[ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

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  • evernorth
    Fuchs
    • 22.08.2010
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    [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Island
    Reisezeit: August 2012
    Region/Kontinent: Nordeuropa


    09.08.12

    Mittendrin....

    Wo ist diese verdammte Kette?? Seit fast einer Stunde suche ich schon danach, finde sie einfach nicht. Sie soll hier irgendwo am Fels hinab hängen, damit eine ca. 6 bis 8 Meter hohe, senkrechte Felsstufe auch für Nichtkletterer überwunden werden kann.
    Ich bin auf dem Weg zum Grænalón, jenem sagenhaften See im Skaftafell - Nationalpark, an der Abbruchkante am Südrand des Vatnajökulls - hier speziell am nordwestlichen Ende des Skeiðarárjökulls.

    Um 11:30 Uhr habe ich den Bus vom Besucherzentrum in Skaftafell in Richtung Kirkjubæjarklaustur genommen. Schon um 9 Uhr habe ich mich im Büro der Mountain Guides für meine Tour abgemeldet. Spätestens am Donnerstag, den 16.08., 18:00 Uhr muss ich mich zurückgemeldet haben. Bis dahin bleiben mir fast 7,5 Tage - da glaube ich noch, viieel Zeit zur Verfügung zu haben.
    Nur eine halbe Stunde Busfahrt liegt vor mir. Ich habe dem Busfahrer auf der Karte gezeigt, wo er mich absetzen soll: Kurz vor Nupshlið, direkt an der Abzweigung zum alten Jeeptrack.
    Obwohl es bereits Mittag ist, liegt Nebel über dem Skeiðarár Sandur - nicht weiter tragisch, denn die Sicht beträgt einige hundert Meter, also genug, um mich zu orientieren.
    Gestern Abend habe ich mir noch mühsam per Hand mehr als 3 Dutzend Wegpunkte in mein neues GPS getippt. Lästige Arbeit, die mich fast 3 Stunden Zeit gekostet hat. Zu Hause hat es dafür aus Zeitgründen leider nicht mehr gereicht. Es ist mein erstes GPS Gerät, und ohne diese Tour hätte ich wohl immer noch keins. Nun bin ich froh, dass mir das gelungen ist und die Wegpunkte von Dieter Grasers 2006er Tour etwas Beruhigung vermitteln.
    Es ist eine nahezu weglose Tour, da können ein paar Wegpunkte wirklich nicht schaden. Ehrlich gesagt klammerte ich mich sehr daran fest, etwas, das mich später noch auf eine große Probe stellen sollte. Den ersten Wegpunkt besass ich erst ab dem Grænalón - See, bis dahin musste ich mich so durchschlagen - mit Hilfe einer Karte und meines eigenen Orientierungssinns ( das der später noch eine besondere Rolle spielen sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wissen ).
    Der Bus hält unvermittelt und schon bin ich draußen, hole den Rucksack aus dem Gepäckfach und stelle ihn erst einmal an den Straßenrand. Der eine oder andere Fahrgast schaut etwas irritiert - was macht der da draußen?
    Der Busfahrer ist extra ausgestiegen und schaut flüchtig und etwas ratlos in die etwas trostlose Landschaft. Seine Augen haben schon etwas Flehentliches, als er sich mit den Worten verabschiedet: „ Don´t get lost here “. Tja, das hoffe ich ehrlich gesagt auch. Kurz darauf verschwindet der Bus im Nebel, der wieder etwas zugenommen hat.
    Hier ist tatsächlich ein Jeeptrack. Schon ist der Rucksack geschultert und ich beginne meinen Weg zum Grænalón. Mein heutiges Ziel ist das Plateau oberhalb von Núpstaðarskógar, ein kleiner Wald am Ende des Tales.

    Die Kette habe ich immer noch nicht gefunden und ich frage mich schon, wie ich auf andere Weise diese Felsstufe überwinden kann und ob es diese Kette überhaupt noch gibt. Raufkommen ohne Rucksack wäre vielleicht machbar, aber damit?
    Dabei bin ich ganz froh, hier an dieser Stelle zu sein. 2 Stunden habe ich unterwegs verloren, weil ich einem falschen Weg ein Stück weiter westlich in die Berge gefolgt bin.
    Also wieder zurück. Na, das fing ja gut an. Dann kam die erste Schlüsselstelle: Furt über die Núpsá. Hier hätte, bei entsprechend hohem Wasserstand, schon alles wieder zu Ende sein können. Viele sind hier schon verzweifelt, manche gescheitert. Doch ich hatte Glück und konnte etwas oberhalb der Stelle, an der die Jeeps hindurchfahren, recht zügig und problemlos furten. Das war dem recht trockenen Wetter der letzten Wochen zu verdanken.
    Bis zur „ Kette “ ging alles zügig und problemlos, und zum Ende des Tales wurde auch die Landschaft schöner und grüner.
    Ich habe meinen Rucksack abgestellt und rutsche den steilen Hang vor der Felsstufe wieder hinunter. Vielleicht geht es doch noch an der Núpsá entlang ein Stück weiter? Nein, keine Chance, nur reißendes Wasser und senkrechter Fels. Ich gehe noch einmal ein Stück zurück. Schließlich war das vorher eindeutig ein Pfad. Dieser führt mich wieder hinauf zu der Stelle, wo mein Rucksack liegt. Merkwürdig, bis hierher ist alles deutlich zu verfolgen.
    Dann entdecke ich plötzlich - nahezu verdeckt von der Vegetation - einen Durchgang hinab in eine kleine Senke. Da geht ein Pfad, eindeutig. Mein Herzschlag nimmt zu und ich folge ihm. Es geht wieder steil hinauf und ich bin kaum oben, da sehe ich sie schon: Die Kette. Unbeschreibliches Aufatmen und großes Glücksgefühl. Ich schnappe mir die Kette und klettere zunächst mal ohne Rucksack senkrecht hinauf. Das geht relativ gut und leicht, da die Wand gute Tritte anbietet. Oben angelangt liegt dort ein altes, aufgerolltes Seil. Das werfe ich hinunter, und klettere an der Kette wieder hinab. Nachdem ich meinen Rucksack nachgeholt habe, und ich das Seil an dem Rucksack befestigt habe, klettere ich wieder hinauf und ziehe dann den Rucksack nach oben. Der ist mit seinen ca. 16 Kg verhältnismäßig schwer und das geht nicht ohne kleine Blessuren über die Bühne, da der Sack mehrmals hart am rauen Vulkangestein scheuert. Die Tasche für das Zeltgestänge hat nun ein kleines Loch - doch das ist nicht so tragisch.
    Hier oben, frei auf dem Plateau stehend, habe ich einen gigantischen Ausblick. Grandios und noch viel besser, als ich mir das vorgestellt hatte. Ganz in der Nähe donnern die großartigen Wasserfälle Hvitáfoss und Núpsáfoss. Mit denen werde ich mich morgen beschäftigen, denn jetzt merke ich, das es spät geworden ist. Ich finde einen schönen Platz für das Zelt mit einer wunderbaren Aussicht. Der Weg zum nächsten Trinkwasser ist relativ weit, und als ich zurück zum Zelt gehe, ist es schon recht dunkel ( zum Lesen im Zelt benötigte ich häufiger Licht, und ich war froh, das ich meine Stirnlampe dabei hatte ). In der Dämmerung kann ich beim Kochen noch gut sehen, und lasse mir mein Real Turmat gut schmecken.
    Dabei habe ich immer noch einen großartigen Ausblick auf das Tal der Núpsá und bin einmal mehr froh über den Panorama - Eingang des Unna.
    Ich bin müde und habe heute viel erlebt. Alles ist gut gegangen. Was für ein Tag.



