Seekajaking: Küstentörn und Inselsprung - Tipps & Tricks

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  • Beyond
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    • 09.11.2010
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    #41
    AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

    Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks, hallo Lee,

    wenn ich mich jetzt hier über das Kentern und die Eskimorolle auf dem Meer auslasse, soll dieser Beitrag ausschließlich zur Sicherheit auf See dienen.

    In vielen Posts in diesem und anderen Foren wird immer wieder gefordert, dass bei Seekajakfahrten unbedingt der Wiedereinstieg in den Kajak und die Kenterrolle beherrscht werden müssen.

    Der ersten Forderung zolle ich absolute Bereichtigung und unbedingte Priorität. Wenn man im Meer, zum Beispiel bei einer Überfahrt von einer Insel zur anderen, sich bei einem „unerwartet“ aufgekommenen Sturm (siehe Post #39 in diesem Thread) schwimmend an den Rand des gekenterten Kajaks festklammert, bleibt einem nur eine einzige Möglichkeit: der Wiedereinstieg in den Kajak.

    Solange man in einer Kentersituation sich noch mit einer Paddelstütze helfen und den zur Wellenfront „quer gelaufenen“ Kajak aufrichten und in dieser Position halten kann, muss dies unbedingt versucht werden, insbesondere, wenn die „Hohen Drei“ im Anrollen sind. Die „Hohen Drei“ nenne ich die drei höchsten Wellen in der Mitte einer Wellengruppe, die von einem vollbeladenen, schwer manövrierbaren Kajak möglichst senkrecht mit Bug oder Heck abgeritten werden sollten. Kommt es in so einer Situation zu einer Kenterung, sollte meiner Meinung nach, eine Eskimorolle gar nicht erst versucht werden, zumal wenn man sich auf einer Urlaubsfahrt mit vollem/überladenem Boot befindet.

    Die Zeit und Kraft, die man für eine Rolle aufwenden muss und die oft sowieso nicht gelingt (Ich habe es bei meinen „Badegängen“ im Meer noch nie geschafft!), sollte man besser dazu nutzen, einen „kontrollierten“ Ausstieg vorzubereiten und durchzuführen. Zugegeben, das ist nicht sehr elegant. Weil aber nicht wie im Augsburger Eiskanal ein Publikum zuschaut, kann man ohne weiteres der Sicherheit den Vorrang geben.

    In früher Zeit, als ich noch mit leerem schmalen „Wildwasser-Boot“ auf einem See gemütlich umher schipperte, hatte ich mir das „Eskimotieren“ selbst beigebracht und im ruhigen Wasser sogar beherrscht – nicht perfekt, aber es funktionierte (Ich glaube, es war die lange Rolle.). 45 Jahre später, mit schwer beladenem Seekajak eines Solofahrers, in grober See, mit starken Böen und ohne Zuschauer bevorzugen ich die weniger ästhetische aber wesentlich sicherere Methode des Wiedereinstiegs.

    Für das Wiedereinsteigen benutze ich weder Paddelfloat noch das Paddel selbst, das treibt an der Sicherungsleine hängend irgendwo neben dem Kajak im Meer. Während der Phase der kurzen, niedrigen Wellen kippe ich das Boot, lasse möglichst viel Wasser aus der Sitzluke herauslaufen. Bei günstiger Beladung (der Wasservorrat ist weitgehend aufgebraucht, die leeren Plastikflaschen sind hinter dem Sitz fest eingekeilt) wird dadurch unter Umständen über die halbe Luke oder noch mehr entleert. Dann stelle ich den Kajak auf, mit der Öffnung nach oben. Ist man durchgekentert und unter Wasser ausgestiegen, kann man mit etwas Glück den Kajak auch ohne viel Wasser in der Luke aufrichten, wenn man beim Umdrehen schnell ist und keine Wellen mehr in die Luke schlagen.

    Anschließend lasse ich wieder die „Hohen Drei“ passieren. Wenn sie nicht gerade brechen, kommt kaum zusätzliches Wasser in die Luke. Das Paddel richte ich mir inzwischen auf der anderen Seite des Kajaks her, damit es nicht verheddert ist.

    In dem abklingenden und ruhigen Stadium zwischen zwei Wellenpaketen greife ich links und rechts in den Süllrand, ziehe mich hoch (eine kräftige Schwimmbewegung der Beine unterstützen dabei die Aktion) und lasse mich über die Luke fallen. Flach auf die Luke gepresst (Schnallen der Schwimmweste behindern nicht, da sie in die Luke hängen.) ziehe ich mich nach vorne zur Lukenspitze und schwinge den hinteren Fuß (der zum Heck zeigt) über den Kajak und lasse mich noch mit diesem Schwung unelegant mit dem Steiß (noble Bezeichnung des Hintern) in die Sitzluke auf den Sitz gleiten. Das gelingt vielleicht nicht gleich beim ersten Mal. Man hat aber noch soviel Kraft, die Prozedur in der nächsten ruhigen Periode zu wiederholen.

    Bei einem unfreiwilligen Ausstieg im Jahre 2003 zwischen Kap Sounio und der Insel Kea in Griechenland kam ich erst nach dem 6. oder 7. Versuch in das Boot. Immer wieder wusch mich eine Welle in die See. Poseidon, der Meeresgott, kann da ungemein variabel, ideenreich und gehässig sein.

    Sitzt man einmal im Kajak sollte es sehr schnell gehen. Hat man noch bis zu den nächsten hohen Wellen Zeit, die Spritzdecke zu schließen, kann man es versuchen. Meist ist es aber so, dass man in der Aufregung die Spritzdecke nicht sofort dicht bekommt. Ich habe mir deshalb angewöhnt, zunächst das Paddel zu sichern, damit ich den Kajak mit Bug oder Heck zu den Wellen ausrichten kann und schließe erst dann in der ruhigen Phase die Spritzdecke. Sollte eine Welle überkommen, ist zwar die Luke wieder voll Wasser, aber ich kann zumindest den Kajak in einer sicheren Position halten.

    Ist die Spritzdecke geschlossen und den Kajak in die sicherste Position zu den Wellen gebracht, hat man bereits gewonnen.

    Jetzt geht es an das Auspumpen des Kajaks. Mit der Fußlenzpumpe beginne ich, das Wasser aus der Luke zu pumpen. Das dauert natürlich sehr lange. Wenn man bedenkt, dass meine englische Pumpe nur 0,1 Liter pro Hub bewältigt und das Gesamtvolumen der Sitzluke grob gerechnet rund 200 Liter beträgt, man durch Gepäck, Einbauten, Paddler zwar Wasser verdrängt aber immer noch bis zu 100 Liter Wasser ausgepumpt werden müssen, weiß man, was man dann bei entleertem Boot geleistet hat. Bei 100 Liter sind das mindestens 1.000 Pumpbewegungen. Schafft man je Sekunde eine Betätigung, müssen grob 16 Minuten anstrengenden Pumpens bewältigt werden.

    Ich persönlich rechne bei einer Lukenentleerung lieber mit einer guten halben Stunde. - Habt Ihr Euch schon einmal Gedanken gemacht, wie das mit einer Handlenzpumpe funktionieren kann: Bei hohem Wellengang zu pumpen und zugleich den Kajak mit dem Paddel auf Position zu halten?

    Diese Methode des Wiedereinstieges bei einer Kenterung war für mich kaufentscheidend für die Wahl meines Kajaks und den zwingenden Einbau einer Fußlenzpumpe. Ich suchte speziell nach einem Boot mit langer Sitzluke (meine misst 95 cm), damit ich im Boot sitzend, meine Beine aus oder in die Luke bringen kann, das funktioniert mit meiner Körpergröße von 1,72 m sehr bequem. Ich komme zwar noch mit dieser Methode, je nach Sitzeinstellung, in die gängigen Luken von 85 cm der Seekajaks. Aber das bedarf schon einer speziellen Technik, die in Gefahrensituationen eventuell gefährlich werden kann. Versucht einmal in eine noch engere Luke, in die man nur mit einem Schuhlöffel, pardon: mit einer Paddelstütze, einsteigen kann, auf dem Meer bei hohem Wellengang hineinzukommen. Da hilft nicht einmal mehr ein Paddelfloat – oder doch? Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

    Da Küstenpaddeln auch mit Erholung, Vergnügen und Bequemlichkeit zu tun hat, halte ich eine große Sitzluke für die bessere Wahl. Meine Spritzdecke besitzt einen Quersteg. Da hat es noch kein überrollender Brecher geschafft, sei es bei Sturm auf dem Meer oder in der Brandung, die Spritzdecke einzudrücken.

    Vielleicht erhalte ich jetzt von den eingefleischten „Eskimotier-Spezialisten“ wütende Zuschriften, aber Kajak-Freunde bitte bedenkt, die Inuits selbst fuhren in leeren Booten zum Jagen und ihre wenigen aber ausgeklügelt praktischen Jagdutensilien waren auf dem Oberdeck befestigt. Und wenn wir „zivilisierte Menschen“ uns jetzt noch einen schweren Seesack hinten auf den Kajak schnallen um mehr Authentizität mit den Eskimos und ihrer Fahrpraxis zu erlangen, paddelten die Inuits nur mit einer federleichten Schwimmblase hinten auf dem Kajak, damit sie einen erlegten Seehund markieren konnten und er nicht unterging, wenn sie ihn hinter dem Kajak herziehend, an Land brachten.

    Soweit meine etwas einseitigen Betrachtungen zum Thema Kentern. Die darin beschriebenen Techniken haben sich aber auf meinen Fahrten durchaus bewährt.

    Viele Grüße
    Beyond
    Zuletzt geändert von Beyond; 22.02.2012, 07:39. Grund: Link eingebunden

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    • eisvogel
      Fuchs
      • 05.08.2003
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      #42
      AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

      Lieber Beyond, es zahlt sich aus, die Rolle zu lernen und regelmässig zu üben.

      Meine Wenigkeit ist beispielsweise mit keiner oder nur sehr geringer Decklast unterwegs. Wenn ich nicht (fast) alles ins Boot kriege, hab ich zuviel dabei.

      Zum Üben:
      Viel Gepäck an Deck lässt sich beim Rolltraining ganz vorzüglich mit einem Kumpel simulieren der sich auf's Oberdeck legt und die Beine um's Boot schlingt.
      Und wenn man mal nicht hochkommt, kann dieser Kumpel sehr einfach das Boot - an der Spitze schwimmend - wieder samt Paddler 'aufstellen'.
      Gruß, Eisvogel
      __________________________________

      \"Die Sinne betrügen nicht. Nicht, weil sie immer richtig urteilen, sondern weil sie gar nicht urteilen; weshalb der Irrtum immer nur dem Verstande zur Last fällt.\"
      Kant

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      • Beyond
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        • 09.11.2010
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        #43
        AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

        Hallo Eisvogel,

        schön, dass Du wieder einmal in Suomalees Thread vorbei geschaut hast, und ich muss Dir recht geben. An Deck habe ich auch nichts „aufgeschnallt“. Ich sah das mehrmals bei anderen Kajakern und wunderte mich, was die so alles dabeihaben müssen.

