[MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

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  • Intihuitana
    Fuchs
    • 19.06.2014
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    • Privat

    • Meine Reisen

    [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Zeitraum: Januar-März 2019

    Einleitung

    Le désert est beau parce qu’il est propre et ne ment pas.

    Théodore Monod


    Heutzutage ist nicht unbedingt die leichteste Zeit für das Saharareisen. Das gilt erst recht für selbstorganisierte Reisen und dann noch mehr für das Wüstenwandern, welches ohnehin nur ein sehr kleiner Kreis an Leuten betreibt.
    Viele Gebiete sind zur Zeit unbereisbar, wie etwa Libyen oder Nordmali. Wo nicht das totale Chaos und Krieg herrscht, da sind es restriktive Regimes, wie Algerien, wo man die Wüste theoretisch bereisen kann, aber stets nur mit Reiseagentur und Militärbegleitung.
    Es ist also nicht ganz einfach interessante Ziele zu finden, die über Marokko hinausgehen.
    Mauretanien ist eines davon. Im Internet und vom Auswärtigen Amt erfährt man wenig gutes über eines der ärmsten Länder der Welt. Es erfordert schon etwas weitergehende Recherche und Kontakte um etwas über die tatsächlichen Zustände zu erfahren.
    Über ein Jahr war ich immer hin und hergerissen, ob ich es denn nun wagen sollte oder nicht. im Januar dieses Jahres habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin aufgebrochen.
    Mit mir nahm ich meinen Kumpel Fabian. Wir kennen uns von der Marokkotour im Dezember 2017 wo ich als Guide fungiert habe und er Teilnehmer war.
    Seitdem hat ihn auch das Wüstenfieber gepackt und er verbracht den Winter mit seinem Camper in Marokko, unter anderem auch in der Wüste.
    Eher spontan fragte er mich ob er nicht auch mitkommen könne und so war es dann ausgemachte Sache, dass wir zu zweit auf diese Reise gehen sollten.

    Und so werde ich hier also berichten wie wir: Die Westsahara auf dem Landweg überquerten, auf dem längsten Zug der Welt in Güterwagen in die Wüste fuhren, die 6. heiligste Stadt des Islam besuchten, Zu Fuß mit Kamelen durch die Sahara wanderten, wir einen Meteor sahen, wir unbekannte Felsbilder aus der Steinzeit fanden, mit Nomaden lebten, mit Mafiabossen Bier tranken, den Senegalfluss überquerten, eine Pirogge ausliehen, durch Flüsse mit Krokodilen und Hippos schwammen, in ein Buschfeuer gerieten, mit Affen kämpften, Löwen rochen aber nicht sahen, einen Voodoo Trank tranken und vieles mehr.

    So nahmen wir dann also Ende Januar einen Flug nach Marrakech, wo unsere Reise beginnen sollte...

    https://www.outdoorseiten.net/fotos/...14-1_Copy_.jpg
    Zuletzt geändert von Intihuitana; 17.12.2020, 12:13.
    Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

  • Intihuitana
    Fuchs
    • 19.06.2014
    • 2041
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

    Einiges zu Planung

    Die Idee zu dieser Reise entstand ganz langsam über einige Jahre hinweg.
    Nachdem ich etliche Wüstenwanderungen in Marokko und Peru unternommen hatte, konnte ich mir langsam ein Bild machen, was zu Fuß in Wüsten möglich ist.
    Über Länder wie Mali, Niger, Tschad und Mauretanien versuche ich seit Jahren so viel wie möglich zu lesen, seien es Romane, Sachbücher, oder wissenschaftliche Aufsätze und verbringe gerne Stunden damit die Saharakarten zu studieren.
    Es bildete sich also Stück für Stück eine Idee der Tour heraus, die ich machen wollte.
    Neben den schier endlosen Möglichkeiten zu Fuß durch die gewaltige Einsamkeit der mauretanischen Wüste zu ziehen, gab es noch zwei weitere interessante Dinge, die ich gerne sehen wollte.
    Das wäre erstens Chinguetti eine der sieben heiligen Städte des Islam, eine fast in vergessenheit geratene, von Wüstensand bedrohte Stadt am sprichwörtlichen Ende der Welt, Hort für tausende alte wissenschaftliche und islamische Manuskripte.
    Der zweite Grund wäre etwas profaner, der längste Zug der Welt, der täglich tausende Tonnen Eisenerz von der weit entfernten Mine Zouerat zum Atlantikhafen Nouadhibous bringt und leer zurück fährt und wo man auf den Eisenerzwaggons mitfahren kann.
    Ich habe mich nie für Züge interessiert, aber die Idee in den Güterwaggons dieses zweieinhalb Kilometer langen Monstrums aus Stahl, ins Herz der Wüste zu fahren, hatte für mich etwas sehr reizendes.
    Nachdem ich einen litauischen Fotografen kennen lernte, der diesen Trip schon mal gemacht hatte, war ich zuversichtlich, dass es durchaus machbar ist.
    Es sollte also Mauretanien werden. Aber warum nur Mauretanien?
    Aufbauend auf den bisherigen Plänen dachte ich mir, "Warum nicht die komplette Sahara auf dem Landweg durchqueren?"
    So wurde also der Plan geboren, die Reise in Marokko starten zu lassen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder per Anhalter Marokko und die Westsahara zu durchqueren, die Wüstenwanderung in Richtung Süden in Mauretanien durchzuführen und dann über den Senegalfluss überzusetzen um dann Schwarzafrika kennen zu lernen.
    Meiner Meinung nach ein guter Plan, der alles enthält, was ein Abenteuer braucht.

    Die Wanderung

    Die Planung der Wanderung, des Herzens dieser Unternehmung verschlang natürlich am meisten Zeit. Ich habe mich viel in Gruppen und Foren speziell für 4x4 Fahrer und Afrikadurchquerer herumgetrieben und einiges an Informationen zusammengetragen.
    Mit den Satellitenbildern, den Gandiniführern und vor allem den extrem detaillierten kolonialen IGN Karten von Mauretanien konnte man doch eine sehr gute Tourplanung betreiben.
    Das größte Problem sind wie immer die Wasserstellen. Selbst auf aktuellen Karten können Brunnen spontan versanden. Es muss also beim Wassertransport immer eine Sicherheitsmenge vorhanden sein, dass man zumindest den übernächsten Brunnen erreichen kann.

    Allerdings blieb eine große Frage offen? Wie die teilweise sehr großen Distanzen zwischen den Brunnen überbrücken?
    Wanderwagen würden in diesem sandigen Terrain hoffnungslos versagen, das Wassertragen im Rucksack theoretisch möglich, aber absolut grenzwertig und sehr gefährlich. Das macht man vielleicht für 5 Tage, aber nicht auf einer knapp drei wöchigen Tour, wo man auch noch Essen und Ausrüstung mitnehmen muss.
    Es blieben also nur Kamele als Packtiere. Ich habe mit Kamelen schon Erfahrung gesammelt durch meine Touren mit Mustapha, dem Nomaden aus Marokko.
    Ich traute mir schon zu ein Kamel zu führen und zu be/entladen.
    So wollte ich also vor Ort ein Kamel kaufen und autark damit durch die Sahara nach Süden gehen und es dort in einer größeren Stadt wieder verkaufen. Da nun Fabian dabei war, brauchten wir also zwei, statt einem Kamel.

