AW: Die Donau entlang
3.9.2013
Wir sind nicht begeistert. Im Zelt schlafen wir deutlich besser. Aber gut, den Versuch war es wert. Als wir bezahlen wollen, erklärt man uns, dass die 22 € natürlich „pro Person“ seien. Wir also 44 € bezahlen müssen. Was wir tun, um keinen weiteren Ärger zu riskieren. Unser Wunsch, in Privatzimmern zu übernachten, ist aber nun bei Null. Jedes Hotel wäre hier günstiger gewesen. Und hätte uns ermöglicht, zu duschen.
Weit weg von der Donau radeln wir Richtung Osijek. Osijek liegt an der Drau. Nicht an der Donau. Aber das Mündungsgebiet der Drau ist ein sumpfiger Naturpark, durch den keine Radwege führen. Also heißt es wieder mal „Straße radeln“ und wir sind froh, als wir Osijek erreichen. Auf unserer Seite der Drau liegt zunächst einmal die Festung, in der wir uns ein bißchen umsehen. Da wir die Auffahrt auf die Straßenbrücke verpassen, folgen wir zunächst einmal diesem Ufer mit schönen Ausblicken auf die Stadt. Es geht eine Uferpromenade entlang durch einen Park.
Nachdem man uns durch ein Freibad mit allerhand Verbotsschildern durchgewinkt hat, überqueren wir die Drau auf einer Hänge-Fußgängerbrücke. Drüben sind wir direkt im Stadtzentrum. Hier sieht man viele Häuser, die mit Einschusslöchern geradezu übersät sind.
Osijek ist berühmt für seine Sezessionsbauten. Zunächst einmal aber kommen wir an einem bedeutenden Werk der Moderne vorbei. Das Kino Europa. Es ist offensichtlich im Krieg auch böse erwischt worden. Speziell der Schriftzug „Europa“ ist von kleinen und großen Einschusslöchern umgeben, was etwas speziell wirkt. Einige Ecken weiter treffen wir auf das Kino Urania und sind nun bei den Sezessionsbauten angekommen. Leider kann man es nicht von innen besichtigen. Von außen ist es eindrucksvoll.
Und von hier ab schieben wir unsere Räder an der langen Reihe der Sezessionsbauten entlang. Einer ist schöner als der andere. Nichts an diesen Bauten ist Einheitsware. Jedes ist wunderschön durchgestaltet. Manches wirkt zwar etwas bröselnd. Aber gerade das macht den Reiz aus. Besonders die schönen schmiedeeisernen Gitter sind noch Original. In dieser Form haben wir das bisher noch nicht gesehen. Genauso die Fenster.
Anschließend geht es noch durch die Festung mit hübschen Lokalen und vielen Gebäuden der Universität, bevor wir wieder den üblichen Gewerbegürtel durchqueren, in dem sich praktischerweise die gleichen Discounter finden, wie wir sie auch zu Hause haben. Irgendwo stadtauswärts verlieren wir den EV 6 und landen auf der Hauptstrecke in Richtung Vukovar. So viel Verkehr hier? Das kann doch nicht die Nebenstrecke sein? Aber holla. Der Wind bläst uns geradezu voran. Wir sind mit 35 kmh unterwegs. Umkehren? Nö, wieso denn. Macht einfach großen Spaß.
Einen gefühlten Wimpernschlag später sind wir in Vukovar. Das macht Hoffnung. Wir können Kroatien mit all seiner Camping-Feindlichkeit und seinen geschäftstüchtigen Bewohnern bald verlassen. Hurra. In Vukovar biegen wir zunächst mal zum Palais derer zu Eltz ab. Der Name ist uns vom Limburger Bauskandal her präsent. Na gut. Heute ist das ein Museum. Wunderbar restauriert. Barock und schön ockergelb gestrichen. Hinter dem Gebäude geht es runter an die Donau. Auf einer Bank an der Uferpromenade machen wir ein Picknick.
