[NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

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  • Borgman
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    • 22.05.2016
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    [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Mitreisende: Isolde und Lenja



    Reisezeit: 05. bis 15. Juli 2019

    Reiseziel: Norwegen, Møre og Romsdal Fylke






    „Bernd, wie wird das ausgesprochen?“ - „Was denn?“ - Lenja zeigt mir ein Wort in ihrem norwegisch-englichen Sprachführer, den sie am Flughafen gekauft hat. - „Ssüpert!“ - „Ssüpert?“ - „Ja, das S wird im Norwegischen immer stimmlos gesprochen, und das U meistens wie Ü.“ - „Cool, am Ende vom Urlaub will ich auch ein bisschen Norwegisch können. Norwegen ist so toll!“ - „Finde ich auch, in Norwegen ist alles besser, die Natur, die netten Menschen, es gibt mehr Umweltschutz, einfach alles!“ Das sagt Isolde, meine Tochter, ganz in schwarz gekleidet. Sie hatte mich vor Monaten gefragt, ob wir nicht mal wieder eine richtige Wandertour machen können, zusammen mit ihrer Freundin Lenja. Beide sind vierzehn, gerne draußen und blicken den Widrigkeiten einer Woche im Fjell unerschrocken ins Auge.





    Und jetzt geht es wirklich los. Im Zug nach Hamar lernen die beiden ihre ersten kleinen Sätze: „Hva heter du? - Warum stehen hier eigentlich keine Schimpfwörter drin, die braucht man doch auch!“ - „Nicht, wenn ihr mit mir wandert, wir machen alles ganz entspannt, ihr werdet sehen. Tafjordfjella ist eine tolle Gegend.“ - „Supert!“ - „Presis!“ Dann müssen wir auch schon aussteigen. Zuerst gehe ich einkaufen, wieder im Spar gegenüber vom Bahnhof, während die Mädchen das Gepäck bewachen und mehr Wörter lernen. „Was heißt denn Eis?“ - „is“ - „das ist ja einfach.“ Als ich nach zwanzig Minuten zurück bin, beladen mit Bixit, Kornmo, Blaubeermüsli, Käse und was man sonst alles braucht für acht Wandertage, ziehen sie los, um sich ihr Eis zu besorgen. Einfache Aufgabe. Kurze Zeit später, wir sind inzwischen auf eine Bank im Jernbanepark umgezogen, entern sie den 7eleven, um ihr neu erworbenes Norwegisch nicht gleich zu verlernen… und die Bäuche noch weiter herunterzukühlen: Frozen Yoghurt!



    Ihre iPhones, oder was man als vollwertige Jugendliche heute so braucht, wollten beide nicht mitnehmen, vermutlich hatten sie sich vorher abgesprochen. Danke, dass dieser Kelch an mir vorüber geht! („Schei*e, meine Powerbank ist leer, wir müssen sofort abbrechen!“) Lenja hat stattdessen einen E-Reader mit 26 Büchern dabei und Isolde die Fitnessuhr, damit sie ihre gelaufenen Schritte nebst Kalorienverbrauch im Blick hat. Der Bericht könnte auch heißen „Hill vs. Chill“ oder „der Berg kann bis morgen warten“, jedenfalls siegt der Kindle am Ende mit wesentlich mehr Betriebsstunden haushoch über den Schrittzähler. Soviel sei schon mal vorweggenommen.

    Momentan sitzen wir aber noch im Zug nach Åndalsnes. Nur fährt der Zug nicht, er steht. Im Bahnhof von Bjorli. Und steht. Auf unbestimmte Zeit. Dann die Durchsage, die Strecke ist gesperrt, wir müssen in Busse umsteigen. Von den Einheimischen erfahren wir, dass es eine Bergrutschwarnung gibt. Schon wieder! Und auch diesmal wird es wohl eher Vorsicht sein als echte Gefahr, man nimmt es gelassen. Die Fahrt durch das Romsdal ist natürlich auch im Bus spektakulär - wer allerdings denkt, dass die Kinder sich ihre Nasen an der Scheibe plattdrücken, der irrt. Isolde schläft, Lenja liest, ich staune. So viel Neuschnee so tief im Tal, und das Anfang Juli, habe ich auch noch nicht gesehen. Ich hatte schon gelesen, dass es in den vergangenen Wochen kalt war und viel geschneit hat, und auch, dass es ab jetzt jeden Tag wärmer und sonniger wird. Wenn man denn unbedingt der Vorhersage glauben möchte. Trotz einschlägiger (gegenteiliger) Erfahrungen, besonders im Fjordland, hege ich keinen Zweifel, wir werden super Wetter haben. Ich kann es gar nicht erwarten, ins Fjell zu kommen, bin fast ein bisschen hibbelig. Die abgebrühten Jugendlichen sehen amüsiert darüber hinweg, hier kennt sie ja niemand, soll er sich doch aufführen wie ein Tourist.

    Und sogar die Verspätung hält sich in Grenzen. Bestens gelaunt nehmen wir gegen zehn nach acht die Rucksäcke in Empfang und machen uns auf den Weg zum Campingplatz. Zuerst müssen wir aber noch einen Umweg über die Shell-Tankstelle kurz vor der Raumabrücke machen, wir brauchen zwei Liter Spiritus. Jetzt bekomme ich schon mal einen Vorgeschmack darauf, was mich morgen beim ersten Aufstieg erwartet. Mein Rucksack ist bis zur Kapazitätsgrenze beladen, denn die Vorräte sind ungleich verteilt und werden es auch bleiben. Gegen neun checken wir am Campingplatz ein und suchen uns einen Platz für die Zelte. Ich werde meine erste Nacht im neu erstandenen Akto verbringen, die Mädchen schlafen im Rejka Antao. Nach dem späten Abendessen hätte ich eigentlich allgemeine Abschlappung erwartet, aber sie wollen unbedingt noch im Fluss baden. Sollen sie machen, sind schließlich fast erwachsen. Und es wird ja nicht dunkel.

    Wenn das so ist, kann ich mich auch noch meiner Lieblingsbeschäftigung widmen: Kaffee kochen. Mit diesem schlendere ich später ebenfalls zum Fluss, aber von den Mädchen keine Spur. Erst als ich gegen elf mit allen Verrichtungen fertig und längst bettreif bin, tauchen sie lachend, halb blaugefroren bei den Zelten auf. OK, die brauchen jetzt dringend einen heißen Kakao.


    Samstag, 06. Juli

    Eigentlich mag ich keine Campingplätze. Wenn man gerade einschlafen will, schleppt garantiert irgendeine Männergruppe ihre aus Deutschland mitgebrachte Bierkiste zur nächsten Picknickbank und fängt an zu grillen. Zum Glück nicht neben unseren Zelten. Aber es kehrt keine Ruhe ein. Endlose Tage … können auch anstrengend sein. Wahrscheinlich bin ich einfach zu empfindlich, zu wachsam. Sei‘s drum, die nächste Nacht wird besser. Mein Wecker klingelt um sechs, damit wir ganz sicher den Bus kriegen. Zeit genug, um ein letztes Mal mit warmem Wasser die Haare zu waschen. Jetzt ist es ganz still auf dem Platz, nur in der Toilettenanlage dröhnt Radio Norge in voller Lautstärke. Werde ich auch nicht vermissen. Nebel liegt über dem Tal, und wo er sich lichtet, leuchten die Berggipfel in der Morgensonne.


    Åndalsnes Camping

    Die Mädchen sind erstaunlicherweise schon fertig, sie wollen so schnell wie möglich ins Fjell. Als die Zelte eingepackt sind, gibt es noch eine Runde Rosinenbrötchen, dann laufen wir die anderthalb Kilometer zur Bushaltestelle Setnes. Theoretisch hält der Bus auch nahe dem Campingplatz, auf der anderen Seite der Fußgängerbrücke Grøtta bru, aber darauf will ich es nicht ankommen lassen, und wir haben Zeit genug. Am Bahnhof Åndalsnes steigen noch einige asiatische Touristen zu, ja, es ist der Sightseeing-Express nach Geiranger, und schon nach kurzer Fahrt erreichen wir den ersten Fünf-Minuten-Fotostopp im Isterdal. Trollstigen – da geht es gleich hoch.


