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Schottland, 28.9 bis 15.10.2018
Tja, wie fängt man so einen Reisebericht an? Vielleicht am besten mit ein paar Worten zur Planung und zur Vorgeschichte.
Raus in die Natur bin ich schon seit mehreren Jahren regelmäßig gefahren – immer mit dem Fahrrad, immer auf der Suche nach schönen Plätzen ab vom Weg. Touristenhotspots, bekannte Wälder mit riesigen Parkplätzen und alles voller Menschen – das habe ich als Dorfkind nie so richtig verstanden. Das hat man doch schon unter der Woche von morgens bis abends und an jedem Tag, den man irgendwas in der City macht. Wieso dann auch noch beim „Naturtag“?
Unvergessen mein erster „Tag im Park“ in Berlin. Meinte der Kollege zu mir, lass mal im Park treffen. Ab ans Ostkreuz, kommen wir zu einem Spielplatz und einer - sorry - schäbigen kleinen Wiese, wo sich die Leute dicht an dicht gedrängt haben und jede zweite Gruppe Lautsprecher dabei hatte. Bleibt er auf einmal stehen und breitet seine Decke aus. Sage ich zu ihm: „Hey, ich dachte wir wollten in einen Park?“ „Das ist der Park.“ Schaut mich voller Unverständnis an.
Irgendwann fragte ich mich: Wieso eigentlich immer nur Tagestouren? Gerade im Winter, gerade wenn man abends mal etwas länger unterwegs war und erst nachmittags losfährt hat man kaum mehr als 2-3 Stunden draußen. Und dann geht es schon wieder zurück. Wieso nicht einfach mal mit Zelt? Draußen übernachten? Das tat ich dann auch. Mitte Dezember. Meine Ausrüstung war völlig unzureichend, es war unglaublich kalt, aber was solls – ich hatte einen tollen Tag irgendwo im Nirgendwo in Brandenburg. Und viele ungläubige Blicke unter Freunden in der nächsten Woche, als ich erwähnte, ich hätte am Wochenende eine Nacht draußen verbracht.
Aber das reichte mir irgendwann auch nicht mehr. Wenn man die Natur schon so mag, wieso nicht mal 2 Wochen am Stück irgendwo wandern? Ich las ein paar Erfahrungsberichte hier im Forum bzw. im Internet, unter anderem einen, in dem jemand berichtete, 2 Wochen in Schottland durch die Einsamkeit marschiert zu sein und sich eine einsame Hütte wegen Regen ein paar Tage mit einer Maus geteit zu haben.
Ich war Anfänger. Fittnesslevel solala. Es sollte alleine sein. Mal zum Nachdenken kommen. Also entschied ich mich für Schottland. Skandinavien war mir als Rookie dann doch etwas zu krass. Zunächst kaufte ich mir eine große Karte, die ganz Schottland abdeckte. Und markierte mir beliebte Touren, wie den Westhighlandway. Anfängerfreundlich, nahe den Straßen, viele Hütten – genau das, was ich nicht suchte.
Die Planung begann schon im März 2018. Ab da verzichtete ich aufgrund meines eher engeren Studentenbudgets auf einige Lebensqualität, einmal gabs wochenlang nur Reis und Müsli, damit ich mir die passende Ausrüstung leisten konnte. Aber hey – klare Zielsetzung erfordert manchmal eben Opfer. Und ich hatte meinen Urlaub, auf den ich mich freuen konnte (und brauchte die Ausrüstung ja auch für Wochenendtouren).
Als erstes nahm ich mir Urlaub und buchte den Flug. Ist mein Budget als Student doch arg beschränkt musste es vor allem günstig sein. Aber manchmal hat man eben Pech. To make a long Story short – ich zog mir eine Verletzung zu, wurde geschient und konnte für 5 Wochen keinen Sport treiben. Und musste den Urlaub um 2 Wochen nach hinten schieben. An einem Montag konnte ich wieder schmerzfrei laufen, am Freitag sollte es losgehen. Knappe Planung, aber es half nichts. All die Planung, all die Opfer für nichts und wieder nichts? Nein. Nicht mit mir. Im Ergebnis musste ich meinen Wanderurlaub antreten, ohne auch nur einen einzigen Gipfel zur Vorbereitung gemacht zu haben und gerade wieder bei Null anfangend.
