[FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR 34

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  • Rattus
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    • Meine Reisen

    #21
    AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

    Wunderschön geschrieben und tolle Fotos, danke
    Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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    • Torres
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      #22
      AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

      Freitag, 14.09.2012, 67,3 km, Pléven

      Das Zelt ist klitschnass und wird wieder getrennt eingepackt. Am Himmel zeigen sich dunkle Wolken. Ob dies wohl der erste Regentag wird?
      Ich vergesse ein Foto vom Platz zu machen, ich bin nervös. Auf in den Kampf, es wartet mein „Angstgegner“ St-Brieuc. Ich schiebe das Fahrrad wieder die Steigung zum Dorf hoch und kaufe frisches Baguette und Käse.

      Die Strecke, die ich anschließend finde, ist schön und ich freue mich, gestern von der ursprünglichen Route abgewichen zu sein.








      Ich tauche in einen Wald ein und in der Nähe sind Seen. Es riecht feucht und intensiv nach Moder.








      Ich komme an einen Kreuzungspunkt im Tal und entscheide mich, nicht Richtung Pordic, sondern Richtung Trégomeur zu schieben. Die Steigung ist angenehm und sehr lang und theoretisch könnte ich sie sogar fahren, aber schneller als zu Fuß wäre ich auch nicht und so genieße ich es, beim Wandern meinen Gedanken nach zu hängen. Autos sind hier keine.





      Dann überprüfe ich noch einmal die Karte und stelle fest, dass ich viel zu weit südlich, nämlich unterhalb von St-Brieuc heraus komme, wenn ich weiter fahre. Von dort aus komme ich schwer wieder in die gewünschte Richtung. Die Strecke selbst wäre reizvoll, doch die Campingplatzdichte im Binnenland ist sehr gering. Die meisten Plätze sind eben im touristisch interessanten Küstenbereich oder - wie Pléven - in der Nähe von Sehenswürdigkeiten.

      So fahre ich die eben erwanderte Strecke wieder herunter und sie ist länger als gedacht. Die Strecke Richtung Pordic ist steiler und ich mache ein Foto von dem Höhenzug der alten Strecke.







      Oben angekommen kann ich wieder fahren. In der Ferne liegt die Bucht von St-Brieuc.





      Ich besuche die Bäckerei, aber Tarte de fraise ist erst in einer Stunde fertig und so muss ich ein anderes Kuchenstück nehmen.
      Anhand des gespeicherten Tracks finde ich den Radweg wieder, den mir der Radfahrer gezeigt hatte. Fast verpasse ich die Einfahrt, denn sie ist nur auf einer Seite beschildert und aus der anderen Richtung leicht zu übersehen.











      Am Viadukt esse ich den Kuchen. Die Vanillecreme ist die gleiche, aber das Erdbeertörtchen war doch ein bisschen leckerer. Zwei Spaziergänger versuchen, vom Übergang aus das Viadukt zu sehen, aber der Sichtwinkel ist abgesperrt und an der Seite ist alles zugewachsen. Die Infotafel verweist darauf, dass es ein besonderes Viadukt ist und auf dem Bild wirkt es tatsächlich imposant.











      Ich fahre an einem verhüllten Pferd vorbei, das wie ein Ritterpferd aussieht – ein Exzemer?





      Die von mir gewählte Landstraße nach St-Brieuc ist erstaunlich wenig befahren. Die meisten Autos fahren die Route Nationale. Aber es geht knackig nach unten. Ich versuche ein Bild zu machen, aber es lässt sich kaum erkennen, wo das Tal ist. Ganz oben, wo sich der Wald zerfasert, befinden sich die Häuser St-Brieucs.





      Das erste Mal in meinem Leben fahre ich mit meinem Fahrrad Serpentinen herunter und komme an dem Kreisel heraus, der von der Brücke der RN überspannt wird. Ich überquere den Fluss und dann geht es aufwärts.











      Die Strecke ist sehr steil und ich überwinde auf kurzer Distanz 65 Höhenmeter. Immer wieder muss ich anhalten, weil das Fahrrad so schwer ist und ich stelle fest, dass ich vom Schieben Druckstellen an den Händen habe. Als ich oben ankomme ist es 12.00 Uhr.





      Unvermittelt bin ich im alten Innenstadtkern der Stadt gelandet und ich stelle fest, dass sie gar nicht so groß ist, wie ich in Erinnerung hatte. Aber der Himmel ist wolkenverhangen und es gibt keinen Grund, länger zu bleiben.








      Ich finde einen nicht nur von Radfahrern benutzten Fahrradweg, der ungefähr in Richtung Yffiniac führt. Als er an einer Mauer endet, biege ich links ab und entdecke nach einem kurzen Umweg ein Wohngebiet, in dem es sich angenehm fahren lässt.














      Gegen 13.00 Uhr erreiche ich Langueux. Parallel zu diesem Ort bin ich durch den Wald geirrt.








      Ich sehe ein Radwegschild und sage „nein“. Keine Experimente mehr. Nicht hier. Ich bin ein lernfähiges Wesen.

      Die ganzen nächsten 20 oder 30 Kilometer lassen sich als „laut, ätzend, steil und hässlich“ zusammenfassen. Ich habe Hunger auf Crêpes, aber alle Läden haben geschlossen. Meine Glücksreserven sind für heute anscheinend aufgebraucht.

      Ich erreiche Yffiniac, immerhin die Partnerstadt von Wackersberg, Oberbayern. Die Bucht, an welcher ich auf den GR 34 eingebogen bin, habe ich kurz vorher passiert. Heute sieht sie trostlos aus. Wieder geht es am deutschen Markendiscounter vorbei und die Baustelle ist auch noch nicht aufgelöst.








      Die D 712 bei Coetmieux, die parallel zur RN verläuft und die ich auf dem Hinweg bereits gefahren bin, macht mich wahnsinnig. Steht heute der Wind anders? Die Autos dröhnen in meinen Ohren und ich könnte sie alle auf den Mars beamen. Ich habe ein Tief.





      Ich suche Nebenstraßen und die Landschaft wird etwas schöner, aber die Autos sind weiterhin zu hören, auch wenn ich sie nicht sehen kann. Ich komme wieder an der Abzweigung nach Andel vorbei und erinnere mich: Hier bin ich schon gewesen. Es kommt mir vor, als sei das ewig her.








      Wieder die verhasste Straße in der Ferne.





      Nach einer gefühlten Ewigkeit erreiche ich Lamballe. Mein Navi zeigt mir den direkten Weg und ich schiebe das Fahrrad auf dem Bürgersteig in die angezeigte Richtung, da die Straße gesperrt ist.