    Trollstigen


    Isterdalen

    Wo sind denn die Kinder? „Isolde! Lenja! Es geht weiter!“ Klar, sie sitzen unten am Bach und hören nichts. Wasser zieht sie magisch an, wie ein Magnet die Nägel. Da vergessen sie alles. Man muss hinlaufen, den Bann brechen, damit sie sich wieder an ihre Mission erinnern. Und die heißt heute Morgen Bus fahren bis Øvstestølen. Bus? Was für ein Bus? Ach ja! Jetzt sind sie hellwach. Mit jeder Kehre wird die Aussicht ins Tal aufregender, die Autos und Menschen nur noch so klein wie Ameisen. Ganz oben haben wir zwanzig Minuten Aufenthalt. Leider hat das Café noch geschlossen, nur der Andenkenladen ist offen. „Braucht jemand einen Plastiktroll? Nein? Dann gehen wir lieber zur Aussichsplattform.“





    Was für ein Morgen! Nebel kriecht die Berghänge hoch, es ist fast windstill, ein Tourstart wie aus dem Bilderbuch. Vorfreude kribbelt die Beine hinunter zu den Füßen. Am liebsten würde ich sofort loswandern, aber wir müssen noch mal zurück in den Bus. Der Fahrer wusste nicht, wo Øvstestølen ist, deshalb passe ich lieber mit auf. Langfjelldalen sieht auch richtig gut aus, jetzt noch am Bjorstadfjell vorbei, das nächste Quertal ist es. Endlich geht es los. Die Touristen winken zum Abschied, machen Fotos von uns, dann rollt der Bus wieder an, der nächsten Attraktion entgegen.

    Wir steuern auf die nächstbeste Picknickbank zu und frühstücken die Reste vom Abendbrot. Mit leerem Magen kann man schlecht wandern. Leckeres norwegisches Grovbrød, Italiensk Salat, Schinken und Käse. Lenja füllt noch ihre leere Farris-Flasche. Den Wanderpfad müssen wir nicht lange suchen, der beginnt direkt auf der anderen Straßenseite.






    Øvstestølen

    Jetzt wird es spannend. Wie kommen die Mädchen mit den großen Rucksäcken klar? Sind sie beide trittsicher genug? Und natürlich: wie motiviert sind sie für den ersten Anstieg von 300 Höhenmetern? Der Anfang ist für alle mühsam, nur habe ich schon eine eingeübte Routine, langsam, mit möglichst gleichmäßigem Kraftaufwand, nicht zu oft stehenbleiben. Sehr bald zeigt sich, dass mein Trott überhaupt nicht zum jugendlichen Überschwang meiner Mitwanderer passt. Anfangs warten sie noch gelegentlich auf mich, später laufen sie einfach voraus. Meine Bitte, sie mögen doch wenigstens in Rufweite bleiben, verhallt ungehört in den Weiten des Litlelangdals.



    Daran muss ich mich erst noch gewöhnen, schließlich bin ich dafür verantwortlich, dass den Kindern nichts passiert. Allerdings ist der Pfad gut ausgetreten und kaum zu verfehlen. Obwohl die Route nicht mehr erhalten wird, sind immer noch ältere Markierungen erkennbar. In dem Tempo werden sie nicht lange durchhalten, denke ich, und genau so ist es. Nach einer Stunde und 250 Höhenmetern haben sie einen Felshügel mit Zugang zum Bach zum Pausenplatz erkoren. Nur kurz verschnaufen und einen Müsliriegel einwerfen. Schön ist es hier, ich bin damit zufrieden. Wenn ich an die letzte Tour mit Isolde vor zwei Jahren im Dovrefjell denke, da musste ich ihr anfangs ständig gut zureden, die ersten Höhenmeter waren qualvoll. Das ist heute ganz anders, sie ist viel sportlicher geworden, und beide hüpfen unglaublich trittsicher über die Steine. Langsam entspanne ich mich, suche mir ein windgeschütztes Plätzchen in der Beerenheide.

    Eine halbe Stunde später lassen sich erste Anzeichen erkennen, wie der Hase auf dieser Tour läuft. Lenja liest, Isolde schläft. Beide sind keinesfalls gewillt, sich zum Weitergehen motivieren zu lassen. Mein diesbezüglicher Antrag wird rundheraus abgelehnt. Noch eine halbe Stunde. Mindestens! Sie sind total entspannt und glücklich – was soll ich da machen? Jeder soll sich erholen können, das war von Anfang an die wichtigste Regel. Alles andere wird gemeinsam beschlossen.





    Danach laufen wir noch ein Stück weiter bis zum See auf 834m. Inzwischen sind Wolken aufgezogen, aus denen der eine oder andere Nieseltropfen fällt. „Hier wollen wir noch eine Pause machen“ sagt Isolde. „Aber die letzte Pause ist doch nicht mal eine Stunde her“ - „Das wird jetzt die richtige Pause!“ - „Na gut, Hauptsache wir schaffen heute noch was. Ist sowieso Zeit fürs Mittagessen.“ Vielleicht hätte ich doch nicht gegen den aufkommenden Regen das Zelt aufbauen sollen, nach dem Essen schlafen die beiden nämlich tief und fest. Es sei ihnen gegönnt, sie haben ein anstrengendes Schuljahr hinter sich. Später wecke ich sie mit einem Heißgetränk, das wird sie aufmuntern.

    So richtig viel Regen war das nicht. Das Zelt ist schon längst getrocknet, als nach drei (!) Stunden alle ihren Chai latte geschlürft haben und zumindest theoretisch zum Weitergehen bereit sind. „Nein, Isolde, wir können nicht hierbleiben, am nächsten See finden wir sicher einen coolen Zeltplatz. Vielleicht könntest du auch später weiterlesen, Lenja. Darf ich jetzt bitte das Zelt abbauen?!“ Nee, ich bin nicht ungeduldig. Höchstens ein bisschen. Für mich passt die Balance zwischen Wandern und Herumgammeln noch nicht so ganz. Oder ich bin noch nicht richtig im Urlaubsmodus angekommen. Sobald wir gestiefelt und gespornt sind, zischen die Grazien auch schon los. Mit der Balance haben sie offenbar keine Probleme.


    Litlelangdalen (das einzige Foto des Nachmittags)

    Der Pfad steigt weiter mehr oder weniger sanft an und quert dabei mehrere Bäche aus einem Hochtal, alle bequem über Steine zu bewältigen. An der kleinen Hütte Osten stoße ich wieder zur Gruppe. Sie ist verschlossen (also die Hütte, nicht die Gruppe), aber an der Wand hängt ein Metallkasten mit einem Tourbuch. Wir laufen noch weiter bis zum Litlelangdalsvatnet und haben Glück. Direkt am Seeufer sieht es ziemlich eben aus, könnte ein guter Zeltplatz sein. Für zwei Zelte dicht beieinander gibt es ja nicht überall was. Also verlassen wir den Pfad und sehen uns das aus der Nähe an. Passt! Über den Nachmittag ist das Wetter immer ungemütlicher geworden, ein kräftiger Westwind treibt dicke Wolken heran, die sich an den Bergen stauen und dabei ein wenig Ballast abwerfen.

    Als die Zelte stehen, darf ich mich zuerst im See waschen, dann kann ich schon mal was zum Aufwärmen kochen, während die Mädchen ungestört baden. Sie brauchen erstaunlich lange, anscheinend haben sie sich gestern schon so abgehärtet, dass ihnen das eiskalte Wasser nichts ausmacht. Die Schneefelder reichen hier bis hinunter an den See, dazu ist die Bergwand gesprenkelt mit unzähligen kleinen Neuschneeflecken. Sieht gar nicht aus wie Juli. Während ich so mit meinem Kaffee in der Apsis sitze und auf weitere Bestellungen warte, beschleicht mich kurz ein unwirkliches Gefühl, danach breitet sich wohlige Zufriedenheit aus. Wir sind auf Tour, die Kinder sind fröhlich, bisher hat alles bestens geklappt.


    Litlelangdalsvatnet am nächsten Morgen

  • Pfiffie
    Fuchs
    • 10.10.2017
    • 2024
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    #2
    AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

    Wow, ein toller Bericht, ich häng mich mal hier mit ran....sehr schön zu lesen
    "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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    • agricolina
      Erfahren
      • 05.05.2016
      • 248
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

      Das finde ich auch, freue mich auf die Fortsetzung.