Die Ausgangssituation konnte also nicht besser sein:
- meine erste Tour die länger ist als 2 Übernachtungen
- alleine
- über 50% der Ausrüstungsgegenstände noch nicht getestet
- Zelt dem Wind leider kaum gewachsen (konnte ich vorher mangels Wind nicht testen)
- seit 5 Wochen ohne Training
- mit 18kg auf dem Rücken, vorher nie mehr als 10kg
- im Oktober in Schottland
→ Trotzdem war ich selten optimistischer und freudiger Learning by Doing!
Freitag der 28.9 bis Sonntag der 30.9.18: München – Edinburgh - Inverness
Mein Flug startete abends in München. Von dort ging es nach Edinburgh. Die erste Nacht verbrachte ich nahe dem Flughafen über AirBnB. Dort sortierte ich gleich mal 1,5kg Gewicht aus.
Samstag vormittag dann mit dem Bus ins Zentrum, in einen Outdoorladen (Tiso), Gas und Kartenmaterial besorgen. Ca. 2 Stunden wurde ich mit den Karten beraten. Klasse Service! Wobei bedingt durch die Jahreszeit auch nicht übermäßig viel los war.
Dann ging es mit dem Bus nach Inverness. Im Voraus gebucht hatte ich nichts, aber ich hatte Glück und erwischte direkt („the next one?“ *schaut auf die Uhr* „in 3 Minutes“) einen Bus. Schon die Bustour war toll, eine Weite und wunderschöne Graslandschaften. Ein Tipp: es gibt einen Bus zwischen Inverness und Edinburgh, der hält nur ein oder zweimal. Den hatte ich bei der Hintour. Und dann gibt es einen Bus, der hält bestimmt 20mal. Kostet dasselbe. Nimmt jede Kurve mit, ständig im Kreis, Lesen – unmöglich. Den habe ich bei der Rücktour erwischt. Nehmt unbedingt den Bus, der nicht überall stoppt!
Kaum kam ich in Inverness an, fing es auch schon an zu schütten. Statt also in der Dunkelheit loszulaufen entschied ich mich, eine weitere Übernachtung in einem Hostel zu buchen. Das schien mir noch vertretbar. Am nächsten Morgen nahm ich dann den Bus nach Drumnadrochit und begann dort meine Tour.
Unvergessen das Gespräch mit dem Busfahrer. Regnet es am Morgen in Strömen. Alle Leute rennen nur von Unterstand zu Unterstand, niemand will länger als nötig im Regen stehen. Steige ich in den Bus ein. Als der Busfahrer mich und meinen Rucksack sieht, denkt er scheinbar trotzdem, dass ich ein Tagestouri bin, der von Hostel zu Hostel fährt. Als er auf mein Ticket schaut, sagt er nur entsetzt:
„One Way?????“
Ich muss Grinsen. Außer mir ist im Bus nur eine Gruppe Jugendlicher, die sich wahrscheinlich das Castle anschauen und dann abends wieder nach Inverness fahren, um sich in ne Kneipe zu setzen.
Raus aus dem Bus. Endlich ging es los. Meine Güte. 18Kg auf dem Rücken– das war doch ziemlich viel. Und meine Fitness war ja auch arg im Keller. Kaum 15min gelaufen, musste ich meine erste Pause machen. Viel Regen. Stoßweise. 15Min kein regen, dann wieder 15min starker Regen. Ich entschied mich, die Regenjacke gar nicht erst auszuziehen sondern permanent anzubehalten. Die Landschaft war schön, erinnerte mich aber doch noch stark an Deutschland & Die Alpen. An einem See entschied ich mich, querfeldeinzulaufen und auf eine Weide. Die Schaafe waren doch arg scheu und hielten großen Abstand.
Als ich am Loch Meiklie ankam, wollte ich diesen links umlaufen. Dafür musste ich aber über Privatgrund. Just in dem Moment in dem ich hätte umkehren müssen, weil mir ein Gatter den Weg versperrte, kam witzigerweise die Eigentümerin mit Hund vorbei und ließ mich passieren. Und ich fand einen Ort, den ich so schön fand, dass ich am liebsten direkt da mein Zelt aufgeschlagen hätte. Nach Rücksprache mit der Eigentümerin erlaubte sie mir das auch. Sie bot mir sogar an, in der Scheune zu übernachten. Ihr habt es euch gedacht – es sollte in der Nacht heftig regnen. Ich entschied mich, mein Lager auf Stroh auszurichten – und kam mir vor wie Josef an Weihnachten. Der hintere Teil des riesigen Grundstücks machte den Eindruck, als sei hier seit Jahren niemand mehr gewesen. Die Mauer dagegen den eindruck, sie sei deutlich älter.