    Glücklicherweise führt die Núpsá nur wenig Wasser. Die Ringstrasse am Horizont ist schon nicht mehr auszumachen



    Die Kette ist gefunden, und ich schaue von oben zurück auf den letzten Teil des Weges



    Welch ein grandioses Plätzchen - Blick auf Núpstaðarskógar


    continued....
    Zuletzt geändert von evernorth; 31.01.2016, 02:55. Grund: Angaben ergänzt
    My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

  • tiwaz
    Erfahren
    • 08.11.2010
    • 123
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    #2
    AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

    yeah!!! das klingt super spannend, deine Solo Reise!
    Rote Zelte sind immer sooo fotogen schöne Bilder.
    Ich freu mich schon auf die Fortsetzung

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    • efbomber
      Erfahren
      • 23.08.2010
      • 228
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

      Zitat von tiwaz Beitrag anzeigen
      Rote Zelte sind immer sooo fotogen schöne Bilder.
      Ich bin zwar kein Freund von Signalfarben, aber du hast absolut Recht! Das knallige Rot in so einer Umgebung verleiht Fotos immer einen ganz besonderen Touch! Toll!

      Freu mich ebenfalls auf die weiteren Tage

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      • wait
        Erfahren
        • 25.05.2011
        • 404
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

        ... fängt spannend an.

        Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

        Wait

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        • Dieter

          Dauerbesucher
          • 26.05.2002
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          #5
          AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

          Hallo evernorth,

          schön auch von Deiner Tour zu lesen. Leider hat die Kommunikation bei der Vorbereitung nicht so richtig geklappt, da ich selbst in Island unterwegs und meist offline war. Um so spannender jetzt für mich Dein Bericht!

          Wo ist diese verdammte Kette??
          genau das habe ich mich im Sommer 2010 auch gefragt. Ich kam von oben, also vom Grænalón, und hab sie dann doch ganz gut gefunden (nicht zuletzt dank GPS).

          Von unten her ist es sogar schwieriger, denn die rostige Kette sieht man aus der Entfernung vor dem grauen Fels kaum und wenn man näher dran ist verdeckt einem der dichte Wald die Sicht (tatsächlich - sowas gibt's in Island!).

          Ich erlaube mir mal ganz frech drei Bildchen einzufügen, welche die Situation verdeutlichen (ich hoffe, das ist ok für Dich).

          Blick über die Núpsá zum Eingang der Schlucht und auf den Felsriegel


          Ausschnitt: neben der Kette ist das hellere Seil (hier ausgerollt) erkennbar. Das Seil ist ziemlich verwittert und sollte nur (!) zum Rucksack ablassen/hochhiefen verwendet werden.


          ... und so sieht das von oben aus.
          Netterweise ist von oben nicht erkennbar, wie es hinter der Kante weitergeht. Es sieht überhängend aus (so mit Blick in Baumkronen von oben), ist aber tatsächlich nicht mal senkrecht und einfacher als es scheint. Ich hab erst mal Blut und Wasser geschwitzt als ich da runter wollte/musste. Danach: pfffffft - war doch kinderleicht, oder?


          Von unten her gesehen alles easy, oder was?

          Bin schon gespant auf die nächste Schlüsselstelle

          Dieter

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          • evernorth
            Fuchs
            • 22.08.2010
            • 1839
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

            Danke, Dieter, die Fotos zeigen die Schlüsselstelle wirklich ganz vortrefflich.
            Von unten, aus dem Tal, eigentlich überhaupt nicht auszumachen, wie du ganz richtig schreibst.
            In meiner Erinnerung kam mir das Stück Wand zur Kette wirklich senkrecht vor.
            Wenn ich mir das jetzt so anschaue, ist das eben nicht senkrecht.
            Täuschung der Wahrnehmung / Sinne?
            Dann war´s easy - eben.
            Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:37.
            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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            • Mika Hautamaeki
              Alter Hase
              • 30.05.2007
              • 3979
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              #7
              AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

              Das liest sich ja schon hervoragend. Bin gespannt wie es weitergeht!
              Zur Kette: das Ding sieht auf den Fotos ganz schön dick aus (aka Ankerkette) Kann man dort wirklich gut halt finden (besonders bei Nässe)?
              So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
              A. v. Humboldt.

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              • evernorth
                Fuchs
                • 22.08.2010
                • 1839
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                Zur Kette: das Ding sieht auf den Fotos ganz schön dick aus (aka Ankerkette) Kann man dort wirklich gut halt finden (besonders bei Nässe)?
                Das Ding ist im oberen, kurzen Stück in der Tat eine starke Ankertrosse.
                Das längere, entscheidendere Stück ist gut zu greifen ( schmalere Kette ).
                Die Befestigung im Fels - mittels eines starken Eisensplints ist allerdings etwas fragwürdig, da entsprechend alt.
                Hoffen wir mal, dass alles noch lange hält.
                Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:38.
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                • Dieter

                  Dauerbesucher
                  • 26.05.2002
                  • 533
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                  Hallo Mika,

                  die Kette, faßt sich sehr gut und griffig - die Glieder haben genau die richtige Größe.