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      • Fjellfex
        Fuchs
        • 02.09.2016
        • 1228
        • Privat

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        #4
        AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

        Hach, wie nett!

        Der Bericht als solches, und daß Du Dich aufgerafft hast, ihn in Angriff zu nehmen.

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        • urmeli
          Erfahren
          • 07.06.2015
          • 153
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

          Das liest sich gut an!

          Gibts einen Grund, warum du auf das Akto umgestiegen bist? Warst du nicht immer mit einem Staika unterwegs?

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          • Borgman
            Dauerbesucher
            • 22.05.2016
            • 724
            • Privat

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            #6
            AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

            @Pfiffie, @agricolina: Vielen Dank! Wenn ich wieder klar denken kann (vor Hitze ... in Norwegen ist auch das Wetter besser!) geht's weiter.

            Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
            und daß Du Dich aufgerafft hast, ihn in Angriff zu nehmen.
            Wie hätte ich mich den drücken können? Hmm? Nachdem Du mich so unmissverständlich dazu aufgefordert hast?

            Zitat von urmeli Beitrag anzeigen
            Gibts einen Grund, warum du auf das Akto umgestiegen bist? Warst du nicht immer mit einem Staika unterwegs?
            Nee, das war ein Soulo, so verrückt bin ich nun auch wieder nicht . Ich wollte ein leichteres Zelt, weil ich im September mit einiger Wahrscheinlichkeit zusätzliches Gewicht schleppen muss, aber eins, was auch ein paar Jahre durchhält...

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            • Ljungdalen
              Alter Hase
              • 28.08.2017
              • 2716
              • Privat

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              #7
              AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

              Haha, "supert", genau. Also auch der Bericht. Vielen Dank.

              Bei mir geht's in knapp einer Woche los. Mit *zwei* Töchtern. (Dass die noch mit mir unterwegs sein wollen, schmeichelt mir Obwohl: da haben sie auch jemanden, der alles plant und organisiert... Aber mit*finanzieren* kann es die eine nun schon selbst Win-win-Situation.)

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              • Roiber
                Gerne im Forum
                • 16.12.2015
                • 80
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                „Hier wollen wir noch eine Pause machen“ sagt Isolde. „Aber die letzte Pause ist doch nicht mal eine Stunde her“ - „Das wird jetzt die richtige Pause!“
                Meine Tochter ist zwar erst fünfeinhalb, aber ziemlich genau so stelle ich mir eine gemeinsame Tour mit ihr vor, zu der es irgendwann hoffentlich mal kommen wird.

                Sehr amüsant! Ich bin gespannt, wie es Euch noch so ergangen ist.

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                • Fjellfex
                  Fuchs
                  • 02.09.2016
                  • 1228
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                  Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                  Wie hätte ich mich den drücken können? Hmm? Nachdem Du mich so unmissverständlich dazu aufgefordert hast?
                  .
                  Das freut mich ja, daß Du meinen einfühlsamen Argumenten ( ) zugänglich warst.

                  Kommentar


                  • Borgman
                    Dauerbesucher
                    • 22.05.2016
                    • 724
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                    Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                    Bei mir geht's in knapp einer Woche los. Mit *zwei* Töchtern. (Dass die noch mit mir unterwegs sein wollen, schmeichelt mir Obwohl: da haben sie auch jemanden, der alles plant und organisiert... Aber mit*finanzieren* kann es die eine nun schon selbst Win-win-Situation.)
                    Wie praktisch... planen und organisieren macht ja auch viel mehr Spaß als bezahlen. Da wünsche ich Euch eine erlebnisreiche Tour!

                    Zitat von Roiber Beitrag anzeigen
                    Meine Tochter ist zwar erst fünfeinhalb, aber ziemlich genau so stelle ich mir eine gemeinsame Tour mit ihr vor, zu der es irgendwann hoffentlich mal kommen wird.
                    Ich drück Dir die Daumen! Die ersten Touren mit Zelt in Norwegen waren wir Paddeln, das ist einfach super entspannt mit kleinerem Kind, man muss sich nicht so beschränken wie beim Wandern.

                    Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                    Das freut mich ja, daß Du meinen einfühlsamen Argumenten ( ) zugänglich warst.
                    ja, wenn es um Norwegen-Berichte geht, bist Du in der Tat nicht zimperlich... ich seh es Dir nach, ich wünsche mir auch MEHR DAVON!

                    Kommentar


                    • Borgman
                      Dauerbesucher
                      • 22.05.2016
                      • 724
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                      Sonntag, 07. Juli

                      Still ist es hier. Der Wind hat nachgelassen, und ein sanfter Nieselregen tupft vorsichtig auf das Zelt, als wolle er niemanden wecken. Auch keine Vögel, die den Morgen begrüßen. Wahrscheinlich gibt es ihnen hier zu wenig Insekten. Und überhaupt, wo bleiben die Mücken? Gestern wäre doch prima Mückenwetter gewesen, aber keiner von uns hat einen Stich. Liegt bestimmt an der Kältewelle, die erst jetzt vorbei ist.

                      So früh am Morgen sind die Steilhänge noch von Wolken eingehüllt wie die Kinder in ihren Daunentüten. Gestern hat Isolde noch geklagt, dass ihr kalt ist im Schlafsack. Dabei hat sie den Cumulus MT 700, den ich im März bei deutlichen Minusgraden ziemlich kuschelig fand. Vielleicht ist er zu groß, oder sie hat ihn nicht aufgeschüttelt. Mit 7°C ist es jetzt jedenfalls nicht sehr kalt. Ich genieße die Stunde, bevor die Mädchen wach sind. Ob wir vor dem Frühstück schon ein bisschen wandern können? Nee, das ist wohl eher eine schrullige Angewohnheit von mir, dafür hätten sie kein Verständnis.

                      Als es an der Zeit ist, nehme ich Bestellungen für Heißgetränke auf und erkundige mich nach dem werten Befinden. Lenja grunzt zufrieden, Isolde hat wieder gefroren. Da müssen wir später Abhilfe schaffen. Bis alle mit ihrem Frühstück fertig sind und zusammengepackt haben, ist es kurz vor zehn. Eigentlich viel später als mir lieb ist, aber die gechillte Art der Jugendlichen hat schon ein bisschen auf mich abgefärbt. Man ist ja lernfähig. Jetzt weht überhaupt kein Wind mehr, und durch erste zaghafte Lücken in den Wolken schimmert blauer Himmel.


                      Litlelangdalsvarnet

                      „Boah ist der schwer, da muss man ja aufpassen, dass man nicht umkippt!“ Lenja probiert, meinen Rucksack aufzusetzen. Dann die nächste: „Nö… ächz… ich kann den tragen… keuch… geht eigentlich.“ Typisch Isolde. Der Sack müsste schon fast ein Kilo leichter sein als gestern, davon ist allerdings nichts zu merken. Drückt ein bisschen heute Vormittag. Keine Ahnung, wie schwer das Ding ist, ich trage das ganze Abendessen, zwei Drittel vom Frühstück, Kocher, Brennstoff, beide Zelte und ein paar Extras wie den Käse. Man soll ja nicht hungern beim Wandern. Gutes Training für meine Solotour im September. Wir müssen zuerst hoch zum Pfad und folgen diesem voller Tatendrang bis zum nächsten See.


                      Sinfonie in Schwarz: Isolde


                      Letzter Blick zum Litlelangdalsvatnet


                      See 1015m, mit Bjørnabottinden im Hintergrund. Das ist unsere Richtung.


                      Lenja zeigt mehr Mut zur Farbe

                      Die ersten Schneefelder liegen makellos glatt vor uns, hier ist noch kein Wanderer gegangen. Heute flitzen die Mädchen nicht so weit voraus, oder ich komme besser hinterher, jedenfalls nähern wir unser Tempo einander an. Bald haben wir das Südostende vom See 1015m erreicht und belohnen uns mit einer kurzen Pause vor dem Anstieg zum Bjørnebottvatn. Diesmal liegt die Betonung ausdrücklich auf „kurz“, wir einigen uns auf eine lange Pause vor dem Pass. Trotzdem hat Lenja sofort ihren Kindle zur Hand. Ich bin froh, dass sie wenigstens nicht versucht, beim Laufen zu lesen, denn das Gelände wird immer steiniger.



