BILD
Jahrelang habe ich meine Eltern belächelt
bezüglich ihres Teelicht(!)-Raclette-Gerätes,
mit dem sie es sich auf der Terrasse gemütlich machten
und dieses Ding ganz toll fanden.
Jetzt habe ich selber eines angeschafft
und finde es auch großartig.
Warum?
Dieser Raclette-Grill ist ein kleiner quaderförmiger Block, (500g)
der mit drei Teelichtern beheizt wird,
die von unten gegen eine abnehmbahre beschichtete 'Pfanne' strahlen.
Diese drei Teelichter entfalten eine Heizenergie,
die tatsächlich Raclette-Käse zum Schmelzen bringt,
und dies nicht wesentlich langsamer als ein elektrischer Grill,
wenn auch die Oberhitze fehlt,
also der Käse nicht bräunt. (Und verbrennt.)
Das geht mit ziemlich allen Käsen,
wir haben auch Edamer, Gouda und Camembert geschmolzen,
Bergkäse und Greyerzer, nur keinen Harzer und die ganzen Stinker auch nicht.
Geht gut
und bleibt nicht pappen,
weil die Pfanne erstklassig antihaft beschichtet ist.
Ein Plastikspatel ist dabei,
haben wir aber aus ästhetischen Gründen gegen Holz ersetzt.
Sehr gut kann man auch Eier brutzeln
und Gemüse wie Zucchini und dünngeschnittene Karotten.
Demnächst werden wir Auberginen testen,
da müßte eine Scheibe längs gerade draufgehen
und wahrscheinlich kriegt man auch Hühnerfleisch durchgebraten,
oder gar Schweinefilet.
All das läßt sich zubereiten und sicherlich noch mehr,
nicht für eine vierköpfige Familie mit Heißhunger,
aber für das Paar vor dem Zelt,
das die Stunden bis Sonnenuntergang irgendwie rumbringen muss,
ist das Gerät zu bedenken.
Was McLuhan für die Medien postuliert hat,
gilt natürlich auch für Küchengerät: Das Medium prägt die Inhalte.
Speisen mit dem Raclette-Grill geschieht in gänzlich anderer Qualität,
in anderem Habitus und Benehmen als per Schnellkocher weggefutterte Trockenfutterpampe.
Erstens heizt das Gerät völlig lautlos.
Es ist still, kein Brennergetöse stört den Klang umgebener Natur.
Zweitens wird deshalb aus Fressen Speisen,
weil aus Platzmangelgründen in der Pfanne Wartezeiten entstehen,
die die Nahrungsaufnahme mit lustvollem Gedankenaustausch,
Tagesreflektionen und Wortgesprächen ausmalen, begleiten und stützen.
Es ist in der Tat köstlich,
die Speise beim Bedächtigen sich Selbstverfertigen zu beobachten,
darüber zu räsonieren,
wer sich als nächstes bedienen darf,
oder ob gar das kärgliche Tellerchen geteilt wird.
Das Ganze dauert und im Nu lassen sich zwei Stunden damit füllen.
Die kurzgehaltene und zugleich ausgedehnte Nahrungszuführung hat zwei Effekte:
Man nimmt weniger zu sich und man ist schneller satt. (7 Minuten-Regel).
Zudem ist der Energieverbrauch vergleichsweise spottbillig.
100 Teelichter gibt es bei IKEA für keine Handvoll Euros.
Die Hauptsache aber in meinen Augen ist eine völlige Umwidmung von 'Essen' hin zu 'Speisung'
und zugleich in Kerzenlichtatmosphäre getauchte Verbindung von innerer und äußerer Aufmerksamkeit.
Die Konzentration ist nicht mehr ausschließlich auf unmittelbare und sofortige und umfassende Stillung von Heißhunger gerichtet,
bei völliger Ausschaltung sämtlicher Nebensinne außer dem Riechen - es soll Leute geben, die hängen die ganze Kochzeit über mit ihrer Nase über dem Topf, weil sie's Spachteln kaum erwarten können - sondern entfaltet sich in wunderbarster und innigster Weise mit einem Hier und Jetzt,
das belauscht, empfunden und betört werden darf,
ohne donnerndes Magengrollen als allzu dominant über sich herbrechen zu sehen.
Es ist Labung,
die damit einhergeht
und Sehnsuchtsstillung,
denn was ist Nahrung für den Aushäusigen anderes,
als das zu speisen, worin man hockt.
Dieser Raclette-Griller erlaubt Verlangsamung
und der Hast, dem Hetzen und Schaffen,
den täglich forcierten Etappen,
dem Stolz auf den röchelnd abgerungenen Höhenmetern,
das ganze törichte Speedgehabe,
wagt es eine Simplizität entgegenzustellen,
die Flamme eines primitiven Teelichtes,
gegenüber rechnergesteuertem Gasflammenausstoß eines mehrsystemfähigen Benzinkochers,
was so grotesk wie wirkungsvoll ist.
Das Gerät kostet 15 Euro,
der Käse 2.99.
Was für ein Anachronismus.
Geradezu ein Witz.
Das Stuttgart 21 aller Multi-Fuel-Kocher.
