Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rentiere

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  • Fjaellraev
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    • 21.12.2003
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    • Meine Reisen

    #21
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Ich habe in letzter Zeit selten bei einem Reisebericht soviel geschmunzelt wie bei diesem. Absolut genial geschrieben, Danke dafür.

    Mal schauen wann ich es mal wieder auf einen längeren Abschnitt des Padjelantaleden schaffe, sind diesen Sommer schliesslich auch schon 19 Jahre und den Teil zwischen Duottar und Tarrekaise kenne ich immer noch nicht...
    Abschnitte in Tagestourlänge gab es ja danach noch ab und zu, wobei der letzte Besuch auch schon 9 Jahre her ist.
    Und Claudia und Holger sollte ich auch mal wieder treffen...

    Mal schauen was sich so ergibt: Wenn man wieder los kann werde ich mich diesen Sommer wohl zumindest am nördlichen Ende rumtreiben - "müsste" in Kutjaure vorbei und in einem der nächsten Jahre bin ich dann vielleicht auch endlich mal wieder im September unterwegs.

    Zu diesem Felix sage ich jetzt mal lieber nichts, es wäre vermutlich alles andere als nett.

    Bin gespannt was noch so alles kommt.

    Gruss
    Henning
    Es gibt kein schlechtes Wetter,
    nur unpassende Kleidung.

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    • Sausemann
      Erfahren
      • 11.10.2018
      • 124
      • Privat

      • Meine Reisen

      #22
      AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

      Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
      Ich habe in letzter Zeit selten bei einem Reisebericht soviel geschmunzelt wie bei diesem. Absolut genial geschrieben, Danke dafür.
      Dankeschön, freut mich wenn es Dir gefällt.

      Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
      und den Teil zwischen Duottar und Tarrekaise kenne ich immer noch nicht...
      Da solltest Du unbedingt hin. Das Tarradalen in Herbst war einfach der Hammer

      Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
      Und Claudia und Holger sollte ich auch mal wieder treffen...
      Auf jedenfall. Wir hatten unbekannterweise viel Spaß

      Kommentar


      • Sausemann
        Erfahren
        • 11.10.2018
        • 124
        • Privat

        • Meine Reisen

        #23
        AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

        Montag 09.09.2019 Tag 7 „The thrill of racing reindeer“


        Ein paar Tage später wurde mir dieses Bier im Vandrahem in Jokkmokk kredenzt. Wie passend

        Ich wache um 6:40 Uhr auf. Um mich herum schläft noch jeder. Ich verziehe mich aufs Örtchen und draußen herrscht eine wunderbare Morgenstimmung.


        Morgens 7:00 Uhr in Staloluokta

        Es ist noch leicht bewölkt, aber man kann erkennen das es ein wunderschöner Tag werden wird. 19Km stehen heute an. Die bislang längste Etappe.
        Ich bin voller Vorfreude und kann meine Füße nach dem Ruhetag kaum still halten. Zurück beginne ich mich leise in die Wandermontur zu streifen, da werden Pierre und Claudia wach. Wir kochen Kaffee und Milch fürs Frühstück. Sind heute morgen alle ein bisschen albern und blödeln rum. In unserer Gegend nennt man das Dummgeschwätz.
        Die zwei wollen heute ihren faulen Tag machen, also haben sie es nicht so eilig. Ich drücke etwas aufs Tempo und um 8:40 Uhr geht’s los. Heute wird es den ganzen Tag leicht bergan gehen, aber das Höhenprofil zeigt keinen gemeineren Anstieg.
        Wir müssen an der Haupthütte vorbei, wieder zurück auf die Zeltwiese und gelangen wieder auf den Padjelantaleden.
        Sind wir die letzten Tage immer Richtung Süden, Südwesten gelaufen, immer die großen Seen im Blick, kehren wir nun dem Virihaure den Rücken und ziehen Richtung Osten, einer Hochebene entgegen.
        Nach ca 1,5 km kommen wir aus der Senke weiter hoch und ziehen weiter Richtung Gieddavrre.


        Bye Bye Virihaure




        Trolle haben diesen Kreis gelegt





        Die Landschaft besteht aus niedrigen Birkengebüschen und vielen Gräsern und Moosen. Heidelbeeren überall.
        Es ist ein traumhafter Tag. Die Sonne scheint mittlerweile mit voller Kraft und die Wolken werden immer weniger. Bei mir purzelt Schicht um Schicht und ich laufe im Hemd.
        Kurz hinter dem Gieddavrre kommen wir an eine kleine Flussbiegung und können in der Ferne die nächste Hängebrücke sehen, die uns endgültig auf das Hochplateau führen wird.
        Wir machen kurz Pause und sehen ein Rentierjunges. Ca 300m entfernt. Es rennt von links nach rechts durch den seichten Fluss, hüpft und springt, spritzt mit dem Wasser rum. Lebensfreude pur. Einfach toll.
        Wir kommen der Hängebrücke immer näher.
        Von Ferne haben wir es schon gehört. Bei der Brücke ergießt sich ein gar nicht so kleiner Wasserfall mit tollen Stromschnellen.


        Hier sollte das Junge zu sehen sein




        Von dem Wasserfall und der Brücke hab ich wohl kein Foto gemacht

        Nach der Hängebrücke kommen wir dann endgültig auf das Hochplateau. Die Landschaft ändert sich und wird karger. Waren am Anfang noch Birkenwäldchen und kleine Krüppelbirken zu sehen, wird es jetzt steiniger und voller Flechten, Moose und Gräser.
        Dann das nächste Highlight. Am Horizont kommen die beeindruckenden Schneebedeckten Gipfel des Sarek näher. Die werden uns heute den ganzen Tag begleiten.
        Rentiere sind hier oben vereinzelt zu sehen. Aber nie in Gruppen sondern immer alleine.
        Wir ziehen den Weg weiter und Pierre macht mich auf einen besonders fotogenen Rentierbullen aufmerksam, der in 150-200m Entfernung direkt vor uns auf einer kleinen Kuppe thront. Ich mache natürlich ein Foto. Er guckt. Wir gucken. Fehler!!!! Im saarländischen gibt es nur ein Wort, das beschreibt was jetzt passiert: Oh leck!
        Er senkt sein Geweih und stürmt mit voller Geschwindigkeit den Weg runter auf uns zu.
        Ähm was passiert hier?
        Pierre und mir wird es mehr als mulmig. Der attackiert uns! Wir laufen ein paar Meter neben den Weg und sind wie paralysiert. Ca 10m vor uns wird er etwas langsamer und weicht uns in 2-3m Entfernung aus. Er macht einen aggressiven Eindruck. Wir gucken nicht zurück und laufen schnell weiter, haben aber den Eindruck, das er uns verfolgt. Das tut er auch mit etwas Abstand, wie ich aus dem Augenwinkel erkennen kann. Irgendwann lässt er ab. Uff. Kent hatte im Gespräch schon erwähnt, das die Bullen zu dieser Jahreszeit etwas „funny“ seien. Aber so „funny“ war das gar nicht.


        Da oben steht das Biest

        Wir ziehen weiter und die Landschaft wir immer alpiner und karger. Etwa 10min nach unserer Begegnung mit dem übel gelaunten Bullen sehen wir den nächsten. Das darf nicht wahr sein. Der greift auch an.
        Schnell treten wir neben den Weg und machen uns ganz klein. Er rennt wieder auf uns zu, macht eine kleine Schleife, bleibt 10m neben uns stehen und starrt uns an. Wir versuchen einerseits Blickkontakt zu vermeiden, auf der anderen Seite müssen wir ja gucken was er macht. Wir starten einen zaghaften Versuch nochmal aufzubrechen, aber da kommt er in unsere Richtung, bleibt stehen, als wir uns wieder hinkauern, starrt und pinkelt dann demonstrativ vor unsere Füße.
        Mann Mann Mann. Die Machos sind los. Natürlich. Brunftzeit. Und diese herrliche Ebene an einem so schönen Tag ist der ideale Platz um sich zu präsentieren und zu kämpfen.
        Nachdem wir uns 5min nicht bewegen lässt er von uns ab. Wir ziehen vorsichtig weiter, nur um hinter der nächsten Kurve dem nächsten Testosteronbolzen zu begegnen. Das gleiche Spiel. Das kann doch nicht wahr sein. Wenn das so weitergeht kommen wir heute vielleicht noch 5km weit und dürfen dann zwischen diesen netten Burschen das Zelt aufschlagen.