                      Panorama Litlelangdalen
                      (Klick auf das Bild für größere Ansicht)




                      Dann der erste Blick auf den Bjørnebottvatn. “Wow, der ist ja noch zugefroren, ist das geil hier!“ Ja, finde ich auch, ich muss mir mal selber anerkennend auf die Schulter klopfen für die gelungene Routenwahl. Am Seeufer sind schon erste Geröllfelder mit größeren Brocken zu überwinden, die den Mädchen nicht mal ein Schulterzucken wert sind. „Passt mal ein bisschen auf, ihr Bergziegen!“ rufe ich noch, unnötigerweise, denn sie scheinen einen sechsten Sinn für sicheren Tritt zu haben, wo ich deutlich vorsichtiger hinterherstakse. Da haben sie auch schon einen Platz ausgesucht. „Hier bleiben wir länger.“ Und wirklich, die Stelle ist perfekt. Felsplatten direkt am Ufer, ringsherum spiegeln sich die Berge im glasklaren Wasser. Isolde: „im eisblauen Wasser“, Bernd: „es schimmert aber auch grünlich.“ - „Nein, Eisblau!“ - Lenja: “Türkis mit Blaustich“ - „Wo soll den das Grün herkommen? DAS IST EISBLAU!!“







                      Nach einer halben Stunde des Staunens, nur unterbrochen durch ein Slush-Eis, das sie sich aus Schnee und Eisteepulver zubereiten, lässt sich Isolde das Zelt aufbauen, um in Ruhe zu schlafen. „Was? Endlich ist es mal warm! Ich hab gefroren in der Nacht!“ … und ward für längere Zeit nicht mehr gesehen. Jetzt sollten auch die Schlafsäcke trocknen. Lenja, wenig überraschend, liest. Dann koche ich mir mal einen Kaffee und betrachte die faszinierenden symmetrischen Muster. Was empfinden wir als schön? Das ist doch nur Fels und Wasser, nicht besonders lebensfreundlich. Anders schön als eine Blumenwiese. Was zieht uns daran an? Warum entwickelt dieser Anblick so einen Sog? Wir mögen Symmetrie, aber perfekte Symmetrie ist langweilig. Wir wissen auch gerne, wo oben und unten ist, aber das verschwimmt hier, je länger man auf einen Punkt starrt. So sieht das letzte Bild umgekehrt aus:



                      Das Feste im Flüssigen… ich denke an Rumtopf und muss lachen. Hat jemand Hunger? Lenjas Papa hat uns was extrem Leckeres mitgegeben: Selbstgemachtes Jerky, je zur Hälfte aus Rinderfilet und Wildschwein. Nichts für Isolde, die sich vorwiegend vegan ernährt (sie kaut stattdessen getrocknete Äpfel und Mangos), aber Lenja und ich stürzen uns darauf. Wir müssen doch gestärkt sein für den Nachmittag. Gegen halb vier verlässt Isolde widerwillig maulend ihr Gemach, und wir können packen. Den Pass möchte ich unbedingt noch bei gutem Wetter schaffen.

                      Nachdem der See hinter uns liegt, geht es ein steiles Schneefeld hinauf zu einer Felsstufe. Ab hier gehe ich voran, denn der Übergang von Schnee zu Fels und umgekehrt kann immer heikel sein, da ist ausnahmsweise mal Erfahrung gefragt.




                      … doch zu warm


                      Übergang zur Felsstufe


                      Blick zurück zum Bjørnebottvatn







                      Im Westen ballen sich dunkle Wolken zusammen, die mangels Wind aber nur langsam in unsere Richtung treiben. Blanker Fels, Schneefelder und kurze Geröllpassagen prägen die Landschaft vor dem Pass. Manchmal sieht man eine Rentierspur im Schnee. Die Mädchen haben sichtlich Spaß, sind auch ein bisschen aufgeregt. Geht mir genauso, ich bin gespannt, wie es auf der anderen Seite aussieht. Der Karte nach geht es da steil ins Tal. Doch zuerst muss sich Isolde genau hier in den weichen, nassen Schnee plumpsen lassen. Sie hat manchmal den starken Drang, solche Sachen zu machen, die uns Normalsterblichen irgendwie irrational erscheinen.

                      Offenbar war der Schnee an der Stelle mit Clownsviren kontaminiert, jedenfalls hat sie beschlossen, dass es jetzt ihre Aufgabe ist, uns mit lustigen Sprüchen zu unterhalten. Sie quasselt unentwegt und ernennt mich beiläufig zum Familienmitglied der Woche. Rentiere werden wir auf diese Weise nicht sehen, dabei waren die Spuren ganz sicher frisch. Mit knappem Vorsprung vor den Wolken erreichen wir den Pass.


                      Passfoto


                      Unser weiterer Weg sieht steinig aus...

                      Auf der anderen Seite liegt wie erwartet viel Schnee. Er hat sich auf der Leeseite angelagert und fällt weiter unten steil ab. Zu steil. Zwei oder drei Steinmännchen weisen ab hier nach Osten, danach sind keine mehr erkennbar. Jetzt schlägt meine Stunde als Familienmitglied der Woche, ich werde uns sicher ins Tal bringen. „Hier will ich rutschen“, sagt Isolde an einer Stelle, die praktisch senkrecht abfällt. Panik steigt auf, ich brülle irgendwas, doch Lenja beruhigt mich. „Sie macht nur Spaß“ - aha, das klang aber nicht so. „Bitte mal einen Moment keine Sprüche, ja? Ich muss mich konzentrieren. Ihr bleibt zusammen und tretet in meine Fußstapfen!“ Vorsichtig queren wir den Hang zu einem Geröllfeld. Dann wieder auf Schnee. Doch die griffige Neuschneedecke wird immer dünner, darunter ist harter Schnee, auf dem man leicht abrutscht. Das wird mir zu heikel. „OK, hier rutschen wir! Das Gewicht möglichst weit hinten!“ Eine gute Stelle, die Hangneigung passt.



                      Die Kinder sind begeistert, aber ich denke schon an den weiteren Weg. Markierungen sind keine zu sehen, hätten hier sowieso nicht genützt. Schneefeld, Geröll, Schneefeld, Geröll, überall gleich, da können wir einfach der Nase nach laufen. Ich suche eine Route mit möglichst wenigen Übergängen zwischen weiß und grau. Ziemlich aussichtslos, da müssen wir jetzt durch. Es kracht. „Vorsicht, hier bricht man ein!“, kurz danach Isolde, fröhlich „Ich bin auch eingebrochen“ und Lenja nur „Scheiße!“ - „Nee, nur Schnee, sei froh!“


                      Blick zurück zum Pass

                      So kämpfen wir uns Stück für Stück am oberen, zugefrorenen See entlang und suchen dabei einen Zeltplatz. Auch das aussichtslos, die wenigen Stellen mit Vegetation sind steinig und uneben. Dicke Wolken schieben sich über den Pass. Es beginnt zu regnen, doch keiner von uns hat Lust stehenzubleiben und die Regenjacke herauszukramen. Stattdessen laufen wir schneller. Da hinten wächst Gras, das sieht gut aus. Noch ein Geröllfeld, ein letztes Schneefeld. Ja, hier bleiben wir, es gibt sogar einen Bach. Uff, das wäre geschafft. „Ihr wart super, macht richtig Spaß mit euch zu wandern!“

                      Als die Zelte aufgebaut und eingeräumt sind und alle sich gewaschen haben, kehrt zufriedene Erschöpfung ein. Das Abendessen muss warten, erst mal gibt es eine Runde Heißgetränke für alle.


                      Litlhånådalsvatnet, Nordende

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                      • Blahake

                        Fuchs
                        • 18.06.2014
                        • 1432
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                        #12
                        AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                        Deine Soloberichte sind ja schon immer erste Sahne. Aber mit den zwei weiblichen Hauptrollen dazu - großartig!