        Höchstens ein aufgerolltes Seil befindet sich in meinem Gepäcknetz. Wenig ist mehr, schreibt auch Suomalee und ich habe im Post #19 von Alexander Mackenzie erzählt, wie er seine Ausrüstung vor über 200 Jahren minimiert hat.

        Das mit der Kenterrolle ist bei mir so eine Sache für sich. Wenn man eine Technik nicht beherrscht, muss man sich Alternativen zurechtlegen, um zum selben Ergebnis zu kommen.

        In der Leichtathletik war für mich als Schüler der 1000-Meter-Lauf ein Horror und von mir gehasst. Gerade, dass ich einen einzigen Punkt bei den Bundesjugendspielen zustande gebracht hatte und dennoch erhielt ich jedes Mal eine Ehrenurkunde. Während meiner Bundeswehrzeit musste ich bei den Soldatenwettkämpfen 5000 Meter laufen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass es zu regnen begonnen hatte und der Kompaniechef, der die Zeit abnahm, zu fluchen und schimpfen begann, weil ich noch als einziger auf der Aschenbahn war und die 5000 Meter gemächlich abwanderte. Vielleicht war auch ein wenig Trotz und Provokation dabei. Bei der Überreichung der Urkunde, ich wurde in unserer Kompanie im Fünfkampf Zweiter, schüttelte der Hauptmann nur noch wortlos den Kopf.

        In Syvota in Griechenland lernte ich heuer in einer englischen Kajakschule zwei junge Schotten kennen, die dort als Lehrer arbeiteten. Beim 4. Bier im „Bamboo Place“, dem Stammlokal der beiden, meinten sie, sie würden mir morgen „the roll“ beibringen – kostenlos. Am nächsten Morgen versuchten sie es ... vergeblich. Wenn man eine Antipathie, gegen irgend etwas hat, ich weiß ehrlich gesagt auch nicht warum, dann funktioniert es einfach nicht, so wie beim Langlaufen. Am Abend, wieder in der Kneipe meinten die beiden dann frustriert: „OK, not the roll ... then you must sign off and get in again (OK, nicht die Rolle ... dann musst Du aussteigen und wieder einsteigen). Zum Abschied überreichten sie mir eine Spritzdecke mit dem Emblem der Kajakschule als Geschenk, zur Erinnerung an die „Scots fellows in Greece“.

        Es ist sehr nett von Dir, lieber Eisvogel, mich zum Erlernen der Eskimorolle zu animieren, aber ich glaube in meinem Alter, ich bin jenseits (beyond) der Sechzig, ziehe ich die Alternativen vor, insbesondere, wenn diese auch funktionieren und für mich einfacher zum Ausführen sind.

        Trotzdem und darauf will ich hier jetzt explizit hinweisen, es ist auf alle Fälle sinnvoll, die Kenterrolle zu lernen und zu beherrschen – für denjenigen der noch die nötige Energie und den eisernen Willen dazu besitzt!

        Viele Grüße
        Beyond
        Zuletzt geändert von Beyond; 22.02.2012, 07:42. Grund: Link eingebunden

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        • Beyond
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          • 09.11.2010
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          #44
          AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

          Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks, hallo Lee,

          Äolus, der Gott der Winde hat es gut gemeint mit Korsika und der Insel eine Menge bewegte Luft beschert. Allerdings können Winde für das gemütliche Küstenpaddeln zu einer harten Herausforderung für uns Kanuten werden, insbesondere wenn sie nicht nur säuseln sondern so richtig blasen. Bei meinen Recherchen im Internet habe ich sieben Windsysteme kennen gelernt, die auf Korsika einwirken. Hinzu kommen noch die lokalen Winde, die an jeder Küste anzutreffen sind. Außerdem beeinflusst die Küstenform die Winde und dies ist nicht unerheblich für das Küstenpaddeln.

          Ich versuche einmal, das alles zusammen zu stellen, zu beschreiben und der Diskussion freizugeben.

          Korsikas Windsyteme

          1 - Libecciu
          Von Südwesten kommt der Libecciu, der aus Richtung der Meerenge von Gibraltar im Sommer trocken und heiß, im Winter frisch weht und dem Westen Korsikas Regen bringt - der Libecciu ist der häufigste Wind auf der Insel Korsika.

          2 - Ponente
          Der Ponente ist ein reiner Westwind, der von den Pyrenäen kommt. Man trifft ihn zwar seltener an, bringt aber dann den Frühlings- und Herbstregen.

          3 - Maestrale
          Der Maestrale ist der Mistral aus dem französischen Rhone-Tal, kalt und trocken. Er trifft Korsika von Nordwesten, ist völlig unberechenbar, führt aber klare Luftmassen herbei, die eine außergewöhnliche Weitsicht auf der Insel ermöglichen.

          4 - Tramontane
          Kalt und trocken weht auch, wenn etwas seltener, der Tramontana aus dem Norden, der eine frische, angenehme Witterung mit sich bringt.

          5 - Gregale
          Aus dem Nordosten erreicht der Gregale Korsika über das Tyrrhenische Meer und bringt dem Norden der Insel ein feuchtes, schwüles Wetter, dem Süden aber Trockenheit.

          6 - Levante
          Der Levante führt als Ostwind warme und feuchte Luft heran, die Korsika manchmal in ein unangenehmes Treibhausklima eintaucht.

          7 - Sirocco oder Mezzogiorno
          Bleibt zuletzt der Südwind, der Sirocco, den die Korsen auch Mezzogiorno nennen. Eher gefürchtet als geliebt ist dieser Wind, der aus Afrika im Sommer heiße und trockene Saharaluft bringt und bei Tiefdrucklage heftige Gewitter und stellt deshalb eine plötzliche Gefahr für die Hochgebirgswanderer aber auch für den Küstenpaddler auf Korsika dar. In der Regel setzt er drei bis vier Stunden nach Sonnenaufgang ein, erreicht gegen Mittag seine höchste Kraft und flaut gegen Abend wieder ab. Abgelöst wird er in der Nacht durch den landauswärts wehenden Terranu, dem dann am Morgen in umgekehrter Richtung wieder der Mezzogiorno folgt (siehe unten: Land- und Seewind).

          Alle Windarten haben ihre Eigenheiten, die nicht immer den Wünschen der Ferienreisenden entgegenkommen, aber entscheidend zur Charakteristik Korsikas beitragen - haben sie doch über Jahrtausende mit ihrer beständigen Kraft an den für die Insel so typischen Gesteinsformationen mitgearbeitet.

          Unerwartete Starkwinde an der Ostküste Korsikas

          Die Situation entwickelt sich etwa so: Eine durch Mistral und Genuatief geprägte Starkwindperiode mit vorherrschend westlichen Windrichtungen geht zu Ende. Der Revierkundige merkt das u.a. daran, dass das Genuatief in Bewegung gerät und langsam nach Südosten abzuziehen beginnt. Die Wetterberichte melden das. Das abziehende Genuatief bringt auf seiner Rückseite aber früher oder später für die korsische Ostküste küstenparallele nördliche Winde mit sich, die gelegentlich auch im Sommer recht heftig werden können und aus dem Stand innerhalb von 10 Minuten von null auf sechs bis sieben Windstärken auffrischen können - aus einer Richtung, mit der zu dieser Jahreszeit niemand rechnet. Am unangenehmsten ist es natürlich, wenn diese Erscheinung nachts oder gegen Morgen auftritt und des Paddlers Zelt am Strand in Wassernähe steht. Aber auch tagsüber kann dann aus einer gemütlichen Paddeltour an der Küste ein Kampftag werden, bis man eine geeignete Ausbootstelle in einer Bucht oder im Lee eines Kaps (siehe unten) gefunden hat. Manchmal dauert der Spuk nur wenige Stunden, kann aber leider auch über mehrere Tage gehen. Ist diese Nordlage vorbei, beginnt in der Regel die nächste hoffentlich lange Schönwetterperiode, bis Mistral und Genuatief erneut ihr hartes Regime errichten.

          Zum Mistral

          Will man zum Mistral Wetterinformationen aus dem Radio bekommen, bekommen die Interessenten in Wirklichkeit einige harsche Probleme, die nachstehend mit ein wenig Ironie beschrieben werden.

          1 - Wetterberichte im westlichen Mittelmeer
          Im Westlichen Mittelmeer gibt es für Nicht-Franzosen mittlere Schwierigkeiten: Die einzigen Wetterberichte, die wirklich etwas taugen, wenn es um die Frage aller Fragen geht (Kommt der Mistral oder kommt er nicht - wann genau kommt er - wann geht er - wie stark wird er wehen?) sind die französischen. Die Franzosen haben aber ein - sagen wir mal - liebevolles Verhältnis zu ihrer Sprache und geben ihre Wetterberichte unbeirrbar nur auf französisch heraus. Das gilt sowohl für UKW als auch für Kurzwelle. Selbst in der Hochsaison und bei Starkwind- und Sturmwarnung. Nicht einmal eine abschließende englische Zusammenfassung gibt es.

          2 – andere Wetterbereichte
          Ausweichen auf italienische, englische oder deutsche Wetterberichte ist aber nicht ungefährlich, da diese in der zentralen Frage (siehe oben) keine hinreichende Kompetenz haben. (Wahrscheinlich weil die Franzosen früher über die lokalen Messdaten verfügen, die für eine verlässliche und stundengenaue Vorhersage ausschlaggebend sind.) Also was tun?

          3 - Man sollte womöglich:
          a) versuchen, mit Radio Monaco in Kontakt zu bleiben. Dort wird sowohl auf UKW als auch auf Kurzwelle der französische Wetterbericht im Wortlaut wiederholt und anschließend ins Englische übersetzt.
          b) sein bisschen Französisch reaktivieren, die paar einschlägigen Vokabeln lernen und vor allem im Hörtraining mit aufgezeichneten Beispielen trainieren (z.B. höre: bayerisch / deutsch – vergleiche: korsisch / französisch – übersetze: korsisch /deutsch).
          c) beachten, dass die Berichte nicht immer pünktlich rüberkommen. Sie können nicht nur hin und wieder große Verspätung haben, sondern werden leider manchmal auch einige Minuten vor dem angegebenen Termin abgesetzt. Die Ankündigung auf Kanal 16 erfolgt aber ausnahmslos immer. Und wenn der französische Wetterbericht für das Seegebiet westlich Korsika einen Wind aus West oder Südwest Stärke 4-5 ausdrücklich ankündigt, kann man das durchaus als erste höflich-dezente Andeutung einer möglicherweise in den nächsten Tagen bevorstehenden Starkwindlage verstehen. Vor allem aber dann, wenn nach einer längeren Schönwetterperiode von „gewittrigen Störungen“ die Rede ist, die „vom Atlantik her heranzuziehen beginnen“. Mindestens ein oder zwei Tage wird es dann aber schon noch dauern und vielleicht passiert auch gar nichts. (Der Begriff Mistral - oder auch Tramontane - wird übrigens im Wetterbericht nie benutzt.)