      Ich komme an einen Kreisverkehr und mein Navi zeigt nach rechts. Es ist eine unglaublich steile Einbahnstraße in ein Wohngebiet, die ich hoch schiebe und oben ist ein Park, der möglicherweise zu dem Turm gehört, den ich von weitem gesehen habe. Ich suche die Weiterführung der Straße, aber mein Navi lenkt mich im Kreis und verweigert dann seinen Dienst. Ich atme tief durch. Mein Ladezustand zeigt steil nach oben.

      Ich schiebe wieder herunter und versuche, Empfang zu bekommen. Das Navi streikt. Die Straße links sieht mir sympathischer aus und ich biege links ab. Eine große Anlage mit einem riesigen Parkplatz taucht auf und da ist auch die Touristeninformation. Da vor allem Messer, Zinnsoldaten und militärische Andenken im Verkaufstresen liegen, vermute ich mal, dass das Gebäude nebenan eine militärische Anlage ist oder war. Mein Navi funktioniert wieder. Ich frage nach und erfahre, dass die von mir gewünschte Richtung für den Verkehr gesperrt ist und ich außen herum fahren muss.





      Das kann mich jetzt auch nicht mehr schocken und die Steigung ist tatsächlich so moderat, dass ich hochfahren kann. Meine Laune bessert das aber keinesfalls.

      Ich finde die gewünschte Landstraße und auch hier ist viel Verkehr. Ich studiere erneut mein Navi, da hält ein Auto an und ein Mann fragt, ob ich Hilfe brauche. Ich verneine. Mich nerven nur die Autos. Er kündigt an, dass die Straße ruhiger werden wird und fragt, ob mir die Bretagne gefällt. Ich antworte „ja“, verweise als ehrlicher Mensch allerdings darauf, dass das hoch und runter manchmal ganz schön anstrengend ist. Er lacht und sagt: „C´est la Bretagne“ („Das ist die Bretagne“) und das in einem singenden Tonfall. Da hat er natürlich Recht. Meine Laune bessert sich.

      Ich gebe Gas und wider Erwarten ist die Strecke nicht so steil, wie ich dachte. Aucg die Autodichte nimmt ab. Nach kurzer Zeit bin ich alleine. In La Poterie befindet sich ein wunderschönes Schloss und mal keine Burgruine. Leider weiß ich davon nichts und so radele ich Richtung St-Aubin weiter, wobei ich nicht mehr weiß, ob ich überhaupt Hinweisschilder zum Schloss gesehen habe.








      Ich sehe meine ersten französischen Spargel am Wegrand.





      Die Strecke ist sehr schön und wird immer schöner. Meine schlechte Laune ist wie weg geblasen. Die Strecke ist abwechslungsreich, die Steigungen sind perfekt und ich komme mir vor wie eine Rennmaschine. Wenn man austrainiert ist, macht Radfahren wirklich Spaß. An einigen Stellen ist der Belag allerdings so grob, dass ich selbst an abfallenden Passagen konsequent durchtreten muss, damit das Fahrrad nicht stehen bleibt. Es war gut, dass ich mich für Straßenreifen entschieden habe.





      Ich fahre durch dichten Wald, es ist der Wald St-Aubin Hunaudaye. Es gibt nicht viele zusammenhängende Waldgebiete in der Bretagne und das ist einer von ihnen. Kurz überlege ich, das Schloss Hunaudaye zu besichtigen, nehme dann aber doch davon Abstand, da es nicht direkt am Weg liegt. Ich bin müde.








      Die 14 km sind in erstaunlich kurzer Zeit geschafft und um 17.26 erreiche ich Pléven. Der Campingplatz ist im Garten des Bürgermeisteramtes und eine Dame öffnet ein wenig ungeduldig die Tür – sie will um 17.30 Uhr Feierabend machen. Ich zahle für die Übernachtung 3,90 Euro und dann bin ich alleine. Die Sanitäranlagen sind in erstaunlich gutem Zustand und es gibt heißes Wasser zum Spülen. Für kurze Zeit kommt sogar die Sonne heraus.











      Die Dorfstraße ist leer und ich habe Glück, dass ein Auto kommt und anhält. Ich frage den Fahrer nach einer Bäckerei und werde zu einem geschlossen aussehenden Supermarkt geschickt. Vor der Tür läuft ein junger Mann mit Down-Syndrom herum. Der Supermarkt ist schlecht sortiert und das Kühlfach „en panne“. Das Obst ist nicht zu gebrauchen und das Gemüse hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Verzweifelt suche ich Fleisch oder Fisch und finde panierte Schnitzel beim Eis. Nun gut. Sobald die Touristen weg sind, ist hier wohl Totentanz und man versorgt sich in Lamballe. Da Frankreich Käseland ist, erwerbe ich noch ein Päckchen echten Emmentaler Reibekäses.





      Das Schnitzel kommt in die Pfanne auf dem Benzinkocher und im Reactor mache ich mir mit viel Feingefühl (der Reactor hat die Tendenz, Fertignahrung, die länger kochen muss, zu verglühen) Nudeln carbonara vom Discounter, die ich mit dem Käse überstreue. Die Nahrung schmeckt garantiert nährwertfrei, befriedigt aber ungemein.





      Ich dusche heiß und verziehe mich anschließend in mein Zelt.





      Ich checke meinen Brennstoff und stelle fest, dass in der kleinen Kartusche immer noch Gas und in der kleinen Brennstoffflasche immer noch Brennstoff ist. Ich habe kaum etwas verbraucht.

      Und da es keinen Sonnenuntergang zu bewundern gibt, stelle ich jetzt endlich einmal meine Packliste zusammen. Die Reihenfolge entspricht dem Packsystem.

      Kommentare zu der Packliste sind übrigens unerwünscht.

      Packtasche rechts:
      Handschuhe
      Klopapier
      MSR XGK-Ex + Eta Pack Lite Topf 1,2 l + Plastikeinsätze + Windschutz
      MSR Reactor + Feuerzeug
      ca. 1 Liter Benzin in der Sicherheitsflasche
      ca. 591 ml Benzin in der Sicherheitsflasche mit Pumpe
      Streichhölzer
      Küchenbeutel mit 2 Gabeln klein, Titanspork, Plastikspork, Kellnermesser, Curry, Salz, Feuerzeug, Stift, Streichhölzer, 2x Notsuppe, Feuerstahl, Yagatnmesser, Opinel Nr. 7 (1. Exemplar -insgesamt sind es drei. Begründung: Eines verliere ich, bei zweien verliere ich das erste und habe ständig Angst um das zweite und bei dreien verliere ich keins. Funktioniert. Echt.), Öl 100 ml, 6 Teebeutel, Eierlöffel (Rice)
      Plastikbox mit 40 ml Spüli, winziger Spülschwamm.
      5 Sandheringe Plastikbox
      Fertiggerichte Curryhuhn und Nudeln carbonara. 2 x Tomatensuppe, Nudelgericht Öko, 2 x Reis mit Spinat (verschenkt).
      10x Gefrierbeutel 3 l
      Titanteller
      Pfanne
      Ortlieb Faltschüssel
      Trikotoberteil kurz
      reflektierende Warnweste mit langen Ärmeln (hatte keine andere – Warnwesten sind in FR bei Regen Pflicht für Radfahrer)
      5 dünne Plastiktüten (Müll)
      Autan
      Ersatzschlauch
      Luftpumpe klein
      Schlauchreparaturset
      Zeltlappen (ursprünglich das Ersatzhandtuch)