Es herrscht lebhafter Betrieb. Um einen kleinen Bootshafen radeln wir noch fröhlich herum. Dann wird es schwierig. Die Stadt ist eine einzige Baugrube. Da werden Rohrleitungen verlegt. Das ist bestimmt sehr nützlich. Aber wir müssen auf die Durchgangsstraße ausweichen, um überhaupt durchzukommen. Und dort ist es unidyllisch. Allerdings nähern wir uns nun dem Wahrzeichen Vukovars. Dem zerschossenen Wasserturm. Er ist besonders groß für einen Wasserturm, steht auf einem Hügel zwischen Straße und Donau. Und es hat ihn wirklich böse erwischt. Sowohl die Betonrippen als auch die Ziegelflächen dazwischen bröseln vor sich hin und wehen regelrecht im Wind. Mutige Besucher scheint das nicht besonders zu stören. Ich halte lieber Abstand. Ein eindrucksvolles Denkmal der Sinnlosigkeit des Krieges.
Nun haben wir Kroatien schon fast hinter uns. Gerne würden wir noch weiter bis Serbien, wo man, wie uns jedenfalls unsere Karte verspricht, jederzeit wild campen darf. Aber auch kein Campingplatz in Reichweite ist. Es geht oben an der Kante zum Donautal entlang. Ab und zu kann man sie sehen. Wir kommen flott voran.
Bis sich das Ufer insofern ändert, als kleine tief eingeschnittene Bäche unseren Weg kreuzen. In jedes Dorf geht es jetzt tief hinunter und auf der anderen Seite wieder nach oben. Das beschert uns atemberaubende Ausblicke – und weiche Knie. Der Tag ist schon weit fortgeschritten. Zeit nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu gucken. So erreichen wir Sarengrad. Hier gibt es ein Kloster, das wir uns ansehen wollen. Es ist hübsch gelegen. Und wird gerade renoviert. Turm und Dach waren offensichtlich genauso wie der Wasserturm in Kampfhandlungen verwickelt. Zurück auf der Hauptstrecke treffen wir drei Friedensradler. Der Vortrupp einer Gruppe von 20, die durch den Balkan für den Weltfrieden radeln. Ohne einen Pfennig Geld. Jetzt auf der Suche nach einem Plätzchen, wo sie ihre Zelte aufbauen können. Sie wollen hier auf die anderen warten. Wir fahren weiter.
Und sehen ein Schild. „Free Camping“ steht drauf. Ist das nicht das, was wir alle wollen? Wir sehen uns an und biegen ab. Es lohnt sich. Ein kleines Restaurant am Donauufer. Ein so hübsches Plätzchen, wie wir es unterwegs noch selten hatten. Eine kleine Wiese mit Gartenmöbeln. Eine Quelle. Toiletten. Was wollen wir mehr? Wir werden freundlich empfangen. Natürlich können wir hier unser Zelt aufbauen. Nein, das kostet nichts. Wir nehmen das gerne an und melden uns zum Essen an. Es gibt Fisch, wie meist an der Donau. Dazu frisch gebackenes Brot. Weintrauben, Pflaumen und Pfirsiche aus dem eigenen Garten. Toll. Wir sind rundum zufrieden.
Wir hatten schon vermutet, dass die Friedensradler auch auftauchen würden. Und es dauert nicht lange. Sie machen dem Wirt gleich mal klar, dass er von ihnen keinen Cent bekommen wird. Sie möchten nur die Toiletten etc. nutzen. Und natürlich ihre vielen Handys und was sie sonst noch so dabeihaben, aufladen. Dazu haben sie jede Menge Mehrfachstecker dabei. Jeder baut sein Zelt auf. Aus mehreren großen Fahrradanhängern wird eine Feldküche ausgepackt. Sie kochen vegan. Hauptsächlich Kartoffeln. Das Essen wird von den Feldern gesammelt. Der Wirt bringt ihnen Obst. Sie sind auf dem Weg nach Novi Sad, wo es ein Fahrradcafe gibt, wo man umsonst schlafen kann. Und die reparieren einem dann auch noch die Räder. Und eine Armenküche gibt es dort auch. Wo man kostenlos essen kann. Na denn. Der Wirt macht die Runde und bietet Pflaumenschnaps an.
