten. Sei es wie es sei. Eine Umwelt- Bewegung war in Ungarn allerdings zu dem Zeitpunkt weitestgehend unbekannt.

                  Ebsels war auf eurer Seite und hat herrliche Fotos gemacht.
                  Wir sind auf der rumänischen Seite schon entlanggelaufen. da sieht man aber nichts weiter. Ist regelrecht enttäuschend, da die berge direkt hinter uns aufstiegen.
                  Auf der serbischen Seite Wasser und flache Hügel dahinter, auf der rumänischen Seite Felsen. die direkt ansteigen.

                  Danke für deinen Bericht, Paar Bilder hätten ihn noch weiter aufgewertet!
                  Gruß
                  Zuletzt geändert von Abt; 19.11.2013, 10:59.

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                  • Enja
                    Alter Hase
                    • 18.08.2006
                    • 4750
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                    #49
                    AW: Die Donau entlang

                    Ja, die Bilder. Ich schreibe eher in Sachen Kopfkino. Und in diesem Fall sozusagen in Echtzeit. Die Etappe durch das Eiserne Tor hat ein paar Tage gedauert. Es ist schwer, das, was man da an Landschaft geboten kriegt, irgendwie in Worte zu fassen. Ob es mit Fotos besser geht? Ich weiß nicht. Die sind doch irgendwie sehr zweidimensional. Und bleiben weit hinter dem tatsächlichen Erlebnis zurück. In diesem Fall sind sie auch noch in keiner Weise sortiert.

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                    • Enja
                      Alter Hase
                      • 18.08.2006
                      • 4750
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                      #50
                      AW: Die Donau entlang

                      10.9.2013

                      Warum auch immer. Wir wollen Serbien jetzt verlassen und nach Rumänien wechseln. Aus Abenteuerlust vermutlich. Serbien hat uns gut gefallen. Aber die nun noch bis Bulgarien verbleibende Strecke sieht auf der Karte nicht sehr verlockend aus. Bei näherem Hingucken finden wir zudem auf der rumänischen Seite einen Campingplatz.

                      So packen wir also zusammen und fahren zurück Richtung Staudamm, um Serbien zu verlassen. Weit ist es nicht. Bald stehen wir in der Warteschlange vor der serbischen Grenzstation. Nach wenigen Minuten winkt man uns raus und durch. Gemütlich trödeln wir über den Damm. Um uns auf der anderen Seite zur Einreise anzustellen. Das scheint hier ziemlich lange zu dauern. Da werden die Autos nach den Alkohol-Sixpacks durchsucht. Dachte ich mir doch, dass man die nicht in beliebiger Menge einführen darf. Dass wir keine dabei haben, ist allerdings auch logisch. Und so wundert es uns nicht, dass wir auch hier herausgewinkt, freundlich begrüßt und dann durchgewunken werden.

                      Fazit Serbien: ein echtes Highlight. Sowohl landschaftlich als auch was die Gastfreundschaft der Leute betrifft. Die Straßen mäßig bis gut. Schöne Dammwege. Der Radweg optimal ausgeschildert. Rücksichtsvolle Autofahrer. Vermüllte Landschaft. Hunde deutlich größer als bisher. Aber überwiegend eingesperrt oder angeleint.

                      Direkt hinter der Grenzstation liegt die Durchgangsstraße neben der Bahnstrecke. Mit „ganz allein“ ist jetzt nicht mehr. Die Straße ist heftig befahren, was kurz vor einer so großen Stadt wie Drobeta Turnu Severin natürlich auch nicht verwunderlich ist. Mutig biegen wir auf den Seitenstreifen ein. Die Straße ist gut befahrbar. Von Schlaglöchern ist nicht die Rede. Wie wir das schon öfter erlebt haben, finden wir auch hier erst einmal wieder einen ausgedehnten Straßenstrich vor. Es ist heiß und riecht nicht wirklich gut. Wir treten kräftig in die Pedale, um die Strecke hinter uns zu bringen. Keine Frage, auch hier halten die Autofahrer rücksichtsvoll Sicherheitsabstand. Und die Landschaft ist noch einmal vermüllter als in Serbien.

                      Die Stadt ist bald erreicht. Haupt-Sehenswürdigkeit ist der Wasserturm. Den sieht man schon von weitem. Stadtbesichtigung also zügig abgehakt. Wir suchen und finden einen Bankautomaten, um uns mit passendem Geld zu versorgen. Und nehmen diverse serbische Dinar mit, da dort in den letzten Tagen einfach kein Geld auszugeben war. In der Fußgängerzone sieht es aus wie in jeder europäischen Fußgängerzone. Wir setzen uns in den Schatten, bestellen einen Kaffee und nutzen das freie W-lan.