          Lokale Windsysteme

          Land- und Seewinde sind lokale Zirkulationen, die nur während der Sommermonate bei Wetterlagen mit ungestörter Sonneneinstrahlung auftreten. Der Seewindbereich überdeckt Küstenstreifen bis 100 km.

          1 - Seewind
          Am Tag wird das Land schneller aufgeheizt als das Wasser im Meer. Deshalb steigt die warme Luft über dem Land auf und saugt die kühlere und feuchtere Seeluft an. Den entstehenden landeinwärts gerichteten Wind nennt man Seebrise oder Seewind. Windgeschwindigkeiten bis 25 Knoten (6 Beaufort) sind im Mittelmeer nicht selten. Das Maximum des Seewindes wird ca. 2 Stunden nach Sonnenhöchststand erreicht und erlischt nach Sonnenuntergang.

          2 - Landwind
          Der Landwind ist das Gegenstück des Seewindes. Wenn das Land nicht mehr genügend von der Sonne aufgeheizt wird, kühlt es schneller ab als das Wasser. Jetzt steigt die Luft über dem Meer auf und saugt die kühlere Luft über dem Land an. Der Seewind geht in den Landwind über. Windgeschwindigkeiten bis zu 10 Knoten (3 Beaufort) können erreicht werden. Das Maximum wird zwischen 1 und 3 Uhr Ortszeit erreicht.

          Düsen- und Kap-Effekte

          Treffen Winde auf das Land werden sie nach der Form und Struktur der Küste abgelenkt. Die für das Küstenpaddeln wichtigsten und beachtenswertesten Effekte sind:

          1 - Düseneffekt
          Lücken im Hindernis verursachen eine starke Windzunahme. Je kleiner die Lücke umso größer die Windzunahme. Dieses Phänomen tritt meistens zwischen zwei Inseln auf. Bei Gegenwind durch eine Meerenge zu fahren stellt für einen Kajaker ein nahezu undurchführbares Unterfangen dar, nur Hartgesottenen vorbehalten.
          Revierbeispiele: Straße von Bonifacio (Korsika und Sardinien), Straße von Gibraltar, Straße von Messina, Rhone-Mündung, Rhone-Tal, Doro-Kanal, Meerenge zwischen Naxos und Paros.

          2 - Flaches Kap
          Flache Kaps werden meist von den Winden überweht und nur geringfügig abgelenkt. Sie sind nicht so unangenehm in Lee, aber die Windverstärkung wird direkt am Kap spürbar.

          3 - Hohes Kap
          Je markanter und höher das Kap ist, um so ausgeprägter ist die Zirkulation in Lee. Direkt in der Umgebung des Kaps verstärkt sich der Wind erheblich. Hinter dem Kap entstehen Wirbel mit teilweise gleichen Windstärken, wie am Kap selbst, aber in entgegengesetzter Richtung. Paddelt man mit den Wind im Rücken um das Kap, kann nach dem Kap der Wind plötzlich von vorne kommen. Der Paddler ist dann gezwungen, auf das Meer auszuweichen, um in einem weiten Kreis, dem Windwirbel folgend, aus der Gegenwindzone zu kommen und in das Lee des Kaps zu gelangen.
          Revierbeispiele: Kaps von Sardinien und Korsika, Skagen, Westküste Südnorwegen, Kap Horn.

          Viele Grüße
          Beyond

          Nachtrag am 20.02.2012

          Weil ich im Tyrrhenischen Meer noch nie gepaddelt war und die Region nicht kannte, also keinerlei eigene Erfahrung hatte, musste ich für die Beantwortung einer Forum-Anfrage auf Informationen aus dem Internet zurückgreifen, damit ich für eine Paddeltour um Korsika das Wettergeschehen zusammenstellen konnte. Ich glaubte, dass das die übliche vorherrschenden Methode bei Reisevorbereitungen, auch in einem Internet-Forum, sei.

          Auf die Recherche im Internet und die anschließende Zusammenstellung habe ich am Anfang meines Posts explizit hingewiesen!

          Jetzt am 17.02.2012 hat sich, nach über einem Jahr nach der Veröffentlichung, ein Mitglied in einem fremden Forum mit dem Zitat: „Noch so ein Guttenberger“ ziemlich echauffiert, weil ich bei meinen Recherchen im Internet und der daraus entstandenen Zusammenstellung nicht die Quellen angegebenen habe. Da muss ich dem Kritiker aus oben genannten Gründen allerdings recht geben. In diesem Einzelfall habe ich die Quellenangabe versäumt. Ich danke ihm für diesen wichtigen Hinweis.

          Als Neuling im Internetgeschäft war ich damals der Meinung, es würde reichen, auf die Internetrecherche hinzuweisen und zu vermerken, dass es sich dabei um eine Zusammenstellung handelt. Meines Erachtens schließt der Begriff „Zusammenstellung“ mit ein, dass die Angaben nicht nur aus meiner Feder stammen.

          Deshalb hole ich die Quellenangaben nach:

          1 „Korsikas Windsysteme“
          Quelle: Gerda Krapohl auf www.frankreich-sued.de
          Grund: Es war die prägnanteste Beschreibung der sieben Winde, die ich finden konnte.

          2 „Unerwartete Starkwinde an der Ostküste Korsikas“ und „Zum Mistral“
          Quelle: Peter O. Walter auf www.esys.org
          Grund: Die Hinweise auf die Wetterberichte zum Mistral empfand ich als eine liebevolle mit ein wenig Ironie gewürzte Hommage an Korsika und seine Bewohner. Deshalb waren sie auch wörtlich übernommen worden.

          3 „Lokale Windsysteme“
          Quelle: Michael Stemmer auf www.stemmer-michael.de
          Grund: Auch hier fand ich die Windsysteme am klarsten und verständlichsten beschrieben.

          Alle drei Autoren/Urheber haben auf meine Nachfrage (Stand 23.02.2011) zugesichert, dass ich meine Zusammenstellung in dieser Form beibehalten darf, allerdings mit Quellenangabe. Vielen herzlichen Dank!
          Zuletzt geändert von Beyond; 23.02.2012, 16:20. Grund: Nachtrag am 20.02.2012: "Quellenangabe" und am 23.02.2012: "Zustimmung der Autoren/Urheber"

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          • sejoko
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            • 23.12.2009
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            #45
            AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

            Hallo Beyond und ein Hallo an alle...

            Ich habe deine Beiträge gerade mit großem Interesse gelesen und bin dir sehr dankbar dafür. Da ist wirklich eine Menge an Informationen drin, die ich im nächsten Jahr sehr gut gebrauchen kann. Ich denke, "deine" Wetterregeln werde ich mich ausdrucken und immer mal wieder einen Blick darauf werfen um sie zu verinnerlichen, aber auch die Informationen zu den korsischen Winden werde ich versuchen mir gut einzuprägen.

            Die Technik des Wiedereinstiegs werden wir im nächsten Jahr sicherlich ausgiebig üben, in der Hoffnung das wir sie nie brauchen werden. Die Kenterrolle ist in einem Klepper Aerius Zweisitzer sowieso nicht zu schaffen, denke ich.

            Grüße
            Sebastian
            TRAVLRS.COM
            ein Fenster zur Welt

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            • Beyond
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              #46
              AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

              Hallo Sebastian,

              hoffentlich kannst Du die Wetterregeln bei Deinen nächsten Touren anwenden. Ich habe versucht, die wichtigsten allgemeingültigen Sprüche auf uns Paddler umzumünzen.

              Ja, die Kenterrolle, ehrlich gesagt, auf dem Meer habe ich sie noch nie fertiggebracht, obwohl ich sie bei jedem „Badegang“ versucht hatte. Das, was ich dabei gelernt habe, ist ausschließlich die Verbesserung meiner Paddelstützen, insbesondere bei Brandung, wenn der Kajak versehentlich quergelaufen ist, weil sich das Heck beim Abreiten der Brandungswelle über das Wasser gehoben hat und die Steueranlage dadurch unwirksam geworden ist.

              Mit Deinem Aerius II dürfte es sehr schwer sein, eine Kenterrolle durchzuführen. Bekommst Du den offenen Zweier eigentlich so dicht, dass bei einer Kenterung kein Wasser hineinsickert oder gar hineinläuft?

              Ich bin der Meinung, dass diejenigem Kajak-Sportler, die die Rolle auch mit vollbeladenen Boot beherrschen, sie ruhig anwenden sollen. Und diejenigen, die das nicht schaffen, wie ich, sollten lieber die Methoden perfektionieren, die ihnen leichter fallen. Wenn ich in meinen Lastkahn einsteige, benötige ich keine Hilfe, wie Paddelfloat und dergleichen und über Bug oder Heck muss ich auch nicht klettern, weil meine Sitzluke groß genug ist, ohne mit den Füßen voraus hineinschlüpfen zu müssen. Wenn ich von vornherein damit rechne, dass die Kenterrolle nicht funktioniert, versuche ich grundsätzlich Gefahrensituationen auszuweichen und verlasse mich nicht auf die fadenscheinige Sicherheit des (nicht oder kaum beherrschbaren) Eskimotierens.

              Die nächsten Berichete handeln vom Ein- und Ausbooten und den anzutreffenden Wellen beim Küstenpaddeln.

              Viele Grüße
              Beyond
              Zuletzt geändert von Beyond; 24.11.2010, 09:39.

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              • Beyond
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                • 09.11.2010
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                • Meine Reisen

                #47
                AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks, hallo Lee,

                heute möchte ich vom Ein- und Ausbooten berichten und wie es erfahrene Seekajaker wie Herbert Rittlinger 1962 und Nigel Foster 2001 in ihren Büchern beschreiben.

                Die einfachste und bevorzugte Einboot-Methode und in umgekehrter Reihenfolge auch Ausboot-Methode, ist bei ruhiger See, mit nur leicht säuselndem Wind, an einem flachen Sand-, Kies- oder Steinstrand durchzuführen. Der moderne Paddler, wie ich aus der Holledau, belädt seinen HTPE-Kajak, schleift ihn über Sand, Kies oder Steine in das Wasser, steigt über den Kajak, setzt sich hinein, schließt die Spritzdecke und paddelt los. Bei einem Faltboot und GFK-Leichtgewicht muss der vorsichtige, kajakschonende Kanute, erst sein gegen Bodenberührung empfindliches Gefährt leer oder je nach Kondition und Kraftreserve fast leer zum Wasser tragen und es dann dort vollpacken. Das restliche Prozedere ist identisch mit dem des „hagelbuchenen“ (bayr.: Adjektiv, steht für derb, ungestüm, naturnah, wettergegerbt, „mass“-geeicht und mit einigen Massen intus auch nonverbal durchsetzungsfähig, ein Mensch also aus dem ländlichen bayerischen Raum oder Hinterland, mit rohen nicht gerade sanft besaiteten Eigenschaften, charakterlich aber eine Seele von Mensch – hoffentlich!) Wasserschlägers mit seinem „PE“.