                  Tom schrieb:
                  In meiner Erinnerung kam mir das Stück Wand zur Kette wirklich senkrecht vor.
                  Wenn ich mir das jetzt so anschaue, ist das eben nicht senkrecht.
                  Täuschung der Wahrnehmung / Sinne?
                  Der untere Teil der Wand ist etwa 70 - 80 Grad steil. Im Abstieg konnte ich mich an der Kette haltend mit dem Oberkörper hinauslehnen und mich mit den Füßen am Fels abstützen - also mehr auf Reibung, als auf Tritt.

                  Tom, wann geht's weiter????????

                  Die Núpsá hast Du genau an der richtigen Stelle gefurtet und die Kette war dann die Ouverture - (nachträglich) in meinen Augen zum nachfolgenden "ketil" (Kessel) fast harmlos. Bin auch gespannt, welche Koordinaten Dir die "Mountain Guides" sonst noch verraten haben.

                  Dieter

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                  • evernorth
                    Fuchs
                    • 22.08.2010
                    • 1839
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                    Heute Abend geht es weiter......
                    Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:38.
                    My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                    • evernorth
                      Fuchs
                      • 22.08.2010
                      • 1839
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                      Wie alles begann....

                      Nun - dieser Thread von Vincent war der Auslöser. Viel mehr das Video von Andi Schönberger, dass dort verlinkt ist. Das hat mich total geflasht, und meine Entscheidung für Island war gefallen.
                      Ich kannte Island von insgesamt drei Reisen bereits recht gut und so war endlich die Gelegenheit gekommen, nach vielen Jahren zurückzukehren. Ich hatte zu Beginn grossen Respekt vor der Tour und auch den einen oder anderen Zweifel. Dann habe ich mich erinnert, dass ich schon alleine auf dem höchsten Berg Islands, den Hvannadalshnukur, gestiegen war, und das war, bei den dortigen Schnee- und Witterungsbedingungen ( u. a. unsichere Schneebrücken, Orkan - artige Windböen ) vermutlich ungleich schwieriger.
                      Ich entschied mich für einen etwas späteren Reise - Termin ( 31.07. - 21.08.12 ), um möglichst gute Eisverhältnisse auf dem Gletscher vorzufinden.
                      Der Thread brachte mich auch auf die Idee, die dort angefragten Leichtsteigeisen zu verwenden. Ich habe mich für diese entschieden ( 1cm Edelstahl-Spitzen, schön leicht, kompakt und mit kleiner Transporttasche ). Insgesamt war das eine gute Wahl, und ich war für die dortige Verwendung vollkommen zufrieden.
                      Außerdem habe ich mich zum ersten Mal für Trailrunner - Schuhe entschieden. Schon oft hatte ich mich zuvor über die schweren und klobigen Bergschuhe ( nicht nur im Flieger ) geärgert. Ich kaufte mir ein Paar von La Sportiva im Ausverkauf und entschied nach Stabilität, Passform und Griffigkeit. Insgesamt war das eine gute Wahl, doch dazu später mehr.

                      Und los.....

                      Am späten Vormittag des 31.07.12 landete mein Flieger bei strahlendem Sonnenschein in Keflavík und der bereitstehende Flybus brachte mich nach einer einstündigen Fahrt direkt zum Campingplatz in Reykjavík. Dort mietete ich mir für den Tag ein Fahrrad und fuhr zum Fotografieren, Essen und Shoppen erst einmal ins Zentrum.
                      Ich hatte meine Powerstretch Hose vergessen.
                      Die war für die Touren vorgesehen und fehlte mir nun. Nachdem ich die einschlägigen Shops besucht hatte, verwarf ich die Idee eines Neukaufs wieder.
                      Nun hatte ich nur eine einzige Hose für drei Wochen und - um es vorweg zu nehmen: Es hat auch so gereicht.



                      Reykjavík an einem sonnigen Spätsommertag



                      Die Wikinger waren schon da



                      Das neue Konzerthaus



                      Architektur die begeistert



                      Ein aufregendes und sehr ungewöhnliches Gebäude - für Reykjavík



                      Die Halgrimskirche - immer noch ein Blickfang



                      Ingólfur ( Arnarson ) der Grüne


                      Am 01.08.12 fuhr ich morgens mit dem Bus vom zentralen Busbahnhof BSI nach Hella. Auf dem Camping verbrachte ich eine Nacht und deponierte hier an der Reception einen Teil meiner Ausrüstung.
                      Ich hatte mich für eine „ Eingeh - Tour “ von Skógar nach Landmannalaugar entschieden. Der Bus von Landmannalaugar kommend würde in Hella wieder halten, und ich konnte mein Gepäck wieder abholen.



                      Campingplatz in Hella

                      Am 02.08.12 brachte mich der Bus dann nach Skógar. Der Bus hält auch für eine gute halbe Stunde am Seljalandsfoss, der sicher zu den schönsten Wasserfällen Islands zählt ( damit unterschlägt man natürlich weitere, unzählige andere Wasserfälle, die vielleicht noch schöner sind ).



                      Seljalandsfoss







                      Hier war ein gewaltiger Trubel, ähnlich wie am Seljarlandsfoss. Gegen Mittag machte ich mich umgehend auf den Weg. In den ersten 90 Wegminuten begegneten mir viele Tagesausflügler. Der Himmel war bedeckt und in den höheren Lagen sah es nach ordentlich Nebel aus. Da konnte ich vielleicht gut von dem neuen Etrex 30 profitieren.
                      Je höher ich kam, desto dichter wurde tatsächlich der Nebel. Gegen 16:30 Uhr traf ich -
                      etwas herumirrend - unvermittelt auf die Baldvinsskáli Hütte. Von hier aus gab es dann keine Probleme mehr mit der Wegfindung, obwohl mich der Nebel noch bis weit hinab ins Goðaland begleitete. Bedauerlicherweise bekam ich so auch kaum etwas von der Landschaft mit, die von dem Vulkanausbruch in 2010 geprägt wurde. Auch Goðaland hatte für mich nicht mehr die gleiche Faszination wie bei meinem ersten Besuch vor vielen Jahren.



