[ES] Kleine Kanarische Tour

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    • 24.01.2011
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    [ES] Kleine Kanarische Tour

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Am Strand rumhängen ist ja nicht so meins, es liegt auch nix dringendes an, also nehme ich eine Mitfahrgelegenheit wahr und lass mich von Freunden in die Berge der Insel mitnehmen.
    Die Auswahl des Zieles ist diesmal ungewohnt schwierig. Ein Hollywoodschauspieler, nennen wir ihn hier mal "Schorsch", hat derzeit viele interessante Ecken der Insel mit Beschlag belegt, um einen Film zu drehen, das heißt Fahrzeuge, Hubschrauberlandeplatz, Dixis, Geraffel, alles hinter Absperrungen. Vermutlich verdient er mit dem dämlichen Kaffeezeug nicht genug.
    Ich steige am Llano de Sable aus, eine weite Ebene aus feinstem Lavageröll auf etwa 1.200 m auf der Westseite. Die über die Cumbre fließende Passatwolke reicht gerade noch hier runter, es ist hier oben nach an die dreißig Grad am Meer empfindlich kühl.
    Jacke an und gleich los. Schade, dass ich von dieser zauberhaften Gegend deshalb kein Foto schieße, glatt vergessen, aber ihr könnts ja googeln...

    Apropos Fotos, das hier sind alles nur Schlaufonbilder, hoffe es reicht für einen Eindruck.

    Am Ende des Llano steige ich in den Kiefernwald hoch und bewege mich nach Süden, im Groben der 1.400-m-Höhenlinie folgend, und zwar auf meine bevorzugte Art: querfeldein.


    So sieht das hier aus: lockerer Kiefernbewuchs, verschiedene Ginsterarten und jede Menge endemisches Zeug, das ich nicht identifizieren kann.

    Zwischen mehreren dicht bewachsenen Basaltgraten liegen kleine freie Flächen, mit lockerem Lavagrus bedeckt. Wenn steil, ist das Vorankommen hier schwierig bis riskant, auch möchte ich nicht mehr Spuren als unvermeidlich hinterlassen.


    Wenn ich mich umdrehe und nach Norden schaue, sehe ich in der Ferne die heimliche Inselhauptstadt malerisch am Fuß des Bejenado liegen, der hier grad nicht mehr rechts im Bild ist.

    Eine kleine Bananenpause, auf sonnenwarmen, weichen Kiefernadeln liegend. Zeit, die Vegetation ins Auge zu nehmen.


    Links der Teideginster, der gerade blüht und mich ständig an Parfüm denken lässt. Gelb ist die Gänsedistel, eine früher häufig geerntete Futterpflanze für die vielen Ziegen der Insel, die diesen famosen Käse produzieren. Rechts die Kanarische Kiefer, klaro, ein weiterer Endemit.


    So schauen die Aschefelder aus.


    Oder so. Häufigstes Tier ist auf diesen Flächen eine graue Ödlandschrecke, die vor den Füßen abschwirrt, ich kann die Art nicht bestimmen.

    Ein weiterer Basaltgrat ist zu überwinden, dann stehe ich im Kiefernhochwald.


    Und da ist endlich der Wanderweg, auf den ich irgendwann stoßen sollte, PR 14.1 heißt er.


    Schad, dass sich hier wieder diese Downhilldeppen ausgetobt haben. Besonders vor, in und nach Kehren des Weges ist alles voll losem Geröll, die Oberfläche von Radreifen aufgerissen, die Spur eingetieft. Für den Wanderer suboptimal bis gefährlich, außerdem wird es der näxte Regen hangabwärts spülen.


    Der Tag ist aber viel zu schön, als dass ich mich groß ärgern will. Ich pausiere auf einen Basaltschlot, ein Seitenkrater des San-Juan-Ausbruchs von 1949, der eine Lavastraße bis hinunter ins Meer geschickt und die im Hintergrund des Bildes schwach erkennbare Halbinsel mit Leuchtturm geschaffen hat.