                      Stadtauswärts geht es über eine vierspurige stark befahrene Straße. So durchqueren wir zügig die ausgedehnten Plattenbau-Viertel. Wir kommen gut voran. Aber schön ist anders. Es herrscht heftiger LKW-Verkehr. Wir werden zwar nicht bedrängt, aber es stinkt und dröhnt. Besonders unangenehm sind die toten Hunde am Straßenrand in allen Verwesungsstadien. Schlimm genug, dran vorbeizufahren. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein Auto neben mir durch so einen Hund fährt – igitt. Das geht gar nicht.

                      Wir erreichen also Hinova flott aber genervt. Weiter über die Hauptstrecke hätte wir knapp 80 km zu fahren. Das wäre bequem zu schaffen. Aber wir biegen natürlich trotzdem auf die Nebenstrecke ab. Das sind nun weit über 100 km. Die Hälfte davon ist als „unbefestigt“ eingetragen. Ein Stück sogar als „kaum befahrbar“. Kommt Zeit, kommt Rat. Zunächst einmal geht es auf guter, aber kaum befahrener Straße über Ostrovu Corbului nach Batoti. Dort biegen wir auf die Regen-Variante ab, um das erste lange Stück Schotter zu vermeiden. Überraschenderweise geht es steil aufwärts durch einen Wald. Wald sieht auf unserer Karte fast so aus wie Sumpf. Sumpf heißt normalerweise: flach. Aber hier ist eben Wald. Wir ackern uns hoch und treffen oben auf eine weite Ebene. Vermutlich liegt das Urstromtal der Donau deutlich tiefer als das Flachland drum herum. Und an der Grenze zwischen den beiden Ebenen geht es ordentlich aufwärts. Das kenne ich vom Main. Nur dass hier das Tal ziemlich sumpfig ist, weshalb die Orte eher „oben“ liegen. Was natürlich auch im Hinblick auf Hochwasser vernünftig ist.
                      Oben passieren wir Devesel, das ziemlich verlassen daliegt und könnten nun in Burila Mare wieder auf die ab dort nicht mehr asphaltierte Hauptstrecke treffen. Wir kommen auf die geniale Idee, abzukürzen. Die Strecke ist sowieso zu lang für eine Tagesetappe. Wir könnten die Schotterstrecke vermeiden. Und „oben“ bleiben, statt gleich wieder runter ins Tal zu fahren. Die Aussicht über das weite Tal ist nicht schlecht. Leider sind die Nebenstrecken-Abzweige nicht ausgeschildert. Wir müssen also nach Karte, bzw. auf Verdacht fahren. Ob das klappt?

                      Mutig biegen wir ab in eine Neben-Nebenstrecke, die uns über Bistretu und Burila Mica nach Gogosu führen soll. Überraschenderweise ist die Straße – geschottert. Wir haben schon viele geschotterte Kilometer zurückgelegt. Zwar anstrengend aber nicht weiter schwierig. Das waren bisher Rad- bzw. Fußwege. Da fand sich immer eine befahrbare Spur für unsere Räder. Aber dies ist nun die Straße, die die Dörfer erschließt, auf der natürlich auch etliche Autos fahren. Es staubt. Gut, die Autos geben sich jede erdenkliche Mühe, uns nicht einzustauben. Dazwischen zuckeln Pferde-Wägelchen. Die stauben auch. Es ist Erntezeit. Die Pferde haben ganz schön zu ziehen. Überwiegend wird da Mais transportiert.
                      Die Straße weist heftiges Wellblech auf. In voller Breite. Nirgends kann man fahren, ohne durchgerüttelt zu werden. Wir hoppeln tapfer auf Bistretu zu. Gibt es in solchen kleinen rumänischen Dörfern Einkaufsmöglichkeiten? Wir würden gerne neue Wasserflaschen kaufen. Vielleicht ein paar Kekse dazu. Und ja. Es gibt nicht nur einen Laden, sondern mehrere. Und jeder hat vor der Tür schattige, überdachte Sitzplätze. Die Läden sind hier gleichzeitig Kneipen. Sehr hübsch. Da hoppelt es sich doch gleich viel besser. Es wird zwar mühsam, aber wir erreichen irgendwann den Abzweig nach Gogosu, wo es stark bergab geht und wir um die Wette mit diversen Pferde-Wägelchen abwärts sausen.

                      Ab jetzt geht es auf guter Straße durch Dorf um Dorf. Die Dörfer sind lang. Sehr lang. Und da jetzt Nachmittag ist, sind sie sehr belebt. Sämtliche Bewohner sitzen auf Bänken vor der Tür. Alle begrüßen uns lautstark. Die Kinder springen auf die Straße, um uns den Weg zu versperren und diverse Hunde setzen zur Attacke an.

