[ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

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    #21
    AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

    Ja, Gomera ist verdammt steil. Die Sonne auch. Ohne Kopfbedeckung geht das doch gar nicht. Und mit 20-kg-Rucksäcken ... naja, wer's mag . Ansonsten ein schöner Bericht für all die Experten hier, die Wanderurlaub mit Freundin in riesige Unsicherheiten stürzt.

    Warum die Fähren Fred Olsen heißen, für die Norwegenfreunde:
    Die Olsenbande
    Zuletzt geändert von ; 21.07.2010, 08:38.

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    • Mika Hautamaeki
      Alter Hase
      • 30.05.2007
      • 3979
      • Privat

      • Meine Reisen

      #22
      AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

      Oh Mann, ich hab mal wieder herzlichst gelacht. Super geschrieben und umwerfende Bilder...Freue mich auf die Fortsetzung!
      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
      A. v. Humboldt.

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      • Sapbattu
        Fuchs
        • 27.05.2009
        • 1716
        • Privat

        • Meine Reisen

        #23
        AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

        Der Mann im jungen Alter Gandalfs mit der heroischen Statur Gimlis ....


        Du hast das Glück aber auch mit dem groooßen Löffel ....
        Dass es nichts zu erreichen gibt,
        sind keine leeren Worte,
        sondern die allerhöchste Wahrheit
        >> Huang Po <<

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        • peter-hoehle
          Lebt im Forum
          • 18.01.2008
          • 5175
          • Privat

          • Meine Reisen

          #24
          AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

          "Wir drehen beide total durch. Aufgrund der dicken Mauern ist das Wasser innen eiskalt, darüber hinaus ist es Süßwasser! Wir haben tatsächlich eine Oase gefunden. Wir stecken beide unsere Köpfe ins kristallklare Wasser. Das Stammhirn weiß nicht mehr wie es die Temperatursignale interpretieren soll, der Körper schwitzt aus allen Poren, doch die Schädeldecke ist nahe dem Nullpunkt. Ein wunderbares, wenn auch leicht schwindelerregendes Gefühl."

          Für die Textpassage gibt es

          @ Pempi

          Von dem Aussichtspunkt bei Arure (hinter dem Viadukt)
          geht an der rechten Talseite ein Camino runter nach Taguluce,
          und auf der linken Seite wieder hoch.Der Weg ist der Hammer.
          Super Aussichten und tolle Farben.*inerinnerungenschwelg*
          Freu mich auf die Fortsetzung.

          Gruß Peter
          Wir reis(t)en um die Welt, und verleb(t)en unser Geld.
          Wer sich auf Patagonien einlässt, muss mit Allem rechnen, auch mit dem Schönsten.

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          • hrafn

            Erfahren
            • 06.08.2009
            • 418
            • Privat

            • Meine Reisen

            #25
            AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

            Klasse Bericht! Weiter, weiter...
            Bekennender Kampfradler!

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            • Antracis
              Fuchs
              • 29.05.2010
              • 1280
              • Privat

              • Meine Reisen

              #26
              AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

              Wirklich schöner und vor allem unterhaltsamer Bericht.

              Scheint ja auch nicht überlaufen zu sein dort - und wäre aus meiner Sicht auch schön was für Herbst oder Frühling, wo es dann vielleicht nicht ganz so heiss ist.

              Aber wildes Zelten ist da vermutlich verboten, oder ? Wie war es denn diesbezüglich, fühltet ihr Euch hinreichend unbeobachtet ?
              Hatte so in Erinnerung, dass es im Süden recht schnell sehr teuer werden könnte, wenn man erwischt wird ?

              Gruß
              Sascha

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              • bodach
                Erfahren
                • 19.02.2008
                • 286
                • Privat

                • Meine Reisen

                #27
                AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                Salve

                Nach dem ich euren skandinavienfilm schon mal sehr grandios fand muss ich ier doch gleich mal sagen: satte Farbbilder. sehr stilvoll. Gut fotografiert und bearbeitet.
                Bestimmte Technikreihenfolge oder mit "multiply", nachbelichten, farbwerte,Schärfe...gespielt?

                Rehspeck!

                Bodach

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                • Pempi
                  Anfänger im Forum
                  • 25.08.2007
                  • 31

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                  Hallo ihr Lieben,

                  der weitere Bericht kommt wohl noch huete Abend, ich will an dieser Stelle nur mal auf ein paar Fragen eingehen:

                  * Unsere Tagesetappen waren bisher:

                  Anreise: ca. 5000 Km - Ich wollte mein Jetpack benutzen aber Nadine war für ein Flugzeug
                  Tag 1 - ca. 10 Km
                  Tag 2 - 11,5 Km
                  Tag 3 - Viele Km im Auto

                  * Zelten:
                  Wildcampen ist auf la Gomera (bzw. in ganz Spanien) generell verboten. da sich die Polizeipräsenz hier jedoch auf die Orte und Hauptstraßen beschränkt, kann man dies in etwas abgeschiedenen Ecken bedenkenlos tun. Achtung: Am Strand lauert einem evtl. die Wasserschutzpolizei auf. Nicht zu empfehlen.
                  Hauptsaison ist übrigens Oktober bis Februar - Nicht zu warm, nicht zu kalt.

                  * Fotos: Es lebe SilverFx
                  If you're going through Hell... Just keep on going

                  Kommentar


                  • Pempi
                    Anfänger im Forum
                    • 25.08.2007
                    • 31

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                    27.06.2010

                    Der Wecker Klingelt um 8.oo Uhr. Mein linkes Augenlid öffnet sich einen Spalt, die einfallende elektromagnetische Strahlung wird über die Netzhaut an den Sehnerv weitergeleitet. Resultat dieser empirischen Studie: Gammawert zu hoch! Schotten dicht. Ich drücke Snooze. Der Wecker klingelt um 8.05! Ich drücke Snooze. 8.10! Klappe. 8.15! Zu früh. 8.20! Ich will noch pennen.

                    Wir spielen das Spiel, bis ich es um Punkt 9.oo Uhr für einen guten Moment empfinde, mich eines neuen Tages zu widmen. Ich stehe auf und mache mich fertig um rechtzeitig bei der Autovermietung zu sein. Nadine bleibt noch liegen und will später Frühstück machen. Ich schlendere also vom Apartment los in nördliche Richtung. Da unser Apartment direkt am Strand liegt nutze ich die Promenade um der Stadt beim wachwerden zuzusehen. Selbst nach nur drei – wenn auch sehr intensiven – Tagen in der Einsamkeit fühlt es sich schon etwas komisch an wieder zurück in den normalen Städtischen Trott zu fallen. Ich stelle mir diese schwer philosophischen Fragen, ob der ganze Luxus die Gesellschaft als Entität tatsächlich verbessert und wirklich notwendig ist. Was wollte ich heute doch gleich machen? Achja, Auto mieten. Ganz wie erwartet hat die Autovermietung, welche laut Schild um 9.oo Uhr öffnet, um halb 10 noch geschlossen. Ich verbringe meine Wartezeit mit weiterem flanieren und richte meinen Blick auf den Atlantik, welcher von hier aus unendlich scheint.

