[GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2018

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  • Nordwinkel
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    #61
    AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

    Tag 7, Etappe 5 Eqalugaarniarfik Hütte --> Innajuattoq II Hütte

    #049


    Am Morgen des siebten Tages erwachten wir recht früh und begingen unser Frühstück endlich einmal wieder mit herrlich frisch aufgebrühtem Instant-Kaffee. Mit Sicherheit in jenem Moment der beste Kaffee der Welt. Eddie, der Ire, hatte sich schon auf die Socken gemacht, da er ja noch ein gutes Stück weiter gehen wollte, so sich denn das Wetter nicht noch weiter verschlechterte. Die tschechische Familie lag noch in den Zelten und kroch erst nach und nach aus den Schlafsäcken, so dass wir einen entspannten Morgen verbrachten. Dabei warfen wir dennoch einen Blick in unseren, mittlerweile arg verhassten, Reiseführer, der uns zunächst einen recht steilen Anstieg ankündigte. Im Anschluss sollten uns kleinere Passagen bergauf und bergab erwarten, ehe am Ende der Etappe eine Feuchtwiese auf uns wartete. Laut unserem Büchlein besteht zwar keine Lebensgefahr, aber die Möglichkeit stellenweise bis zur Hüfte im Wasser zu versinken. Außerdem sollte die Orientierung ein Hindernis darstellen, da es kaum Wegmarken bzw. Anhaltspunkte gibt. Alles in allem also reizende Aussichten.
    Nach dem wir unsere Sachen zusammengepackt hatten, nahmen wir den Anstieg in Angriff. Dieser brachte uns bereits zu Beginn der Etappe schon recht ordentlich aus der Puste und erforderte doch die ein oder andere Pause. Glücklicherweise liefen wir auf einer Art Weg entlang, einem ATV-Track, wie wir etwas später an den Reifenspuren erkannten. Leider fixierten wir uns ein wenig zu stark auf die Spuren, so dass wir prompt vom Wanderweg abkamen. Eine Erwähnung in der Routenbeschreibung, dass der Trail nur ein kurzes Stück der Piste folgt, wäre natürlich völlig übertrieben gewesen, stattdessen informierte uns das Büchlein eine komplette Seite darüber, dass wir in dieser Region den "majestätischen Seeadler" beobachten könnten. :grumble: Wer braucht bei dieser Ankündigung schon eine genaue Wegbeschreibung. :ugly:
    Am Ende des Anstiegs erwartete uns dieser Ausblick. Zwar pfiff uns der Wind recht stramm um die Ohren, aber so ein Panorama und die durch die Wolken lugenden Gipfel nimmt man als Entschädigung dankend an.

    #050


    Der vor uns liegende See sollte eigentlich am Vortag unser Ziel sein, bis uns die Suche nach der Brücke so übel ausbremste. Auf dem erreichten Höhenkamm wanderten wir ein gutes Stück entlang, wobei sich an dem Ausblick über den See nicht viel veränderte. Leider schaffte es die Sonne nicht, sich durch die Wolkenwand zu kämpfen. Mich beeindruckte dieses Tal zwar auch schon bei diesen sehr diesigen und grauen Wetterverhältnissen, nicht auszudenken, wie dieses Seetal erst im Sonnenlicht wirken muss.
    Wie bereits erwähnt, folgt der Trail nun einem Höhenkamm, wobei dieser Teil des Trails definitiv eines der Highlights für uns war. Das Laufen ging recht gut vonstatten, es gab keine Kriechweiden und der Untergrund war sehr steinig, so dass sich kein Matsch bilden konnte und bei so einer Aussicht läuft es sich im Prinzip sowieso fast schon von selbst.
    Den Seeadler sahen wir übrigens nicht, falls es jemanden interessiert...:ugly:

    #051


    Der Blick zurück stand allerdings auch in keinster Weise zurück. Wobei mich die vielen verschiedenen Grüntöne, das schlechte Wetter und die Felsen wiederum sehr an Irland erinnerten. Zwischen den beiden Bergflanken im Vordergrund schlängelt sich der Trail von der Eqalugaarniarfik Hütte 350m in die Höhe. Die hintere Felswand gehört zum Flusstal, in der sich die Brücke versteckt hält und unbedarfte oder schlecht belesene Wanderer zum Narren hält. Beim Blick auf die Karte fiel mir auf, dass wir von der Eqalugaarniarfik Hütte aus übrigens das erste Mal fern am Horizont einen Meerwasserfjord erspähen konnten. Jedenfalls so lange, bis sich eine imposamte Wolkenwand davor schob, welche sich, wie zu erkennen, die gesamte Nacht über dort an den Hängen halten konnte.

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    • Der Foerster
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      #62
      AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

      Danke fürs Schreiben
      Ist ja regelrecht überlaufen

      Benötigt man eigentlich einen Reisepass? Im Netz finden sich dazu unterschiedliche Aussagen.

      Nachtrag: Was für eine Karte nutzt ihr auf dem GPS? Die originale Topo Greenland von Garmin kostet ja 160,-€
      Zuletzt geändert von Der Foerster; 16.01.2019, 19:45.
      Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass Du es sagen darfst. Voltaire.

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      • tjelrik
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        #63
        AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

        Zitat von Nordwinkel Beitrag anzeigen
        Das waren auch noch nicht die letzten, die wir trafen... lass dich überraschen.
        ach du liebes bisschen... die scheinen den Holländern nachzueifern
        bear shit - sounds like bells & smells like pepper

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        • Nordwinkel
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          #64
          AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

          Zitat von Der Foerster Beitrag anzeigen
          Danke fürs Schreiben
          Ist ja regelrecht überlaufen

          Benötigt man eigentlich einen Reisepass? Im Netz finden sich dazu unterschiedliche Aussagen.

