Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Land: Italien / Frankreich<br />Reisezeit: Tagestour<br />Region/Kontinent: Mitteleuropa<br />
Nachdem ich schon viele Berichte genossen habe, möchte ich auch mal was beitragen:
Anfang diesen Jahres ergab sich die Idee nochmal einen Alpencross zu fahren, nachdem ein Freund mich zum Trauzeugen seiner Hochzeit auserkoren hatte, die in Italien stattfinden sollte.
Leider hat es der Zeitplan nicht zugelassen eine ganze Woche zu investieren und so blieb uns nur Zeit für ein paar Touren in der Provinz Verbano Cusio Ossala - westlich vom Lago Maggiore, wo auch die Hochzeit stattfand.
Dennoch wollten wir es uns nicht nehmen lassen wenigstens eine Tour zu starten, die etwas mehr bieten sollte.
Ich hatte die Tour auf den Mont Chaberton ausgesucht, da man so nochmal ein wenig Höhenluft schnuppern konnte, ein toller Ausblick möglich sein sollte, und ein Gipfel erreichbar ist, was bei der Höhe mit dem Mountainbike nicht immer möglich ist.
Die Tour wird auf sogenannten Dynamite Trails gefahren. Alte Militärstraßen, die aus dem Fels gesprengt wurden und über den Hang mit Stein- und Stahlbauten befestigt waren. Ziel ist die Ruine eines Gipfelforts mit 8 schweren Backsteintürmen auf einem begradigten Gipfelplateau. König des Susatals nennt man den Berg, da die Türme an die Zacken einer Krone erinnern.
Die Jahreszeit (Mitte-Ende Juli) stimmte nach dem laschen Winter, um nicht mehr auf Schneefelder zu treffen.
Wir starteten an einem Dienstag gegen 6.00 Uhr morgens und fuhren von Verbania aus etwa 2h mit dem Auto bis zum Ausganspunkt in Fenils, einem kleinen Bergdörfchen am Fuße des Chaberton.
Ein älterer Mann erklärte uns, dass unser Vorhaben mit dem MTB recht sinnlos wäre, da viel Fels über den Winter runtergekommen ist, und man unweit hinter dem Ende der Forststraße nicht mehr im Sattel bleiben könne. Ähnliches prophezeite die Sonderausgabe der Mountainbike "Alpenspecial Sommer 07", in der es hieß, der Wege seien seit der Sperrung für Endurofahrer die letzten Fahrrillen entnommen.
Mein Freund als erfahrener Alpencrosser und Alpencrossmarathonbezwinger und ich als langjähriger EX Downhill-Amateur, blieben dennoch optimistisch und starteten die Tour auf einem breiten Schotterweg, der als Hauptroute bis zur letzten Alm "Pra Claud" gut ausgebaut hinauf führt.
Joschi guten Mutes auf den ersten Kilometern der Tour im warmen Wald:
Von diesem Weg aus eröffneten uns die abziehenden Wolken zum ersten mal einen Blick auf das Ziel:
Nun war der Gipfel frei und man kann das Fort mit den alten Geschütztürmen erkennen (dazu später mehr)
Nach den ersten etwas steileren Stücken und ein paar Serpentinen kamen wir zur letzten Alm "Pra Claud", von wo aus die Weiterfahrt für Autos und Motorräder verboten ist.
Der Weg bis hierher war leicht zu fahren und eine ideale Aufwärmung für das, was nun folgte.
Nach ein paar weiteren gut ausgebauten Kilometern durch recht geordneten Lärchenwald wurde es zunehmend wilder. Die Schotterpiste wurde zu einem Felspfad und es wurde steiler. Fahrtechnisch war es nun schon recht anspruchsvoll und aufgrund der nun "sportlicheren" Atmung waren Pausen für Unterredungen unumgänglich.
Die Muren-gezeichnete Trasse:
Hier ging es nun auch die ersten male aus dem Sattel. Hangrutsche und ausgespülte Felsrippen lassen sich zwar auch im Sattel bezwingen, aber im Nachhinein war es sinnvoll sich diese Kräfte für später zu sparen.
Joschi auf der anderen Seite der Schlucht:
Den steilen Weg ging es nun langsam hinauf. Man ist ständig konzentriert grobe Hindernisse weitläufig zu umfahren und gleichzeitig auf dem losen Geröll das Gleichgewicht und den Grip zu halten.