    Dreh ich mich nach Südost, sind die frischgrünen Bergwälder der Cumbre zu bewundern. Vor einigen Jahren hat es hier überall gebrannt, aber die Kanarische Kiefer übersteht das Feuer und treibt bald wieder aus, so dass die kahlen Stellen bald überwachsen sind.


    Dem Weg folgend komme ich plötzlich raus ins Helle und stoße auf die nördliche "Seitenmoräne" des Lavastroms von 1949. Nach 70 Jahren haben noch nicht viele Pflanzen Fuß gefasst, aber die Lavabrocken sind überall mit weißgrauen Flechten bewachsen, sieht aus wie überzuckert.
    Hier biegt der Weg, der bisher etwa die Höhenlinie hielt, talwärts in einen steinigen Barranco ab, da will jeder Schritt vorsichtig gesetzt sein.


    Eine kuschlige Nische in der Seitenwand des Barrancos, vielleicht ein Unterstand für Ziegen oder ihre Hirten. Hier ließe sich prima der Schlafsack ausrollen.


    Den Blick aus der Nische in den wilden Barranco finde ich auch ganz ansprechend. Vielleicht näxtes Mal...


    Wo der bislang enge Barranco sich auffächert, hat man unlängst eine aufwendige Anlage in den Hang gebaut: rechts das Auffangbecken für Geröll und was ein Starkregen sonst noch vom Berg bringen würde; in der Mitte ein Absetzbecken mit Überlauf zum links unter dem Gitter liegenden letzten Wasserbecken, von dem aus das Wasser abgeleitet wird. "Abgeleitet werden würde" muss es wohl heißen, denn der Westen der Insel leidet schon seit einigen Jahren unter einer ungewöhnlichen Trockenheit. Die Bananenbarone, die das meiste Wasser der Insel verbrauchen, sprechen schon von Meerentsalzungsanlagen... aber wie fast alles auf der Insel wird das dauern. Wenn überhaupt.


    Ab hier finden sich immer wieder kleine Weingärten, die natürlich alle mit Fahrzeug erreicht werden müssen. Die Zivilisation rückt näher. Links im Hintergrund hat man für die Fahrspur am Berg gekratzt - und das ist überraschend interessant.


    Der freundlicherweise gerade jetzt entgegenkommende Läufer - übrigens der erste Mensch, den ich seit Stunden gesehen habe, abgesehen von ein paar radfahrenden, bunten Menschen - verdeutlicht netterweise die Dimension dieses geologischen Aufschlusses: Eine über zehn Meter messende Schicht aus extrem leichtem Lavageröll, entstanden wohl nicht durch Geschiebe, sondern durch Ascheregen oder eine pyroklastische Wolke, liegt auf älterem, gelben Sand. Mit dem Ausbruch des San Juan hat sie nichts zu tun, sie muss älter sein. Datierung wäre nett...
    Das Zeug lässt sich mit dem Finger rauskratzen, so locker ist es geschichtet. Es wurden wohl auch schon ein paar Fuhren abtransportiert, vielleicht für Terrassenbau oder so was.


    Das Gelände wird jetzt zusehends offener, die Fahrspur ist teilweise betoniert. Blödes Laufen, aber immerhin muss ich nicht so auf die Schritte achten und kann mich umsehen.


    Zum Beispiel ist das da zu entdecken. Jedes Mäuerchen, das nicht stangerlgrade, sondern leicht gebogen verläuft, wird hier sofort als Rest einer Guanchenbehausung (Guanchen = Ureinwohner der Kanaren) gedeutet. Ob das hier der Fall ist, wer weiß? Die Maße von ca. 6-8 m Durchmesser könnten passen, auch die Lage auf leicht abfallendem Gelände am unteren Ende eines Barrancos deutet darauf hin. Kann aber auch sein, dass ein Bauer beim Steineaufschichten am Rande seines Ackers einfach keine Lust mehr auf Geradlinigkeit hatte.