          Nachtrag: Was für eine Karte nutzt ihr auf dem GPS? Die originale Topo Greenland von Garmin kostet ja 160,-€
          Überlaufen ist sicherlich Ansichtssache. Wir haben zusammengenommen 55 Menschen während unserer Tage dort gesehen. Meist aber auch nur sehr kurz oder eben im Vorübergehen. Kommt halt darauf an, wonach man auf der Suche ist.
          Dänemark ist EU-Land, dementsprechend brauchst du nur deinen Perso. Und noch erstreckt sich Grönlands Souveränität nicht auf die Außenpolitik. Dementsprechend reist man quasi innerhalb der EU. Da wir mit dem Zug nach Kopenhagen fuhren, war der Flug nach Kangerlussuaq im Prinzip auch ein Inlandsflug.
          Zum GPS: Ich hatte auf Island die Garmin Fortress 301 am Handgelenk, also ohne Karte, lediglich den GPS-Track, so dass man eine grobe Richtung entnehmen konnte. Die haben innerhalb kürzester Zeit aber beide die Hufe hoch gerissen, als ich den Track für den Arctic Circle Trail ins Gerät kopieren wollte. Danach habe ich entschieden, dass ich wohl keine Garmin-Geräte mehr anfassen werde, zumal mein Autonavi auch diesen Herstellers entstammt. Das hat Sachen gebracht... Glaubt mir kein Mensch. Als Notlösung (im Verlauf aber weit mehr als das) hatte ich mir kurz vor dem Flug den GPX-Viewer Pro für Android heruntergeladen und dort die Karte für Grönland drauf gezogen. Das kostete zwar Geld, war jetzt aber lange nicht bei 160€. Eher 30 oder sowas in die Richtung. Dazu dann den GPS-Track des gelben Buches. Zusätzlich hatten wir aber auch Kompass und Wanderkarten in Papierform dabei. Ich bin zwar kein Orientierungscrack, finde es aber schön, ein wenig über die Landschaft, durch die man wandert, Bescheid zu wissen.

          Zitat von tjelrik Beitrag anzeigen
          ach du liebes bisschen... die scheinen den Holländern nachzueifern
          Aus den Niederlanden haben wir niemanden getroffen, wenn ich mich recht entsinne. Bisher waren die Leute aber alle ganz qitzig, soweit. Aber warte auf die letzten drei, die wir trafen...
          Zuletzt geändert von Nordwinkel; 18.01.2019, 13:41.

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          • Nordwinkel
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            #65
            AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

            #52


            Während wir noch auf dem Hügelkamm entlang wanderten, tauchte auch dieser See auf. Weshalb dieser als einziger von einem Sandufer gesäumt wird, konnten wir abschließend leider nicht erklären. Auch unser informativer und stets genauer Reiseführer, schwieg sich zu diesem Phänomen beharrlich aus. Grade dieser Kontrast hätte mich aber schon interessiert. Auf unserer Wanderkarte konnten wir zumindest die Info entdecken, dass der vermeintliche Sandstrand als Treibsand ausgewiesen wird. Eine Überquerung also weniger ratsam.
            Nach einem wenig anspruchsvollen Wandern, führte uns der Trail zu einem Abstieg, wobei der Pfad uns am Ufer des im Hintergrund zu erkennenden Sees entlangführte. Der Abstieg selbst, als auch die Wanderung am Ufer entlang, erforderte höchste Konzentration. Glitschig, von Kriechweiden gesäumt und mit versteckten Steinen gespickt, sorgte der Weg für eine recht hohe Anzahl an Stolperfallen, die sich sorgsam unter den Kriechweiden versteckten. Meine Liebe zu diesem Gewächs wuchs durch solche Manöver nicht unbedingt an... Bisweilen schlängelte sich der Trail dabei ziemlich dicht am Seeufer entlang, so dass die realistische Gefahr bestand, bei einem Fehltritt in den Genuss eines Bades zu kommen. Da sich der Himmel immer weiter zu zog und auch reichlich Wind aufkam, wollten wir diese Möglichkeit der unfreiwilligen Körperhygiene am liebsten ungenutzt verstreichen lassen. Aus jenem Grund entstanden auch keine, zeigenswerten, Bilder.

            #53


            Trockenen Fußes schafften wir es schließlich am Seeufer entlang, bis der Pfad wieder etwas an Höhe gewann und der See hinter uns zurückfiel. Im Windschatten des über uns aufragenden Berges, nutzten wir die Gelegenheit eine längere Pause einzuschieben und uns ein wenig zu stärken. Windschatten bedeutete an dieser Stelle Segen und Fluch zu gleich. Zwar war es sehr angenehm, keinen Wind um die Nase pfeifen zu spüren, jedoch suchten uns nun Myriaden an winzig kleinen Moschusochsenfliegen heim. Die Viecher tun eigentlich nichts, folgen aber irgendeinem inneren Antrieb und fliegen in wirklich JEDE, erreichbare Körperöffnung, gleich ob Augen, Nase, Ohren etc. Aufgrund der Massen an Fliegen blieb uns schließlich nur noch der Griff zum Mosquitonetz. Andernfalls wäre eine Pause zur Entspannung nicht möglich gewesen. Was wir zu jenem Zeitpunkt noch nicht wussten: Die Netze würden wir bis zum Schluss des Trails nicht mehr dauerhaft loswerden. Zu nervig waren diese kleinen Biester.

            #53a


            So sah dann eine kurze Essenspause aus...