        Der nächste

        Blickkontakt ist übel, das haben wir schon rausgefunden. Jetzt hat Pierre aber eine gute Idee. Er meint wir sollten mal mit größerem Abstand zueinander laufen, damit sie nicht denken wir wären ein großes Tier.
        Gesagt, getan. Es ist schonmal ein Anfang und sie sind nicht ganz so aggressiv, machen jedoch jedesmal unmissverständlich klar, wer hier der Chef ist. Verfolgen und umrunden uns.
        Deeskalation Stufe 2: Ich laufe voran und beginne, sobald ich einen Bullen im Augenwinkel entdecke, einfach durch die Pampa in genau die entgegengesetzte Richtung zu laufen, bzw einen sehr großen Bogen um ihn zu schlagen. Mit dieser Taktik haben wir Erfolg. Kein Blickkontakt, große Abstände und immer ausweichen. Das wird noch bis ca 5km vor Duottar so gehen.


        Wir haben Angst

        Nach Pause machen ist uns nicht hier oben, wir können aber wieder die Landschaft und das Wetter genießen. Die Sarekgipfel kommen immer näher und sind einfach nur majestätisch. Wir kommen uns vor, wie eine Expedition im Anmarsch auf den Himalaya.
        Gegen Nachmittag haben wir das Plateau so langsam überquert und die Rens werden weniger, bzw sind auch Kühe und Jungtiere zu sehen. Die Lage entspannt sich. Je weiter wir kommen, desto herbstlicher wird die Flora. Immer mehr Moose und Sträucher färben sich leuchtend rot oder gelb.









        In einer kleinen Senke machen wir dann eine längere Pause, essen eine Kleinigkeit und senken den Adrenalinpegel. Hören Hubschrauber aus Richtung Staloluokta kommen. Da sitzt bestimmt die Familie Kent drin. Der hätte sich über uns wahrscheinlich halb tot gelacht.
        Die Sonne strahlt immernoch am Himmel, aber so langsam kommt ein ziemlich kräftiger, kühler Wind auf. Also Fleece und Hardshell wieder an. Es ist jetzt ca 15:00 Uhr. Das Licht ist einzigartig. Schon an den letzten 2 Tagen ist mir aufgefallen, das hier teilweise schon gegen 14:00 Uhr Nachmittag, Abendstimmung herrscht.
        Wie in unseren Gefilden gegen 18:00 Uhr Abends, das aber den ganzen restlichen Tag lang. Eine ganz besondere Nachmittagsstimmung.









        Kurz vor Duottar entdecken wir einen wunderschönen Zeltplatz, mit Blick auf die Sarekgipfel. Der ist jedoch so exponiert und Wind und Wetter ausgesetzt, das wir beschließen bis zu den Hütten zu laufen. Wenn es dort einen guten Platz gibt wird gezeltet, wenn nicht bleibt die Winterhütte.
        Kurz vor Duottar dann die erste „richtige“ Furt der Tour, auch wenn das Wasser recht seicht scheint.
        Ich gehe als erster und versuche mein Glück mit Stiefeln und Gamaschen. Na bitte. Das Wasser ist nie höher als Mitte Schienbein und ich komme mit trockenen Füßen rüber. Pierres Schuhe, die mittlerweile alles andere als dicht sind, werden in den Rucksack gepackt und die Vibram Zehenschuhe angepasst.
        Direkt nach der ersten Furt die zweite, ganz ohne Schwierigkeiten und schon sind wir da.


        Sause macht rüber


        Pierre macht rüber

        Duottar. Claudia hatte ja schon geschwärmt und ich muss ihr Recht geben. Von allen BLT Hütten auf dieser Tour sind das die am schönsten gelegenen. Leider ohne Blick auf den Sarek
        Wir suchen etwas und finden zwischen den Hütten einen guten, relativ windgeschützten Platz für das Vango. Es wird diese Nacht zwar wieder verdammt kalt werden, aber wir wollen jetzt unbedingt wieder im Zelt schlafen. Pierre wird sich dick anziehen und eine Flasche warmes Wasser als „Wärmflasche“ mit in den Sack nehmen.
        Während ich das Zelt aufbaue holt Pierre Wasser und richtet die Freiluftküche ein. Wir essen Süppchen mit einer tollen Aussicht auf Kierkevare. Die Sonne senkt sich langsam und es wird deutlich kühler. Zum Abendessen ziehen wir uns dann doch in die Winterhütte zurück. Im schwindenden Tageslicht herrscht eine besondere Stimmung in der Hütte. Ich fühle mich wie 100 Jahre zurück versetzt.











        Der Sonnenuntergang ist wiedereinmal spektakulär und nachdem die Sonne untergegangen ist, wird es empfindlich kalt. Schnell ziehen wir uns ins Zelt zurück. Pierre dick eingepackt mit Wärmflasche und ich nehme alle überflüssigen Klamotten auch mit in den Schlafsack. Mir wird gleich warm und ich lobe mich dafür den Carinthia Kufasack gegen die Daunentüte getauscht zu haben. Mit dem Pfeifen des Windes im Ohr schlafen wir gegen 21:30 Uhr todmüde ein.



        Bilanz: 18,6km in 4:39h Laufzeit, 599m hoch und 309m wieder runter

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        • Pfiffie
          Fuchs
          • 10.10.2017
          • 2024
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          #24
          AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

          Ihr habt bestimmt mit den Stöckern rumgefuchtelt, die armen Rentierbullen


          Die Etappe habe ich zwecks Höhenmeter in nicht so guter Erinnerung, nicht wegen der Höhenmeter, aber ich hatte das Gefühl wenn man 5m hochgelaufen ist wieder 2 runter zu laufen .

          An dem Wasserfall hab ich letztes Jahr Pause gemacht, ein tolles Fleckchen, auch alles rund um die Hütten dann, kann ich nur bestätigen.
          "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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          • Sausemann
            Erfahren
            • 11.10.2018
            • 124
            • Privat

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            #25
            AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

            Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
            Ihr habt bestimmt mit den Stöckern rumgefuchtelt, die armen Rentierbullen

            Nee haben wir lieber nicht. Wir dachten das macht sie bestimmt noch aggressiver
            Und wenn so ein ausgewachsener Rentierbulle auf einen zugedonnert kommt weiß man instinktiv ganz schnell das 2 kleine Stöckchen den nicht aufhalten werden

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            • Ljungdalen
              Alter Hase
              • 28.08.2017
              • 2715
              • Privat

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              #26
              AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

              Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
              Und wenn so ein ausgewachsener Rentierbulle auf einen zugedonnert kommt...
              Hm, ganz schön früh im Jahr für so ein Verhalten. Beginnt die Brunftzeit nicht erst so frühestens Ende September? (Und dauert bis November?)