Den Abend verbrachte ich lesend mit meinem Kindle und der tollen Aussicht. Nachts war das Prasseln des Regens aufs Scheunendach doch recht intensiv.
Am Nächsten Morgen, Montag dem 1. Oktober ging es dann in aller Frühe weiter.
In corrimony klingelte ich an einer Haustür und bot der Anwohnerin 2 Pfund, wenn sie nur mein Handy und Ladekabel für eine Stunde aufladen könnte, ich würde einfach draußen warten. Das tat sie auch – natürlich ohne sich bezahlen zu lassen, aber es kam mir netter vor, es anzubieten – und gab mir gleich noch 2 geschmierte Brötchen und einen heißen Kakao mit. Willkommen in Schottland!
Leider regnete es auch an diesem Tag, quasi ununterbrochen. Als ich in Cannich ankam, war ich komplett durchnässt. Und entschied mich, eine Nacht in einem B&B zu verbringen. Für 40 Pfund bekam ich ein riesiges Zimmer mit eigenem Bad, Einer großen Auswahl an Tee, Kakao, Gebäck, ein tolles Frühstück – und hatte das Haus für mich. Die Heizung funktionierte, es gab sogar einen Raum zum Trocknen und in meinem Zimmer 2 zusätzliche Elektroöfen. Und das für 40 Pfund. Wahnsinn. Gegenüber gab es sogenannte „Pots“ für ca. 25 Pfund pro Nacht – Hütten mit ca.3-4qm, aus Holz und mit einem winzigen Heizöfchen ausgestattet. Fast hätte ich da übernachtet, aber die 15 Pfund Aufpreis waren es mir dann doch wert.
Dienstag, 2 Oktober 2018.
Morgens auf zur Bushaltestelle, um nicht die Betonstraße entlang zu müssen. Natürlich irrte sich google maps, der Bus war schon abgefahren, ich musste zu Fuß weiter. Glücklicherweise nahmen mich 2 ältere Herren im Auto mit, die auf dem Weg zu einer Wandertour waren. Und gaben mir gleich mal reichlich Tipps. Der Wind an diesem Tag sollte laut ihren Angaben so stark sein, dass sie keinen Munro machen wollten, dafür sei der Wind zu stark.
An der Mitte vom Loch Bhein A Mheadhoin ließen sie mich dann raus und es ging zu Fuß weiter. Die Straße ging rechts vom See entlang und bietet ein Wahnsinnspanorama. Ab und zu kommt aber auch mal ein Auto entlang. Links hätte es glaube ich einen Wanderweg gegeben, aber ich hatte ja noch so einiges vor, also war mir das auch recht.
Der Wind an diesem Tag war extrem – und stark genug, um einen einfach mal umzublasen. Die Aussicht von einem kleinen Hügel ließ sich leider nicht allzulang geniesen, da der Boden nass und der Wind so stark war, dass man eine so exponierte Lage doch schnell wieder verlassen musste.
Nach einer kurzen Rast an einem Parkplatz und dem letzten Kontakt zur „Zivilisation“ ging es dann links vom Loch Affric entlang. Atemberaubend schön.
Hier begegnete ich hier immerhin noch einigen Tagesausflüglern auf den ersten 1-2 Kilometern. Danach wurde es schon ruhiger. Schließlich kam ich am westlichen Ende des Sees an. Wäre der Wind nicht so extrem gewesen, hätte ich hier direkt mein Zelt aufgeschlagen. Leider hätte es diesem Wind doch nicht standgehalten. Auch die Überlegung, das Zelt auf den Dielen vor der Hütte aufzuschlagen verwarf ich, da ich doch ein wenig Bedenken hatte, der Eigentümer der Hütte könnte ein Jäger sein und in der Nacht vorbeikommen.
Nachdem ich hier 1-2 Stunden die Aussicht genossen hatte und dem Wetter zum Trotz kurz Schwimmen war ging es weiter. Die Wege waren Matschig, die Wege wurden schlechter. Es wurde langsam Abend. Und ich fand und fand einfach keinen geeigneten Ort, um mein Zelt aufzuschlagen. Erfahrung hatte ich ja wiegesagt keine. Learning by Doing war aber schon immer mein Ding, auch beim Kajakfahren lernen auf der Elbe damals in Hamburg. Einer der Wanderer hatte mir aber mitgeteilt, wenn ich nur weiter geradeausaufen würde, käme ich zu einem Hostel. Nur ob es offen habe, wisse er nicht.