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                        • evernorth
                          Fuchs
                          • 22.08.2010
                          • 1828
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                          #13
                          AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                          Donnerwetter - bist du schnell! Kaum zurück und schon beginnt der Tour - Bericht. Großartig.
                          Ganz wunderbar, wie du den Clash der Generationenen so humorvoll und optimistisch beschreibst.
                          Ich behaupte bereits jetzt schon mal: Dieser Bericht wird legendär.
                          Ich freue mich auf die Fortsetzung.
                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                          • Borgman
                            Dauerbesucher
                            • 22.05.2016
                            • 724
                            • Privat

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                            #14
                            AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                            Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                            Deine Soloberichte sind ja schon immer erste Sahne. Aber mit den zwei weiblichen Hauptrollen dazu - großartig!
                            Hallo Anne,
                            schön, dass Du dabei bist! Und danke für die Blumen, ich geb sie gerne an die jungen Damen weiter.

                            Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                            Donnerwetter - bist du schnell! Kaum zurück und schon beginnt der Tour - Bericht. Großartig.
                            Ganz wunderbar, wie du den Clash der Generationenen so humorvoll und optimistisch beschreibst.
                            Ich behaupte bereits jetzt schon mal: Dieser Bericht wird legendär.
                            Ich freue mich auf die Fortsetzung.
                            Haha, legendär oder nicht, auf jeden Fall macht es Spaß, über die Tour zu schreiben.
                            Danke auch Dir, Tom.

                            Hatte mich schon gefragt, ob Du nicht schon aus Schweden zurück sein müsstest. Und? Alle Arme und Beine noch dran? Ich will ja nicht zu heftig mit dem Laternenpfahl wedeln, aber wo Du das Thema "Bericht" schon selber ansprichst... es gibt doch bestimmt einen, oder?

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                            • evernorth
                              Fuchs
                              • 22.08.2010
                              • 1828
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                              Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                              Haha, legendär oder nicht, auf jeden Fall macht es Spaß, über die Tour zu schreiben.
                              Danke auch Dir, Tom.

                              Hatte mich schon gefragt, ob Du nicht schon aus Schweden zurück sein müsstest. Und? Alle Arme und Beine noch dran? Ich will ja nicht zu heftig mit dem Laternenpfahl wedeln, aber wo Du das Thema "Bericht" schon selber ansprichst... es gibt doch bestimmt einen, oder?
                              Klar gibt es einen Bericht, aber das wird noch etwas dauern und wohl frühestens Ende September in Angriff genommen werden. ....und ja, ist noch alles dran, also Arme und Beine. Ich habe nur versehentlich die auf dem Wasser gemachten Video - Aufnahmen gelöscht Bin gerade dabei, die Aufnahmen wiederherzustellen, aber durchaus für Tipps weiterhin offen. Über eine Software-Lösung geht wohl der Weg......
                              My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                              • Borgman
                                Dauerbesucher
                                • 22.05.2016
                                • 724
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                                Montag, 08. Juli

                                Also, wahrscheinlich geht es vielen von Euch ähnlich: direkt neben so einem munteren Bergbach entspanne ich besonders gut. Ich meine jetzt nicht einen donnernden Wasserfall, gegen den man anbrüllen muss. Eher das gleichmäßige, leicht modulierende Rauschen, das einem mühelos die Gedanken aus dem Kopf heraus und mit dem Strom hangabwärts zieht. Ein Sog. Als sei der Geist von selber in stetiger Bewegung, während der Körper ausruht.

                                Mit 5°C ist es heute früh frisch, aber nicht kalt. Ich warte noch ein bisschen, bevor ich die Mädchen wecke. Beide haben gut geschlafen, sogar Isolde, dank zwei Paar Socken. Sie verkündet „Heute brauch ich einen Kaffee zum Frühstück!“, darauf Lenja mit müder Stimme „Ja, ich auch.“ Klar, kein Problem, guter Kaffee ist mein Spezialgebiet. „Gefiltert oder in die Tasse gebrüht?“ - „Egal, mit drei Süßstofftabletten.“ - „Du weißt schon, dass das gruselig schmeckt, Isolde?“ - „Nee, ich mag süß.“

                                Geschmacklich sind wir uns wirklich nicht immer einig. Deshalb war die Proviantliste auch etwas komplizierter als gewohnt. Zum Frühstück hat sie sich eine Kombination aus Proteinriegeln in unterschiedlichen Sorten ausgesucht, die nur auf den allerersten Blick harmlos wirken, ergänzt durch blanke Haselnüsse. Lenja hat bei der Vorbereitung gesagt, sie isst alles, deshalb hab ich sie für mein Lieblingsmüsli mit eingeplant: AXA Blåbær. Für den Fall, dass mir die Firma AXA für unbezahlte Werbung ein Gratispäckchen zukommen lässt, sag ich es nochmal: Das ist LECKER!

                                Gegen neun sind wir zum Aufbruch bereit, immerhin eine Stunde früher als gestern. Die Jugendlichen halten sich schlauerweise wieder hinter mir, damit ich am Rand der Schneefelder gegebenenfalls zuerst einbreche. Was auch prompt ein, zweimal passiert. Sie finden das immer wieder lustig. „Hahaha – tut mir leid, ich wollte dich nicht auslachen. Hahaha!“ Bald finden wir die Markierungen und folgen ihnen bis zu einer kleinen Hütte am Südende des Litlhånådalsvatn, Jervebua. Auf Deutsch: Vielfraßhütte. Sie ist offen. Kinderaugen leuchten „da gehen wir rein.“ Klar, wir brauchen jetzt dringend eine Hütte, schließlich sind wir schon eine halbe Stunde gewandert...


                                Litlhånådalsvatnet

                                Aber das muss jetzt sein. Erst mal die Schuhe ausziehen, dann dürfen sie rein. Isoldes Stiefel sind im Schnee ziemlich durchweicht, deshalb trägt sie heute große Gefrierbeutel über den Socken. Abgesehen vom modischen Aspekt (sie sind nicht schwarz, sondern blau) eine praktikable Lösung. Hier hat jemand übernachtet, die Hütte ist warm und perfekt ausgestattet. Drei Betten, Holz, Gaskocher, ein paar Vorräte und jede Menge Hundefutter. Ein Bett ist an bestimmten Tagen reserviert, wahrscheinlich für den Schafhalter. Deshalb auch das Hundefutter. „Nein, wir nehmen nichts von den Vorräten, Vielfraßhütte hin oder her. Ihr könnt uns ins Hüttenbuch eintragen.“ Damit sind sie für eine halbe Stunde beschäftigt, schließlich will der allererste Hüttenbucheintrag gut überlegt und mit Bildern verziert sein. „Das bist du.“ Ja, tatsächlich, man erkennt es an den Bartstoppeln, muss mich mal rasieren.

                                Bald dränge ich zum Aufbruch, denn es ist noch nicht klar wie sich das Wetter entwickelt. Falls es zu regnen anfängt, kriege ich sie gar nicht mehr nach draußen. Die Mädchen sind beide gut drauf und fit, vielleicht können wir nach den ersten Eingewöhnungstagen doch noch eine längere Tour machen, ich hätte da mehrere Varianten zur Auswahl.


                                Aufbruch von der Jervebu



                                Als wir etwas oberhalb der Hütte den richtigen Pfad gefunden haben, wird das Gelände einfacher. Und es geht bergab. Für die Mädchen Grund genug, wieder in halsbrecherischem Tempo vorauszugehen. Ab und zu drehen sie sich um, bleiben kurz mit einem betont mitleidigen Blick stehen und preschen dann weiter, wenn ich sie fast eingeholt habe. Weiter unten treffen wir dann auf die ersten Schafe.


                                Litlhånådalen


                                Blick zurück



                                Kurz vor dem finalen Abstieg nach Vakkerstøylen bietet sich ein perfekter Platz für die Mittagspause, den wir uns nicht entgehen lassen können. Unten der reißende Fluss, Sicht auf die Berge und viele Schafe in der Nähe. Isolde will unbedingt eines streicheln, hatte bislang aber noch kein Glück. „Kannst du uns bitte das Zelt aufbauen?“ Ich ahne schon, was das bedeutet. Als das Zelt steht, hat sich Lenja bereits einen Felsen zum Lesen gesucht, aber Isolde ist weg. Bestimmt am Fluss. Na, da muss ich sowieso hin, zum Wasserholen. Von Isolde keine Spur. Nach einer Weile werde ich unruhig, suche von oben das Tal ab. Auf einem Felsen am Fluss stehen ihre Stiefel, aber vom Kind ist nichts zu sehen. Wenn sie mal nicht reingefallen ist, bei dem heftigen Wasserdruck könnte sie sich wohl kaum halten.

