Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Von der Freude am Scheitern
LOMSDAL-VISTEN 2020
LOMSDAL-VISTEN 2020
TAG 1 | 15.8.2020 SAMSTAG
Wohlstandsschnösel.
Ich sehe da so eine gewisse Progression ins Dekadente. Letztes Jahr bin ich mit dem Taxi vom Flughafen zum Zeltplatz gefahren. Dieses Jahr habe ich mich gleich im besten Haus am Platz einquartiert.
Das macht natürlich alle weiteren Vorbereitungen deutlich entspannter. Die Einkäufe sind schnell erledigt. Diesmal gibt es alle Größen an Gaskartuschen. Der Sport 1 ein Stück nördlich vom City Nord Einkaufszentrum hilft – direkt im City Nord wäre das wieder mal nix geworden.
Irgendwer hat hier mal von Kornmo geschwärmt, darum hab‘ ich davon auch was gekauft. Ansonsten kaufe ich das übliche: Salami, Käse, Knäckebrot und einen Haufen Real Turmat.
Um 17:00 steige ich in Mosjøen am Bahnhof aus dem Zug. Kein Taxi zu sehen, also fängt die Tour „by fair means“ an und ich laufe einfach direkt hier los.
Es geht kurz durch den Ort, über die Vefsna und durch ein Industriegebiet. Das Wetter ist trüb aber trocken. Kurz nach dem Ortsschild kommt ein recht unangenehmes Stück Landstraße ohne Seitenstreifen. Das ist aber schnell vorüber und am Hof Nes verlasse ich die Straße. Ich folge auf einer auffällig gut gepflegten Piste dem Lauf des Tverråga aufwärts. Bald erreiche ich den Wanderparkplatz beim gleichnamigen Bauernhof.
Viel weiter will ich heute nicht mehr. Das waren jetzt 8 km und allzu bald werden keine guten Plätze mehr kommen. Frühestens nach 400 Hm Aufstieg rechne ich wieder mit einem Plätzchen fürs Zelt. Der Aufstieg kann noch bis morgen warten. In einem Wäldchen am Fluss finde ich einen brauchbaren Platz und lasse den Tag hier enden.
TAG 2 | 16.8.2020 SONNTAG
Ich komme früh los. Um 8:30 sitzt der Rucksack. Zuerst geht es auf einem guten Pfad neben dem Kvanndalselva aufwärts. So folge ich eine Zeit lang dem Weg durch den Wald.
Heh! Was soll denn das?
Als ich aus einem Birkenwäldchen trete, stehe ich mitten im Abraum einer Piste. Der Verlängerung der Piste auf der ich gestern schon unterwegs war.
Sieht nagelneu aus. Auf meinen Norgeskart Ausdrucken vom Vorjahr war genau hier nur Wanderweg.
Komisch, auch gestern schon ist mir aufgefallen, dass die Piste in exzellentem Zustand ist. Irgendwer muss die regelmäßig glattziehen. Wozu nur?
Bald treffe ich auf eine Stromtrasse und biege links ab. Ab hier führt mich wieder ein Pfad steil hinauf in den Fjell. Nach ungefähr einer Stunde mache ich Pause. Fuck, ganz schön kalt hier! Ist doch schon Herbst.
Landschaftlich habe ich diesmal einen sanften Einstieg gefunden. Schon bald ist der Aufstieg erledigt und es wird deutlich flacher. Auf gut markiertem Pfad geht es durch saftig grüne Hügel. Alles ist voll mit riesigen Schwammerln. Teilweise stehen gleich ein Dutzend beieinander – jeder groß wie ein Pizzateller. Überall Tümpel und Bäche. Wie geil!
Westlich vom Melkarbakken gabelt sich der Weg. Hier mache ich noch einmal Pause. Mir ist wieder saukalt. Mein Hemd ist halt auch nassgeschwitzt. Wegen dem eisigen Wind trage ich trotzdem lieber das Hardshell darüber. Ein schneller Kaffee und ein paar Happen zu Mittag, dann muss ich mich dringend wieder bewegen um nicht zu frieren.
Zuerst finde ich den richtigen Aufstieg Richtung Aksla nicht, treffe aber nach kurzem Blick auf das GPS gleich wieder auf Steinwarten in meine neue Richtung. Keine Ahnung wo da der richtige Einstieg gewesen wäre. Vielleicht hat es nur die ersten paar Warten im Winter umgelegt.
Plötzlich passiert es. Auf einem Dutzend Höhenmetern ändert sich die Landschaft schlagartig. Es fühlt sich ein bisschen an wie Heim kommen. Schöne, runde Felsrücken mit Moos und Gras dazwischen. Der Blick in die Ferne schweift über Tümpel und Seen. Die dichten, grauen Wolken am Himmel verleihen der Landschaft noch mehr Dramatik.
Nach nur ein paar Schritten entdecke ich eine Herde Rentiere nicht weit von mir. Ich bleibe lange stehen und beobachte einfach nur was sie machen, schieße ein paar Fotos. Immer wieder schauen sie aufmerksam zu mir rüber, scheinen dann aber zu entscheiden, dass ich keine Gefahr bin und kommen erstaunlich nah. Nach 10 Minuten habe ich genug von dem Spektakel und gehe zufrieden weiter.
Es geht jetzt zügig nach unten zum Nervatnet. Wahnsinn, was für ein Ausblick. Einen schöneren Einstieg in die Tour kann ich mir nicht wünschen. Als dann der Birkenwald und die Sümpfe beginnen verliere ich natürlich prompt den Weg. Ich balanciere auf Steinen über den Gardselva und stapfe danach schmatzend durchs Moor. Eine Hütte am Waldrand finde ich noch, meinen Weg habe ich aber immer noch verloren. Weiter geht es durch einen verwunschen anmutenden Birkenwald, in dem uralte Stämme kreuz und quer liegen. Es ist eine einzigartige Umgebung. Zwischen den Birken ist Sumpf, der immer wieder von tiefen Bächen durchzogen ist.
Als ich die Wegspur wieder finde sind es nur noch ein paar hundert Meter, bis ich den weglosen Teil meiner Tour beginne. Hier geht’s dann wohl los ins Ungewisse…
Der Øvrevatnet ist vom Nedrevatnet durch einen recht breiten Abfluss verbunden. Auf beiden Seiten davon sind weite Sumpfflächen. Da finde ich aber leicht hindurch und stehe schon bald vor meiner Furt. Zuerst versuche ich mein Glück eine Zeit lang an verschiedenen Stellen, bis ich einsehe, dass ich hier nicht trocken rüberkomme. Schuhwechsel und durch.
Hui, doch tiefer als gedacht. Die nicht ganz über die Knie gekrempelte Hose wird recht ordentlich nass. Ich gehe nur noch ein paar Dutzend Meter weiter und stelle das Zelt auf einem trockenen aber schiefen Platz auf. Viele Optionen hat man hier nicht, da kann man nicht wählerisch sein.
Diese Route ist ein ausgesprochen schöner Einstieg in die Tour. So viele verschiedene Landschaften in einem einzigen Tag. Technisch trivial und nicht übermäßig anstrengend. 13,5 km waren es heute, bei recht ordentlichen 720 Hm rauf und 510 Hm wieder runter.
Eine Weile halte ich es am Abend noch am Seeufer aus, dann wird es aber doch bald zu kalt. Der Tag geht mit Asimovs „Foundation meets Empire“ zu Ende.
zur Karte
Kommentar