[FI] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

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    • 16.08.2008
    • 30707
    • Privat

    • Meine Reisen

    [FI] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Prolog:

    Ich bin kein Wanderer. Definitiv nicht. Natürlich vermag auch ich einen Fuß vor den anderen zu setzen und dies sogar über einen mehrstündigen Zeitraum. Manchmal verspüre ich dabei sogar eine emotionale Befriedigung. Aber mein Fahrrad ist mir lieber. Schnell wie ein Pfeil von Ort zu Ort. Wandern kann man dort immer noch. Oder sein Fahrrad schieben. Aber einfach nur Wandern? Irgendwie nicht mein Ding. So ganz ehrlich gesagt. Intuitiv gesehen.

    Dummerweise will ich wieder nach Finnland. Im Januar. Radfahren hat sich bekannterweise im finnischen Frühwinter als weniger geeignetes Fortbewegungsmittel entpuppt. Skifahren kann ich nicht. Bleibt wohl nur Wandern. Warum nicht. Irgendwann ist immer das erste Mal. Ich plane meine erste Wandertour. Mit viel Gepäck. Mir ist klar: Ich brauche eine Idee.


    Willst Du wirklich wieder im Januar nach Finnland? Hat es Dir da so gut gefallen?

    Ich glaube ja, es wird Finnland. Ob es mir da gefallen hat? Ich weiß es nicht. Ich glaube, es ist das Licht. Ja. Es ist das Licht.

    Du hast doch noch nie eine Wandertour gemacht. Und schon gar nicht mit einem schweren Rucksack. Du bist das doch gar nicht gewöhnt.

    Naja, immerhin schiebe ich regelmäßig mein Fahrrad auf Tour. Auch über lange Strecken. Das wird schon gehen. Und mit Rucksack fahre ich auch täglich. Und der ist bei Einkäufen ganz schön schwer.

    Das ist etwas anderes.

    Ich weiß.



    Die Vorbereitung.

    Im Nachhinein betrachtet ist die nun geplante Tour eine logische Folge meiner Aktivitäten 2012. Erfahrungen mit dem finnischen Winter und Konditionsaufbau durch Fahrradschieben in der Bretagne. Meine Ausrüstung habe ich im Wesentlichen zusammen, aber ein paar Dinge, die auch noch empfindlich ins Geld gehen, sind dennoch zu beschaffen.


    Der Plan

    Auf einer Karte von Finnland schaue ich mir die Nationalparks an. Der Norden, also Lappland, fällt flach. Noch ist Kaamos (die Zeit, an der die Sonne nicht über den Horizont kommt), die Tage sind kurz und Ski fahren kann ich nicht. Ohne Begleitung mit Schneeschuhen auf Scooterspuren zu wandeln, ist mir zu riskant. Ich konzentriere mich auf den Süden und finde einen Link: http://www.spazieren.de/FIN/SW/fin_sw_wand_e6.htm
    Das ist es. Von Turku Richtung Tampere. Der Gedanke begeistert mich. In der Region Turku ist es milder als im Norden, die Schneemengen sind moderater, der Wanderweg ist nicht ganz zivilisationsfern und ca. 80 km, nach Wunsch etwas mehr, klingen überschaubar. Ich suche nach Karten und finde keine. Auch der Fachhandel weiß nicht weiter. So habe ich nur meine Fahrradkarte (hier ist er eingezeichnet) und den auf der websiten hinterlegten Track als Grundlage. Das Abenteuer kann beginnen.

    Nach der Tour steht Lappland auf dem Plan. Inarijoen Peter empfiehl Saariselkä. Dort kann man skifahren lernen, ist schnell in der Natur und dennoch in der Zivilisation. Schauen wir mal. Ich will mich noch nicht festlegen. Aber nach Lappland will ich auf jeden Fall. In das Land des Lichts.








    Ja. Kein Zweifel. Ich suche das Licht.


    Der Rucksack

    Mein Lieblingsrucksack ist zu klein und der Test mit einem Leichtrucksack war im Sommer gescheitert. Eine Woche lang tat mir der Rücken weh. Anfang Oktober gibt es beim Broker den Helsport Spitzbergen 95l für knapp 200 Euro. Meine Farben. 3,4 kg. Ein gutes Tragesystem. Gekauft.





    Ich packe ihn umgehend und bis zum Tourstart wird er gepackt in der Wohnung herum stehen. Beim Aufsetzen breche ich mir allerdings fast den Arm. Wie zum Teufel bekommt man so einen schweren Rucksack auf den Rücken??! Mit dem Hilfsmittel Tisch gelingt es und ich stelle mich auf die Waage: 32 kg. Das wird für meine Knie auf Dauer zu viel, das merke ich jetzt schon. Ich kann das Gleichgewicht nicht halten. Aber das Tragesystem ist sensationell. Nie hatte ich so viel Gewicht so bequem auf meinem Rücken. Ich packe Kocher und Essen wieder aus. Bis ca. 25 kg kann ich gehen. Immerhin. Meine Wohlfühl-Höchstgrenze lag bisher bei 12 kg. Wer trägt den Rest des Gespäcks? Ich brauche eine Idee.


    Die Idee

    Der Wanderweg bei der Serena Anlage taucht vor meinem geistigen Auge auf. Mein Fahrrad fehlte mir damals, es wäre schön, etwas zum Schieben zu haben. Aus dem Nebel der Erinnerung steigt das Bild einer Mutter auf, die ihr Kind beim Alstervergnügen in einem Schlitten über das Eis schob. Aber normalerweise nimmt man wohl eine Pulka. Ich pirsche zu Globi.

    Die ersten Wintersachen sind schon aufgebaut, aber noch ist goldener Oktober. Auf dem Fenstersims liegt der Paris Sledge. 39 Euro. Ich hebe das Teil an, es rutscht mir polternd aus der Hand. Peinlich. Die Seiten sind scharfkantig und das Ding ist größer als ich. Kann ich mir vorstellen, dieses Teil auf der Fähre, im Zug und im Bus ständig dabei zu haben? Nein. Das Teil ist Sondertransport. Fjellpulken: Kleiner, gemütlich, aber zu schwer. Und erst der Preis! Nein danke. Die Kinder-Plastikdinger sind nur bis – 20 Grad kältefest und wirken instabil. Neben dem Paris steht ein Schlitten. 3,5 kg. Gut zu heben. Die richtige Größe. Gibt es das klappbar? Ja. Leider nicht in diesem Geschäft.

    Die nächsten zwei Wochen werde ich zum Schlittenexperten. Davoser Schlitten, Hörnerrodel, Kreek, Hundeschlitten. Die Davoser Schlitten sagen mir zu. Robust und stabil. Kann man die überhaupt in Skandinavien einsetzen? Eigentlich spricht nichts dagegen, aber ich werde unsicher. Endlich finde ich eine Quelle, dass derartige Schlitten früher in den Alpen für den Lastentransport genutzt wurden. Im Tiefschnee nicht einfach zu ziehen. Bastler schrauben Skier unter die Kufen.
    Klappschlitten gibt es leider nur wenige. Ich fühle mich wie bei der Zeltwahl: Leichte Schlitten sind weniger belastbar, belastbare Schlitten sind schwer. Ich entscheide mich für schwer. 150 kg Tragkraft. Made in Germany. Die Hölzer sind aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Sind die Schrauben kältefest bis – 30 Grad? Die Dame am Telefon bejaht.

    Anfang November steht ein wunderschöner Gloco Klapprodel (Gewicht ca. 6 kg, Preis 105,00 Euro) zzgl. Schiebelehne (41,95Euro) in meinem Wohnzimmer. Direkt vom Hersteller. Wenn sich die Schiebelehne nicht bewährt, lasse ich sie in Finnland. Finnland ist Rodelland.
    Ich lege den Rucksack drauf: Zu groß. Hhhm. Das muss ich anders machen. Den Schlitten gebe ich nicht mehr her.






    Letzte Ausrüstungsfragen

    Ich grübele. Eine Tasche für das Essen muss her, die mit dem Schlitten transportiert wird. Es wird der 400 Gramm schwere The North Face Flyweight Duffel, 31 L. Außerdem eine Tasche für die 30er Expedition Schneeschuhe. 11 Euro. Mittlerweile ist November und ich mache mir Sorgen um meine Fotos. Was ist, wenn ich wieder Nordlichter sehe und meine Kamera zu schlecht ist? Meine uralte Spiegelreflex scheitert am Sternenhimmel. Ich betrete ein Fotogeschäft mit einer klaren Preisvorstellung. Finanziell ruiniert verlasse ich den Laden. Den Urlaub müsste ich jetzt streichen. Und ein Zelt verkaufen. Aber die Kamera hat mein Herz erobert. Eine andere will ich nicht. http://olympusomd.com/de-DE/


    Anfang Dezember baue ich im Beisein von balticskin das Unna auf. 2 kg Gewichtsersparnis locken. Es ist Schneeregen angesagt. Ich lege den Rucksack ins Zelt und es wird klar: Nur einer schläft im Zelt, der Rucksack oder ich. Balticskin (langjähriger, erfahrener Unna-Besitzer) hüstelt dezent. Die Botschaft kommt an. Ich hole den Troll aus dem Auto: Der Rucksack passt in die Apsis. Und ich passe sogar daneben. Der Troll kommt mit.
    Eine Probewanderung auf durchweichtem Boden zeigt die Grenzen meiner Schuhe auf. Während balticskin leichtfüßig das Gelände durchstreift, watschel ich in den Sorel Caribou wie ein Stück Geflügel. Die Schuhe sind zu weich. Für´s Radfahren okay, aber für eine mehrtägige Wanderung auf schwierigem Untergrund nicht. Hört das Geld ausgeben denn nie auf? Es werden die Hanwag Fjäll extreme. Schneeschuhtaugliche Wanderschuhe mit Innenschuh und Hanwag Icegrip Sohle. Vorweg kann ich sagen: Verdammt gute Idee!