Währenddessen wird die Landschaft langsam karger und der dichte Wald wird lichter, bis nur noch ein paar Baumkrüppel da sind, die sich im merklich kälter gewordenen Wind noch am Fels halten:
Zwischenzeitlich wird der Weg nochmal ein wenig "fahrbarer" und die angelegten Serpentinen lassen sich wieder problemlos durchfahren:
Nach ein paar sehr steilen und langen Auffahrten erreichen wir eine Felswand an der es nun weiter geht. Die Beschaffenheit der alten Militärstraße wird immer schlechter und aufgrund der häufigen und länger werdenden Schiebepassagen wurden die Radschuhe gegen Trekkingstiefel getauscht.
Die steilen Passagen blieben dabei meist fahrbar, da grobes Geröll hier anscheinend keinen Halt findet. Auf flacheren Teilstrecken wiederum ist fast kein Durchkommen und teilweise bereits Tragen angesagt:
Von hier aus (ca. 2300m) bot sich nun zum ersten mal ein recht guter Ausblick in Richtung Osten, wo in etwa das Gebiet der olympischen Spiele von Turin 2006 liegt. Die Bobbahn war von dort oben recht gut zu erkennen.
Die Felswand des Nachbarberges zu unserer Rechten war sehr beeindruckend. Wir hielten hier die Ohren auf, da es schonmal zu Steinschlag kommen kann und fuhren/schoben recht zügig weiter.
Auf dem Bild ist gut zu erkennen wie breit der Ausbau der Piste einst gewesen sein muss. Der gespaltene Fels auf den ich zufahre ist ein prägnanter Punkt der Tour und auf etwa 2350 m Höhe:
Der Trail ist stellenweise nur noch etwa Lenkerbreit und es geht links hunderte Meter in die Tiefe. Aufgrund meiner Verpflichtung gegenüber der Braut, den Bräutigam heil nach hause zu bringen, wurde bereits im Vorhinein vereinbart, an gefährlichen Stellen kein Risiko einzugehen und so wurde hier und da auch das ein oder andere eigentlich fahrbare Stück geschoben:
Eigentlich hatten wir mit mehr anderen Menschen gerechnet. Es blieb aber bei ein paar Wanderern, die ungläubig den Kopf schüttelten und uns lächelnd begrüßten:
Den Pta. Gardiol halb umrundet kamen wir nun in das Hochtal zwischen Rer. des Grds. Becs im Norden und dem Mont Chaberton im Süden. In Richtung Westen bewegten wir uns auf den Sattel zwischen den beiden Bergen zu.
Blick vom Hang am Nordsattel in das Tal Richtung Osten. Ja - das war äusserst anstrengend
Von dem Sattel aus hat man nun zum ersten mal einen herrlichen Ausblick auf die Westalpen und die umliegenden Berge und Täler. Leider konnte ich hier keine Bilder machen, da ich die Kamera zwischenzeitlich nicht im Rucksack, sondern in der Windwestentasche hatte. Aufgrund der Temperaturen um die 0°C war beim herausnehmen der Schweissdunst sofort auf der Linse gefrohren
Am Sattel machten wir ein paar Minuten Rast und stillten den Hunger mit einem Powerbar und etwa einem Liter Wasser pro Nase. Joschi hatte ziemliche Probleme mit der Luft und es wurde wirklich richtig kalt. Im Tal hatten wir ca. 25 °C und hier oben gefrohr mir das Wasser an den Stiefelrändern, das aus einer kleinen Schneepfütze, in die ich zuvor getreten war, noch am Schuh haftete
Von hier an geht es nun in Richtung Süden einen wahnsinnig steilen Serpentinentrail hinauf zum Gipfel. Die letzten 500 Höhenmeter haben es in sich. Ich denke der Vergleich ist ein wenig an den Haaren herbei gezogen, aber ich zitiere mal den Achim Zahn von der Mountainbike:
(...)der wieder gute Bodenbelag erlaubt zumindest konditionsstarken Mountainbikern, die auch in der großen Höhe ausreichend Sauerstoff in die Lungen pumpen können, ein Fahren auf dem Bike bis zum Gipfelfort.(...)Weitere etwa 400 (Höhenmeter) gleichen einem Kampf wie bei der Besteigung eines Achttausenders.(...)"
