Wie Böenlasten abschätzen?

[midhighTrek]

Hallo zusammen,

ist zwar ein wenig OT und theoriegetrieben, aber vielleicht weiss ja trotzdem jemand mehr dazu:

Bei der Diskussion Für oder Gegen Dyneema-Leinen zum Abspannen kommt ja immer das Argumente, dass man eigentlich gegen Böen etwas Dehnung ganz gerne hat, da sonst die ganze Last direkt in die Abspannpunkte, sprich die Struktur geht.

Klar ist mir, dass ich anhand von Seillänge, Ducrmesser und (statischer) Kraft für ein gegebenes Seil, v.a. wenn ich Kraft-Dehmnungs-Diagramme habe, die Dehnung gut abschätzen kann und damit auch, wieviel das Zelt "arbeiten" kann.

Jetzt hab ich mich aber gefragt, ob das auch für dynamische Lasten gilt? Prinzipiell: Nein! Und ob ich dann für Windböen trotzdem quasi-statisch rangehen kann? Und wenn ja, ob ich die quasi-statische Maximalkraft bei Böenlasten irgendwie überhaupt sinnvoll abschätzen kann?

Und was hält so ein unbeschädigtes, nicht UV-geschwächtes Ribstop Polyester Aussenzelt eigentlich an Belastung, bevor es am Abspannpunkt reisst?

Oder ganz plump gefragt: Reisst mir ne 1m lange 5mm-Dyneema-Leine bei ner 10Bf-Böe das Zelt auseinander oder nicht?

[Buddy99]

AW: Wie Böenlasten abschätzen?

Zu viel Theorie..


In der Praxis schaut es ja meistens so aus, dass eher das Gestänge unter der Belastung bricht oder dank aufgeweichtem Boden nen Hering nachgibt und sich löst.

Von ner gerissenen Leine hab ich noch nix gelesen oder gar erlebt.
Die Abspannpunkte am Zelt sind doch auch verstärkt und daher sehe ich das grösste Risiko dass die Zelthaut reisst darin, dass ein gebrochenes Gestänge sich irgendwo durchbohrt.

Du kannst Dir natürlich auch nen Stahlgestänge zurechtzimmern, Dein Zelt oben auf dem Brocken mit Deinen Dyneemaleinen an Felsen festknoten, den Windmesser zücken und Diagramme malen. 

[midhighTrek]

AW: Wie Böenlasten abschätzen?

Zu viel Theorie..

Nöööö... nur viel! Aber mann kann doch auch mal was durchdenken, selbst wenn's nicht praxisrelevant ist?

In der Praxis schaut es ja meistens so aus, dass eher das Gestänge unter der Belastung bricht oder dank aufgeweichtem Boden nen Hering nachgibt und sich löst.

Da hast Du sicher Recht. Ich hab auch noch nicht's von gerissenen Leinen gehört...


Aber für diejenigen, die's interessiert, ich hab mich mal mit ein paar Kollegen aus der Strukturabteilung unterhalten und wir sind dann doch recht schnell zu einem plausiblen Ergebnis gekommen:

(1) Böen können für so eine Diskussion wg. ihrer Wellenlänge (wahrscheinlich) in guter Näherung als statisch angenommen werden. Auch die Eigenfrequenzen von Seilen in der Längsrichtung kann man wohl getrost vernachlässigen.

(2) Die Dehnung spielt für die Last keine direkte Rolle; Sie verringert jedoch ggf. die Last dadurch, dass sich das Zelt aus dem Wind bewegen kann und die Anfriffsfläche kleiner wird.

Dann kommt der spannende Punkt, den auch die Segler kennen:

(3) Wenn die gegenüberliegende Leine durch zu viel Dehnung in der beanspruchten Leine völlig entlastet wird, dann kann es zu dynamischen Lastspitzen kommen, wenn die Böe vorbei ist. Mit ggf. Rissgefahr.

Aber das ist auch nur dann der Fall, wenn die Wellenlänge der Böe kurz genug ist, das Gestänge nicht schon vorher den Geist aufgegeben hat und nicht anständig abgespannt wurde. Und wenn das alles so stimmt, dann sind sehr leichte dünne Leinen mit wenig Dehnung doch gar nicht so schlecht. Vielleicht kauf ich mir ja doch noch ein paar.