                    Als ich zurückkomme gießt die Besitzerin des Ladens gerade ihre Blumen, welche zwar in Reih und Glied vor der Einfahrt platziert, jedoch komplett vertrocknet sind. Ich ziehe in Erwägung sie darauf hinzuweisen, dass ihre Rosen aussehen wie die halbtoten Kakteen, die wir an den verlassenen Felshäusern sahen - Besinne mich dann aber darauf, dass es mich in eine deutlich schlechtere Verhandlungsposition bringen würde. Der Hof sieht zwar sehr trocken und staubig aus, dennoch kann sich ihr Fuhrpark sehen lassen. Hier schlummern Boliden wie der 1,4 Liter VW Polo oder ein brandneuer Skoda Roomster. Ich entscheide mich jedoch für die Budget-Variante und befinde meine Wahl mit 23€/Tag für einen Mietwagen einen sehr guten Preis. Immerhin ist es ein weißer Fiat-Panda – Die 1,2 Liter „Natural Power“-Version mit 8 Ventilen und 52 PS!! „This car may be small, but it’s really rather spacious and clever.” – James May würde mir zustimmen.

                    Nadine wartet im Apartment bereits mit dem Frühstück auf mich, welches wir auf unserem neu erkämpften Balkonien auch sogleich einnehmen. Unser erstes Ausflugsziel für den heutigen Tag soll der Wasserfall bei El Guro sein. Laut Touri-Info in San Sebastian ist dieser zwar „completely dry in the summer“, doch wollen wir nach den nutzlosesten Wandertipps seit Beginn der Aufzeichnung diesmal unser eigenes Glück probieren.







                    Wir nutzen unser neues frontgetriebenes Vehikel und fahren die Straßen durch Valle Gran Rey bis zur Einstiegsstelle in den Pfad. Dieser geht hier zunächst entlang einiger Gärten und Häuser, sowie einer Bananenplantage, bis wir am eigentlichen Wegbeginn ankommen.

                    Ab hier geben wir Vollgas. Ohne Rucksack fühle ich mich wie in einem neuen Körper wiedergeboren. Statt schwerfällig wie Horst Schlämmer bin ich nun agil und kampfbereit wie Usain Bolt, bereit für neue Rekorde und von der Fachpresse gefeiert zu werden.


                    Horst Schlämmer - Usain Bolt

                    Der Pfad überrascht uns hier dennoch. So geht es nach einer ersten kurzen Kletterpassage am – und große Teile auch IM Flussbett des Wasserfalls entlang, welcher scheinbar kein bisschen ausgetrocknet ist. Lange Wasserstraßen sind tatsächlich nicht das, was wir von einem Wanderweg erwarten, trekken aber dennoch mit hoher Geschwindigkeit hindurch. Die Augen blicken hier stur auf den Boden um von einem Stein zum nächsten zu springen – und bloß nicht ins Wasser zu plumpsen. Nadine zieht auf diesen Teilen gut mit und überholt mich des Öfteren - was ich natürlich nicht auf mir sitzen lasse und versuche mir eine bessere und schnellere Route rauszusuchen. Stock da, der Stein, Sprung über den Fluss, dann durch das Schilf, dahinter den Berg hoch und weiter – Kacke, Sie holt auf. Ich komme mir vor wie ein französischer Parkour-Läufer, der mit seinem Besten Kumpel gerade durch die Hinterhöfe Pariser Vorstädte springt – nur eben im Dschungel. Tief hängenden Ästen und Palmenblättern ausgewichen (Nadine vernimmt hin- und wieder ein *Klonk* - Au, mein Kopf), kommen wir nach gut einer Stunde beim Wasserfall an.

                    Und was für eine Enttäuschung. Vom Wasserfall läuft nur in etwa so viel Wasser wie aus der Nase eines Fünfjährigen dem der Lutscher geklaut wurde. Langsam dröppeln ein paar Wassertropfen den Hang hinunter, welche sich jedoch in einem kleinen Becken zum Fuße des Berges sammeln. Nadine entledigt sich recht bald ihres Schuhwerks und steifelt die ersten Meter ins Kristallklare Wasser. Ich zögere, tue es ihr dann aber gleich. Beim entkleiden meiner Wandermauken nimmt die gesamte Tourischaft um uns herum abrupt Sicherheitsabstand von 5 Metern ein.







                    Recht bald entscheiden wir uns jedoch umzukehren, da der Wasserfall wenig spektakulär und der Weg an sich ohnehin den meisten Spaß gemacht hat. Auf dem Rückweg legen wir ein kleines Fotoshooting in der wunderschönen Umgebung ein. Hier wälze ich mich rechts und links durch den Dreck um irgendwie meinen Allerwertesten in die beste Position zu schieben. Plötzlich knackt es unter meinen Knien. Na großartig! Ich habe mich gerade auf meine brandneue Sonnenbrille gesetzt! Wortlos gehe ich den Weg zurück. Ich ärgere mich.


                    Man konnte mich sehr weit fluchen hören

                    Da am heutigen Tag noch das WM-Spiel der Deutschen gegen die Engländer stattfinden soll, entschließen wir uns für den Nachmittag eine Bar mit Fussballübertragung zu suchen. In der Nähe unseres Apartments werden wir dann jedoch schnell Zeuge des tatsächlichen Tourismus im zweitgrößten Ort der Insel. Vor Vuvuzelas und Feinrippshirts gibt es auch hier kein entkommen. Die ersten beiden Bars sind bereits so voll, dass wir weiterziehen. Schließlich lassen wir uns in einer Bar eines deutschen Aussteigers nieder. Anhand Frisur, dicke der Goldkette und Schlabberhose tippe ich namentlich auf etwas wie Udo oder Ulf. Etwas kurzes knackiges. Aber immerhin kein Feinripp. Wir bestellen einen Liter Bier pro Kopf und richten unsere Augen zum Anstoß auf die 150 cm Bilddiagonale des LCD-Flachbildschirms. Es dünkt mir langsam, dass wir in dieser Bar ausschließlich von deutschen Fußballfans umgeben sind, denn als Mario Gomez eingetauscht wird tönt es plötzlich aus allen Ecken: „Oooah, nicht Gomääz! Der kannix!“. Umgehend fühle ich mich wie beim Public viewing in ‚Ahmeds Eckkneipe‘, Neukölln. Das Bier leistet hier aber die nötige Abhilfe um die Mimese meinerseits zu perfektionieren. Glücklicherweise lassen sich die Briten 4:1 von uns abschießen, was die Euphorie im Laden durchaus antreibt. Die restlichen Dorados tun ihr übriges.