                      Wasserfall auf dem Weg zum Fimmvördurhals





                      Die mächtig heruntergekommene Schutzhütte Baldvinsskáli, an der ich fast vorbei-
                      gelaufen wäre


                      Kurz nach 21:00 Uhr erreichte ich Básar, bei nun wunderbar sonnigem Wetter. Ich wählte mir ein zauberhaftes, abgelegenes Plätzchen auf dem dortigen Campingplatz. Ich war müde und doch glücklich über den zügigen und gut ausgegangenen Tourbeginn. Das Wasser plätscherte leicht hinter dem Zelt und nach etwas Körperhygiene und einer leckeren Real Turmat - Mahlzeit fiel ich in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
                      Ich war angekommen: Im Land der Elfen und Feen.



                      Básar






                      continued....
                      Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:39. Grund: Angaben ergänzt
                      My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                      • Dieter

                        Dauerbesucher
                        • 26.05.2002
                        • 533
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                        Arghhhhh .... das ist ja wie im Privat-TV kaum wird's spannend, kommt die Windelwerbung.
                        Ähhh - das soll keine Wertung des Laugarvegur sein

                        Dieter (der eigentlich keine Smilies verwenden will)

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                        • evernorth
                          Fuchs
                          • 22.08.2010
                          • 1839
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                          Zitat von Dieter Beitrag anzeigen
                          Arghhhhh .... das ist ja wie im Privat-TV kaum wird's spannend, kommt die Windelwerbung.
                          Ähhh - das soll keine Wertung des Laugarvegur sein

                          Dieter (der eigentlich keine Smilies verwenden will)
                          ........die Spannung erhöhen.......?
                          Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:39.
                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                          • evernorth
                            Fuchs
                            • 22.08.2010
                            • 1839
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                            .......on and on....

                            Am 03.08. erwachte ich bei traumhaften Wetter. Heute sollte es weiter auf dem Laugarvegur gehen. Ich kannte die Strecke bereits von einer Tour vor vielen, vielen Jahren. Damals bin ich in Landmannalaugar aufgebrochen und brauchte etwas mehr als 2 Tage. Eine echte Speedtour war das. Dennoch hatte ich viele Fotos gemacht und ich erinnerte mich noch sehr lange an diese Tour. Unvergeßlich - etwas Schöneres hatte ich lange nicht gesehen. Nun ging es also in umgekehrter Richtung und entsprechend groß war die Vorfreude.
                            Ich machte noch einige Fotos in Basar und überquerte bald die mobile Brücke über die Krossá nach Langidalur. Es war bereits um die Mittagszeit, ich wollte mir Zeit lassen und alles richtig genießen, ganz egal, wie viel Betrieb hier sein würde. Mir begegneten zahlreiche Trekker und mir war klar, dass sich das bis Landmannalaugar kaum ändern würde. Manchmal war es schon zuviel des Guten und die Karavane von Menschen war dann wirklich lang - später war ich wieder stundenlang alleine.
                            Schneller als mir lieb war erreichte ich die erste Furt über die Pröngá. Ich hatte meine kurze Hose diesmal zu Hause gelassen, da ich sie, wegen kalter oder nasser Witterung, eigentlich nie angezogen hatte. Heute war es aber richtig warm, so dass ich meine sehr knappen Badeshorts angezogen hatte. Sehr gewagtes Outfit - gut, dass mich hier keiner kannte.
                            Ich brauchte also nur die Schuhe wechseln ( das geht mit Trailrunner auch deutlich schneller ) und ab in die Waldies. Ich war überrascht, wie stark die Strömung hier war und doch einigermassen froh, ohne Straucheln hindurch gekommen zu sein. Am anderen Ufer hatte ich dann beim Schuhwechsel noch etwas Gelegenheit den anderen bei ihrer Passage zuzusehen. Ein französisches Pärchen wollte doch tatsächlich barfuss furten. Ein älterer Isländer versuchte es ihnen auszureden und machte es ihnen vor, wie er das zu machen pflegt: Ohne Schuhwechsel, in Wanderstiefeln einfach hindurch. Das hatte ich auch noch nicht gesehen - ich war beeindruckt.
                            Der weitere Weg war einfach. Lediglich beim Überqueren der Brücke über die Fremri Emstruá gab es 1-2 kleine Kletterstellen, wo man sich am Seil, bzw. einer Kette hochzieht.
                            Das Wetter war für isländische Verhältnisse wirklich unglaublich warm und die Sonne brannte von einem wolkenlosen Himmel hinunter. Bei diesem Wetter wirkte die Landschaft schon etwas unwirklich schön, ganz anders, als bei bewölktem Himmel.
                            Es war schon spät geworden, als ich, kurz vor den Hütten von Emstrua, noch einen kleinen Bach durchfurten musste. Gegen 21 Uhr erreichte ich Emstrur. Ich war etwas platt - die unerwartet warme Sonne hatte mich ausgelaugt. Der Hüttenwart war gerade für einen Tag unterwegs, so dass alle Glück hatten, und keine Übernachtungsgebühr zahlen mussten. Nach etwas Körperhygiene und Essen liess ich noch den schönen Ort auf mich wirken und als es etwas zu dämmern begann, legte ich mich zufrieden in den Schlafsack.



