AW: [FI] Über die Fjälls in Lappland: Vom Wandern und Schreiben
Freitag 12. Juli 2019: Über die sieben Berge...
Wir schlafen lange und fest. Die Sonne scheint auch am Morgen noch fleißig und das gibt uns Hoffnung, auch wenn der Wind hier ganz schön launig über die Anhöhe pustet. Aber im Windschatten der Feuerstelle gibt es erst mal ein nettes Frühstück. Dann packen wir ein und laufen los.
Wohin gehen wir heute? Wir könnten zu der Hütte mit dem unaussprechlichen Namen wandern: Muorravaarakanruoktu. Der Weg dorthin am Anterin entlang soll schön sein. Aber wir haben keine Lust auf Muorravaaraka, wir kennen die Hütte schon von vor drei Jahren. Und ich persönlich habe auch von den Fjälls noch immer nicht genug. Ich will nicht am Fluss entlang laufen, ich will hoch hinaus in die Freiheit der Berge und mir den dreisten Wind um die Nase pusten lassen. Also peilen wir zunächst eine wilde Feuerstelle an, die Stef letztes Jahr auf seiner Solotour entdeckt und für höchst romantisch befunden hatte.
So machen wir es! Kurz vor dem Start diskutieren wir mit dem Pferdeschwanz-Helden noch einmal (wie gestern Abend bereits) die Sauna-Fee. Hier im Tal haben wir sowieso kein Netz, da ist an Bezahlung nicht zu denken. Ihr müsst Euch bei Telia anmelden, rät uns der Finne, oder hoffen, dass Euer Telefon Telia als Netzanbieter aussucht. Irgendwo, wo Ihr Netz habt, dann müsste es eigentlich klappen. Also gut, dann versuchen wir das. (Um es hier gleich vorweg zu greifen, das Thema scheint ja im Forum von Interesse zu sein: wir schaffen es nie von unterwegs und erledigen das dann in Kiilopää. Eine Kasse des Vertrauens wäre hier vielleicht angebrachter?). Also los jetzt, es ruft uns der Weg. Wir laufen zunächst den Wanderweg Richtung Muorravaaraka, der sich liebreich und sonnig am Fluss entlang schlängelt.
Nach drei Kilometern verlassen wir die finnische Lieblichkeit und steigen hinauf in die finnische Rauheit. Über die Obstbaumwiesen geht es stetig bergan, bis wir irgendwann auf dem nackten Heidekraut laufen.
Aufstieg ins Blaue
Warten ohne den Rucksack abzusetzen. Die hohe Kunst. :-)
Mit freundlichen Grüßen: Euer Winter. P.S. Ich komme wieder.
Oben angekommen, müssen wir uns erst mal setzen. Auch wegen der atemberaubenden Aussicht, mit der wir hier wieder begrüßt werden. Der Wind bläst wie immer kräftig und eisig. Wir ziehen uns Handschuhe und eine zweite Jacke an. Dann sitzen und staunen wir.
Bzw. liegen und staunen.
Unser Abstiegspunkt aus dieser Bergkette, liegt faktisch genau gegenüber, seitlich des Anteripää an einem Joch zum nächsten Hügel. Wir könnten mittig den Talkessel durchqueren und auf der anderen Seite wieder nach oben laufen – aber ich habe keine Lust darauf. Das sind mir zu viele Höhenmeter, ich will lieber hier oben bleiben. Mein Vorschlag daher an Stef: Wir laufen wie Schneewittchen auf den sieben Bergen einmal um den Talkessel herum, bis wir auf der anderen Seite den Anteripää erreichen. Dort steigen wir wieder hinab ins Tal. Du hast wohl von Kraft geträumt, meint Stefan zu mir. Ja, hab ich! Jetzt lass es uns wenigstens erst mal versuchen, auf diesen putzigen Gipfeln rumzuturnen.
Also los! Wir wagen die Umrundung. Auch wenn wir die Gipfel nicht direkt überschreiten, sondern meist höhenmetersparend etwas unter-gipfelig umwandern.
