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Wenn Ihr glaubt, das wars gewesen…noch nicht ganz
Einen habe ich noch:
Ich möchte noch auf den Tag danach eingehen.
Der Tag, an dem das Wetter dann so richtig kippen sollte und weswegen wir unsere Tour ja auch verkürzt hatten.
Ich machte Walter den Vorschlag nicht gleich hinter Zadar auf die Autobahn ins Landesinnere zu fahren, sondern ein gutes Stück nach Norden hoch, die Küstenstraße entlang.
Denn ich wollte einen langsamen Abschied von dieser Inselwelt.
Und den sollte ich bekommen.
Nachdem wir das Auto gepackt und uns von der äußerst liebenswürdigen, älteren Vermieterin verabschiedeten, fuhren wir von der Küste weg ins Hinterland.
Zadar liegt auf einem vom Velebit ins Meer vorgelagerten Landstrich.
Die einspurige Straße führt sowohl zur Autobahn als auch zur Küstenstraße.
Wir brauchten bloß an der Autobahnauffahrt vorbei zu fahren, dann würden wir automatisch dorthin gelangen.
Es war kalt heute und auch schon recht windig.
Doch nach Bora sah uns das garnicht aus.
Tja, sie ist tückisch diese Bora, oder das Velebitgebirge ist es.
Oder beide zusammen sind es.
Die Bora, das sind Fallwinde.
Sie sausen die Hänge des Velebit hinunter und je nach dem, wie die Hänge beschaffen sind, steiler, mit kleinen Hügelchen versehen, an ihrem Fuße auslaufend oder in einer Bucht mündend...saust die Bora anders hinunter.
Ich glaube hier kann man sehr gut Aerodynamik an der Erde studieren, wenn man das so sagen kann?
Bei mehr Interresse einfach „Bora (Wind)“ googeln und staunen, was die Natur so alles macht:
(Auszug aus Wikipedia)
„Die Bora (griechisch μπόρα bόra, deutsch ‚kalter Windstoß, kalter Regenguss‘, von Boreas, wörtlich ‚der Nördliche‘; kroatisch Bura; slowenisch Burja) ist ein trockener, kalter und böiger Fallwind zwischen Triest, der kroatischen und der montenegrinischen Adriaküste. Winde vom Bora-Typ gehören mit ihrer Häufigkeit und ihren hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten, vor allem zwischen Triest und der Nordwest-Küste Kroatiens sowie in Teilen Süddalmatiens und Montenegros, zu den stärksten der Welt. Spitzengeschwindigkeiten einzelner Böen erreichen hier Werte von bis zu 250 km/h.“
Und weiter unten im Text:
„Es ist keine Seltenheit, dass jedes Jahr Brücken oder Küstenstraßen zeitweise gesperrt (zum Teil wurden vom Wind bereits Reisebusse ins Meer geweht) oder Fährlinien eingestellt werden müssen. An der neuen Autobahn A1 Zagreb-Split werden derzeit in der Welt einzigartige Windbarrieren getestet.“
Der Wetterbericht hatte an dem heutigen Morgen über den Mittag 7 Bft angegeben mit Spitzen bis 11Bft!
Man beachte es gibt nur 12Bft.
Und das entspricht einem Orkan.
Eine krasse Ansage.
Als der Abzweig zur Autobahn kam, war dieser…gesperrt.
Nix Autobahn.
Für Niemanden!
Die Kroaten haben es drauf mit der Bora und ihrer Autobahn.
Sie haben ein digitales Leitsystem für ihre Autobahn, über welches sie jederzeit die Geschwindigkeitsbegrenzung der jeweiligen Bora anpassen können.
Das letzte Mal als wir bei einer Bora diese Autobahn befuhren, war die Geschwindigkeit auf 40 km/h gedrosselt!
Und selbst da hatten wir noch Sorge, dass es uns die Kajaks vom Autodach reißt.
Wir fuhren weiter in Richtung Küstenstraße.
Es ging ja sowieso nicht anders.
Allmählich wackelten unsere Boote bedrohlich.
An der nächsten Möglichkeit hielten wir an und sicherten nach.
Alles an Seilen benutzen wir, um zusätzlich zu sichern.