                            Das Flussbett der Krossá mit Blick Richtung Thorsmörk



                            Myrdalsjökull und Goðaland



                            Flussbett der Pröngá



                            Unterwegs





                            Markarfljótgljúfur



                            Brücke über die Fremri Emstruá



                            Hütten von Emstrur





                            Emstrur

                            Am 04.08. wachte ich früh um 6 Uhr auf ( eine Zeit, die ich nun regelmässig zum Wecken nutzte ). Es ging - vorbei am Hattafell - durch die Wüste Emstrur. Nur wenig abwechselungsreich und zeitweise eher monoton, dazu noch längere Strecken auf dem
                            Jeeptrack. Die Furt über den Brathalskvisl war ohne Probleme. Bei einer - im Grunde völlig harmlosen - Traverse über einen kleinen, reissenden Bach, die ich unbedingt ohne Schuhwechsel bewerkstelligen wollte, war ich der Länge nach ins Wasser gestürzt. Muss völlig bescheuert ausgesehen haben. Ich war von einem Stein abgesprungen, der dann plötzlich ins Rollen gekommen war und so keinen Halt mehr bot. Der Schreck war grösser, als der Schaden. Das Wasser war noch ganz erfrischend, doch das aufgeschürfte Knie und die zusätzliche Prellung schmerzten doch noch tagelang.
                            Über Hvanngil erreichte ich gegen 17 Uhr die traumhaft schöne Gegend um den Alftavatn. Es war viel los hier. Ich habe Leute aus München, die ich in Emstrur kennengelernt hatte, wieder getroffen.
                            Meine Sinne mussten sich erst einmal ausruhen bei den zahlreichen Eindrücken, die so über den gesamten Tag sich aufsummiert hatten. Eine Tour der landschaftlichen Superlative - weitere Eindrücke sollten noch folgen. Es wurde noch etwas später mit meinen Münchnern - man munkelt etwas von einer kreisenden Flasche Hochprozentigem.



                            Emstrur mit Hattafell









                            Furt über Brathalskvisl



                            Brathalskvisl





                            Alftavatn







                            to be continued....
                            Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:40. Grund: Angaben ergänzt
                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                            • Nordmeier
                              Gerne im Forum
                              • 21.07.2011
                              • 82
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                              Schööön........

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                              • evernorth
                                Fuchs
                                • 22.08.2010
                                • 1839
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #16
                                AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                                Im Rausch der Farben....

                                Dennoch - am 05.08. war ich bereits wieder gegen 6.30 Uhr auf den Beinen und fühlte mich überraschend gut. Ich brach zeitig auf, bei immer noch hervorragendem Wetter. Seit meiner Ankunft auf der Insel hatte es noch nicht ein einziges Mal geregnet - kaum zu glauben ( und das sollte auch noch einige Zeit so bleiben ).
                                Der Weg führte nun zunehmend bergauf, vorbei am Reykjafjöll hinauf zum Hrafntinnusker. Großartige und weitläufige Fernblicke entschädigten für die Aufstiegsmühen.



                                Alftavatn - weit zurück



                                Alftavatn



                                Im Bereich der Phantasie - Schneefelder



                                Die Welt der neuen Farben beginnt....

                                Jetzt begann ein frontaler Anschlag auf sämtliche Sinne: Ich erlebte für mich den Höhepunkt des Laugarvegur. Eine so nicht erwartete Explosion der Farben in einer unvergleichlichen Landschaft. Es zischte, brodelte und dampfte rundherum. Ein richtig fetter Tag für einen Fotografen und deshalb stand die Kamera auch lange Zeit nicht still. Nur noch Schauen und Auswählen durch den Sucher, auslösen und schon folgte das nächste Motiv. Ich war restlos begeistert und fand, dass es sich alleine wegen dieser 2 Stunden hier schon mehr als gelohnt hatte. Obwohl, es lohnt sich ja immer! Einssein mit der Landschaft und ihren schier endlosen Motiven - ich erfuhr hier, warum mir die Fotografie soviel gibt.






























                                In der Ferne - noch winzig - die Hütte von Hrafntinnusker

                                Gegen 17 Uhr erreichte ich Hrafntinnusker, da waren die Münchner nicht nur mit dem Zeltaufbau fertig, sondern bereits mit den ersten Vorbereitungen des Abendessen beschäftigt. Ich suchte mir für den Zeltaufbau einen freien Ringwall aus Steinen. Hier oben soll es des öfteren recht heftig winden, so dass die Steine für den Windschutz sorgen sollten. Die Abendsonne tauchte die Rhyolitberge in goldenes Licht.
                                Extrem glücklich ging ich früh in den Schlafsack - ich fühlte mich großartig, einfach phantastisch.



                                Camp Hrafntinnusker



                                Schutzhütte Hrafntinnusker


                                to be continued....
                                Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:41. Grund: Angaben ergänzt
                                My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                • evernorth
                                  Fuchs
                                  • 22.08.2010
                                  • 1839
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                                  Die Vervollständigung

                                  Als ich am 06.08. erwachte, bemerkte ich sofort das veränderte Licht im Zelt. Als ich den Reissverschluss öffnete, war alles in dichte Nebelschwaden gehüllt. Dieser dichte Nebel ist hier oben wohl gar nicht so selten. Als ich 2 Stunden später das Zelt abbaute, hatte sich der Nebel bereits wieder so weit gelichtet, dass die Sonne langsam die Oberhand gewann. Bis Landmannalaugar sollte es nur noch ein kurzes Wegstück von 2-3 Stunden sein. Ich entschied mich, vorher noch die nahegelegenen Eishöhlen zu besuchen und liess den Rucksack in der Hütte. Mit nur leichtem Fotogepäck ging ich auf einem gut markierten Weg und stand nach ca. 30 Minuten an einem Gletscherrand, umgeben von zahlreichen brodelnden und dampfenden, heißen Quellen. Die große Eishöhle ist vor Jahren zusammengebrochen, doch der stattliche Rest ist immer noch sehr beeindruckend.



                                  Begeisternde Fernblicke auf dem Weg zu den Eishöhlen



                                  Die heissen Dämpfe haben eindrucksvolle Höhlen geschaffen









                                  Gut für ein Frühstücks - Ei


                                  Nach einer guten Stunde machte ich mich wieder auf den Rückweg, holte den Rucksack und nahm den Hauptweg für die letzte Etappe des Laugarvegur. Das Wetter hatte sich wieder verschlechtert und dichte Wolken hatten sich vor die gerade noch scheinende Sonne geschoben. So blieb die Kamera weitgehend in der Tasche.



                                  Kurz vor Landmannalaugar - Brennisteinsalda



                                  Am frühen Nachmittag erreichte ich Landmannalaugar. Der Himmel hatte sich weiter zugezogen, es blieb aber trocken. Ich war doch etwas überrascht, wie viel hier los war. " I was totaly shocked ", würde ich sagen. Nun musste ich auf den Bus warten, doch der sollte erst in ca. 20 Stunden kommen.