      Packtasche links
      Inlett dünn
      VBL
      Sonnenkappe
      Dünne lange Hose
      Badetuch
      Eletronik: Ersatzhandy, 2 Ladegeräte, Akkulader, Power Akku
      Zweite Radhose
      langärmliches Radunterhemd
      ultradünnes Radunterhemd
      Daunenjacke dünn
      Erste Hilfe-Päckchen
      Ersatzheringe
      Schnur
      Hygienebeutel: Klopapier, 3 Socken, 3 Unterhosen, Ersatzstirnlampe, 100 ml Dusch, 100 ml Shampoo, Zahnbürste Nr. 1, Zahnpastatabs, Haarbürste mini, Spiegel.
      NeoAir
      WM Caribou

      Rucksack
      Tagebuch dünn
      Falttasse
      Faltschale
      Plastikspork
      Opinel (2)
      Stift
      Regenhose
      Regenjacke
      Dünne Radshort
      Feuerzeug
      Hustenpaste
      Smartphone
      Ersatzzahncreme mini und Bürste
      Karten: 1x Camping und 1x Region
      Pinkelflasche
      Beinlinge
      Crocs
      Radwerkzeug und Knochen (letzterer ungeplant – vergessen raus zu nehmen)

      Am Körper
      Radhose
      Wanderschuhe Alaska GTX
      kurzes Unterhemnd
      Windbreaker
      Opinel (3)
      Zahnbürste mit Pasta
      Handy
      Wertsachen

      Rahmentasche
      Zelthammer, Sonnencreme, Batterien 8 Stück

      Kühltasche mit wechselndem Inhalt, ca. 1 kg

      2 Literflasche am Fahrrad
      2x 1,5 Liter auf dem Gepäckträger / im Rucksack

      Zelt
      Evazote Doublemat
      Schmale dünne Evazote
      Groundsheet = Regenschutz (Tarp)
      eine Wechsel Tarpstange


      Als es dunkel wird, geht die Lampe auf dem Platz an. Natürlich steht mein Zelt direkt davor. Gesehen habe ich sie, denn ich hatte überlegt, mein Fahrrad an ihr an zu schließen. Eine Stunde später geht sie wieder aus. Es geht doch nichts über Energiesparmaßnahmen.
      Zuletzt geändert von Torres; 29.09.2012, 11:07.
      Oha.
      (Norddeutsche Panikattacke)

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      • Sandmanfive

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        #23
        AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

        Warum hattest Du eigentlich einen VBL dabei?
        "In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen." Loriot (1923-2011)

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        • Torres
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          #24
          AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

          Samstag, 15.09.2012, 27 km, Dinan

          In der Nacht bin ich im Toilettentrakt auf eine Kröte getreten, die im Eingang saß. Sie war dann, als ich das Licht angemacht hatte, in Schockstarre zur Seite gehoppelt und sitzen geblieben. Dass sie weg ist, werte ich als Beleg dafür, dass sie überlebt hat.

          Ich ziehe meine Windbreaker an und merke, dass die linke Tasche feucht und klebrig ist. Die Zahnpasta ist ausgelaufen, denn der Deckel hat sich abgedreht. Ich weiß schon, warum ich eine Ersatztube dabei habe. Seufz.
          In der Ferne geht die Sonne in einem kleinen Streifen auf. Es ist die Richtung, in die ich fahren werden. Ein gutes Zeichen.





          Ich überlege erneut, ob ich Schloss Hunaudaye besichtigen soll, aber es liegt 5 km entfernt an der gestrigen Strecke und ich fahre immer ungern zurück. So biege ich vor der Bar in Richtung des Stausees Arguenon ab, obwohl ich weiß, dass es dort tief herunter geht und ich wieder hoch schieben muss. Mein Ziel ist Dol de Bretagne. Die Strecke ist bewaldet und als ich an dem See ankomme, ist es eisig kalt. Die ersten Bäume färben sich rot. Der Herbst ist da.











          Der See strahlt eine wunderbare Ruhe aus und ich genieße minutenlang den Anblick. Dann wird es zu kalt. Langsam schiebe ich das Fahrrad den Berg hoch. Das Schieben tut meinen Beinen gut, denn die Muskeln müssen erst warm werden.





          In dem verlassen wirkenden Ort Plorec finde ich einen geöffneten Supermarkt und kaufe Baguette und Flan. Wie konnte ich nur bisher auf Flan verzichten – den Karamellpudding mit der speziellen Verpackung: Oben aufmachen, dann mit der geöffneten Seite nach unten auf den Teller stülpen, am Verpackungsboden die silberne Lasche: Und schon flutscht der Pudding samt Soße auf den Teller. Lecker!





          Auch in diesem Ort gibt es einen Campingplatz, der direkt hinter dem Bürgermeisteramt angesiedelt ist. Ein Apfel fällt mir beinahe auf den Kopf und ich hebe ihn auf. Aber er ist noch steinhart und schmeckt nicht. Autos fahren hier keine. Ein Haus weckt meine Aufmerksamkeit. Rätselhaft. Welche Geschichte sich hier wohl verbirgt.











          Immer näher komme ich der Sonne und irgendwann biege ich von der „Hauptstraße“ ab. Hier wird es plötzlich sehr schön und die Strecke lässt sich gut fahren. Und dann lasse ich die Wolkenschicht hinter mir und die Sonne kommt heraus.














          In Corseul frühstücke ich an der Kirche in der Sonne. Das Klo ist leider unbenutzbar, weil sich jemand daneben benehmen musste. Leute gibt es.








          Ich fahre ein Stück Landstraße, um eine Nebenstraße anzusteuern, die rechts abbiegt. Ein radelndes Paar zieht an mir vorbei und biegt links ein. Kurz darauf kommen sie wieder heraus, da es eine Sackgasse war, aber ich habe in der Zeit das Navi studiert und gesehen, dass es auf der linken Seite der Landstraße eine viel bessere Strecke gibt. Ich fahre ein Stück zurück, schiebe den Hügel hoch und die Strecke ist richtig gut.