    Nicht so erfolgreich sind meine Versuche, Müsliriegel zu basteln. Das Produkt zerfällt zu Staub und der Rauchmelder reagiert hysterisch. Ich packe Mars ein. Das Beef Jerky und das Jerky gelingen dagegen gut. Der Rest wird aus Trekking-Lunch Mahlzeiten bestehen. Auch wenn es Umweltverschmutzung ist. Der Versuch, selbstgedörrte vorgekochte Lebensmittel zu zu bereiten, endete in einer nicht zu beschreibenden Geruchsbelästigung des Stadtviertels. Nur eine Zilplocktüte voll gedörrter Nudeln findet den Weg in die Tasche. Dafür erstehe ich fürs ökologische Bewusstsein einen langen Holzlöffel auf dem Weihnachtsmarkt.


    Und zuletzt....

    ….brauche ich natürlich ein Ticket. Die Deutsche Bahn hat am 8. Dezember Fahrplanwechsel, so dass ich die Entscheidung vertage. Grundsätzlichere Überlegungen gewinnen Oberhand:
    Was mache ich, wenn zuviel Schnee liegt? Schneeschuhe nutzen. Handyempfang sollte ich in der Gegend haben, die Gegend dort ist am dichtesten besiedelt. Telefonnummer von Inarijoen Peter besorgen (gelingt auf den letzte Drücker ). Falls spuren zu viel Kraft kostet, muss ich abbrechen. Habe ich Plan B?
    Was mache ich, wenn kein Schnee liegt? Das wäre natürlich der Super Gau. Verschieben der Tour geht nicht. Ich muss auf Glück hoffen. Täglich schaue ich die Wetterberichte an und bin erleichtert, als die Kälteperiode im Dezember kommt. Auch Schnee ist in Finnland endlich gefallen. Aber Plan B wäre nützlich.

    Auf Plan B komme ich durch Zufall: Interrail wirbt mit seinem 40 jährigen Jubliäum. Ich informiere mich im Netz. Die Fahrt von Helsinki nach Rovaniemi kostet ca. 180 Euro. 3 Tage Interrail kosten 155 Euro, 6 Tage Interrail 208 Euro. Ich bin noch nie mit Interrail gefahren. Und es reizt mich: Wenn die Tour nicht klappt, schau ich mir das Land an. Das WAI im Gepäck besorge ich mir das 6 tägige Ticket. Nach meiner Rechnung würde zwar das 3 Tage Ticket reichen, aber ein wenig Puffer ist im Winter nicht zu verachten. Wer weiß.....

    Über die Feiertage grübele ich: Europaticket Bahn / Fähre Stockholm-Turku oder Busreise / Stockholm-Turku stehen in Konkurrenz zur Fährfahrt Lübeck-Travemünde-Helsinki. Am billigsten ist die Bahn (einmal umsteigen in Kopenhagen, 39 Euro), am einfachsten der Bus (ca. 90 Euro). Dazu kommt die Fährfahrt (ca. 120 Euro Interrail), Übergepäck (Bus) und Übernachtung in Stockholm (Bahn). Das begeistert mich alles nicht. Finnlines hat in diesem Jahr die Preise deutlich erhöht, so dass ich mir keine Kabine mehr leisten kann. Ich buche ein Bett in einer 2er Außenkabine. Vielleicht habe ich ja Glück und es findet sich kein Mitreisender. Für die gleichzeitige Buchung der Rückfahrt gibt es 20 Prozent Rabatt. Die Rechnung beläuft sich somit auf ca. 250 Euro pro Fahrt. 24 Euro für die Anreise per Bahn nach Lübeck kommen noch drauf. Das ist es mir wert.


    Und los geht es......

    Bekanntlicherweise ist Weihnachten 2012 durch einen Wärmeeinbruch gekennzeichnet, der Temperaturen um 16 Grad beschert. Plus, wohlbemerkt. Die Wärmeperiode macht vor Finnland nicht halt. Waren im Dezember in der Turku Region dicke Minustemperaturen, so wird es Anfang Januar warm um 0 Grad. Ich werde nervös. Aber ein Zurück gibt es nun nicht mehr.

    Meine Fähre geht am 4 Januar morgens um 3.00 Uhr. Am 3. Januar stelle ich die seit Oktober gepackte Ausrüstung noch einmal auf den Prüfstand. Die Schuhe sind eingelaufen, aber mein Gepäckkonzept habe ich nicht geprüft. Zu groß meine Befürchtung, dass es nicht klappen könnte. Die Vogel-Strauß-Methode ist mir lieber: Einfach los laufen. Wenn ich es bis zur U-Bahn schaffe, klappt die Tour. Wenn nicht, muss ich mir was überlegen. Ich habe ja noch einen halben Tag Zeit. Inarjoen Peter hat mir seine Telefonnummer geschickt.

    In voller Konzentration werden die letzten Schritte durchgeführt. Der Schlitten kommt in einen Rucksackschutz. Die Schiebelehne auseinandergeschraubt in die Schneeschuhtasche. Das Essen in die gelbe Flyweight Tasche. Die Polarloftjacke (sniff – sie ist von ME und in Zelt- und Rucksackfarbe...) fliegt raus. Meine dünne Daunenjacke muss reichen. Die Daunenhose? Ich befrage die ODS-Hotline, aber sie will bei einer Fehlentscheidung nicht Schuld sein. Also bleibt die Dauenenhose (Gott sei Dank) drin. Der Puma kommt in den STS Eventkompressionsbeutel, damit er sich nicht aufplustern kann. Das Zelt in eine Varainte kleiner. Es wird zusätzlich mit Karabinern außen befestigt. Ein paar Elektronikteile bleiben ebenfalls zu Hause, dafür kommt das Groundsheet mit. Möglicherweise regnet es, dann brauche ich eine Plane zur Abdeckung.

    Am späten Mittag wanke ich aus dem Haus. Die Bilanz (die Waage ist etwas ungenau):
    Schlitten + 2 leere Thermoskannen: 6 kg
    Rucksack 19 kg
    Essen 10 kg
    Schneeschuhe + Schiebelehne + Kamera 9 kg

    Das macht zusammen 44 kg. Nun ja. Ohne die ca. 8 kg Schlitten und die Schneeschuhe wäre das für den Winter gar nicht so schlecht. Ich mache meinem Ruf als ULer alle Ehre.

    Die Kameratasche (geschätzt 2 kg) kommt vorne an den Rucksack, die Schneeschuhtasche um den Hals, der Schlitten in die linke Hand und die Essenstasche in die rechte Hand. Heil komme ich an der U-Bahn an. So schwer ist das gar nicht. Stundenlang kann ich so zwar nicht laufen, aber für ein paar Meter ist das völlig in Ordnung. Einfacher, als mit einem sperrigen Fahrrad zu verreisen. Aufzugsgerecht. Der Zug nach Lübeck steht bereit. Das Abenteuer kann beginnen.


    Anreise

    In Lübeck kaufe ich noch zwei Zeitungen und ein Buch. Auf die paar Gramm kommt es auch nicht mehr an. Der Zug zum Terminal hat einen engen Einstieg. Mit Mühe zwänge ich mich durch eine Abteiltür und lasse alles fallen. Der Schaffner kommt, prüft mein Ticket, schaut mich lächelnd an und sagt: "Und nun möchten Sie den Aufschlag zur ersten Klasse bezahlen". Ich schaue ihn schockiert an, fluche "Sch..." und greife nach meinem Gepäck. Er lacht. "Bleiben Sie sitzen, das kriegen wir schon hin". "Hier ist sonst immer das Fahrradabteil", stammele ich. Ja, sagt er, das hier ist ein Sondereinsatzzug, der fährt nur zu dieser Zeit. Puh.

    Am Terminal bin ich wie immer viel zu früh und lese die erste Zeitung. 3 Footpassengers sind außer mir da, ein Pärchen und eine Frau mit Rucksack. Die Frau und ich kommen ins Gespräch und unterhalten uns über die Deutsche Bahn. Nach 3 Minuten ist klar, dass wir uns jetzt ganz fies in die Haare bekommen. Wir holen tief Luft und beschließen, uns zu vertragen. Sie ist bereits Rentnerin und wird ein halbes Jahr in Oulo leben.
    Die Toiletten der Ebene 7 funktionieren nicht. Das Schiff ist fast leer und wir werden alle auf Ebene 8 einquartiert. Ich erhalte ein Vierbettzimmer für mich alleine. Glück gehabt. Das Pärchen feiert mit einer Minikreuzfahrt ihren Geburtstag. Sie werden nur ein paar Stunden in Helsinki bleiben und fahren dann mit der selben Fähre wieder zurück.

    Der nächste Tag ist sonnig und schön und man kann sogar auf der Terrasse sitzen.











    Erst am Abend kommt Wind auf und erreicht Stärken von 9 Beaufort. Ich muss das Gepäck sichern, aber aus dem Bett falle ich nicht.
    Zuletzt geändert von Torres; 13.03.2013, 19:33.
    Oha.
    (Norddeutsche Panikattacke)

  • gearfreak
    Erfahren
    • 30.01.2010
    • 278
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    #2
    AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

    Na, da bin ich aber gespannt!
    Die Idee ist ja schonmal sehr cool, finde ich.

    Bitte schnell weiter!

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    • Prachttaucher
      Freak

      Liebt das Forum
      • 21.01.2008
      • 11905
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      #3
      AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

      Das fängt ja schonmal sehr spannend an...

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      • Mario294
        Erfahren
        • 11.12.2011
        • 270
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

        hey,

        da freu ich mich auf fortsetzung
        schön geschrieben

        mfg mario der nun an seinem bericht weiter schreiben muss

        Kommentar


        • Torres
          Freak

          Liebt das Forum
          • 16.08.2008
          • 30707
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          • Meine Reisen

          #5
          AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

          05.01.2013 Turku

          Die Fähre erreicht pünktlich um 9.00 Uhr finnischer Zeit Helsinki. Die Sonne scheint. Kaum Schnee. Das gefällt mir nicht. Vielleicht hätte ich besser Rollen mitgenommen? Ich frage die Dame an der Rezeption, ob es in Finnland Hackenporsches gibt. Sie lacht und nickt. Das haben viele hier. Die gibt es zum Beispiel bei Stockmann.