                    Wieder zurück im Apartment werfen wir einen Blick auf die Karte, bis die Wirkung des Bieres ihre volle Power ausbreitet und uns beide ins Koma knockt. Gegen Abend wachen wir beide wieder auf und nutzen ein weiteres Mal das Benzingetriebene Fortbewegungsmonster um eine Runde über die Insel zu pandisieren.



                    Wir fahren diverse Viewpoints des Garajonai-Nationalparks an um die Aussicht zu genießen und Fotos zu machen… Jedoch fühlt es sich schon bald langweilig an, von einer Plattform zur nächsten zu fahren. Wir machen deswegen noch einen letzten eigenen Zwischenstopp mitten im Wald. Den Panda am Baum angeleint warten wir hier einfach paar Minuten in das einnehmende Nichts des Waldes hinein. Die Vegetation gibt sich hier ganz anders als bisher auf La Gomera erlebt. Alles ist grün, weiches Moos belegt den Großteil des Waldbodens und Pilze aller Arten sprießen die Bäume hinauf.



                    Auf dem Rückweg halten wir noch ein weiteres Mal an einer gesperrten Bergstraße, die früher Valle Gran Rey mit dem Rest der Insel verbunden haben muss. Hinter den Absperrungen findet sich hier ein von herabfallenden Gesteinsbrocken komplett zerstörter Straßenabschnitt. Ich frage mich welches Desaster wohl dazu geführt hat, dass diese Straße schlussendlich geschlossen wurde. Der Anblick der vielen Felsbrocken und durchbrochenen Leitplanken gibt der Vorstellungskraft die nötige visuelle Hilfestellung.





                    Wir erahnen was die Insel noch an Repertoire zu bieten hat und freuen uns auf die kommenden Tage.


                    28.06.2010

                    Neben mir hustet es. Nadine hat seit dem dritten Tag auf der Insel angefangen mal mehr und mal weniger stark –dennoch kontinuierlich – zu husten. Zwar haben wir uns am Vortag in der Apotheke mit ein wenig Anti-Hust eingedeckt, doch kann man von ‚geheilt‘ noch nicht sprechen. Aus Gründen eines mir völlig unbekannt-neuen biologischen Schwingungsrythmus stehe Ich auf, bevor der Wecker klingelt(?!). Unwissend, was ein Mensch mit dieser komplett sinnfreien Zeit anfangen soll, beginne ich Klar-Schiff zu machen. Nadine folgt mir wenig später. Das Apartment ist schnell aufgeräumt und die Rucksäcke gepackt, sodass wir die Bude theoretisch verlassen können. Doch wo geben wir eigentlich den Hausschlüssel ab? Der kleine dicke Mann (Gimli) gab uns weder eine Telefonnummer, noch gibt es hier eine Rezeption.

                    Ah, stell dich nicht so an!“ – Nadine platziert die halb-leere Rotweinflasche vom Vorabend neben den Schlüsseln auf dem kleinen Esstisch. „So, hier – mit ner Flasche Wein als Dankeschön.
                    Das muss er sein, der berliner Pragmatismus. Gefällt mir!

                    Schweren Herzens geben wir auch unseren Panda zurück an die Pflegerin in sein Gehege, und frühstücken ein letztes Mal in der ‚Deutschen Bäckerei‘. Der junge, etwas (schwer) bekifft wirkende Weltverbesserer an der Kasse, gibt uns noch ein paar seiner Lebensweisheiten – warum Cola Light giftiger ist als normale Cola - mit auf den Weg. Er untermauert seine Thesen damit, dass schließlich alle Amerikaner fett seien und der Aufsichtsrat von Nestlé in einer Pyramide neben den Illuminaten tagt. So oder ähnlich wars, ich kann mich nicht mehr ganz entsinnen. Wir nehmen unkommentierend unser Vollkorn-Dinkel entgegen und genießen Lachs-creme sowie getrocknete Salami.

                    Im weiteren Verlauf des Vormittags soll uns wieder einmal die Nutzlosigkeit der hiesigen Touristen-Infos demonstriert werden. Bei einem Hausbesuch der kleinen Holzhütte an der Hauptstraße Walle’s wollen wir die kompetente Fachkraft um ihren Rat nach einer Route durch den Garajonai Nationalpark bitten. Unsere Wahl fällt beim sondieren der Karte recht bald auf eine Strecke von ‚Alto de Contandero‘ bis nach ‚El Cedro‘, dem einzigen Campingplatz der Insel. Hier wollen wir erneut campen.

                    But it is over 10 Kilometers, you will mabe not make it.

                    Watt? Na ich zeig dir mal wo der Frosch die Locken hat, wir sind schon weit über 12 Kilometer und 1000 Höhenmeter bei 35°C ohne Schatten und Wasser gewandert. So ein Pupsweg im Grünen wird uns da nichts anhaben können. Entgegen den Rat der Touristendame fällt die Wahl auf eben diese Route.

                    Aus Valle Gran Rey (Walle) bis zum Einstiegspunkt des Pfades müssen wir mit dem Bus bis zur Mitte der Insel fahren. Da wir an den kommenden Tagen mit dem Schatten der Lorbeerbäume rechnen genießen wir noch einmal die Sonne am Strand mit einem Eis in der Hand.

                    Die Busfahrt nach Alto de Contandero ist mit 45 Minuten angesetzt. Für Nadine stellt dies jedoch ein grenzwertiges Extrem dar: Der Bus wird innerhalb dieser Zeit 1300 Höhenmeter erklimmen - was haufenweise Serpentinen, Kurven und die eventuelle Exmatrikulation jeglichen Vollkorn-Dinkels bedeutet. Der Busfahrer kommt uns in dieser Hinsicht auch wirklich nicht entgegen, so verwechselt er seinen 50 Passagier MAN-Reisebus mit einem Ferrari F 430 Spyder und ballert stets mit Vollgas über die engen Straßen. Sogar ich halte während dieser Rundreise das ein oder andere Mal Rücksprache mit meinem Magen, beim Blick zu Nadine wird mir jedoch schnell bewusst, dass es mir noch sehr gut geht. Sie kämpft.



