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[SE] Der Winter naht - Südlicher Sarek, Präststigen, Padjelanta- und Kungsleden
im Spätherbst 2019
Wer zu spät kommt, den bestraft der Schnee – Planung und Realität einer Sarektour im September
oder "Kommt Gandhi zum Augenarzt…"
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[SE] Der Winter naht - Südlicher Sarek, Präststigen, Padjelanta- und Kungsleden
im Spätherbst 2019
Wer zu spät kommt, den bestraft der Schnee – Planung und Realität einer Sarektour im September
oder "Kommt Gandhi zum Augenarzt…"
Land: Schweden
Reisezeit: 11. – 24. September 2019
Kontinent: Nordeuropa
Es ist 19.30 Uhr, draußen ist es kalt, richtig kalt, stürmisch und schon fast dunkel. Wir liegen im Schlafsack und haben es schön warm. Die Verrichtungen am Abend eines Wandertages sind bereits alle erledigt. Die Heringe sind gegen den Sturm mit Steinen beschwert. Wir haben ein leckeres warmes Trekkingessen im Bauch und jede Menge Tee, das Tourentagebuch ist geschrieben, Wasser ist aufgefüllt und genauso wie die Schuhe möglichst nah am Innenzelt gelagert, damit nicht alles einfriert, sogar die Zähne sind geputzt, denn später können wir uns dazu sicher nicht mehr durchringen. Eigentlich sollten wir nach Polarlichtern Ausschau halten, denn der Himmel ist sternenklar, aber bei den Temperaturen?
Was machen wir nun mit dem angebrochenen Abend? Sicher könnten wir noch etwas lesen, aber dazu müssten wir die Hände aus dem Schlafsack nehmen. Außerdem haben wir nur noch eine gute Taschenlampe mit voller Batterie und die wollen wir für den Notfall aufheben. Oder ich könnt noch etwas Hörbuch hören, aber da muss erst der Akku aufgeladen werden und dazu hab ich auch keine Lust.
Nach 10 Wandertagen, an denen es früh dunkel wird, ist auch schon alles besprochen, was besprochen werden muss und den Alltag von zu Hause wollen wir jetzt nicht diskutieren, den haben wir ja ganz bewusst für einige Zeit hinter uns gelassen.
Wenn wir jetzt vor uns hin dösen sind wir null Komma nichts wieder eingeschlafen.
"Erzähl mir etwas" sage ich zu meinem Mann, "erzähl mir einen Witz".
"Ich weiß keinen"
Ich sage: "Kommt Gandhi zum Augenarzt…" und wir müssen beide lachen, denn das ist einer der wenigen Witze, den wir nicht vergessen haben.
Mein Mann vollendet: …"Der Doktor mustert den Patienten und fragt Gandhi: "Na, ist Ihre alte nicht mehr scharf genug?" Worauf Gandhi antwortet: "Das geht Sie gar nichts an. Ich brauche eine neue Brille." "
Viele Witze wurden es an diesem Abend nicht mehr, aber der eine oder andere ist in den nächsten Tagen aus den Tiefen des Unterbewusstseins aufgetaucht.
"Kommt Gandhi zum Augenarzt…." ist quasi zu unserem Abendritual geworden.
Prolog
Das Jahr 2019 verspricht schwierig zu werden. Neben einem anstehenden Jobwechsel hat mein Mann "blöderweise" einen Startplatz für den OCC Ultralauf im Rahmen der UTMB-Woche in Chamonix zugelost bekommen. Eigentlich ja toll, da die Chance einen Startplatz zu bekommen nur etwa 20 % beträgt, blöd deshalb, weil der Start am 29.08. ist, also genau in unserer bevorzugten Urlaubszeit. Urlaub davor ist keine Option, dass würde das Training zunichtemachen, also bleibt uns nur, danach zu fahren. Wir planen den Urlaub für drei Wochen ab dem 07.09. und buchen bereits im Februar die Fähre, da die Hundekabinen meist frühzeitig ausgebucht sind, wie immer Kiel-Göteborg im Flexitarif. So können wir im Notfall umbuchen oder verschieben.
Wohin nun in der zweiten Septemberhälfte? Unser Plan sah eigentlich Rondane vor, mit zwei jeweils einwöchigen Touren in Form einer Acht mit Zwischenstopp am Auto. So hätten wir nicht ganz so viel Gepäck und für unseren inzwischen 13jährigen vierbeinigen Wanderkameraden Benny könnten wir notfalls schnell variieren. Die Realität sah leider anders aus. Nachdem es Benny ab Mitte März immer schlechter ging, mussten wir ihn im Mai gehen lassen.