    Das schwierigste Planungskriterium blieb also, wie und wo die Kamele auftreiben? Ich knöpfte also dank diverser Facebookgruppen Kontakte mit lokalen Tourveranstaltern aus Atar und Chinguetti, die geführte Wüstentouren, für die wenigen Touristen die sich wieder hinwagen, durchführen.
    Rein theoretisch wäre es, so fand ich heraus möglich Kamele zu kaufen, es würde aber nicht wirklich günstig werden und man riet mir davon eher ab.
    Zugegeben, ich steigerte mich etwas in die Idee mit dem Kamelkauf herein, ließ aber immer noch eine kleine Option für einen etwaigen Plan B, stattdessen einen Nomaden anzuheuern, der mit uns geht und am Ende mit den Tieren wieder zurück kommt.
    Es ist immerhin Afrika und man sollte mit all zu starren Plänen etwas vorsichtig sein.
    In shaa Allah sollte alles gut gehen.

    Ausrüstung

    Ich bin kein großer Ausrüstungsfreak und Packlistenschreiber, daher nur einige wenige Worte zur Ausrüstung.
    Eine Wüstenwanderung erfordert natürlich etwas andere Ausrüstung als Touren in Europa etc.
    Auf all zu edle Ausrüstung sollte man eher verzichten. Der allgegenwärtige Sand zersetzt alles. Ganz besonders gerne setzt er Reissverschlüssen von hochwertigen Funktionsklamotten zu. Den Rest erledigt die UV Strahlung.
    -Als Oberberkleidung nahm ich also ganz gewöhnliche Baumwoll T-shirts und eine günstige Decathlonwanderhose.
    -Dazu zwei alte Fleecepullis
    -Für die Füße hatte ich diesesmal Aiglé Teneré Wüstenschuhe, die ich nur weiterempfehlen kann.
    -Fabian trug die bei PCT Hikern beliebten Merrell Moab 2 Vent.
    -Darüberhinaus hatten wir Berbersandalen aus Marokko. Die guten mit der Reifensohle. Oft genug liefen wir auch nur damit herum oder nutzten sie als Campschuhe.
    -Die Rucksäcke sollten eher robust sein, auch wenn man sie selber nicht trägt, denn der Sand und das ständige auf und abladen und festbinden der Rucksäcke auf die Kamele würde UL Rucksäcke schnell als schweizer Käse da stehen lassen. (Vom sehr ruppigen Umgang damit in öffentlichen Verkehsmitteln, mal ganz abgesehen )
    -Bloß keine aublasbaren Isomatten. Dornen gibt es überall
    -Zelt hatten wir ein Tarptent Rainbow, welches wir aber praktisch nie genutzt haben, da wir nur unter freiem Himmel schliefen
    -Schlafsack war ein alter Aldi Süd Sommerschlafsack. Der kam manche Nacht schon an seine Grenze, konnte aber mittels Fleecepulli gepimpt werden.
    -Wasserfilter hatte ich zum ersten mal dabei, bei einer Tour. Sawyer Squeeze und Mini aber ich zumindest hab ihn nicht gebraucht. Fabian hat nur ein paar mal gefiltert.
    -Messer. Klar gehe ich nicht ohne Messer aus dem Haus. Victorinox Outrider begleitet mich seit Jahren auf meinen Touren. Fabian hatte ein Mora.
    Laut der Bushcraftlogik hätten wir diese Tour also überhaupt nicht überleben können
    -Ich hatte nur einen kleinen Chinaholzvergaser dabei, den wir in der Wüste nie gebraucht haben, da wir immer Feuer gemacht haben.
    Er sollte mir im Senegal aber noch sehr von Nutzen sein.
    -Ich hatte einen SPOT, Fabian einen Inreach Explorer +. Ein bischen zu viel des guten, aber besser zu viel als zu wenig. Dazu noch Powerbank und Solarpanel

    Essen
    Wir haben nur Gewürze, Trockenschrimps und Trockengemüse und einige Spezialitäten, wie etwa Soja Sauce von Deutschland mitgenommen. Alle Grundnahrungsmittel haben wir vor Ort gekauft. Für unter den Tag hatten wir ca. 60 Cliff Bars dabei.
    Zuletzt geändert von Intihuitana; 03.04.2019, 21:32.
    Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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    • berniehh
      Fuchs
      • 31.01.2011
      • 2402
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

      klingt sehr spannend!
      Bin schon gespannt.......
      www.trekking.magix.net

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      • Donik
        Erfahren
        • 24.03.2014
        • 199
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

        Ich freu mich, klingt sehr aufregend

        Kommentar


        • ronaldo
          Freak
          Moderator
          Liebt das Forum
          • 24.01.2011
          • 11862
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

          Yesss...

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          • Meer Berge
            Fuchs
            • 10.07.2008
            • 2381
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

            Oh nee!
            Gerade jetzt, wo´s losgeht, fahre ich weg ...
            Da kann ich mich schon auf ein Leseabenteuer freuen!
            Ich bin gespannt!

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            • smeagolvomloh
              Fuchs
              • 07.06.2008
              • 1929
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

              Na endlich! Wurde aber auch Zeit, du dich ans Schreiben und Bilderaussuchen begibst!

              Ick freu' mir.
              "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit."
              Wilhelm von Humboldt, 1767-1835

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              • jonnydarocca
                Erfahren
                • 19.01.2009
                • 338
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigen
                Zeitraum:
                Und so werde ich hier also berichten wie wir: Die Westsahara auf dem Landweg überquerten, auf dem längsten Zug der Welt in Güterwagen in die Wüste fuhren, die 6. heiligste Stadt des Islam besuchten, Zu Fuß mit Kamelen durch die Sahara wanderten, wir einen Meteor sahen, wir unbekannte Felsbilder aus der Steinzeit fanden, mit Nomaden lebten, mit Mafiabossen Bier tranken, den Senegalfluss überquerten, eine Pirogge ausliehen, durch Flüsse mit Krokodilen und Hippos schwammen, in ein Buschfeuer gerieten, mit Affen kämpften, Löwen rochen aber nicht sahen, einen Voodoo Trank tranken und vieles mehr.

                So nahmen wir dann also Ende Januar einen Flug nach Marrakech, wo unsere Reise beginnen sollte...

                So macht man die Leserschaft heiß auf mehr! Perfekt!
                Langeweile ist ein kostbares Gut. Sie gehört gepflegt zum Wohle der Gesellschaft, weil eine gepflegte Langeweile eine Gelassenheit generieren kann, die uns allen zu Gute kommt.

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                • Intihuitana
                  Fuchs
                  • 19.06.2014
                  • 2041
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                  Die Anreise

                  Am 29. Januar kamen wir also in Marrakech an. Es hat sich schon zu einer gewissen Gewohnheit entwickelt, diese Stadt zu besuchen. Mitlerweile kommt mir vieles schon vertraut und heimisch vor.
                  Wir wollten allerdings so wenig Zeit wie möglich hier verbringen, sondern möglichst schnell nach Süden.
                  Für eine Nacht checkten wir im Hostel ein und machten noch ein paar nötige Einkäufe (Bier...) auf den Märkten und im Carrefour.
                  Den Rest der Zeit verbrachten wir damit es uns gut gehen zu lassen und uns für verrrückt erklären zu lassen von den anderen Gästen des Hostels, als wir von unserem Vorhaben erzählten.