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              • Ljungdalen
                Alter Hase
                • 28.08.2017
                • 2715
                • Privat

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                #27
                AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
                <Staloluokta>
                Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
                <Duottar>
                Der Sonnenuntergang ist wiedereinmal spektakulär ...
                Hehe, wie es sich Jahr für Jahr gleicht! Und das ist auch gut so! Staloluokta 18.09.2017:





                (nach unserem längsten Tagesabschnitt übrigens, 30 km von Darreluoppal... bei Duottar waren wir viel zu früh (vor 12), und da war das Wetter auch noch relativ mies... ab dem nächsten Morgen dann die zwei restlichen Tage bis Ny Sulitjelma wolkenlos)

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                • Sausemann
                  Erfahren
                  • 11.10.2018
                  • 124
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                  Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                  Hm, ganz schön früh im Jahr für so ein Verhalten. Beginnt die Brunftzeit nicht erst so frühestens Ende September? (Und dauert bis November?)
                  Hm da bin ich nicht der Experte. Das ging ja den ganzen Tag so und da auf dieser Ebene tatsächlich nur einzelne Bullen zu sehen waren und alle ziemlich schräg drauf waren, konnten wir es uns nur so erklären. Vielleicht meinte Kent das ja auch als er sagte die wären etwas "funny" im Moment

                  Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                  Hehe, wie es sich Jahr für Jahr gleicht! Und das ist auch gut so! Staloluokta 18.09.2017:


                  Gottseidank nicht! Sie haben die Bettwäsche gewechselt

                  Kommentar


                  • dingsbums
                    Fuchs
                    • 17.08.2008
                    • 1503
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                    Es ist so interessant, den Bericht zu lesen und die Eindrücke zu vergleichen. Wir waren ja von den Brücken bis Stalo einen Tag hinter euch unterwegs. So oft liegt mir ein Kommentar auf der Zunge. Ich muss unbedingt auch einen Bericht schreiben, über Ostern sollte sich ja dafür etwas Zeit finden, dann plane ich zu beginnen.

                    Danke für das "lustige, positive Pärchen zwischen 40 und 50 Jahren", Holger (52) meinte zu mir (50): Was für ein Charmeur. Kent saß übrigens sicher nicht in dem Hubschrauber, die waren abends immer noch da, übernachteten aus welchem Grund auch immer aber im Zimmer direkt nebenan. Und wir hatten Action, der Gasalarm löste nämlich aus. Dazu dann mehr in meinem Bericht, wobei es (zum Glück) unspektakulär blieb. Das Gas wurde natürlich sicherheitshalber abgestellt.

                    Und dann noch zwei Kommentare zu diesem Bild:

                    Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
                    Derselbe Sonnenuntergang weiter westlich über dem Virihaure:



                    Tuottar 2003, da muss man sich doch in die Gegend verlieben (habe gerade nur den alten Scan zur Hand):

                    Kommentar


                    • Sausemann
                      Erfahren
                      • 11.10.2018
                      • 124
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #30
                      AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                      Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
                      . Ich muss unbedingt auch einen Bericht schreiben, über Ostern sollte sich ja dafür etwas Zeit finden, dann plane ich zu beginnen.
                      Ich bitte drum

                      Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
                      Danke für das "lustige, positive Pärchen zwischen 40 und 50 Jahren", Holger (52) meinte zu mir (50): Was für ein Charmeur.
                      Da hab ich nur wahrheitsgemäß meine Eindrücke wiedergegeben

                      Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
                      Kent saß übrigens sicher nicht in dem Hubschrauber, die waren abends immer noch da, übernachteten aus welchem Grund auch immer aber im Zimmer direkt nebenan. Und wir hatten Action, der Gasalarm löste nämlich aus. Dazu dann mehr in meinem Bericht, wobei es (zum Glück) unspektakulär blieb. Das Gas wurde natürlich sicherheitshalber abgestellt.
                      Ach Mist, hoffe es wurde nicht zu kalt




                      Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
                      Derselbe Sonnenuntergang weiter westlich über dem Virihaure:



                      Tuottar 2003, da muss man sich doch in die Gegend verlieben (habe gerade nur den alten Scan zur Hand):

                      Wow fast die gleiche Färbung und der gleiche Winkel. Duottar war ein Traum

                      Kommentar


                      • Sausemann
                        Erfahren
                        • 11.10.2018
                        • 124
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                        Dienstag 10.09. Tag 8 „The thrill of the lonsesome Hiker“

                        Ich schlafe gut diese Nacht. Es ist zwar richtig kalt, ich friere aber nicht, sondern habe es schön warm.
                        Um 6:00 Uhr treibt es Pierre aus dem Zelt. Ich will noch nicht. Es ist so kuschlig warm und draußen sind es nur 5°C . Drehe mich nochmal rum und döse vor mich hin. 6:20 Uhr ist das Regen? 6:25 Uhr Ach Mist. Ja es nieselt aufs Zelt. Da brauch ich auch nicht aufstehen. Wird’s halt noch von außen nass, innen steht eh das Kondenswasser.
                        6:45 Uhr Pierre kommt angelaufen. Ich soll schnell aufstehen und das Zelt abbauen es käme eine große Regenfront auf uns zu. Sollte das Wetter nicht schön bleiben? Ich mache also einen Kaltstart und ziehe mich hastig an. Pierre trägt Schlafsäcke und Isomatten zur Hütte, kommt zurück und holt den Rest, während ich schnell das Zelt abbaue. Noch ist es noch nicht klatschnass. Von Westen her kommt tatsächlich eine übel schwarze Wolkenfront aus der es in der Ferne auch schon heftig pladdert.


                        rain is coming

                        Schaff ich das noch bevor der große Guss kommt? Nicht wirklich. Beim Abbau werde ich noch schön geduscht. Naja bin ich wenigstens wach. Ich eile zur Hütte, wo Pierre schon das Frühstück vorbereitet hat.
                        Eine halbe Stunde regnet es, dann wird es langsam weniger.
                        Wir packen zusammen und warten noch, wie sich das Wetter entwickelt.
                        Die Etappe heute ist nicht sehr lang. 10Km und soll uns über den höchsten Punkt der Tour führen. Nach Gestern hatte ich mir erhofft, wir könnten heute wieder den ganzen Tag mit Blick auf die Sarekgipfel laufen, aber ich zitiere den Wanderführer: „Meist wandert man in den Wolken...“
                        Das Wetter kann sich nicht wirklich entscheiden. Manchmal blitzt sogar die Sonne durch.


                        Der Blick zurück. Wirds noch was mit dem Wetter?


                        So sieht es vor uns aus

                        Gegen 10:00 Uhr laufen wir dann los. Der Weg ist steinig, stellenweise schlammig und sehr hügelig. Es geht aber stetig bergan. Wir befinden uns jetzt wirklich in den Wolken. Neblige, gedämpfte Stimmung. Es fühlt sich wiedereinmal nach Sigur Ros, Skandinavischen Sagen, Elfen und Trollen an. Wir sehen tolle Felsformationen und Bergseen im Nebel. Mystisch.






                        Es kann nur einen geben



                        Gestört wird diese Idylle nur durch den Ohrwurm den Pierre mir soeben verpasst hat. I wanna hold your Hand von den Beatles beißt sich gerade mit der Stimmung um mich rum
                        Beim Laufen fange ich an meine rechte Achillessehne zu spüren. Aua. Was soll das denn? Die schmerzt richtig bei jedem Schritt bergauf. Das Sprunggelenk fängt auch an Ärger zu machen. Ich beschließe die Wehwechen einfach zu ignorieren und hoffe das sich das bis morgen erledigt hat. Wir nähern uns dem höchsten Punkt. An einem schönen Fels machen wir eine längere Pause und essen unser Daypack. Der Fels hat es Pierre angetan und er krabbelt die ganze Zeit darauf herum. Ich bin nicht wirklich höhenfest und auf der anderen Seite geht es runter. Das kann ich sogar durch den Nebel sehen. Mir ist etwas mulmig. Pass bloß auf Junge.


                        Ahab auf dem Wal!