Wir waren gewappnet.
Und machten ein Foto.
Bora
Und weiter gings, die Küste nach Norden hoch, entlang der kahlen Insel Pag.
Es war mächtig und gewaltig, aufregend und faszinierend.
Das Meer rauchte nur so in der Ferne.
Immer wieder stiegen wir aus und bestaunten das Meer, dass auf seiner Oberfläche Fallwinde abbildete.
Die See war vor lauter Wind in der Küstennähe plattgedrückt.
Erst weiter draußen dann bauten sich die Wellen mit ihren weißen Kämmen auf.
Noch weiter in der Ferne rissen die Winde so viel Wasser in die Luft, dass über dem Meer ein weißer Gischtschleier über die gesamte Fläche zu sehen war.
Das Meer rauchte!
Bora bei Pag
Ich hatte mal gehört, dass für Paddler das Gefährliche bei einer Bora wohlgemerkt (!) zunächst nicht das Kentern, sondern das Ertrinken in dem Gischtschleier ist.
Jetzt verstand ich warum.
Am kilometerweit dahinter gelegenen Festland konnten wir noch die Brandung mit bloßem Auge erkennen!
Mittendrin war dann auch mal die Küstenstraße gesperrt.
Offenbar war es zwischenzeitlich auch hier zu gefährlich geworden.
Wir legten, wie alle anderen motorisierten Reisenden, eine Zwangspause ein und gingen in eine Raststätte etwas essen und vertrieben uns die Zeit mit unseren österreichischen Tischnachbarn.
Glücklicher Weise wurde die Straßensperre nach zwei Stunden wieder aufgehoben und wir konnten passieren.
Enach einer weiteren Stunde bogen wir ab ins Landesinnere und schraubten uns den Pass hinauf.
Selbst hier oben im Landesinneren und weit ab vom Meer, waren die Wellen und die Brandung ohne Fernglas sichtbar.
Überblick nach Pag
Ein letzter Blick, ein letztes Einatmen der salzigen Luft und dann ging es über den Pass ins Landesinnere.
Ich kenne Dalmatien in intensiven Farben.
Das Land ist erdig und sehr konkret in seiner Kargheit.
Diesmal zeigte sich mir die Inselwelt mit der tieferstehenden Sonne und dem herbstlichen Dunst oft in Pastelltönen.
Durch die Flauten kamen diese Farbspiele besonders intensiv zur Geltung.
Die sonst so schroffe und substanzielle Landschaft wurde fast überirdisch, als sei sie eine Idee von sich selbst.
Die Kroaten haben es drauf mit der Bora und ihrer Autobahn.
Sie haben ein digitales Leitsystem für ihre Autobahn, über welches sie jederzeit die Geschwindigkeitsbegrenzung der jeweiligen Bora anpassen können.
Das letzte Mal als wir bei einer Bora diese Autobahn befuhren, war die Geschwindigkeit auf 40 km/h gedrosselt!
Weniger als 1 km Richtung Süd-Südosten liegt die "alte" Maselnica Brücke (gebaut 1960; zerschtört im Krieg 1991, wieder aufgebaut 2005) - die war, so weit ich mich errinnern kann, nie wg Bura geschlossen. Falls man von Süden kommt, wenn die neue Brücke wg. Bura geschlossen ist, wird man über die alte Maslenica Brücke weiter geleitet (Ausfahrt Posedarje).
Damalige Regierung wollte so schnell wie möglich die Verkehrverbindung widerherstellen, die Baustelle lag damalls (1993) noch in der Kannonen Reichweite und daher würden (müssten?) die Stimmen des lokalen Bewohnern überhört werden, die alles sagten daß die Lage der neune Brücke (im Hinsicht auf Bura) nicht gut ist.
Je gemessene Buras Hochstgeschwindichkeit bei der Maslenica Brücke liegt bei 248 km/h, gemessen am 21.12.1998.
Obwohl ich von weitersüdlich stamme, ich finde die Gegend (in meinen Augen) recht schön, vor allem mag ich die alte Adriastrasse hochfahren (über Starigrad, Karlobag, Senj)
LG & noch mal herzlichen Dank fürs sehr schön geschriebenen Bericht,
I.