                Um nicht gänzlich ins „OT“ abzurutschen, zitiere ich jetzt Herbert Rittlinger in seinem Buch: „Die neue Schule des Kanusports“ aus dem Jahre 1962, Brockhaus-Verlag Wiesbaden, das von mir schon ziemlich zu Grunde gelesen, aber dennoch wie meine Augapfel gehütet wird. Das Buch gibt es nur mehr antiquarisch.

                - - - - - - - - - -

                Herbert Rittlinger:

                Außerhalb der Brandungszone kann man selbst bei beträchtlichem Seegang unbesorgt die Spritzdecke öffnen, sich langlegen und die Zeitung lesen ... Die Wellen sind viel zu lang und hoch, als dass sie das kleine Boot nicht einfach mitnähmen.

                Der Himmel bewahre dich nur vor der Seekrankheit. Neigt man hierzu, empfehle ich vorher ein solides, aber auch wieder nicht zu schweres Frühstück mit Tee anstatt Kaffee. Als absolut sicheres Gegenmittel empfiehlt ein alter Kapitän: sich in den Schatten eines grünen Eichbaums zu legen.

                Gefahr ist dort, wo Land und Meer sich ineinander verzahnen. Da ist zuerst die Brandung. Eine Brandungswoge hat zwar nicht ganz die hart-reißende Gewalt einer gleichhohen Wildwasser-Widerwelle, ist aber mit Umsicht anzugehen und verbittert einem das Ein- und Aussteigen, wenn unversehens zehn oder zwanzig Liter Wasser ins Boot geschüttet werden ... An vielen Stränden allerdings kann man in aller Ruhe ins Boot steigen, die Spritzdecke schließen und gegen die drohenden, rollenden Brecher angehen. Heftigen Anprall muss man notfalls durch einen Rückwärtsschlag abschwächen, um dann in der nachfolgenden Atempause des Wassers weiter vorzustoßen -, bis man draußen ist. Man wird auch bald merken, dass die Brandungsroller in einem ganz bestimmten Rhythmus heranrauschen, wird das ausnutzen und die dicksten Brecher zu vermeiden trachten.

                Das hat wie alles seine Grenze: Wenn bei auffrischendem Wind meterhohe Brecher an den Strand donnern, ist alle Fahrkunst umsonst.

                Beim Landen in hoher Brandung besteht die Hauptgefahr darin, dass sich das Boot mit der Nase in den Sand bohrt, dadurch quergeschlagen und umgeworfen wird. Besser: gegen die Brecher haltend rückwärts landen, um in der „Atempause“ rasch auszusteigen und das Boot völlig auf den Strand zu ziehen.

                Jede Brandungsküste hat in der Regel Stellen und Buchten, an denen die Brandung weniger heftig oder an denen überhaupt keine steht. Nur glatte, lange Küsten in Front zur vorherrschenden Windrichtung, wie zum Beispiel die Westküste von Sylt, bieten wenige Durchschlupfe. Die Westküste Sylts zu befahren, empfiehlt sich daher nur bei östlichen Winden oder ausgesprochen ruhiger See.

                - - - - - - - - - -

                Knapp 40 Jahre später beschreibt Nigel Foster im Jahre 2001 in der 2. Auflage seines Buchs „Seekajak“ aus dem Pollner-Verlag, das Starten und Anlanden aus seiner detaillierteren Sicht, das ich hier mit einem Buchauszug vorstellen möchte. Ob das Buch allerdings noch aufgelegt wird, war auf der Homepage des Pollner-Verlags nicht zu ermitteln, zumindest konnte ich es nicht entdecken. Ich habe mir erlaubt, einige Anmerkungen in eckige Klammern „[...]“ zu setzen.

                - - - - - - - - - -

                Nigel Foster:

                Oft ist das Starten und Anlanden vollkommen problemlos möglich, manchmal jedoch ist es der schwierigste und gefährlichste Teil einer Tour. Die Einbootstelle muss sorgfältig ausgewählt werden. Man versucht einen niedrigen Felsen zu finden, neben dem man das Kajak wassern kann und steigt ein, ohne die Füße nass zu machen. An flachen Stränden sind auch Robbenstarts (engl.: seal launch) in ruhiges Wasser möglich. Bei stürmischer See und steil abfallenden Stränden oder Felsen ist besondere Vorsicht geboten.

                Starten durch die Brandung

                In der Regel gibt es an allen Brandungsstränden ablandige Strömungen, die man oft erst bei genauerem Hinsehen entdeckt. Das Wellenmuster ist dort unterbrochen und eine Strömung zieht auf das offene Meer hinaus. Diese ablandigen Strömungen befinden sich normalerweise an den Rändern eines Strandes; sie können jedoch auch am Strand entlang in Abständen oder an Flussmündungen auftreten. Ablandige Strömungen bilden sich durch das Ablaufen des schäumenden Wassers der Brandung, das sich am Ufer aufgestaut hat. Der so entstehende Sog erreicht eine Geschwindigkeit von mehreren Knoten und erleichtert es dem Paddler durch die Brandung hindurch auf das offene Meer zu kommen.

                Ein Robbenstart [siehe meine ironische Einführung oben] ist die einfachste Möglichkeit, sein Kajak flott zu machen, obwohl man manchmal Hilfe benötigt, um das Kajak gerade zu halten bis es vollständig im Wasser schwimmt. Man paddelt hinaus, wenn die Wellen niedriger werden und koordiniert den Paddelschlag so, dass das Blatt jedes Mal auf der Rückseite einer gebrochenen Welle eingesetzt wird und man sich durch die Wellen zieht. Man muss energisch paddeln, um nicht wieder an den Strand zurückgedrückt zu werden. Paddelt man durch steile Wellen schnell hindurch, wird das Kajak auf dem Wellenberg fast abheben, und dann tief ins Wellental fallen. Hier verliert man leicht die Balance, deshalb sollte bei der „Landung“ zur Stabilisierung eine flache Paddelstütze angesetzt werden. Hat man es geschafft, dann wartet man hinter der Brandungszone auf den Rest der Gruppe.

                Unter Wellen hindurchrollen [Meine Referenz zum Eskimotieren an die Rollen-Enthusiasten unter uns.]

                Bei großen, sich brechenden Brandungswellen ist es oft am einfachsten, sich ins Wasser kippen zu lassen bis die Welle am Rumpf vorbei ist und das Kajak dann wieder hochzudrehen. Dadurch entgeht man einer Rückwärtskerze oder verhindert, wieder ans Ufer zurückgeworfen zu werden.

                Das Anlanden durch die Brandung

                Das Anlanden in der Brandung kann für so manchen eine beunruhigende Aussicht darstellen. Die Auswahl des Strandes ist hierbei sehr wichtig, um den mächtigen „Dumpers“ auszuweichen [siehe Erklärung im nächsten Absatz]. Man wartet, bis die Wellen niedriger werden und paddelt schnell ans Ufer. Bei jeder Welle, die droht das Kajak mitzunehmen, paddelt man rückwärts. Auf diese Weise wird verhindert, seitwärts an den Strand getragen zu werden. Man hat dabei ausreichend Kontrolle über sein Kajak, um Kenterungen zu vermeiden und um es sich noch einmal anders überlegen zu können, sollte ein Anlanden doch zu gefährlich sein. Der Paddler sollte zum Anlanden eine Welle abwarten, die sich vor ihm bricht und auf ihrem Rücken an den Strand paddeln, schnell aussteigen und das Kajak aus der Gefahrenzone ziehen.

                Dumper

                Ein Dumper ist eine schwere schlagende oder brechende Brandungswelle, die sich auf einem steil abfallenden Strand bricht. Man sollte diesen Wellen unter allen Umständen aus dem Wege gehen. Ich habe gesehen, wie Seekajaks durch relativ kleine Dumper auseinandergebrochen wurden. Ihre explosive Kraft ist nicht zu unterschätzen.

                Bleibt einem keine andere Wahl als anzulanden, sollte der beste Paddler als erster an Land gehen. Aus den Abschleppleinen der Gruppenmitglieder bastelt er ein Wurfseil. Anschließend paddelt die Gruppe auf den Rücken der Wellen an den Strand, während sie der erste Kajakfahrer vom Strand aus mit dem Wurfseil sichert.

                Bei Kenterungen in einem Dumper versucht man so schnell wie möglich vom Kajak wegzukommen. Ein Seekajak, das in den Wellen herumgeschleudert wird, kann sehr großen Schaden anrichten.

                Das Starten an einem steilen Strand

                Bei ruhiger See setzt der Paddler das Kajak ins Wasser und steigt ein. Unter raueren Bedingungen ist jedoch ein Robbenstart vorzuziehen. Eine Paddelstütze wird angesetzt, sobald der Bug im Wasser schwimmt, das Heck aber noch am Strand aufliegt.

                Auch beim Klippenstart [Ironie an - Übliche spektakuläre, photogene Einboot-Methode der Wildwasserfahrer, filmisch vergleichbar mit dem Halbkreis-Fußtritt in den Kung-Fu-Filmen oder dem im Schein einer Straßenlaterne aufblitzenden polierten Stahl eines Messers in einer der historischen Mord-Szenen: Man steigt auf einem Felsen in das Boot, schließt die Spritzdecke, macht sein Kreuzzeichen und stürzt sich vom Felsen aus weit hinab ins wild schäumende Wasser – Ironie aus - eigentlich nur bei PE-Booten und von Eskimotier-Spezialisten praktizierbar.] kann man leicht umkippen. Hat der Paddler vergessen, die Wassertiefe zu überprüfen, läuft er außerdem Gefahr, sich mit der Bootsspitze am Grund zu verkeilen! Man sucht einen Felsen ohne Seepockenbesatz und ohne scharfe Kanten, welche sonst tiefe Furchen in das Boot reißen können. Auch ein Felsen, der mit Seegras gut überwachsen ist, eignet sich. Als Alternative kann man zum Schutz des Rumpfes auch Treibholzstücke unterlegen.

                Als letzter Ausweg ist es möglich, mit dem Kajak vom Strand wegzuschwimmen, und sich dann gegenseitig beim Einsteigen zu helfen. [Man ist im Vorteil, wenn man bei dieser Variante zuvor den Wiedereinstieg in den Kajak geübt hat – siehe dazu meine Posts zum Kentern und Eskimotieren. Nigel Foster sieht, wie ich, diese Methode als nun wirklich letzten Ausweg.]