Hier ein Blick richtung Westen auf den letzten, flachen Teil des Serpentinentrails vor dem steilen Part auf den Gipfel. Man sieht die Eisriesen hier sehr schön:
Hier ein Blick in Richtung NordOsten ein Stück weiter oben aufgenommen:
Am Gipfelplateau angekommen bot sich nach Südwesten dieser Blick ins Tal hinab auf die Stadt Montgenevre. Das Wetter hätte kaum besser sein können:
Blick nach Nordwesten mit Stilleben
Das ehr unspektakuläre Gipfelkreuz am Südende des Plateaus:
Der Ausblick vorbei an zwei der Backsteintürme nach Osten:
Von dem staubtrockenen, eiskalten Plateau sind wir dann auf die Ostseite hinter die Wand an den Geschütztürmen gekrakselt , um dem Wind ein bischen zu entgehen. Hier oben ist vorsicht geboten. Entgegen normaler alpiner Beschaffenheit sind hier überall baulich bedingte Löcher und Abhänge, Stacheldrahtreste und irgendwelche Leitungen und Gestänge die aus dem Boden kommen.
Die Anlage ist riesig und verläuft auf und rund um den Gipfel. Die Festung wurde zwischen den beiden Weltkriegen errichtet und es ist unglaublich was damals fast ausschliesslich von Hand geschaffen wurde. Ich bin im Grunde nicht an Museen, Denkmälern oder historischen Bauten interessiert, aber das was die italienischen Alpisti hier geleistet haben ist trotz der miesen Umstände des Baus schlicht und einfach beeindruckend. Es wurden für die Geschütztürme 8 Stahlkuppeln zu je 4 t Gewicht und einem Durchmesser von 5,50 m hier hochgebracht.
Es grenzt an Ironie, dass ein paar Tage nach Mussolinis Kriegserklärung an Frankreich, alles sofort zerstört wurde - und das wenige Tage nach der Fertigstellung
Hier ein Bild von unterhalb des Plateaus. Die Schneehaufen sind mind. 2 m hoch und aufgrund des Schattens noch nicht der Sonne erlegen:
Noch ein hastiges Bild vom Hauptteil des Forts. Die Türme sind weitaus größer als es die Bilder vermuten lassen:
Hier ein Bild, das in Richtung Norden aufgenommen wurde. Man sieht, dass auch weiter unterhalb des Gipfels noch Gebäude von Turnhallengröße in den Fels gebaut sind. In der Mitte des Bildes der Weg, den wir auf den Nordsattel gefahren sind und der Rer. des Grds. Becs (3044m) dahinter :
Nun ging es an die Abfahrt. Hauptaugenmerk lag hier bei meinem Versprechen, den Bräutigam heil zurück zu bringen. Ein paar für den Rheinländer nicht so alltägliche Punkte waren nun zu beachten. Als Verfechter des klassischen MTBs mit Felgenbremse muss man hier und da Pause machen, damit die heisse Felge den Reifen nicht anfrisst. Zudem sollte man seinen Handgelenken ab und zu trotz moderner Federung mal eine Pause gönnen. Die Abfahrt ist technisch äusserst schwierig. Es ist wahnsinnig steil, der Boden scharf und wechselhaft grob oder sehr grob steinig und es gibt viele Absätze und große Brocken unterwegs, die man nicht sofort sieht.
Für den größten Teil der Abfahrt habe ich wieder Radschuhe getragen, aber weiter unten hieß es wieder "Dem Meindl/HanWag sei Dank":
Wir sind über die Westseite hinunter. Hier ist es wesentlich steiler, dadurch aber auch schneller. Es musste wieder stellenweise geschoben und durch Felsspalten getragen werden.
Das Bild vermittelt einen ähnlichen Eindruck wie im wahren Leben: Das Flussbett sieht klein und nah aus, aber selbst die Durchquerung des weichen sandigen und sicherlich 200m breiten Flussbetts dauerte ca 10 bis 15 minuten... Die gesamte Abfahrt bis dahin war ein Abenteuer und kostete fast 2 h!