                      Dabei geht es jetzt zwischen zwei Dörfern jeweils runter zur Donau und dann in das nächste Dorf wieder hoch. Die Menschen freuen sich, wenn wir sie zurück grüßen. Die Häuser sind alle im Alhambra-Stil gebaut und sehen ganz reizend aus. Aber es zieht sich halt. Und im Gegensatz zu unseren bisherigen Reiseländern sind die Hunde hier nicht hinter den Mauern, sondern auf der Straße unterwegs. Sie jagen uns Radfahrer offensichtlich aus Passion. Ich habe beschlossen, sie zu ignorieren. Vermutlich meinen sie es gar nicht böse. Aber sie nerven halt. Zwei Exemplare sind allerdings hartnäckiger. Wie ihre Kollegen kläffen sie erst hinter meinem Mann her und wenden sich irgendwann um, um mich auf’s Korn zu nehmen. Nur kläffen sie nicht aus sicherem Abstand, sondern springen mich an. Von vorne. Und versuchen, in meine Beine zu beißen. An den Beinen sind unten Füße dran. Ich trete also in beiden Fällen in Richtung Hund. Einen verfehle ich. Einer fliegt in Richtung Mauer. In beiden Fällen werden sie von ihren in der Nähe relaxenden Besitzern zurückgepfiffen. Interessant. Die Herrschaften haben offensichtlich nichts gegen die Hundeattacken. Wahrscheinlich schätzen sie deren Unterhaltungswert.

                      Jedenfalls sind wir froh, als wir Cetate erreichen. Nun müssen wir nur noch den Campingplatz finden. Ausgeschildert ist da nichts. Die Bewohner schicken uns zu einer Abzweigung, an der es zum Hafen geht. Das passt zum Karteneintrag. Wieder einmal rollen wir also abwärts zur Donau. Auf dem Weg dorthin wird es dunkel. Parallel zur Donau geht es durch einen Wald. Dann lesen wir auf einem großen Schild über der Einfahrt: Angel Park. Das ist schön.

                      Nur, dass hier mal wieder kein Campingplatz ist, sondern ein Kulturhafen. Nach einigen Diskussionen dürfen wir auf einer Wiese neben der Villa unser Zelt aufbauen und das Badezimmer im Haus benutzen.

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                      • qwertzui
                        Alter Hase
                        • 17.07.2013
                        • 2891
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                        #51
                        AW: Die Donau entlang

                        Hallo, das mit dem Kopfkino gelingt Dir gut. Den Campingplatz zwischen Baracken, die langen Straßendörfer. Für mich ist Deine Donaureise seit Wochen fest abboniert. Allerdings sieht man die hässlichen Dinge, dank Deiner lebhaften Schilderung viel deutlicher als die Schönheiten. Vielleicht kannst Du ja am Ende noch ein paar Eindrücke der Natur ganz unsortiert dranhängen.

                        Und vielen Dank, das wird mein Reiseführer für viele weitere Donauabschnittsreisen.

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                        • Enja
                          Alter Hase
                          • 18.08.2006
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                          #52
                          AW: Die Donau entlang

                          11.9.2013

                          Heute ist mal wieder Regenwetter angesagt. Gerne schlafen wir aus, nachdem es gestern doch sehr spät geworden war. Gegen Mittag hört das Geprassel auf, so dass wir uns ins Freie trauen und uns dran machen, das Anwesen zu erkunden. Es liegt direkt am Donau-Damm. Eine Villa. Mehrere Nebengebäude. Ein Anleger. Dazwischen stehen diverse Skulpturen. Alle zum Thema „Engel“ – deshalb Angel Park. Auf der Terrasse treffen wir einige Bewohner. Die deutsch sprechenden sind alle von der schreibenden Zunft. Journalisten, Schriftsteller, Drehbuchautoren. Sie verbringen hier viele Wochen, um ziemlich abgeschieden zu schreiben.

                          Eine wirkliche Verbindung zum Ort gibt es nicht. Man könnte ein Taxi benutzen. Angel Park gehört dem rumänischen Schriftsteller Dinescu.

                          http://de.wikipedia.org/wiki/Mircea_Dinescu

                          Finanziert werden die Aufenthalte der anderen hier über Stipendien, u.a. aus Deutschland. Es ist eine schöne Ecke. Auf beiden Seiten gibt es Strände. Einer davon ist sogar eine Art Strandbad. Mit Stroh-Sonnenschirmchen und allem, was dazu gehört. Der Deich wird von Wald gesäumt. Dazwischen grasen Kühe. Zum Gehöft gehört ein Rudel Hunde. Sie werden gefüttert, sonst aber wohl eher nicht gepflegt. Einige sind in ziemlich schlechtem Zustand. Es ist interessant zu sehen, was für ein Sozialverhalten so ein Hunderudel an den Tag legt. Sowas habe ich noch nie beobachtet. Ich kenne bisher nur menschenbezogene Hunde. Diese hier sind völlig naturbelassen in ihrem Verhalten. Es wird natürlich 24stündig dauernd gekläfft.

                          Als wir einen Strandspaziergang machen, begleiten uns die Hunde. Irgendwann ziehen wieder düstere Wolken auf und wir beeilen uns, heimzukommen. Wir können gerade noch in eines der Nebengebäude flüchten. Die Hunde bleiben draußen. Sie haben Hausverbot und respektieren das auch. Oben über der Donau blitzt und donnert es. Der Wind fegt diverse Gegenstände quer über das Gelände. Und es regnet, als hätte man dort oben sämtliche Schleusen geöffnet. Wir sehen uns im Trockenen die hier aufgehängten Gemälde an. Ziemlich düster. Aber interessant. Einer der Bewohner rennt über den Hof seinem davonfliegenden Kajak nach.