                Das Anlanden an steilen Felsen als Floß

                Besonders bei Seegang ist es schwierig, an steilen Felsen ohne Hilfe anzulegen. Vorausgesetzt, die Felsen bieten gute Griffe für die Hände, sind steil und reichen weit genug ins Wasser, so dass sich die See nicht bricht, besteht die einfachste Möglichkeit darin, als Paket anzulanden. Zwei Kajaks bilden ein Floß. Der Paddler, der dem Felsen am nächsten ist, stabilisiert das Floß und hält sich so fest, dass sein Kajak diesen nicht berührt. Der äußere Paddler steigt über das andere Boot auf die Felsen. Weitere Kajakfahrer können auf diese Weise anlanden, bevor die restlichen Mitglieder der Gruppe an einer günstigeren Stelle an Land manövriert werden. Bei schwierigen Bedingungen muss der letzte Paddler manchmal noch im Wasser aus seinem Boot aussteigen, bevor man ihm an Land helfen kann.

                Starten und Anlanden mit Zweierkajaks

                Das Starten und Anlanden mit Zweierkajaks ist beschwerlicher als mit Einerkajaks. Beim Einbooten an einem Strand wird der Bug ins Wasser geschoben, und eine Person hält das Boot fest, während der vordere Paddler einsteigt. Der hintere Paddler schiebt das Kajak dann ins Wasser und steigt ein, während der vordere Paddler das Kajak auf Kurs senkrecht zu den Wellen hält. Das Anlanden erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.

                Es lohnt sich, die See- oder Landkarte sorgfältig zu studieren, weil man dabei oft besser zugängliche Landeplätze findet, die einem normalerweise nicht ins Auge fallen würden. [Heute benutzt ein Küstenpaddler bei seiner Planung auch „google earth“, um die geeigneten Anlandestellen ausfindig zu machen. Ob es allerdings dann dort noch genau so aussieht, wie auf „googl earth“ und den von Usern eingestellten Fotos, muss kritisch und allemal mit Vorsicht betrachtet werden. Ich habe heuer so manche herbe Enttäuschung und böse Überraschung erlebt!] Man sollte die windgeschützte Seite einer Landspitze auswählen, den Teil einer Küste, der von einer Insel abgeschirmt wird oder den Strand, dem eine Sandbank vorgelagert ist, An zerklüfteten Küsten gibt es oft kleine Buchten, in denen die Wellen sanft ans Ufer rollen, während in nächster Entfernung die Brandung schwer gegen den Strand schlägt.

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                Weil sich Suomalees Thread mit dem Mittelmeer beschäftigt, habe ich die Tiden ausgelassen, die vom Süden des Mittelmeeres zum Norden hin zwar zunehmen (z.B.: in Dubrovnik bis zu 35 cm und in Koper (Slowenien) bis zu einem Meter) aber nicht die gravierenden Auswirkungen wie an der Atlantikküste oder Nordsee aufweisen.

                Hoffentlich können die weniger routinierten Küstenwanderer mit meinen Angaben etwas anfangen. Ich persönlich habe aus diesen beiden Büchern am Anfang meiner Seekajak-Reisen ein Menge Theorie gelernt, die ich dann in die Praxis umgesetzt und an meinen Fahrstil, mein Können und Outdoor-Leben angepasst habe.

                Zu meiner Anfängerzeit hatte es noch keine Seekajakschulen im heutigen Sinn gegeben, so dass ich mir alles autodidaktisch aneignen musste. Aber gerade das hat Spaß gemacht!

                Viele Grüße
                Beyond
                Zuletzt geändert von Beyond; 24.11.2010, 20:26.

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                • tizzano1
                  Erfahren
                  • 13.06.2006
                  • 383
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #48
                  AW: ...mein seekajakherz ausschütten...Korsika

                  Hallo ihr 3,

                  habe gelesen, dass da jemand nach Korsika will. Ich kann, glaube ich ,einige Auskünfte geben, da wir mit den Kindern so ca. 15mal dort waren ( Schlauchboot und camping sauvage) und die letzten 3 Jahre zu zweit mit Auto und Klepper TS 2.

                  Gut kenne ich den Südwesten von Propriano nach Bonifacio, wo wir auch mit dem Faltboot unterwegs waren und in diversen Buchten anlandeten und ein bißchen blieben... Nicht gut kenne ich den Osten, weil der fad ist

                  Wind (bis 3-4)und Wellen waren für uns nicht wirklich ein Problem, da wir generell gutes Wetter hatten und beim Anlanden nicht mit Brechern kämpfen mussten. Das kenn`ich noch aus meiner Zeit mit Schlauchboot und Aussenborder ...Kenterung ,Rippenbruch, Hubschrauber, Urlaubsende.

                  Bei Starkwind sind dem Paddeln sowieso Grenzen gesetzt, man entscheidet vor Ort und bleibt halt bis es abflaut und die Wellen wieder zurückgehen. Das kann allerdings im Südwesten bei einem 3 Tages- Mistral schon noch weitere zwei Tage dauern.

                  Landschaftlich ist für mich gerade der Südwesten ,so um Cap Senetosa, Plage d`argent, Cap Mortuli(Achtung hier wird mitunter scharf geschossen) Roccapina herum am schönsten (wegen der grandiosen Felsen und schönen Buchten).

                  Zelt hatten wir dabei (August) aber nie aufgestellt. Sonnensegel ist wichtiger!

                  Wenn ihr detailliertere Infos wünscht bitte sagen.
                  tizzi

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                  • sejoko
                    Erfahren
                    • 23.12.2009
                    • 492
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #49
                    AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                    Hallo Tizzi,

                    freut mich von dir zu hören, Ja, du hast recht, Korsika steht hier im Thread gerade hoch im Kurs

                    Ich werde nächstes Jahr mit meiner Freundin und Klepper Aerius 2 auf jeden Fall unterwegs nach Korsika sein, mit dem Plan die ganze Strecke von Calvi bis nach Bonifacio zu paddeln. Du kannst dir also bestimmt vorstellen, dass ich mich über jegliche Informationen zu diesem Thema sehr freuen würde.

                    Welche Strecken seid ihr gepaddelt? Hattet ihr Probleme Plätze zum anlegen zu finden?
                    Wie schlägt sich der Klepper denn so im Mittelmeer? Kannst du vielleicht grob abschätzen wie weit ihr am Tag mit dem Klepper gekommen seid?

                    Also, wenn du Lust hast etwas zu deinen Touren zu schreiben, so wäre das sicherlich eine Bereicherung für diesen Thread.

                    Gruß
                    Sebastian
                    TRAVLRS.COM
                    ein Fenster zur Welt

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                    • Ditschi
                      Freak

                      Liebt das Forum
                      • 20.07.2009
                      • 12345
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #50
                      AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                      Hallo,
                      oh, beyond, wie schön, da kennt jemand noch Herbert Rittlinger. Habe seine Bücher damals verschlungen, und besser: ich habe sie alle noch! Auch die neue (? ) Schule des Kanusports.
                      Schön auch, daß auch andere die Kenterolle nicht können.
                      Ich habe mich eigentlich nie so richtig in ein Seekajak getraut, weil ich die Kenterolle nur halb kann. Irgendwas in mir flüsterte, das könne nicht reichen.
                      Andere Aus- und Einstiegsmöglichkeiten auf hoher See hatte ich bislang garnicht auf der Rechnung.
                      Gruß Ditschi

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                      • Beyond
                        Dauerbesucher
                        • 09.11.2010
                        • 601
                        • Privat

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                        AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                        Hej Outdoor-Gemeinde, Seekajak-Freaks, hallo Lee,

                        Wellen sind beim „Seekajaking“ in der Regel ständig präsent. Selbst bei einer „Spiegelsee“ mit Windstärke 0 Beaufort hebt und senkt sich der Kajak kaum merklich durch die ständig präsente Dünung. Es ist notwendig über die wichtigsten Wellenarten Bescheid zu wissen, wie sie entstehen und mit welchen Auswirkungen man beim Küstenpaddeln rechnen muss.

                        Wieder ist Nigel Foster in seinem Buch „Seekajak“, 2. Auflage, 2001, Pollner-Verlag im Kapitel: „Wellen“ eine anschauliche Beschreibung dieser Phänomene gelungen. Als Brite benutzt er viele englische Ausdrücke, die ich absichtlich belassen habe. Vielleicht ist es dann leichter, mit Kanuten von der Insel zu kommunizieren, die immer häufiger im Mittelmeer anzutreffen sind. Vermutlich ziehen heutzutage Engländer, wie auch ich, wärmere Gefilde vor.

                        Ich habe versucht, den Text ein wenig übersichtlicher zu gestalten und unscharfe Textstellen, die vermutlich von der Übersetzung herrühren, mit kleinen Ergänzungen zu verdeutlichen. Die Passagen, die sich auf Paddel-Training und Spiel-Boot-Fahren beziehen, habe ich weggelassen, weil es in diesem Beitrag ausschließlich um die Information über die Wellenarten und deren Besonderheiten geht. Einige Anmerkungen sind außerdem wieder in eckige Klammern „[...]“ gesetzt.

                        - - - - - - - - - -

                        Nigel Foster:

                        Es gibt drei Gruppen von Meereswellen:
                        1 - windangeregte Wellen, die durch den Wind vor Ort entstehen;
                        2 - Dünung, die durch Winde, die weit entfernt stürmen, entsteht;
                        3 - Wellen, die durch Wasserströmungen entstehen, wie z.B. Gezeiten und Meeresströmungen.

                        Betrachten wir zunächst die Wellen im Tiefwasser. Den Wellentyp, der normalerweise dort vorherrscht, bezeichnet man als Gravitationswellen. Sie laufen noch weiter, selbst nachdem der Wind abgeflaut ist. Sie sind jedoch nicht so schnell wie der Wind, durch den sie entstanden sind. Trotzdem überholen sie des öfteren die Wettersysteme, um die die Winde zirkulieren und können das Festland lange vor der Wetterfront erreichen; dort sind sie die Vorboten.

                        Oberflächenwellen dagegen sind kleine Wellen, die über die Oberfläche laufen und böigen Wind ankündigen. Sie laufen so schnell wie der Wind, der sie entstehen lässt und warnen so vor plötzlichen Windstößen. Sobald sich der Wind legt, flauen auch sie ab.

                        Die Höhe der Gravitationswellen hängt von verschiedenen Faktoren ab.

                        1 - Windstärke. Je stärker der Wind, desto mehr Energie ist vorhanden, um Wellen aufzubauen. Die Windstärke wird daher anhand der Dünung bestimmt.