            #054


            Wir folgten dem Pfad weiterhin, welcher sich, erneut an einem Seeufer, immer weiter in die Höhe schraubte. Zwischenzeitlich trafen wir hier auf zwei Wanderer, die in entgegengesetzter Richtung unterwegs waren. Nach etwa einer halben Stunde trafen wir zwei weitere Wanderer, die die Gelegenheit nutzten und uns ansprachen. Es waren zwei junge Frauen aus Polen, die zu viert aufgebrochen waren und für den gesamten Trail nicht mehr als sechs Tage Zeit hatten. Die anderen beiden, die wir zuvor trafen, gehörten wohl zu diesen beiden. Jedenfalls gerieten sie wohl tags zuvor in einen heftigen Sturm inklusive Regen, so dass sie völlig durchnässt waren. Ein weiterer Nachteil, sie hatten keine Möglichkeit, die Kleidung zu trockenen, so dass ihre Rucksäcke noch schwerer geworden waren. Und zu allem Überfluss gerieten die vier in einen heftigen Streit. So liefen sie nun getrennt. Ächzend erfragten die beiden, wie es weiter ginge und wie weit entfernt die Hütte noch sei. Unsere Auskünfte sorgten dabei nicht unbedingt für strahlende Gesichter. Im Nachhinein würde mich interessieren, ob die beiden ihren Flieger noch bekommen haben. Sie hatten insgesamt nur sechs Tage und waren bereits schon zwei unterwegs. Eigentlich nicht wirklich machbar...
            Da sich die Zeiger der Uhr mittlerweile stetig voran bewegten und uns der nun wieder einsetztende Wind ziemlich zu schaffen machte, immerhin vertrieb er zumindest kurzzeitig die Fliegen, nutzten wir einen großen Felsblock um erneut ein wenig länger zu pausieren. Nach kurzer Überlegung und dem Wissen, dass wir über ausreichend Gas verfügten, beschlossen wir kurzerhand, einen nachmittäglichen Kaffee zu kochen und zu genießen. Während wir also unsere schwarze duftende Köstlichkeit zubereiteten, zog das tschechische Pärchen an uns vorbei. Die beiden sahen wir dann auch zum letzten Mal, da sie eine andere Hütte wählten als wir und im Anschluss wollten sie noch den ein oder anderen Gipfel erklimmen, schließlich waren sie eher Kletterer als Wanderer.
            Der Kaffee wirkte erstaunliche Wunder und als wir uns nach einer guten Dreiviertelstunde wieder auf den Trail begaben, fühlte ich mich frisch, ausgeruht und für die anstehende Feuchtwiese gewappnet.
            Als wir am Abfluss des Sees ankamen und die nächste, große Herausforderung angehen wollten, stellten wir fest, dass der Pfad sich zwar, wie in unserem Buch beschrieben, tatsächlich immer wieder verlor, aber keineswegs völlig verschwand. Auch sanken wir in der Feuchtwiese nicht bis zur Hüfte ein, lediglich ein-, zweimal bis über den Knöchel. Die Orientierung stellte auch kein sonderlich großes Hindernis dar, da irgendwie klar war, dass wir bis zu einem Hügelkamm laufen mussten, um dann abzubiegen und eine der beiden Hütten anzusteuern. Die obige Aufnahme zeigt die durchquerte Feuchtwiese. Der Trail führt zwischen dem Berg links und der Hügelkuppe auf der rechten Seite hindurch, direkt in die Feuchtwiese hinein. Rückblickend fürchteten wir diesen Teil der Strecke mehr, als es schlussendlich notwendig gewesen wäre. Allerdings kam erschwerend hinzu, dass wir mit der erfolgten Querung nun von einem sich stetig steigernden Regenguss eingeholt wurden.

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            • Der Foerster
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              #66
              AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

              Ich freu mich schon auf die Fortsetzung

              Was für Rucksäcke (vor allem wie viel Liter Volumen) hattet ihr mit?
              Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass Du es sagen darfst. Voltaire.

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                #67
                AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                Ich habe mal einen Faden für meine Vorbereitung erstellt: https://www.outdoorseiten.net/forum/...-Kangerlussuaq
                Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass Du es sagen darfst. Voltaire.

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                  #68
                  AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                  Zitat von Der Foerster Beitrag anzeigen
                  Ich freu mich schon auf die Fortsetzung

                  Was für Rucksäcke (vor allem wie viel Liter Volumen) hattet ihr mit?
                  Mein Kumpel hatte einen OSprey 70+10l und ich einen Mammut, ebenfalls 70+10l. Zu Beginn der Tour war da schon reichlich Stopfen und Knautschen angesagt. Kleiner würde ich definitiv nicht nehmen. Weitere Fragen habe ich in deinem Faden zur Vorbereitung beantwortet.

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                    #69
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                    #55