                  Am nächsten Tag nahmen wir den Bus der Firma CTM direkt nach Dakhla in der Westsahara.
                  Es sollte eine 24 Stundenfahrt werden.
                  Liest man von der Westsahara, könnte man meinen, dass dieses Stück Land irgendwelches undurchquerbares Niemandsland ist und zu keinem Staat gehört.
                  Völkerrechtlich ist der Status der Westsahara umstritten und einige Staaten erkennen die marokkanische Oberhohheit nicht an, andere wiederum schon.
                  Technisch gesehen ist aber zumindest der westliche Teil marokkanisch. Es gibt keinen Grenzübergang oder ähnliches. Wenn man einfach nur durchfährt ist man einfach nur in Marokko.
                  Was allerdings südlich von Tarfaya deutlich zunimmt sind die Polizeikontrollen. In der ganzen Westsahara ist es voll mit Kontrollposten an den Straßen.
                  Dies liegt an dem, im Westen völlig vergessenen, aber immer noch schwelenden Westsahara Konflikt, welcher seit den 70ern vor sich hin brodelt.
                  Nach dem Abzug der Spanier annektierte Marokko das Gebiet der Westsahara und beanspruchte es für sich.
                  Die Frente POLISARIO, eine Befreiungsfront der Ortsansässigen Sahraouis, kämpfte für eine unabhängige arabische Republik Westsahara.
                  Marokko baute seine Präsenz in der Westsahara mehr aus und sicherte sich mit riesigen Minengürteln ab, was die Westsahara zum am stärksten verminten Gebiet der Welt macht.
                  Der Status Quo ist nun, dass Marokko den größeren Westteil kontrolliert, während die Polisario einen Streifen im Osten besitzt und von Algerien und der UN unterstützt wird. Der größte Teil der Sahraouis, leben in Flüchtlingslagern nahe der algerischen Stadt Tindouf.
                  Man muss sich vorstellen, dass es dort erwachsene Menschen gibt, die ihr ganzes Leben nur in Flüchtlingslagern gelebt haben und die mitlerweile Kinder haben, die auch nur dieses Leben kennen und vermutlich auch nur kennen werden, denn der Status der Westsahara wird sich so bald nicht ändern.

                  An sich ist die Westsahara ein riesiges, praktisch unbesiedeltes Land, wo sich tolle Wüstentouren durchführen ließen, aber es durch die Minen, sagen wir mal immer mit einem rechten Nervenkitzel verbunden ist.
                  Ganz habe ich die Westsaharaallerdings noch nicht abgeschrieben. Wie überall in Afrika, hat man erstmal ein paar Kontakte vor Ort geknüpft, eröffnen sich meistens Möglichkeiten.

                  Für den Reisenden ist wichtig zu wissen, dass er einige ausgefüllte "Fiches de Voyage" dabei hat. Das sind im Prinzip nur Zettel auf denen die persönlichen Infos drin stehen, wie Name, Geburtsdatum, Nationalität, Passnummer, Herkunft und Ziel etc. Die kann man theoretisch auch per Hand schreiben oder sich zuhause schon ein paar Vordrucke machen.
                  Bei Einheimischen guckt die Polizei meistens nur schnell auf die ID-Card, aber europäisch aussehende Menschen werden immer nach Pass und den Fiches gefragt.
                  Sie sind zwar keine Pflicht, aber erleichtern das Vorankommen ungemein, da man ansonsten immer mühselig einen Zettel im Kontrollposten ausfüllen muss, was vor allem bei öffentlichen Verkehrsmitteln zu Unmut führt wenn alle immer wegen einem warten müssen.
                  In Mauretanien ist es übrigens das selbe Spiel nur sind die Polizeikontrollen dort noch dichter. Für die Westsahara würde ich so etwa 10 Fiches einplanen, für Mauretanien je nach Route bis ca. 30.

                  Aus dem Fenster konnten wir die relativ stumpfe Landschaft der Küstenwüste an uns vorbeiziehen sehen. Durch den Küstennebel existiert hier eine spärliche Vegetation. Die Städte und Dörfer durch die man an der Westsahara vorbeikommt, sind allesamt marokkanische Retortenstädte aus Pressbetonblöcken, letzlich mit dem Ziel marokkaner aus dme Kernland anzusiedeln um den Widerstand langsam aussterben zu lassen.


                  Die Küstenwüste

                  Redet man mit Marokkanern über das Thema ist die Meinung relativ einheitlich. Die Westsahara ist Teil Marokkos und die Polisario sind Terroristen und Freischärler. Da man bei zu viel Sympathie mit den Sahraouis allerdings auch mal in nem Knast verschwinden kann, kann ich verstehen, dass die öffentliche Meinung da recht einheitlich ist.
                  Ich halte mich mit einem Urteil allerdings etwas zurück, es ist nicht mein Kampf.

                  Wir hatten vor zwei bis drei Tage in Dakhla zu bleiben um uns an die Wüste und die südliche Sonne zu gewöhnen. Genaugenommen wollten wir nicht in Dakhla direkt bleiben, sondern an einem mehr oder weniger wilden Campingplatz und Windsurfspot Namens PK 25, welcher 25 km. (Woher wohl der Name ) von Dakhla enfernt ist.

                  Hier treffen sich Camper, Windsurfer, Afrikadurchquerer und einige Backpacker.
                  Es gibt in der Bucht von Dakhla ein wenig Tourismus, welcher vor allem auf Windsurfing ausgerichtet ist und es sind sogar einige Luxushotels enstanden.
                  Am PK 25 ist das übernachten frei, es gibt aber auch keine Infrastruktur, wie Toiletten und nur schwefeliges Brauchwasser aus dem Brunnen.
                  Für uns alles kein Problem. Wir bauten das Zelt an der Bergflanke auf und genossen daraufhin den Sonnenuntergang.


                  Campingplatz unter uns



                  Unsere Weiterfahrt zur mauretanischen Grenze war noch nicht gesichert, also verbrachten wir die Zeit damit Leute kennen zu lernen und zu sehen ob demnächst jemand runter fährt und uns mitnehmen könnte.
                  Auch trampten wir nach Dakhla um dort vor Ort noch ein paar Infos einzuholen, ob es nicht Busse oder Sammeltaxen bis an oder über die Grenze geben würde. Ob mans glaubt oder nicht, im Internet gibt es nicht allzu viele verlässliche Informationen, die sich auch oft widersprechen. Es machen wohl doch nicht allzu viele diese Route als Backpacker.
                  Dakhla an sich hat nicht wirklich etwas zu bieten. Es ist eine typische Retortenstadt, mit Schachbrettmuster.
                  Allerdings muss ich zugeben, dass ich es auch mag durch solche nichtssagende Orte zu laufen, weil es meist näher am Leben der Einheimischen ist, als irgendwelche touristischen Sehenswürdigkeiten.

                  Immerhin fanden wir jedenfalls heraus, dass es noch eine Möglichkeit gibt mit Sammeltaxen über die Grenze zu kommen und ließen uns die Nummer geben.
                  Hier im Süden sieht man schon deutlich mehr Senegalesen, die hier als Fischer oder zum Arbeiten her kommen. Auch sieht man schon hier und da einen Mauren mit seinem typischen zum Boden reichenden Daraa Gewand.


                  Der Senegalesenmarkt war gerade am schließen


                  Vielleicht das Highlight der ganzen Stadt?

                  Zurück im PK25 lernten wir dann noch einen Holländer kennen der mit seinem Defender eine Afrikadurchquerung durchführt und in zwei Tagen nach Nouadibhou aufbrechen würde und uns mitnehmen würde.
                  Wäre das also auch geklärt.

                  Den Rest der Zeit verbrachten wir damit Tagestouren in der Küstenwüste zu machen, Fische zu braten und braun zu werden.


                  In der Küstenwüste






                  Leider nicht mehr essbar


                  Die beiden dafür aber umso mehr

                  Auf dem Weg nach Mauretanien

                  Nach unserem kurzen Zwischenstopp in Dakhla fuhren wir also mit unserer Mitfahrgelegenheit weiter in Richtung mauretanische Grenze.
                  Wie alles mit dem Visum ablaufen sollte war uns auch noch nicht ganz klar. Die Infos reichten von, "alles ganz einfach", bis "Die Grenze ist zu".