                        2 - Windwirkstrecke (= Fetch). Es handelt sich hierbei um die Distanz, über die der Wind weht. Winde in Sturmstärke werden in kleinen Teichen [auch in kleinen Buchten und in Meerengen mit Ausnahme wenn der Wind parallel zur Küste bläst] nie große Wellen aufpeitschen können; anders jedoch auf offener See.

                        3 - Winddauer. Bei stetigem Wind wird erst nach einiger Zeit die maximale Wellenhöhe erreicht. Bei Winden in Sturmstärke kann es 2 Tage dauern, bis die Wellen die maximale, der Windstärke entsprechende Höhe erreicht haben.

                        4 - Die Höhe der Wellen wird gedämpft, wenn diese auf Wellen, einen Gezeitenstrom oder eine andere Strömung aus der Gegenrichtung treffen. Auch schwerer Regen oder Schnee haben diese [dämpfende] Wirkung. Kommen Winde und Wellen aus derselben Richtung, ist die Wellenhöhe niedriger.

                        Vom Wind vor Ort aufgebaute Wellen sind eher unregelmäßig und chaotisch und besitzen scharfe Kämme, besonders während der Wind dreht. Der Wind ist von Wettersystemen, um die er herumzirkuliert, abhängig. Von den Wettersystemen laufen Wellen in alle Richtungen aus; manchmal laufen sie ineinander und verstärken sich; manchmal laufen sie gegeneinander und schwächen sich ab. Seefahrer bezeichnen diese recht chaotische Wellenbrutstätte als „See“. In einiger Entfernung dieses „Wellengenerators“ beginnen die Wellen jedoch regelmäßiger zu werden und ein Muster zu bilden, Die Wellenkämme runden sich mehr und mehr ab. Man bezeichnet diesen Wellentyp als „Dünung oder Schwell“. Die Wellen können über Tausende von Meilen laufen, dabei erhöht sich ihre Länge (Abstand von einem Kamm zum nächsten) und ihre Geschwindigkeit. Bei junger Dünung sind die Wellen steiler, langsamer und kürzer, als bei ausgereifter. Ausgereifte Dünung erreicht Geschwindigkeiten von über 50 Knoten, und es sind Perioden (die Zeit des Durchgangs eines Wellenkammes bis zum nächsten) von 30 Sekunden gemessen worden.

                        Da Wellen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten laufen, holen die schnelleren Wellen langsamere ein und überholen sie. Wenn eine Welle eine andere einholt, erhöht sich die daraus resultierende Welle. Sind die Phasen der Wellen verschoben und ein Wellenkamm trifft auf ein Wellental aus einem anderen Wellenmuster, so heben sie sich gegenseitig auf. So entsteht eine Reihe größerer Wellen, die man als Reihe bezeichnet, gefolgt von einer Flaute, während der die Wellen merklich kleiner oder nicht vorhanden sind. Je mehr die Dünung ausgereift ist, desto länger dauern die Flauten zwischen den Wellenreihen. Aus diesem Grunde ist das Anlanden und Starten bei ausgereiftem Wellengang einfacher, vorausgesetzt, das „Timing“ stimmt. [Dieser Wellentyp wird am Schluss dieses Posts nochmals genauer beschrieben, weil er für uns Kajakerinnen und Kajaker mit den „Hohen Drei“ (siehe in diesem Thread, Post #92) von großer Bedeutung ist, insbesondere wenn wir parallel zur Wellenfront paddeln müssen, was bei Überfahrten von größeren Buchten oft der Fall ist.]

                        Manchmal trifft Dünung aus zwei völlig verschiedenen Richtungen aufeinander. Aus Gründen der Vereinfachung nehmen wir an, dass die Wellen im rechten Winkel aufeinander treffen. Trifft ein Wellenkamm auf ein Wellental, so hebt sich die Amplitude auf. Wenn jedoch ein Wellenkamm mit einem anderen Wellenkamm zusammentrifft, wird die Welle höher. Wo ein Tal ein anderes Tal kreuzt, entsteht ein besonders tiefes Loch. Die daraus resultierende See besteht dann nicht aus einfachen Wasserwänden, sondern aus einem Kreuzmuster von Wellenbergen. Eine solche „Kreuzsee“ bietet nicht nur ein anderes optisches Bild, es ist auch anders, in ihr zu paddeln.

                        Brechende Wellen

                        1 - Wellen im Flachwasser

                        Dünung beginnt ihre Form zu verändern, wenn die Wassertiefe unter die halbe Wellenlänge sinkt, Zum Beispiel wird eine Welle mit einer Länge von 90 m Grundberührung haben, wenn die Wassertiefe kleiner als 45 m ist. Bei Grundberührung verlangsamt sie sich [Das Wasser staut sich deshalb bei Grundberührung auf.], ihre Höhe nimmt zu, während ihre Länge abnimmt. Ist im Tiefwasser die Länge mindestens fünfzig Mal größer als die Höhe der Welle, so wird ihre Höhe beim Auftreffen auf flacheres Wasser ansteigen. Die Welle wird steiler, bis das Wasser ungefähr 1,3 mal so hoch ist wie die ursprüngliche Welle, dann bricht sie. Durch auflandige Winde [Seewind] können Wellen auch in tieferem Wasser brechen, selbst wenn die Wassertiefe die doppelte Wellenhöhe beträgt. Ablandige Winde [Landwind] können bei ausgereifter Dünung mit großen Wellenlängen ein Brechen verhindern, bis die Wassertiefe weniger als drei Viertel der Wellenhöhe beträgt.

                        Die Art und Weise, wie eine Welle bricht, wird durch die Struktur des Meeresgrunds bestimmt. An Surfstränden zum Beispiel, steigt der Boden sanft an, die Welle wird langsam steiler, bis sie in einiger Entfernung zum Ufer bricht. Steigt der Meeresboden steil an, wird auch die Welle abrupt steiler und fällt sofort darauf in sich zusammen; sie bricht mit explosiver Kraft direkt auf den Strand. Solche Wellen bezeichnet man als „Brecher oder Dumper“. Sie können sehr gefährlich werden, da sie oft starke Unterströmungen (Strömungen, die am Meeresboden entlang ins offene Meer hinauslaufen) erzeugen. [siehe in diesem Thread, Post #98]

                        Einzelne, unter der Wasseroberfläche liegende Felsen werden normalerweise auf der Seekarte eingezeichnet. Bei Dünung ist es wichtig, sich ihre Position gut einzuprägen. Die Felsen können von genügend Wasser bedeckt sein, so dass nur besonders hohe Wellen mit großer Kraft gebrochen werden und die kleineren Wellen ungestört darüberlaufen. In Amerika werden solche Wellen „Boomers“ genannt. Ich selbst bin im Südwesten Cornwalls und in Island von solch einer hohen, brechenden Grundsee überrascht worden. Beide Situationen waren so dramatisch, dass ich sie nie vergessen werde. Vorsicht!

                        Es ist wichtig, sich die Symbole für die Felsen genau einzuprägen, die mit dem Gang der Tiden einmal über, einmal unter Wasser liegen, die bei Kartennull überspült sind, oder die bei Kartennull 2 m oder weniger unter Wasser liegen. Diese Felsen sind meistens für die Entstehung von Boomern verantwortlich, je nachdem, wie weit sie unter Wasser liegen und je nach Tidenstand.

                        Wellen werden an Klippen und Steilküsten zurückgeworfen und treffen auf ankommende Wellen. Obwohl sich aufgrund der ausreichenden Wassertiefe jede einzelne der Wellen stabilisieren könnte, ist dies nicht mehr möglich, wenn sich zwei steile Wellen miteinander verbinden und sich dadurch noch höher auftürmen. Das Ergebnis ist eine plötzlich instabil werdende Wassermasse, die in alle Richtungen explodiert. Dieses Phänomen bezeichnet man als „Clapotis oder hohe brechende Kreuzsee“.

                        2 - Durch Wind hervorgerufene, brechende Wellen

                        Auf offener See bestimmt die Windgeschwindigkeit Beschaffenheit und Frequenz der brechenden Wellen. Wir schätzen die Windgeschwindigkeit, indem wir die Wellenbewegung einer solchen See beobachten. [Die Windgeschwindigkeit wird in der Beaufort-Skala angegeben, in der auch die Wellenbilder der 13 Beaufort-Stufen aufgeführt sind; z.B.: Windstärke von 6 Beaufort (bft) entspricht einer Windgeschwindigkeit von 22 – 27 Knoten, ca. 40 – 50 km/h. Das Wellenbild wird folgendermaßen beschrieben: „Lange Wellen beginnen sich zu bilden, Kämme brechen und hinterlassen größere weiße Schaumflächen, etwas Gischt“. Die genaue Beschreibung der Beaufort-Skala und ihrer Anwendung folgt in einem der nächsten Posts]

                        3 - Wellen, die durch strömendes Wasser entstehen

                        Wird eine Gezeitenströmung durch eine Engstelle in einem Kanal beschleunigt, so entstehen Wellen. Es handelt sich dabei normalerweise um steile, stehende Wellen, oft mit brechenden Kämmen, die den im Englischen sogenannten „Haystacks oder stehenden Wellen“ auf Wildwasserflüssen ähnlich sind. Echte stehende Wellen bleiben in der Stromschnelle [der Flüsse] immer am selben Ort, auf dem Meer jedoch komplizieren die zusätzliche Dünung und windgetriebene Wellen das Muster, so dass wir dort Wellen haben, die stromaufwärts laufen. Eine solche Engstelle und das raue Wasser in ihrer Umgebung wird als „starker Gezeitenstrom oder Stromkabbelung“ bezeichnet. Das schnellfließende Wasser wirkt ähnlich wie ein Strand, indem es die Basis der Welle so verlangsamt, als ob sie Grundberührung hätte. Dadurch türmt sich die Welle steiler auf - oft bis zu dem Punkt, an dem sie zu brechen beginnt, und der Abstand zwischen den Wellenkämmen wird verringert.

                        Ein sogenannter „Overfall“ (Strömung über Untiefen) entsteht dort, wo Gezeitenströmungen über eine Kante oder Sandbank gedrückt werden. Die Beschleunigung des Wassers lässt Wellen entstehen, die jenen eines starken Gezeitenstroms ähneln. Baut sich Wasser jedoch hinter einer steilen Kante auf und fällt nach unten, dann entsteht ein vertikal zirkulierendes Kehrwasser. Man bezeichnet dieses Phänomen wie auch im Wildwasser als „Walze“. Die durch die Dünung hervorgerufene Interferenz [Interferenz = Überlagerung] lässt diese sich ständig brechende Welle an- und abschwellen, so dass die Fallhöhe des Wassers und damit der Rücksog der Walze ständig wechselt.