                    Nach endlos langen Serpentinen schmeißt uns der Busfahrer in Alto de Contandero vor die Schiebetür. „Das war echt grenzwertig eben“ lässt meine langsam wieder Farbe bekommende Freundin verlauten. Wir satteln die Rucksäcke auf. Ich gehe den ersten Schritt, als von hinten ein Rülpser in Lautstärke an mir vorbeizieht, wie ich ihn bis Dato von nur wenigen Humanoiden gehört habe. „Sorry, aber musste sein! – Die Busfahrt…“ Der Weg entlang der Hauptstraße gestaltet sich schöner als erwartet. So haben wir bei der ein oder anderen freien Waldschneise wunderbaren Blick auf den Teide, welcher zum Fuße hin im Wolkenmeer versinkt.





                    Nach ca. 20 Minuten erreichen wir den Parkplatz an dem sich auch der Einstig zum Wanderpfad befindet. Neben dem Pfad steht ein Schild, welches sich wie folgt liest: „El Cabrito – 5,6 Km“. 5,6 Kilometer? Ich denke Elf? Wir vergleichen die Info mit unserem Wanderführer und lesen: „El Cabrito, 5,6 Km (Hin- und zurück 11,2 Km)“. Also dachte die Touristen-Tussi, dass wir den Weg wieder zurück gehen? Trotz Rucksäcken und obwohl wir ihr von unseren Campingabsichten erzählten? Wir schütteln den Kopf und entschließen uns weitere Touristeninfos ab jetzt weit zu umgehen. Fast enttäuscht über einen wohl recht kurzen Wandertag machen wir uns dennoch auf in den Lorbeerwald, welcher erst einmal steil bergab geht. Die Landschaft um uns herum ist hier wirklich äußerst grün, komplett anders als wir sie die ersten 3 Tage im Süden der Insel wahrgenommen haben – Richtig spektakulär sieht die Vegetation hier erstmal trotzdem nicht aus, eher wie der Sachsenwald bei Hamburg. Bäume und Zweige eben. Dazu gibt es wirklich nicht viel zu sagen. Der Pfad steigt weiter in unsere lieblingsvertikale, gerade Strecken gibt es auch hier kaum. Nach ca. einer Stunde wandern ändert sich die Vegetation jedoch so langsam vom Sachsenwald hin zu Dem, was ich durch unzählige Bilder und Berichte in meinem Kopf als Vorstellung verankert hatte. Dicke moosbewanderte tiefgrüne Bäume, Pilze, die die Rinden emporwachsen und immer größer werdende Farne, welche langsam im Takt des Windes wanken. Ich erkläre die Umgebung für abenteuerlich romantisch. Wir kämpfen uns immer tiefer in den dichter werdenden Wald und erreichen kaum ausgetretene Pfade. Der Nebel hat inzwischen stark zugenommen und erinnert mehr und mehr an den Verbotenen Wald aus Harry Potter.

                    An einer Stelle des Weges hören die Bäume direkt um uns herum schlagartig auf, sodass die Lichtung nun einen Blick auf den gegenüberliegenden Hang und das Tal in welchem wir uns befinden frei gibt. Da schlägt es Nadine und mich im selben Moment: Kamboscha – Kamerun – Kolumbien? Wo zur Hölle sind wir denn hier gelandet? Nadine und ich stimmen überein, dass wir an einer Stelle des Pfades falsch abgebogen sind, und aus noch zu klärenden Gründen nun im Dschungel Afrikas stehen. Ca. 100 Meter über uns hängt eine Große graue Wolke und versteckt die Bergspitzen, an den Berghängen vermodern ein paar verlassene Hausruinen. Grillen zirpen – man schmeckt die Feuchtigkeit in der Luft. Es ist doch einfach unglaublich, wie diese kleine Insel einerseits eine tödliche Wüste und andererseits einen kleinen Regenwald auf weniger als 25 Km Durchmesser beherbergen kann. Mit hängender Kinnlade ziehen wir weiter.



                    Vorbei geht es noch an einer kleinen Eselfarm, wo wir empirisch feststellen, dass Esel tatsächlich relativ dumme Tiere sind. Nach einer guten Stunde erreichen wird den Campingplatz „El Cabrito“. Der Zeltplatz ist in Treppenform an einem Hang angelegt, sodass man zwischen den beiden Bergketten auf linker und rechter Seite bis zum Atlantik hindurchsehen kann. Wir treten in das Haus, welches am ehesten nach Rezeption aussieht und finden auch prompt die Besitzer. Der Platz wird von einem Ehepaar mit ihren 2 Töchtern betrieben, welche allesamt kein Englisch sprechen. Auch hier soll Nadine wieder einmal mit ihrem Spanisch glänzen. Bei der Anmeldung wundere ich mich jedoch über den vielen Papierkram, den wir ausfüllen müssen. Die nette Dame schreibt im Rennschneckentempo sämtliche Daten unseres Personalausweises ab, um dann ganze 2€ pro Person zu verbuchen! Zwar hat allein das Papier für sämtliche Anmeldebögen mehr gekostet, doch nach Wirtschaftlichkeit kann man bei 4€ ohnehin nicht fragen. Ich sehe es eher als eine Art verkalkulierter Freundschaftspreis und freue mich über diesen brillanten Fund. Beim Aufbau des Zeltes stellen wir dann fest, dass wir tatsächlich die einzigen Camper auf dem ganzen Platz sind. Im selben Zuge rekapitulieren wir und stellen fest, dass wir bisher die einzigen Rucksacktouris auf der Insel zu sein scheinen. Getroffen haben wir jedenfalls noch niemanden mit Rucksack.



                    Die Familie des Campingplatzes kredenzt uns später noch ein wunderbares Abendmahl und Nadine und ich philosophieren über zukünftige Trips in die weite Welt. Sie hat also Blut geleckt! Perfekt! Wir planen die Route für die kommenden Tage und legen uns alsbald unsere tragbare Herberge.

                    Zuletzt geändert von Pempi; 02.08.2010, 00:10.
                    If you're going through Hell... Just keep on going

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                    • Gast-Avatar

                      #30
                      AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                      Noch 28 Tage Baby. 28 Tage.

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                      • Nicki
                        Fuchs
                        • 04.04.2004
                        • 1304
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                        Schön erfrischend geschrieben.

                        Ja- Gomera ist gar nicht so Einfach und wird sicherlich oft Unterschätzt.
                        Jedes Jahr gibt dort Verletzte, und auch Tote!
                        Eine gute Planung ist da Pflicht.