Der Wind pustet immer noch ziemlich extrem, als hätte er sich’s zum Spiel gemacht, uns kleine Kraftmeier von seinen Wipfeln herunterzufegen. Das macht die Schneewittchen-Tour schon wesentlich anstrengender als anfangs erträumt. Auch die putzigen Gipfel erweisen sich bei genauerer Betrachtung als weit weniger putzig. Ich habe diese irre Weite stark unterschätzt. Ein Hügel grenzt nicht unbedingt nahtlos an den anderen, wie man aus großer Distanz vermutet. Die oftmals recht tiefen Einkerbungen zwischen den Bergen kennen wir ja schon, aber dann gibt es noch diverse Bodenwellen, die man von Weitem als solche gar nicht erkennt. In der Nähe entpuppen die sich als kleinere Extra-Einzel-Hügel, die man entweder umlaufen oder übersteigen muss. Und Schneewittchen läuft über die 107 Berge…
Aber zumindest Geröll gibt‘s es hier Gottseidank erst mal nicht, sodass wir trotz aller Unwägbarkeiten, recht gut vorankommen. Immer Schritt für Schritt kämpfen wir uns voran, bis zu jenem Sattel, und dann weiter bis zu diesem Zwischenhügel, und dann immer noch weiter bis zu jenem großen Felsblock da.
Stef ist schon fast auf dem Sattel.
Manche Strecken schätze ich auf 20 Minuten Wegzeit ein, aber wir brauchen ne Stunde dafür. Das also ist das Fjäll. Es ist gigantisch. Die Aussicht ist grandios. In seiner rau-wilden Windigkeit ruft das alles in mir eine Art trotzigen Kampfesmut hervor: Du nicht, gräulicher Nordwind, Du pustest mich nicht vom Berge hinab! Am spannendsten aber ist immer jener Moment, wo ich endlich den Gipfel oder den Sattel erreiche und voller Freude ins Nachbartal blicken kann. Schon als Kind wollte ich immer wissen, was hinter den Bergen liegt, jetzt kann ich das endlich mehrfach erfahren. Was für ein tolles Gefühl.
Wir kämpfen uns wacker voran und erreichen alsbald den letzten Sattel vor dem Anteripää. Der Blick zurück lässt mich schaudern. Da drüben sind wir losgelaufen. Sieht aus, als könnte man diesen Weg eben mal locker in 30 Minuten zurücklegen.
Kein bisschen lassen die sanften Wellenhügel von hier aus betrachtet erahnen, wie hart sie erkämpft und erklommen wurden. Wir sind ziemlich erschöpft, wir brauchen dringend ne Pause. Der Wind pfeift mit Schwung über den Sattel. Im näheren Umkreis entdecken wir nichts, das uns irgendwie schützen könnte. Keine Kuhle, in die wir uns kauern können, kein größerer Stein, hinter dem man dem Sturm entkommt.
Das Steinmännchen ist leider zu klein.
Also türmen wir kurzerhand unsere Rucksäcke zu einer winzigen Mauer auf und legen uns einfach dahinter.
Zur Stärkung gibt es Beef Jerky und Walnüsse. Dann aber müssen wir weiterziehn, denn der Durst treibt uns ins Tal.
Stef guckt ausnahmsweise mal nicht nach Vögeln, sondern nach dem Weg.
Eine Weile laufen wir auf dem Sattel entlang, dann wird uns das zu geröllig und wir steigen kurzzeitig hinab in etwas tiefere Lagen, wo weniger Steine sind.
Oben lang wird uns bald zu mühselig.
Hier umturnen wir flugs den Gipfel des Anteripää, steigen dann wieder höher hinauf bis zum nächsten Sattel, wo wir den Abstieg beginnen. Wenn wir hier relativ grade herunterlaufen, dürften wir so ziemlich genau auf eine Feuerstelle am Ufer des Muorravaraakanjoki treffen. Der Blick ins Muorravaarakatal ist großartig. An der Bergkette gegenüber erkennt man das Teufelsjoch.