                        Stromkabbelungen und Overfalls

                        Die typischen Merkmale von „Stromkabbelungen“ (Gezeitenströme) ähneln denen von Wasser, das in einem Flussbett fließt. An Stellen, an denen der Fluss in seiner Tiefe oder Breite verengt wird, erhöht sich seine Fließgeschwindigkeit. Eine Stromkabbelung entsteht zwischen zwei Ufern oder durch Wasser, das um eine Landspitze herumgedrückt wird. Man bezeichnet sie als „Overfall“, wenn eine Verringerung der Wassertiefe vorliegt.

                        Diese starken Strömungen und auch die Overfalls sind potentielle Gefahrenstellen, an denen vor allem bei Dünung oder Wind besondere Vorsicht angebracht ist. Die See gebärdet sich am unruhigsten, wenn der Wind gegen den Flut- oder Ebbstrom bläst. Sie ist sehr viel rauer, als es bei der herrschenden Windgeschwindigkeit zu erwarten wäre. Selbst eine leichte Brise gegen einen Strom oder einen Overfall reicht aus, um sie aufzupeitschen. Obwohl ein Wind, der mit dem Flut- oder Ebbstrom bläst, die Wellen glättet, ist die See an jenen Stellen mit großer Wahrscheinlichkeit rauer als in anderen Bereichen. Wellen brechen gegen die Tide; paddelt man also mit dem Strom, so erwischt man die brechenden Wellen von vorne.

                        Plant man eine Tour, die auch durch solche Gegenden führt, sollte man über die Windrichtung relativ zur exakten Strömungsrichtung in der Stromkabbelung oder im Overfall genau Bescheid wissen, da die Strömungsrichtung nicht immer der Küstenlinie folgt. Rettungsaktionen in Stromkabbelungen und Overfalls können zu Problemen führen; deshalb sollte man in der Lage sein, das Können der einzelnen Gruppenmitglieder einzuschätzen und im Zweifelsfall abwarten, bis der Strom nachgelassen hat oder den gefährlichsten Bereich umgehen, indem man sich nahe am Ufer hält oder weit auf das Meer hinausfährt, wo die Strömung bereits sehr viel schwächer sein kann. Man sollte sich den Tourenführer gut durchlesen und möglichst vor Ort Erkundigungen einholen.

                        Sicherheit

                        Stromkabbelungen und Overfalls können Probleme verursachen. Es ist nicht immer einfach, die an einem Ort vorherrschenden Bedingungen vorherzusagen, wenn das Meer an einem anderen Ort ruhig ist. Man sollte daher nach Anhaltspunkten suchen, wie zum Beispiel eine leichte Dünung, die das Boot sanft und nahezu unmerklich hebt und senkt, die aber in Stromkabbelungen und Overfalls zu schwerer See werden kann. Dünung lässt sich oft am leichtesten in der Nähe von Felsen und Klippen feststellen, an denen das schäumende Wasser mit erstaunlicher Kraft hochspritzt. Nähert man sich dem Strom, sollte man sich bereits eine Strategie zurechtgelegt haben und die ausgewählte Route noch einmal genau überprüfen. Bestehen Zweifel bezüglich der Sicherheit der Route, so sollte man sich aus der Gefahrenzone zurückziehen, bevor es zu spät ist. Das glatte Wasser in der Nähe einer Strömung kann sehr schnell fließen! Einigen Sie sich auf die Verwendung von Handzeichen. Im Falle einer Kenterung ist der Havarist sehr viel besser sichtbar, wenn er sein Paddel senkrecht über dem Kopf hält. Ein umgekipptes Kajak mit Schwimmer kann selbst auf kurze Distanz schwer auszumachen sein. Unter rauen Bedingungen ist es oft weder angebracht noch sicher, nahe genug zusammenzubleiben, um sich mit Rufen und Pfeifen verständigen zu können. Hochseerettungen können ebenfalls schwierig und gefährlich sein. Man benötigt eine lange Schleppleine, um einen Schwimmer in ruhigeres Wasser zu bringen, oder um abzuwarten, bis er durch den schlimmsten Bereich einer Stromkabbelung hindurchgespült worden ist.

                        Beim Einfahren in eine schnelle Strömung kann eine Gruppe sehr leicht auseinandergezogen werden. Ein Seekajak legt in einer Stromkabbelung 100 m in 15 Sekunden zurück. Diesen Zeitraum benötigt der nächste Paddler allein, um sich auf das Überqueren der Verschneidungszone vorzubereiten. Gruppen, die nahe zusammenbleiben wollen, sollten die Verschneidungszone entweder gleichzeitig oder in sehr kurzen Abständen überqueren und dabei einen spitzen Winkel wählen, um in der Strömung zu „seilfähren“. Die Gruppenmitglieder können dann ihre Boote gleichzeitig stromabwärts drehen lassen und weiterpaddeln.

                        An kleinen Landspitzen entstehen während der Springtiden oft erhöhte Strömungen, die in Seekarten nicht immer als Overfalls oder starke Strömungen eingetragen sind.

                        Schließlich sollte man auch nicht vergessen, dass die Kraft einer Strömung von folgenden Faktoren abhängt:
                        1 - Windstärke und Windrichtung
                        2 - Dünung
                        3 - Kraft der Gezeiten; nicht nur von Spring- oder Nipptiden, sondern auch davon, in welchem Stadium sich Ebbe bzw. Flut befinden. Man sollte sich vor Ort über jede Strömung und jeden Overfall informieren.
                        4 - Höhe der Tide. Bei einigen Overfalls bestehen nur bei bestimmten Wassertiefen erhöhte Gefahr; bei Nipptiden dauern diese Perioden länger als bei Springtiden.

                        Wellenablenkung (Wellenrefraktion)

                        Treffen Wellen auf eine Küstenlinie, so wird ein Ende zuerst Grundberührung haben und sich verlangsamen. Dadurch wird die Weile gezwungen, sich dem Küstenverlauf anzupassen. Dies bezeichnet man als Wellenablenkung oder Wellenrefraktion [Refraktion = Brechung/Ablenkung/Beugung an Grenzflächen]. Aufgrund der Wellenablenkung werden Wellen um über 180 Grad um eine Landzunge herumgedrückt und erreichen so Strände, die eigentlich absolut geschützt liegen. Die Wellenablenkung kann Wellen so weit um Landzungen oder kleine Inseln herumzwingen, dass sie fast senkrecht auf die „geschützte“ Seite auftreffen, und so Clapotis erzeugen. Die Refraktion ist auch für die Hufeisenform der Wellen, die über einzelne Felsen brechen, verantwortlich.

                        Die Wellenrefraktion an einem Surfstrand kann zur Entstehung von Konvergenzbereichen [Konvergenz = Annäherung, Übereinstimmung] führen. Dort werden die Wellen zusammengedrückt und wachsen dadurch an. Ebenso möglich ist die Bildung von Divergenzbereichen [Divergenz = Auseinandergehen], die Fahrwege zum Strand entstehen lassen, an denen es keine besondere Brandung gibt. Solche Divergenzhauptzonen sind ideale Start- und Anlandeplätze in Brandungszonen. Sie sind normalerweise nur an Stellen anzutreffen, an denen sich vor der Küste Sandbänke befinden.

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                        Das Buch „Seemannschaft“, 1969, Delius-Klasing-Verlag erklärt die auf dem Meer anzutreffenden Wellengruppen und das Gesetz der Brecher in diesem Wellensystem etwas genauer als bei Foster dargestellt. Ich halte das Wissen über die Gesetzmäßigkeit dieses Wellentyps für uns Seekajak-Fahrerinnen und -Fahrer besonders wichtig, werden wir doch mit diesen Wellen regelmäßig konfrontiert, insbesondere bei Überfahrten von Insel zu Insel und über weite Buchten in der Ägäis, im Ionischen und im Tyrrhennischen Meer. Außerdem laufen sie, wie oben beschrieben, auch an der Küste auf und können das Ein- und Ausbooten erschweren. Anmerkungen sind wieder in eckige Klammern „[...]“ gesetzt.

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                        Seemannschaft - Das Gesetz der Brecher:

                        Der Seegang besteht nicht aus einzelnen Wellen, sondern aus Gruppen von mehreren Wellen, „Wellenpaketen“. Diese zeigen ein besonderes Verhalten, das man kennen muss. Eine Wellengruppe besteht aus etwa sieben Wellen, die merklich höher sind als alle andern. In einer Gruppe sind meistens die inneren drei die höchsten, die unangenehm werden können, wenn sie zum Brechen kommen. [Das sind die „Hohen Drei“, vor denen ich so Respekt habe.]

                        Die einzelnen Wellen einer Gruppe sind nicht beständig, so dass sie nicht über große Seeräume hinweglaufen, sondern sie sind vergängliche Gebilde. Jede einzelne Welle durchläuft die Gruppe in Windrichtung so, dass die Gruppe nur mit der halben Geschwindigkeit einer Einzelwelle fortschreiten kann. Das erscheint auf den ersten Blick kompliziert, aber man braucht nur zu beobachten, wie langsam eine brechende See voranrollt. Während die Gruppe wandert, verschwindet die vorderste Welle hauptsächlich deshalb, weil sich ihre Energie dadurch erschöpft, dass sie das vor ihr liegende Wasser in Bewegung setzt. Die nächste Welle der Gruppe übernimmt dann die Führung, und nacheinander übernimmt immer die folgende die Energie von der vorhergehenden. Darum ist die Geschwindigkeit der gesamten Wellengruppe nur halb so groß wie die der Einzelwellen. Bricht beispielsweise die vorderste Welle, so überläuft danach die direkt nachfolgende Welle die zuvor übergebrochene und setzt sich in Windrichtung, also in Lee, hinter die übergebrochene, um dort ebenfalls überzubrechen. Das Spiel wiederholt sich, bis die letzte Welle der Gruppe, vorne angelangt ist. Dabei bildet sich ein längerer Streifen übergebrochenen Wassers, in dem es für einige Zeit ruhiger sein wird. Dies ist der geeignete Augenblick zum Wenden beim Aufkreuzen. Es hat sehr lange gedauert, bis man das Gesetz der Brecher erkannte.

                        Erfahrungen von Ozeanseglern zeigen, dass bei schwerem Wetter eine Yacht etwa alle halbe Stunde von einer brechenden See eingedeckt wird. Sollte das Boot dabei viel Wasser machen, hat man unmittelbar danach immer die Möglichkeit zu lenzen; denn es wird etwa eine halbe Stunde vergehen, ehe die neue brechende See einsteigt.

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                        Die im letzten Absatz erwähnte halbe Stunde gilt allerdings nur auf hoher See. In beengten Verhältnissen wie in Buchten sind die Intervalle der „Ruhephasen“ mit den angenehm niedrigen Wellen kürzer; das heißt aber auch, der Paddler wird mit den „Hohen Drei“ öfters belästigt. In der Regel ist im buchten- und inselreichen Mittelmeer, in dem sich Kanuten tummeln, der Fetch noch nicht so lang, dass er diese „hohen Seen“ aufbauen kann, es sei denn, der Wind treibt die Wellen vom offenen Meer direkt in die Bucht. Dann allerdings ist mit dem Schlimmsten zu rechnen. Zum Glück kommt das aber relativ selten vor.