Eine Aufnahme der Stufe die aus der Ferne aussieht wie eine Traktorspurrille:
Hier ein Blick nach getaner Arbeit in Gegenrichtung
Ich hatte eine ganze Menge Material dabei, für den Fall einer Panne. Gebraucht wurde aber nur gegen Ende der Tour ein Schlauch für mein Hinterrad. Nachdem wir in atemberaubendem Tempo breite, steile Waldautobahn hinabgeschossen waren, hatte ich genau bei erreichen der asphaltierten Passstraße bei Montgenevre einen Platten...
Nach dem Schlauchtausch ging es die Asphaltstraße runter und man musste wieder auf die Felgentemperatur achten... Die Italiener, wie die Franzosen fahren zudem nicht zimperlich Auto und man muss beim Überholen vorsichtig sein!
Hier noch ein letztes Bild des Chaberton von der Straße aus aufgenommen, bevor uns der Berg im Vordergrund, auf dem Weg weiter zum Ausgangspunkt, die Sicht nahm.
Die ganze Tour ist sehr anstrengend und macht nur Sinn wenn man Fahrtechnisch fit ist. Ansonsten lohnt sich der Trip ehr zufuß. Die Höhe ist in sofern problematisch, da man knapp 2000 Höhenmeter innerhalb von ein paar Stunden macht.
Editiert vom Moderator
Das Copyright für Diagramm und Karte wird derzeit angefordert. Hier aber die Info als Text:
Habe das Copyright von Jochen Fischer persönlich erhalten.
Also: Das Bild für euch mit freundlicher Genehmigung von JF Kartographie:
33 km Gesamtstrecke von ca. 1000 m üNN hinauf auf 3130 m üNN und wieder zurück...
Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Hoffe ich konnte was sinnvolles Beitragen!
Schönen Gruß,
Raoul
PS: Vielen Dank an:
__________jf-kartographie_____________
Ingenieurbüro für Computerkartographie
jf@computerkartographie.de
www.mountainbike-magazin.de/
...und natürlich an Zaffer vom MTB Store! www.mtb-store.de
Nachdem ich schon viele Berichte genossen habe, möchte ich auch mal was beitragen:
Anfang diesen Jahres ergab sich die Idee nochmal einen Alpencross zu fahren, nachdem ein Freund mich zum Trauzeugen seiner Hochzeit auserkoren hatte, die in Italien stattfinden sollte.
Leider hat es der Zeitplan nicht zugelassen eine ganze Woche zu investieren und so blieb uns nur Zeit für ein paar Touren in der Provinz Verbano Cusio Ossala - westlich vom Lago Maggiore, wo auch die Hochzeit stattfand.
Dennoch wollten wir es uns nicht nehmen lassen wenigstens eine Tour zu starten, die etwas mehr bieten sollte.
Ich hatte die Tour auf den Mont Chaberton ausgesucht, da man so nochmal ein wenig Höhenluft schnuppern konnte, ein toller Ausblick möglich sein sollte, und ein Gipfel erreichbar ist, was bei der Höhe mit dem Mountainbike nicht immer möglich ist.
Die Tour wird auf sogenannten Dynamite Trails gefahren. Alte Militärstraßen, die aus dem Fels gesprengt wurden und über den Hang mit Stein- und Stahlbauten befestigt waren. Ziel ist die Ruine eines Gipfelforts mit 8 schweren Backsteintürmen auf einem begradigten Gipfelplateau. König des Susatals nennt man den Berg, da die Türme an die Zacken einer Krone erinnern.
Die Jahreszeit (Mitte-Ende Juli) stimmte nach dem laschen Winter, um nicht mehr auf Schneefelder zu treffen.
Wir starteten an einem Dienstag gegen 6.00 Uhr morgens und fuhren von Verbania aus etwa 2h mit dem Auto bis zum Ausganspunkt in Fenils, einem kleinen Bergdörfchen am Fuße des Chaberton.
Ein älterer Mann erklärte uns, dass unser Vorhaben mit dem MTB recht sinnlos wäre, da viel Fels über den Winter runtergekommen ist, und man unweit hinter dem Ende der Forststraße nicht mehr im Sattel bleiben könne. Ähnliches prophezeite die Sonderausgabe der Mountainbike "Alpenspecial Sommer 07", in der es hieß, der Wege seien seit der Sperrung für Endurofahrer die letzten Fahrrillen entnommen.