Jahrelang habe ich meine Eltern belächelt
bezüglich ihres Teelicht(!)-Raclette-Gerätes,
mit dem sie es sich auf der Terrasse gemütlich machten
und dieses Ding ganz toll fanden.
Jetzt habe ich selber eines angeschafft
und finde es auch großartig.
Warum?
Dieser Raclette-Grill ist ein kleiner quaderförmiger Block, (500g)
der mit drei Teelichtern beheizt wird,
die von unten gegen eine abnehmbahre beschichtete 'Pfanne' strahlen.
Diese drei Teelichter entfalten eine Heizenergie,
die tatsächlich Raclette-Käse zum Schmelzen bringt,
und dies nicht wesentlich langsamer als ein elektrischer Grill,
wenn auch die Oberhitze fehlt,
also der Käse nicht bräunt. (Und verbrennt.)
Das geht mit ziemlich allen Käsen,
wir haben auch Edamer, Gouda und Camembert geschmolzen,
Bergkäse und Greyerzer, nur keinen Harzer und die ganzen Stinker auch nicht.
Geht gut
und bleibt nicht pappen,
weil die Pfanne erstklassig antihaft beschichtet ist.
Ein Plastikspatel ist dabei,
haben wir aber aus ästhetischen Gründen gegen Holz ersetzt.
Sehr gut kann man auch Eier brutzeln
und Gemüse wie Zucchini und dünngeschnittene Karotten.
Demnächst werden wir Auberginen testen,
da müßte eine Scheibe längs gerade draufgehen
und wahrscheinlich kriegt man auch Hühnerfleisch durchgebraten,
oder gar Schweinefilet.
All das läßt sich zubereiten und sicherlich noch mehr,
nicht für eine vierköpfige Familie mit Heißhunger,
aber für das Paar vor dem Zelt,
das die Stunden bis Sonnenuntergang irgendwie rumbringen muss,
ist das Gerät zu bedenken.
Was McLuhan für die Medien postuliert hat,
gilt natürlich auch für Küchengerät: Das Medium prägt die Inhalte.
Speisen mit dem Raclette-Grill geschieht in gänzlich anderer Qualität,
in anderem Habitus und Benehmen als per Schnellkocher weggefutterte Trockenfutterpampe.
Erstens heizt das Gerät völlig lautlos.
Es ist still, kein Brennergetöse stört den Klang umgebener Natur.
Zweitens wird deshalb aus Fressen Speisen,
weil aus Platzmangelgründen in der Pfanne Wartezeiten entstehen,
die die Nahrungsaufnahme mit lustvollem Gedankenaustausch,
Tagesreflektionen und Wortgesprächen ausmalen, begleiten und stützen.
Es ist in der Tat köstlich,
die Speise beim Bedächtigen sich Selbstverfertigen zu beobachten,
darüber zu räsonieren,
wer sich als nächstes bedienen darf,
oder ob gar das kärgliche Tellerchen geteilt wird.
Das Ganze dauert und im Nu lassen sich zwei Stunden damit füllen.
Die kurzgehaltene und zugleich ausgedehnte Nahrungszuführung hat zwei Effekte:
Man nimmt weniger zu sich und man ist schneller satt. (7 Minuten-Regel).
Zudem ist der Energieverbrauch vergleichsweise spottbillig.
100 Teelichter gibt es bei IKEA für keine Handvoll Euros.
Die Hauptsache aber in meinen Augen ist eine völlige Umwidmung von 'Essen' hin zu 'Speisung'
und zugleich in Kerzenlichtatmosphäre getauchte Verbindung von innerer und äußerer Aufmerksamkeit.
Die Konzentration ist nicht mehr ausschließlich auf unmittelbare und sofortige und umfassende Stillung von Heißhunger gerichtet,
bei völliger Ausschaltung sämtlicher Nebensinne außer dem Riechen - es soll Leute geben, die hängen die ganze Kochzeit über mit ihrer Nase über dem Topf, weil sie's Spachteln kaum erwarten können - sondern entfaltet sich in wunderbarster und innigster Weise mit einem Hier und Jetzt,
das belauscht, empfunden und betört werden darf,
ohne donnerndes Magengrollen als allzu dominant über sich herbrechen zu sehen.
Es ist Labung,
die damit einhergeht
und Sehnsuchtsstillung,
denn was ist Nahrung für den Aushäusigen anderes,
als das zu speisen, worin man hockt.
Dieser Raclette-Griller erlaubt Verlangsamung
und der Hast, dem Hetzen und Schaffen,
den täglich forcierten Etappen,
dem Stolz auf den röchelnd abgerungenen Höhenmetern,
das ganze törichte Speedgehabe,
wagt es eine Simplizität entgegenzustellen,
die Flamme eines primitiven Teelichtes,
gegenüber rechnergesteuertem Gasflammenausstoß eines mehrsystemfähigen Benzinkochers,
was so grotesk wie wirkungsvoll ist.
Das Gerät kostet 15 Euro,
der Käse 2.99.
Was für ein Anachronismus.
Geradezu ein Witz.
Das Stuttgart 21 aller Multi-Fuel-Kocher.
Kommentar