          Die ersten zwei Reiseradler des Urlaubs kommen mir entgegen, aber ein Zelt scheinen sie nicht dabei zu haben. Bald darauf erreiche ich Quevert.





          In Quevert riecht der ganze Ort nach frischen Backwaren und vor der Bäckerei ist eine lange Schlange. Ich reihe mich ein und kaufe Baguette, Aprikosenkuchen, Muffin und Schokobrötchen. Die Toilette im Ort ist sauber und als ich heraus komme lese ich eher zufällig das Schild. Ich befinde mich an einem Duftgarten. Ich stelle das Fahrrad ohne es ab zu schließen ab und gehe hinein. Einige Pflanzen sind schon verblüht, aber der Garten duftet immer noch – es ist ein Genuss. Ich kann mich kaum los reißen. Alle Pflanzen sind fein säuberlich mit Namensschild versehen.























          Wieder schiebe ich eine lange Strecke das Fahrrad aus dem Ort hinaus, hinter mir ein Pferd. Kurz darauf bin ich in Dinan. Und bin erstaunt, wie einfach das war. Ich wollte ja auf keinen Fall mehr in St-Malo die steile Querung fahren und tatsächlich ist es hier viel flacher und vor allem weniger hektisch als in St-Malo.
          Ganz flach ist der Ort aber auch nicht und so muss ich mein Fahrrad erst einmal durch ein Gewerbegebiet schieben und stelle nachfolgend fest, dass Briefträger hier mit einem Elektrofahrrad Post austragen. Das wird seinen Grund haben.

          Die Stadt gefällt mir und ich stelle fest, dass ich mit Menschen und Verkehr inzwischen besser klar komme. Ich bin erholt. Es gibt in Dinan eine interessante Festungsanlage und ich erhoffe mir, dass ich kurz einen Blick darauf werfen kann.

          Die Schranke zu den Gleisen ist geschlossen und ich registriere, dass es hier einen Bahnhof gibt. Er liegt auf meinem Weg und ich gehe zum Informationsschalter und erfahre, dass in der Bretagne die Fahrradmitnahme in den TER kostenlos ist. Ich spiele ein wenig am Automaten herum, aber er ist selbstklärend, auch wenn die Sprache französisch ist. Trotzdem mache ich ein paar Fotos fürs Forum.

          Am grünen Knopf muss man drehen und dann drücken, wenn man gewählt hat.





          So sucht man das Fahrtziel aus. Wenn es nicht dabei ist, drückt man auf „Autres Destinations“. Allerdings hat nicht jeder Ort einen Bahnhof, auch wenn es ein touristisch interessanter Ort ist.





          Würde ich von hier aus nach Dol de Bretagne fahren – nicht weit von dem Ort entfernt, an dem mein Auto steht, würde es mich 5,90 kosten.





          Und hier das Bahnnetz.





          Die hellblauen Linien sind allerdings Buslinien und ich bezweifle, dass dort Fahrräder mitgenommen werden. Gefragt habe ich danach allerdings nicht.





          An einem zentrale Kreisel steht ein sehr großes blaues Schild „Camping Chateaubriand“ und es sieht aus wie ein Autobahnschild. Autobahncamping? Ich halte an einer Infotafel und sehe: Tatsächlich, Dinan hat einen Campingplatz. Und schlagartig werde ich hundemüde. Ohne nach zu denken rolle ich schon auf der Straße „Chateubriand“ den Hügel hinunter. Wieder taucht das Schild auf und ich biege ein.





          Der Platz ist laut, denn immer wieder jagen Autos die Straße hoch und runter, aber ansonsten sehr nett und gut gefüllt. Ich baue mein Zelt auf, räume die Taschen ein, lege die Doublemat-Evazote aus und als ich sie am Eingang zurecht zupfe, falle ich einfach um und halte in der Sonne einen halbstündigen Mittagsschlaf, den ein paar Stechmücken gnadenlos ausnutzen. Dann mache ich mich über den Kuchen her.





          Ich zahle an der Rezeption 6,90 Euro für die Nacht und der Mitarbeiter gibt mir den Tipp, gleich an der Straße rechts ein zu biegen und durch den öffentlichen Garten zu laufen, dort sei es sehr schön.

          Ein toller Tipp.


























          Ich erreiche die Festungsanlage.








          Innerhalb der Mauern ist die Innenstadt und alles ist voller Leben: Viele Menschen laufen herum, es gibt Geschäfte, Cafés, Sehenswürdigkeiten und eine zentrale Straße für Autos, die sich hoffnungslos stauen. Französisches Flair. Und erstaunlicherweise halten die Autos vorbildlich an den Fußgängerübergängen an. Niemand hupt. Mein Radhemd ist ohne Fahrtwind viel zu warm, ich schätze, dass wieder beinahe 30 Grad sind. So gehe ich in das nächste Kleidergeschäft und erwerbe ein dünnes T-Shirt für 12 Euro. Mit diesen Temperaturen habe ich nicht gerechnet.





          Dann gehe ich in die Kirche St-Malo. Sie ist kühl und schön.








          Die Kirchenfenster leuchten.





          In einer Ecke bleibe ich stehen.








          Dann zünde ich eine Kerze für Werner an. Ich weiß nicht, ob man das so macht und ob das richtig ist. Ich bin nicht katholisch. Aber es ist mir wichtig.





          Ich schlendere durch die Altstadt und stelle mir vor, wie hier die Menschen wohl früher gelebt haben. Ohne Kanalisation. Was die wohl sagen würden, wenn sie uns Wohlstandsbürger durch die Straßen laufen und shoppen gehen sehen würden?











          Vor einem Turm ist eine lange Warteschlange und irgendwann motze ich, als Menschen, die später gekommen sind, früher dran kommen, weil vor mir eine 6er Gruppe steht. Ich motze auf Deutsch und das scheint Eindruck zu machen, denn kurz darauf bin ich dran. Es sind 158 Treppen, die ich zügig hoch stürme. Ich mache ein paar Fotos und dann gehe ich wieder runter, die anderen wollen auch noch dran kommen.















          Ich kaufe in einer Galerie einen wunderbaren Ziegenkäse und wieder einmal Steak.








          Erneut darf der Benzinkocher seine Pflicht tun.





          Ein französische Pärchen in einem benutzt aussehenden VW-Bus schaut interessiert herüber. Kurz darauf steigen sie auf ihre Fahrräder und radeln flott den Hügel hoch. Nun gut. Immerhin sind sie auch ziemlich dürre und haben dadurch eine bessere Ausgangsposition am Berg. Sage ich mir.

          Die Campingplatzbeleuchtung ist charmanterweise dunkelgelb und stört nicht. Die Aussicht auch nicht. Ich mag Wohnmobilcamper, weil sie spätestens um 20.00 Uhr verschwunden sind und Ruhe herrscht.