                                  Leider ( immer ) gut besucht - Landmannalaugar

                                  Trotz der „ Menschenmassen " war es aber kein Problem, einen Platz für das Zelt zu finden. Am späten Abend ging ich noch zur Bade - Quelle. Um diese Zeit war es hier nicht mehr ganz so voll wie noch vor wenigen Stunden. Da war fast kein Platz im Wasser mehr frei - unfassbar. Doch nun konnte ich mich entspannt auf den Rücken legen, meine Gedanken konnten sich beruhigen, und ich konnte die ersten Sterne am Himmel aufgehen sehen. Der Kreis hatte sich ( fast ) geschlossen. Eine geile Tour war das, mir ging es gut, meinen Füssen ebenso. Nun war ich gut vorbereitet und reif für den Grænalón.

                                  Am Nachmittag des 07.08. brachte mich der Bus zurück nach Hella, wo ich mein restliches Gepäck abholte und auf dem Campingplatz eine weitere Nacht verbrachte. Am 08.08. nahm ich morgens den Bus und erreichte am Nachmittag Skaftafell. Hier verbrachte ich die Nacht auf dem Campingplatz und deponierte in einem gemieteten Schrank mit Vorhängeschloss einen guten Teil meiner für die Tour nicht benötigten Ausrüstung.


                                  .....weiter auf dem Weg zum Grænalón




                                  Start an der Ringstrasse No. 1, links unten - Ziel: Skaftafell, etwa bei gelben Kästchen 998, Anreise mit Bus über die Strasse No. 1

                                  Früh am Morgen weckt mich ein deutliches Wecker - Piepen. Meine Armbanduhr....wo ist....ich taste im Halbschlaf danach....finde endlich den Knopf. Jetzt erst bemerke ich, wie hell es im Zelt ist. Wo bin ich....ich muss mich erst mal orientieren. Ich habe heute nacht von laaangen und äußerst versteckt liegenden Ketten, an hohen Felswänden geträumt. Irgendwann kann ich mich nicht mehr halten und falle hinab, stürze ins eiskalte, dunkle Wasser und sehe das Eis einer Gletscher - Abbruchkante. Der Grænalón?
                                  Nur ein Traum - Halleluja!
                                  Die Sonne scheint und aus der Ferne nehmen meine Ohren das Rauschen der Wasserfälle Hvitáfoss und Núpsáfoss wahr. Mit einem Schlag bin ich klar und wach. Noch vor dem Frühstück mache ich mich auf den kurzen Weg zu den Wasserfällen - der frühe Vogel fängt den Wurm.
                                  „ Herrlich und einzigartig “ fällt mir dazu ein. Der Hvitáfoss mit seinem klaren Wasser und der Núpsáfoss mit seiner trüben Sediment - Fracht verbinden sich an dieser Stelle miteinander, fliessen zusammen weiter - hinaus ins Meer. Ich sitze hier eine ganze Weile in der Sonne und sehe dem Schauspiel gebannt zu. Der Tag beginnt schon mal ganz wundervoll. Ein weiterer, unvergesslicher Höhepunkt der Tour brennt sich in mein Gedächtnis.



                                  Hvitá- und Núpsáfoss



                                  Camp I

                                  Ich genieße mein Müsli - Frühstück und den perfekten Ausblick aus dem Panorama - Eingang des Zeltes. Die Sicht ist heute morgen deutlich besser geworden. Obwohl es viele Stunden her ist, glaube ich, ganz entfernt die Silhouette einzelner Strommasten zu sehen, ja, ich bilde mir sogar ein, dass ich einzelne, fahrende Autos erkennen kann.
                                  Eine Stunde später bin ich zum Aufbruch bereit. Ich habe die Karte noch einmal genau studiert und erinnere mich sehr genau an einzelne Details auf dem Wege, die ich aus dem
                                  Internet recherchiert habe. Gleich neben dem Zelt verläuft ein deutlich sichtbarer Pfad. Dem will ich folgen, das kann nicht verkehrt sein. Ich bin wirklich froh, dass er sich so deutlich zeigt. Manchmal verschwindet er wieder, bis ich ihn unvermittelt wieder entdecke.
                                  Ein, zweimal habe ich ihn ganz verloren. Ich muss suchen, doch ich finde ihn rasch wieder. Na also, ist doch leichter, als ich angenommen hatte. Ich komme gut und zügig voran. Meine Laune ist prächtig, doch das ändert sich, als sich der Himmel schlagartig bedeckt, und es leicht zu regnen beginnt. Ich gehe hier in unmittelbarer Nähe des Flusses Nupsá - der ist grau und schmutzig von den Sedimenten des Vatnajökulls.



                                  Der Pfad führt meist entlang der Nupsá. Im Hintergrund erkennt man den Eingang in eine Schlucht - die nächste Schlüsselstelle.



                                  Der Canyon - Zugang zum „ Kessel "

                                  Ich erkenne einen Taleinschnitt wieder, den ich mal auf einem Foto gesehen habe. Gott sei Dank - also bin ich richtig. Ich folge dem Pfad ein kurzes Stück in den Canyon hinein, immer am steilen, rechtsseitigen Rand. Plötzlich biegt der Pfad nach rechts ab, und es geht ein extrem steiles Couloir hinauf - der sogenannte „ Kessel “, ein steiler Trichter voller loser Geröllsteine. Der Trichter ist stark Steinschlag - gefährdet. Ich würde das eher als „ Kanonenrohr “ bezeichnen und will mir gar nicht ausmalen, was passiert, wenn..... Das Aufsteigen geht nur langsam und ist sehr mühsam. Alles ist sehr lose und rutschig: Ein Schritt vor und hinauf und einen halben Schritt rutsche ich wieder zurück. Meine Trailrunner Schuhe kommen etwas an ihre Grenzen ob ihres etwas geringeren Profils. Der Grip ist allerdings hervorragend. Die Stabilität ist überraschend gut - ich knicke nicht einmal um.