Mit ein paar Dorfbewohnern sitzen wir noch beim Bier. Thema ist wie überall hier: Der Krieg. „Vorher lebten hier Kroaten und Serben zusammen. Sowas geht nicht. Dann kam der Krieg. Alles war kaputt. Viele Menschen tot. Und alle hassen einander nun. Im Dorf leben Serben und Kroaten.“
3.9.2013
Wir sind nicht begeistert. Im Zelt schlafen wir deutlich besser. Aber gut, den Versuch war es wert. Als wir bezahlen wollen, erklärt man uns, dass die 22 € natürlich „pro Person“ seien. Wir also 44 € bezahlen müssen. Was wir tun, um keinen weiteren Ärger zu riskieren. Unser Wunsch, in Privatzimmern zu übernachten, ist aber nun bei Null. Jedes Hotel wäre hier günstiger gewesen. Und hätte uns ermöglicht, zu duschen.
Weit weg von der Donau radeln wir Richtung Osijek. Osijek liegt an der Drau. Nicht an der Donau. Aber das Mündungsgebiet der Drau ist ein sumpfiger Naturpark, durch den keine Radwege führen. Also heißt es wieder mal „Straße radeln“ und wir sind froh, als wir Osijek erreichen. Auf unserer Seite der Drau liegt zunächst einmal die Festung, in der wir uns ein bißchen umsehen. Da wir die Auffahrt auf die Straßenbrücke verpassen, folgen wir zunächst einmal diesem Ufer mit schönen Ausblicken auf die Stadt. Es geht eine Uferpromenade entlang durch einen Park.
Nachdem man uns durch ein Freibad mit allerhand Verbotsschildern durchgewinkt hat, überqueren wir die Drau auf einer Hänge-Fußgängerbrücke. Drüben sind wir direkt im Stadtzentrum. Hier sieht man viele Häuser, die mit Einschusslöchern geradezu übersät sind.
Osijek ist berühmt für seine Sezessionsbauten. Zunächst einmal aber kommen wir an einem bedeutenden Werk der Moderne vorbei. Das Kino Europa. Es ist offensichtlich im Krieg auch böse erwischt worden. Speziell der Schriftzug „Europa“ ist von kleinen und großen Einschusslöchern umgeben, was etwas speziell wirkt. Einige Ecken weiter treffen wir auf das Kino Urania und sind nun bei den Sezessionsbauten angekommen. Leider kann man es nicht von innen besichtigen. Von außen ist es eindrucksvoll.
Und von hier ab schieben wir unsere Räder an der langen Reihe der Sezessionsbauten entlang. Einer ist schöner als der andere. Nichts an diesen Bauten ist Einheitsware. Jedes ist wunderschön durchgestaltet. Manches wirkt zwar etwas bröselnd. Aber gerade das macht den Reiz aus. Besonders die schönen schmiedeeisernen Gitter sind noch Original. In dieser Form haben wir das bisher noch nicht gesehen. Genauso die Fenster.
Anschließend geht es noch durch die Festung mit hübschen Lokalen und vielen Gebäuden der Universität, bevor wir wieder den üblichen Gewerbegürtel durchqueren, in dem sich praktischerweise die gleichen Discounter finden, wie wir sie auch zu Hause haben. Irgendwo stadtauswärts verlieren wir den EV 6 und landen auf der Hauptstrecke in Richtung Vukovar. So viel Verkehr hier? Das kann doch nicht die Nebenstrecke sein? Aber holla. Der Wind bläst uns geradezu voran. Wir sind mit 35 kmh unterwegs. Umkehren? Nö, wieso denn. Macht einfach großen Spaß.
Einen gefühlten Wimpernschlag später sind wir in Vukovar. Das macht Hoffnung. Wir können Kroatien mit all seiner Camping-Feindlichkeit und seinen geschäftstüchtigen Bewohnern bald verlassen. Hurra. In Vukovar biegen wir zunächst mal zum Palais derer zu Eltz ab. Der Name ist uns vom Limburger Bauskandal her präsent. Na gut. Heute ist das ein Museum. Wunderbar restauriert. Barock und schön ockergelb gestrichen. Hinter dem Gebäude geht es runter an die Donau. Auf einer Bank an der Uferpromenade machen wir ein Picknick.