                        Fotos- ich find sie teils schön
                        - aber teils auch Bonbon Farben, viele haben deutliche Vignettierungen, ein paar sind mächtig schief

                        Gruß FS
                        www.mitrucksack.de
                        Ganz viel Pyrenäen ( HRP- Haute Randonnée Pyrénéenne - komplett) und ein bisschen La Gomera

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                        • Gast-Avatar

                          #32
                          AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                          Zitat von Nicki Beitrag anzeigen
                          Fotos- ich find sie teils schön
                          - aber teils auch Bonbon Farben, viele haben deutliche Vignettierungen, ein paar sind mächtig schief
                          Nennt sich Stilmittel

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                          • Nicki
                            Fuchs
                            • 04.04.2004
                            • 1304
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #33
                            AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                            Nennt sich Stilmittel
                            Ist halt auch Geschmackssache- wem's gefällt..... auch OK

                            Gru? FS
                            www.mitrucksack.de
                            Ganz viel Pyrenäen ( HRP- Haute Randonnée Pyrénéenne - komplett) und ein bisschen La Gomera

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                            • peter-hoehle
                              Lebt im Forum
                              • 18.01.2008
                              • 5175
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #34
                              AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                              Der Bericht weckt Erinnerungen an 2008.
                              Ein Bier bei Casa.Maria in La Playa oder
                              die Mittagspause in Arure,oder der Lorbeerwald.
                              Einfach schön.Obwohl die Insel nur 25km
                              im Durchmesser hat,sollte man die Entfernungen
                              und die Höhenmeter nicht unterschätzen.
                              Wasser nicht vergessen!!!!(klugscheiß)

                              Gruß Peter.....der warscheinlich 2012 wieder dort ist.
                              Wir reis(t)en um die Welt, und verleb(t)en unser Geld.
                              Wer sich auf Patagonien einlässt, muss mit Allem rechnen, auch mit dem Schönsten.

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                              • Antracis
                                Fuchs
                                • 29.05.2010
                                • 1280
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #35
                                AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                                Zitat von Pempi Beitrag anzeigen

                                Wildcampen ist auf la Gomera (bzw. in ganz Spanien) generell verboten. da sich die Polizeipräsenz hier jedoch auf die Orte und Hauptstraßen beschränkt, kann man dies in etwas abgeschiedenen Ecken bedenkenlos tun.
                                Cool, denn mir gefällt die Gegend aus den Bildern geschlossen wirklich supi und ich suche noch ein nicht überlaufenes südliches Ziel. Ist also ne echte Option.

                                Aber wer weiß, vielleicht ist der GR20 in einigen Wochen auch wieder ne vereinsamte Strecke.

                                Gruß
                                Sascha

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                                • Pempi
                                  Anfänger im Forum
                                  • 25.08.2007
                                  • 31

                                  • Meine Reisen

                                  #36
                                  AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                                  So Leute,

                                  nachdem ich den letzten Monat einen kleinen Abstecher mit don Vincenzo über den GR20 gemacht habe, soll dieser Thread nicht länger warten. Weiter gehts mit den nächsten 2 Tagen, der Rest kommt bald



                                  29.06.2010

                                  Es ist bereits hell, als ich meine Augen ein drittes Mal aufschlage um pullern zu gehen. Bereits zwei Mal zuvor befehligte mich meine Blase mitten in der Nacht aus meinem gemütlichen Schlafsack in Richtung Latrine. Beim dritten Mal kann ich wenigstens die Aufgehende Sonne in den Bergen beobachten, auch wenn Wolken unter uns den Blick ins Tal versperren. Als wir uns etwas später dazu durchringen können aufzustehen ist es bereits halb elf. Könnte man mal aufstehen, oder?

                                  Wir beginnen das Zelt abzubauen und die Rucksäcke sauber zu machen. Diese haben auf dem äußerst staubigen Campingplatz eine fette Ladung Dreck abbekommen. Danach gönne ich mir die ultimative Freiluftdusche. Die Sanitäranlagen hier auf El Cedro scheinen der Satzung eines deutschen Nudistenvereins zu entsprechen. Eine Bauch-hohe Mauer drumherum und außen ‚Dusche & Bad‘ rangeschrieben. Wer außerdem Zähne putzen will, sollte sich ebenfalls nicht an einem nackten hintern stören, der hier aus Platzgründen direkt neben dem Waschbecken stehen könnte. Doch in tausend Metern Höhe mit Ausblick auf das darunter liegende Tal und den dahinter liegenden Atlantik zu duschen – diesen Luxus bietet einem nicht mal das Burj al Arab. Ich versuche mir weitere Metaphern und blöde Floskeln aus Haarshampoo-Werbung zu verkneifen.





                                  Wie beschlossen wollen wir heute nach Hermigua absteigen. Vor dem Abstieg gönnen wir uns noch Bocadillos mit Wurst, ein Schokocroissant O-Saft und Kaffe. Der Einstieg in den Weg gestaltet sich jedoch direkt zu Anfang nicht einfach, da wir ihn schlichtweg nicht finden. Ein schwer verwirrend aufgestellter Wegweiser führt uns erstmal in die Komplett falsche Richtung und auch die Erklärung der Locals lässt Fragen offen. Nach einigem Gesuche finden wir den Einstieg schlussendlich doch. Er führt auf einem schmalen Pfad direkt an einem Privatgrundstück vorbei, welches mit recht hohem Maschendraht eingezäunt ist. „Gut, hin da“ denke ich mir und gehe frohen Mutes die ersten drei Meter, als es in der Ferne anfängt laut zu bellen. Ich sehe einen, zwei, drei… fünf wirklich krass abgerichtete Kampfhunde auf dem Grundstück, die im vollen Galopp zähnefletschend laut bellend auf mich zu rennen. „Kacke – bitte lass den Zaun jetzt halten“. Ich versuche erst unbeeindruckt weiterzugehen, doch streckt einer der Hunde seine Schnauze durch den Zaun und beißt sofort in die Iso-Matte auf meinem Rucksack! Ich schüttele ihn los, kehre auf der Hacke um und gehe zurück zu Nadine, die immer noch wie angewurzelt in sicherer Entfernung steht. „Was in Gottes Namen war das denn gerade?!“. Wir halten eine kurze Lagebesprechung, bis Nadine sich einen Weg weit um das Grundstück herum sucht. Ich bin gewillt noch ein weiteres Mal den verdammten Weg zu gehen. Zwar halte ich so viel Abstand zum Zaun, wie es der kleine Weg zulässt, doch tigern die 5 abgerichteten Kampftiere ständig laut bellend auf meiner Höhe den Zaun entlang. Der schlichte Lärm den die Viecher dabei machen, lässt mir das Herz in die Hose rutschen. Als das Grundstück irgendwann weit genug hinter uns ist, begutachtet Nadine erstmal die Iso-Matte auf meinem Rücken. Dann passiert es, dass sie ein bischen die Nerven verliert und ihr ein paar Tränen über die Wange laufen. Die unglaubliche Lautstärke und die extreme Aggression von 5 Kampfhunden waren wohl etwas zu viel. Hätte es allerdings einer der Hunde über den Zaun geschafft, sähen wir jetzt aus wie die no. 8 von Jackson Pollock.