                  Je weiter man nach Süden kommt, desto kaputter ist alles.

                  An der Grenzstation in Guergerat standen schon mehrere km lang LKWs die die Grenze überqueren wollten. Offenbar war die Grenze mal wieder dicht für den Güterverkehr, weil es irgendwelche Streitigkeiten zwischen den Ländern gab.
                  Unser holländischer Freund wollte lieber eine NAcht auf der marokkanischen Seite warten, statt zu riskieren in der Nacht in Mauretanien anzukommen. Wir standen also vor der Wahl noch eine Nacht zu warten oder mit einer anderen Möglichkeit rüber zu machen.
                  Nach einigem Abwägen entschieden wir uns für einen Schlepper, der uns direkt nach Nouadibhou bringen sollte weil wir auch nicht unbedingt das Niemandsland zu Fuß durchqueren wollten.


                  An der Grenzstation Guergerat

                  Letzten Endes war es auch keine schlechte Idee, weil wir beim Grenzaustritt aus Marokko ein Problem hatten. Bei mir ging die Abwicklung problemlos, aber Fabian wollten sie die Ausreise nicht gestatten.
                  Das Problem war, dass er den Winter bereits mit seinem Camper in Marokko verbracht hatte, aber über Ceuta wieder ausgereist war und das Auto wieder in Deutschland war. Aber offenbar hat der Grenzbeamte in Ceuta geschlampt und irgendetwas nicht eingetragen und so galt das Auto als immer noch in Marokko befindlich, was ohne die entsprechende Erlaubnis verboten ist. Und da er auch kein Papier dabei hatte um zu beweisen, dass das Auto in Deutschland ist, mussten wir dauernd zwischen Beamten hin und herrennen und ich musste alles übersetzen.
                  Keine besonders angenehme Situation zwischen zwei Ländern mit so einem Problem da zu stehen.Am Ende hat es sich bezahlt gemacht, dass unser Schlepper mit den Leuten reden konnte und man sich auf einen Kompromiss geeinigt hatte, dass Fabian eine Erklärung abgeben musste, dass das Auto in Deutschland sei (Mit Fingerabrduck ) und ihm untersagt wurde, dass Land wieder zu betreten, bis er nachweisen kann, dass das Auto nicht mehr in Marokko ist.

                  Nach einer gefühlten Ewigkeit konnten wir also Marokko verlassen.
                  Zwischen den Ländern befindet sich ein einige km. breiter Streifen von Niemandsland, welches man durchqueren muss um nach Mauretanien zu kommen.
                  Hier ist auch keine asphaltierte Straße mehr sondern nur eine steinige Piste und jedes Auto das liegen bleibt, wird niemals abgeschleppt. Darum ist der Weg gepflastert mit Autoleichen.


                  Im Niemandsland

                  Auf der mauretanischen Seite ging die Abwicklung recht problemlos vonstatten und es musste auch niemand geschmiert werden. Die Visa gab es für 55 Euro Pro Kopf und man konnte auch zu einem recht guten Kurs Geld wechseln.
                  Wir ließen uns von unserem Schlepper an einem Campingplatz, nicht weit von Nouadibhou absetzen und waren erstmal erfreut aber auch etwas geschafft, nach dem Grenzmarathon.


                  Pilzfelsen in der Bucht von Nouadibhou nahe an unserem Camping
                  Zuletzt geändert von Intihuitana; 04.04.2019, 11:51.
                  Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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                  • Jonamu
                    Erfahren
                    • 15.09.2014
                    • 131
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                    #10
                    AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                    Super, endlich geht's los. Ich wollte mich schon fast beschweren

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                    • codenascher

                      Alter Hase
                      • 30.06.2009
                      • 4957
                      • Privat

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                      #11
                      AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                      Na ich bin ebenfalls auf die Fortsetzung dieses Abenteuers gespannt und werde den Faden gespannt verfolgen.

                      Ich bin gespannt, ob es von Dir und deiner Entwicklung im Wüstenwandern eines Tages so ein gelbes Büchlein geben wird. Ich finde die Story hat was.

                      Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                      meine Weltkarte

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                      • Enja
                        Alter Hase
                        • 18.08.2006
                        • 4747
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                        #12
                        AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                        Die Autoleichen liegen im Niemandsland zwischen den Grenzen, weil sie, wie Fabians Camper, ausgeführt werden müssen.

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                        • Mika Hautamaeki
                          Alter Hase
                          • 30.05.2007
                          • 3979
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                          #13
                          AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                          Das fängt schon sehr gut an, ich bin gespannt wie es weiter geht.
                          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                          A. v. Humboldt.

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                          • Sternenstaub
                            Alter Hase
                            • 14.03.2012
                            • 3313
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                            #14
                            AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                            ich bin auch sehr gespannt auf weiteres, dein Kurzbericht über das Leben am Fluss in Senegal hat mich echt neugierig gemacht. Bitte mehr!
                            Two roads diverged in a wood, and I—
                            I took the one less traveled by,
                            And that has made all the difference (Robert Frost)

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                            • Intihuitana
                              Fuchs
                              • 19.06.2014
                              • 2041
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                              #15
                              AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                              Der längste Zug der Welt

                              So hatten wir also unsere erste Nacht in Mauretanien verbracht. Am nächsten Morgen hieß es dann möglichst schnell packen und in Erfahrung bringen wann der Zug fährt.
                              Und hier fing es schon an. Es gab überhaupt keine verlässliche Information. Niemand wusste wirklich genau wann der Zug heute kommen würde. Zwischen ein Uhr Mittags und sieben Uhr Abends waren die Antworten, je nachdem wen wir fragten.
                              Am wahrscheinlichsten war wohl so ein Zeitraum zwischen zwei bis vier Uhr anzupeilen.
                              So hatten wir also noch etwas Zeit die Stadt zu erkunden.
                              Nouadibhou ist eine der kaputtesten Städte, die ich je gesehen habe. Es war noch mal ein guter Sprung nach unten im Vergleich zur Westsahara. Es fahren fast nur ruinierte Wagen in der Stadt herum und kaum ein Gebäude ist fertig gebaut.
                              Auf den Straßen herrscht ein Gewusel an verschiedenen Ethnien. Marokkaner, Mauren, Senegalesen, Peul und einige Chinesen.
                              Die Chinesen haben sich überall in Afrika eingekauft, so auch in Mauretanien, wo sie unter anderem Straßen und Infrasktruktur gebaut haben, als Gegenleistung für Fischerei und Schürfrechte.


                              Unterwegs in Nouadibhou


                              Uns beiden gefiel es hier aber recht gut. In irgendeinem richtig schäbigen Hintergrundrestaurant fanden wir vorzügliches gebratenes Hühnchen mit Pommes.
                              Allgemein ist die Nahrungsmittelauswahl in Mauretanien, recht bescheiden. Es gibt meistens irgendetwas mit Reis, oder seltener Pommes mit Hühnchen. Frisches Gemüse gibt es selten, Fischkonserven sind allgegenwärtig. In den größeren Ortschaften finden sich auch immer mal wieder ein paar Street Food Stände.
                              Wirklich beklagen kann man sich aber nicht. Etwas zu essen bekommt man immer und durch den Mangel an Zutaten, haben die Mauretanier aus der Not eine Tugend gemacht und leckere Zwiebelsoßen zu den Hühnchen oder Reisgerichten erfunden. Etwas ähnlich wie auch später im Senegal.
                              Im Restaurant wurden wir von zwei jungen maurischen Frauen angesprochen und ein kleines Gespräch entwickelte sich.
                              Interessanterweise sind die maurischen Frauen, obwohl sie alle mit einer Melhafa, einem langen Tuch, was um den ganzen Körper gewickelt wird, verhüllt sind, deutlich offener und selbstbestimmter als viele Frauen in Marokko oder arabischen Ländern.
                              Mehr als einen kleinen Flirt sollte man aber nicht erwarten, denn ansonsten gelten sehr strikte islamische Gesetze und Moralvorstellungen und selbst Händeschütteln mit einer Frau ist tabu.
                              Am frühen Nachmittag machten wir uns zum Bahnhof auf. Schneller ein Auto anhalten als in Nouadibhou habe ich noch nie erlebt. Innerhalb von Sekunden hält meistens ein Auto, das einen mitnehmen will.
                              Manchmal ist es ein selbsternannter Taxifahrer der am Ende einen kleinen Obolus haben möchte, manchmal aber auch jemand der einen einfach so umsonst mitnimmt.