                    Während also der Regen stetig zunahm, gingen wir davon aus, dass wir die Hütte wohl bald erreicht hätten, so dass ein Wechsel auf Regenklamotten überflüssig sei. So setzten wir ein Bein vors andere, ohne das die ersehnte Hütte endlich in den Blick kam. Dies führte wiederum dazu, dass unsere Klamotten letztlich nahezu komplett durchweichten. Da sich unser gelbes Reisebüchlein beharrlich über den weiteren Verlauf des Weges nach der Feuchtwiese ausschwieg, stieg bei mir der Wutpegel. Nach einigen Kontrollansichten auf dem GPS, tauchte nach etwa einer Stunde strammen und äußerst nassen Wanderns, endlich die ersehnte Hütte direkt am See auf. Der Anblick führte zu einem ungeahnten Motivationsschub, so dass wir die Hütte fast im Laufschritt erreichten. In selbiger angekommen, stellten wir fest, dass noch kein anderer Wanderer eingetroffen war, wir die Hütte also zunächst allein bewohnten. Dementsprechend breiteten wir uns aus, tauschten unsere Klamotten und hingen die nassen Hosen und Socken zum Trocknen auf. Der Geruch muss unerträglich gewesen sein... Zu allem Überfluss fanden wir noch einige Gaskartuschen, alle noch weitestgehend gut gefüllt. Dem allmorgendlichen Kaffee stand definitiv nichts mehr im Wege. Dies wiederum ließ meinen Wutpegel sinken, steigerte dafür die gute Laune nicht unerheblich.
                    Die Hütte selbst zeigte sich sehr geräumig und groß, viel größer, als es von außen den Anschein hatte. Es gab zwei Räume mit einer Vielzahl an Schlafgelegenheiten. Unsere Freude dämpfte lediglich der leere Heizöltank des Ofens, so dass es keine Möglichkeit gab, die Hütte zu beheizen. Als wir unsere Sachen weitestgehend über den gesamten Raum verteilten, ließen sich Schritte auf der Holztreppe vernehmen. Kurz darauf trat ein junges Paar ein, sichtlich froh, einen Unterschlupf gefunden zu haben. Nach kurzem Smalltalk wechselten wir der Einfachheit halber auf Deutsch, da die beiden aus Südtirol kamen und in Wien wohnten. Als auch die beiden ihre Sachen zum Trocknen aufgehangen und sich soweit das Wasser aus den Haaren und dem Gesicht gewischt hatten, kamen wir ins Gespräch miteinander. Die beiden erzählten von ihren bisherigen Touren, die sie unter anderem schon durch Kirgisien führten und wir wiederum von unseren Erlebnissen in Island. Gleichzeitig nutzten wir die Gelegenheit, den Zustand der vor uns liegenden Etappen zu erfragen, da die beiden in entgegengesetzter Richtung unterwegs waren. Selbstverständlich erzählten wir auch von unserem Abenteuer in Bezug auf die Brücke am Ole's Lakseelv und rieten beiden eindringlichst davon ab, diese zu nutzen, um den Fluss zu queren. Diese Warnungen wiederholten wir noch gefühlte 357mal, bis sie uns versicherten, auf keinen Fall, die Brücke zu nutzen. Nach einiger Plauderei nutzten wir unsere Gaskocher und die passenden Kartuschen, um zumindest einen Hauch von Wärme in die Hütte zu bekommen. Da dies allerdings nicht sehr nachhaltig schien, beschlossen wir recht bald, uns in die Schlafsäcke zu verkriechen. Währenddessen zog draußen ein stattlicher Sturm auf, der die Insel im See an der Hütte weitestgehend verschwinden ließ. Beim Blick aus der Hütte gewannen wir den Eindruck, nicht an einem See zu hausen, sondern direkt am Meer, so aufgewühlt zeigte sich das Wasser vom Wind. Alles in allem aber ein wunderbarer Ausklang des anstrengenden Tages und noch um einiges schöner, durch die herzliche Gesellschaft.

                    Tag 8 - Etappe 6 Innajuattoq II Hütte --> Nerumaq Hütte

                    #056


                    Am nächsten Morgen erinnerte nahezu nichts mehr an den Sturm am Abend zuvor. Nahezu spiegelglatt zeigte sich der See, die Wolken hingen zwar noch tief, lösten sich aber mehr und mehr auf. Dabei ergab sich ein Blick auf die umgebenden Berge, auf denen in der Nacht der erste Neuschnee fiel. Direkt nach dem morgendlichen Kaffee stürmten wir vier nach draußen, um das herrliche Panorama in zweifacher Hinsicht aufzunehmen, zum einen als Bild auf die Speicherkarte, zum anderen als bleibende Erinnerung. Die Ruhe der Natur, die allein durch den ein oder anderen Vogelschrei unterbrochen wurde, nahm uns schlicht gefangen. Einer jener Momente, der meine Faszination in Bezug auf Grönland noch mal um ein Vielfaches steigerte.

                    #057


                    Das Seeufer direkt am Fuße der Hütte, sehr fotogen, wie ich finde. Und nun erkennt man auch die Insel im See ein wenig besser als am Abend vorher. Generell boten sich Motive zuhauf um die Hütte herum, so dass ich im kommenden Beitrag wohl eher Bilder, als Worte für sich sprechen lassen werde. Hätten wir in jenem Moment bereits gewusst, was uns auf der nun folgenden Etappe erwartete, wir wären vielleicht auch einfach noch einen Tag länger in der Hütte geblieben.

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                    • agricolina
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                      #70
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                      Manno...

                      Kann das sein, dass du ein Serienfan bist? Immer diese Cliffhanger...

                      Ich lese gerne mit und warte auf die Fortsetzung. Vielen Dank schon mal für den schönen Bericht. Tolle Gegend.

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                      • Nordwinkel
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                        • 11.12.2018
                        • 58
                        • Privat

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                        #71
                        AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                        Zitat von agricolina Beitrag anzeigen
                        Manno...

                        Kann das sein, dass du ein Serienfan bist? Immer diese Cliffhanger...

                        Ich lese gerne mit und warte auf die Fortsetzung. Vielen Dank schon mal für den schönen Bericht. Tolle Gegend.
                        Vielen Dank. Na ja, ich schreibe halt schon ganz gern und versuche den geneigten Leser bei Laune zu halten.=)

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                        • Nordwinkel
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                          #72
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                          #58


                          An jenem Morgen entstanden eine Vielzahl an Bildern, so dass ich hier kurz die Erzählung unterbreche und in diesem Beitrag Bilder zeigen möchte, ohne groß Worte zu verlieren. Dieses Plätzchen mit der Hütte am See hatte es uns einfach angetan, nicht zuletzt auch wegen der fröhlichen Bekanntschaft, die wir dort schlossen.

                          #59


                          Doch noch ein kurzer Satz, über den in den Wolken liegenden Hügel sollte uns der Trail im Laufe der vor uns liegenden Etappe führen. Dementsprechend ließen wir uns beim Aufbruch auch reichlich Zeit, in der Hoffnung, die Sonne würde die tiefhängenden Wolken vertreiben.

                          #60


                          Das Seeufer direkt an der Hütte.

                          #61


                          Der Blick zurück, aus dieser Richtung kamen wir tags zuvor.

                          #62


                          Der Abfluss des Sees an der Hütte. Diesen galt es direkt zu Beginn der Etappe zu furten. Kein ganz einfaches Unterfangen, wie man eventuell im Bild erkennen kann.