Es herrscht lebhafter Betrieb. Um einen kleinen Bootshafen radeln wir noch fröhlich herum. Dann wird es schwierig. Die Stadt ist eine einzige Baugrube. Da werden Rohrleitungen verlegt. Das ist bestimmt sehr nützlich. Aber wir müssen auf die Durchgangsstraße ausweichen, um überhaupt durchzukommen. Und dort ist es unidyllisch. Allerdings nähern wir uns nun dem Wahrzeichen Vukovars. Dem zerschossenen Wasserturm. Er ist besonders groß für einen Wasserturm, steht auf einem Hügel zwischen Straße und Donau. Und es hat ihn wirklich böse erwischt. Sowohl die Betonrippen als auch die Ziegelflächen dazwischen bröseln vor sich hin und wehen regelrecht im Wind. Mutige Besucher scheint das nicht besonders zu stören. Ich halte lieber Abstand. Ein eindrucksvolles Denkmal der Sinnlosigkeit des Krieges.
Nun haben wir Kroatien schon fast hinter uns. Gerne würden wir noch weiter bis Serbien, wo man, wie uns jedenfalls unsere Karte verspricht, jederzeit wild campen darf. Aber auch kein Campingplatz in Reichweite ist. Es geht oben an der Kante zum Donautal entlang. Ab und zu kann man sie sehen. Wir kommen flott voran.
Bis sich das Ufer insofern ändert, als kleine tief eingeschnittene Bäche unseren Weg kreuzen. In jedes Dorf geht es jetzt tief hinunter und auf der anderen Seite wieder nach oben. Das beschert uns atemberaubende Ausblicke – und weiche Knie. Der Tag ist schon weit fortgeschritten. Zeit nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu gucken. So erreichen wir Sarengrad. Hier gibt es ein Kloster, das wir uns ansehen wollen. Es ist hübsch gelegen. Und wird gerade renoviert. Turm und Dach waren offensichtlich genauso wie der Wasserturm in Kampfhandlungen verwickelt. Zurück auf der Hauptstrecke treffen wir drei Friedensradler. Der Vortrupp einer Gruppe von 20, die durch den Balkan für den Weltfrieden radeln. Ohne einen Pfennig Geld. Jetzt auf der Suche nach einem Plätzchen, wo sie ihre Zelte aufbauen können. Sie wollen hier auf die anderen warten. Wir fahren weiter.
Und sehen ein Schild. „Free Camping“ steht drauf. Ist das nicht das, was wir alle wollen? Wir sehen uns an und biegen ab. Es lohnt sich. Ein kleines Restaurant am Donauufer. Ein so hübsches Plätzchen, wie wir es unterwegs noch selten hatten. Eine kleine Wiese mit Gartenmöbeln. Eine Quelle. Toiletten. Was wollen wir mehr? Wir werden freundlich empfangen. Natürlich können wir hier unser Zelt aufbauen. Nein, das kostet nichts. Wir nehmen das gerne an und melden uns zum Essen an. Es gibt Fisch, wie meist an der Donau. Dazu frisch gebackenes Brot. Weintrauben, Pflaumen und Pfirsiche aus dem eigenen Garten. Toll. Wir sind rundum zufrieden.
Wir hatten schon vermutet, dass die Friedensradler auch auftauchen würden. Und es dauert nicht lange. Sie machen dem Wirt gleich mal klar, dass er von ihnen keinen Cent bekommen wird. Sie möchten nur die Toiletten etc. nutzen. Und natürlich ihre vielen Handys und was sie sonst noch so dabeihaben, aufladen. Dazu haben sie jede Menge Mehrfachstecker dabei. Jeder baut sein Zelt auf. Aus mehreren großen Fahrradanhängern wird eine Feldküche ausgepackt. Sie kochen vegan. Hauptsächlich Kartoffeln. Das Essen wird von den Feldern gesammelt. Der Wirt bringt ihnen Obst. Sie sind auf dem Weg nach Novi Sad, wo es ein Fahrradcafe gibt, wo man umsonst schlafen kann. Und die reparieren einem dann auch noch die Räder. Und eine Armenküche gibt es dort auch. Wo man kostenlos essen kann. Na denn. Der Wirt macht die Runde und bietet Pflaumenschnaps an.
Mit ein paar Dorfbewohnern sitzen wir noch beim Bier. Thema ist wie überall hier: Der Krieg. „Vorher lebten hier Kroaten und Serben zusammen. Sowas geht nicht. Dann kam der Krieg. Alles war kaputt. Viele Menschen tot. Und alle hassen einander nun. Im Dorf leben Serben und Kroaten.“
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