                              Am Bahnhof

                              Der Erzzug ist zwar in erster Linie ein Güterzug, hat aber zwei bis drei Personenwagen, daher gibt es einen kleinen Reisebahnhof.
                              Hier warteten wir zusammen mit anderen Mauren welche ganz ohne Probleme im Wartesaal erstmal Reis und Tee für die ganze Familie, auf einem Gaskocher kochten. Natürlich wurden wir auch eingeladen.
                              Überraschenderweise aber waren auch zwei westliche Reisende da. Eine Serbin und eine Kanadierin, welche jeweils alleine reisten, hatten auch das Ziel mit dem größten Zug der Welt zu fahren. Im Gegensatz zu uns hatten die beiden aber vor, im Passagierwagen mitzufahren.
                              So freundeten wir uns an und redeten über Gott und die Welt, während wir Stunde um Stunde auf den Zug warteten.


                              Unsere Reisegruppe

                              Es wurde später und später und immer hieß es, der Zug kommt dann und dann, aber es waren alles nur irgendwelche Mutmaßungen.
                              Irgendwann konnte man sehen, dass immer mehr Leute sich vom Acker machten und es brach eine allgemeine Unruhe aus.
                              Es hieß plötzlich, der Zug komme heute gar nicht mehr.
                              Da standen wir nun, mitten in der Nacht, nach fast 12 Stunden warten an einem dunklen Bahnhof während alle Leute bei irgendwelchen Verwandten ins Auto stiegen und abdüsten. So entschieden wir uns noch bevor wir völlig alleine gelassen werden würden, uns ein Taxi zu organisieren und uns ins nächste Hotel zu bringen.

                              Im Hotel versuchten wir noch mal Informationen über den Zug einzuholen. Man versicherte uns, dass er heute aufjedenfall kommen müsse. Wieder hieß es ab frühem Nachmittag da zu sein.
                              Wir waren sehr skeptisch, aber beschlossen der Sache noch eine Chance zu geben und einen weiteren Anlauf zu starten.
                              Eine unserer Mitstreiterinnen wollte es nicht mehr riskieren noch einen Abend umsonst zu warten und machte sich auf den Weg nach Nouakchott.

                              Da wir noch etwas Zeit hatten, beschlossen wir den Hafen zu Erkunden.
                              Das Hafenviertel ist ein richtig heruntergekommenes Drecksloch. Es stinkt nach einer Mischung aus Diesel, Fischabfällen und noch viel mehr Fischabfällen.
                              Wir haben uns trotzdem was zu essen dort gegönnt


                              Unterwegs im Hafenviertel



                              Auch eine Form der Lüftung




                              Fischer mit ihren Piroggen

                              Fischerei ist in erster Linie eine Arbeit der schwarzen Bevölkerung.
                              Die hellhäutigeren Mauren tätigen eher weniger körperliche Arbeiten. Das sind unter anderem auch die Nachwehen der erst 2007 verbotenen Sklaverei. Offiziell gibt es sie nicht mehr, aber wenn man genau hinsieht, sieht man schnell dass da sehr oft immer noch alte Abhängigkeitsverhältnisse bestehen und weiße Mauren in der Regel, Besitzer, Händler und Verwalter sind, während die körperlichen Arbeiten sehr oft von den schwarzen Sudani verrichtet werden.
                              Es ist jedenfalls oftmals ein altes Geflecht der Familien der Herren und Sklaven, welches schwer zu durchschauen ist.
                              Kompliziertes Thema jedenfalls.

                              Wie am Tag zuvor machten wir uns wieder gegen eins zum Bahnhof auf. Ich habe mitlerweile die gute afrikanische Lebenseinstellung eingenommen nichts mehr zu erwarten. Sollte ein Zug In Shaa Allah kommen, schön. Wenn nicht, dann ist es halt eben so und man hat einen schönen Tag am Bahnhof rumgegammelt

                              Etwas vielversprechender war diesesmal, dass wirklich viele Leute und auch Autos, teilweise mit Paketen, ganzen Kühlschränken oder Ziegen warteten und es immer mehr wurden.
                              Tatsächlich geschah gegen acht uhr abends, etwas. Ein großer Tumult brach heran und alle drängten nah an die Schienen und tatsächlich kam da plötzlich ein großes Licht auf uns zu.

                              Der Zoch kütt.

                              Ich hab mich nie für Züge interessiert, aber das Erlebniss dieses Riesenmonstrum, welches von vier Dieselloks gezogen wurde einfahren zu sehen war schon etwas besonderes. Erst recht in dieser etwas unwirklichen Situation.
                              Für Zugfanatiker muss das ein feuchter Traum sein.
                              Nach einer gefühlten Ewigkeit kam der 2,5 km. lange Koloss zum Stehen.
                              Ganz hinten waren die Passagierwaggons und unsere serbische Reisebekanntschaft hat sich ins Getümmel geworfen um irgendwie in den Zug zu kommen.
                              Wir hingegen nahmen uns unseren Privatwaggon und beanspruchten einen der leeren Eisenerzwaggons für uns.

                              Dieser Zug transportiert das Eisenerz von den Minen in Zouerat zum Atlantikhafen in Nouadibhou und fährt leer zurück, nimmt aber Wasser und Güter für die Bergbaustadt mit. Zouerat ist also vollständig auf den Zug angewiesen.


                              Zugfahren mal anders

                              Als wir es uns schon gemütlich gemacht hatten, sahen wir den anderen zu, wie sie all die Ware auf den Zug schafften.


                              Große Hektik


                              Schon gemütlich

                              Der Zug setzte sich plötzlich mit einem riesigen Rumms in Bewegung.
                              Wir mussten uns völlig mit unseren Turbanen vermummen. Es wehte eine steife Brise aus Sand und Eisenstaub, welches sich überall absetze.
                              So lagen wir da in unserem extrem lauten, rüttelnden Freiluftzug mit dem Schlafsack über den Kopf gezogen und in absoluter Dunkelheit.
                              Und dennoch hab ich es geschafft zu schlafen, keine Ahnung wie.

                              Gerade im Morgengrauen kamen wir, meiner Meinung nach recht gut ausgeschlafen in dem winzigen Dorf Choum an.
                              Hier hielt der Zug und wir machten uns daran all unsere Sachen so schnell wie möglich über Bord zu werfen und herauszuklettern, denn wir wussten nicht wie lang der Zug wohl halten würde.


                              Leute steigen aus dem Zug aus


                              Hier konnten wir überhaupt erst die Länge, dieses riesigen Monstrums in voller Pracht bewundern


                              Unsere Rucksäcke nach der lustigen Zugfahrt

                              Es war schon schade, dass wir die Fahrt nicht tagsüber durchführen konnten um aus dem Fenster, ähmm ich meine dem Wagen die Wüste zu bewundern. Immerhin fährte der Zug nah am Ben Amira, dem zweitgrößten Monolithen der Welt vorbei.