                        Das Signalorange des Raincovers wird die nächsten Tage eine hervorragende Tarnung werden



                        Wir laufen weiter und kommen zum höchsten Punkt. 948m wird das Garmin sagen. Es suppt jetzt immer mehr ein und die Sicht fällt auf ca 20m. Laufen jetzt monoton einfach weiter. Diese Passage ist ziemlich trübsinnig. Zum erstenmal auf dieser Tour vermisse ich auch die Sausefrau und die schnurrenden Stubentiger.
                        Jetzt beginnt es stetig bergab zu gehen. Wir kommen langsam aber sicher aus den Wolken und auf „der anderen Seite“ erwartet uns der Herbst. Es ist wieder viel mehr Vegetation zu sehen. Die kleinen Birken und die Beeren und Moose sind jetzt vornehmlich gelb, orange, rot gefärbt.
                        In der Ebene vor uns liegen die Darreluoppalhütten. Der gesamte Himmel ist eine einzige Suppe, nur über den Hütten scheint die Sonne. Schon wieder eines dieser unglaublichen Lichtspiele.





                        Wir steigen ab zu den Hütten und sind schon um 14:00 Uhr da.
                        Während wir die Anlage in Augenschein nehmen zieht der Himmel Blitzartig zu und es beginnt wie aus Eimern zu gießen. Die Entscheidung ist schnell gefällt, die nächste Nacht in einer Hütte wird gebucht.
                        Wir treten ein. Außer uns ist niemand da und wir erwarten auch nicht, das noch jemand kommt. Wir belegen also die Hütte und machen es uns gemütlich. Viel Zeit zum Tee trinken und Tagebuch schreiben.
                        Als ich den Left over Schrank öffne muss ich schmunzeln. Uns ist heute morgen das Milchpulver für den Kaffee ausgegangen. Kaffee schwarz mag ich nicht und soviel Zucker um ihn genießbar zu machen haben wir auch nicht dabei. Aber was finde ich? Genau. Milchpulver.
                        Wie war das mit dem Karma?
                        Noch ein bisschen Körperpflege und dann spielen Pierre und ich zum erstenmal auf der Tour 66. Ein den meisten vollkommen unbekanntes 2 Personen Kartenspiel, aber bei Pierre und mir seit Jahrzehnten unser Travelklassiker.
                        Während wir spielen poltert es im Vorraum. Na da kommt wohl doch noch jemand. Die Tür geht einen Spalt auf und wir rufen ein freundliches Hej, Hej. Batz. Die Tür fliegt zurück in die Angeln, hastiges Gepolter und dann knallt die Tür nach draußen, wo es immer noch in Strömen gießt.
                        Was war das denn? Seltsam. Ich stehe auf und gucke durch das Fenster des Vorraums. Draußen sehe ich einen Kerl wie ein Schrank rumlaufen. Hat einen riesigen Rucksack mit Osprey Raincover auf dem Buckel.
                        Er laüft von Hütte zu Hütte und rüttelt an der Tür. Hat der ein Problem mit Menschen? Es ist mittlerweile 17:30 Uhr und sehr viel weiter wird er heute nicht können. Zudem ist das Wetter richtig fies. Mittlerweile stürmt es auch. Als er bei der Stugvard Hütte angekommen ist verliere ich ihn aus den Augen. Sehr seltsam der Kerl. Dem möchte ich jetzt nicht unbedingt über den Weg laufen.
                        Wir spielen weiter, aber ich bin unentspannt. Pierre gewinnt die Chose. Auch das noch.
                        Ich muss aufs Klo und Wasser brauchen wir auch noch. Ich schnappe mir also die Eimer und stiefel durch den Regen. Da die Wasserpumpen über den Winter abgestellt sind muss ich runter ans Ufer des Vassjajahka steigen. Gar nicht so einfach die vollen Eimer ohne große Verluste wieder nach oben zu bringen. Auf dem Rückweg such ich noch das stille Örtchen auf. Es fällt mir auf, das eine Tür nicht verriegelt ist, mache mir aber keine Gedanken. Als ich das so sitze steigt mir der Duft von 5min Terrine in die Nase. Bitte? Kann nicht wahr sein. Der Typ sitzt auf dem Klo neben mir und kocht! Jetzt wird es mir langsam unheimlich. Wieso kommt der nicht einfach in die Hütte? Setzt sich lieber auf das zugige kalte Klo und kocht dort?
                        Ich gucke das ich Land gewinne und laufe durch den Regen zur Hütte. Der Rest des Abends ist unentspannt. Pierre ist zwar auch besorgt, macht sich aber nicht so viele Gedanken wie ich. Habe wohl ein paar zuviel Horrorfilme geguckt.
                        Auf jedenfall machen wir zum erstenmal überhaupt die Vorhänge zu. Ich linse noch ein paar mal durch die Fenster im Vorraum, kann den Kerl aber nicht mehr sehen. Es wird jetzt auch dunkel und es regnet immer noch unablässig. Wir essen unser Tütenmahl und verrammeln dann tatsächlich die Tür. Wenn er wirklich will, wird er es wohl schaffen unsere Psychopathensicherung zu durchbrechen, es wird aber einen Heidenlärm geben.
                        Wir verziehen uns in die Kojen und ich schlafe mit ungutem Gefühl ein.


                        Türsicherung mit Eimer Alarmanlage

                        Bilanz: 10km in 3:46h Laufzeit, 190m hoch und 390m wieder runter
                        P.S.: Zur Beruhigung: Wir haben es überlebt

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                        • Ljungdalen
                          Alter Hase
                          • 28.08.2017
                          • 2715
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #32
                          AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                          Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
                          Hat der ein Problem mit Menschen? ... Sehr seltsam der Kerl.
                          Ja, solche auch schon öfter getroffen. Machen in strömendem Regen auf der Bank vor der Hütte "Pause" und kommen partout nicht rein, wenn man auf sich aufmerksam macht. Oder antworten einsilbig, wenn man sie trifft - dann gebe ich i.d.R. sofort auf, bringt nichts...

                          Naja, einige wollen halt (vermeintliche) "Einsamkeit" auf Teufel komm raus, ich versteh's auch nicht, aber wie es halt jedem gefällt ...

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                          • oesine63
                            Erfahren
                            • 27.11.2013
                            • 421
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #33
                            AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                            Na ihr trefft vielleicht Leute (und Elchbullen) unterwegs . Auf jeden Fall wunderschön und auch sehr unterhaltsam für uns Mitleser! Wenn ich mir die Fotos so ansehe, weiß ich, dass ich den restlichen Led ab Staloluokta unbedingt auch mal gehen muss, hab sowas von lange Zähne! Danke für's Mitnehmen!

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                            • Pfiffie
                              Fuchs
                              • 10.10.2017
                              • 2024
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #34
                              AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                              Waren in dem Klo immer noch so viele Fliegen wie im Juli? Haste die Tür aufgemacht haste das Gefühl gehabt dir wirft jemand ne Hand voll Reis ins Gesicht.

                              Das Stück nach Kvikkjokk fand ich hatte einen ganz tollen Kontrast zum Kahlfjäll, bin gespannt wie es weiter unten dann im September aussah.

                              Für mich hat es bei meinen ersten Hütten 2018 unheimlich viel Überwindung gekostet mit Fremden Menschen Seite an Seite zu schlafen. Allerdings war das innerlich, rein gelaufen bin ich trotzdem, ohne Zelt hatte ich ja auch keine Wahl damals . Ich weiß noch in der Hütte in Durottar das ich in der Hütte saß und die Daumen gedrückt habe das ich alleine in der Hütte bleibe.
                              "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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                              • Sausemann
                                Erfahren
                                • 11.10.2018
                                • 124
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #35
                                AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                                Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                ...
                                Naja, einige wollen halt (vermeintliche) "Einsamkeit" auf Teufel komm raus, ich versteh's auch nicht, aber wie es halt jedem gefällt ...
                                Das ist schon krass. Wenn man bei eisigen Temperaturen lieber auf dem Klo kocht und schläft (das vermute ich jetzt mal), als sich in die Sicherheit und Wärme einer Hütte zu begeben, selbst wenn da Menschen sind.
                                Abgesehen davon haben wir uns gefragt, warum der nicht einfach in den Müllraum gegangen ist. Da wäre es bestimmt noch ein bisschen angenehmer gewesen.
                                Auf jedenfall hat er, zumindest mir, einen unangenehmen Abend beschert.