Eines der letzten Bilder von Benny
Ein neuer Hund war fürs Erste kein Thema, da Jobwechsel und ein evtl. Umzug anstehen. Wir wollen erst mal sehen, wie sich das Jahr entwickelt und uns neu sortieren, aber dann … vielleicht … bald …
So langsam reifte nun der Gedanke, ohne Hund könnten wir ja in den Sarek. Seit vielen Jahren haben wir mit dem Luohttoláhko noch eine Rechnung offen. Drei Mal schon scheiterten wir dort am Wetter. Vielleicht ja nun endlich? Aber in der zweiten Septemberhälfte? Das hätte ich früher nicht in Erwägung gezogen, aber der Klimawandel ist auch im Norden spürbar, heißt es zumindest. In den letzten Jahren herrschte in der zweiten Septemberhälfte oft sehr schönes stabiles Spätherbstwetter. Wir wollen es versuchen, müssen aber offen bleiben für Planänderungen. Der Sommer ließ nicht viel Raum für die Tourenplanung. Unterschiedliche Jobangebote müssen abgewägt werden, Umzug ja, nein, vielleicht und dann für meinen Mann das intensive Training für den Lauf und im August die Woche in Chamonix.
Vorbereitung
Eine grobe Route mit zwei Varianten hab ich entworfen. Beide Touren gehen vom Sarvesvágge aufs Luohttoláhko und weiter über Lullihavágge und Boarek zurück nach Kvikkjokk. Den Einstieg wollen wir uns noch offen lassen. Entweder über den Padjelantaleden oder den Präststigen, das entscheiden wir kurzfristig nach dem Wetter. Beide mit 115 bzw. 123 km für 14 Tage eigentlich ganz entspannt.
Link zur geplanten Route - Realität
Und die ganze Tour auf der Karte.
Quelle: BaseCamp / Fjällkartan von http://bengt.nolang.se/kartor/fjallkartan/
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Einige Teil der geplanten Tour sind wir bereits gegangen und so fotografiere ich meine uralte BD10 mit allen eingezeichneten Routen und Zeltstellen ab und lese in den alten Tourentagebüchern nach, was ich zu den einzelnen Flüssen, Furten und sonstigen Schwierigkeiten geschrieben habe. Dazu kommt der Grundsten in den Rucksack. Während mein Mann nach Chamonix fährt, um sich über die Berge zu quälen, organisiere ich den Proviant und packe schon mal das meiste für den Urlaub. Am Tag vor der Abreise bekommt mein Mann seinen neuen Arbeitsvertrag. Punktlandung, so können wir nun doch entspannt den Urlaub genießen. Allerdings kommen leise Zweifel auf, wir wollen in den Sarek und fühlen uns nun doch etwas unvorbereitet. Früher haben wir monatelang Routen geplant, verworfen und neu geplant. Aber was soll´s, erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.
An der Ausrüstung ändern wir nur wenig. Ich brauche neue Wanderschuhe, lande aber wie jedes Mal wieder bei dem Meindl Island. Damit komme ich einfach seit Jahren am besten zurecht.
Für uns eine Premiere, wir werden dieses Mal auf Gas kochen. Nach über 30 Jahren ist nun Schluss mit Traniga, den wir ja sowieso schon immer weiter abgespeckt hatten, und Spiritus. Wir haben uns einen Pocket Rocket gekauft und nehmen zwei 450 g Gaskartuschen mit. Da uns hier noch die Erfahrung fehlt, soll es lieber zu viel sein als zu wenig. Und da wir mit niedrigen Temperaturen rechnen müssen, wollen wir in der Lage sein lieber einmal mehr einen warmen Tee kochen zu können.
Eine weitere Neuerung ist ein Satellitenkommunikator. Bisher war das nie ein Thema aber die Kombination aus Sarek und der späten Jahreszeit, hat uns doch etwas zu denken gegeben. Ganz kurzfristig konnten wir ein InReach Mini leihen. Es hat mich viele Stunden und etliche Telefonate bzw. Mails mit den netten Mitarbeitern von Global SafeTrack gekostet, bis ich das Gerät und die dazugehörigen Webaccounts, so weit im Griff hatte, dass ich mir zutraute, damit unsere Route zu tracken, mit den Interessierten daheim zu teilen und vor allem immer an den neuesten Wetterbericht zu kommen. Der SOS Knopf, den wir hoffentlich nicht brauchen, erklärt sich dagegen von selbst.
Eigentlich sollte der Rucksack ja deutlich leichter sein als in den letzen Jahren, da wir kein Hundefutter dabei haben. Nachdem wir aber für 14 Tage Proviant mitnehmen müssen, sind wir fast wieder bei den alten Gewichten. Mein Rucksack hat noch relativ entspannte 20 kg, der meines Mannes liegt bei 27 kg.
Es kann los gehen.
Edit: Link und Karte zur Route ergänzt
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