          Meine Reisepartnerin fragt mich, ob wir uns ein Taxi teilen können und ich sage leichtsinnigerweise ja. Der Transporter fährt uns zum Terminal, aber ein Taxistand ist dort nicht zu sehen. Nur die Telefonnummer hängt an der Tür des Wartesaales. Ich votiere für den Bus, der bereit steht, aber sie verweist auf mein Gepäck. Also rufe ich ein Taxi. Die Fahrt geht schnell und strahlend geht die Sonne auf. Die Farben sind wunderschön. Willkommen in Finnland. Das gilt auch für den Preis: Der Taxometer bleibt bei 32 Euro stehen. Bus und Bahn hätten 2.80 Euro pro Person gekostet. Der Taxifahrer macht ein stoisches Gesicht, aber als er den verpackten Schlitten aus dem Kofferraum holt und fühlt, was es ist, grinst er anerkennend. Meine Begleiterin trägt mir dafür die Schneeschuhe. Ich fülle mein Ticket aus, reserviere einen Platz und wir wandern zu meinem Zug. Ihrer fährt erst gegen Mittag. Dreieinhalb Stunden später bin ich in Turku.

          Die Straßen sind rutschig, es liegt vereister Schnee. Eine Frau zeigt mir den Bus zum Marktplatz, dort muss ich umsteigen. An der Ecke ist eine Businformation, die Dame schaut, wo ich morgen früh aussteigen muss und schreibt die Haltestelle auf einen Zettel. Außerdem die Buszeiten. Morgen ist Sonntag, da fahre die Busse seltener.

          Ich beziehe ein Bett im Hostel in Turku. Ich bin ein wenig aufgeregt. Noch einmal überprüfe ich den Startpunkt meiner Tour per Navi. Laut Treck scheint er woanders zu sein, als von der Dame in der Info herausgesucht. Das muss ich morgen mit dem Busfahrer klären.

          Ich laufe noch einmal in die Stadt. Ein Rollwagen wäre wirklich nicht schlecht. Falls anfangs zuwenig Schnee liegt. Richtung Tampere sollte der Schnee dann höher sein, das ist klimatisch ein anderes Gebiet. Allerdings müsste der Rollwagen ziemlich stabil sein. Wo gibt es so etwas? Die Touristeninformation hat geschlossen, so gehe ich zum Markt. Für Hamburger Verhältnisse sind kaum Menschen auf der Straße. Daran werde ich mich erst gewöhnen müssen.






          Auf einem Hochhaus entdecke ich den Schriftzug von Partioaitta. Ich irre durch die Galerie und schaue in einem Kofferladen noch einmal nach Rollwagen. Nichts. Ist auch egal. Blöde Idee.
          Dann finde ich endlich den Outdoorladen. Ich brauche noch dringend einen leichten Rucksack. Meine Kameratasche ist für den Spitzbergen nicht geeignet. Das An- und Abgetüddel dauert einfach zu lange. Halti oder StS? Der Verkäufer empfiehlt den Sea to Summit Daypack. 20 Euro ärmer verlasse ich das Geschäft. Auf Shoppen habe ich jetzt keine Lust mehr. Ich laufe ein wenig durch den alten Teil der Innenstadt und dann langsam zum Hostel zurück.






          Im K-Markt kaufe ich einen Packung Müsli. Daran hatte ich nicht gedacht. Dann koche ich mir etwas in der Küche. Das Hostel ist ruhig, die meisten kommen nur zum Schlafen her oder sitzen vor ihren Rechnern.





          Der Bus fährt Morgen um 8.30 Uhr. Ich gehe früh schlafen.
          Zuletzt geändert von Torres; 28.01.2013, 18:00.
          Oha.
          (Norddeutsche Panikattacke)

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            Alter Hase
            • 13.07.2005
            • 3047
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            #6
            AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

            Letztes Wochende im Harz habe ich noch gedacht "Ob Torres wieder in Finnland ist?"
            Wo war ich bloß?

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            • Ditschi
              Freak

              Liebt das Forum
              • 20.07.2009
              • 12362
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              #7
              AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

              Ja, es war still im Forum. Aber ich wußte es und war voller Vorfreude, von den Erlebnissen zu lesen.
              Gruß Ditschi

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              • T0M

                Fuchs
                • 13.08.2009
                • 1505
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                Das fängt ja schon mal spannend an!

                Glückwunsch zur Wortkreation, unter "Klapprodelwandern" findet Google 0 Einträge. Bisher

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                • Torres
                  Freak

                  Liebt das Forum
                  • 16.08.2008
                  • 30707
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                  Wow. Ich habe ein neues Wort erfunden? Das macht mich ja dann doch ein wenig stolz. Vielleicht wird das ja sogar Trendsportart. Die Finnen nutzen allerdings billige pulkaähnliche Plastikschlitten zum Lastentransport. Für dieses Gelände wären die allerdings nicht besonders gut geeignet gewesen.
                  Oha.
                  (Norddeutsche Panikattacke)

                  Kommentar


                  • Torres
                    Freak

                    Liebt das Forum
                    • 16.08.2008
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                    06.01.2013 Erster Tag. 10,02 km

                    Es ist Sonntag. Turku schläft. Das Wetter verspricht schön zu werden. Morgen soll es kurz etwas wärmer werden bei Temperaturen um die Null Grad, dann aber knackig kalt. Vielleicht habe ich ja tatsächlich Glück. Ich werde es erfahren.

                    Ich fahre zum Marktplatz und steige dort in den Bus nach Raisio. Keine leichte Aufgabe, ich komme mit dem Gepäck nur schwer durch die Fahrertüren und der Rucksack ist für die Sitzreihen ein Stück zu breit. Ich zeige der Busfahrerin die gefundenen Straßennamen, sie nickt und empfiehlt mir die Haltestelle der Informationsdame. Die Straßen sind menschenleer. Es ist kühl draußen, ich schätze um die – 7 Grad.

                    Mitten in der Pampa wirft mich die Busfahrerin aus dem Bus. Die Sonne geht auf und ich fotografiere die Umgebung. Der neue Rucksack ist glitschig, der Reißverschluss hat die Fähigkeit, sich von selbst auf zu ziehen und beim Öffnen fallen die Thermoskannen heraus. Gib UL eine Chance, sage ich mir.








                    Ich schalte das Navi ein und tatsächlich ist die Haltstelle nicht richtig. Der Einstieg in den Track ist ca. 3 km entfernt: Ungefähr 2 km zurück und dann 1 km hoch. Was nun? Menschen sind keine zu sehen. Ich packe den Schlitten aus und marschiere die Straße an der Tankstelle hoch. Da soll laut Karte ein Weg sein. Der ist allerdings nicht zu sehen, also schiebe ich wieder zur Hauptstraße. Hinter der Bahnlinie geht eine Straße rein, das sieht besser aus. Der Bürgersteig ist gestreut und der Schlitten kratzt auf dem Granulat. Mühsam versuche ich jeden kleinen Streifen Schnee zu erwischen. Mal gelingt es, mal schabe ich über puren Asphalt. Das erste Mal kommt mir der Gedanke, dass ich vielleicht besser eine Fahrradtour gemacht hätte.

                    Die Nebenstraße ist von Schnee bedeckt, flott schiebe ich den Hügel hoch, aber die Straße ist eine Falle. Der Weg endet in einem Garten und erst hinter dem nächsten Feld geht der Weg weiter. Also zurück. Mit Mühe und Not schleppe ich den Schlitten über die Straße, um mit dem Bus zwei Stationen zurück zu fahren. Das bringt doch alles nichts. Als ich den Fahrplan studiere, fährt der Bus vorbei und der Busfahrer grinst mich an. Toll.

                    Also wieder zurück auf die andere Seite. Eine längere Strecke ist völlig schneefrei und ich bin nassgeschwitzt. Meine Haare frieren auf dem Kopf. Dann wieder eine Nebenstraße mit einem Fußgängerwegsymbol. Hier bin ich richtig. Es liegt Schnee und einige Stellen sind vereist. Der Himmel ist zartblau und Felder und Wald liegen vor mir. Schön ist es hier. Meine Kamera ist im kleinen Rucksack und ich überlege ein Foto zu machen. Aber ich bin ja noch auf dem Zubringerpfad. Schade. Nachträglich ärgere ich mich über die Entscheidung. Überhaupt werde ich wenige Fotos auf der Tour machen. Der UL Rucksack ist so glitschig, dass er leicht vom Schlitten rutscht. Die ersten Löcher hat er schon. Also zurre ich ihn so fest, dass ich nicht mehr an die Kamera heran komme.

                    Ab und zu treffe ich Jogger und Spaziergänger, es ist Sonntag. An einer eisigen Stelle balanciert eine ältere Frau auf einem Schneehaufen herum, um dem Glatteis zu entgegen. Die finnischen Jogger joggen achtlos weiter. Nur ich reiche ihr die Hand, um ihr weiter zu helfen und sie ist dankbar. Meine Schuhe bewähren sich. Ich kreuze wieder eine Straße und schurre mit dem Schlitten über den Asphalt. Man gewöhnt sich an das Geräusch. Eine steile Strecke führt nach oben und ich komme ein wenig aus der Puste. Aber der große Wanderrucksack lässt sich gut tragen. Dann kommt eine Ortschaft und ich stehe an der Straße, an welcher der Track beginnt. Und ihr werdet es nicht glauben: Genau an der Kreuzung ist eine Bushaltestelle. Ach.


                    Ich schiebe über die Straße und schaue auf die Uhr: 3 Stunden habe ich für die Strecke gebraucht. Es ist kurz nach 12 Uhr.

                    Ich biege in den Weg ein. Er führt zunächst über die Autobahn.