                          Später sitzen wir beim Rotwein auf der Terrasse und blicken über die Donau. Das unvermeidliche Kreuzfahrtschiff wummert vorbei. Die Donau ist hier sehr breit.

                          Die Bewohner finden es unglaublich, dass wir mit dem Fahrrad unterwegs sind. Ist doch viel zu gefährlich auf den Straßen. Und erst recht in den Dörfern. Als wir von unseren Erlebnissen berichten, können sie das nicht so richtig glauben. Ab jetzt wird es ihrer Meinung nach nun erst richtig gefährlich. Die Straße nach Calafat ist dank Brückenöffnung unglaublich stark von LKWs befahren. Was noch durch eine lange Baustelle verschlimmert wird. Und die Hunde. Vor kurzem wurde in Bukarest ein Kind von freilebenden Hunden zerfleischt. Nun hat das Parlament die Hunde zum Abschuss freigegeben. Das bietet natürlich viel Diskussionsstoff.

                          Morgen wollen wir aber weiter. Es ist noch weit bis zum Schwarzen Meer.

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                          • Enja
                            Alter Hase
                            • 18.08.2006
                            • 4750
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #53
                            AW: Die Donau entlang

                            Allerdings sieht man die hässlichen Dinge, dank Deiner lebhaften Schilderung viel deutlicher als die Schönheiten.
                            Ist das so? Ich schreibe so, wie ich es erinnere. Es ist noch nicht besonders lange her. Kann sein, dass sich das noch verschiebt. Meine bisherigen Reiseberichte habe ich immer mindestens ein Jahr nach Rückkehr geschrieben. Aber tatsächlich ist es auf dem Donau-Radweg auch nicht so, dass sich sensationelle Landschaften und Sehenswürdigkeiten drängen. In weiten Teilen fährt man über eine grün-braune Ebene. Die Dörfer sind häufig sehr ärmlich. Die Landschaft ab Serbien vermüllt. Und man ist meist auf Straßen unterwegs.

                            Der Reiz liegt eher in den vielen Begegnungen mit Menschen. Den vielen Sprachen und Kulturen die Donau entlang. Der Fluss ist immer wieder atemberaubend. Je weiter man vorankommt, desto seltener sieht man ihn. Häufig tagelang nicht.

                            Speziell Rumänien war zunächst einmal eher atemberaubend als schön. Und die Walachei ist auch nicht so die Landschaft, die ich mir normalerweise zum Radeln aussuchen würde.....

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                            • EbsEls
                              Erfahren
                              • 23.07.2011
                              • 434
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                              #54
                              AW: Die Donau entlang

                              Hallo,

                              vielen Dank für die Berichte Eurer Fahrt entlang der Donau.
                              Die Landschaften am Fluss zwischen Passau und dem Eisernen Tor kenne ich von diversen Touren. Und in der Tat ist die Landschaft (bis auf einige beschriebene Ausnahmen) nicht spektakulär, aber der Kontakt mit den Leuten dort ist das Erlebnis. Ich teile Deine Einschätzung zu Serbien voll&ganz. Ich bin dort gern unterwegs.
                              Den Abschnitt von Budapest über das Kopački rit (eines der größten Auenlandschaften Europas) bis Vukovar wollen wir im nächsten Frühsommer durchpedalieren auf unserem Weg zum Gebiet des Maglic / Sutjeska-Schlucht. Ich habe viele nützliche Infos herausgelesen (Minen, kein Camping, aber Wildzelten verboten ). Nun denn, werden wir hoffentlich viel Kontakt zu den Leutchen finden, wenn wir bei ihnen nach einer Boofstelle fragen.
                              In Kovin habt Ihr was verpasst: Den dortigen Zuckerbäcker - mein Held.

                              Zwei Illustrationen zum Abschnitt Eisernes Tor:

                              Die Burg Golubac

                              Djerdap, Kazan-Durchbruch
                              Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                              Eberhard Elsner

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                              • Enja
                                Alter Hase
                                • 18.08.2006
                                • 4750
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #55
                                AW: Die Donau entlang

                                Ich würde euch das "Free Camping" empfehlen. Aber das liegt erst hinter Vukovar. Wahrscheinlich gibt es mehr solcher Möglichkeiten. Nur sind vermutlich nicht alle ausgeschildert.

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                                • Enja
                                  Alter Hase
                                  • 18.08.2006
                                  • 4750
                                  • Privat

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                                  #56
                                  AW: Die Donau entlang

                                  12.9.2013

                                  Pünktlich zur Abfahrt trifft uns fast der Schlag. Für die beiden Campingnächte will man von uns 80 €. Das wird wohl auf dieser Reise unerreicht bleiben. Aber gut. Wir haben nicht gefragt. Also bezahlen wir mal ohne Murren. Das sind auch Reiseerfahrungen. Jedenfalls erleichtert es uns den Abschied von diesem zauberhaften Stück Erde.