                                Zitat von oesine63 Beitrag anzeigen
                                Na ihr trefft vielleicht Leute (und Elchbullen) unterwegs . Auf jeden Fall wunderschön und auch sehr unterhaltsam für uns Mitleser! Wenn ich mir die Fotos so ansehe, weiß ich, dass ich den restlichen Led ab Staloluokta unbedingt auch mal gehen muss, hab sowas von lange Zähne! Danke für's Mitnehmen!
                                Zum Glück waren es "nur" Rentierbullen. Bei einem Elch hätte ich mir garantiert in die Hose gemacht (Hab ich ja so schon fast) Den restlichen Weg musst Du unbedingt gehen. Komplett anders als der Teil bis Tarreluoppal. Und im Herbst einfach gigantisch.

                                Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                Waren in dem Klo immer noch so viele Fliegen wie im Juli? Haste die Tür aufgemacht haste das Gefühl gehabt dir wirft jemand ne Hand voll Reis ins Gesicht.
                                Nee gottseidank waren die weg. Es war wohl schon zu kalt.

                                Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                Das Stück nach Kvikkjokk fand ich hatte einen ganz tollen Kontrast zum Kahlfjäll, bin gespannt wie es weiter unten dann im September aussah.
                                Genau fanden wir auch. Morgen gehts weiter, dann gibts da auch Bilder von

                                Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                                Für mich hat es bei meinen ersten Hütten 2018 unheimlich viel Überwindung gekostet mit Fremden Menschen Seite an Seite zu schlafen. Allerdings war das innerlich, rein gelaufen bin ich trotzdem, ohne Zelt hatte ich ja auch keine Wahl damals . Ich weiß noch in der Hütte in Durottar das ich in der Hütte saß und die Daumen gedrückt habe das ich alleine in der Hütte bleibe.
                                Da kann ich Dich sogar verstehen. Ich hab auch öfter misanthropische Züge an mir. (vor allem Samstags beim einkaufen )
                                Aber auf so einer Tour erwartet man doch in etwa gleichgesinnte zu treffen, man muss ja nicht mit jedem direkt Freund sein.
                                Du bist ja reingegangen. Laurent z.B. wäre bestimmt auch lieber alleine geblieben und hat sich im Endeffekt dann gefreut, die nächsten Tage etwas Gesellschaft zu haben.
                                Das Verhalten von dem Kerl fand ich einfach nur strange.

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                                • Sausemann
                                  Erfahren
                                  • 11.10.2018
                                  • 124
                                  • Privat

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                                  #36
                                  AW: [SE] Padjelantaleden 2019 von Licht, Schatten, Freunden und Rentieren

                                  Mittwoch 11.09.2019 Tag 9 Herbstdämmerung

                                  6:30 Uhr Ich wache auf mit einem schlechten deutschen Schlager im Ohr. Milva. Hurra wir leben noch.
                                  Pierre liegt auch gänzlich unbeschadet im Bett gegenüber und schläft noch. Ich öffne die Vorhänge und schaue aus dem Fenster. Das Wetter kann sich mal wieder nicht entscheiden. Wird’s gut oder schlecht? Wir werden sehen. Im Moment scheint jedenfalls etwas die Sonne. Mit einem komischen Gefühl trete ich vor die Tür und guck mich um. Alle Klos verriegelt, der Müllraum verriegelt, kein Zelt zu sehen. Der Kerl scheint weg zu sein. Was der wohl letzte Nacht getrieben hat?
                                  Beruhigt steige ich wieder zum Fluss runter und hole Wasser. Danach das allmorgendliche Ritual aus frühstücken, Kaffee trinken, zusammenpacken. Da mir morgen auch das Frühstücksmüsli fehlen wird nehme ich mir eine Packung Haferflocken aus dem Left over Schrank.
                                  Pierre hat sich mittlerweile mit seinem Knie arrangiert. Es schmerzt zwar, aber nicht übermäßig. Meine Achillessehne ist über den ganzen Ausflug gar nicht mehr erfreut und schmerzt schon beim Wasser holen heftig. Blöd, geht aber. Bald haben wir es eh geschafft. Wir buckeln die mittlerweile gar nicht mehr so schweren Rucksäcke und laufen gegen 9:00 Uhr los.
                                  Die Fläche vor uns ist noch eben und weit, im Süden können wir aber schon den Eingang ins Tarradalen sehen. Eine ganz andere Landschaft, als die Tage zuvor. Keine große karge Ebene, sondern ein Tal liegt vor uns. Die Berghänge sind bewaldet und leuchten orange.


                                  Morgens 7:00 Uhr

                                  Am Anfang führt der Weg durch hüfthohes Gebüsch. Es regnet zwar nicht, aber die Büsche sind so triefend nass, das wir die Regenhosen anziehen müssen, um nicht komplett durchnässt zu werden. Der Untergrund ist sumpfig, also geht es über Bohlenwege. Plötzlich bewegt sich was vor uns. Ein Wanderer. Der erste (ohne den Typ gestern Abend) den wir seit Staloluokta sehen. Es ist ein Schwede um die 50 der den Padjelantaleden laufen will. Wir müssen ihm leider sagen, das das Boot nach Ritsem nicht mehr fährt. Er ist ganz erstaunt. Hat der vorher nicht die Fahrpläne gecheckt? Etwas zerknirscht schaut er auf seine Karte und beschließt dann durch den Sarek zu einem Ort zu laufen, wo ein Bus fahren soll. Wir haben gehörig Respekt vor dem Sarek, aber das scheint für ihn kein Problem zu sein. Hoffentlich kennt er sich mit Buslinien besser aus, als mit Bootsrouten. Er warnt uns noch vor den glitschigen Bohlen und zieht weiter. Er hat recht. Gestern Nacht hat es ordentlich geregnet und die Dinger sind immer noch ganz nass und rutschig. Zudem an manchen Stellen fast permanent unter Wasser und mit einer schleimigen Algenschicht überzogen.





                                  Ganz, ganz langsam wird die Ebene enger und die Bergflanken rücken näher. Wir folgen die ganze Zeit dem Lauf des Darrejahka. Die herbstlichen Birkenwälder sind einfach unfassbar schön. Die Farben sind unglaublich intensiv. Gelb und Orange bestimmen die Landschaft.
                                  Nach ca 1h kommen wir an einem schönen Wasserfall vorbei, wo wir kurz Pause machen. Bald ist das Ende des Padjelantanationalparks erreicht. Schade er fehlt mir jetzt schon. Der Himmel ist jetzt vollkommen bewölkt, es regnet zwar nicht, es herrscht aber eine hohe Luftfeuchte.
                                  Wir genießen den Herbst. Auch ohne Sonne haben die Wälder und Flussniederungen eine faszinierende, bezaubernde Ausstrahlung. Wir machen noch einmal kurz Pause mit herrlichem Blick auf das Flusstal und die gegenüberliegenden Berge. Vereinzelt sind auch Rentiere zu sehen.