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                            • 11.12.2018
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                            #73
                            AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                            #63


                            Nach unserer ausgiebigen Fotosession am See, packten wir alsbald unsere Sachen zusammen und begaben uns auf die nächste Etappe des Trails. Laut der Ankündigung unseres zuverlässigen Reiseführers, erwartete uns am heutigen Tage ein als "leicht" eingestufter Abschnitt. Unmittelbar hinter der Hütte, galt es zunächst den Abfluss des Sees zu durchqueren. Da sich unsere Motivation, so kurz nach dem Aufbruch bereits die sorgfältig geschnürten Wanderschuhe wieder aufzudröseln doch sehr in Grenzen hielt, verschwendeten wir etwa eine halbe Stunde bei der Suche nach einer Stelle, die das Furten des Flusses ohne einen Wechsel des Schuhwerks möglich machte. Diese fanden wir, jedenfalls oberflächlich gesehen, direkt am Ablauf des Sees. Während ich mit rentiergleicher Eleganz von Stein zu Stein hüpfte, versank ich bereits beim zweiten Stein weit über dem Knöchel im Wasser, so dass meine Schuhe zwar nicht komplett unter Wasser standen, aber zumindest derartig nass wurden, dass sie wohl mindestens einen kompletten Tag in der Sonne stehen müssten, um wenigstens ansatzweise trocken zu sein. Meinen Kumpel erging es ähnlich, nur dass er, wie auch im letzten Jahr auf dem Laugavegur reichlich mit Blasen bzw. deren Bildung kämpfte. Da sind nasse Schuhe und Socken natürlich völlig kontraproduktiv. Weshalb wir nicht einfach die Schuhe wechselten und uns die halbstündige Suche sparten? Wir können es uns im Nachhinein auch nicht erklären. Es sollte auch nicht die einzige Furt bleiben, die wir absuchten und mit "Steine hüpfen" durchqueren wollten... :ugly:

                            #64


                            Nach dem ersten Malheur mit der Furt, stiefelten wir etwas übelllaunig los. Dabei wurden wir auf dem Pfad von knie- bis hüfthohen Kriechweiden empfangen und begleitet, die nach dem Regenguss des Vortages reichlich Wasser auf ihren Blättern sammelten. Weshalb wir nach den ersten Metern nicht so gleich in unsere Regenhosen schlüpften, stellt ein weiteres Mysterium dar. Auf die Idee kamen wir erst sehr viel später, die Hosen waren dann allerdings schon reichlich durchgeweicht. :ugly: Auf die nasse Wanderhose die wasserdichte Regenhose zu ziehen, stellt ebenfalls nur eine mäßig kluge Idee dar. Denn wirklich trocknen, kann die Hose so schließlich auch nicht. Zu allem Überfluss legte sich der anfängliche Wind, so dass wir zwangsweise die Mosquito-Netze wieder aufziehen mussten. Dazu zeigte sich der Trail am Hang entlang von seiner eher hässlichen Seite, da der Regen den Pfad in eine Schlammrinne verwandelte und wir ständig Acht geben mussten, nicht wegzurutschen. Dazu kam erschwerend hinzu, dass auf dem Pfad auch reichlich Steine verteilt lagen, die man aufgrund des Kriechweidenbewuchses nur schwer ausmachen konnte. So stolperten wir mitunter einige Meter mehr, als das wir wanderten. Alles in allem also alles andere als eine "leichte" Etappe. Nach etwa vier Kilometern unterbrachen wir erstmalig unsere Wanderung und warfen einen Blick zurück auf die Innajuattoq-Hütte. Ohne die Fliegen und ohne nasse Hosen und Socken, eigentlich ein schöner Ausblick von dort oben. So richtig genießen konnten wir den Moment jedoch nicht.

                            #65


                            Der Weg führte uns in stetigem Auf und Ab an einem Hang entlang, so dass uns die Probleme beim Wandern erhalten blieben. Mitunter kamen wir an solchen kleinen Ebenen vorbei, die aufgrund ihrer Seen eigentlich zu ausgedehnten Pausen einluden. Da aber auch die Fliegen- und Mückenpopulation an solch idyllischen Plätzchen sprunghaft anstieg, hielten wir es nur selten lange aus. Immerhin trocknete zumindest meine Hose nach den ersten längeren Passagen ohne Kriechweiden langsam aber sicher. Die Schuhe hingegen blieben feucht, dass sollte sich aber auch bis kurz vor Sisimiut nicht mehr grundlegend ändern.
                            Während einer kürzeren Pause studierten wir wiederholt unseren zuverlässigen Reiseführer und fanden einen Hinweis auf eine Gabelung des Trails. So sollte der Pfad sich teilen, wobei der offizielle Trail in das Tal hinab führt, an dessen Hang wir bisher wanderten. Es gibt aber auch ein alternatives Stück, dass statt abwärts noch ein sanftes Stück bergauf führt und einen zauberhaften Blick über das Flusstal versprach. Anschließend sollte die zweite Variante wieder auf den Trail stoßen. Da wir doch ein wenig unser Vertrauen in den Reiseführer verloren hatten, beschlossen wir auf dem offiziellen Teil zu bleiben, da der Routenbeschreibung auch keinerlei Informationen zu entnehmen waren, wie sich der Abstieg ins Flusstal von der Alternativroute gestaltete. Leider war im Buch kein Hinweis zu finden, welcher Route der GPS-Track folgte, dies sollten wir allerdings bald herausfinden.

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                              • 30.01.2016
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                              #74
                              AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                              Ich erkenne uns wieder – zu faul, um auf Furtschuhe zu wechseln oder rechtzeitig(!) Regensachen anzuziehen
                              Trekkingblog: lustwandler.at

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                                • 11.12.2018
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                                #75
                                AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                                Zitat von bourne Beitrag anzeigen
                                Ich erkenne uns wieder – zu faul, um auf Furtschuhe zu wechseln oder rechtzeitig(!) Regensachen anzuziehen
                                Schön zu lesen, dass es scheinbar auch anderen so geht. Dachte schon, wir wären die einzigen, die immer wieder der Faulheit anheim fallen.