                    Kurz darauf stehe ich am echten Einstieg. Steil geht es einen ausgetretenen Pfad nach oben. Schneereste sind vorhanden, aber an vielen Stellen ist der Schnee bereits verschwunden.








                    Mit viel Kraft ziehe ich den Schlitten den Einstieg hoch. Manchmal gleitet er einfach auf überfrorenen Pfützen und Schneeresten hinter mir her, manchmal schabt er auf felsigem Untergrund. Dann wiederum kommt Laub und auf Laub fährt er wie auf Schnee. Als der Wald dichter wird, wird auch die Schneedecke dichter und ich stelle fest, dass ich gut klar komme. Immer wieder schaue ich auf mein Navi, um den Weg nicht zu verlieren. Die Sonne verschwindet hinter den Wolken und der Himmel wird grau. Als ich kurz anhalte, höre ich ein Knurren: Ein Finne war hinter mir und konnte gerade noch bremsen. Ich erschrecke mich fruchtbar. Ich fühlte mich, als sei ich allein. Der Finne überholt mit schnellen Schritten und das nutzt mir: Kurz darauf ist der Weg zu Ende und die Wegführung des Trackes führt zu einer Baustelle. Ich muss auf einer Straße weiter. Mit Mühe bugsiere ich den Schlitten über einen Altschneehaufen und dann schabe ich auf der dünnen Schneedecke am Rande der Straße an einem Schnellstraßenkreisel vorbei. Wieder geht es in den Wald und immer wieder kippt der Schlitten um, da nur auf der einen Seite eine dicke Schneedecke ist, auf der anderen Seite aber Fels oder Weg. Ich quere einen rauschenden Bach. Die Bäche sind nicht gerfroren, Wasser gibt es also genug. Wieder eine Straße und dann wieder Wald.

                    Der Weg franst aus und ich denke an Kleine Spuren. Ohne den Track würde ich in die Irre laufen, der Weg ist nicht mehr zu erkennen. Im Herbst ist hier Morast und viele Spaziergänger haben versucht, diesem zu entgehen und sich durch das Unterholz geschlagen. Leichtes Eis liegt auf den dicken Fußspuren und so komme ich zwar nur langsam, aber doch stetig voran. Einige Stellen sind immer noch nass und vorsichtig weiche ich auf schneebedecktere Nebenwege aus.

                    Dann taucht ein Parkplatz auf und am Wegesrand stehen Grablichter und vertrocknete Blumen. Ein Friedhof? Merkwürdig. Am nächsten Tag werde ich erfahren, dass es ein Hundefriedhof ist. Zwei fröhliche Spaziergänger kommen mir entgegen. Wo Parkplätze sind, sind auch Menschen.

                    Plötzlich sehe ich eine kleine Hütte vor mir und daneben stehen Bänke. Ist das der Shelter aus meiner Karte? Ich glaube nicht, so weit bin ich nicht gekommen. Aber die Hütte kommt mir gerade Recht. Bisher habe ich keine Pause gemacht. Es ist Viertel nach 3 finnische Zeit. In ein oder zwei Stunden ist es dunkel. Ich lade den Rucksack ab.





                    Vor der Hütte raucht ein Mann, aber er kann kein Englisch. Die Hütte ist besetzt, zwei Ehepaare grillen Würste, Fleisch, Gemüse und Haloumi auf dem Feuer. ODS Treffen? Ich mache das Zeichen für Schlafen, weil ich wissen will, ob sie dort übernachten. Er versteht, ob ich da übernachten kann und nickt. Also werde ich mein Zelt aufbauen. Aber wo? Einen vernünftigen Platz sehe ich nicht. Hinter der Hütte ist knapp und auf dem Gelände vor der Hütte fließt ein Flüsschen. Flache Stellen oder gleichmäßig schneebedeckte oder schneelose Flächen gibt es nicht. Ich beschließe, Wasser zu kochen und dann weiter zu sehen und hole Wasser aus dem rauschenden Bächlein. Er fließt munter drauf los und ich hoffe, dass nicht zu viele Hunde hinein gepinkelt haben. Aber ich habe keine andere Wahl: Der Schnee der Umgebung ist völlig ungeeignet. Wie praktisch, dass das Feuer brennt, selbst hätte ich keines angemacht. Ich stelle meinen Topf auf das Feuer und setze mich zu den Finnen, die dann aber recht schnell aufbrechen. Schade. Aber sie wollten vermutlich ungestört sein. Oder war das aus Höflichkeit? Finnisch müsste man reden können.



                    Ich hole meine Schiebelehne aus der Schneeschuhtasche und baue sie zusammen. Gar nicht so einfach, ich vergesse zunächst, dass an einer Stelle die Schraube zwei Holzteile verbindet und fluche, wieso die Schraube nicht passt. Meine linke Hand bekommt einen Krampf, kein schönes Gefühl. Man hört Spaziergänger mit Hunden und Kindern, als es schnell dunkel wird leuchten die Warnwesten und Stirnlampen hinter den Bäumen auf. Ein Finne öffnet kurz die Tür und verschwindet sofort wieder. Dann wird es ruhig. Das Wasser schmeckt ein wenig bitter, kleine Waldpartikel schwimmen darin, vermutlich Rinde oder Blätter. Hoffen wir, dass es Quellwasser ist. Ich öffne die erste Trekkinglunch-Packung. Der Geschmack ist gar nicht schlecht und ich werde feststellen, dass sie tatsächlich satt macht.

                    Ich entschließe mich, in der Hütte zu übernachten. Das habe ich noch nie gemacht und will es mal ausprobieren. Auf den Sitzbänken liegen Schaummatten, auf die ich meine DoubleMat packe. Die DownMat bleibt im Rucksack, sie ist mir zu empfindlich. Kalt zieht es von unten in die Hütte hinein, das Feuer ist schon ausgegangen und die Hütte ist unten offen. Aber es ist ja nicht kalt und so liege ich dort recht kuschelig. Nur meine Hüfte und mein Kreuz beschweren sich. Als ich mich in der Nacht umdrehen möchte, sind beide ein einziges Schmerzpaket. Bei jedem Umdrehversuch wache ich auf. Ich weiß schon, was ich an der DownMat habe.


                    Zuletzt geändert von Torres; 29.01.2013, 21:09. Grund: Weitere Fotos eingefügt
                    Oha.
                    (Norddeutsche Panikattacke)

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                    • Atze1407
                      Fuchs
                      • 02.07.2009
                      • 2425
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                      #11
                      AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                      Nun hört mal auf mit dem rumlabern, sondern lasst mal Torres weiter schreiben.

                      Torres, lass uns bitte nicht solange warten.
                      LG
                      Atze
                      Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
                      Abraham Lincoln

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                      • Haggis
                        Gerne im Forum
                        • 31.03.2011
                        • 80
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                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                        Grandiose Einleitung! Ich habe beinahe Tränen gelacht...speziell beim Kamerakauf.

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                        • Torres
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                          #13
                          AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                          07.01.2013 Zweiter Tag. 8,3 km.

                          Am Morgen fühle ich mich trotz der unbequemen Liegeposition gut erholt. Ich rühre mit Wasser und Milchpulver das Müsli an, es schmeckt ekelhaft. Aber ich bin ja nicht hier, um mich zu amüsieren. Ich packe und als ich die gelbe Flyweight Tasche auf den Schlitten hebe, reißt sie vorne genau an der Quernaht einmal komplett rundherum auf. Ich wickele einen Seitenstriemen der Tasche um die Henkel, damit die Teile zusammen halten. Erstaunlicherweise wird die Konstruktion halten. Das stellt zufrieden. Ich verabschiede mich von meiner Unterkunft. Das Foto von der Hütte ist übrigens von gestern. Und der Mülleimer ist nicht drauf. Nicht dass es hier unordentlich war. Dennoch. So ganz passte der Wohlstandmüll nicht ganz hier her.





                          Das Bächlein ist verstummt, es hat in der Nacht gefroren. Das erfreut mein Herz. Ich komme gut voran. An einer Abzweigung weiß ich nicht wohin.














                          Ich wende mich nach links, um fest zu stellen, dass mein Track nach rechts weist. Vermutlich haben beide Wege das gleiche Ziel, aber ich will ja dem Track folgen. Also kehre ich um. Wenn ich genug Schnee oder Eis unter den Kufen habe, macht die Schiebelehne richtig Spaß. Sie ist entlastender für Schultern und Handgelenke als das Ziehen des Schlittens. Leider kommen immer wieder sehr steinige Abschnitte. Einige sind knifflig, man muss genau überlegen, wo man jetzt den Schlitten entlang zieht. Und immer noch kippt er von Zeit zu Zeit um. Aber man gewöhnt sich dran. Dafür haben die hohen Kufen den Vorteil, dass man mit ihnen in den überfrorenen Rinnen des Schmelzwassers auch über Steine hinweggleiten kann. Etwas mehr Schnee und ich käme wunderbar voran.

                          Und dann stehe ich vor einer Treppe. Nachdem ich die Treppe vor Cancale im September nicht fotografiert hatte, entschließe ich mich, es nun zu tun. Hier ist sie.





                          Das bedeutet nämlich: Abladen und einzeln hochtragen. Die Treppe selbst ist allerdings kein Problem. Das Problem lauert dahinter. Auf den Bildern wird das nicht so deutlich, weil ich nur den Anfang fotografiert habe. Tatsächlich folgt eine Art Hochplateau: Der Aufstieg ist steil, es sind feste Schneereste, aber auch lockerer Schnee, Waldboden und Eisschichten auf den Steinen. Ich denke einen Moment an psycho. Ungefährlich ist das nicht, was ich mache. Und es kann so schnell gehen, selbst wenn man aufpasst. Und wer findet einen, wenn man alleine unterwegs ist?