                                  Der einzige Selbstauslöser in 11 Tagen

                                  Nach ca 2,5h kommen wir dann an die kleine Hängebrücke, die das Ende des Padjelanta markiert. Wehmut. Den Unterschied merkt man sofort an den Bohlenwegen. Diese sind ab der Grenze in einem viel schlechteren Zustand. Wald und Wiesenpassagen wechseln sich ab und in den Birkenwäldchen ist der Untergrund ziemlich morastig. Die Bohlen teilweise glatt wie Eis. Im beinahe stürzen steht es mittlerweile
                                  4-0 für mich. Das ist gar nicht so ungefährlich, mit dem Rucksack auf dem Rücken, auf einem Bein balancierend...2mal verdrehe ich mir das Knie, es passiert aber gottseidank nichts.









                                  Heute vermisse ich die Sausefrau noch mehr. Schiele schon heimlich auf morgen. Ab der Njunjeshütte soll es wieder Handyempfang geben. Unfassbar. Kaum besteht die Aussicht wieder auf dieses Wischding zu gucken und schon kann ich es kaum erwarten. So degeneriert bin ich schon
                                  Nachdem wir die letzten Tage ja immer eine unfassbare Weite vor uns hatten, ist die Sicht nun beschränkt. Bis zum nächsten Wäldchen, bis zur nächsten Kurve....dazwischen immer wieder grandiose Fernblicke auf die gegenüberliegende Seite und das Tarradalen entlang. Laut Karte wird der Darrejahka jetzt zum Tarraätno, der uns bis Kvikkjokk begleiten wird.
                                  Wir kommen immer tiefer und bleiben nur leicht über der Höhe des Flusstals. Dort unten wird der Wald lichter, es kommen immer mehr Gebüsche und Wiesenflächen. Die hohen bewaldeten Bergflanken immer im Blick, die Gipfel im Nebel.



                                  Dann kommt die Sonne raus. Wow. Mit einem Schlag beginnen die bunten Birken und Gräser zu leuchten und zu funkeln. Die Sonne schießt Laserstrahlen durch die Wolkenlücken. Magisch. Mich überkommt wieder ein Gefühl tiefster Entspannung. Ich denke an nichts und bin einfach da. Eins mit mir und der Umgebung.
                                  Die Sony summt und summt.












                                  keine Tour ohne Frosch

                                  Weiter geht’s dem Tagesziel entgegen. Es ist so schön und wir liegen so gut in der Zeit, das wir Dampf vom Kessel nehmen, einfach nur genießen und der Sammarlappahütte entgegen schlendern.
                                  Jetzt kommen wir auch ganz nah an den Tarraätno. Folgen seinen Flussbiegungen, bewundern die aufgeschwemmten Kiesbänke.







                                  Da kommt auch schon die Hütte in Sicht. STF. Ganz andere Anlage als im Padjelanta. Nur eine große Haupthütte, daneben ein Notraum, wesentlich spartanischer als in den BLT Hütten und ein großer Schuppen. Dafür sind die Klosetts beheizt
                                  Die Hütte sieht aus, wie ich mir eine schwedische Hütte so vorstelle, seit ich als Kind Michel von Lönneberga gelesen habe. Giebeldach, schön rot gestrichen, mit weißen Fenstern und Türen.
                                  Dazu ist sie wunderschön gelegen. Direkt am Fluss, mit Fernblick auf die gegenüber liegenden Berge. Im Fluss eine idyllische Kiesbank. Ich liebe Kiesbänke. Im Nordwesten die Gipfel von Goathnjunjes, Vuoksakvahta und Fierro Es sieht fast aus wie in British Columbia. Nur der Herbst ist hier eindrucksvoller.






                                  Sanitäre Anlage mit Sitzheizung

                                  Jetzt muss ich mich selbst zitieren:

                                  Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen

                                  Meiner Nichte zu Ehren wurden alle BLT Kloapierhalter nach ihr benannt. STF schwört auf Katrin, diese Dame kenne ich nicht und wenn ja würde ich es abstreiten

                                  Und hier ist Katrin

                                  Wir erkunden die Gegend und finden in einem leichten Birkenwäldchen einen schönen, von Büschen geschützten Zeltplatz.





                                  Pierre entdeckt einen Naturkühlschrank mit Käseschmierage und die beheizten Lokusse, ich entdecke im left over Schrank das passende Knäckebrot und schaue mir dann den Schuppen nebenan an.
                                  Ich öffne die Tür und das Schreinermeister Herz gerät in Wallung. Ein Holzschuppen!
                                  Bis unters Dach voll mit Birkenholz. Rundware. Eine scharfe Bügelsäge, eine Premium Fiskars Axt. Sägebock, Hauklotz, alles da und vom feinsten.
                                  Sogar Birkenrinde als Anzünder. Das hier alles mit Holz geheizt wird hab ich schon im Wanderführer gelesen. Vor der Haupthütte gibt es auch eine kleine Feuerstelle mit Sitzbank und Tisch. Ich kann mich nicht beherrschen und fange an wie bekloppt zu sägen und Holz zu spalten. Als ich mich abreagiert habe setzen wir uns erstmal an den Tisch und essen unser Süppchen und endlich wieder Knäckebrot mit Käseschmierage. Was für ein kulinarischer Genuss, nach der Eintönigkeit der letzten Tage. In diesem Moment besser als jedes Filet Steak.










                                  Irgendein schlauer Geist hat auf diesem Keil eine komplizierte Gleichung hinterlassen. Ich dachte aber immer die Lösung wäre 42



                                  Danach fangen die großen Jungs an zu spielen. Wir haben ein Fährboot entdeckt. Quer zum Flusslauf liegt es am Ufer vertäut. 2 Leinen führen auf die andere Flusseite und man kann sich über den Fluss ziehen, was wir auch ausgiebig machen. Skipper Pierre legt sich ordentlich ins Zeug und zieht uns rüber, während ich die Anlegemanöver übernehme. Auf der anderen Seite erkunden wir eine Zeitlang die Gegend und schippern dann wieder ans heimische Ufer.



                                  Es wird so langsam dunkel und Pierre zieht sich zum Tagebuch schreiben zurück.
                                  Der Schreiner hat aber noch eine Mission. Ein Span hier, einer da, ein bisschen Birkenrinde, ein Feuerzeug, noch ein paar Scheite et voila: Es brennt! Mich erfasst ein unheimlich archaisches Gefühl.
                                  Ich freu mich diebisch. Pierre kommt zurück und wir essen bei Feuerschein unser Tütenmahl. Wir lungern noch ein bisschen am Feuer rum und ziehen uns dann ins Zelt zurück.


                                  Mann hat Feuer gemacht!

                                  Bilanz: 15,3km in 3:57h Laufzeit, 261m hoch und 470m wieder runter

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                                  • Ljungdalen
                                    Alter Hase
                                    • 28.08.2017
                                    • 2715
                                    • Privat

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                                    #37
                                    AW: [SE] Padjelantaleden 2019 von Licht, Schatten, Freunden und Rentieren

                                    Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
                                    ...und schaue mir dann den Schuppen nebenan an.
                                    Ich öffne die Tür und das Schreinermeister Herz gerät in Wallung. Ein Holzschuppen! ...

                                    Auch hervorragend... naja, einigermaßen geeignet zum Übernachten:


                                    (16.09.2017) Wir kamen da im Regen und im Dunkeln an (hätte ich den Weg nicht von früher in Erinnerung gehabt, hätte ich das nicht gewagt)... hatten die 29 km von Vaimok doch etwas unterschätzt und unterwegs getrödelt, bspw. die Tarraälvshydda - bei noch guten Wetter - angeguckt. Ausgerechnet hier war der Notraum besetzt - wir rochen den Rauch schon von Weitem: 2 Deutsche, zwei von insgesamt fünf Menschen überhaupt, die wir in den sieben Tagen (Padjelanta-Runde ab Ny Sulitjelma) trafen.