                        Am gefährdetsten dabei sind im Mittelmeer die Westküsten Griechenlands und Italiens, mit ihren vorgelagerten Inseln - auch Korsika, Sardinien und Sizilien sind davon betroffen. Hier können sich bei Westwinden, mit einer offenen Wasserfläche von über 500 km, die Stürme Libecciu und Ponente (siehe in diesem Thread, Post #95) aufbauen, die dann gewaltige Massen am Wasser transportieren, mit den oben beschriebenen Auswirkungen.

                        Mit dem entsprechenden Wissen über Wetter, Wellen, Brandung und über die Besonderheiten vor Ort sollte man sich aber dennoch nicht aufhalten lassen, eine Küsten-Paddeltour in den genannten Gebieten zu planen und auch durchzuführen.

                        Viele Grüße
                        Beyond
                        Zuletzt geändert von Beyond; 06.08.2011, 02:23. Grund: Links eingebunden

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                          #52
                          AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                          Hej Tizzi,

                          das finde ich ganz große Klasse, dass Du uns bei der Planung von „Korsika 2011“ unterstützen willst. Sebastian (sejoko) muss das Wasser direkt im Mund zusammengelaufen sein, als er von den schönen Orte in Deinem Post gelesen hat - so schnell wie er Dir geantwortet hat.

                          Darf ich jetzt einen Vorschlag machen? Ja?! Ich mach ihn einfach einmal.

                          Sebastian, könntest Du Dich federführend um Korsika kümmern? Ich meine da: Land und Leute, Essen und Trinken, Übernachtungsplätze und schattige Mittagserholung usw. Du warst schon einmal auf der Insel. Ich habe sie nur hinter dem Horizont vermuten können.

                          Dann kümmere ich mich mehr um das Grobe, wie Paddel-Theorie (wie bisher), evtl. Ausrüstung nach Suomalees Deviese: Wenig ist mehr, noch weniger ist besser, gar nichts ist ... na, lassen wir das mal.

                          Tizzi, nochmals vielen dank für Dein Angebot.

                          Viele Grüße
                          Beyond
                          Zuletzt geändert von Beyond; 25.11.2010, 18:16.

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                          • Beyond
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                            • Meine Reisen

                            #53
                            AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                            Hej Dischi,

                            na ja, wenn Du Herbert Rittlinger auch noch kennst, dann gehörst Du bestimmt zum Urgestein der Freiluft-Enthusiasten der Nachkriegsgeneration.

                            Das Buch habe ich mir mit 14 Jahren gekauft, als es neu erschienen war. Zuvor hatte ich auf die hektographierten, übel nach Spiritus stinkenden und an die grauenhaften Übersetzungs-Vorlagen bei Englisch-Schulaufgaben erinnernden Abzüge von den Pfadfindern zurückgreifen müssen, weil man sonst keine Informationen über das Leben „draußen“ erhielt. Es war damals eine schreckliche (Schul-)Zeit! Ich glaube sogar, der „Rittlinger“ war das erste Buch in meinem Leben, das ich freiwillig (!) ganz durchgelesen habe. Als Niederbayer und Holledauer ist man im Deutschunterricht damals schon an seine Grenzen gestoßen. Dennoch, das Buch war der Eckpfeiler meines späteren Outdoor-Lebens.

                            Du hast „neue“ mit einem Fragezeichen versehen. Es war tatsächlich die Neue Schule das Kanusports. Rittlinger hatte darin bereist die GFK-Boote beschrieben die damals als modern und innovativ galten. Das war auch der Grund gewesen, warum mein erstes Paddelboot ein Kunststoffkahn wurde.

                            Weil meine Eltern ihre Nerven schonen wollten, ich lag ihnen die ganze Zeit in den Ohren und „penzte“ ins sie hinein, kauften sie mir das Paddelboot.

                            Komischerweise das Erste was ich am Tegernsee im Internat mit dem Boot unternahm, war das Aussteigen üben. Ich hockte mich hinein, nahm das Paddel, stieß mich vom Ufer ab und kippte mich um. Sicherheit war damals schon für mich äußerst wichtig! ... Zugegeben, zum ersten Mal in einem schmalen Boot, das erste Mal ein Paddel in der Hand, es war da ein Leichtes das Aussteigen zu üben. Das kam ganz von selbst, als ich das Paddel verkantet hatte und ich plötzlich keinen Wasserwiderstand mehr spürte. Aber zugegeben hatte ich meinen „Umschmiss“ vor meinen Klassenkameraden natürlich nicht, sondern immer wieder den absolut notwendigen Sicherheitsaspekt betont – wenn sie mir auch nicht geglaubt haben.

                            Bei meinen Seekajaktouren habe ich bei meinen Kenterungen noch nie ernste Probleme gehabt, auch wenn ich die Eskimorolle nie geschafft habe. Am Anfang reichte das Hochdrehen immer bis zum Schnaufen, vermutlich fehlte der Hüftknick. Wenn dann das Atmen nicht mehr möglich war, stieg ich einfach aus. Ich steh zu dem, dass ich die Rolle nicht beherrsche! Was soll's? Trotzdem macht mir das „Seekajaking“ Spaß.

                            Viele Grüße
                            Beyond

                            PS: Hattest Du heuer schon oder hast Du noch, Deinen „Runden“?

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                            • Suomalee
                              Erfahren
                              • 15.10.2010
                              • 233
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                              #54
                              AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                              Hallo zusammen,

                              Das bald verlorene Paradies hab ich mal vom Rittlinger gelesen...
                              und ein Buch dass von zwei Frauen handelt, die in der Vorkriegszeit im Faltboot die kroatische Adria eroberten... Aber da kann ich mich an den Titel nicht mehr erinnern.
                              Kennst Du das Beyond?
                              Mich frisst gerade der Alltag auf und ich habe keine Kapazitäten - bin froh, wenn ich mit dem Lesen hinterher komme...
                              Aber es ist schööön spannend, was hier alles zusammen kommt!

                              Liebe Grüße von LEE aus einem leicht bezuckerten Berlin
                              Die Welt ist ein schönes Fleckchen Erde!

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                              • Prachttaucher
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                                • 21.01.2008
                                • 11905
                                • Privat

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                                #55
                                AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                                Wenn jetzt Herbert Rittlinger angesprochen wird, muß ich mich jetzt hier doch auch mal zu Wort melden. Ein echter Seekajaker bin ich nicht, aber zumindest ist der Appetit nach zwei Schären-Touren geweckt worden.

                                Habe einige Rittlinger-Bücher, oft antiquarisch besorgt. Das "Paradies" ist schön, mein Lieblingsbuch ist wohl die "Amphibische Reise zu verlorenen Inseln" das (wer hätte das gedacht) größtenteils bei mir um die Ecke auf der Nordsee entstanden ist. Die "neue Schule..." wurde mir vom Vater in die Hand gedrückt. Begriffe wie der "Bootskühlschrank" sind noch immer unvergessen.

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                                • Ditschi
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                                  Liebt das Forum
                                  • 20.07.2009
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                                  #56
                                  AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                                  Hallo,
                                  habe von Rittlinger noch im Bücherschrank:
                                  " Faltboot stößt vor"
                                  "Ganz allein zum Amazonas"
                                  "Schwarzes Abenteuer"
                                  Beyond, Dein "PS" habe ich leider nicht verstanden, sorry.
                                  Gruß Ditschi

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                                  • Beyond
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                                    #57
                                    AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                                    Hej Ditschi,

                                    da muss ich Dich bewundern. Deine Rittlinger-Bibliothek sieht sehr vielversprechend aus. Ich habe nur dieses eine Buch von ihm, obwohl meine Büchersammlung, die ich im Dachgeschoss eingebaut habe, gut und gerne an die 2500 Bände umfasst. Ich besitze sogar einen kleinen Band aus dem Jahr 1953 über Kapitän Romer und seiner Atlantiküberquerung.

                                    Ehrlich gesagt, ich freue mich immer wieder, wenn ich in meinen alten Tagen mit 62 Jahren noch Seekajakreisen mit 1.700 km an einem Stück durchführen kann, wie heuer geschehen und ich bei Badegängen vom Boot aus immer noch problemlos und ohne Hilfsmittel in den Kajak einsteigen kann. Mein „PS“ bezieht sich auf die Zahl 1950 und wenn ich richtig gerechnet habe, wäre da heuer ein "Runder" angefallen.

                                    Viele Grüße
                                    Beyond
                                    Zuletzt geändert von Beyond; 26.11.2010, 02:31.

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                                    • Beyond
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                                      #58
                                      AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                                      Hej Prachttaucher,

                                      aus „Die Neuen Schule des Kanusports“ von Herbert Rittlinger habe ich so manche Anregung für das Leben in der freien Natur aufgegriffen, verwirklicht und meinen Bedürfnissen angepasst. Outdoor-Freaks müssen nicht immer den neuesten Trends, den die Industrie auf den Markt wirft und dann in Werbekampagnen an den Mann / die Frau bringt, nachkommen. Oft ist das Altbewährte immer noch die bessere Variante für das Leben draußen. Siehe den von Dir erwähnten Bootskühlschrank. Von der Moderne sollten wir nur das übernehmen, was wirklich zu einer Verbesserung führt.

                                      Es ist sehr gut, wenn hier im Forum wieder alte Techniken aufgegriffen, diskutiert und verbessert werden. Als Beispiel möchte ich den Hobo-Ofen anführen, mit all seinen Varianten, dann das Mini-Beil, mehr ein Mikro-Beil oder die Sparten über Zelte, Tarps, Messer, Bootsbau und natürlich Kleidung.

                                      Viele Grüße
                                      Beyond

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                                        #59
                                        AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                                        Hallo Suomalee,

                                        Von Herbert Rittlinger habe ich leider nur die „Neue Schule“ zu Hause im Regal stehen und gelesen. Die andern Bücher kenne ich nur dem Titel nach. Von einer Faltbootreise von zwei Frauen in der kroatischen Adria ist mir leider nichts bekannt.

                                        Vielleicht erinnern sich andere „Rittlinger-Leser“ hier im Forum an dieses Buch. Es wäre sehr interessant über so eine Tour aus der Vorkriegszeit einmal etwas mehr zu erfahren.

                                        Viele Grüße
                                        Beyond

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                                        • Prachttaucher
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                                          #60
                                          AW: ...mein seekajakherz ausschütten...

                                          @ Ditschi : Die drei habe ich auch hier stehen und noch das 1959 erschienene "Mit dem Faltbot nach Indien" H.Velder.

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