                                  Weiter geht’s. Motiviert erklimmen wir die Steigung zum Dorf und biegen auf die Durchgangsstraße ein. Der Randstreifen ist durchaus befahrbar. In Maglavit machen wir einen Abstecher zum zugehörigen Kloster. Wieder abwärts in dem Bewusstsein, dass wir die gleiche Strecke wieder zurück müssen. Gemeinsam mit einem Pferdewagen, dessen Kutscher an den Gummireifen eine Art Bremsschuhe angebracht hat, damit der Wagen nicht das Pferd überrollt. Es ist ziemlich steil. Aber runter kommen wir immer schnell. Unten im Wald sind viele Menschen mit dem „Holz machen“ beschäftigt. Das sehen wir auch schon seit Serbien immer wieder. Der nächste Winter kommt bestimmt. Wohl dem, der dann Holz vor der Hütte hat.

                                  Das Kloster liegt idyllisch. Hier wird fleißig gearbeitet. Man malt die Fresken nach. Hierher finden Wallfahrten statt. Im Moment liegt es aber verlassen. Ein paar Mönche verrichten Gartenarbeit. Es wäre ein schöner Ort für ein Picknick, aber wir sind gerade erst losgefahren und so brechen wir bald wieder auf, erklimmen den Hang nach oben und biegen kurz hinter Maglavit in die E79 nach Calafat ein.

                                  Hier steppt nun wirklich der Bär. In beiden Richtungen fahren Autos und LKWs lückenlos. Noch 15 km. Das schaffen wir. Hier ist nun auch kein freies Feld mehr, sondern eine Ansiedlung nach der anderen. Und Baustelle. Eine Wasserleitung wird verlegt, was die Straße auf 1,5 Spuren einengt. Die Autos quälen sich irgendwie aneinander vorbei. Aber uns kann man hier nicht mehr überholen. Alles zuckelt hinter uns her. Mit großer Geduld übrigens. Völlig ohne Huperei. Und bald kommen die Autos ohnehin nicht mehr schneller voran als wir.

                                  Irgendwann sehen wir vorne rechts die neue Brücke. Ein imposantes Teil von Hängebrücke. Unsere Straße passt sich an und wird auch imposant. Wir kommen auf so eine Art Autobahn-Kreuz zu. Glücklicherweise sind wir die einzigen, die nach Calafat wollen. Die anderen biegen alle Richtung Brücke ab. Nach einem Fehlversuch finden wir den Aufweg auf eine Brücke, die uns über die Brückenauffahrten samt einspurigem Schienenstrang nach Calafat bringt.

                                  In dem Ort war sicher früher mehr Betrieb. Wir fahren erst einmal durch in Richtung Fähranleger. Weiter als bis an einen Schlagbaum kommt man hier aber nicht mehr. Also biegen wir ab in Richtung Stadtzentrum, das sich als recht lebhaft erweist. Es gibt eine hübsche Markthalle und hier gönnen wir uns auf einer Bank im Grünen nun doch unser Picknick. Obwohl wir immer noch nicht weit gekommen sind. Der Weg ortsauswärts führt wieder mal durch weitläufige Plattenbausiedlungen.
                                  Schließlich überqueren wir die Bahn und landen auf einer unermesslichen grünen Ebene. Der Wind bläst uns ausdauernd entgegen. Wir setzen an, einen großen Donaubogen abzuschneiden. Die Straße führt kerzengeradeaus. Viel Verkehr ist hier nicht. Meditatives Radeln ist angesagt. Und während wir uns schon vorstellen, wie wir jetzt 800 km durch einsame grüne Weiten radeln werden, erreichen wir Poiana Mare. Der Ort ist mit den drauf folgenden zusammengewachsen, so dass wir jetzt 30 km Dorf zu durchradeln haben.

                                  Immer noch ist die Straße von Alhambra-Häuschen gesäumt, vor denen Bänke stehen und hübsche kleine Ziehbrunnen. Am Ortseingang gibt es eine Autowaschanlage. Aber natürlich gibt es auch Kirchen und Läden jeder Art. Zur Hundeabwehr haben ich mir einen Stein unter die Karte geklemmt. Falls da mal wieder einer zu frech wird, könnte ich in die Richtung werfen. Das ist mir angenehmer, als zu treten. Ich möchte keinem von ihnen weh tun. Sondern sie nur auf Distanz halten. Das schlichte Ignorieren klappt aber zunächst mal ganz gut.

                                  Schwieriger ist das mit den Kindern, die uns in den Weg springen. Im Prinzip grüßen sie freundlich. Wir grüßen zurück. Aber sie springen uns vor die Räder und zwingen uns immer wieder zu wilden Ausweichmanövern. Wobei wir hoffentlich nicht vor einem LKW landen. Und viele kleine Hände versuchen sich an unsere Radtaschen zu hängen. Dazu fällt uns irgendwie nichts ein.