                          Vorsichtig und langsam bringe ich nach und nach die Ausrüstung hoch. Der Rucksack ist als erstes dran, das ist leicht. Aber Schlitten, Schneeschuhe und Essenstasche sind sperrig. Wieder einmal bin ich froh über meine Schuhe. Sie geben guten Halt. Immer wieder bin ich erstaunt, wie viel Kraft ich letztlich auf Tour habe. Leicht ist mein Gepäck nun wirklich nicht. Eine kleine Sitzgruppe findet sich hinter einem Felsen, doch bis dahin ist es sehr rutschig und glatt. Ich bin recht froh, dass ich gestern abend in der Hütte geblieben bin. Einen Fluss habe ich bisher nicht mehr gefunden und den Aufstieg hätte ich im Dunklen nicht geschafft.

                          Immerhin liegt nun eine gewissen Zeit mehr Schnee und ich kann meine Schiebelehne einsetzen. Bergab ist sie ideal, da der Schlitten vorfahren kann, ohne sich zu verselbständigen.

















                          Ich bekomme gute Laune, schreite flott voran und zack! rutsche ich auf einem weicheren Stück Schnee aus. Ich kann den Sturz auffangen und ein Verdrehen des Knies vermeiden, indem ich mich nach vorne fallen lasse. Ich denke noch einmal an psycho. Das war knapp, mein rechtes Knie ist mein Sorgenkind.


                          Ein Schild steht im Wald und anscheinend beginnt hier ein Nationalpark. Kulhanvuoren luonnonsuojelualue. Er ist in meiner Radkarte nicht als solcher eingezeichnet. Aber es ist definitiv ein Nationalpark. Der Weg bisher war nur ein Zubringerweg. Und im Sommer sieht es dort wirklich hübsch aus, wie die Bilder der website zeigen!





                          http://www.luonnonvoimaa.net/galleri...oup&grp_id=183





                          An einigen Stellen verläuft der Weg auch über Bohlenwege, aber ich kann nicht mehr sagen, wo. Sie haben knapp Schlittenbreite und ich ziehe den Schlitten vorsichtig darauf entlang. Dann bin ich den Schildern nach zu urteilen endlich am Kullaanvuori, einem größeren Felsen, der die ganze Zeit auf den Hinweisschildern benannt wurde. Es findet sich der Hinweis auf den Shelter, der das Übernachten im Nationalpark ermöglicht und auch ein WC bietet.





                          Ich überlege kurz, ob ich den Shelter suchen soll, aber der Untergrund, den ich vorfinde, macht mir Sorgen. Hier sind nur noch Felsen. Blanker Felsen, Geröll und vereinzelt Schneespuren. Puh!


                          Aber ich gebe nicht auf. Der Schlitten kratzt auf dem Untergrund und fällt immer wieder um, eine Plastikpulka wäre jetzt schon längst Geschichte. Zwischendrin habe ich keine Lust mehr und ziehe ihn auch weiter, wenn er umgefallen ist. Ich hoffe, die querliegenden Schneeschuhe, die auf dem Gestein entlangschaben, überleben das. Es ist wärmer geworden und der meiste Schnee hier oben ist schon weggeschmolzen. Keine Aussicht auf Besserung.


                          Weiter geht es. Auch Wurzeln komplizieren das Vorankommen. Im Sommer ist das sicherlich schön hier, abwechslungsreich und idyllisch. Aber das hier kostet einfach nur Kraft. Ein weiteres Plateau kommt in Sicht. Oben ist eine Sitzgruppe. Ein Golden Retriewer bellt mich an und ein sportlich gekleideter Hundebesitzer und Outdoorer kommt herbei und hilft meinem Schlitten über eine steile Kante. Andernfalls hätte ich erst den Rucksack abnehmen müssen, die Kante ist zu riskant, um sie mit vollem Gewicht zu überwinden. Der Finne spricht gut Englisch und mein Problem ist ihm klar: Es ist zu wenig Schnee hier. Er ortet uns mit seinem Iphone und zeigt mir, wo wir sind: Ungefähr unterhalb von Rusko und nicht sehr weit entfernt von Masku. Weit bin ich nicht gekommen, in der Tat. Ein kurzen Moment bin ich frustriert. Wie soll das weiter gehen? Der Mann stammt aus Masku und empfiehlt mir, nach Rusko zu laufen. An der Skianlage (Ruskon hiihtokeskus) ist ein Shelter, der nicht eingezeichnet ist. Dort kann ich dann überlegen, was ich weiterhin mache. Ich frage ihn nach den Grablichtern am Parkplatz und er erzählt mir, dass dort ein Hundefriedhof ist. Die Hütte, in der ich übernachtet habe, ist eine offizielle Grillhütte. Sein Auto steht dort am Parkplatz und er fragt, ob er mich mitnehmen soll. Ich schüttele den Kopf. Noch will ich nicht aufgeben und den Weg noch einmal zurück – nein danke. Er winkt und verschwindet im Wald.

                          Ich überprüfe mein Navi und stelle fest, dass ich mich schon länger immer weiter von dem gespeicherten Track entferne. Da ich nur die Straßenkarte habe, weiß ich nicht, ob die Wege irgendwann wieder zusammen laufen. Eine Abzweigung habe ich allerdings nicht gesehen. Querfeld ein laufen, um den Weg wieder zu finden, ist in diesem Gelände unmöglich. Egal. Es wird sich schon etwas finden.

                          Der Weg wird wieder etwas schnee- und eisreicher. Und gerade als ich wieder Hoffnung schöpfe, kommt der nächste Anstieg. Und da komme ich definitiv nicht hoch. Nicht mit Gepäck. Der Weg geführt genau über die geschwungene, eisbedeckte Kante, die auf dem Bild zu sehen ist.





                          An der Seite gibt es einen Nebenweg und ich folge ihm. Eine Fahrradspur ist zu sehen, vielleicht habe ich ja Glück. Die Strecke scheint bei Mountainbikern beliebt zu sein. Aber der Weg verengt sich. Den Schlitten bekomme ich da nicht durch und tragen geht an dieser Stelle auch nicht. Ich kehre um. Auf der Spitze der Felsgruppe trohnt ein Aussichtsturm. Schade. Aber mittlerweile fehlt mir in den Beinen die Kraft, um endlos auf Felsen herum zu turnen. So berauschend ist der Ausblick allerdings auch wieder nicht, wie dieses Video zeigt:


                          http://www.youtube.com/watch?v=4BHDMh8K99E


                          Ein Wanderweg in einem flacheren Gelände lockt. Ich weiß nicht, wo er hinführt, aber er scheint flacher zu verlaufen. Tatsächlich ist er ganz gut begehbar und geht bald in ein Waldstück über. Hier habe ich Schnee und endlich komme ich wieder vorwärts. Auf einem Stein mache ich Rast, um meine Jacke zurecht zu rücken. Verliere ich an dieser Stelle meine Karte oder schon vorher? Ich weiß es nicht. Der Waldweg ist schön und ich genieße es, endlich mal voran zu kommen. Kurz darauf bin ich an einer Straße. Ein Schild liefert Erklärungen, die ich leider nicht lesen kann:








                          Hier der Waldweg von eben.





                          Und hier die Straße





                          Ich schiebe meine Schlitten an der Lehne frohgemut bis zu den weißen Bäumen und bemerke dort, dass meine Karte fehlt. Ich stelle den Schlitten in einen Seitenweg und laufe zurück. Irgendwann bin ich wieder in dem Wald und rutsche auf dem feuchten Schnee fast aus. Verrückt. Wer sagt mir, dass die Karte an dem Stein liegt. Ich atme tief durch und gehe zurück. Eigentlich brauche ich die Karte nicht. Wo ich bin, weiß ich auch so. Vielleicht findet sie ja jemand und kann sie nutzen. Immerhin ist sie gut in einer Ziplocktüte verpackt.

                          Ich schiebe meinen Schlitten weiter und komme an die nächste Straße. Sie ist schneefrei und für finnische Verhältnisse recht stark befahren. Also wieder Asphalt kratzen. Die Landschaft ist schön, aber dafür habe ich keinen Blick. Im ersten Viertel habe ich auf einer Kufe noch einen schmalen Streifen Schnees und für kurze Zeit kann ich auf das Feld neben der Straße ausweichen. Hier liegt der Schnee immerhin knöcheltief. Dann muss ich den Schlitten auf Asphalt ziehen. Mein Arm fängt an zu schmerzen und ich frage mich, ob die Schlittenkufen das dauerhaft aushalten. Endlich kommt eine Einfahrt und ich bin wieder auf dem Weg, den mein Navi vorgibt. Der Schlitten hat eine dünne Schneedecke unter den Kufen, der bedeckte Himmel zeigt Anzeichen einer rötlichen Färbung und vor mir sind schneebedeckte Geröllhalden. Das ist mir ein Foto wert.














                          Der Schnee wird immer tiefer und es liegt auch immer mehr Schnee. Sollte ich doch Glück haben? An einer Kreuzung lockt der ideale Zeltplatz, aber er ist leider zu exponiert. Das lasse ich lieber. In der Kurve liegt rotes Zeug, es sieht aus wie die Reste von Feuerwerk. Als ich näher trete, sind es Möhren, die von einem Laster gefallen sind.

                          Gut gelaunt schiebe ich den Schlitten durch den hohen Schnee. Ich bin immer noch auf einer Forststraße. Das Leben kann so schön sein. Im Feld zur rechten liegt ein Haufen Möhren. Tierfütterung? Fast schiebe ich an der Einmündung vorbei, aber ich kontrolliere das Navi rechtzeitig. Ein schmaler Wanderweg zweigt ab in den Wald und ich stöhne auf. Er ist eine von Laub bedeckte Rinne, eingefasst von sehr dickem, gefrorenem Schnee an den Rändern. Laub ist eigentlich ein guter Untergrund, aber das hier ist zu schmal für den Schlitten. Ich ziehe den Schlitten über eine eisige Stelle am Anfang, dann stellt er sich nur noch schräg. Keine Chance, ihn gerade zu bekommen. Es wird Zeit, das Zelt auf zu bauen. Mit einem letzten Energieschub ziehe ich ihn ohne Rücksicht weiter und entscheide mich nach ein paar Metern für ein Hochplateu. Nur nicht unterkriegen lassen. Morgen wird die Welt wieder anders aussehen, da wird mir schon etwas einfallen.

