[DE] Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

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  • Ullrich
    Anfänger im Forum
    • 22.04.2013
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    [DE] Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

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    Wie im "Touren mit Kajak, Kanu & Co" Forum versprochen, hier ein Bericht über erste Erfahrungen mit dem Packraft von Supai Adventure Gear.

    Das Supai Boot

    Das Supai ist ein Packraft mit einem Gesamtgewicht von 650g (inklusive Schlauch zum Aufblasen) Im Rucksack nimmt es ungefähr so viel Platz weg wie zwei Dosen Bier . Wenn man eine Jacke mit geräumigen Taschen hat, passt es da also auch rein. Das Boot ist definitiv nichts für begeisterte Paddler, sondern für Wanderer die ab und an Flüsse oder Seen überqueren wollen. Für Höhlentouren mit unterirdischen Seen ist es genauso tauglich, wie als Badeboot wenn man an einem See campt. Ohne selbst Erfahrung damit zu haben schließe ich Wildwasserfahrten aus. Das Boot ist einfach zu klein und zu leicht und dreht sich bei jedem Paddelschlag. Ansonsten hat man darin relativ bequem zusammen mit einem mittelgroßem Rucksack Platz wenn man die Beine leicht anwinkelt. Ich bin 178cm und empfand es nach fünf Stunden auf dem Wasser nicht als unbequem. Für Männer ab 195cm ist das Ding vermutlich zu klein für längere Touren. Das Boot hat rundherum Laschen um ein Seil einzuziehen. Was man auch dringend nutzen sollte. Abgesehen davon das man es damit handlich ans Ufer ziehen kann, kann man auch die Arme durch die Seile links und rechts stecken und es wie einen Rucksack tragen, wenn man sich durchnässt und schlammverschmiert, ohne Wasser und Zigaretten in einem Sumpfgebiet bei Kühkopf-Knoblochsaue wiederfindet und einem das Garmin GPS sagt, dass man sich noch zweieinhalb Kilometer durch diesen Mist kämpfen muss bis man die Zivilisation erreicht ...



    Surviving Kühkopf-Knoblochsaue ;)

    Kühkopf-Knoblochsaue ist ein Naturschutzgebiet in bei Stockstadt am Rhein. Der Altrhein zieht eine großzügige Schleife von ca. 10 - 12 Km um wieder in den Rhein zurückzufließen und schafft so eine natürliche Insel. Die Insel ist zum größten Teil ein Naturschutzgebiet das man weder betreten, noch mit dem Boot anlanden darf. Nur nahe des Rheins selbst kann man die Insel betreten und überqueren. Mein Plan für den 1. Mai war zum ersten Mal mein neues Supai Packraft auszuprobieren. Ich wollte von Stockstadt aus die Insel größtenteils zu umrunden. Am betretbaren Teil der Insel anzulanden, auf die andere Seite der Insel wandern und dort mit dem Boot den Rhein zu dem ursprünglichen Anlandeplatz zu überqueren um von dort aus wieder mit dem Auto nach Hause zu fahren. Der größte Teil der Planung war erfolgreich .



    Eigentlich hatte ich diesmal alles richtig gemacht. Präzise die Ausrüstung und Verpflegung geplant und den mit der Basecamp Software erstellten Plan auf das Garmin geladen. Kühkopf-Knoblochsaue ist auch wirklich ideal um ein neues Boot ohne Risiken auszuprobieren. Der Seitenarm des Rheins gilt als Familienfreundlich, unkompliziert und unterwegs trifft man reihenweise Kanus und sonstige Boote die von Kindern gesteuert werden.

    Allerdings war das Wetter an dem Tag recht trüb und sah irgendwie nach Regen aus. Also habe ich nachdem ich angekommen war und mein wirklich wirklich kleines Boot und den großen Fluß so verglichen habe, den Plan über den Haufen geworfen. Ich habe den Rucksack also da gelassen, mir die Elektronik, nen halben Liter Wasser und zwei MRE Kekse in die Jackentaschen gesteckt. Ich dachte mir: "Paddel ne Stunde rum, probier das Boot aus und fahr wieder nach Hause bevor es das Regnen anfängt"

    Der Einstieg in das Supai ist ein bisschen abenteuerlich. Die Hälfte des Boots muss sich noch auf Land befinden bevor man einsteigen kann. Anschließend muss man sich etwas umständlich ins Wasser schieben. Durch die geringe Masseträgheit und Wasserverdrängung des Boots selbst ist das ungefähr so stabil wie ein Hovercraft.