                              Dennoch war es ein einzigartiges Erlebniss. Ich könnte mir auch vorstellen die Tour nochmal zu machen und dann tagsüber bis nach Zouerat und dann eventuell zu Fuß durch den Erg Maqteir bis nach Atar zu laufen. Hihi, schon mach ich mir Pläne für die nächste Tour.

                              In Choum verkehren kleine Bushtaxis bis zur nächst größeren Stadt Atar, wo unser nächster Zwischenstopp sein sollte.
                              Zuletzt geändert von Intihuitana; 07.04.2019, 20:32.
                              Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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                                Alter Hase
                                • 24.01.2011
                                • 4743
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                                Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigen
                                Der Zug setzte sich plötzlich mit einem riesigen Rumms in Bewegung.
                                Wir mussten uns völlig mit unseren Turbanen vermummen. Es wehte eine steife Brise aus Sand und Eisenstaub, welches sich überall absetze.
                                So lagen wir da in unserem extrem lauten, rüttelnden Freiluftzug mit dem Schlafsack über den Kopf gezogen und in absoluter Dunkelheit.
                                Und dennoch hab ich es geschafft zu schlafen, keine Ahnung wie.

                                Gerade im Morgengrauen kamen wir, meiner Meinung nach recht gut ausgeschlafen in dem winzigen Dorf Choum an.
                                Hier hielt der Zug und wir machten uns daran all unsere Sachen so schnell wie möglich über Bord zu werfen und herauszuklettern, denn wir wussten nicht wie lang der Zug wohl halten würde.
                                Klasse! Cool, bei dem Lärm und dem Geschüttel auch noch richtig zu schlafen. Gibt doch noch Abenteuergeschichten zu lesen hier, auch wenn das alles gegen einschlägige deutsche Sicherheitsvorschriften verstößt!

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                                • Enja
                                  Alter Hase
                                  • 18.08.2006
                                  • 4747
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                                  #17
                                  AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                                  Ich war da in 70ern unterwegs. Manches hat sich verändert. Das meiste anscheinend nicht. Die Erwartungen der Reisenden sind heute andere. Aber der Zug ist immer noch klasse. Von Fahrplan war damals nicht einmal versuchsweise die Rede. Wir bekamen nicht einmal heraus, wie lange die Fahrt annähernd dauern würde. Eigentlich hieß es, abends im Dunkeln los. Morgens am Ziel. Insgesamt dauerte es dann 3 Tage.

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                                  • Horst24
                                    Erfahren
                                    • 01.02.2012
                                    • 211
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                                    #18
                                    AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                                    Spannendes Abenteuer und echt ne coole Zugfahrt. Dagegen ist der Erzzug, den wir zwischen Kiruna und Narvik gesehen haben ja echt mini. Warum seid ihr nicht im Passagierwaggon mitgefahren?

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                                    • Intihuitana
                                      Fuchs
                                      • 19.06.2014
                                      • 2041
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                                      Zwischenstopp in Atar

                                      Atar ist die Provinzhauptstadt der Provins Adrar und Zentrum für den Tourismus im Land.
                                      Hier gibt es auch einen kleinen Flughafen zu dem es mitlerweile wieder Direktflüge von Paris aus gibt.
                                      Seitdem die französische Regierung die Reisewarnung für das Adrargebiet im Jahre 2017 gelockert hat und den Status von rot auf orange heruntergestuft hat, kommt wieder ein sehr überschaubarer Tourismus ins Rollen.
                                      Für die lokale Bevölkerung war die "Red zone" eine kleine Katastrophe, da die französischen Reisewarnungen für die ehemaligen Kolonien recht mächtig sind und fast alle westlichen Staaten mitgezogen sind und somit der Tourismus fast komplett zum Erliegen kam.

                                      Unsere Unterkunft in Atar war der Bab Sahara, ein von Holländern geführter Campingplatz und DIE Anlaufstelle für alle Afrikadurchquerer und Camper.
                                      Hier trifft man sich und tauscht sich über seine Pläne und Abenteuer aus.
                                      http://bab-sahara.com/bab-engels.html

                                      Für uns war Atar in erster Linie wichtig um Erledigungen zu machen. Damit ist in erster Linie der Kameldeal gemeint. Dieses PRoblem hat mir die ganze Zeit Kopfzerbrechen bereitet und war die einzige große "Unbekannte" in der ganzen Reiseplanung.
                                      Im Vorfeld hatten wir schon Kontakte zu einigen lokalen Anbietern aufgenommen, die uns eventuell bei dem Kamelkauf helfen könnten.
                                      Mit einem von ihnen trafen wir uns bereits kurz nach unserer Ankunft im Bab Sahara.
                                      Alioune ist ein junger maure und recht professionell im Umgang mit Touristen. Mit ihm habe ich schon von Deutschland aus geschrieben.
                                      Wir gingen alle verschiedenen Möglichkeiten durch und erörterten Preise. Wirklich günstig war Alioune allerdings auch nicht.
                                      Es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass es weiser wäre die Kamele nicht zu kaufen, sondern mit einem Nomaden mitzugehen. Unter anderem weil die Kamele hier in Atar unverschämt teuer sind, was daran liegt, dass praktisch alle dressierten Lastkamele für den Tourismus eingespannt sind und natürlich niemand einfach so seinen Lebensunterhalt für nen Appel und n Ei hergibt.
                                      Weiter südlich wo es keinen Tourismus und mehr Nomaden und Kamelzüchter gibt, könnte man recht günstig Lastkamele besorgen.
                                      Zwei weitere Probleme waren, dass es die Zeit des Harmattan war und es jederzeit zu gewaltigen Sandstürmen kommen könnte, was durchaus eine Gefahr darstellt. Darüberhinaus waren in den letzten Jahren einige Brunnen ausgetrocknet, welche selbst im Gandiniführer von 2008 noch als wasserführend beschrieben wurden. (Dafür wurden aber auch neue gebohrt, die in den Karten nicht vorhanden sind)
                                      Wir erbaten uns etwas Bedenkzeit und ich hatte auch noch ein Ass im Ärmel.
                                      Ich hatte in Chinguetti den Kontakt von einem Deutschen namens Günther der dort lebt. Auch mit ihm hatte ich regelmäßig geschrieben und er kannte dort jemanden der Touren mit Kamelen veranstaltet und Kamelführer kennt, die auch speziellere Routen gehen können. Die gute alte "Ich kenne jemanden, der jemanden kennt" - Technik, die in Afrika immer zum Erfolg führt.
                                      So verabredeten wir uns auch mit Günthers Kontakt, Abeida im Bab Sahara, welcher zufällig auch in Atar gewesen ist.
                                      In einem gefühlt ewigen Gespräch konnten wir uns auf die Details einigen.
                                      So entschieden wir uns mit einem Nomaden mitzugehen, welcher die Kamele am Ende wieder zurück bringen würde.
                                      Hadrami, so sein Name ist noch einer der wenigen Kamelführer, der die alten Karawanenrouten auch bis ganz nach Südosten nach Oualata oder Aghadoust kennen. Die jüngeren Kamelführer kennen oft nur noch die touristischen Standardrouten, um Chinguetti und Atar herum.
                                      Auch kennt er einige Orte wo sich steinzeitliche Felsmalereien finden, die sonst vollkommen unbekannt sind.
                                      Durch ihn hatten wir den Vorteil noch tiefer in die Wüste und das Niemandsland vorzudringen, als wir es uns alleine getraut hätten. Die Route änderten wir daher auch etwas ab, was ich nicht schlimm fand, da dann noch genug zum Entdecken fürs nächste mal übrig bleibt.
                                      Wir konnten mit Abeida auch den Preis gut drücken. Feilschen ist sowieso ein Hobby von mir.