          Auch in Dinan wird die Straße am Abend ruhig und ich schlafe tief und fest.
          Zuletzt geändert von Torres; 05.10.2012, 19:04.
          Oha.
          (Norddeutsche Panikattacke)

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          • dooley242

            Fuchs
            • 08.02.2008
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            #25
            AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

            Bis jetzt ein toller Reisebericht.

            Schön geschrieben mit ebensolchen Bildern.
            Gruß

            Thomas

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            • Fliehender
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              • 08.04.2011
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              #26
              AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

              Amüsant geschrieben, trauriger Hintergrund. Eine Mischung, die irritiert. Nichtsdestotrotz äußerst lesenswert.



              OT: Auch wenn, strenggenommen, das Pain au chocolat ganz rechts kein "Kuchen" ist sondern wörtlich übersetzt ein "Schokobro(e)t(chen) Ich darf das sagen, ich fahre seit 12 Jahren in den Urlaub nach Frankreich

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              • Torres
                Freak

                Liebt das Forum
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                #27
                AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                Sonntag, 16.09.2012, 46,2 km, Cherrueix

                Am Morgen wache ich auf und friere. Es sind 12 Grad und es muss Wasser in der Nähe sein, denn alles ist feucht. Normalerweise würde ich 12 Grad als sommerlich bezeichnen. Heute ziehe ich die Daunenjacke an.

                Ein wunderbarer Radtourtag beginnt und es zeichnet sich schon jetzt ab, dass heute perfektes Wetter werden wird.





                Ich will nicht durch die Stadt fahren und fahre die Straße am Campingplatz weiter Richtung Léhon, wo ebenfalls ein altes Gemäuer steht. Mein Navi zeigt mir hier einen Übergang über den Fluss an.














                Der Übergang ist eine Fußgängerbrücke und für Autos gesperrt. Es ist sehr kalt im Tal. Zwei Frauen führen ihre Hunde aus und angesichts der Häuser, der ganzen Atmosphäre und der Temperatur muss ich an Eindrücke aus Großbritannien denken.








                Ich schiebe die steile Straße hoch und überlege, ob ich mir nicht langsam den Titel „zertifizierter Radwanderer“ verdient habe. Oder „Diplom-Wanderradler?“ Die dazu benötigten Praxisstunden habe ich bestimmt schon. Stellt sich nur die Frage, wo der theoretische Teil absolviert werden kann. Vielleicht nenne ich mich aber auch Radwander-Experte. Es soll zwar Leute geben, die ein Problem mit dem Wort „Experte“ haben, aber darauf kann man ja nicht immer Rücksicht nehmen.





                Meine tiefschürfenden Gedanken werden von warmen Temperaturen und Sonne unterbrochen. Es ist der perfekte Tag und das perfekte Wetter.





                Ich fahre über St- James (- man beachte die Koordinaten auf dem Schild -) und St-Solen und genieße die Fahrt. Autos sind keine unterwegs. Überall ist Landschaft und nur die Geräusche der Natur unterbrechen die Stille.











                In St-Solen halte ich an einer Bar, um Frühstück zu kaufen. Ihr ist ein kleiner Supermarkt angeschlossen und ich kaufe frisches Baguette, Pain au Chocolat, Ziegenkäse und drei unterschiedliche Salamis, die für 3,30 Euro das Stück im Angebot sind. Dann fällt mir ein, dass es sich hier ja auch um ein Café handelt. Ich bestelle mir einen großen Kakao und lasse mich auf der Terrasse in der Sonne nieder.








                Durch Wald geht es Richtung St-Pierre de Plesguere. Der Wald ist dicht und voller Unterholz. Hier wäre Wildcampen nicht möglich. Am Waldrand hört man Schüsse und das Bellen von Hunden. Anscheinend ist die Schonzeit aufgehoben. Später werden mir zwei Jäger mit dem Gewehr in der Hand entgegen kommen.











                Unter dem Ortsschild steht: Pays de la Bretagne romantique und ich kann nur zustimmen. Es ist wunderschön hier.

                Und dann wird es plötzlich flach. Ich rolle leicht bergab und vor mir wird es flach. Ich kann es gar nicht fassen. Da kann man doch mal vorwarnen, oder? Ein Schild aufstellen oder so etwas.




















                In Lanhélin ist Flohmarkt und von allen Seiten kommen Familien mit Kindern herbei.





                Nun geht es über Le Trouchet und Villejoe Richtung Dol de Bretagne.

















                In der Ferne zeigt sich Dol de Bretagne.





                Ich hatte ursprünglich geplant, hier zu übernachten und finde den Campingplatz, der in meiner Überblickskarte eingezeichnet ist, sofort, da er an der Hauptstraße liegt. Er ist geöffnet und es sieht aus, als sei er gut frequentiert. Ich entscheide mich allerdings, an die Küste zu fahren. Ich war gestern bereits in einer Stadt.

                Die Entscheidung erweist sich als richtig, denn so spektakulär wie Dinan ist der Ort nicht. Vor allem ist er ungewöhnlich ruhig. Man merkt, dass Sonntag ist und ich vermute, dass die meisten Menschen jetzt die letzten schönen Tage des Jahres an der Küste verbringen. Auch Mont-Saint-Michel ist jetzt vermutlich sehr gut besucht.








                Ein Auto nervt von hinten und überholt dann rasant und ich schimpfe innerlich auf den französischen Halbstarken, der das zu verantworten hat. An der Markthalle sieht man sich wieder und dem Auto entsteigt eine betagte Dame und ihr schon recht klappriger Gatte – es sind Briten.





                Die Markthalle dient als Kunstausstellungsort und Biomarkt gleichzeitig und eine Büste auf dem Platz weckt mein Interesse. Es ist Francois-René Chateubriand: Literat, Politiker und Diplomat und Begründer der französischen Romantik in der Literatur. 1768 in St-Malo geboren, hatte er in Dol de Bretagne studiert. Nicht nur Straßen und Campingplätze, sondern auch ein spezielles Stück Rinderfilet (Steak Chateubriand) tragen seinen Namen.





                Ich verzichte auf die Besichtigung von Mont-Dol, einer Gemeinde, die auf einem 62 Meter hohen Hügel aus Granitstein liegt, der bis ca. 700 n. Chr. einmal eine Insel war. Mir ist nach einer Pause zu mute. Auf einer gut ausgebauten Landstraße fahre ich Richtung St-Broladre, aber auch hier sind kaum Autos unterwegs. Die Bretagne schläft.