                                  Um den Stress irgendwie zu vergessen, versuche ich Nadine auf andere Gedanken zu bringen. Glücklicherweise nimmt mir heute der Wanderpfad diese Aufgabe ab. Ein paar Minuten später öffnen sich vor uns die Bäume und wir erblicken ein bombastisches Panorama vor uns. Links und rechts erstrecken sich grüne Bergarme und im kleinen Tal liegt 500 Meter unter uns die Stadt Hermigua, wo das Leben wartet. Der Pfad geht allerdings wieder einmal steil bergab, sodass wir unsere Blicke streng auf den Boden richten Müssen. Hin- und wieder legen wir Stops ein um die Landschaft zu genießen.



                                  Abstieg von El Cedro nach Hermigua




                                  Nach den ersten 300 Höhenmetern fangen die Rucksäcke langsam an zu schieben, der vorherige Tag ist wieder einmal merklich. Der Abstieg führt hier an einem schön gelegenen Stausee vorbei, wo wir uns entschließen eine Pause zu machen. Die Sicht um uns herum wirkt hier wie aus einem James-Bond streifen entnommen. Riesige Palmen, Gewächse, ein Wasserfall der in den Stausee mündet, ein Mann mit Rucksack und eine Frau im Tank-Top. Ich spiele mit dem Gedanken den Stausee zu sprengen, den Rucksack als Body-Board umzufunktionieren, mit meiner Freundin auf dem Rücken auf einer apokalyptischen Welle ins Tal zu surfen um dort lässig einen Martini an der nächsten Bar zu bestellen. Nadine erklärt mich für kindisch, packt aber im selben Moment eine Schachtel Fluppen und 2 Bier aus. Genau das richtige! Ich stelle die Kamera auf den Boden und schieße hier das wohl coolste Foto der Reise.








                                  Der weitere Abstieg geht von hier aus schnell. Vorbei an etlichen Ziegen steigen wir die letzten Meter ins Dorf hinunter. Hermigua ist zurzeit von heftigen Straßenverbesserungsmaßnahmen geprägt und sieht aus wie eine britische A-Road. Aus allen Richtungen schallern uns Presslufthammer und die Pneumatiken der Bagger entgegen. Schön ist anders. Wir machen uns auf die Suche nach dem Restaurant, welches in der Karte verzeichnet ist. Da diese jedoch für detailgetreue Navigation, insbesondere in Orten nutzlos ist, fragen wir an der Rezeption eines Apartments. Die freundliche Rezeptionistin weist uns den Weg, macht uns aber darauf aufmerksam, dass die Küche eigentlich seit 5 Minuten geschlossen sei. Es wäre aber die einzige Möglichkeit heute noch etwas zu essen zu bekommen. Also schleunigst die Rucksackgurte in bondage-modus festgezogen und im Marschtempo den Berg hinauf. Meine Waden killen mich in diesem Moment und ich warte darauf, dass sie einfach nur platzen. Gerade noch rechtzeitig für die letzte Bestellung fragen wir nach den größten Portionen Spaghetti, die der Koch jemals zubereitet hat. Die Rucksäcke in der Ecke und die Schnürsenkel der Stiefel gelockert, lernen wir beim Essen noch ein britisches Ehepaar kennen, die vor 2 Jahren auf Teneriffa ausgestiegen sind. Sie sind beide Mitte 60 und scheinen ihre Entscheidung bislang nicht zu bereuen. „London sucks, but we miss the kids“. Später nehmen sie uns in ihrem Auto ein kleines Stück Richtung Stadtmitte mit.



                                  Hermigua


                                  Vom Zentrum aus wollen wir uns ein Apartment suchen. Nach kurzem rumfragen landen wir vor dem Örtlichen Hotel. Die Tür ist abgeschlossen, es steht nur eine Telefonnummer am Eingang. Wir rufen also an, ohne Nadines Spanisch wären wir jetzt aber durchaus aufgeschmissen. Der Hotelbesitzer will 52€ haben. Das ist mir zu teuer, ich bin zuversichtlich, dass wir auch etwas anderes finden. Während wir ziellos weiter durch die Stadt wandern hält plötzlich ein kleines weißes Auto neben uns. Die Fahrerin fragt ob wir auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht wären. Nun, wir haben Rucksäcke auf und irren durch die Gegend – „Na klar!“ – „Quanta costa?“ – „30€“ – „Ja, is okay!“. Wir erwarten zwar kein Hotelzimmer, aber sparen immerhin 22€ für irgendwelchen Luxus, den wir wohl eh nicht benötigen. Wieder einmal ein grandioser Irrglaube.

                                  Wir quetschen uns also samt Rucksäcke in ihr Auto und düsen Richtung Strand. Die Dame erzählt uns sie sei die Betreiberin einer „Santa Catalina“. Ihre Apartments wären, zwar schon ausgebucht „…but I can give you different. The President of Canarian Islands likes to come there.“ – “Hä??”. Wenig später steigen wir die Treppen eines Strandhauses hoch, bekommen die Tür geöffnet und glauben nicht was wir sehen. Wir stehen auf der Dachterrasse der Santa Catalina. Die Wohnung bietet uns hier vier Betten, verteilt auf zwei Schlafzimmer, eine Küche, ein Wohnzimmer ein Bad und eine riesige Terrasse mit direktem Blick auf Meer und Strand (auf dem übrigens Bananen angebaut werden). Was zahlen wir doch gleich? Achja, 15€ pro Person.

                                  Die Erste Maßnahme lautet hier: Duschen & Klamotten waschen! Die zweite gleich darauf in die Bar und Gambas mit Knoblauch essen. Dazu gibt es spannendes Bier und schales Spanien-Portugal Spiel. Wir kippen uns rein was geht und lassen Abend mit hochgelegten Füßen auf unserer Terrasse ausklingen. Man muss auch mal Glück haben im Leben.








                                  29.06.2010

                                  Die Betten sind viel zu gemütlich! Keine Chance, dass ich heute nochmal aufstehe! Der Tagebucheintrag wird heute einfach nur „Im Bett gelegen“ lauten.

                                  Ich muss pullern. Verdammt. Ich spiele kurz sämtliche Szenarien aus meiner Zeit als OP-Zivi durch um für die anstehende Aufgabe outsourcing zu betreiben. Äh, Behälter, Flaschen, Katheter? Hmpf, entweder zu weit weg oder gar nicht erst eingepackt. Alle Szenarien enden im Desaster – so ähnlich muss sich der AIG-Vorstand Ende 2007 gefühlt haben. Äußerst widerwillig verlasse ich die weichen Daunenfedern und tue was zu tun ist. Auf dem Weg zurück vom Bad ins den Südlichen Flügel des Hauses komme ich an der Haustür vorbei. Ich stelle mich ein paar Minuten draußen auf den Balkon, ergötze mich am Sonnenaufgang und lausche den Wellen.