    Im Wasser gab mir das Boot dann allerdings ein erstaunlich sicheres Gefühl. Nach ein paar Paddelschlägen und einem kurzen Check ob irgendwo Wasser eindringt oder das Boot Luft verliert war das sehr spannend so nahe am Wasser zu sein. Durch die Schaumstoffsitzfläche (umbedingt notwendig) die ich mir gekauft hatte, kam die Kälte des Wassers nicht hindurch und ich hatte den ganzen Fluß vor mir und noch 8 Stunden Zeit bis Sonnenuntergang.

    Kühkopf-Knoblochsaue ist ein wirklich sehr schönes Naturschutzgebiet. Die Natur ist dort nach über 50 Jahren ohne Eingriff durch den Menschen sehr urtümlich und die eine Million Vögel auf der Insel hören sich an wie ein komplett übersteuertes Vogel-Trash-Metal Konzert. Alle paar Meter schwimmt auf dem Fluß ein Wasservogel und es gibt dort mehr Enten als in Entenhausen.



    Wenn man in so einem Supai den Fluss runter fährt und auf einen Schwan trifft der sich mit einem auf Kopfhöhe befindet, macht man sich schon so seine Gedanken darüber das der Schwan zwanzig mal so viel wiegt wie das eigene Boot .



    Nachdem ich schon eine Stunde den Altrhein entlang gepaddelt war und Vogelbilder gemacht hatte, hatte ich mich entschieden noch etwas weiter zu paddeln. Der Tag war noch lang, das Boot hielt und die Landschaft war wirklich spektakulär.





    Während ich so gemächlich vor mich hinpaddelte, mich gelegentlich einfach treiben ließ und ab und an ein Photo schoss fiel mir auf wie unglaublich viele Leute trotz des schlechten Wetters mit dem Kanu oder Boot dort unterwegs waren. Und jeder einzelne der mir und meinem wirklich winzigen Boot begegnet ist, hat mich angelächelt. Anscheinend nur freundliche Leute in der Gegend! In dem Supai war es recht bequem und ich hatte Zeit, also habe ich mich bei gelegentlichen Gegensteuern einfach treiben lassen über das Smartphone ein paar Kundenanfragen erledigt und irgendwann wiedermal aufs Garmin geschaut. Ich war mittlerweile zu zwei Dritteln um die Insel herum und die Landschaft wurde immer urtümlicher.



    Also habe ich etwas Gas gegeben. Strecke gemacht, mit der Absicht die Route doch noch zu vollenden. Nach einiger Zeit war ich der Ansicht ausreichend weit gepaddelt zu sein und bin auf einem Uferstreifen zugesteuert an dem junge Bäumchen so nahe am Wasser wachsen das man sich daran herausziehen kann beim Anlanden.



    Die Bäumchen waren perfekt um mich herauszuziehen. Die Uferböschung allerdings war komplett marode. Nach einem beherzten Tritt brach jegliches Erdreich unter mir hinweg und ich stand bis zur Hüfte im Wasser. Nachdem ich mich und mein Boot an Land gezogen hatte, dachte ich bei einer Zigarette und einem MRE Keks über meine Situation nach. Ein kurzer Blick auf Garmin sagte mir das ich mich mindestens noch 800m im Naturschutzgebiet aufhielt. Das ist normalerweise nur ein paar Minuten Weg, aber um mich herum war ausschließlich Sumpfgebiet und Dschungelähnliche Vegitation. Ich würde vermutlich eine hübsche Moorleiche abgeben. Aber ich entschloss mich den Rhein noch mal zu überqueren um auf der anderen Seite mein Glück zu versuchen. Nach weiteren 15 Minuten paddeln fand ich eine angemessene Stelle.



    Überraschenderweise war dort ebenfalls Sumpf.



    Und Dschungelartige Vegetation.



    Das Garmin sagt das ich noch mindesten zwei Kilometer da durch muss. Wasser ist schon lange aus, Zigaretten habe ich unterwegs verloren und nur noch einen MRE Keks in der Tasche. Nach 10 Minuten mit dem Supai als Rucksack auf den Schultern gebe ich auf. Ich lasse die Luft raus, falte das Ding zusammen und mache mit der 2m Schnur die ich noch einstecken habe einen Umhängerucksack daraus. Das Paddel hilft die Vegetation zur Seite zu drücken während ich versuche die Brenneseln zu ignorieren. Die gute Funktionshose war zwar nach zwei Minuten trocken nachdem ich aus dem Wasser heraus war, aber Brennesel sicher ist Sie irgendwie nicht.

    Nach einem ganzen Tag mit nem halben Liter Wasser fange ich langsam an darüber nachzudenken, ob das wirklich so eine gute Idee war. Aber irgendwann stoße ich auf einen ausgetreten Pfad. Pfade führen immer zu einer Straße und die endet für gewöhnlich in der Zivilisation.