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                                • Nordwinkel
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                                  #76
                                  AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                                  #066


                                  Als wir unserem Weg weiter folgten, bemerkten wir etwas später vier Wanderer, die im Tal aufstiegen. Als sie sich etwa auf gleicher Höhe mit uns befanden, bahnten sie sich aber noch gute 40-50 Meter unter uns ihren Weg durchs Gestrüpp. Da wir aber an keinem Abzweig wissentlich vorbei liefen, gingen wir zunächst davon aus, dass die entgegenkommenden Wanderer einer anderen Route folgten. Zusätzlich warfen wir einen Blick auf den GPS-Track, dieser bestätigte, dass wir uns auf dem markierten Trail befanden. So trabten wir weiter über den von Kriechweiden zugewachsenen Pfad und begannen uns langsam aber stetig ob der Tatsache zu wundern, dass der Reiseführer einen Abstieg ins Flusstal ankündigte, der weiterhin auf sich warten ließ. Immerhin entnahmen wir der Karte, dass wir diesem Tal noch ein gutes Stück weiter folgen würden, um dem Fluss zu folgen, bis dieser einen Bogen nach rechts schlägt, diese Biegung ist in Bild #067 bereits zu erkennen). Relativ dicht nach dieser Biegung sollten wir das Tagesziel erreichen, die Nerumaq-Hütte.

                                  #067


                                  Als wir im späteren Verlauf des Weges weiterhin keinen Abstieg bewältigten, keimte langsam aber sicher ein Verdacht auf. Bei einer etwas längeren Pause, suchten wir uns einen Vorsprung, der einen großartigen Blick ins Tal erlaubte. Gleichzeitig erwies sich der Platz als äußerst günstig, da an so exponierter Stelle auch etwas Wind aufkam. Dieser vertrieb die Fliegen, so dass wir den Ausblick ohne Mosquitonetz genossen. Dabei sprang uns im Tal eine recht deutliche Linie ins Auge, die gelegentlich durch kleinere Steinhaufen unterbrochen wurde. Langsam erahnten wir, dass wir auf der Alternativroute unseres Reiseführers wanderten. Ohne jedwede Bemerkung, dass der beiliegende GPS-Track diesem kurz und knapp erwähnten Weg am Hang folgte, wuchs unser Unmut hinsichtlich des Buches in weitere ungeahnte Höhen. Zwar genossen wir von unserem Pausenpunkt einen herrlichen Rundumblick über das Flusstal, erkannten aber keinerlei Anhaltspunkte, wie der Abstieg ins Flusstal wohl zu bewältigen wäre. Böse Vorahnungen stiegen auf.

                                  #068


                                  Mit dem schlimmsten rechnend, stolperten wir weiter durch zähe Kriechweiden (meine anfängliche Bewunderung dieser Überlebenskünstler schlug Meter um Meter in pure Aggression um, ohne dass ich ahnte, was uns auf der nächsten Etappe erwarten würde...), bis sich der Pfad langsam aber sicher bergab wand und sich nach und nach im Dickicht verlor. Glücklicherweise konnten wir von unserer erhöhten Position aus den eigentlichen Trail sehr gut erkennen, so dass wir auch ohne Pfad recht glimpflich davon kamen und unser Zorn über den unzulänglichen Reiseführer ein wenig verrauchte. Immerhin, die Aussicht vom Hang ins Tal lohnte den Aufwand durchaus. Weiterhin kam hinzu, dass dort oben ein halbwegs stetiger Wind wehte, so dass wir die Aussicht stellenweise auch ohne Netz vor dem Gesicht aufnehmen konnten. Im Tal sah dies natürlich gänzlich anders aus, fast gewannen wir den Eindruck jubelnde Fliegenschwärme zu vernehmen, dass wir nun endlich in ihre Reichweite gelangten.
                                  Wie man sieht, hielt uns der Wettergott die Treue und belohnte uns zumindest mit reichlich Sonnenschein, so dass unsere Beinkleider weitestgehend trockneten, lediglich die Schuhe verdoppelten gefühlt ihr Gewicht, aufgrund unserer Dummheit zu Beginn der Etappe. Nach weiteren anstrengenden Kilometern durch Kriechweiden und erstaunlich viel Morast, erreichten wir die Flussbiegung und erhaschten einen ersten Blick auf das traumhafte Tal, in welcher die von uns anvisierte Hütte stand. Etwas motivierter nahmen wir nun auch noch die letzten drei Kilometer unter die Füße, laut Reiseführer erwarteten uns nun wohl auch keine größeren Schwierigkeiten mehr... . Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Die letzten drei Kilometer zehrten noch mal extrem an unseren Nerven, da es über einige wirklich große Felsbrocken zu klettern galt, der Pfad mitunter durch erstaunlich tiefe Schlammpfützen führte und die von mir äußerst geschätzten Kriechweiden mir auch noch den letzten Nerv raubten. Da ich aber über einen Grund für meine Wut und Aggression verfügte, stellte ich die Entscheidung, den Trail zu wandern nie grundsätzlich in Frage. Lediglich die Beschreibungen des Reiseführers und die Kompetenz der Autoren. Zwischenzeitlich kam in uns auch der Gedanke auf, als wären die Autoren nur einen Teil des Trails gewandert, da die Routenbeschreibungen nach der fünften oder sechsten Etappe immer spärlicher ausfielen.
                                  Glücklicherweise erblickten wir nach etwa einer halben Stunde die Hütte, so dass unsere Motivation wieder stieg und wir selbige nach etwa 45 Minuten auch endlich erreichten. Dort angekommen stellten wir zunächst unsere Schuhe in das letzte Sonnenlicht, um wenigstens noch ein wenig der Feuchtigkeit zu vertreiben. Da die umliegenden Felswände allerdings ziemlich hoch sind, tauchte die Sonne recht bald ab und wir saßen im Schatten. Um die Hütte herum fiel uns ziemlich viel Müll negativ auf, auch hierfür erhielten wir am Ende unserer Wanderung eine Erklärung.
                                  Da sich zum Abend hin auch keinerlei Wanderer mehr zeigten, verfügten wir über den Luxus, die Hütte allein bewohnen zu dürfen. So breiteten wir uns nach allen Regeln der Kunst aus und fanden bei genauerer Inspektion des Innenlebens nicht weniger als drei volle Pappkartons mit Gaskartuschen, passend für unseren Kocher.:ugly: Wir erlaubten uns den zusätzlichen Luxus, eine der Kartuschen zu nutzen, um mit dem Brenner die Hütte ein wenig zu beheizen, da es mit dem Verschwinden der Sonne erstaunlich abkühlte. In einer kurzen Tagesrevue, fluchten wir erneut wie die Kesselflicker über die Autoren unseres Reiseführers, hinterfragten die Einstufung der Etappe in die Kategorie "leicht" und stießen noch die ein oder andere Verwünschung in die Verfasser aus, bis wir uns soweit beruhigten, uns unser Abendbrot zu bereiten. Im Anschluss jagten wir noch gute anderthalb Stunden eine schier unglaubliche Anzahl an Mosquitoes (bei 56 oder 57 habe ich aufgehört zu zählen), und beendeten den Tag, völlig erschöpft, bereits gegen halb acht am Abend. Nicht aber, ohne mit ausgeprägter Skepsis die Etappenbeschreibung des nächsten Tages zu studieren, die, sehr zu meiner Erheiterung, "mannshohe Kriechweiden" versprach. Hätte ich in jener Nacht, von diesen Gewächsen geträumt, wäre dies wohl nur wenig verwunderlich gewesen. Glücklicherweise blieb mir ein Traum hierzu erspart.