Das haben wir vor drei Jahren von Sarvioja kommend durchquert.
Von etwas weiter unten erkennt man es besser.
Der Abstieg ist mindestens ebenso anstrengend wie der Aufstieg. Es geht relativ steil hinab, Hagens Dolchstoß terrorisiert mich schon wieder im Schulterblatt. Der erste ernstzunehmende Wasserlauf ist deshalb unser. Wir pausieren länger hier, essen Schokolade und trinken uns satt. Erst dann gibt es Kaffee und unsere Knäckebrote, die wir fortan die Verpuffungsmahlzeit nennen.
So! Der richtige Abstieg kann jetzt beginnen. Nach der längeren Pause kommen wir gut voran. Bald schon erreichen wir wieder den finnischen Märchenwald. Nach der rauen Wildheit von eben, bin ich schon wieder total beeindruckt von der hiesigen Lieblichkeit. Nichts hartes liegt hier in der Luft. Alles ist weich und fließend, üppig und grün. Chlorophyll-Explosion im Tal. Wer sich hier ein Haus baut, baut sich nirgendwo anders mehr eins.
Chlorophyll-Explosion im hohen Norden
Wir finden die Feuerstelle (Akanhärkäkuru) sofort, nutzen sie aber nur, um unsere Wanderschuhe gegen die Crocs auszutauschen. Dann queren wir flugs den Muorravaarakajoki. Drüben am anderen Ufer lassen wir unsere Füße einfach in der Sonne trocknen.
Zerschredderte Füße, aber wenigstens ordentlich angemalt.
Etwas feucht-sumpfig geht es gleich darauf weiter, aber es ist Gottseidank nicht so schlimm, dass wir unsere Watstrümpfe brauchen. Wir suchen den Weg zu Stefans romantischer Feuerstelle und finden ihn schnell. Sie liegt etwas höher in der Obstbaumwiesenzone am Ufer des… vermutlich ist das noch immer der Muorravaarakjoki, so genau kann man das auf der Karte nicht erkennen. Es ist langsam Abend geworden. Im Schatten der umliegenden Berge kraxeln wir friedlich wieder nach oben, immer dem großen Sokosti entgegen. Die Feuerstelle ist verwaist. Die Holzbänke um den kreisrunden Herd zersplittern bereits und modern fleißig. Holz gibt es keins. Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, aber weiterlaufen ist jetzt nicht mehr. Stef weist nur stumm auf die Gegend ringsrum. Ja, bis auf die lottrige Feuerstelle ist der Platz ausnehmend zauberhaft. Etwas weiter oben finden wir eine zweite, kleinere Feuerstelle mit ein paar toten Ästen daneben. Wir betrachten das als Einladung. Also ist es beschlossen, hier bleiben wir. Stef baut das Zelt auf, ich fange an, das Essen zu kochen. Wir entfachen ein winziges, aber dennoch sehr tröstliches Mückenschutz-Feuerlein und essen froh unser Wandererfood.
Dann beraten wir den morgigen Tag. Bisher haben wir uns von Neugier und netten Gelüsten treiben lassen. Jetzt wird es Zeit, der Reise ein bisschen Struktur zu geben. Denn langsam müssen wir zusehen, rechtzeitig wieder nach draußen zu kommen. Der Pausentag im Park wird vermutlich unseren launischen Fjäll-Eskapaden zum Opfer fallen. Wir müssen jeden Tag laufen, um wenigstens noch einen freien Tag in Kiilopää zu haben, den wir mit Chillen, Essen und Klamottenwaschen verbringen wollen. Und da wir zunächst erneut wieder über die Berge müssen, werden wir auch morgen kaum Strecke schinden. Also: erst mal Luirojärvi. Wir wollten den zwar umgehen, doch als erste Station soll er uns dienen. Und je nach Verfassung dann eben als Zwischenstation. Wir packen zusammen und verschwinden ins Zelt. Schreiben? Ist heut nicht mehr.