                                    OK, der Schuppen ging auch, nur beim Einschlafen hat eine Maus genervt, die direkt neben meinem Kopf einen Lappen fressen wollte. Lebensmittel haben sie offenbar nicht interessiert, aber ich bin dann doch noch mal aus dem Schlafsack und habe sicherheitshalber alles im Rucksack verstaut...

                                    Von der Seilfähre wusste ich da noch nicht, sonst wären wir vielleicht die kürzere Querfeldeinstrecke gegangen, nur ca. 15 km. (PS Ehrlich gesagt, habe ich die Fähre auch gar nicht gesehen... wird das Boot bei Sommersaisonende rausgenommen?)
                                    Zuletzt geändert von Ljungdalen; 05.04.2020, 20:55.

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                                    • Sausemann
                                      Erfahren
                                      • 11.10.2018
                                      • 124
                                      • Privat

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                                      #38
                                      AW: [SE] Padjelantaleden 2019 von Licht, Schatten, Freunden und Rentieren

                                      Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                      ...OK, der Schuppen ging auch, nur beim Einschlafen hat eine Maus genervt, die direkt neben meinem Kopf einen Lappen fressen wollte. Lebensmittel haben sie offenbar nicht interessiert, aber ich bin dann doch noch mal aus dem Schlafsack und habe sicherheitshalber alles im Rucksack verstaut...

                                      Von der Seilfähre wusste ich da noch nicht, sonst wären wir vielleicht die kürzere Querfeldeinstrecke gegangen, nur ca. 15 km. (PS Ehrlich gesagt, habe ich die Fähre auch gar nicht gesehen... wird das Boot bei Sommersaisonende rausgenommen?)
                                      Was denn ich hätte mich nirgends wohler als im Holzschuppen gefühlt

                                      Ich vermute das das Boot zu Saisonende rausgenommen wird, das würde ja wahrcheinlich im Winter kaputt gehen, oder bei der Schneeschmelze weggerissen. Andererseits war da schon alles zu und Winterfest.
                                      Sah auf jedenfall relativ neu aus.

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                                      • Sausemann
                                        Erfahren
                                        • 11.10.2018
                                        • 124
                                        • Privat

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                                        #39
                                        AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

                                        Donnerstag 12.09.2019 Tag 10 „The Huntsmen“

                                        5:00 Uhr. Es regnet. Die ganze Nacht schon und zwar aus allen Luken. Jetzt ist es nicht mehr ganz so schlimm, der Sound auf dem Zeltdach ist jedoch deutlich. Pierre steht auf und ich dreh mich wieder rum. Eine halbe Stunde später kann ich mich nicht mehr von einer Seite auf die andere drehen und stehe auf. Noch etwas verschlafen schlüpfe ich in die Regenklamotten und suche Pierre. Er sitzt auf den Stufen der überdachten Veranda an der Haupthütte und trinkt Kaffee. Es nieselt und regnet noch, aber uns macht das nichts aus. Es ist eine herrlich ruhige Morgenstimmung. Pierre kocht mir einen Kaffee und ich probiere die Haferflocken von gestern. Mann was für ein Gaumenkleister. Total geschmacklos, aber mit einem Schuss Kaffee drin geht’s.
                                        Die Etappe heute wird lang. 19Km bis zur Njunjeshütte und dann wars das schon fast. Die Sorgen, ob wir die Etappen schaffen würden, ob der Rücken durchhält, ob wir uns andauernd total verausgaben würden sind spätestens seit Staloluokta vollkommen verflogen. Wir können uns und unser Tempo mittlerweile gut einschätzen. OK, es ist X Uhr, wir müssen X km durch X-beliebiges Gelände laufen, dann sind wir gegen X Uhr da. Das sind so unsere allmorgendlichen Gedanken. Nicht mehr und nicht weniger. Das tägliche Laufen ist zur Routine geworden.
                                        Mir gefällts auf unserem geschützten Plätzchen und ich habe so gar keine Lust das nasse Zelt abzubauen und den Kram zu packen. Aber es hilft alles nichts, heute wird lang und wir müssen los.



                                        Wir packen zusammen und um kurz vor 9 geht es dann los.
                                        Der Weg ist von Anfang an alles andere als leicht. Das erstemal hier. Er erinnert mich sogar ein bisschen an den Uferweg am Loch Avon in den Cairngorms. Steinig, schon fast verblockt und nach den Regenfällen der letzten Nacht sehr schlammig. Ein ständiges Auf- und ab. Bohlenwege gibt es nur vereinzelt über die übelsten Stellen. Es ist gleich richtig anstrengend und ich komme ins schwitzen. Watch your steps. Die Felsen sind spiegelglatt und ich beginne bevorzugt im Schlamm zu laufen, da kann ich wenigstens nicht abrutschen. Der Himmel lockert langsam auf. Aber nur über dem Tarraätno und dem Westufer. Auf unserer Seite hängt eine dicke schwarze Wolkenfront am Tarrekaisemassiv und regnet über uns ab. Da drüben Sonne, hier Regen. Verrückt. Es herrschen gefühlte 100% Luftfeuchtigkeit. Nasses Gestrüpp und Gebüsch, das an den Klamotten zerrt. Der Weg verlangt volle Konzentration und uns haut es mehrfach beinahe hin.









                                        Immer wieder hört es auf zu regnen und die Sonne kommt auch auf unserer Seite ein bisschen durch.
                                        Gottseidank steigen wir etwas höher und der Birkendschungel lichtet sich. Jetzt können wir auch wieder die unglaublichen Farben um uns rum wahrnehmen.
                                        Im weiterlaufen sehe ich etwas auf dem Weg liegen, was da augenscheinlich nicht hingehört. Wir kommen näher. Da liegt ein Stück Tier. Ein Ohr? Nein ein halber Huf. Ziemlich grob dem Besitzer entrissen, wie es aussieht. 5 Meter weiter liegt ein sauber abgenagtes Skelett. Ich vermute von einem Rentier. Ohne Beine und Rippen, der Kopf ist noch dran. Es sieht ziemlich frisch aus. An den Wirbeln sind noch rote Stellen und kleine rote Fleischreste zu sehen. Wow! Wer war das? Vielfraß? Wolf? Luchs oder Bär? In der Fjällstation Kvikkjokk haben wir das Bild später einem Stuffmitglied gezeigt und der meinte in dieser Gegend im Tarradalen wäre zurzeit ein Bär sehr aktiv.
                                        Wir sind jedenfalls erstmal beeindruckt. Einem schlecht gelaunten Bär möchte ich doch nicht unbedingt begegnen.













                                        Wir laufen weiter und kommen zu einem großen Geröllfeld. Zwischen den Steinen und den Blöcken hören wir schon von weitem einen tosenden Strom. Jetzt sehen wir ihn. Er kommt direkt vom Tarrekaise runtergedonnert. Im Wanderführer steht er wäre ziemlich leicht zu furten, aber nach den Regenfällen gestern Nacht und heute führt er ziemlich viel Wasser und sieht stellenweise recht tief aus.