    Long Story short. Unterwegs traf ich auf ein paar freundliche Russen die da irgendwie mit selbstgebauten Angeln vermutlich halb legal am Rhein angelten und mir den Weg zu nächsten Straße erklären konnten. Einen Kilometer weiter fand ich mitten auf dem Feld eine Pumpe an der ich mich erfrischen konnte.



    Als ich an der Hauptstraße ankam und das Garmin befragte, stellte ich fest das ich noch ca. 8 Km von meinem Auto entfernt war. Es wurde langsam dunkel und ich musste am nächsten Tag noch arbeiten. Man hat ja nicht umsonst 100 Survival Videos von Sacki auf Youtube gesehen und weiß was man in so einer Situation am Besten macht. Die Entscheidung war klar. Ich grub - mit meinen beiden - bloßen Händen - ganz tief - in meinen Jackentaschen. Zog mein Samsung S3 heraus, aktivierte die Sprachsteuerung und sagte ohne jegliche Scham: "Ruf mir ein Taxi!"

    Drei Bier und zwei Steaks später habe ich mein Boot geduscht, ausgewrungen und auf die Wäscheleine gehängt.

    Morgen gehts in den Thüringer Wald. Ich hab mein Supai im Rucksack ...

    Zuletzt geändert von Ullrich; 04.05.2013, 11:00.

  • ronaldo
    Freak
    Moderator
    Liebt das Forum
    • 24.01.2011
    • 11936
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    #2
    AW: Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

    Lustig zu lesen... bitte teste öfter mal was und schreib drüber... :-)

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    • OliverR
      Dauerbesucher
      • 16.02.2007
      • 981
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      #3
      AW: Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

      Unterhaltsamer Bericht Ich kenne den Erfelder Altrhein von diversen Paddeltouren ja auch ganz gut, war dort aber immer mit Feststoffbooten unterwegs. Nutzt man den Rheinstrom mit, kann man zumindest mit dem Kajak oder Kanadier auch eine schöne Rundtour genießen. Das größere Abenteuer hast aber auf jeden Fall Du erlebt. Und das Supai lebt auch noch.
      The earth is your grandmother and mother, and is thus sacred. Every step that is taken upon her should be as a prayer (Black Elk)

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      • Enja
        Alter Hase
        • 18.08.2006
        • 4750
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        #4
        AW: [DE] Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

        Ja, sehr lustig. Ich mache da immer Radtouren und hielt das bisher für eine Art überfüllte Stadtpark-Variante.

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        • Zio
          Erfahren
          • 10.02.2009
          • 230
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          #5
          AW: [DE] Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

          Ich lese immer Kuhkopf-Knoblauchsauce und denke mir wer isst sowas?
          Nett hier - aber waren Sie schon mal in Köln?

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          • cast
            Freak
            Liebt das Forum
            • 02.09.2008
            • 19413
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            #6
            AW: [DE] Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

            Vielleicht noch als Hinweis für Nachahmer, tut euch einen Gefallen und macht das entweder in der kalten Jahreszeit oder nach dem jährlichen Versprühen von BTI, es gibt Zeiten da ist man schwarz vor Schnaken und die Rheinschnaken in der Gegend sind wie Kolibris....
            "adventure is a sign of incompetence"

            Vilhjalmur Stefansson

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            • OliverR
              Dauerbesucher
              • 16.02.2007
              • 981
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [DE] Surviving Kühkopf-Knoblochsaue / Supai Boot Test

              Zitat von cast Beitrag anzeigen
              Vielleicht noch als Hinweis für Nachahmer, tut euch einen Gefallen und macht das entweder in der kalten Jahreszeit oder nach dem jährlichen Versprühen von BTI, es gibt Zeiten da ist man schwarz vor Schnaken und die Rheinschnaken in der Gegend sind wie Kolibris....
              Naja, also das letzte Mal, dass ich von Schnaken aufgefressen wurde, ist echt schon lange her. Dieser Bacillus thuringiensis israelensis wird ja schon seit Jahren regelmäßig versprüht. Früher fand man im Sommer wegen dem sirrenden Geräusch dieser Plagegeister ja fast keinen Schlaf, inzwischen ist das eher eine Ausnahme. Aber selbst wenn sich mal Schnaken finden, dann ja nicht unbedingt tagsüber beim Paddeln auf dem Wasser, sondern eher im hohen, feuchten Gras in schattigeren Lagen oder halt in der Dämmerung
              The earth is your grandmother and mother, and is thus sacred. Every step that is taken upon her should be as a prayer (Black Elk)

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