Freitag 12. Juli 2019: Über die sieben Berge...
Wir schlafen lange und fest. Die Sonne scheint auch am Morgen noch fleißig und das gibt uns Hoffnung, auch wenn der Wind hier ganz schön launig über die Anhöhe pustet. Aber im Windschatten der Feuerstelle gibt es erst mal ein nettes Frühstück. Dann packen wir ein und laufen los.
Wohin gehen wir heute? Wir könnten zu der Hütte mit dem unaussprechlichen Namen wandern: Muorravaarakanruoktu. Der Weg dorthin am Anterin entlang soll schön sein. Aber wir haben keine Lust auf Muorravaaraka, wir kennen die Hütte schon von vor drei Jahren. Und ich persönlich habe auch von den Fjälls noch immer nicht genug. Ich will nicht am Fluss entlang laufen, ich will hoch hinaus in die Freiheit der Berge und mir den dreisten Wind um die Nase pusten lassen. Also peilen wir zunächst eine wilde Feuerstelle an, die Stef letztes Jahr auf seiner Solotour entdeckt und für höchst romantisch befunden hatte.
So machen wir es! Kurz vor dem Start diskutieren wir mit dem Pferdeschwanz-Helden noch einmal (wie gestern Abend bereits) die Sauna-Fee. Hier im Tal haben wir sowieso kein Netz, da ist an Bezahlung nicht zu denken. Ihr müsst Euch bei Telia anmelden, rät uns der Finne, oder hoffen, dass Euer Telefon Telia als Netzanbieter aussucht. Irgendwo, wo Ihr Netz habt, dann müsste es eigentlich klappen. Also gut, dann versuchen wir das. (Um es hier gleich vorweg zu greifen, das Thema scheint ja im Forum von Interesse zu sein: wir schaffen es nie von unterwegs und erledigen das dann in Kiilopää. Eine Kasse des Vertrauens wäre hier vielleicht angebrachter?). Also los jetzt, es ruft uns der Weg. Wir laufen zunächst den Wanderweg Richtung Muorravaaraka, der sich liebreich und sonnig am Fluss entlang schlängelt.
Nach drei Kilometern verlassen wir die finnische Lieblichkeit und steigen hinauf in die finnische Rauheit. Über die Obstbaumwiesen geht es stetig bergan, bis wir irgendwann auf dem nackten Heidekraut laufen.
Aufstieg ins Blaue
Warten ohne den Rucksack abzusetzen. Die hohe Kunst. :-)
Mit freundlichen Grüßen: Euer Winter. P.S. Ich komme wieder.
Oben angekommen, müssen wir uns erst mal setzen. Auch wegen der atemberaubenden Aussicht, mit der wir hier wieder begrüßt werden. Der Wind bläst wie immer kräftig und eisig. Wir ziehen uns Handschuhe und eine zweite Jacke an. Dann sitzen und staunen wir.
Bzw. liegen und staunen.
Unser Abstiegspunkt aus dieser Bergkette, liegt faktisch genau gegenüber, seitlich des Anteripää an einem Joch zum nächsten Hügel. Wir könnten mittig den Talkessel durchqueren und auf der anderen Seite wieder nach oben laufen – aber ich habe keine Lust darauf. Das sind mir zu viele Höhenmeter, ich will lieber hier oben bleiben. Mein Vorschlag daher an Stef: Wir laufen wie Schneewittchen auf den sieben Bergen einmal um den Talkessel herum, bis wir auf der anderen Seite den Anteripää erreichen. Dort steigen wir wieder hinab ins Tal. Du hast wohl von Kraft geträumt, meint Stefan zu mir. Ja, hab ich! Jetzt lass es uns wenigstens erst mal versuchen, auf diesen putzigen Gipfeln rumzuturnen.
Also los! Wir wagen die Umrundung. Auch wenn wir die Gipfel nicht direkt überschreiten, sondern meist höhenmetersparend etwas unter-gipfelig umwandern.