                                Schließlich geht Lenja suchen, und kurz danach kommen die beiden angetrullert. „Könntest du freundlicherweise nächstes Mal Bescheid sagen, wenn du länger weg bleibst?“ - „Ich hab meine Füße ins Wasser gehalten, dann bin ich barfuß flussabwärts. Ist das so schlimm?“ - „Melde dich einfach kurz ab, wenn du alleine losziehst… und sei vorsichtig, ich hab keine Lust, irgendwem erklären zu müssen, warum ich mit nur einem Kind nach Hause komme.“

                                Nach dem Essen knallen sich alle für eine Stunde hin, dann beginnt es tatsächlich zu regnen. Perfektes Timing für schläfrige Jugendliche: „Bei Regen will ich nicht laufen, können wir nicht hierbleiben?“ So ganz bin ich nicht davon überzeugt, dass man diesen mäßig starken Regen unbedingt abwettern muss, versuche aber auch nur halbherzig, sie umzustimmen.

                                Langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, warum sie so viel am Fluss sitzen und mittags im Zelt schlafen müssen. Es liegt nicht daran, dass sie nicht gerne wandern, und sie langweilen sich auch kein bisschen. Sie sind auch nicht erschöpft vom anstrengenden Schuljahr, wie ich zuerst dachte. Sie genießen es einfach, für eine Woche nicht gefordert zu werden, von nervigen Eltern, sozialen Netzwerken, Pflichten aller Art, auch vom Erwachsenwerden. Sie pendeln sich gerade auf ihren seelischen Mittelpunkt ein, jede auf ihre Art und doch total einig. Umgeben von Wasser, Felsen, Strauchweiden und Schafen spüren sie ihre ureigensten Bedürfnisse, geht mir ja nicht anders. Nur ist bei mir der Bewegungsdrang vielleicht größer, oder die Freude an neuen Eindrücken… oder ich bin schon etwas abgestumpfter, könnte ja auch sein. Die Mädchen brauchen gar nicht so viele neue Eindrücke. Was wir bisher erlebt haben war schon ziemlich abwechslungsreich, sie sind noch ganz erfüllt davon.

                                Beim Nachmittagskaffee nehme ich die Karte zur Hand und überdenke noch mal die Tour. Für den günstigsten Fall hatte ich geplant, um Tunga herum ins Puttbudal zu laufen, und dann über Torsbu und die hoch gelegenen Seen östlich davon pfadlos ins Asbjørnsdal. Von Bjorli haben wir für Sonntag Vormittag eine Fahrkarte zurück. Das würde ich sehr gerne machen, besonders die pfadlose Strecke, aber dafür müssten wir jeden Tag deutlich mehr schaffen. Vielleicht ließen sich die Kinder sogar irgendwie dazu motivieren. Nein, völlig falsch. Wir sollten von Vakkerstøylen ein Stück nach Westen laufen und dann allmählich Richtung Bjorli. Vielleicht können wir am Ende noch einen Abstecher ins Asbjørnsdal machen. Für diesmal bin ich zufrieden, wenn sie einfach Spaß am Draußensein haben.



                                Dienstag, 09. Juli

                                Sehr früh wache ich auf, nach dem faulen Nachmittag brauch ich nicht so viel Schlaf. Bei 3°C ist es etwas kühl in meinem betagten Ajungilak, gerade noch nicht unangenehm. Könnte mir was überziehen, bin aber zu träge dafür. Lieber warte ich noch etwas und fange gegen sechs mit dem Kaffeekochen an. Windstille, viel Kondenswasser. Im Tal liegt Nebel, der manchmal zu uns heraufkriecht und dann wieder einen Blick auf die Berge gegenüber freigibt. Das wird ein schöner Tag.



                                Um sieben wecke ich die Mädchen und nehme Bestellungen auf (2x Kaffee), danach frühstücken wir im Zelt. Draußen ist es ihnen zu kalt. Als die Sonne über den Berg kommt, lasse ich alles stehen und liegen und schnappe mir die Kamera. Isolde ist auch schon draußen. „Komm mit raus, Lenja, Nebel, Sonne, Berge, es ist herrlich!“ - „Guck ich mir später an.“ Später? Auf den Fotos oder was? Der magische Moment hält jedenfalls kaum zehn Minuten an...









                                … dann ist er auch schon vorbei. Trotzdem ein wunderschöner Zeltplatz. Bis die Mädchen fertig gepackt haben, vergeht noch eine geschlagene Stunde. Da kann ich auch noch ein Bild vom Akto machen, das Zelt hab ich inzwischen richtig gern. Mir fällt auf, dass ich bisher noch auf keinem Foto drauf bin, deshalb bitte ich Lenja, mal eines zu machen.





                                Wir folgen also weiter dem Pfad ins Tal und biegen an der Brücke nach Westen ab. Mein Plan für eine verkürzte Tour wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen. Isolde versucht mit Engelsgeduld die Schafe zu locken, aber die Viecher sind scheu.




                                Hånådalselva von der Brücke aus


                                Trollstølen

                                Für ein kurzes Stück geht es am Ulvådalsvatn entlang, danach windet sich der Pfad durch Wald und Moor am Hang der Velsbjørnegga zum nächsten Quertal. Was auf der Karte recht eben aussieht, ist in Wirklichkeit ein ständiges Auf und Ab, teils steinig. Gutes Wadentraining. Vielleicht ist es das was Isolde stört oder sie hat einen schlechten Tag, jedenfalls läuft sie bald weit voraus, bis Lenja und ich kaum noch hinterherkommen. Wenn sie mies drauf ist, will sie immer allein sein. Mir gefällt das Tal, deshalb bin ich doch etwas überrascht als sie auf uns wartet und dann verkündet: „Hier ist es nicht schön.“ Na ja, das finde ich ungerecht. Um ehrlich zu sein bin ich ein bisschen angefressen von ihrer Bemerkung und auch davon, dass sie alleine so weit vorausrennt. Krach liegt in der Luft, aber so weit will ich es nicht kommen lassen. „OK, dann bist du jetzt dafür verantwortlich, dass wir einen schönen Weg gehen. Bitte, was machen wir?“ Auch nicht ganz gerecht. Ich rudere ein Stück zurück. „An der nächsten Weggabelung entscheiden wir gemeinsam, wo es hingeht.“ Ist nicht mehr weit. Ein Pfad führt nach Norden zum Børrebotn, der andere weiter ins Grøndal. Sie wollen den kürzesten Weg zum nächsten See, also Børrebotn. Gut, dann schauen wir uns den mal an.

                                Nach einer kurzen Müsliriegelpause laufen wir die zwei Kilometer bis zum See wieder in bewährter Manier, die Mädchen voran, ich hinterher. Hat sich Isoldes Laune also gebessert. Auf der kurzen Strecke wird es immer steiniger, und der See sieht dann etwas anders aus, als wir es uns so wenige Höhenmeter über dem grünen Tal vorgestellt hatten.





                                Børrebotnen

                                Geeignete Zeltplätze werden wir hier nicht finden, aber für eine lange Mittagspause ist es perfekt. Sauberer Schnee für Slush-Eis, eine reiche Auswahl an Lesefelsen, und die Sonne kommt auch wieder durch. Inzwischen kenne ich meine Pflichten und suche eine möglichst unhubbelige Stelle für das Mittagsschlaf-Zelt, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Nach dem Mittagessen darf jeder nach Herzenslust herumgammeln, Isolde verzieht sich in das überhitzte Zelt, Lenja liest, ich schlumpfe ein bisschen durch die Gegend und dämpfe meine Lust, über den nächsten Pass zum Ilstigvatn zu gehen. Wäre bestimmt cool da… seufz!

                                Später am Nachmittag beschließen wir, auf der anderen Talseite ein Stück zurückzugehen. Jetzt können die Mädchen mal selber eine gute Furtstelle suchen und sich pfadlos durchs Gelände schlagen, das macht ihnen bestimmt Spaß. „Klar, ist doch total einfach!“ An der Børrebottelva warten sie kurz, um mir die richtige Stelle zu zeigen, dann sprinten sie los. Versteht sich von selbst, dass sie die Herausforderung mühelos bestehen.