                                  Die Erwachsenen grüßen eher vom Wegesrand. Wir grüßen freundlich zurück. Und alles freut sich. Wenn wir mal irgendwo halten, kommen wir auch schnell ins Gespräch. Zwar wird hier deutlich weniger Deutsch gesprochen als in Serbien. Aber Französisch ist weit verbreitet. Damit können wir auch dienen. Viele sprechen uns auf Spanisch an. Das beherrschen wir nicht.

                                  Nett sind die Begegnungen mir den Pferdewagen und ihren Besatzungen. Wir sind schneller unterwegs als sie. Nähern uns ihnen also Stück für Stück und überholen sie dann. Die Insassen winken und rufen. Wir auch. Und fahren ihnen dann davon. Auch wenn die Pferdchen noch so eifrig traben.

                                  Die Ortsdurchfahrten sind anstrengend. Und zwischen den Orten liegt die grüne Weite, über die der Wind so bläst, dass an eine gemütliche Pause auch nicht zu denken ist. Hier gibt es keine überschaubaren Felder und Wiesen. Hier wird Landwirtschaft im Großen betrieben. Die Pferdewägelchen fahren ihre Insassen zu einer Art Nachernte. Sie sammeln, was die großen Erntemaschinen zurückgelassen haben. Abgeerntete Maisfelder werden hier gerne abgefackelt. Auf den schwarzen Flächen sammeln die Kinder angegrillte Maiskolben und rattern anschließend mit ihrer Ernte und selber rußgeschwärzt nach Hause. Die Straße ist links und rechts von Nussbäumen gesäumt. Auch hier wird jede Nuss aufgesammelt und abtransportiert.

                                  Die Donau sehen wir eher nicht. Aber wir fahren am Lacul Bistretu entlang. Dass man an die französischen Worte nur ein „ul“ anhängen muss, um sie ins Rumänische zu transformieren, haben wir schon gelernt und haben unseren Spaß dran. Schön auch das Castrul. Und was es noch so alles gibt.

                                  In Carna zieht ein Gewitter auf. Man sieht Windhosen über die abgeernteten Felder toben. In dieser Weite kann sich so ein Unwetter so richtig austoben. Der starke Gegenwind dreht und wird zu einem regelrechten „Rückensturm“. Wir rasen dahin. Das macht Spaß. Einkehren im Dorf und abwarten? Noch nicht. Wir rasen in das nächste Dorf. Hier bricht der Wolkenbruch los. Mist, keine Kneipe in Sicht. Und die Bushaltestellen alle ohne Dach. Wir springen zu zwei einheimischen Radfahrern unter ein Vordach.

                                  In einer Regenpause schaffen wir es bis Macesu de Jos, wo es uns auf eine Veranda vor einem Laden weht. Wir setzen uns zu den Männern, die hier schon sitzen und trinken ein Bier. Draußen tobt das Unwetter. Hier ist es gemütlich.
                                  Der Regen hört schließlich auf. Der Rückenwind bläst gewaltig und wir erreichen nach kurzer Zeit Zaval, unser Tagesziel. Hier soll es einen Campingplatz geben. Was etwas schwer vorstellbar ist. Wer sollte den hier nutzen wollen? Hier fließt ein Fluss Richtung Donau. Und oben von der Brücke sehen wir den Platz. Eine weite grüne Fläche. Ein kleines Restaurant und eine Reihe von Holzhäuschen. Daneben ein Wohnmobil. Wir checken freudig ein. Zelten oder Holzhäuschen kostet gleich. Wir wählen also das Häuschen. Da darf unser Zelt trocken bleiben. Und wir haben weniger Arbeit. 8 € sollen wir bezahlen, inklusive Abendessen. Man wirft schon den Grill an.

                                  Wir richten uns häuslich ein und statten dem Wohnmobil einen Besuch ab. Ein deutsches Ehepaar, das ursprünglich in Rumänien heimisch war, auf Heimaturlaub. Praktisch, da kann wer dolmetschen. Und hat eine interessante Geschichte zu erzählen. Und aus dem Holzhaus daneben guckt das belgische Ehepaar aus Novi Sip. Immer wieder nett, alte Bekannte zu treffen.

                                  Erst einmal gehen wir Duschen. Die Dusche ist spektakulär. Eine Teufelsdusche. Das Wasser ist stark schwefelhaltig und hat die Kacheln mit einer dicken Kruste überzogen. Der Geruch ist wirklich teuflisch. Wider Erwarten werden wir irgendwie sauber. Immerhin ist das Wasser schön heiß.

                                  Das Platzbetreiber-Ehepaar werkelt heftig. Auf dem Grill liegen diverse Fische und Hackfleischröllchen. Auf einem kleinen Gaskocher wird eine Riesenmenge Polenta gekocht. Und eine große Schüssel Salat steht schon bereit. Dazu bekommen wir Bier und Wein angeboten. Obst aus dem Garten. Und frisch gepressten Traubensaft. Alles duftet und schmeckt herrlich. Dank Dolmetschern gibt es auch ein reges Tischgespräch. Der Platz gehörte mal der Gemeinde und die Betreiber haben ihn gerade erst gekauft. Aber leider kommt nur sehr wenig Kundschaft. Mit der Donau-Radlerei hat sich das wohl nicht so entwickelt, wie man sich das mal dachte.