                                        Es sieht zuerst so aus als könnten wir trotzdem über freiliegende oder nur schwach überspülte Steine gut auf die andere Seite kommen, aber der vermeintliche Übergang entpuppt sich jedesmal als Sackgasse.
                                        Während ich die Furt suche knallt es plötzlich laut. Bang. Und nochmal Bang. Übertönt sogar das Tosen des Wassers. Und nochmal Bang. Was ist das? Das hört sich an wie Schüsse. Und das sind sie auch. Wir gucken genauer und entdecken im Dickicht auf der anderen Seite in ca 100m Entfernung einen Jäger. Oh Shit. Der hat uns nicht mitbekommen und ballert wie der Blöde. Das Wasser ist auch viel zu laut, der hört uns nicht.
                                        Wo schießt der rum? Uns wird extrem bange. Nur schnell weg hier. Aber wo rüberkommen? Pierre zieht sich die Zehenschuhe an und in dem Moment flattert ein Odinshühnchen (hab ich mir später sagen lassen) aus dem Gebüsch und fliegt nur Zentimeter an Pierres Kopf vorbei. Dem hätte der Kerl nur hinterherschießen müssen.......Ich will gar nicht weiter denken.
                                        Jetzt isses uns egal. Ich peile eine halbwegs vernünftige Stelle an und haste auf die andere Seite. Gamaschen und Schuhe. Beinahe hätte es wieder funktioniert, aber kurz vor Schluss erwische ich doch noch eine tiefe Stelle und das Wasser läuft von oben in meinen rechten Stiefel. Nicht viel. Glück gehabt. Pierre guckt ebenfalls, das er schnell rüberkommt. Auf der anderen Seite wechselt er gar nicht erst die Schuhe sondern wir entfernen uns schnell von dem Geballer. Der Jäger hat uns immer noch nicht spitz bekommen und wir hören bestimmt noch eine halbe Stunde immer wieder einen Knall. Besonders gut schießen scheint der nicht zu können.










                                        Gefahr gebannt, Pierre entspannt

                                        Zur Belohnung für die überstandene Gefahr kommt die Sonne jetzt endlich etwas länger zum Vorschein.
                                        Wir machen erstmal Pause und essen eine Kleinigkeit. Pierre war bis jetzt nicht gut drauf heute. Der Weg war anstrengend und Pierres Körper und Kopf müde. Jetzt ist er wieder voll da. Die Zipperlein wie weggeblasen. Was so ein kaltes Fußbad und ein Adrenalinschub auslösen können. Bei mir läufts genau andersrum, jetzt beginne ich zu schwächeln und die Achillessehne schmerzt so heftig, das ich eine Schmerztablette nehmen muss. Es geht weiter durch Birkenwald. Die Bäume stehen nicht so dicht beieinander, dafür gibt es eine Menge Unterholz.
                                        Der Weg führt wieder leicht bergab Richtung Flussufer. Gegen 13:00 Uhr kommen dann die Tarrekaisehütten in Sicht. Mal wieder traumhaft schön gelegen. Noch 6km jetzt. Wir machen an den Hütten Pause und setzen uns auf der Veranda in die Sonne. Was für eine Wohltat. Pierre besteht auf Suppe. Richtig so. Ich esse mein letztes Asiasüppchen und verdrücke die letzten Nüsse. Wir sind ziemlich platt und ich döse in der Sonne ein. 1,5h machen wir Pause. Der Aufbruch fällt schwer, die müden Knochen würden noch gerne in der Sonne sitzen bleiben.









                                        Der Weg ist immernoch schlammig und rutschig. Da passierts. Einen Moment nicht aufgepasst und mir zieht es die Füße unter den Beinen weg. Zum Glück stürze ich relativ kontrolliert. Nichts passiert und 1-0 für mich.
                                        Es folgt dann der gefühlt gemeinste Anstieg auf der ganzen Tour. Es geht tatsächlich nochmal hoch. Muss das jetzt sein? Wir gewinnen an Höhe und die Fernsicht wird wieder herrlich. Wir laufen über große glatt geschliffene Felsbuckel. Die Sonne versteckt sich nun wieder öfter und es wird nochmal richtig kühl.
                                        13°C wird das Garmin sagen. Gar nicht mal so kalt, aber ich bin erschöpft und müde. Gleichzeitig wiedereinmal vollkommen ruhig und ausgeglichen. Der Körper und Geist fühlen sich an, als hätte ich gerade einen Halbmarathon hinter mir.









                                        Wir kommen zum höchsten Punkt des Anstieges und können im Tal die Njunjes Hütte ausmachen. Funktioniert hier evtl schon? Vielleicht? Ich packe das Rappelding aus. Na wer sagt's denn 4G.
                                        Schnell schreibe ich der geliebten Sausefrau und den daheimgebliebenen. Pierre macht sich schon an den Abstieg. Ich folge. Jetzt ist es ja nicht mehr weit. Der Abstieg hat es aber in sich. In trockenem Zustand bestimmt leicht, aber so schlammig und rutschig, wie er jetzt ist, wird’s wieder eine Wackelpartie. Mich haut es schon wieder beinahe hin. Ärger. Ich bin doch nicht die ganze Strecke vom Akkajaure aus gelaufen, nur um mir kurz vor Schluss die Haxen zu brechen.
                                        Ich steige also vorsichtig ab, als ich Pierre in einer Kurve stehen sehe. Offensichtlich macht er sich sein rechtes Hosenbein sauber. Ich will fragen was passiert ist....Platsch. Findet sich mein rechtes Bein in einem Schlammloch wieder. Pierre grinst und meint nur „Tief. Ne?“






                                        Das Ziel

                                        Weiter geht’s den Berg runter. Da huscht was über den Weg. Ein Lemming! Juhu hab ich den endlich auch noch gesehen.
                                        Wir kommen vollkommen platt gegen 18:00 Uhr an den Hütten an. Vor der Nothütte steht ein Rucksack. Mist. Zelten wollten wir heute nicht. Die Aussicht auf einen warmen Ofen ist doch zu verlockend. Wir entern die Hütte. Darin befinden sich Gerwin ein Holländer um die 40 und ein weiterer großer Rucksack. Wir begrüßen uns und sind erleichtert, als er meint er wolle im Zelt schlafen. Wem der andere Rucksack gehört weiß er nicht. Wir breiten uns also aus, machen Feuer und verdrücken das letzte Knäckebrot mit Käsecreme.
                                        Die Tür geht auf und herein kommt die Besitzerin des zweiten Rucksacks. Amalia ein entzückendes kleines Mädel Mitte 20. Sehr goldig. Vor 20 Jahren hätte ich mich wohl in die Brust geworfen, jetzt bekomme ich schon fast Vatergefühle. Sie arbeitet in der Fjällstation Kvikkjokk und hat sich ein paar Tage frei genommen um Tiere zu beobachten. Seit 2 Tagen schläft sie schon in der Hütte. Hmm. Es gibt nur 2 Kojen. Pierre und ich überlegen zu knobeln wer auf dem Boden schläft, entscheiden uns dann aber dafür es zusammen in dem winzigen Bett zu versuchen.
                                        Gerwin verabschiedet sich und der Abend endet mit Tütenessen und Geschichten erzählen.
                                        Todmüde schlafen Pierre und ich wie die Ölsardinen in der Dose, Kopf an Fuß ein.

                                        Bilanz: 20,3km in 6:23h Laufzeit, 339m hoch und 449m runter

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                                        • vobo

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                                          • 01.04.2014
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                                          #40
                                          AW: [SE] Padjelantaleden 2019 von Licht, Schatten, Freunden und Rentieren

                                          Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
                                          Danach fangen die großen Jungs an zu spielen. Wir haben ein Fährboot entdeckt. Quer zum Flusslauf liegt es am Ufer vertäut. 2 Leinen führen auf die andere Flusseite und man kann sich über den Fluss ziehen, was wir auch ausgiebig machen. Skipper Pierre legt sich ordentlich ins Zeug und zieht uns rüber, während ich die Anlegemanöver übernehme. Auf der anderen Seite erkunden wir eine Zeitlang die Gegend und schippern dann wieder ans heimische Ufer.

                                          Also ich habe 2015 ordentliche Hilfe beim Spielen gebraucht. Gut dass das Boot jetzt nicht mehr quer zum Wasser verläuft. Aber wer sollte es für den Winter noch reinholen, kann ich mir kaum vorstellen?

                                          Ansonsten macht Euer Bericht richtig Spass. Schön die vielen kleinen Nickligkeiten oder Quergedanken zu lesen, die bestimmt jeder von uns auf solchen Touren hat - und sei es nur die Sehnsucht nach den Liebsten zuhause.

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