Mein Freund als erfahrener Alpencrosser und Alpencrossmarathonbezwinger und ich als langjähriger EX Downhill-Amateur, blieben dennoch optimistisch und starteten die Tour auf einem breiten Schotterweg, der als Hauptroute bis zur letzten Alm "Pra Claud" gut ausgebaut hinauf führt.
Joschi guten Mutes auf den ersten Kilometern der Tour im warmen Wald:
Von diesem Weg aus eröffneten uns die abziehenden Wolken zum ersten mal einen Blick auf das Ziel:
Nun war der Gipfel frei und man kann das Fort mit den alten Geschütztürmen erkennen (dazu später mehr)
Nach den ersten etwas steileren Stücken und ein paar Serpentinen kamen wir zur letzten Alm "Pra Claud", von wo aus die Weiterfahrt für Autos und Motorräder verboten ist.
Der Weg bis hierher war leicht zu fahren und eine ideale Aufwärmung für das, was nun folgte.
Nach ein paar weiteren gut ausgebauten Kilometern durch recht geordneten Lärchenwald wurde es zunehmend wilder. Die Schotterpiste wurde zu einem Felspfad und es wurde steiler. Fahrtechnisch war es nun schon recht anspruchsvoll und aufgrund der nun "sportlicheren" Atmung waren Pausen für Unterredungen unumgänglich.
Die Muren-gezeichnete Trasse:
Hier ging es nun auch die ersten male aus dem Sattel. Hangrutsche und ausgespülte Felsrippen lassen sich zwar auch im Sattel bezwingen, aber im Nachhinein war es sinnvoll sich diese Kräfte für später zu sparen.
Joschi auf der anderen Seite der Schlucht:
Den steilen Weg ging es nun langsam hinauf. Man ist ständig konzentriert grobe Hindernisse weitläufig zu umfahren und gleichzeitig auf dem losen Geröll das Gleichgewicht und den Grip zu halten.
Währenddessen wird die Landschaft langsam karger und der dichte Wald wird lichter, bis nur noch ein paar Baumkrüppel da sind, die sich im merklich kälter gewordenen Wind noch am Fels halten:
Zwischenzeitlich wird der Weg nochmal ein wenig "fahrbarer" und die angelegten Serpentinen lassen sich wieder problemlos durchfahren:
Nach ein paar sehr steilen und langen Auffahrten erreichen wir eine Felswand an der es nun weiter geht. Die Beschaffenheit der alten Militärstraße wird immer schlechter und aufgrund der häufigen und länger werdenden Schiebepassagen wurden die Radschuhe gegen Trekkingstiefel getauscht.
Die steilen Passagen blieben dabei meist fahrbar, da grobes Geröll hier anscheinend keinen Halt findet. Auf flacheren Teilstrecken wiederum ist fast kein Durchkommen und teilweise bereits Tragen angesagt:
Von hier aus (ca. 2300m) bot sich nun zum ersten mal ein recht guter Ausblick in Richtung Osten, wo in etwa das Gebiet der olympischen Spiele von Turin 2006 liegt. Die Bobbahn war von dort oben recht gut zu erkennen.
Die Felswand des Nachbarberges zu unserer Rechten war sehr beeindruckend. Wir hielten hier die Ohren auf, da es schonmal zu Steinschlag kommen kann und fuhren/schoben recht zügig weiter.
Auf dem Bild ist gut zu erkennen wie breit der Ausbau der Piste einst gewesen sein muss. Der gespaltene Fels auf den ich zufahre ist ein prägnanter Punkt der Tour und auf etwa 2350 m Höhe:
Der Trail ist stellenweise nur noch etwa Lenkerbreit und es geht links hunderte Meter in die Tiefe. Aufgrund meiner Verpflichtung gegenüber der Braut, den Bräutigam heil nach hause zu bringen, wurde bereits im Vorhinein vereinbart, an gefährlichen Stellen kein Risiko einzugehen und so wurde hier und da auch das ein oder andere eigentlich fahrbare Stück geschoben:
Eigentlich hatten wir mit mehr anderen Menschen gerechnet. Es blieb aber bei ein paar Wanderern, die ungläubig den Kopf schüttelten und uns lächelnd begrüßten:
Den Pta. Gardiol halb umrundet kamen wir nun in das Hochtal zwischen Rer. des Grds. Becs im Norden und dem Mont Chaberton im Süden. In Richtung Westen bewegten wir uns auf den Sattel zwischen den beiden Bergen zu.