                          Ich kraxele den Abhang zu dem Plateu hoch. Der Schnee ist tief und betonhart. Nur mit Mühe lässt sich der Schlitten nach oben ziehen. Ich trampele einen Zeltplatz frei, doch als ich fast fertig bin, stellt sich heraus, dass die Ränder aus Baumwurzeln und dickem Bewuchs bestehen. Zu klein für mein Zelt. Also muss ich unter den Baum. Es ist ein dürrer Baum und es ist kaum Schnee drauf. Heil sieht er auch aus. Ich wage es und fühle mich schuldig, als ich feststelle, dass ich auf einer Heidelbeerpflanze herumgetrampelt habe. Der Schlitten kommt auf den anderen Platz.

                          Mit der Schaufel befreie ich einen frei liegenden Stein von hartgefrorenem Schnee, den ich in eine Plastitüte von Partioaitta fülle. Dann wird es schlagartig dunkel draußen. Ich richte mich häuslich ein und beginne, Schnee zu schmelzen. Heringe setzte ich keine, das Zelt steht auch so. Die Apsis befestige ich zielsicher von innen mit meinem Trekkingstock. Ein innenliegendes Apsisgestänge, das gefällt mir. Erst will ich den Rucksack draußen lassen, aber dann packe ich ihn doch ins Zelt, man weiß ja nie. Der Schnee unter dem Zelt gibt stark nach und ich bin froh über das labberige Innenzelt, was dieses ausgleicht. Für die DownMat wird der Platz dadurch allerdings eng und ich beschließe, nur auf der Evazote zu nächtigen. Einmal wird das noch gehen. Die Trekkingnahrung mundet exzellent. Das erste Mal, dass ich von Fertigfutter keinen Heißhunger bekommen. Kurz darauf bin ich eingeschlafen.


                          Zuletzt geändert von Torres; 29.01.2013, 21:07. Grund: Weitere Fotos eingefügt
                          Oha.
                          (Norddeutsche Panikattacke)

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                            • 30.05.2007
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                            AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                            Der Bericht ist mal wieder genial geschrieben!!!! Und endlich war auch der Hauptakteur aka Klapprodel zu sehen. Ich konnte mir darunter bisher nichts genaues vorstellen. Bitte schnell weiterschreiben. Wenn ich am Wochenende Zeit habe, werde ich mein verrostetes Finnisch mal ölen und versuchen das Schild zu übersetzen.
                            So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                            A. v. Humboldt.

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                            • Torres
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                              AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                              08.01.2013 Dritter Tag. 5,5 km.

                              In der Nacht kündigt sich das Unheil an.

                              Nicht nur, dass meine Schlafposition unbequem ist. Nein. Schlimmer. Pling. Plong. Pling. Plong. Pling. Plong. Instinktiv greife ich an die Zeltwand. Das Innenzelt ist klitzschnass. Kondens? Das Innenzelt ist geöffnet, die Apsis ebenfalls. Ich verdränge und zwinge mich zum Weiterschlafen. Pling. Pling. Plong. Pling. Plong. Das Geräusch überlagert die Kreuzschmerzen beim Umdrehen. Es hört einfach nicht auf. So groß war der Baum doch nicht über dem Zelt. Wo kommt das ganze Wasser her?

                              Als es hell wird, endet der selige Schlaf des Vergessens. Pling. Plong. Der gestern Abend eingefrorene Schneerest im Topf hat sich verflüssigt. Am Außenzelt läuft innen das Wasser herunten. Ich setzte mich auf, komme mit dem Kopf an das Innenzelt und erhalte eine kostenlose Dusche. Es lässt sich nicht länger verleugnen: Draußen sind Plusgrade und es taut. Einen Moment ärgere ich mich. Ich hätte doch einen Hackenporsche kaufen sollen. Oder besser noch eine Sackkarre. Mit langem Griff. Im Lüfter hängt eine Spinne. Ich kann sie verstehen.








                              Ich seufze und verkrieche mich wieder im Schlafsack. Und nun?

                              Einen kurzen Moment lang wünsche ich mir, es wäre keine Solotour. Zu zweit wäre die Entscheidung einfacher und der Handlungsspielraum erheblich größer. Man würde das Gepäck aufteilen und in der Hand tragen, bis wieder Schnee kommt. Solo ist mir das nicht möglich. Nicht über mehrere Kilometer in dem hügeligen Gelände. Ich denke nach. 3 Optionen gibt es: Weitermachen, aussitzen oder abbrechen.
                              a) Am erfreulichsten erscheint mir aussitzen. Irgendwann wird es schon wieder schneien und kalt werden. Nur: Was soll ich hier dann die ganze Zeit tun? Schlafen? Und falls es richtig taut: Soll ich dann durch den Wald streifen und Wasser suchen? (Anmerkung: Ich wäre ca. 1 km später an den Ruskionioki gekommen, der allerdings parallel zu einer Straße verläuft. Da ich keine topografische Karte habe, weiß ich das aber nicht).
                              b) Trotz des Tauwetters auf volles Risiko gehen und weiter machen? Und was ist, wenn ich nicht mehr weiter komme? Mich verletze? Teile meines Tracks führen durch Moorgebiet. Ist das Gebiet bei Plustemperaturen mit so viel Gepäck begehbar? Man sollte Finnland nie unterschätzen. Wir sind hier nicht im vielbevölkerten Deutschland mit seinen kultivierten Wandergebieten. Zwar sind in gewissen Abständen Straßen in der Nähe, aber wie lange will ich den Schlitten dann über Asphalt ziehen, wenn es wirklich nicht mehr weiter geht? Schaffe ich das körperlich?
                              c) Oder Abbrechen? Das bisschen Schnee ausnutzen und mich nach Rusko durchschlagen und schauen, ob ich einen Bus nach Turku finde? Der nächste größere Ort ist schon erheblich weiter vom Wanderweg entfernt. Wenn ich aussteigen will, ist es hier am günstigsten. Und dann Richtung Lappland fahren und dort versuchen, eine Tour zu machen?

                              Ich futtere gedankenleer mein Müsli, während kurze Schauer dicken, nassen Schnees herunter kommen. Er fühlt sich an wie Zuhause. Die Sorte, die schön aussieht, aber nicht liegen bleibt. Dann packe ich konzentriert meine Sachen. Abbruch dürfte am vernünftigsten sein. Aber auch am enttäuschendsten. Schon wieder ein Abbruch? Gerade jetzt, wo es anfängt, Spaß zu machen? Der zweite Tag ist immer voller Hindernisse und ab den dritten läuft es. So meine Erfahrung. Muss das sein?





                              Ich fotografiere den Stein, von dem ich den Schnee abgetragen habe. Das Häubchen ist kleiner geworden.





                              Wo sind eigentlich meine Handschuhe? Ich muss sie gestern nachmittag verloren haben. Es ist mir gleich. Ich habe noch Reservehandschuhe und heute brauche ich keine. Es ist warm draußen.

                              Noch ein Bild von meinem Superschlitten. Er sieht zwar schräg aus, aber es funktioniert. Die Fototasche verdeckt den Daypack.





                              Der Schnee ist weich geworden und flott geht es den Abhang herunter.





                              Der Wanderweg sieht gezuckert aus, aber das täuscht. Es ist nasser Schnee, der unter meinen Schritten wässrig wird. Weiter oder nicht? Sehnsuchtsvoll schaue ich den Weg hinauf. Aber ich zwinge mich zu Realismus. Das Eis, das den Morast bedeckt hat, wird heute nacht getaut sein. Ebenso das Eis auf den Felsen. Die Muskeln, die sich in den letzten zwei Tage am meinem rechten Oberarm gebildet haben, machen zwar stolz, aber schon gestern war ich bereits einmal kurz vor einer Zerrung, als ich den Schlitten über die Felsen gezurrt habe. Ich breche ab. Wenn ich den Schnee, der gerade gefallen ist, ausnutze, komme ich hier noch raus. Wenn es erst richtig getaut hat, nicht mehr.

                              Vorsichtig ziehe ich den Schlitten den Waldweg entlang. Und dann macht es schlurps und ich versinke bis über die Knöchel im Matsch. Erschrocken ziehe ich den Fuß wieder heraus.








                              Was gestern noch tiefgefroren war, ist jetzt Sumpf. Vorsichtig laviere ich das Gepäck über die verbreiterte Eingangsstelle des Waldeweges hinweg, in dem ich den Schlitten hoch hebe und hinüber trage. Diese Stelle gibt endgültig den Ausschlag, mich mit meiner Entscheidung ab zu finden. Die Kamera habe ich noch um den Hals und so kommt es zu einem Blick zurück.








                              Und das ist mein Glück. Ein rotes Etwas liegt auf dem Schnee: Eine der Schrauben meines Klapprodels. Ich kontrolliere den Schlitten und eine weitere Schraube fehlt. Ich hätte die Schrauben besser anziehen sollen. Kein guter Dienst an der Umwelt. Hoffentlich liegt die nicht im Naturschutzgebiet. Ich ziehe die drei verbleibenden Schrauben fest und weiß, dass ich auch mit der fehlenden Schraube weiter komme. Der Schlitten ist qualitativ hochwertig genug. Ich habe vier Ersatzschrauben mit, aber die sind im Rucksack und dafür mache ich ihn jetzt nicht auf. Nicht bei diesem nassen Wetter.

                              Instinktiv will ich rechts abbiegen (das wäre Richtung Masku),





                              aber mein Navi zeigt mir, dass der Weg etwas später enden wird. Ich muss ein Stück zurück. Ich biege wieder in die schöne, schneebedeckte Straße ein. Auch hier hat das Tauwetter Wirkung gezeigt, aber noch ist genug Schnee vorhanden, um gut voran zu kommen. Und dann sehe ich doch tatsächlich eine kleinen Huckel auf dem Weg. Da hat doch jemand seine Handschuhe verloren! Radhandschuhe auch noch. So ein Zufall! Ich werte das als ein Zeichen. Es sieht so aus, als wäre meine Entscheidung richtig.