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                                    #77
                                    AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                                    #069


                                    Der Morgen zeigte sich von seiner besten Seite, wenngleich im Flusstal der Hütte sich reichlich kalte Luft hielt. Wie man auf dem Bild ganz gut erkennen kann, scheint die Sonne erst recht spät über die umliegenden Berge und verschwindet am Nachmittag auch wieder recht schnell. Die Kälte sorgte aber dafür, dass sich die Mücken und Fliegen vorerst nicht blicken ließen. Als wir erwachten ergab ein Blick auf die Uhr, dass wir nicht weniger als volle 13 Stunden in der Koje lagen, was uns doch ein wenig überraschte. Die Etappe tagszuvor forderte uns zwar einiges ab, aber dass sie uns derartig erschlug, verwunderte uns dann doch.
                                    Mit einem frisch aufgebrühten Kaffee sortierten wir ziemlich routiniert unsere sieben Sachen, so dass wir kaum eine Stunde nach dem Aufwachen bereits unsere Rucksäcke schulterten und uns auf die Suche nach einer Furt begaben. Der Beginn der nächsten Etappe erforderte direkt zu Beginn das queren des Flusses, welchem wir heute im Laufe des Tages eine ganze Weile folgen würden. Man sollte meinen, wir hätten mittlerweile gelernt, dass es wenig Sinn ergibt allzu lange nach einer geeigneten Stelle zu suchen, die das Ausziehen der Schuhe nicht erfordert. Aber auch hier wanderten wir einiges an Strecke flussauf und flussab, bis wir feststellten, dass die Steinmännchen die beste Stelle zum Furten markierten. Diesmal kamen wir aber trocknen Fußes auf die andere Flussseite.
                                    Im Anschluss führte der Pfad zunächst durch einigermaßen anspruchsloses Gelände, die angekündigten "mannshohen Kriechweiden" erwarteten uns erst später.
                                    Als wir dem Flusslauf um eine Biegung folgten und dadurch in den Genuss der wärmenden Sonne kamen, erforderte dies wiederum den Einsatz der Mosquitonetze. :ugly:

                                    #70


                                    Nein, dies ist keine Aufnahme bei Blende 22 um die Verdreckung des Sensors bei einer solchen Wandertour zu dokumentieren. Die Sonnenstrahlen sorgten für erstaunliche große Wolken von Moschusochsenfliegen, die durch den Windschatten der umliegenden Gipfel dafür sorgten, dass wir erneut die Umgebung und das wirklich hübsch anzusehende Flusstal nur durch die Netze betrachten konnten.
                                    Nach etwa einer Stunde entspannten Wanderns kamen wir nun an jene Stelle, an der dieses Bild aufgenommen wurde. Kriechweiden..., gab's zwar vorher schon, aber diese hier waren absolute Prachtexemplare. Ich hänge mal ein Bild dazwischen, dass dies ganz gut veranschaulicht.

                                    #70a


                                    In diesem Falle bleibt mir kaum etwas anderes übrig, als den Autoren des Reiseführers zähneknirschend zuzustimmen, die Kriechweiden gediehen in diesem Tal wirklich prächtig. Erstaunlicherweise kam ich mit diesen hohen Sträuchern besser klar, als mit den knie- bis hüfthohen. Die Sicht auf den Pfad war einfach besser und wir stolperten weniger über Steine und Wurzeln. Die Insekten hielten die Gewäche jedoch leider nicht ab.

                                    #071


                                    Der Blick zurück, ein gutes Stück weiter rechts, hinter dem Hügelrücken, liegt die Nerumaq-Hütte. Wie man auf der Aufnahme erkennt, litt der Trail, bzw. der Pfad, recht ordentlich unter den Niederschlägen. Diese fielen zwar nicht so ausgiebig wie in manch anderen Jahren, dass der Pfad dennoch voll lief, wie eine Dachrinne, entsprang einer anderen, recht verstörenden, Tatsache. Darauf werde ich an späterer Stelle nochmal zurück kommen.
                                    Landschaftlich veränderte sich auf diesem Teil der Etappe nicht mehr fürchterlich viel, allerdings erwartete uns alsbald eine weitere Querung des Flusses für etwa einen Kilometer, ehe wir uns wieder auf das andere Flussufer begaben. Der Hintergrund für diesen ungewöhnlichen Zickzackkurs liegt in dem kurzzeitig sehr weichen Gestein begründet, durch das sich der Fluss schlängelte. Etwas weiter flussabwärts entstand daruch eine ziemlich tiefe Schlucht, fast schon ein Canyon, der zu Fuß mit Rucksack auf dem diesseitigen Flussufer im Prinzip nicht zu bewältigen ist.