Blick vom Hang am Nordsattel in das Tal Richtung Osten. Ja - das war äusserst anstrengend
Von dem Sattel aus hat man nun zum ersten mal einen herrlichen Ausblick auf die Westalpen und die umliegenden Berge und Täler. Leider konnte ich hier keine Bilder machen, da ich die Kamera zwischenzeitlich nicht im Rucksack, sondern in der Windwestentasche hatte. Aufgrund der Temperaturen um die 0°C war beim herausnehmen der Schweissdunst sofort auf der Linse gefrohren
Am Sattel machten wir ein paar Minuten Rast und stillten den Hunger mit einem Powerbar und etwa einem Liter Wasser pro Nase. Joschi hatte ziemliche Probleme mit der Luft und es wurde wirklich richtig kalt. Im Tal hatten wir ca. 25 °C und hier oben gefrohr mir das Wasser an den Stiefelrändern, das aus einer kleinen Schneepfütze, in die ich zuvor getreten war, noch am Schuh haftete
Von hier an geht es nun in Richtung Süden einen wahnsinnig steilen Serpentinentrail hinauf zum Gipfel. Die letzten 500 Höhenmeter haben es in sich. Ich denke der Vergleich ist ein wenig an den Haaren herbei gezogen, aber ich zitiere mal den Achim Zahn von der Mountainbike:
(...)der wieder gute Bodenbelag erlaubt zumindest konditionsstarken Mountainbikern, die auch in der großen Höhe ausreichend Sauerstoff in die Lungen pumpen können, ein Fahren auf dem Bike bis zum Gipfelfort.(...)Weitere etwa 400 (Höhenmeter) gleichen einem Kampf wie bei der Besteigung eines Achttausenders.(...)"
Hier ein Blick richtung Westen auf den letzten, flachen Teil des Serpentinentrails vor dem steilen Part auf den Gipfel. Man sieht die Eisriesen hier sehr schön:
Hier ein Blick in Richtung NordOsten ein Stück weiter oben aufgenommen:
Am Gipfelplateau angekommen bot sich nach Südwesten dieser Blick ins Tal hinab auf die Stadt Montgenevre. Das Wetter hätte kaum besser sein können:
Blick nach Nordwesten mit Stilleben
Das ehr unspektakuläre Gipfelkreuz am Südende des Plateaus:
Der Ausblick vorbei an zwei der Backsteintürme nach Osten:
Von dem staubtrockenen, eiskalten Plateau sind wir dann auf die Ostseite hinter die Wand an den Geschütztürmen gekrakselt , um dem Wind ein bischen zu entgehen. Hier oben ist vorsicht geboten. Entgegen normaler alpiner Beschaffenheit sind hier überall baulich bedingte Löcher und Abhänge, Stacheldrahtreste und irgendwelche Leitungen und Gestänge die aus dem Boden kommen.
Die Anlage ist riesig und verläuft auf und rund um den Gipfel. Die Festung wurde zwischen den beiden Weltkriegen errichtet und es ist unglaublich was damals fast ausschliesslich von Hand geschaffen wurde. Ich bin im Grunde nicht an Museen, Denkmälern oder historischen Bauten interessiert, aber das was die italienischen Alpisti hier geleistet haben ist trotz der miesen Umstände des Baus schlicht und einfach beeindruckend. Es wurden für die Geschütztürme 8 Stahlkuppeln zu je 4 t Gewicht und einem Durchmesser von 5,50 m hier hochgebracht.