                                  Zwei Stunden später wird es dann Zeit ein weiteres Mal aufzustehen. Da wir ab heute wieder das Zelt aufschlagen wollen, nutzen wir erneut sämtliche sanitäre Anlagen und packen unsere Rucksäcke von Grund auf neu. Unsere Kleidung ist komplett gewaschen und sauber, wie bei Muddi. Schön. Wir hinterlassen den Hauschlüssel mit Kniefall bei der Besitzerin und machen uns in den Norden Hermiguas auf. Beim Anstieg der ersten kleinen Bergstraße erinnern sich unsere Körper jedoch unverzüglich an die Abstiegstour vom Vortag. Die steilen Hänge ließen unsere Waden enorme Schwerstarbeit leisten, was sie uns nun erneut zu spüren geben. Meine Muskeln fühlen sich an als hätte über nach jemand Beton hineingegossen. Wie ein Ehepaar Mitte 80 steigen wir die Straße weiter hinauf. Wo ist mein Gehwagen?

                                  Schließlich erreichen wir das kleine Restaurant, welches uns in der Nähe zum Frühstücken empfohlen wurde. Da es in den meisten Restaurants ohnehin schwierig ist, ein mit deutschem Frühstück vergleichbares Etwas serviert zu bekommen, versuchen wir es gar nicht erst. Als Nadine Spaghetti bestellt macht uns der junge Mann mit einem „Sorry, but we don’t have“ darauf aufmerksam, dass die Zutaten für Spaghetti (Nudeln?!) noch nicht im Hause wären. Also dann vielleicht, öh, ne Pizza?

                                  Sorry, we don’t have

                                  Wir fangen an wild auf der Karte herumzuzeigen um irgendetwas Essbares zu erhalten aber „they don’t have“. Nachdem wir uns unserem Schicksal ergeben und der Bedienung klarmachen ‚Wir haben Hunger, bring irgendwas‘, landen wir letztlich bei 2 Spiegeleiern, Kichererbsen mit Sauce und der Mahlzeit, die man auf La Gomera zu jeder Tageszeit an den entlegensten Ecken serviert bekommt: Gambas mit Knoblauch.

                                  Als das große Festmahl hinter uns gebracht ist wird es mal wieder Zeit die Karte rauszubrechen und die nächsten Tage zu planen. Der Norden der Insel ist nach wie vor in dicke Wolken gehüllt, von denen wir aber langsam genug gesehen haben. Wir wollen zurück in die Sonne, also wieder zurück in den südlichen Teil der Insel. Recht schnell wird beim abchecken der Busverbindungen deutlich, dass eine Fahrt zum südlichsten Teil nach Playa de Santiago fast den gesamten Tag dauern würde. Ein Taxi befinden wir mit mindestens 40€ für zu teuer. Da muss es doch bessere Lösungen geben. Irgendwann kommt mir die Idee, welche diesem Urlaub den letzten Schliff freiheits-Feeling geben könnte: Wir trampen! Nadine guckt mich an.

                                  Das letzte Pärchen, welches uns vor einigen Tagen nach Valle Gran Rey mitnahm sprach deutsch und wir haben sie auf einem Parkplatz ansprechen können. Trampen im klassischen Sinne, mit Schild raushalten und an der Straße entlanglaufen… kann man das machen? Klaro, geht Alles! Es wird ohnehin mal wieder Zeit für ein paar neue Erfahrungen, also Stift und Zettel raus. Während Nadine sich um die Implementierung unseres Mitnahmewunsches zu Papier kümmert, eruiere ich, dass eine Direktverbindung zum Süden eher unwahrscheinlich ist. Also wollen wir über die Hauptstadt San Sebastian fahren. Ich halte unsere Chancen hoch und schätze, dass wir höchstens 15 Minuten ‚inserieren‘ müssen. Nadine bleibt weiter skeptisch.





                                  Zurück auf der Straße dauert es dann tatsächlich nicht lang, bis der erste Wagen hält. Und siehe da: Es ist die Rezeptionistin vom Vortag. Die Insel ist wirklich klein. Als wir zu ihr einsteigen weist sie uns jedoch gleich darauf hin, dass sie uns nur bis zum Ende des Dorfes mitnehmen kann. Somit heißt es 10 Minuten später erneut: Daumen Raus! Nach unserem ersten tramping-Erfolg halte ich bei jedem brummen hinter mir sofort erwartungsvoll das Schild raus und hoffe auf das nächste kostenlose Taxi. Diesmal bleibt unser Glück jedoch aus und wir stehen endlos lange an der Straße, während uns eine Schrottkiste nach der anderen in ihren Abgasen stehen lässt. Ich verliere so langsam die Lust und denke, dass es vielleicht doch eine dumme Idee war. Schmerzlicher weise rechne ich die ersten Taxi-Szenarien durch. In just diesem Moment fängt der Asphalt unter meinen Füßen an zu zittern und winzige Steinchen hüpfen hoch, als ein Fabrikneuer Land Rover Discovery in unsere Richtung die Straße entlang walzt. Der dumpfe Klang lässt keinen Raum für Spekulationen, hier sind definitiv 8 Zylinder am Werk! Reflexartig hebe ich unser Schild hoch, während wir von dem Monster passiert werden. ‚Optimist‘ denke ich mir und senke das Schild langsam wieder – als der Fahrer des Rovers eine Vollbremsung vollführt. Nadine und ich gucken mit großen Augen hinterher. Ja? Nein? Vielleicht? Das Beifahrerfenster wird gesenkt und eine Hand winkt uns herbei. Ich springe zur Tür, um nichts missverstanden zu haben. „San Sebastian? - San Sebastian!“. Cool! Der Kofferraum bietet locker Platz für 10 Trekkingrucksäcke und den Beheizten Ledersitzen kann man das wohlige Attribut ‚gemütlich‘ zuweisen. Serpentinen in alle Himmelsrichtungen treiben Nadine wieder einmal an die Kotzgrenze, dafür sind wir 20 Minuten später zurück im Zentrum von San Sebastian. Obwohl wir eigentlich weiter trampen wollen gucken wir mal aus purem Interesse an der Busstation vorbei. Der erste Bus den wir sehen ist direkt mit „Playa de Santiago“ betitelt und auf unser Nachfragen hin öffnet der Busfahrer die Ladeluken für unsere Rucksäcke „We leave now“. Achja, wie angenehm, der Bus fährt 3 Mal am Tag und wir takten ihn auf die Minute genau. Man muss auch mal Glück haben.