                                Inzwischen ist es richtig warm geworden, für meinen Geschmack schon ein bisschen zu warm. Da kommt mir der einsetzende Regen gerade recht. Wieder verschwenden wir keinen Gedanken an Regenzeug, zumal wir schon auf der Zielgeraden sind. Am Talausgang finden sich prima Zeltplätze. Wir bauen schnell unsere Behausungen auf und sitzen bald im Trockenen. Nur hält der Regen nicht lange an, er bringt auch kaum Abkühlung. Nach der Waschaktion kommt die Sonne wieder durch, was die seltsamen Jugendlichen allerdings nicht davon abhält, im brütend heißen Zelt schon mal die Schlafsäcke auszuprobieren. Na ja, jedem das Seine. Ich atme erst auf, als die Sonne gegen acht hinter dem Berg verschwindet und beginne dann mit den Vorbereitungen fürs Abendessen. Isolde gesellt sich dazu.

                                Was angesichts der omnipräsenten Leserin Lenja kaum auffällt: Isolde hat auch ein Buch dabei, eins aus Papier, auf Englisch, um ihr Sprachgefühl zu verbessern. „The Wonderful Wizard of Oz“, und irgendwie erinnert sie mich, als sie sich so beim Kochen neben mir ins enge Akto quetscht, ganz stark an die...


                                ...Wicked Witch of the West…

                                …muss wohl an der Frisur liegen.

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                                • sloth-power
                                  Neu im Forum
                                  • 25.07.2019
                                  • 7

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                                  Das ist ein sehr schön geschriebener Bericht und eine landschaftlich gut ausgewählte Tour.
                                  Mach bitte weiter so!

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                                  • littlefoot
                                    Gerne im Forum
                                    • 08.08.2006
                                    • 57
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                                    Oh, wie schön, ein Reisebericht von Borgman. Da hefte ich mich doch auch gleich an.
                                    Toll geschrieben! Wann geht es weiter?

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                                    • Borgman
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                                      • 22.05.2016
                                      • 724
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                                      Zitat von sloth-power Beitrag anzeigen
                                      Das ist ein sehr schön geschriebener Bericht und eine landschaftlich gut ausgewählte Tour.
                                      Mach bitte weiter so!
                                      Danke, ich geb mir Mühe!

                                      OT: "Sloth power", Dein Nickname hätte auch ein gutes Motto für unsere Tour abgegeben , zumal die Mädchen sogar einen Stoffbeutel mit Faultieraufdruck dabei hatten. Ich finde, das Faultier hat bei uns zu Unrecht einen schlechten Ruf... manchmal findet man die Kraft zum Weitergehen einfach nur in einem ausreichenden Maß an Untätigkeit...

                                      Zitat von littlefoot Beitrag anzeigen
                                      Oh, wie schön, ein Reisebericht von Borgman. Da hefte ich mich doch auch gleich an.
                                      Toll geschrieben! Wann geht es weiter?
                                      Danke auch Dir! Momentan hab ich viel Arbeit, aber am Wochenende schaffe ich bestimmt den nächsten Teil.

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                                      • Borgman
                                        Dauerbesucher
                                        • 22.05.2016
                                        • 724
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [NO] Supert! Hill & Chill im Tafjordfjell

                                        Mittwoch, 10. Juli

                                        „Jetzt haben wir doch richtig viel Zeit, oder?“ - „Eigentlich ja, wieso? Wollt ihr eine Extrarunde laufen?“ - „Nee, wir brauchen mal einen ganz freien Tag. Also können wir heute einfach hier bleiben?“ Hmm, das passt mir ehrlich gesagt nicht so gut, ich würde lieber noch ein Stück nach Westen laufen und dann vielleicht pfadlos auf der Südseite des Ulvådals zurück. Außerdem sieht es wieder nach einem sonnigen Tag aus, den verplempert man doch nicht ohne Grund. „Du kannst ja alleine eine Wanderung machen, jeder macht einfach, was er will. Für uns ist das auch Urlaub.“ Dagegen kann ich gar nicht viel sagen. Dann soll es eben so sein.

                                        Isolde ist irgendwie angespannt, ähnlich wie gestern. Nach dem Frühstück verschwindet sie ziemlich schnell für einen Spaziergang. Lenja ist milde irritiert von Isoldes unzugänglicher Art, hat aber noch ein gutes Buch auf ihrem Lesegerät und zieht sich zurück. OK, wenn jetzt Vereinzelung angesagt ist, laufe ich auch eine Runde.




                                        Grøndalen talaufwärts...


                                        … und talabwärts

                                        Dabei treffe ich Isolde, die noch nicht recht weiß, was sie machen will. Sie will nur allein sein. Eine Viertelstunde später sehe ich sie auf dem größten Felsen am Hang sitzen. Ich brülle noch, dass sie aufpassen soll, das sieht nicht ganz ungefährlich aus. Anscheinend hat sie verstanden, jedenfalls brüllt sie was zurück. Da sitzt sie:



                                        Als ich wieder bei den Zelten ankomme, ist es schon richtig warm. Kein Schatten weit und breit. Da kriege ich jetzt schon Kopfschmerzen, wenn ich an den Nachmittag denke. Ob wir nicht wenigstens auf die andere Talseite wechseln können, wo es ein paar Bäume gibt? Ich verhandele erst mal mit Lenja, sie verträgt nämlich die pralle Sonne auch nicht so gut. „Klar, machen wir.“ - das ging schnell. Während wir also auf Isolde warten, um ihr unsere Umzugspläne mitzuteilen, baue ich mir aus den Stöcken und allen größeren Kleidungsstücken einen Baldachin, unter dem ich meinen Vormittagskaffee einzunehmen gedenke.

                                        Später, viel später, kommt Isolde dann endlich von ihrem einsamen Felsen herunter, und wir können zu einem Erkundungsgang aufbrechen. Dabei rede ich mal kurz allein mit ihr, ob es ihr noch gut geht bei unserer Tour, ob wir was ändern müssen. Aber sie brauchte wohl tatsächlich nur eine Zeit für sich, vielleicht war es ihr einfach zu eng zu zweit im Zelt. Könnte ich irgendwie verstehen, ich mag es ja auch, mit meinem ganzen Gerappel allein zu wohnen. Jedenfalls beim Wandern.

                                        Dann kommen wir bei der Brücke an, wo Isolde gleich die Schuhe auszieht und ans Wasser geht. Lenja und ich suchen weiter oben einen Zeltplatz. Ich frage auch sie, ob sie sich wohlfühlt, selbst wenn Isolde manchmal was alleine macht. Ja klar, sie versteht Isolde und ist nicht sauer deswegen. Hätte ich mir denken können, die beiden sind seit der Grundschule befreundet und hatten über die Jahre auch schon so ihre Reibereien. Wahrscheinlich bin ich einfach nur überbesorgt.



                                        Es ist schon Mittag, als wir mit vollem Gepäck zum zweiten Mal über die Brücke laufen. Isolde hat einen Plan. Sobald das große Zelt steht, wird sie selber einen extraleckeren Kakao kochen und sich damit bei Lenja entschuldigen. Ich darf nicht direkt dabei sein, halte mich aber in der Nähe, falls sie ein Problem mit dem Kocher hat. Eine Viertelstunde später liegen die beiden sich in den Armen, scheint ja alles geklappt zu haben.

                                        Bei der ganzen Sorge um den Zusammenhalt in der Gruppe habe ich vorhin ein kleines Detail übersehen. An diesem Platz gibt es zwar ein paar vereinzelte Birken, also auch den ersehnten Schatten, aber leider auch eine Menge Ameisen. Richtig fiese, die sofort alles erklettern und angreifen, was sich ihnen in den Weg stellt. In diesem Fall meine nackten Füße in den Sandalen. Nach den ersten ca. 15 Bissen ziehe ich missmutig meine Stiefel wieder an. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Die nächste halbe Stunde verbringe ich vollkommen erfolglos damit, einen alternativen Platz zu suchen. Die Biester sind überall, nur das Kinderzelt bleibt seltsamerweise verschont. Mein Antrag auf Rückverlegung unseres Camps auf die andere Talseite wird dann auch mit verständnislosem Blick abgelehnt. „Nö, warum? So viele Ameisen sind hier nicht. Du wolltest doch hierher.“ Die Kinder sind sich wieder sehr einig.