Der Wind pustet immer noch ziemlich extrem, als hätte er sich’s zum Spiel gemacht, uns kleine Kraftmeier von seinen Wipfeln herunterzufegen. Das macht die Schneewittchen-Tour schon wesentlich anstrengender als anfangs erträumt. Auch die putzigen Gipfel erweisen sich bei genauerer Betrachtung als weit weniger putzig. Ich habe diese irre Weite stark unterschätzt. Ein Hügel grenzt nicht unbedingt nahtlos an den anderen, wie man aus großer Distanz vermutet. Die oftmals recht tiefen Einkerbungen zwischen den Bergen kennen wir ja schon, aber dann gibt es noch diverse Bodenwellen, die man von Weitem als solche gar nicht erkennt. In der Nähe entpuppen die sich als kleinere Extra-Einzel-Hügel, die man entweder umlaufen oder übersteigen muss. Und Schneewittchen läuft über die 107 Berge…
Aber zumindest Geröll gibt‘s es hier Gottseidank erst mal nicht, sodass wir trotz aller Unwägbarkeiten, recht gut vorankommen. Immer Schritt für Schritt kämpfen wir uns voran, bis zu jenem Sattel, und dann weiter bis zu diesem Zwischenhügel, und dann immer noch weiter bis zu jenem großen Felsblock da.
Stef ist schon fast auf dem Sattel.
Manche Strecken schätze ich auf 20 Minuten Wegzeit ein, aber wir brauchen ne Stunde dafür. Das also ist das Fjäll. Es ist gigantisch. Die Aussicht ist grandios. In seiner rau-wilden Windigkeit ruft das alles in mir eine Art trotzigen Kampfesmut hervor: Du nicht, gräulicher Nordwind, Du pustest mich nicht vom Berge hinab! Am spannendsten aber ist immer jener Moment, wo ich endlich den Gipfel oder den Sattel erreiche und voller Freude ins Nachbartal blicken kann. Schon als Kind wollte ich immer wissen, was hinter den Bergen liegt, jetzt kann ich das endlich mehrfach erfahren. Was für ein tolles Gefühl.
Wir kämpfen uns wacker voran und erreichen alsbald den letzten Sattel vor dem Anteripää. Der Blick zurück lässt mich schaudern. Da drüben sind wir losgelaufen. Sieht aus, als könnte man diesen Weg eben mal locker in 30 Minuten zurücklegen.
Kein bisschen lassen die sanften Wellenhügel von hier aus betrachtet erahnen, wie hart sie erkämpft und erklommen wurden. Wir sind ziemlich erschöpft, wir brauchen dringend ne Pause. Der Wind pfeift mit Schwung über den Sattel. Im näheren Umkreis entdecken wir nichts, das uns irgendwie schützen könnte. Keine Kuhle, in die wir uns kauern können, kein größerer Stein, hinter dem man dem Sturm entkommt.
Das Steinmännchen ist leider zu klein.
Also türmen wir kurzerhand unsere Rucksäcke zu einer winzigen Mauer auf und legen uns einfach dahinter.
Zur Stärkung gibt es Beef Jerky und Walnüsse. Dann aber müssen wir weiterziehn, denn der Durst treibt uns ins Tal.
Stef guckt ausnahmsweise mal nicht nach Vögeln, sondern nach dem Weg.
Eine Weile laufen wir auf dem Sattel entlang, dann wird uns das zu geröllig und wir steigen kurzzeitig hinab in etwas tiefere Lagen, wo weniger Steine sind.
Oben lang wird uns bald zu mühselig.
Hier umturnen wir flugs den Gipfel des Anteripää, steigen dann wieder höher hinauf bis zum nächsten Sattel, wo wir den Abstieg beginnen. Wenn wir hier relativ grade herunterlaufen, dürften wir so ziemlich genau auf eine Feuerstelle am Ufer des Muorravaraakanjoki treffen. Der Blick ins Muorravaarakatal ist großartig. An der Bergkette gegenüber erkennt man das Teufelsjoch.