                                  San Sebastian, im Hintergrund der Teide auf Teneriffa


                                  Auf dem Weg in den Süden kommen wir an der Bar Degollana de Peraza vorbei, welche uns am dritten Tag mit den letzten Tapas das Leben rettete. So langsam kennen wir die kleine Insel und erinnern uns zurück an die Erlebnisse, welche noch keine sieben Tage her sind aber schon eine Ewigkeit hinter uns scheinen. In Playa de Santiago gönnen wir uns als Stimmungsmacher ein Eis auf die Hand während wir am Hafen die Wanderroute für den Tag analysieren. Wir suchen uns eine Route nach Alajero raus, welches in der Mitte der Insel liegt. Die Karte sagt: geradeaus laufen und 700 Hm klettern. Als wir am Morgen im Wolkenbedeckten Hermigua die Sonne herbeisehnten vergaßen wir wie brutal diese doch im Süden der Insel sein kann. Keine 20 Km weiter südlich haben wir statt 20°C wieder unsere wunderbar-warmen 35°C – und schwitzen.








                                  Die ersten Meter Richtung Alajero verlaufen äußerst vertikal und da wir auf Normalnull begonnen haben bedeutet das: Rauf! Schnell sehen wir wieder aus als hätte man uns für ein Fotoshooting eines nicht-Jugendfreien Magazins mit glänzender Vaseline eingerieben, die Sonne tut ihren Job wie am ersten Tag. Nach den ersten 300 Höhenmetern laufen wir hinter dem Flughafen der Insel an einem relativ hässlichen Maschendrahtzaun unseren schmalen Weg weiter bergan. Der Pfad scheint hier ebenfalls als Flussbett zu dienen, jedenfalls läuft uns ab hier stetig ein kleines Rinnsal, mit einem etwas eigenem Geruch, entgegen. Nach einer Viertelstunde erreichen wir dann auch die Quelle des vermeidlichen Bächleins, welche sich in einem höher gelegten Gullideckel Materialisiert. Die Suppe sprudelt mir hier nur so entgegen und ich fühle mich augenblicklich wie Meister Röhrich, der nach Rohrbruch mit Ideal Standard Topf auf dem Schädel durch die Scheiße wartet. BÄH! Wir sind die letzten 15 Minuten also durch die Kloake Gomeras gewandert. Zumindest bin ich mir sicher der Erste zu sein, der das in seinem Reisebericht verewigt.


                                  Editiert vom Moderator
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                                  Meister Röhrich

                                  Die nächsten 450 Hm erklimmen wir ohne große landschaftliche Abwechslung, doch nach einer weiteren Stunde erreichen wir wieder einmal einen großen Staudamm. So entschließen wir uns auch erneut die bauwerkliche Maßnahme für einen Boxenstopp zu nutzen. Vom Damm aus hat man eine Wunderbare Aussicht auf Playa de Santiago. Um ein bisschen zu entspannen setzen wir Rucksäcke ab und genießen den Blick. Während unserer kleinen Pause sinnieren wir über das alltägliche Leben eines Insulaners und ich schaffe es in ungeahnter Pemponie auf meine Brille zu latschen. Na großartig, das ist dann die Nummer zwei auf dieser Reise.





                                  Es ist bereits später Nachmittag als wir unsere Rucksäcke ein weiteres Mal satteln um die letzten 150 Hm zu erklimmen. Der Weg führt hier durch das ausgetrocknete Flussbett aus dem der Staudamm sein Wasser bezieht. Eine letzte Kletterpartie und eine gewisse Orientierungslosigkeit verlängern diese Etappe noch einmal deutlich. Zwar wollten wir den Weg nach Alajero in zwei Teile teilen, doch sind wir heute bereits ¾ der Strecke gegangen. Es wird Zeit zu Rasten.



                                  Auf einem kleinen Hang gegenüber dem Dorfe Targa finden wir einen Bergkamm auf dem sich das Zelt gut für die Nacht aufbauen lässt. Es ist der erste Abend auf der Reise an dem wir keine Herberge oder eine Form der Essensmöglichkeit in unmittelbarer Nähe finden. In großer Vorfreude zücke ich endlich die ersten lang ersehnten REAL Turmats aus meinem Rucksack. Nadine hat es bisher clever genug angestellt sich gegen jegliche Form von Trockennahrung zu stellen. Beim Anblick der Pampe stelle auch ich mir immer wieder die Frage ob es wirklich schmecken kann. Letztlich lautete das Verdict der Hobbyköchin und Gourmeuse jedoch: „Ey, der Scheiß schmeckt gar nicht schlecht!“. So genießen wir beide ein halbes Kilo Nahrung aus der Tüte um uns daraufhin für die Kalte Nacht in unser Zelt zu verkriechen.





                                  Zuletzt geändert von Fjaellraev; 28.09.2010, 16:28.
                                  If you're going through Hell... Just keep on going

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                                  • Gast-Avatar

                                    #37
                                    AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel



                                    Aaaaaah, noch immer so geil! Hase, geht die DVD mit den Clips an die Kantstr. oder zur Mademoiselle?

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                                    • Lotta
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                                      #38
                                      AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                                      Schön, dass es weiter geht :-)

                                      Es ist bereits hell, als ich meine Augen ein drittes Mal aufschlage um pullern zu gehen. Bereits zwei Mal zuvor befehligte mich meine Blase mitten in der Nacht aus meinem gemütlichen Schlafsack in Richtung Latrine
                                      Kommt mir bekannt vor - besonders schön ist es, wenn es auch noch regnet und stürmt

                                      Serpentinen in alle Himmelsrichtungen treiben Nadine wieder einmal an die Kotzgrenze
                                      Die arme Nadine!! Wird ihr allgemein im Auto/Bus so schnell schlecht?

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                                      • peter-hoehle
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                                        • 18.01.2008
                                        • 5175
                                        • Privat

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                                        #39
                                        AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                                        Einfach ein schöner Reisebericht.
                                        Da ich schon zwei mal dort war,
                                        werden Erinnerungen wach.
                                        "seuftzundfernwehbekommend"

                                        Gruß Peter(der 2012 wieder dort ist )
                                        Zuletzt geändert von peter-hoehle; 28.09.2010, 10:40.
                                        Wir reis(t)en um die Welt, und verleb(t)en unser Geld.
                                        Wer sich auf Patagonien einlässt, muss mit Allem rechnen, auch mit dem Schönsten.

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                                        • Klappstuhl
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                                          • 25.01.2009
                                          • 4235
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                                          #40
                                          AW: [ES] La Gomera - Ohne Peilung über die Insel

                                          Super Bericht, total lustig geschrieben. Weiter so!!!!!

                                          (und Gruß an die Holde...das mit dem Bus fahren kenn ich noch als Kind/ Jugendliche...das is schon übel, aber wenns dann auch noch sooo heiß is, nee Danke )

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