"We will either find a way, or make one" Meine Fotos
Auch ich möchte mich für diesen Bericht recht herzlich bedanken. Im Frühjahr hat mich die "Bora" aus dem Velebit auf Dugi Otok vertrieben. Es war dort kalt und windig, aber trocken. Im Velebit sank die Schneefallgrenze immer weiter...
3 Tage "abwettern" im kleinen Hafenort Luka mit paar Wanderungen "oben herum" waren die richtige Entscheidung!
@croat:
Ja, genau da sind wir entlang gefahren.
Die Sperrung kam erst hinter Tribanj, auf der Höhe der Brücke nach Pag.
@simurgh:
Schöne Fotos!
Da erkenne ich die Kornaten im Hintergund an den kleinen Steilküstchen, mhm?
Und verrätst Du mir, von wo das zweite Foto augenommen ist?
Dugi Otok im Süden mit Blick auf Pasman und Velebit im Hintergrund?
Das Schreiben hat mir, wie immer, viel Spass gemacht.
Jetzt bin ich dann auch wieder "richtig" angekommen.
Nach dem, was ihr hier über die Bora/bura schreibt, bekommt man geradezu Lust oder wird zumindest neugierig, die mal selbst mitzuerleben. Aus sicherer Entfernung natürlich!
@simurgh:
Schöne Fotos!
Da erkenne ich die Kornaten im Hintergund an den kleinen Steilküstchen, mhm?
Und verrätst Du mir, von wo das zweite Foto augenommen ist?
Dugi Otok im Süden mit Blick auf Pasman und Velebit im Hintergrund?
Beide Bilder habe ich im Naturpark Telašćica gemacht.
[...]Apropos gespenstisch.
Auf einmal wusste ich woher das unheimliche Gefühl an meiner Kopfhaut kam.
Es mussten die Eidechsen sein, die über meine Haarspitzen huschten!
Ich glaube das ist die feinste Berührung die ich bisher in meinem Leben gespürt habe.
Viele Grüße auch noch von deinen "Haarstreichlern"...
@simurgh:
Ah, okay!
Danke für Deine Erklärung.
Da hatte ich mich 45 Grad zu weit nach rechts gedreht.
Deine Bilder machen mir Lust, einen immer wiederkehrenden Wunsch umzusetzen:
In dieser Gegend mal per Pedes unterwegs zu sein.
Warst Du schon öfter auf den Inseln wandern, oder lag es an Deiner Vertreibung?
Die Echsen zaubern mir beim Drandenken schon ein Lächeln ins Gesicht.
@Babsbara:
Dalmatien ist definitiv eine Reise wert.
Und das Hinterland auch.
Und die Anreise erst - Slowenien!
Die Welt ist ein schönes Fleckchen Erde!
(Sollte ich vielleicht als Signatur verwenden...)
...
Diese Bora hatte mich unglaublich beeindruckt.
Das merke ich jetzt noch, wenn ich darüber erzähle.
Zwar war das Gewitter zuvor auch nicht von schlechten Eltern, doch das wurde schon mal in 2015 getoppt.
Siehe Reisebericht: "Zum Donnerwetter mit den Seekajakherz".
Daher der Titel.
Wenn man das Wasser als Basis für seine Fortbewegung hat und braucht, dann ist es unglaublich beeindruckend, wenn sich diese "Straße" derart verwandelt, dass sie unbenutzbar wird.
Für eine reine Landratte wird die Bora zwar auch beeindruckend sein, doch etwas anders.
Auf jeden Fall wünsche ich Dir, eine Bora wenn, dann von einem sicheren Ort aus zu erleben.
So, dank Corona hatte ich mir noch mal die Zeit genommen Korretur zu lesen.
Ich bekomme immernoch Herzklopfen, wenn ich wieder in den Bericht eintauche.
Auch jetzt, wo alles so weit weg ist, gerade durch Corona.
Aber irgndwann wird es wieder aufs Wasser gehen.
Ach, und wenn Jemand der verehrten Leserschaft Lust hat auf gemeinsame Meerabenteuer, nur zu, es gibt noch so viel zu sehen, nicht nur im Südmeer...
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