Das haben wir vor drei Jahren von Sarvioja kommend durchquert.
Von etwas weiter unten erkennt man es besser.
Der Abstieg ist mindestens ebenso anstrengend wie der Aufstieg. Es geht relativ steil hinab, Hagens Dolchstoß terrorisiert mich schon wieder im Schulterblatt. Der erste ernstzunehmende Wasserlauf ist deshalb unser. Wir pausieren länger hier, essen Schokolade und trinken uns satt. Erst dann gibt es Kaffee und unsere Knäckebrote, die wir fortan die Verpuffungsmahlzeit nennen.
So! Der richtige Abstieg kann jetzt beginnen. Nach der längeren Pause kommen wir gut voran. Bald schon erreichen wir wieder den finnischen Märchenwald. Nach der rauen Wildheit von eben, bin ich schon wieder total beeindruckt von der hiesigen Lieblichkeit. Nichts hartes liegt hier in der Luft. Alles ist weich und fließend, üppig und grün. Chlorophyll-Explosion im Tal. Wer sich hier ein Haus baut, baut sich nirgendwo anders mehr eins.
Chlorophyll-Explosion im hohen Norden
Wir finden die Feuerstelle (Akanhärkäkuru) sofort, nutzen sie aber nur, um unsere Wanderschuhe gegen die Crocs auszutauschen. Dann queren wir flugs den Muorravaarakajoki. Drüben am anderen Ufer lassen wir unsere Füße einfach in der Sonne trocknen.
Zerschredderte Füße, aber wenigstens ordentlich angemalt.
Etwas feucht-sumpfig geht es gleich darauf weiter, aber es ist Gottseidank nicht so schlimm, dass wir unsere Watstrümpfe brauchen. Wir suchen den Weg zu Stefans romantischer Feuerstelle und finden ihn schnell. Sie liegt etwas höher in der Obstbaumwiesenzone am Ufer des… vermutlich ist das noch immer der Muorravaarakjoki, so genau kann man das auf der Karte nicht erkennen. Es ist langsam Abend geworden. Im Schatten der umliegenden Berge kraxeln wir friedlich wieder nach oben, immer dem großen Sokosti entgegen. Die Feuerstelle ist verwaist. Die Holzbänke um den kreisrunden Herd zersplittern bereits und modern fleißig. Holz gibt es keins. Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, aber weiterlaufen ist jetzt nicht mehr. Stef weist nur stumm auf die Gegend ringsrum. Ja, bis auf die lottrige Feuerstelle ist der Platz ausnehmend zauberhaft. Etwas weiter oben finden wir eine zweite, kleinere Feuerstelle mit ein paar toten Ästen daneben. Wir betrachten das als Einladung. Also ist es beschlossen, hier bleiben wir. Stef baut das Zelt auf, ich fange an, das Essen zu kochen. Wir entfachen ein winziges, aber dennoch sehr tröstliches Mückenschutz-Feuerlein und essen froh unser Wandererfood.
Dann beraten wir den morgigen Tag. Bisher haben wir uns von Neugier und netten Gelüsten treiben lassen. Jetzt wird es Zeit, der Reise ein bisschen Struktur zu geben. Denn langsam müssen wir zusehen, rechtzeitig wieder nach draußen zu kommen. Der Pausentag im Park wird vermutlich unseren launischen Fjäll-Eskapaden zum Opfer fallen. Wir müssen jeden Tag laufen, um wenigstens noch einen freien Tag in Kiilopää zu haben, den wir mit Chillen, Essen und Klamottenwaschen verbringen wollen. Und da wir zunächst erneut wieder über die Berge müssen, werden wir auch morgen kaum Strecke schinden. Also: erst mal Luirojärvi. Wir wollten den zwar umgehen, doch als erste Station soll er uns dienen. Und je nach Verfassung dann eben als Zwischenstation. Wir packen zusammen und verschwinden ins Zelt. Schreiben? Ist heut nicht mehr.
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