                Ich biege in eine kleine Straße Richtung Cherrueix ab. Cherrueix ist der Ort, an dem ich das erste Mal das Meer gesehen hatte. Ich erinnere mich, dass es hier die Muschelstände gab und die Campingplätze nicht weit von der Küste entfernt waren. 2 km vor Cherrueix sehe ich plötzlich ein kleines Schild „Camping“ und biege spontan ein.





                Es ist ein privater Campingplatz auf einer Wiese hinter dem Haus. Ein Wohnmobil steht auf der Wiese und 2 Ehepaare packen gerade ihr riesiges Familienzelt ein und entsorgen die Reste eines langen Abends. Ich klingele den Grundstückseigentümer aus dem Haus, er lächelt, als er mich sieht und verlangt 7 Euro.

                Kaum steht mein Zelt, tue ich, was ich schon seit Tagen tun will: Ich pflücke ein paar Brombeeren und esse Brombeerjoghurt. Danach gibt es Ziegenkäse aus Dinan mit Gurke. Anschließend hänge ich Wäsche an den Zaun und werde später feststellen, dass sie in einem Klettenbusch hängt.








                Ich fahre in den Ort hinein. Ein paar Menschen sind unterwegs und ein Wohnmobil irrt in den engen Straßen umher. Der Muschelhändler hat geöffnet, aber keinen Wein. Dafür hat die Bäckerei Wein und ich nehme zum Wein und zum Baguette noch ein unauffälliges, nicht erwähnenswertes Tarte de Fraise mit, das ich kurz darauf mit Haut und Haaren am Strand verspeisen werde. Es wird nicht ganz an das Törtchen in Pordic herankommen, aber lecker wird es trotzdem sein. Nun kaufe ich 1 kg Muscheln, Heilbutt und getrocknete Salzfische zum Probieren und zahle dafür knapp 6 Euro.

                Ich schaue noch kurz am Strand vorbei und setze mich auf eine Bank. Aber es sind mir zu viele Menschen hier und die Bewölkung zieht langsam zu. Ich schaue mir die anderen Campingplätze von außen an und besonders der in Strandnähe kommt mir sehr gut besucht vor. Ich bin froh, die Wiese gefunden zu haben.





                So radele ich zurück.





                Ich koche und endlich kommt auch der Topf zur Geltung, der für die Muscheln gedacht war. Ich fische die Bionudelsuppenpackung aus meiner Küchentasche und freue mich, sie heute endlich aufbrauchen zu können. Sie schmeckt nämlich nicht. Seit bestimmt 2 Jahren habe ich sie dabei, weil ich sie aufbrauchen möchte und brauche sie nicht auf, weil sie nicht schmeckt. Ein unauflösliches Dilemma, das heute ihren Abschluss findet: Da ich kein Gemüse habe, muss sie dem (Koch-)Wein ein wenig zusätzlichen Geschmack geben. Die Strategie geht auf.





                Die Muscheln müssen nur kurz aufkochen und sind sofort verzehrfertig. Sie schmecken fantastisch. Kein Vergleich mit den Muscheln, die bei uns zu erwerben sind. Der Reactor hat sich bereits um den Mais gekümmert. Das Ergebnis sieht so aus:







                Und jetzt mal schnell ein kleiner Blick hinter die Kulissen:








                Und... SCHNITT!

                Zurück auf Anfang:


                Die Muscheln müssen nur kurz aufkochen und sind sofort verzehrfertig. Sie schmecken fantastisch. Kein Vergleich mit den Muscheln, die bei uns zu erwerben sind. Der Reactor hat sich bereits um den Mais gekümmert. Das Ergebnis sieht so aus:





                Der Himmel zieht sich langsam zu und ich genieße meinen letzten Tag.





                Ich werde morgen zu meinem Auto fahren. Hatte ich die letzten Tage noch überlegt, erneut nach Cancale zu fahren und dort noch ein wenig zu urlauben, so hat mich der Moment am Strand umgestimmt. Man sollte vergangene Eindrücke nicht überlagern. Meine Tour ist hier zu Ende.
                Zuletzt geändert von Torres; 27.09.2012, 16:37.
                Oha.
                (Norddeutsche Panikattacke)

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                  #28
                  AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                  Montag, 17.09.2012, 27 km, Pontorson. (Übernachtung in St-Jean-le-Thomas)

                  Der Morgen ist wolkenverhangen wie es sich für den Abschiedstag gehört.









                  Ich kaufe bei der Bäckerei Baguettes und Camembert und werde von einem Aufsteller mit der Realität konfrontiert: „Der Mückenkrieg ist erklärt“. Oder verstehe ich da etwas falsch?





                  Ich frühstücke am Strand. Nur der Müll erinnert an das lustige Treiben von gestern, er ist menschenleer. Ein Arbeiter stellt Flaggen an der Wasserlinie auf.








                  Ich fahre Richtung Kapelle Ste-Anne und es ist das gleiche triste Wetter wie auf der Hinfahrt. Noch nicht einmal zwei Wochen ist das her und es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.








                  Hinter der Kapelle liegt die Trainigsbahn und ich sehe in der Ferne die Traber und warte geduldig, bis sie zurück kommen.











                  Ich finde die Veloroute und merke, wie ich trödele. Die Strecke ist sandig und ich fahre langsam.





                  An der Kreuzung, an der ich auf dem Hinweg die Wanderin getroffen hatte, biege ich Richtung Polder ab. Tatsächlich kann man hier weiter fahren. Und ich radele tatsächlich auf einem Deich. Auf einem Deich in Frankreich. Ich kann es kaum glauben.





                  Es ist Gemüseernte und die Arbeiter und Arbeiterinnen arbeiten im Akkord. Wenn man Gemüse im Geschäft sieht, denkt man eigentlich selten darüber nach, wie viel Arbeit es ist, das Gemüse zu ernten.








                  An einer Kreuzung biege ich links ab, aber hier geht es Richtung Wasser und man kann dort nicht weiter fahren.





                  Der GR 34 hat seinen eigenen Pfad unter Bäumen.





                  Ich kehre zu der Fahrradroute zurück, aber irgendwann verliere ich sie und nehme den direkten Weg zur Hauptstraße.





                  Ich stürme die Auffahrt am Kreisel hinauf und merke, wie fit ich geworden bin. Dann bin ich auch schon an meinem Auto. Es ist gegen 12.00 Uhr.


                  Ich bedanke mich beim Haliotis Campingplatzteam für die Hilfe mit der Parkplatzsuche und spende für die Kaffeekasse. Der Mann am Tresen, den ich schon kenne, freut sich ungemein darüber und das freut mich wiederum.

                  Das Einladen meines Fahrrades und meiner Sachen geht schnell. Ich fahre Richtung Mont Saint-Michel, um noch ein paar Souvenirs zu kaufen, aber der große Laden hat geschlossen und die kleineren haben nur Alkohol, vor allem Calvados. Bretagnetypische Souvenirs gibt es hier wenige, ich bin ja bereits wieder in der Normandie.