                              Wieder geht es an den feuerwerksähnlichen Möhren vorbei und ab und zu kommen Autos. Wie gut, dass ich nicht an der exponierten Stelle gezeltet habe. Die Straße macht eine Kurve und gestern war sie schneefrei. Jetzt liegt eine dünne Schneedecke darüber und diese reicht meinem Schlitten völlig. Wind kommt auf und bläst mir Schnee ins Gesicht. Genau mein Wetter. Wie zu Hause. Das macht Spaß. Plötzlich bin ich gut gelaunt. Wieso soll ich mich quälen. Ich wusste ja, dass ich mit dem Wetter Glück haben muss. Immerhin hat die Idee mit dem Schlitten funktioniert. Morgen schaue ich mir Turku an und anschließend fahre ich nach Tampere. Ich habe ja drei Wochen Zeit. Vielleicht hat Inarijoen Peter Zeit, sich mit mir zu einem Kaffee zu treffen. Und dann fahre ich nach Lappland. Wo auch immer Saariselkä liegt und was man dort machen kann – ich werde es ausprobieren. Vielleicht lässt sich dort einen Tour realisieren.

                              Ein Auto hält an, der Fahrer steigt aus und fragt, ob alles okay ist. Ich nicke und antworte auf Englisch. Er fragt mich, wo ich her komme und wechselt in die deutsche Sprache. Er erkennt sofort meine Ausrüstung und staunt über meine Tour. Dann bittet er darum, ein Foto machen zu dürfen. „Das muss ich meinen Söhnen zeigen“, meint er. Ich bin mir sicher, dass er Skitouren und Wandertouren mit Rucksack macht, er ist der Typ dazu. Er fragt erneut, ob ich klar komme und ich bejahe. Im letzten Moment bin ich so clever, ihn nach einer Bushaltestelle zu fragen. Er überlegt kurz und zeigt mir dann auf dem Navi die richtige Kreuzung. Perfekt.

                              Ich komme an einer kleine Ansiedlung vorbei. In den ersten beiden Häusern scheint es Autonarren zu geben. Alte Autos im Design der 50er oder 60er Jahre des letzten Jahrhunderts stehen herum, aber die Marke kenne ich nicht. Auf der Straße ist war zwar Granulat gestreut, aber der frisch gefallene Schnee reicht aus, um auf der von den Autos komprimierten Spur gut voran zu kommen. Bei ausreichend Schnee (wenn auch nicht zuviel Schnee) ist der Schlitten wirklich super. Trotz des Abbruchs bin ich zufrieden. Im letzten Jahr kam ich mir blöde vor. In diesem Jahr ging es eben nicht besser.

                              Dann kommt die Hauptstraße. Ein leichter Film von grauem Schneematschwasser hat sich gebildet, ansonsten ist die Straße schneefrei. Asphalt ziehen? Ich stöhne innerlich. Aber weit gefehlt. Der Schneematsch ist super. Der Schlitten gleitet auf dem Belag dahin, als wäre er auf einer Rodelbahn. Auch hier leisten die Autos die Vorarbeit und komprimieren den Matsch zu einer Gleitschicht. Perfekt. Nervig ist nur der Weg von der Straße zur Bushaltestelle, denn hier bekommt das Granulat Oberhand, da die spurenden Autos fehlen.
                              Wieder fängt es an zu schneien, aber der Schnee ist mittlerweile in Schneeregen übergegangen und ich beglückwünsche mich zu meiner Entscheidung. Etwas später wäre es eng geworden. Der Bus fährt nur einmal die Stunde, aber wenn ich den Fahrplan richtig interpretiere, fährt er in vierzig Minuten. 12.50 Uhr. Mir wird kalt. Mein Navi muckt. Seit ich bei der WAI Tour in strömendem Regen die Batterien gewechselt habe und Wasser reingekommen ist, ist es zickig. Die Varta Batterien, die ich aufbrauchen will, tun ihr übriges dazu, sie funktionieren hier einfach nicht und entladen sich selbst. Eneloops habe ich nur zwei mit, bisher bin ich immer gut mit den Lidl Batterien klar gekommen, denn dadurch wird das Gepäck irgendwann leichter, wenn ich an eine Batteriesammelstelle komme. Aber da mein Navi spinnt, funzen sie auch nicht so richtig. Oder ist es hier bisher einfach zu feucht gewesen? Tatsächlich wird das Navi in Lappland besser funktionieren.
                              Ich überlege, Fotos zu machen, aber Finnland versinkt im Schmuddelwetter. Der Anblick ist zu grausam. Die Autos fahren mit Licht und immer wieder kommen Schneepflüge durch, die den schmierigen Belag von den Straßen schippen. Meine Ausrüstung ist klitschnass und das nasse Zelt wiegt mindestens ein Kilo mehr. Die Gewichtsverteilung stimmt nicht mehr richtig. Keine Lust, die Kamera aus zu packen.

                              Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt der Bus und der Busfahrer lässt mich hinten einsteigen, da ich mein Gepäck noch auf dem Schlitten habe. Mit Schwung stelle ich den Schlitten auf den Kinderwagenplatz und löse vorne das Ticket. Wie viel es kostet, weiß ich nicht mehr. Vielleicht vier Euro. Die Überlandbusse sind etwas teurer. Ich unterhalte mich nett mit einer jungen Frau, die gut Englisch spricht. Der wenige Schnee in Turku ist weiter getaut, die Straßen sehen fast so aus wie bei uns.
                              Wie alle Busse hält auch dieser Bus am Marktplatz. Der vereiste Belag hat sich in rutschigen Sulz verwandelt und die Passanten sind genervt. Vor allem die älteren Leute tun mir leid. Ganz vorsichtig setzen sie im Schneckentempo Schritt um Schritt. Mein Schlitten läuft auf diesem Belag dagegen weiterhin perfekt. Die Anzeigetafel zeigt +1 Grad an. Morgen solle es wieder kalt mit Temperaturen um die – 10 Grad werden. Das möchte ich erst einmal sehen, bevor ich es glaube. Das Bild ist vom nächsten Mittag und viel anders sieht es heute auch nicht aus.





                              Ich steige in den Bus zur Jugendherberge in der Linnankatu um. Ich buche ein Bett für zwei Nächte und es trifft sich gut, dass es wieder das selbe Bett ist, das ich am Anfang der Tour schon hatte. So kann ich mich ungestört ausbreiten. Mit meinem Jugendherbergsausweis zahle ich übrigens pro Nacht um die zwanzig Euro für das Bett. Das ist angesichts der guten Betten, der vorbildlichen Sanis und der netten Atmosphäre ein fairer Preis. Sie ist vorbehaltlos zu empfehlen.

                              Ich hänge das Zelt im Trockenraum auf und es trieft vor sich hin. So nass habe ich schon lange kein Zelt mehr eingepackt. Selbst bei Regenwetter ist sonst zumindest das Innenzelt oder der Zeltboden noch trocken geblieben und wurde erst durch das nasse Außenzelt befeuchtet. Dieses Zelt wirkt, als hätte man es in eine Badewanne gelegt. Der Puma hat ebenfalls Feuchtigkeit gezogen und wird auf dem Schlitten ausgebreitet. Morgen werden die Kufen am Boden festgerostet sein, aber daran denke im Moment nicht. Zu lange her, dass ich mit einem Schlitten gespielt habe. Auch der Rucksack muss trocknen, ich hatte die Regenhülle nicht darüber gemacht und er hat äußerlich ein wenig Wasser gezogen. Der Inhalt ist dagegen trocken. Nicht so der Inhalt der Essenstasche (erwartungsgemäß) und des Sea to Summit Rucksacks (da hätte ich mehr erwartet). Wie gut, dass meine Kamera spritzwasserdicht ist. Ich ärgere mich, dass ich meinen leichten, wasserdichten Vaude Rock Rucksack nicht mitgenommen habe. Ich hatte ihn noch in der Hand, aber ich wollte ja unbedingt Gewicht sparen. Das habe ich nun davon. Kurz überlege ich, was passiert wäre, wenn ich weiter gezogen wäre. Bei einem Kälteeinbruch hätte ich viel Freude mit der nassen Ausrüstung gehabt.





                              Ich dusche heiß und verbinde die Trockenarie gleich noch mit einer Wäsche meiner Klamotten. Sie müffeln. Die unerwartete Wärme hat mich ins Schwitzen gebracht. Darauf war mein Kleidungskonzept nicht eingerichtet.

                              Als ich fertig bin, rufe ich Inarijoen Peter an. Immer noch denke ich, er wohnt in der Nähe von Tampere, aber tatsächlich wohnt er unterhalb von Hämeenlinna. Ich muss also in Toijala umsteigen und ein Stück Richtung Helsinki fahren. Wir verabreden uns für übermorgen am Bahnhof von Hämeenlinna und ich werde ihm morgen mitteilen, wann mein Zug an kommt. Ich packe mein in Lübeck erworbenes Buch aus und kuschele mich in die Federn. Es geht doch nichts über eine bequeme Matratze und Urlaub. Meine neuen Mitbewohner sind aus China. Beide besuchen hier Freunde und Bekannte, die sie vom Studium in Turku her kennen.
                              Zuletzt geändert von Torres; 29.01.2013, 21:07.
                              Oha.
                              (Norddeutsche Panikattacke)

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                              • efbomber
                                Erfahren
                                • 23.08.2010
                                • 228
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                                Hi Torres!

                                Immer wieder schön etwas andere Reiseberichte zu lesen, wie die von dir! Finde es prima, dass du so viel schreibst! Das ist mordsmäßig interessant und unterhaltsam. Weiter so!! Freue mich auf die Fortsetzung!