                                        Ich bin ganz kurz davor, meine Trumpfkarte auszuspielen, nämlich meine Autorität als Koch und Herrscher über die Tütenessen, entscheide mich aber dagegen. Heute muss nicht noch ein Streit ausbrechen. Um die aufkommende Langeweile zu bekämpfen, gehe ich ein bisschen kreuz und quer den Hang hoch, folge den zahlreichen Schafpfaden.









                                        Der lange Spaziergang hat meine Laune schon um mehrere Grade verbessert, ein erfrischendes Bad im Fluss wäre jetzt genau passend. Da kommen die Mädchen gerade her. Sie können tatsächlich Stunden am Wasser verbringen, besonders Isolde. Ich hätte ja vermutet, dass ihnen dabei irgendwann langweilig wird, aber tatsächlich erholen sie sich gerade richtig gut.


                                        Donnerstag, 11. Juli

                                        Für heute haben wir verabredet, dass wir früh aufbrechen, solange es noch nicht so warm ist. Aber was heißt schon früh? Als ich gegen sechs aus dem Zelt krieche ist eigentlich der perfekte Zeitpunkt. Wolkenlos blauer Himmel bei 3°C, bald kommt die Sonne über den Berg. Die Ameisen sind noch nicht aktiv, genauso wenig wie die Kinder. Gestern Abend haben sie noch lange angeregt geredet, bestimmt bis Mitternacht. Um sieben muss es dann aber reichen, ich wecke sie mit Kaffee, stelle das Müsli hin und koche mir auch noch einen.





                                        Mein Drängeln beeindruckt die Mädchen allerdings nur minimal. In der Sonne ist es schon ziemlich warm, als wir gegen neun endlich abmarschbereit sind. Ob wir einen anderen Weg zurück gehen können, fragt Isolde. „Wieso?“ - „Da gab es überall Spinnen, so schnelle schwarze, hast du die nicht gesehen? Bei jedem Schritt mindestens drei. Deshalb war ich auch so schlecht drauf beim Hinweg. Ich mag keine Spinnen.“ Das ist mir jetzt neu, ich hab keine Spinnen bemerkt, obwohl ich sie auch nicht besonders liebe. „Klar, wir können pfadlos auf der Südseite gehen, da gibt es bestimmt auch mehr Schatten.“ - „Ist das ein Umweg?“ - „Nur ein paar Kilometer, wenn wir die Brücke nehmen, zum Furten ist der Fluss wahrscheinlich etwas heftig.“ - „Nee, dann lieber den Pfad.“

                                        Und schon sprinten sie los, kennt man ja, als wollten sie die verdaddelte Zeit wieder aufholen oder, in Isoldes Fall, so schnell laufen, dass sie im Vorbeiflug keine Achtbeiner wahrnehmen kann. Was nur bedingt funktioniert. „Da sind doch die Spinnen, seht ihr?“ Ja, und immer noch verdammt viele Ameisen. Dann sind die beiden verschwunden, bis ich schon ziemlich durchgeschwitzt die Brücke über die Bjørnaelva erreiche. Erfrischungspause!


                                        Høgtunga






                                        Trollstølen



                                        Kurze Zeit später treffen wir uns wieder an der kleinen Hütte Trollstølen, wo sie versuchen, die Schafe zu locken. Wieder erfolglos. Jetzt ist es nicht mehr weit bis Vakkerstøylen, nur noch ein bisschen auf und ab am Hang und über die Brücke. Hier trete ich versehentlich auf Isoldes Sonnenbrille, die sie zum Trinken abgelegt hat. Zum Glück nichts Schlimmes passiert, nur der Bügel hat einen kleinen Riss. Isolde nimmt es gelassen.


                                        Ulvådalsvatnet


                                        Kurz vor Vakkerstøylen

                                        An der Hütte treffen wir tatsächlich auf die ersten Menschen dieser Tour, zwei sehr nette Norweger. Plötzlich werden die beiden sonst so selbstsicheren Mädchen zu scheuen Hühnern und schicken mich vor. Nach dem ersten Woher und Wohin und Wo-kommt-ihr-her tauen sie aber doch noch auf und erzählen etwas. Die aktuelle Vorhersage bekommen wir natürlich auch: das warme Sommerwetter hält weiter an.

                                        An der Bootshütte beratschlagen wir. Nicht, dass die Variante mit dem Ruderboot über den See und dann über den Berg zur Pyttbua eine ernsthafte Option wäre. Aber wir sind jetzt zwei Stunden unterwegs und könnten vor der Pause noch was schaffen. Ab jetzt geht es immer mehr oder weniger nah am Seeufer entlang, meist in der prallen Sonne.





                                        Nach einer weiteren Stunde erreichen wir Langodden, eine Landzunge mit kleinem Sandstrand, die mir schon auf den Luftbildern aufgefallen war. Gute Badestelle, wir brauchen alle Abkühlung, hier bleiben wir. Allerdings, ganz frei von Ameisen ist es hier auch nicht. Die beherrschen wirklich die ganze Talseite, ich kann mich nicht erinnern, auf einer Wanderung mal so viele Ameisen gesehen zu haben. Na, für ein paar Stunden wird es schon gehen, und für die Nacht hoffen wir auf einen weniger lebhaft wuselnden Platz.

                                        Inzwischen sind Wolken aufgezogen, aber es bleibt drückend warm. Kein Grund, auf das Heißgetränk nach dem Baden zu verzichten. Die Pause zieht sich, Lenja hat keine rechte Lust zum Weiterlaufen, sie lässt sich nur mit Mühe überreden. Als wir 16:00 Uhr dann doch endlich aufbrechen, flitzen meine beiden Bergziegen gar nicht so weit voraus wie gewohnt. Der Grund: hier sind einige Wanderer mit Tagesrucksäcken unterwegs, und falls die reden wollen, dann soll ich das bitteschön machen. Aber sie wollen alle nur grüßen, und das können die Mädchen schon selber, sogar auf Norwegisch…
                                        „Hei!“ - „Hei hei!“


                                        Wir nähern uns dem Ende des Ulvådalsvatnet



                                        Schafe, Wanderer, Ameisen, soweit ganz normal, nur gibt es immer noch keine Mücken. Für uns eher angenehm, für die Vögel bestimmt ein Problem. Das reimt sich, also ist es wahr… aber wer kennt heute überhaupt noch Pumuckl… kann ich mich noch an irgendwelche Reime von dem rothaarigen Kobold erinnern? Auf dem einfachen Pfad muss man kaum auf die Füße achten, da treiben die Gedanken ganz von selbst mal hierhin, mal dorthin. Und schon stehen wir vor der Brücke. Da geht es zum Parkplatz Tunga, da kommen die Tageswanderer her. Eigentlich müssen wir nicht weiterlaufen, schließlich haben wir noch zwei volle Tage zur Verfügung, das reicht sogar noch für einen Abstecher.

                                        Wir lassen die Rucksäcke stehen. Isolde läuft sofort zum Fluss, Lenja hat schon ihren Kindle rausgekramt, und ich erkunde die Gegend, um einen wirklich guten Zeltplatz zu suchen. Erst mal hier, dann auf der anderen Flussseite und schließlich auf der Nordseite ein Stück flussabwärts. Da ist er, der perfekte Platz. Eben, schattig, übersichtlich, ameisenfrei, mit Zugang zum Wasser. Ein Traum!



                                        Als die Kinder sich eingerichtet haben, wasche ich erst mal großzügig Sachen, bei dem schweißtreibenden Wetter darf man kein T-Shirt zweimal anziehen. Isolde baut ein Steinmännchen am wild schäumenden Fluss (hoffentlich denkt niemand, dass hier die offizielle Furtstelle ist), und Lenja… na ja, Lenja hat eben ein spannendes Buch.





                                        Kleiner Nachteil: wenn man nicht direkt nebeneinander steht, kann man sich kaum verständigen, so laut donnert der Fluss. Andererseits ist die Kraft des Wassers faszinierend, ich kann lange dasitzen und die Strömung betrachten. Die Gedanken strömen dabei genauso schnell, sie sind kaum im Einzelnen zu erfassen, nichts bleibt hängen, nichts ist wichtig. Nach dem Abendessen soll ich noch ein Foto von Isoldes Kunstwerk machen, das hätte sie auch früher sagen können, als es noch sonnig war. Egal, hier ist es:



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