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                                      #78
                                      AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                                      Danke fürs Weiterschreiben Der Reiseführer überzeugt ja wirklich Werde ihn trotzdem kaufen
                                      Vor allem aber hoffe ich, dass wir keine ernsthaften Mücken- und Fliegenprobleme mehr haben werden
                                      Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass Du es sagen darfst. Voltaire.

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                                      • Nordwinkel
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                                        • 11.12.2018
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                                        #79
                                        AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                                        Zitat von Der Foerster Beitrag anzeigen
                                        Danke fürs Weiterschreiben Der Reiseführer überzeugt ja wirklich Werde ihn trotzdem kaufen
                                        Vor allem aber hoffe ich, dass wir keine ernsthaften Mücken- und Fliegenprobleme mehr haben werden
                                        Für einen groben Überblick ist der Reiseführer brauchbar, für mehr aber auch nicht. Wie gesagt, ich kann den englischen sehr empfehlen, auch wenn die Etappeneinteilung da etwas anders vorgenommen wird. Bei den Mücken und Fliegen halte ich euch die Daumen.

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                                          #80
                                          AW: [GL] "DON'T take the bridge!" Der Arctic Circle Trail + Ilulissat Grönland 2

                                          #072


                                          Man sollte meinen, dass wir nach den bisherigen Furten gelernt haben sollten, dass es sich selten lohnt auf und ab zu laufen um eine geeignete Furt zu finden, an der wir nicht unser Schuhwerk hätten wechseln müssen. Doch weit gefehlt. Auch hier liefen wir etwa zehn Minuten den FLuss hoch und runter, in der Hoffnung eine Stelle zu finden, auf denen wir auf Steinen trockenen Fußes auf die andere Seite kämen. Diese fanden wir nicht, so dass ich mich in meinen Wanderstiefeln, jeglicher Vernunft trotzend, in die Fluten stürzte. Dabei stellte ich sehr schnell fest, dass der Fluss eine stärkere Strömung aufwies, als ich vermutete. Als ich gute zwei Drittel mit trockenen Füßen bereits passiert hatte, trat ich auf eine Art kleines Plateau unter Wasser. Dies sah von oben recht flach aus und das Wasser schien auch nicht zu stark darüber zu fließen. Meine Beobachtungen trafen auch alle zu. Leider fehlte in meinen Überlgungen die möglicherweise sehr schmierige Oberfläche des Steins. Nach einem kunstvollen Ausfallschritt und panischem Festklammern an meinen Wanderstöcken ging ich zumindest nicht komplett baden. Meine kleine Showeinlage sorgte dafür, dass ich im linken Schuh ordentlich Wasser tankte.
                                          Der Pfad führte uns dicht am Flussufer entlang ein gutes Stück bergab, bis wir an eine weitere Furtstelle kamen, an der wir den Fluss erneut überqueren sollten.

                                          #073


                                          Man mag es vielleicht nicht für möglich halten, an dieser Furt setzte dann allerdings endlich mein Verstand ein und obsiegte über die Faulheit. Zwar lief ich noch ein kleineres Stück weiter flussabwärts, da an der markierten Furt die Strömung für mich zu heftig aussah, diesmal wechselte ich direkt mein Schuhwerk und tänzelte elegant wie eines dieser Rentiere über den Fluss. Zwischenzeitlich verlor ich zwar, aufgrund der Kälte des Wasser, jegliches Gefühl in meinen Füßen, am anderen Ufer angekommen, nahm das Blut seinen Dienst wieder auf, so dass innerhalb kürzester Zeit meine Füße wohlig warm wurden. Meinem Kumpel erging es leider nicht so gut, da er auf überflüssiges Schuhwechseln verzichten wollte; Hintergrund sind wirklich erstaunlich große Blasen an der Ferse. Er versuchte sich an einer Tütenkonstruktion, die die Füße trocken halten sollte, auch wenn der Schuh im Wasser versank. Dies klappte in zwei von drei Fällen, an der letzten Furt liefen ihm allerdings die Tüten voll und setzten seine Schuhe komplett unter Wasser.
                                          So nutzten wir das Ufer und breiteten unsere nassen Schuhe und Socken in der Sonne aus, in der Hoffnung, sie würden zumindest ein wenig Feuchtigkeit abgeben. Unterdessen genossen wir die herrliche Aussicht auf die uns umgebende Landschaft, einziger Wermutstropfen: den visuellen Genuss schränkten die Netze vor dem Gesicht doch arg ein.

                                          #074


                                          Nach etwa einer halben Stunde zogen wir zumindest trockene Socken über die Füße, dieser Zustand hielt allerdings nur so lange an, bis wir in die noch immer nassen Schuhe schlüpften. Auf unserem Plan standen nun noch etwa 10 Kilometer, bis zur letzten Hütte auf dem Trail. So langsam realisierten wir bei dem nun folgenden Wegstück, dass wir möglicherweise den letzten kompletten Tag in der grönländischen Wildnis verbringen. Ein wenig Wehmut stellte sich bei mir dabei schon ein, andererseits kontrastierte der Stolz auf das Geleistete, trotz aller Widrigkeiten, die einsetzende Melancholie.
                                          Wir liefen bei bestem Wanderwetter durch das grüne Flusstal und erfreuten uns an der Aussicht, die sich uns bot. Der Weg verlief sehr eben und auch der Matsch hielt sich nun mehr in Grenzen. Da auch die Kriechweiden an dieser Stelle nicht sonderlich in die Höhe schossen, ließ es sich sehr angenehm wandern. Einzig die Schwärme an Fliegen empfand ich in diesem Idyll dann doch als störend.

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