                                  Die Dorfjugend feiert noch bei lauter Musik weiter. Wir sind müde genug, um trotzdem zügig einzuschlafen.

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                                  • Enja
                                    Alter Hase
                                    • 18.08.2006
                                    • 4750
                                    • Privat

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                                    #57
                                    AW: Die Donau entlang

                                    13.9.2013

                                    Unsere Sachen sind schnell gepackt. Wir bedanken uns noch bei unseren Gastgebern und sausen ab. Ein strammer Rückenwind schiebt uns voran. Über Ostroveni erreichen wir Bechet. Hier gibt es einen Abzweig zu einer Fähre über die Donau. Drüben lockt die Bergkette des Balkans. So richtig haben wir uns nicht festgelegt, wann wir nach Bulgarien wechseln wollen. Außerdem möchten wir gerne mal wieder die Donau sehen. Also biegen wir ab. Der Anleger liegt verlassen. Wir sehen die Donau nur von weitem. Da hier Grenze ist, ist alles gut bewacht. Selbst auf der Durchgangsstraße patrouilliert die Politie Frontiera. Also: nichts zu wollen. In Richtung Ufer lassen sie einen nicht. Das fällt also als Möglichkeit zu zelten schon mal flach.

                                    Weiter geht es. Die Orte haben malerische Namen. Calarasi, Dabuleni, Grojdibodu – unterscheiden sich aber nicht besonders. Die Landschaft ist flach und grün. Hier wird Landwirtschaft in großem Stil betrieben. Teils mit geradezu urzeitlichen Maschinen, teils mit nagelneuen. Und dazwischen sind die Pferde-Wägelchen mit ihren bunt gekleideten Insassen auf der Suche nach Ernteresten.

                                    Von Corabia erwarten wir uns etwas Abwechslung. Ein größerer Ort, direkt an der Donau gelegen. Vielleicht gibt es eine Uferpromenade mit ein paar hübschen Restaurants. Nein. Eher verlassene Industriebetriebe, die durchaus auch über einen gewissen morbiden Charme verfügen. Während wir noch nach dem Zentrum suchen, haben wir den Ort schon wieder verlassen.

                                    Durch weite sumpfig grüne Flächen geht es auf Turnu Magurele zu. Hier liegen die Dörfer weniger eng. Ein malerischer Donau-Zufluß schlängelt sich heran. Von der Brücke aus sieht man einladende einsame Sandstrände liegen. Aber der Sand wird mit großen Maschinen auf LKWs verladen, die zahlreich die Straße mit uns teilen. Der Verkehr wird dichter. Turnu Magurele begrüßt uns ebenfalls mit viel Gewerbe und Industrie. In der Mitte ist ein Park mit spätsozialistischem Charme. Wir setzen uns auf eine Bank. Zeit, an die Suche nach einem Übernachtungsplatz zu denken. Kein Campingplatz in erreichbarer Nähe. Wir sehen auf einer anderen Bank das belgische Ehepaar sitzen. Sie sind auch auf der Suche nach einem Plätzchen für die Nacht. Das Hotel in Turnu Magurele ist ausgebucht. Das können wir schon mal abhaken. Wir kaufen gemeinsam bei Lidl ein und machen uns dann auf die Suche. Noch in der Stadt verlieren wir uns.

                                    Die Straße führt jetzt dicht an der Kante des Urstromtals entlang und wellt munter auf und ab. Die Dörfer folgen wieder dicht auf dicht. Laut Karte und Bikeline gibt es keinerlei Übernachtungsangebote. Wir halten Ausschau nach einer Zeltmöglichkeit. Wir fragen verschiedentlich in Dorfkneipen. Nein, keine Chance. Wir sollen weiterfahren bis zum nächsten Hotel. Die Landschaft bietet keinerlei Deckung. Sobald wir irgendwo anhalten, fordert man uns zum Weiterfahren auf.

                                    Das nächste Hotel ist in Zimnicea. Das sind noch gut 50 km. In Vanatori zeigt man uns immerhin eine Abkürzung. Wir müssen dazu zwar die örtliche Müllkippe überqueren, sparen aber etliche Kilometer und auch Steigungen. In Viisoara treffen wir wieder auf die Straße. Hier tobt das Leben. Und es ist dunkel geworden. Wir beschließen, nach Zimnicea durchzustarten. Der Wind schiebt. Es ist zappenduster. Endlich eine Nachtfahrt in Rumänien.