                                      So war der Deal also beschlossen. Wir liefen von Chinguetti bis nach Tidjikja.
                                      Ein wenig fiel mir ein Stein vom Herzen, dass wir das jetzt endlich mal in trockenen Tüchern hatten.

                                      Als nächstes stand noch auf dem Programm noch weitere Vorräte zu kaufen. So zogen wir mit Abeida noch durch die Märkte von Atar. Neben allerlei Grundnahrungsmitteln kauften wir auch 1 Kilo Tee und 5 Kilo Zucker. Denn ohne Tee macht ein Nomade nix. Zuerst waren wir amüsiert über die lächerlich hohe Menge an Zucker, wir hätten nie gedacht, dass es uns am Ende nicht reichen würde


                                      In den Straßen von Atar






                                      Man achte auf den Scheinwerfer

                                      Die Stadt im Sand

                                      Nach zwei Tagen in Atar, machten wir uns auf den Weg nach Chinguetti, wo wir unsere Wanderung beginnen sollte.

                                      Wie wenige andere Orte in Mauretanien umweht Chinguetti der Hauch des geheimnissvollen.
                                      Eine vergessen Stadt inmitten der Sanddünen, deren Bibliotheken uralten Manuskripte horten.
                                      Bereits im 11. Jhd. wurde Chinguetti von den Almoraviden nahestenden Berberstämmen gegründet. Vermutlich ist das Gebiet um das Batta Chinguetti (Ein lokaler Name für trockene Flussbetten in Sanddünen) aber schon seit der Steinzeit besiedelt.
                                      Schnell entwickelte sich der Ort zu einem überregionalen Zentrum und Station für den Transsaharahandel zwischen Sijilmassa und Adaghoust.
                                      Mit den Händlern kamen dann auch die Gelehrten und Chinguetti stieg in kurzer Zeit zu einer der heiligen Städte des Islam auf. Je nachdem wen man fragt findet sie sich auf Platz sechs oder sieben. Das wären dann je nach Auslegung: Mekka, Medina, Jerusalem, Kairo, Kairouan, Marrakech <-> Chinguetti.

                                      Hier trafen wir auch zum erstenmal persönlich auf Günther. Günther besitzt ein kleines Haus in der Alstadt und vebringt die Winter seit Jahren in Chinguetti. Bei ihm kamen wir die Zeit hier in Chinguetti unter.
                                      Nach der Begrüßung gab es erstmal Tee und einen Plausch. Daraufhin machten Fabian und ich uns erstmal auf die Alstadt zu erkunden.

                                      Direkt hinter dem Haus befindet sich schon die alte Moschee.




                                      Das Minarett der Moschee es wird von vier Straußeneiern bekrönt

                                      Die alte Moschee ist das ehrwürdige Zentrum der gesamten maurischen Gelehrsamkeit udn war zu seinen besseren Zeiten Pilgerziel für Gelehrte aus der ganzen arabischen Welt.
                                      Der Zutritt ins innere der Moschee ist uns ungläubigen Khuffar natürlich nicht gestattet. Es bleibt also nur sie von aussen zu bewundern.
                                      Durch die staubigen Straßen streifen immer wieder einzelne Mauren in ihren Daraas mit großen Holzbrettern bepackt, auf denen Koranverse geschrieben sind.
                                      Der Hauch des Mittelalters weht immer noch durch die engen Gassen.


                                      Traditionelles Türschloss





                                      Blick in den Innenhof der Moschee


                                      In den Straßen von Chinguetti








                                      Die Oasen sind permanent vom Wüstensand bedroht

                                      Es ist neben der Historie, die Lage, welche Chinguetti besonders macht. Direkt hinter den letzten Häusern der Stadt, türmen sich bereits die großen Sandmassen des Erg Ouarane, eines der größten Dünenfelder der Welt auf.
                                      Chinguetti und das etwas weiter östlich gelegen Ouadane sind die letzten bewohnten Orte vor der Majabat al Kubra, dem leeren Viertel Mauretaniens.

                                      Am Abend trafen wir uns auch wieder mit Abeida und lernten auch zum ersten mal, Hadrami unseren Kamelführer kennen.
                                      Ein freundlicher, stets lächelnder Mann, dessen Alter durch das harte Leben in der Wüste, schwer einzuschätzen ist, jedoch vermutlich über 50.
                                      Er sprach nur ein wenig französisch, aber eine Grundkonversation war auf jeden Fall möglich.


                                      Wir hatten noch einen weiteren Tag in Chinguetti, weil Hadrami die Kamele erstmal holen musste.

                                      So besuchten wir noch eine der Bibliotheken, welche auch als kleines Museum fungierte.


                                      Maurische Bewaffnung. Das Schwert ist ein typisches Takouba


                                      Ich mag halt einfach Schwerter

                                      Der wahre Schatz sind aber die unzähligen teilweise bestens erhaltenen Manuskripte aus fast 900 Jahren, welche in der Bibliothek aufbewahrt werden.


                                      Antiker Schlüssel, der immer noch funktioniert


                                      Alte Handschriften




                                      Neben den religiösen Texten, gibt es auch viele wissenschaftliche Abhandlungen und Chinguetti war auch ein Hort der frühen Naturwissenschaften


                                      Koran aus dem 17. Jhd.

                                      Den Besuch der Bibliotheken sollte man sich keinesfalls entgehen lassen, wenn man schon mal da ist.

                                      Noch einen weiteren interessanten Ort den Chinguetti zu bieten hat und der in keinem Lonely Planet zu finden ist, sind die Minen von Chinguetti.
                                      Etwas ausserhalb aus der Stadt wird in unterirdischen Gruben Lehm zum verputzen der Häuser abgebaut.

                                      Die Minen kann man durch Schächte ähnlich Brunnenschächten erreichen.




                                      Nicht gerade sicher durch all den Sand





                                      Hier unten wird also mit primitivsten Mitteln Lehm gewonnen, die Arbeiter sind meist sehr jung, fast noch Kinder.

                                      Auf dem Weg nach oben passierte mir ein kleines Missgeschick. Ich war schon fast oben und wollte mich an einem Randstein festhalten, da rutschte ich aus und stürzte zurück in den Schacht.
                                      Auf den riesigen Schock folgte die Erleichterung. Ich hatte mich bis auf einen vermutlich verstauchten Finger und ein paar Schnitten nicht verletzt. Der Sand auf dem Boden der Grube hatte meinen Fall abgemildert und meine Reflex das schlimmste verhindert.
                                      Noch voll unter Adrenalin kletterte ich ein zweites mal, nun so vorsichtig wie möglich hoch.

                                      Es war etwas unglücklich, mir so einen Blödsinn einen Abend vor dem Abmarsch zu erlauben, aber zum Glück ist ja alles noch mal gut ausgegangen.

                                      Aufbruch

                                      Es wurde auch langsam Zeit. Der Tag des Aufbruchs war gekommen.
                                      Im Morgengrauen klopfte Hadrami schon an die Tür und so ging es dann los. Nach einem kurzen Frühstück hieß es Abmarsch.
                                      Die Kamele standen bereits im Bataa bereit und voll bepackt. Ein Kamel trug unser Gepäck und das Essen, ein weiteres das Wasser und das dritte Die Ausrüstung von Hadrami und noch etwas von den Vorräten.
                                      Alle Kamele waren weiblich, was mich etwas überraschte, da in der nördlichen Sahara eigentlich nur männliche Tiere verwendet werden.



                                      So verabschiedeten wir uns von Günther und stießen vor ins weite Land.