    Jetzt weicht der Wald immer mehr den Weingärten. Diese müssen offenbar, obwohl der Lavaboden doch sehr fruchtbar ist, mit reichlich Mineraldünger fit gemacht werden.


    Was ist hier passiert? Explodierender Kocher? Testosterongelenkte jugendliche Vandalen? Eher dürfte der Feuersturm vor einigen Jahren über diesen nett eingerichteten Picknickplatz gefegt sein, den wiederaufzubauen sich noch keiner die Mühe gemacht hat.

    Der Weg verläuft ab hier auf einem alten Camino real, Teil des auf Guanchenpfaden beruhenden Wegenetzes, dessen Bau die spanischen Monarchen veranlassten und betrieben. Vor Erfindung des Rades, na sagen wir vor Einführung des Rades auf der Insel, wurden auf den Caminos alle Waren auf Menschen- und später Eselsrücken bewegt, man mag sich das gar nicht mehr vorstellen. Heute gibts meist kommode Straßen bis ins letzte Nest, bevölkert von umherirrenden Touristen fortgeschrittenen Alters in kleinen weißen fernöstlichen Mietautos. (Und ja, da nehm ich mich gar nicht aus... )
    Wie dumm, das mein Bild vom Camino real unterbelichtet war, aber na ihr könnt es ja... ihr wisst schon.


    Noch ein paar Höhenmeter und ich finde mich in San Nicolas, wo man einen idealen Endpunkt für so eine kleine Tour extra für mich bereithält, den ich hiermit ausdrücklich empfehlen möchte: die wunderschön altmodische Bar El Americano, voll mit laut diskutierenden Leuten, einem ständig laufenden Fernseher mit grausamen Fehlfarben und einer sehr fixen Bedienung, die den nun doch etwas müden Wanderer mit dem versorgt, was er am dringendsten braucht: Kaffee und Cola. Nix baut mich schneller wieder auf.

    Fazit? Unaufwendige, aber schöne und sehr abwechslungsreiche Tour. Aber das kann man von den meisten Touren hier behaupten.


    Ach so, von welcher Insel ich die ganze Zeit spreche? Na, steht doch drauf...

  • Wafer

    Lebt im Forum
    • 06.03.2011
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: Kleine Kanarische Tour

    Hallo Ronaldo.

    Sehr schön! Auf La Palma war ich auch schon Wandern. Und Moped fahren. Die Wanderwege dort sind so abwechslungsreich. Die Insel hat recht was zu bieten! Vielen Dank, dass du diese tolle Insel hier mal sehr gut thematisiert hat!

    Gruß Wafer

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    • Feurio
      Dauerbesucher
      • 16.06.2009
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      #3
      AW: Kleine Kanarische Tour

      Das mit dem Schorsch hab ich nicht verstanden. Aber ein sehr hübscher Bericht, in der Tat!
      Diese doppelt vom Feuer gezeichnete Landschaft (der schwarze Lavaboden und dann die teils nichtexistente Kraut- und Gestrüppschicht) wirkt ja zunächst nicht besonders fruchtbar. Schon verrückt, wie hier üppiges Leben und dessen regelmäßige Auslöschung zusammengehören!
      Für mehr Natur vor der Haustür!

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      • Spartaner
        Alter Hase
        • 24.01.2011
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        #4
        AW: Kleine Kanarische Tour

        Zitat von Feurio Beitrag anzeigen
        Das mit dem Schorsch hab ich nicht verstanden.
        Schorsch

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        • qwertzui
          Alter Hase
          • 17.07.2013
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          #5
          AW: [ES] Kleine Kanarische Tour

          Ah, ich lauere schon lange, ob du endlich mal ein paar Eindrücke von deiner Trauminsel teilst.

          Ist hiermit abbonniert und ich hoffe, dass du bald noch mehr berichtest und ich die Eindrücke auch mal life gewinnen kann.

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          • Feurio
            Dauerbesucher
            • 16.06.2009
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            #6
            AW: Kleine Kanarische Tour

            Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
            Danke!
            Für mehr Natur vor der Haustür!

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