                                    Unsere Räder sind maximal beleuchtet und leuchten auch die Straße gut aus. Das ist kein Problem. Die rumänischen Radfahrer sind unbeleuchtet unterwegs. Genauso wie die zahlreichen Pferdewagen. Die Autos haben mehr oder weniger Licht. Wir sind schnell unterwegs. Immer in Gefahr in eines der zahlreichen Schlaglöcher zu knallen. Oder auf einen Pferdewagen aufzufahren. Wir zählen die Kilometer rückwärts und wollen jetzt nur noch ankommen.

                                    Zimnicea ist groß und begrüßt uns mit zwei Bahnübergängen, über die wir unsere Räder geradezu tragen müssen. Wo sind die Hotels? Wir würden gern mal auf die Karte gucken und schieben unsere Räder auf eine hellerleuchtete Tankstelle. Der Tankwart scheucht uns sofort davon. Eine gastfreundliche Stadt….. Wir folgen also der Straße weiter.

                                    In der Mitte treffen wir auf zwei Hotels nebeneinander und diverse Restaurants und Läden. Richtig städtisch sieht das aus. Wir kehren auf ein Bier ein und befragen booking.com in Bezug auf das örtliche Hotelangebot. Beide sehen groß und wenig einladend aus. Abgegammelte Betonbunker. Eines hat vier Sterne, eines drei. Drei reichen uns eigentlich. Wir fragen nach einem Zimmer. Sie haben eines frei. Sieht nicht so aus, als gäbe es noch mehr Gäste. 20 € soll das DZ mit Bad kosten. Die Räder kommen unter die Treppe. Und wir gehen duschen. Man muss die Feste feiern wie sie fallen. Wir waschen unsere Wäsche und hängen sie zum Trocknen auf.

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                                    • Abt
                                      Lebt im Forum
                                      • 26.04.2010
                                      • 5726
                                      • Unternehmen

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                                      #58
                                      AW: Die Donau entlang

                                      Danke Enja, dass du auch die nicht so angenehmen Erlebnisse auf eurer Tour schreibst.
                                      Das mit der Zeltgebühr ist ja schon mehr als ausverschämt. Gab es denn eine Quittung dafür?
                                      Wenn es alle Touris so hinnehmen macht es die Runde und bald verlangen alle diesen Preis.

                                      Mich intressiert mal der Brückenbau
                                      Ist nach deiner Meinung der Brückenbau nun abgeschlossen?,- das heißt, rollen auch Züge darüber?
                                      Oder wohin fahren die vielen Laster?

                                      In dieser Gegend befindet sich die http://de.wikipedia.org/wiki/Sahara_Olteniei, habt ihr davon etwas gesehen?

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                                      • Enja
                                        Alter Hase
                                        • 18.08.2006
                                        • 4750
                                        • Privat

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                                        #59
                                        AW: Die Donau entlang

                                        Man hat uns erzählt, dass sich der Verkehr Richtung Türkei/Nahost, der bis dahin über Jugoslawien-Bulgarien/Griechenland verlief, während des Jugoslawien-Krieges ostwärts verlagert hätte. Und Teile davon seien geblieben. Immerhin geht es dort nach Sofia/Thessaloniki/Istanbul. So wie wir das gesehen haben, kommen die LKWs aus Bukarest, bzw. Drobeta Turnu Severin.

                                        Wir haben uns über die einspurige Schienen-Ausstattung gewundert. Das macht keinen sehr zukunftssicheren Eindruck. Aber irgendwer hat sich hoffentlich was dabei gedacht. Ob da schon Züge drüber fahren? Keine Ahnung. Wir haben keinen gesehen.

                                        Durch die Wüste sind wir offensichtlich durchgefahren. Die besteht aus landwirtschaftlich genutzten Flächen und Sumpf.

                                        Der Donauradweg jenseits von Wien ist kein durchgehender Ponyhof. Da sollte man sich drauf gefasst machen. Man kann aber zumeist, wenn man von Rumäniens Süden mal absieht, überall auch nobel absteigen. Das ist nur nicht so unser Ding. Wie man uns dort immer wieder versicherte, setzt Rumänien auf Tourismus-Entwicklung im hochpreisigen Bereich. Die hohen Preise dazu gibt es schon. Jetzt fehlt nur noch die entsprechende Gegenleistung. Aber immer schön eins nach dem anderen.

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                                        • Abt
                                          Lebt im Forum
                                          • 26.04.2010
                                          • 5726
                                          • Unternehmen

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                                          #60
                                          AW: Die Donau entlang

                                          Ja genau.
                                          Hochpreisig strebt man an. Ihr habt ja sicher die Anschläge De Vazare gesehen.
                                          Die Banken versprechen das Blaue vom Himmel,
                                          Den Bauern wird die beste Scholle für ein Appel und ein Ei abgeschwatzt.
                                          Einigeuropa unterwandert mit Krediten da gute Inlandsmarken und machen die nationale Warenproduktion konkurrenzlos kaputt. Bald gibt es nur europäische Einheitswurst.
                                          Soweit mein völlig unpolitischer Kommentar
                                          Zuletzt geändert von Abt; 18.11.2013, 16:44.

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