Es grenzt an Ironie, dass ein paar Tage nach Mussolinis Kriegserklärung an Frankreich, alles sofort zerstört wurde - und das wenige Tage nach der Fertigstellung
Hier ein Bild von unterhalb des Plateaus. Die Schneehaufen sind mind. 2 m hoch und aufgrund des Schattens noch nicht der Sonne erlegen:
Noch ein hastiges Bild vom Hauptteil des Forts. Die Türme sind weitaus größer als es die Bilder vermuten lassen:
Hier ein Bild, das in Richtung Norden aufgenommen wurde. Man sieht, dass auch weiter unterhalb des Gipfels noch Gebäude von Turnhallengröße in den Fels gebaut sind. In der Mitte des Bildes der Weg, den wir auf den Nordsattel gefahren sind und der Rer. des Grds. Becs (3044m) dahinter :
Nun ging es an die Abfahrt. Hauptaugenmerk lag hier bei meinem Versprechen, den Bräutigam heil zurück zu bringen. Ein paar für den Rheinländer nicht so alltägliche Punkte waren nun zu beachten. Als Verfechter des klassischen MTBs mit Felgenbremse muss man hier und da Pause machen, damit die heisse Felge den Reifen nicht anfrisst. Zudem sollte man seinen Handgelenken ab und zu trotz moderner Federung mal eine Pause gönnen. Die Abfahrt ist technisch äusserst schwierig. Es ist wahnsinnig steil, der Boden scharf und wechselhaft grob oder sehr grob steinig und es gibt viele Absätze und große Brocken unterwegs, die man nicht sofort sieht.
Für den größten Teil der Abfahrt habe ich wieder Radschuhe getragen, aber weiter unten hieß es wieder "Dem Meindl/HanWag sei Dank":
Wir sind über die Westseite hinunter. Hier ist es wesentlich steiler, dadurch aber auch schneller. Es musste wieder stellenweise geschoben und durch Felsspalten getragen werden.
Das Bild vermittelt einen ähnlichen Eindruck wie im wahren Leben: Das Flussbett sieht klein und nah aus, aber selbst die Durchquerung des weichen sandigen und sicherlich 200m breiten Flussbetts dauerte ca 10 bis 15 minuten... Die gesamte Abfahrt bis dahin war ein Abenteuer und kostete fast 2 h!
Eine Aufnahme der Stufe die aus der Ferne aussieht wie eine Traktorspurrille:
Hier ein Blick nach getaner Arbeit in Gegenrichtung
Ich hatte eine ganze Menge Material dabei, für den Fall einer Panne. Gebraucht wurde aber nur gegen Ende der Tour ein Schlauch für mein Hinterrad. Nachdem wir in atemberaubendem Tempo breite, steile Waldautobahn hinabgeschossen waren, hatte ich genau bei erreichen der asphaltierten Passstraße bei Montgenevre einen Platten...
Nach dem Schlauchtausch ging es die Asphaltstraße runter und man musste wieder auf die Felgentemperatur achten... Die Italiener, wie die Franzosen fahren zudem nicht zimperlich Auto und man muss beim Überholen vorsichtig sein!
Hier noch ein letztes Bild des Chaberton von der Straße aus aufgenommen, bevor uns der Berg im Vordergrund, auf dem Weg weiter zum Ausgangspunkt, die Sicht nahm.
Die ganze Tour ist sehr anstrengend und macht nur Sinn wenn man Fahrtechnisch fit ist. Ansonsten lohnt sich der Trip ehr zufuß. Die Höhe ist in sofern problematisch, da man knapp 2000 Höhenmeter innerhalb von ein paar Stunden macht.
Editiert vom Moderator
Aus Gründen des Urheberrechtes musste ich die Karten leider wieder entfernen. Schöner Bericht. Gruss, Nam
Bei Nachfragen bitte eine PN an den Moderator senden. Dein Team der
Das Copyright für Diagramm und Karte wird derzeit angefordert. Hier aber die Info als Text:
Habe das Copyright von Jochen Fischer persönlich erhalten.
Also: Das Bild für euch mit freundlicher Genehmigung von JF Kartographie:
33 km Gesamtstrecke von ca. 1000 m üNN hinauf auf 3130 m üNN und wieder zurück...
Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Hoffe ich konnte was sinnvolles Beitragen!
Schönen Gruß,
Raoul
PS: Vielen Dank an:
__________jf-kartographie_____________
Ingenieurbüro für Computerkartographie
jf@computerkartographie.de
www.mountainbike-magazin.de/
...und natürlich an Zaffer vom MTB Store! www.mtb-store.de
Kommentar