                                  Wenige Meter noch, dann führt der Pfad scharf nach rechts und steil hinauf in den „ Kessel "

                                  Plötzlich bin ich oben und der zunehmende Regen, ( der erste auf Tour ) zwingt mich in die Regensachen. Von jetzt an ist der Weg nicht mehr so klar vorgezeichnet, ein Pfad ist nicht mehr zu erkennen. Ich ziehe das GPS Gerät hinzu.
                                  Im leichten Auf und Ab folge ich einzelnen Bergrücken. Diese werden allerdings immer wieder durch zahlreiche Schluchten und Bacheinschnitte unterbrochen, die entweder hangauf- oder hangabwärts durchquert werden müssen. Die Sicht wird immer schlechter und Nebel zieht auf. Es fällt mir immer schwerer, zu entscheiden, wo es günstiger ist, die Schluchten zu queren. Die Schluchten werden zum Problem - und nicht nur die Schluchten. Ich will heute eigentlich bis zum Grænalón kommen, habe aber bereits keine Ahnung mehr, wo ich mich befinde. Die grobe Orientierung ist nur noch mit dem GPS möglich, doch bei der jetzt herrschenden, knapp 50m Sicht hilft es mir auch nicht mehr weiter. Ich irre hier jetzt schon seit 2 Stunden umher. Zu allem Überfluss fängt nun auch noch das GPS an zu spinnen. Der Richtungszeiger friert des öfteren ein und ich muss den Kompass neu kalibrieren, dann geht es wieder 15 Minuten weiter, bevor der Zeiger erneut
                                  einfriert. Ich bin extrem genervt und auch verunsichert. Was soll ich jetzt machen, wie soll es weiter gehen?
                                  Ich entscheide mich spontan einen Zeltplatz zu suchen. Es macht einfach keinen Sinn mehr, weiter zu gehen. Schnell ist ein halbwegs ebener Platz an einem kleinen Bach gefunden und schon nach wenigen Minuten steht das Zelt. Es ist 18 Uhr - das ist doch auch eine gute Zeit für eine warme Mahlzeit. Nach dem Essen geht es mir besser. Meine sprichwörtliche Ruhe und Gelassenheit ist zurückgekehrt. Ich schaue kurz hinaus aus dem Zelt. Die Welt geht gerade unter, es regnet ununterbrochen und der Nebel wiegt schwer. Ich befinde mich im Nirgendwo, doch mir geht es gut, denn ich habe ein Zelt, darin ist es trocken und im Schlafsack auch noch warm. Ich fühle mich gut und geborgen. Nach dem wohltuenden Essen lese ich noch etwas in meinem Buch. What the fucking Nervkram kann mich hier schon erschüttern.
                                  Das alte Urvertrauen ist wieder zurück - war eigentlich nie wirklich fort. Morgen ist alles wieder gut und es geht weiter. Dann falle ich in einen tiefen, erholsamen Schlaf - so geht der 10. August zu Ende.


                                  to be continued....
                                  Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:42. Grund: Bild ergänzt
                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                  • evernorth
                                    Fuchs
                                    • 22.08.2010
                                    • 1839
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                                    #18
                                    AW: [IS] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                                    Sooo viiel Zeit.......

                                    11.08.12
                                    Ein vertrautes Geräusch weckt mich am frühen Morgen: Ein leises Prasseln feiner Regentropfen. Sofort signalisieren mir meine, auf sensiblen Empfang ausgerichteten Sinne: Alles wie gehabt - Regen.
                                    Schwerer wiegt der Nebel, der, nach wie vor, die komplette Landschaft jenseits von 50m verschluckt. Das sieht nach weiteren Stunden im Zelt aus. Ich bleibe gelassen, denn noch habe ich genug Zeit und reichlich Verpflegung.
                                    So vergeht der Tag mit kürzeren, regenfreien Phasen, häufigen Blicken nach draußen in die Nebelsuppe, Essen, Schlafen, Lesen, Dösen, Nachdenken, Lesen, Dösen,Nachden..... und der einen und anderen, eilfertigen Flucht aus dem Zelt, um die Heissgetränke wieder loszuwerden. Es ist fast still in dieser unwirklichen Landschaft, nur das leise Brausen der Nupsá liegt als permanenter Drone unter dem Nichts.
                                    Am späten Nachmittag ( ja, ich schaue oft auf die Uhr ) ist die letzte Seite meines Buches gelesen. Jetzt wird es hart. Die Lösung: Das Zelt wird kurzerhand zum Ashram deklariert. Alle größeren Gegenstände fliegen ohne Zögern in die Ecken. Dann habe ich meehr Platz und beginne umgehend mit einer Yoga - Session. Ich bin erstaunt, dass ich nur sehr wenige Übungen hier im Zelt nicht ausüben kann - aus Platzgründen ( welche Überraschung ). Alle anderen Übungen sind sogar im Zelt möglich. Vielleicht schreibe ich im Anschluss noch schnell ein Buch - in englischer Sprache ( damit es länger dauert, Zeit ist ja genug, har, har... ). Titel: How to exercise Yoga in shitty weather? Crawl into a Hilleberg Unna Tent and start your exercises and be amazed, by the incredibly generous space in such a flabbergasting home of meditation.
                                    Bin später unsicher, ob ich das Thema noch weiter ausbauen soll. ( Hiz..Hiz..zzz.. )
                                    Das Yoga tut gut und ich bin erst einmal weitere 2 Stunden beschäftigt.
                                    Das untätige Herumsitzen und Liegen macht mir später trotzdem zu Schaffen; der Rücken beginnt zu schmerzen. Mir fehlt einfach die Bewegung.
                                    Irgendwie geht der Tag zu Ende.

                                    Am nächsten Morgen höre ich zu aller erst das vertraute Wasserrauschen.
                                    Sonst ist da: Nichts! Nichts? Kann das sein?
                                    Ich ziehe flink den Reisser auf und schaue gegen eine Wand aus Nebel. Der Regen hat aufgehört, doch der Nebel ist geblieben. Das ist nicht gut, sagt eine Stimme in mir.
                                    Ich überlege: Klar, ich kann noch einen weiteren Tag abwettern, auch wenn es hart wird, so ganz ohne Lesestoff. Doch was mache ich, wenn auch morgen noch der Nebel regiert?
                                    Spätestens dann muss ich umkehren. Umkehren - eigentlich ein Grauen für mich, auch, wenn ich das schon einige Male in der Vergangenheit so machen musste.
                                    Ich entscheide mich, noch abzuwarten. Ich weiss nicht mehr genau, was ich alles angestellt habe, doch auch diesen Tag, den 12.08., wettere ich irgendwie ab.