                                      Nach Chinguetti kommt tatsächlich direkt Nichts. Es gibt keine Peripherie, man springt direkt ins kalte Wasser, oder besser den heißen Sand.


                                      Ein letzter Blick auf die Zivilisation

                                      Endlich wieder Sand unter den Füßen, ich hatte es schon vermisst. Ich musste mich aber erst mal wieder da dran gewöhnen.
                                      Hadrami legte direkt ein ordentliches Tempo vor. Man merkt direkt was für einen Unterschied es macht im Sand gewöhnt zu sein oder nicht.
                                      Nach einem oder zwei Tagen ist man wieder drinnen und dennoch wird man immer wieder aufs neue überrascht, was Struktur, Härte und Beschaffenheit des Sandes angeht. Es ist eine Wissenschaft für sich.


                                      Ich kletterte immer mal wieder auf Dünen um bessere Fotos zu machen




                                      Calotropis. Diese Pflanze sollte mich auf der gesamten Reise begleiten. Selbst im Süden Senegals kommt sie noch in tropischen Wäldern vor


                                      Von der einen Düne blickt man schon auf den Korridor bis zur nächsten Großdüne




                                      Der Blick nach Osten

                                      Es ist ein wenig ein komisches Gefühl nach Osten zu blicken und zu wissen dass in diese Richtung weit über 1000 km. keine Siedlung vorkommen wird und die nächste befestigte Straße erst wieder einige tausend km. weiter östlich am Nil anzutreffen sein wird.
                                      Es ist die Majabat al Kubra (die große Durchquerung), das leere Viertel welches sich hier vor uns auftut.
                                      Wüste ist nicht gleich Wüste. Gerade in einer so riesigen Landschaft wie der Sahara gibt es Unterschiede in der Aridität und Lebensfeindlichkeit der einzelnen Regionen. Im westlich von uns liegenden Adrargebirge ist ein bescheidenes Leben möglich, da die Berge eher Regen anziehen und vor allem in ihrem Gestein und ihren Flussläufen Wasser speichern. Hier können Nomaden und Oasenbauern ein bescheidenes Auskommen finden, auch wenn die Landschaft aus europäischer Perspektive vermutlich als totale Todeszone gilt.
                                      Die Majabat al Kubra ist anders, sie ist ähnlich der Ténéré oder dem großen Sandmeer eine der hyperariden Todeszonen in denen kein Leben möglich ist.
                                      Sie teilt auch kulturell die Sahara in den arabisch bidanischen Teil Mauretaniens und den berbersprachigen Teil der Zentralsahara.
                                      Es war Theodore Monod, der als erster in großen Kamelexpeditionen, die Majabat al Kubra erkundete, aber auch stets nur Randgebiete oder einzelne Abschnitte.
                                      Von den Saharadurchquerern wie Phillipe Frey oder Achill Moser ist mir bekannt dass diese entweder die Nord oder Südumgehung der Todeszone durchgeführt haben.
                                      Es gibt meines Wissens nur einen bestätigten Bericht von einer englischen Expedition, die das Land der Leere in ihrer Kernzone mit Autos durchquert haben.
                                      https://overlanders-handbook2.com/ta...bat-al-koubra/

                                      So bleibt dieses Gebiet eines der wenigen wirklichen leeren Gebiete der Welt und es ist noch Platz für Träume von Landstrichen, die noch kein Mensch gesehen hat.
                                      Wir werden den größten Teil der Tour an ihren Ausläufern entlanglaufen. Im Grenzgebiet der Welt der Lebenden im Westen und der des Todes im Osten.


                                      In den Dünenkorridoren wachsen auch immer wieder einige Akazien










                                      Und wieder überqueren wir einen Dünenzug







                                      Nach dem erklimmen eines weiteren Dünenzuges können wir von oben herab auf den Ort unserer Mittagspause blicken.


                                      Die Oase Laguiela

                                      Noch von den unterirdischen Grundwassertrömen des Bataa Chinguetti gespeist, ist die Oase von Laguiela eine der klischeemäßigsten Oasen, die man sich wünschen kann.
                                      Ein schattiger Palmenhain umringt von Dünenmeeren mit frischen Brunnen.


                                      Häuser der saisonalen Bewohner



                                      Hier wurde erstmal Mittag gemacht. Es waren einige Bewohner da, welche sich zu uns gesellten.


                                      Die gute alte Russenhocke ist auch in Afrika überall verbreitet und wir bis zur Meisterschaft praktiziert

                                      Wie immer gibt es Tee. Hadrami hatte eine möglichst kleine Teekanne, damit das Teekochen so langsam und innefizient wie möglich von statten geht. Denn beim Tee trinken geht es nicht darum Tee zu trinken sondern ums Teetrinken und das braucht Zeit.
                                      Traditionell drei Gläser. Danach kann man sich Gedanken über alles weitere machen.

                                      Modisch fiel mir vor allem einer der Bewohner auf, welcher mit Gummistiefeln bekleidet war. Wer sagts denn geht doch auch damit.




                                      Im Palmenhain

                                      Es wurden noch mal die Wasserkanister gefüllt, denn die nächsten vier Tage sollte kein Brunnen mehr auftauchen.
                                      Nach der Mittagspause ging es Nachmittags weiter in Richtung Südosten.
                                      Hier verabschieten wir uns auch von den touristischen Routen, welche jetzt nach Nordwesten führen wurden und zogen ins Niemandsland.


                                      Ein letzter Blick auf die Oase






                                      Zwischenzeitlich immer mal Senken mit mehr Grasbewuchs


                                      Weißer Sand trifft auf gelben




                                      Tote Tiere die 1.




                                      Spuren eines Sandfisches

                                      Gegen 18 Uhr kamen wir an unserem Nachtlager an. Hier wurden erstmal die Kamele entladen und zum grasen geschickt.


                                      Gehorche !



                                      Unser Nachtlager wurde an einer kleinen Düne aufgebaut als Schutz vor dem ewigen Ostwind.
                                      Zelten ist nicht nötig. Wir schliefen auf der ganzen Tour ausschließlich unter dem freien Himmel.



                                      Ein klein wenig Feuerholz finet sich immer immer irgendwo. Es ist immer so wunderbar einfach ein Feuer in der Wüste anzuzünden, weil alles so trocken ist. Einfach auf einen Haufen legen, mit ein wenig Gras anzünden und es brennt lichterloh und rauchfrei.

                                      Es war kein Gewaltmarsch, aber dennoch waren wir etwas geschafft durch den sandigen Untergrund und die Sonnen und den Wind.

                                      Nah am Lager fanden wir dann dieses kleine Meisterstück.

                                      Pfeilspitze

                                      Diese Pfeilspitze stammt vermutlich aus dem Neolithikum und würde selbst heute noch zum jagen gebrauchen zu sein.

                                      Da die Sahara ein riesiges Freiluftmuseum ist, sollten wir auf unserer Reise noch einiges an menschlichen Hinterlassenschaften aus verschiedenen Epochen finden.

                                      In Kürze dann weiter...
                                      Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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                                        Alter Hase
                                        • 14.03.2012
                                        • 3313
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [MA,MRT,SEN] - Durch die Sahara nach Westafrika

                                        ich mag deine Erzählungen sehr, einerseits ist das wirklich eine Art von Freiheit, andererseits frage ich mich, ob es für die Menschen dort auch wirklich so ist. Ich wünsche ihnen und auch dir Glück - dir bei deinem Reisen und ihnen, dass sie nach ihren Vorstellungen gut leben können.
                                        Two roads diverged in a wood, and I—
                                        I took the one less traveled by,
                                        And that has made all the difference (Robert Frost)

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