                                Gruß
                                David

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                                • Torres
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                                  Liebt das Forum
                                  • 16.08.2008
                                  • 30707
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                                  Danke schön. Ich kann vorweg sagen, das wird alles noch viel interessanter.....
                                  Oha.
                                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                                  • Rattus
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                                    • 15.09.2011
                                    • 5177
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                                    Ich finde den Bericht auch super interessant, dein Schreibstil gefällt mir
                                    Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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                                    • Torres
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                                      Liebt das Forum
                                      • 16.08.2008
                                      • 30707
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                                      09.01.2013 Turku

                                      Der nächste Tag ist schnell erzählt. Morgens hat es ein wenig geschneit, aber die Temperaturen liegen um die Null Grad. Ich beschließe, mir die Burg an zu schauen und dann weiter zu sehen. Radfahrer radeln an mir vorbei. Ich hätte das Fahrrad nehmen sollen (ist ein Scherz...).

                                      Die Burg liegt am Ende der Straße.





                                      Ich mache einen kurzen Abstecher zu der Außenfläche des Marienmuseums (Forum Marinum). Auf einem der Schiffe, die hier liegen, befindet sich eine Jugendherberge. Der Segler wirkt ein wenig deplaziert.





                                      Es ist ungemütlich feucht und kalt. Ich schieße ein Foto für Ditschi





                                      und stelle fest, dass ich meinen Objektivdeckel verloren habe. Verdammt. Ich suche in dem nassen Schnee und finde ihn tatsächlich wieder. Puh. Irgendwann in Lappland werde ich ihn nicht mehr aufsetzen. Dieser Objektivdeckel ist einer der wenigen Schwachpunkte der Kamera. Aber eine Lösung zum Festbinden war vermutlich nicht elegant genug.

                                      Schloss und Schlossgarten sehen traurig aus. Die Stimmung überträgt sich auf mich und ich verzichte auf eine Besichtigung des Museums. Keine Lust.











                                      Ich laufe bis zur Flussmündung, wo sich das Terminal der Fähre nach Marienhamm (Aland Inseln) und Stockholm befindet, aber alles wirkt schmutzig grau. Kein Licht im Land des Lichts. Der Bus 1 hat dort Endstation und ich beschließe ins Zentrum zu fahren. Ich brauche anstelle des Sea to Summit eine andere Rucksacklösung. Dieses glitschige Material ist als Frontrucksack einfach nicht geeignet. Vielleicht habe ich Glück.

                                      Der Marktplatz sieht ebenfalls trostlos aus. Es ist Wochenmarkt. 2 Stände mit süßen Backwaren, 4 Gemüsestände, einmal Fisch, Schnellimbisse. Winterzeit. Am meisten Betrieb ist an den Backständen und an den Gemüseständen, die von Ananas bis zu Tomaten ein Vollsortiment anbieten. Im Sommer ist die Stadt bestimmt ein Traum.





                                      Ich entdecke zwei regionale Stände und stelle die Kamera auf Schneemodus, da die Bilder im Automatikmodus zu dunkel werden. Das Ergebnis ist ein überbelichtetes Bild. Der Bodenbelag sieht nach freundlichem Schnee aus, tatsächlich ist es graubräunlicher, überfrorener Matsch.





                                      An einem der beiden Stände kaufe ich Möhren. Die Möhren von gestern sind mir nicht aus dem Kopf gegangen. Es sind sehr dicke Möhren, die mit einer tiefschwarzen Schicht Erde überzogen sind. Beim Fischhändler gönne ich mir ein Stück Lachs. Es ist der bereits fertige, gedünstete (?) Lachs. Wie man ihn nennt, weiß ich nicht. Er wird aber genauso vom Stück geschnitten, wie frischer Lachs.

                                      Es fängt an zu regnen und ich überlege, ob ich mal an der anderen Ecke nach Rucksäcken schaue. Ich betrete ein Eckhaus und stelle fest, dass Sokos nicht nur eine Hotelkette, sondern auch einen Warenhauskette ist. Rollwagen finde ich keine, aber dafür stehen in der Outdoorabteilung bunte Pulken herum. 9.95 €. Da kann man doch glatt neidisch auf die Finnen werden werden.





                                      Dieses Bild ist übrigens für Dom (User Dominik)....





                                      Ein paar Rucksäcke liegen auf einem Tisch und ich lese Jansport. Jansport-Tatonka, balticskins altes Tatonka Glacier 3 ist von Jansport. Ist das die gleiche Firma? Schauen ist nicht kaufen, also trete ich näher. Der Rucksack ist kein Leichtgewicht, aber aus robustem Segeltuch. Schulter- und Beckengurt fehlen, das ist schlecht. Aber er hat eine größere Fronttasche und eine schmale Tasche in die man zum Beispiel die Zugfahrpläne stecken kann. Er sieht praktisch aus. 69,90 soll er kosten, davon gehen aber noch 40 Prozent Rabatt runter. Spontan schlage ich zu und lege ca. 40 Euro auf den Tisch. Drei Minuten später bereue ich meinen Spontankauf abgrundtief. Noch mehr Gewicht? Ich bin bekloppt. Und vierzig Euro sind auch nicht wenig. Werde ich den Rucksack überhaupt brauchen? Mit schlechtem Gefühl schleiche ich mich in die Essensabteilung und kaufe lediglich Mineralwasser. Ich muss jetzt sparen. Ein Foto von der Lachstheke:





                                      Hinter der Kasse sind Daddelautomaten und es sind nur Frauen, die hier spielen. Erst als ich bezahlt habe, kann ich ein Foto machen und nun schmuggelt sich doch noch ein Mann auf das Bild.





                                      Ich bin schon fast vor der Tür, als mir einfällt, dass ich noch Nähgarn für die Flyweight Tasche brauche. Nähgarn hatte ich vergessen. Ich erwerbe eine Zehnerpackung Nadeln und festes, gelbes Garn. Als ich über den Marktplatz gehe, regnet es ergiebig. Mein Rucksack trägt sich mit den Einkäufen gut und ich fange an, mich zu beruhigen. Vorweg kann ich sagen: Der Rucksackkauf war die richtige Entscheidung. Praktisch, robust und groß genug, um Thermoskanne, Kamera, Daunenhose und Daunenjacke zu verstauen. Gut als Frontrucksack zu tragen. Durch den Schnee schleifen kann man ihn auch. Was will man mehr. Sinniger wäre es natürlich gewesen, einen von zu Hause mit zu bringen.

                                      Dennoch lasse ich mir es nicht nehmen, noch mal im Hansa Zentrum bei Partioaitta vorbei zu schauen. Hätte ich besser den Halti gekauft? Der wortkarge Verkäufer von letzten Samstag kommt vorbei und ich erkläre ihm rundherheraus, dass der StS UL Schrott ist und verweise auf meinen Jansport. Er grinst und weiß genau, was ich meine. Nein, der Halti wäre nicht besser gewesen. Er hat nur ein größeres Packmaß. Plötzlich ist er gesprächig. Das Eis ist gebrochen.

                                      Ich informiere mich über ein Mittelding zwischen Schneeschuhen und Skiern der Marke Altai Skis





                                      und bewundere finnische Pulken, die günstiger als die Fjellpulken, aber immer noch teuer sind (ca. 500 Euro).





                                      Ich überlege, ob ich meine Radkarte ersetze, aber ich brauche sie eigentlich nicht mehr. Ich blättere in einer anderen Karte herum und frage den Verkäufer, warum es eigentlich keine Karten des Nationsparks bei Yläne gibt. Er zuckt entschuldigend mit dem Schultern, schaut an der Kartenwand herum und plötzlich sagt er: „Doch, gibt es.“ Und drückt mir die richtige Karte in die Hand. Ich bin baff. Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich diese Kartenserie auch nur in Turku und Tampere gesehen habe, sie ist also selbst in Finnland nicht überall verfügbar. Und das ist sie:

                                      http://www.kuhankuono.fi/fi/opaskartta/

                                      Suchbegriff: Retkeilykartta bzw. Retkeilykartta Kuhankuonon retkeilyreitisto Varsinais-Suomi. Überall findet man zwar die grünen und lilafarbenen Wanderkarten, diese sind nach meinem Geschmack aber viel zu ungenau. Da fand ich selbst meine orangenen Fahrradkarten zum Wandern besser, denn die wichtigsten Wanderwege sind dort eingezeichnet. Das hier ist dagegen eine echte topographische Karte und sie hätte mir die Wanderung eindeutig erleichtert. Immerhin sehe ich nun, dass es nicht – wie ich dachte – nur einen, sondern mehrere Naturschutzgebiete auf meiner Strecke gibt. Geändert hätte sie nichts.

                                      Langsam schlendere ich durch den Regen zurück. Noch ein Foto von der Jugendherberge. Sie liegt in einem wunderschönen Gebäudekomplex in der Nähe des Flusses. Vor der Tür stehen Tische und Radständer.





                                      Dann ist Packen angesagt. Die Sachen sind glücklicherweise alle trocken geworden. Das Buch bleibt im Hostel, vielleicht freut sich ja ein deutscher Backpacker darüber. Die Schiebelehne und der Schlitten kommen in den Schlittenpacksack. (Das Paketband soll übrigens dafür sorgen, dass die Kanten nicht den Packsack durchschneiden.) Verschämt entferne ich die Rostpuren auf dem PVC Boden und schmiere die Kufen mit Gesichtscreme ein. Es wird sie nicht umbringen. Morgen bin ich mit Inarjoen Peter verabredet und anschließend schaue ich mir Tampere an, bevor ich nach Lappland fahre. Durch den Tourabbruch habe ich ja Zeit.


                                      Oha.
                                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                                      • greno
                                        Gerne im Forum
                                        • 12.04.2011
                                        • 52
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [FIN] Klapprodelwandern im Land des Lichts und der Farben

                                        sehr schöner Bericht! Viel neidischer macht mich allerdings deine neue Kamera

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