                                    Camp 2 - nach 50 Stunden im Nebel endlich wieder Land in Sicht

                                    Der Morgen des 13.08. beginnt wie der vorherige Tag: Keine Regengeräusche! Doch als ich hinausschaue ist die Sicht viiel besser und der Nebel fast fort. Ich bin seehr erleichtert
                                    und kann nun meinen Weg zum Grænalón doch noch fortsetzen. Nach 50 Stunden im Zelt, ( mein persönlicher Rekord ) breche ich mein Lager gegen 10 Uhr ab. Da ich nun ausgesprochen ausgeruht bin, komme ich zügig voran.
                                    Schon 2 Stunden später stehe hoch auf einem Felsrücken, und schaue hinab auf das schmutzig - braune Wasser des Grænalón. Ich kann es kaum glauben, dass ich schon da bin. Der See kommt mir viel kleiner vor, als ich es von vielen Fotos her in Erinnerung hatte.
                                    Geradezu winzig. Vielleicht auch eine Sekundär - Wirkung der globalen Erwärmung?
                                    Es dauert noch einige Zeit, bis ich bei den Eisbrocken am Rande des Sees angelangt bin.



                                    Am Ziel - der Grænalón



                                    Der See ist extrem geschrumpft













                                    Nachdem ich meine Fotos gemacht habe, schaue ich nach einer günstigen Möglichkeit, den Zufluss des Sees zu furten. Vor dieser Furt hatte ich schon vorher großen Respekt.
                                    Ich muss hier furten, denn mein erster Wegpunkt, ein ebener Platz zum Zelten, liegt genau dort, auf der anderen Seite dieses reissenden Zuflusses. Ich ziehe diesmal extra meine Neopren - Socken an, und dann geht es auch schon los. Es ist leichter und weniger kalt, als ich befürchtet hatte, und so komme ich ohne Probleme hinüber. Ich bin ausgesprochen euphorisiert und strebe dem steilen Hang entgegen, der noch ca. 200m entfernt ist, da gerate ich mit meinem linken Bein in Quicksand. Meine erste Bekanntschaft damit - nicht zu erkennen. Ich habe Mühe mich zu befreien und stehe anschließend noch ganz schön unter Adrenalin. Das war knapp - herrje noch mal!
                                    An einem Bach muss ich mich erst mal säubern - ich sehe aus wie Sau. Das dauert eine ganze Weile.
                                    Anschließend steige ich mit Hilfe des jetzt wieder funktionierenden GPS den Hang hinauf und stehe bereits nach kurzer Zeit auf dem gesuchten Plateau.



                                    Camp 3 am Grænafall



                                    Gute Aussichten - Wie auf einem Balkon



                                    Gut im Wind - vorne, rechts am Hang ( auf Höhe der Steine ) die kleine Trinkwasser - Quelle


                                    Es ist mittlerweile gegen 16 Uhr und ich will hier die Nacht verbringen. Jetzt noch den Gletscher zu queren, erscheint mir zu viel des Guten, obwohl ich mich noch sehr ausgeruht fühle. Doch ich möchte wissen, wie es sich anfühlt - hier - an diesem, so ungewöhnlichen Ort.
                                    Es fühlt sich zunächst nach Wind an, denn urplötzlich ist sehr starker Wind aufgekommen, und der Zeltaufbau gestaltet sich alleine zu einer echten Geduldsprobe. Am Ebensten ist es hinter einer, von Vorgängern bereits errichteten, Steinmauer. Die Sache hat nur einen Haken: Der Wind kommt von der falschen Seite! Ich habe - im wahrsten Sinne - alle Hände voll zu tun, doch dann steht das Zelt endlich bombenfest. Als ich auf die Uhr schaue, traue ich meinen Augen nicht:
                                    Die Zelt - Aktion hat mehr als 2 Stunden gedauert - rekordverdächtig und unfassbar lang.
                                    Was mich sehr nervt, ist der feine, schwarze Vulkansand, der überall ist, vor allem auch im Trinkwasser. Erst spät entdecke ich die kleine „ Hausquelle “, nur wenige Schritte hinter meinem Zeltplatz. Hier fliesst das Trinkwasser in ein kleines, künstlich errichtetes Auffangbecken und ist dadurch nahezu „ Sandfrei “.
                                    Die ganze Nacht wird das Zelt immer wieder von teils sehr heftigen Windboen gebeutelt ( gemessene 90 km/h in den Spitzen ), doch es steht wie eine Eins. Allerdings gibt es den ersten Funktionsausfall: Der äußere der drei Aussenzelt - Reisser lässt sich nicht mehr bewegen. Ich muss das Zelt über den 2. Reisser öffnen, und der Eingang lässt sich nicht mehr komplett aufschlagen. Ich muss also erst über eine „ Schwelle “ steigen, um ins Zelt zu kommen. Das geht, ist aber sehr lästig und sollte bis zum letzten Tag auf Island so bleiben.
                                    Die Windgeräusche sind beachtlich und so verwende ich erstmals mein Ohropax für die Nacht.
                                    Der Abend geht mit einem kleinen Regenbogen zu Ende. Ich bin etwas angespannt, denn morgen brauche ich für die Gletscher - Traverse gute Sicht. Ein Zurück gibt es nun nicht mehr.



                                    Der ruhige Eindruck ist trügerisch - es stürmt die ganze Nacht


                                    to be continued....
                                    Zuletzt geändert von evernorth; 21.01.2014, 00:43. Grund: Angaben ergänzt
                                    My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                    • berniehh
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                                      • 31.01.2011
                                      • 2408
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                                      #19
                                      AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                                      Super Fotos
                                      Bin grad in Neuseeland, dann den Bericht daher erst in 8 Monaten lesen wenn ich wieder zu hause bin. Hier in der Bibliothek ist die Internetzeit leider nur auf ner halben Stunde begrenzt

                                      gruss Bernd
                                      www.trekking.magix.net

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                                        • 15.03.2005
                                        • 147
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                                        #20
                                        AW: [ IS ] Island Solo - 2012 - Reif für den Grænalón

                                        Ein wirklich spannender und kurzweilig geschriebener Reisebericht.
                                        Wunderbar auch die Bilder, wobei mir besonders die Landschaftausschnitte von der Hrafntinnusker Querung sehr gut gefallen.
                                        Gruß
                                        Jens
                                        Ódáðahraun

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