                  Schnell stelle ich fest, dass mir Autofahren sehr schwer fällt, denn ich schleiche mit 50 Stundenkilometern auf der Landstraße herum. Mein Gefühl für Geschwindigkeit hat sich verändert. Mental sitze ich immer noch auf dem Fahrrad und kann genau Schiebestrecke von Nichtschiebestrecke unterscheiden.





                  Mont-Saint-Michel ist wieder zu sehen und ich entscheide mich, noch eine Nacht in der Normandie zu verbringen. Ich orientiere mich in Richtung Küstenstraße und erreiche Genêts, aber der Campingplatz dort gefällt mir irgendwie nicht. Ich fahre weiter und merke, dass man mit dem Auto zwar besser die Hügel hoch kommt, aber tatsächlich kaum etwas sieht, weil man auf die Straße achten muss. Rad schieben ist da viel informativer.

                  Ich erreiche St-Jean-le-Thomas, das direkt an der Bucht liegt und finden sogar einen Camping municipale direkt am Wasser. Der Platz macht einen eher abweisenden Eindruck, denn ich sehe nur Mobile Homes und er öffnet erst in zwei Stunden. Die Schranke ist geschlossen.
                  Ich stelle mich auf den Parkplatz und schaue auf die fahl wirkende Bucht. Muschelsammler in Gummistiefeln gehen zum Auto, um ihre Beute zu verstauen. Muscheln sammeln ist in der Bucht erlaubt, sofern es sich um Eigenbedarf handelt, also nur eine Menge gesammelt wird, die an einem Tag verzehrt werden kann.

                  Ich schaue auf das Wattenmeer und alles kommt mir trostlos vor. Und wenn ich ehrlich bin, hätte ich gar nichts gegen ein Bett. Mein Zelt ist so gut wie trocken und es wäre schön, einmal aufstehen und fortfahren zu können ohne zu packen. In Genêts hatte ich ein Chambre d`Hoites gesehen, doch als ich mich entschieden hatte, war ich schon vorbei. Ich entscheide mich, ein wenig herum zu fahren und dann wieder hier her zu kommen, falls sich nichts ergibt.

                  Steil windet sich die Straße nach oben und ich verpasse die Ortseinfahrt, die auf Übernachtungsmöglichkeiten hinweist. Auf der linken Seite ist eine Zimmervermietung, aber der Zugang ist so steil, dass man hier nur zu Fuß hin kommt. Vor mir fährt ein vollbepackten Fernradler, der die Steigung mit Bravour meistert und ich bin schwer beeindruckt.

                  Auf der Kuppe hält er an und ich parke mein Auto in der Hoffnung, ihn vielleicht ansprechen zu können. Aber er radelt nach einem kurzen Blick auf das Wasser zügig weiter.





                  Ich merke, dass man von hier oben Fernsicht auf die Mont-Saint-Michel-Bay hat und sehe, dass ich vor einem kleinen Hotel stehe. Die Nacht kostet laut Werbeschild 57 Euro und das ist zwar nicht wenig, aber irgendetwas in mir sagt: Mach das.
                  Im Hotel ist kein Personal, aber ein ankommender Gast zeigt mir, dass die Rezeption im gegenüberliegenden Restaurant ist. Die Dame schaut in ihr Buch und es ist genau noch ein Zimmer frei: Das für 57 Euro. Es ist nach Westen ausgerichtet und daher 7 Euro günstiger als die Zimmer mit einem direkten Blick auf Mont-Saint-Michel.








                  Ich nehme das Zimmer und es füllt meine Erwartungen: Es ist zwar plüschig, aber gemütlich, es gibt Seife und Toilettenpapier und die Dusche kommt nicht einfach aus der Wand, sondern hat einen Duschschlauch. Luxus. Luxus, den man erst nach einer längeren Tour zu schätzen weiß.





                  Dann setze ich mich in den Garten und koche im Reactor Rindfleisch mit Reis. Das Rindfleisch wird äußerst unansehnlich, aber da es eine gute Qualität hat, schmeckt es einigermaßen.





                  Erst als der Reactor schon in Gange ist, merke ich, dass auf dem Balkon nebenan Leute sitzen. Ich entschuldige mich für den Essensgeruch, aber sie tragen es mit Fassung. Es sind Luxemburger und die Frau spricht gut Deutsch. Sie und ihr Mann kommen seit fünf Jahren in dieses Hotel, um ihren Urlaub zu verbringen.

                  Und dann passiert etwas, mit dem ich nicht gerechnet habe: Die Sonne kommt heraus und schiebt die Wolken zur Seite.





                  Während die Normandie leuchtet, liegt die Bretagne im dunklen, düsteren Dunst verborgen.








                  Ich gehe ein Stück die Straße entlang, denn ein paar Meter weiter ist ein Aussichtspunkt. Immer wieder halten Autos oder Wohnmobile an und die Menschen genießen andächtig den Anblick der Bucht und machen Fotos. Auch ich kann mich dem Zauber der weiten Landschaft nicht entziehen. Am Sandstrand leuchten hell die Mobil-Homes des Campingplatzes und ich bereue meine Entscheidung nicht, denn diese Aussicht hätte ich dort unten nicht.














                  Menschen nehmen ihre Stühle aus den Autos und setzen sich auf den Parkplatz. Ein Traktor mit einem Boot hinten drauf fährt vorbei. Eine fröhliche Stimmung macht sich breit. Ein Großvater wartet auf seine Familie, welche die Wiese herunter gewandert ist, um Fotos machen zu können.





                  Rasend schnell kommt die Flut und man sieht, wie sich die Priele mit Wasser füllen.








                  Nach einiger Zeit kehre ich um und wandere zur Kreuzung, um zu sehen, wie es auf der anderen Seite des Hügels aussieht. Die Normandie ist genau so hügelig wie die Bretagne und Fahrradfahren die gleiche Herausforderung. Nach einem kurzen Stück kehre ich um.





                  Die Sonne neigt sich langsam zum Horizont, es riecht nach Herbst und noch einmal sehe ich Werner vor mir, wie wir gemeinsam im Juli zum Kölner Stammtisch fuhren und er mir einfach davon radelte und ich mit meinem Faltrad und dem schweren Rucksack nicht folgen konnte. Und ich ihm zurief: „Werner, fahr doch nicht so schnell. Warte doch mal“. Aber er hörte mich nicht und fuhr weiter.





                  Und jetzt ist er fort.

                  Und ich merke, dass es Zeit ist, Abschied zu nehmen. Abschied von der Normandie, Abschied von der Bretagne und Abschied von Werner.

                  Langsam gehe ich zum Hotel zurück. Neben dem Eingang blühen Passionsblumen.








                  Zur Messe, die für Werner gehalten wird, fahre ich nicht. Anja2 wird hinterher erzählen, dass sie sehr schön war und dass danach alle an den Rhein gegangen sind und Lichter für ihn angezündet haben. Und dass dann plötzlich am Himmel Sonnenuntergangswolken auftauchten, obwohl der Himmel die ganze Zeit diesig war.

                  Und zur gleichen Zeit sitze ich in Hohensyburg bei Dortmund auf dem ods Treffen am Grillfeuer, schreibe meinen Reisebericht und höre, wie jemand sagt: Schaut mal, der Himmel. Und ich schaue nach rechts, aber der Himmel ist diesig und grau und die Sonne ist längst verschwunden. Aber vor mir - und nur ein kleines Stück über den Bäumen sichtbar - zeigen sich dunkelrosa Wolken wie ein gebogenes Band. Und ich schaue auf die Uhr und sehe, dass die anderen jetzt am Rhein stehen.

                  Und ich muss lächeln.

                  Adieu, Werner. Adieu.


                  Zuletzt geändert von Torres; 27.09.2012, 18:50.
                  Oha.
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                  • dooley242

                    Fuchs
                    • 08.02.2008
                    • 2096
                    • Privat

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                    #29
                    AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                    Danke für den tollen Bericht. Der hätte Werner sicherlich auch genauso gefallen.

                    OT: Die Messe für Werner war wirklich schön und die Stimmung ums Feuer am Rhein war bei dem traumhaften Sonnenuntergang trotz des Anlasses irgendwie besonders. Ich kann es nicht richtig beschreiben, aber Werner hätte es gefallen und so sollte es sein.
                    Gruß

                    Thomas

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                    • Torres
                      Freak

                      Liebt das Forum
                      • 16.08.2008
                      • 30682
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                      #30
                      AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                      Danke schön, Thomas.

                      Und bevor ich es vergesse: Danke natürlich auch für die anderen positiven Kommentare.
                      Oha.
                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                      • tbrandner
                        Erfahren
                        • 03.11.2010
                        • 489
                        • Privat

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                        #31
                        AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                        Danke Torres für den wunderschönen Bericht!
                        Mich hat Deine Art zu Schreiben sehr angesprochen.

                        lG,
                        Thomas
                        _____________________________________
                        Meine Seite: http://www.thomasbrandner.at

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                        • Torres
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                          Liebt das Forum
                          • 16.08.2008
                          • 30682
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                          #32
                          AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                          Danke schön.

                          Ich muss zugeben, dass mir für mich das Schreiben des Berichtes sehr wichtig war, da er auch eine Form der Trauerarbeit darstellt. Auch wenn ich versucht habe, die Gedanken während der Tour zur Seite zu drängen, so sind sie doch immer irgendwo da gewesen. Vor allem auf der Rückfahrt war es nicht einfach und es war klar, dass ich den Bericht schreiben muss. Wie sagt man so schön: Sich etwas von der Seele schreiben. Das habe ich mit dem Bericht getan.

                          Ich glaube, ich bin im Nachhinein sehr froh, dass ich in der Bretagne war. Die Leichtigkeit, die Vielfältigkeit und vor allem die Schönheit dieser Region faszinieren ungemein und haben es leichter gemacht, den Urlaub positiv zu gestalten und sich ab zu lenken. Ich hätte nicht gedacht, dass man so viele schöne Ecken dort findet. Und ich werde das fröhliche "Bonjour", das man (ich selbst und die anderen) dem Wanderer, Fahrradfahrer und sogar Dorfbewohnern zu ruft, sehr vermissen.

                          Gestern war ich übrigens bei einer französisch inspirierten Gastrokette und habe ein Baguette auf französisch bestellt. Wirklich erstaunlich: Verkaufen französische Sachen und können noch nicht mal rudimentärstes Franzöisch

                          Meine Packliste muss ich übrigens die Tage noch mal ergänzen. Mir fällt immer mehr ein, was ich noch mit hatte
                          Oha.
                          (Norddeutsche Panikattacke)

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                          • Anja2
                            Dauerbesucher
                            • 17.08.2007
                            • 995
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                            #33
                            AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                            Leider wurde ich beim lesen mehrfach unterbrochen, dass war genau so ärgerlich,
                            als wenn man ein gutes Buch liest oder einen guten Film sieht
                            und es kommt einem immer wieder etwas dazwischen.
                            Die Bilder und dein Schreibstiel sind super schön, Werner hatte recht, dort ist es " toll " und
                            ich glaube er hätte sich sehr darüber gefreut, dass du tatsächlich so kurzfristig dort hin gefahren bist.
                            Ein schönes Abschiedsgeschenk.

                            Darüber hinaus, hat dein Bericht zu viele Kalorien,
                            aufgrund der Bilder hat er eine sehr appetitanregende Wirkung.
                            Aerodynamisch gesehen sind Hummeln nicht in der Lage zu fliegen -
                            doch da Hummeln nichts von Aerodynamik verstehen,
                            werden sie wohl auch weiterhin fliegen.
                            (Jack Black, Das MindStore-Buch)

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                            • Hamburger
                              Erfahren
                              • 06.05.2010
                              • 357
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                              #34
                              AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                              Hallo Torres.

                              Eine wunderschöne Tour, wenn auch leider mit wehmütigen Momenten. Wir waren ja fast zur gleichen Zeit etwas weiter südlich unterwegs, und ich muss sagen, von den Regionen die wir durchquert haben, hat mir die Bretagne am besten gefallen. Die Urlaubsregion für nächstes Jahr steht somit schon fest und ich glaube, ein paar Orte auf deiner Route kommen fest mit in die Planung.

                              Deinen vermissten Stechkartuschenadapter hab übrigens ich Meld dich mal, wann ich vorbei kommen und ihn zurück geben kann!

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                              • Torres
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                                Liebt das Forum
                                • 16.08.2008
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                                #35
                                AW: [FR] I've thought Germans are always organized – Bretagne: Voie verte und GR

                                @Hamburger.
                                Na, da freue ich mich auf den Reisebericht.

                                Tja und zum Adapter: Mensch, ich werde alt. Wie peinlich. Ich habe vor zwei Tagen per PN diskutiert, wo er sein könnte und ich war der absolut festen Meinung, dass Du Dir einen eigenen kaufen wolltest und ich meinen auf den Stammtisch umsonst mitgeschleppt hatte. Also hatte ich unrecht - Du hast ihn doch an genommen. Egal: Wie schön, dass nichts verloren geht
                                Oha.
                                (Norddeutsche Panikattacke)

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