Ich lief und lief und lief. Dieser ständige Nieselregen, der ständige Wind. Ich war mittlerweile pitschnass. Und ich suchte verzweifelt nach einem Ort für mein Zelt. Aber: Schottland ist ein einziger Schwamm. Kaum hast du einen Ort gefunden, wo du denkst, er würde sich eignen, schon stellst du fest, dass dort das Wasser – obwohl es ein Hügel ist – 10cm hoch steht. Irgendwann gegen Abend musste ich mich entscheiden – weiterlaufen, in der vagen hoffnung, irgendwo ein Hostel zu finden, oder umkehren und zurück zum Loch Affric, wo ich eine windgeschützte trockene Stelle gefunden hatte. Nach ca. 10 Stunden Laufen war ich körperlich schon arg durch. Ich entschied mich, umzukehren. Bereits an dieser Stelle bemerkte ich, welcher Ausrüstungsgegenstand neben meinem Zelt der schwächste bei mir war – die Brille. Es nervte einfach nur tierisch. Entweder beschlagen oder mit kleinen Wassertropfen bedeckt. Alle 30 Sekunden Brille ab und abwischen. In der Dämmerung, bei sinkender Konzentration, bei schlechter werdenden Wegen. Da muss ich dringend eine Lösung finden. Ich schlug mein Zelt an einer Stelle auf, an der es von 2 Seiten vor Wind geschützt war. Als ich mich schon fragte, ob der Wind nachgelassen habe, ging ich nochmal zurück an einen ungeschützten Ort – nein, hatte er nicht. Aber die Stelle war hervorragend. In diesem Wind hätte mein Zelt definitiv nicht gehalten.
Tja, wie fängt man so einen Reisebericht an? Vielleicht am besten mit ein paar Worten zur Planung und zur Vorgeschichte.
Raus in die Natur bin ich schon seit mehreren Jahren regelmäßig gefahren – immer mit dem Fahrrad, immer auf der Suche nach schönen Plätzen ab vom Weg. Touristenhotspots, bekannte Wälder mit riesigen Parkplätzen und alles voller Menschen – das habe ich als Dorfkind nie so richtig verstanden. Das hat man doch schon unter der Woche von morgens bis abends und an jedem Tag, den man irgendwas in der City macht. Wieso dann auch noch beim „Naturtag“?
Unvergessen mein erster „Tag im Park“ in Berlin. Meinte der Kollege zu mir, lass mal im Park treffen. Ab ans Ostkreuz, kommen wir zu einem Spielplatz und einer - sorry - schäbigen kleinen Wiese, wo sich die Leute dicht an dicht gedrängt haben und jede zweite Gruppe Lautsprecher dabei hatte. Bleibt er auf einmal stehen und breitet seine Decke aus. Sage ich zu ihm: „Hey, ich dachte wir wollten in einen Park?“ „Das ist der Park.“ Schaut mich voller Unverständnis an.
Irgendwann fragte ich mich: Wieso eigentlich immer nur Tagestouren? Gerade im Winter, gerade wenn man abends mal etwas länger unterwegs war und erst nachmittags losfährt hat man kaum mehr als 2-3 Stunden draußen. Und dann geht es schon wieder zurück. Wieso nicht einfach mal mit Zelt? Draußen übernachten? Das tat ich dann auch. Mitte Dezember. Meine Ausrüstung war völlig unzureichend, es war unglaublich kalt, aber was solls – ich hatte einen tollen Tag irgendwo im Nirgendwo in Brandenburg. Und viele ungläubige Blicke unter Freunden in der nächsten Woche, als ich erwähnte, ich hätte am Wochenende eine Nacht draußen verbracht.
Aber das reichte mir irgendwann auch nicht mehr. Wenn man die Natur schon so mag, wieso nicht mal 2 Wochen am Stück irgendwo wandern? Ich las ein paar Erfahrungsberichte hier im Forum bzw. im Internet, unter anderem einen, in dem jemand berichtete, 2 Wochen in Schottland durch die Einsamkeit marschiert zu sein und sich eine einsame Hütte wegen Regen ein paar Tage mit einer Maus geteit zu haben.
Ich war Anfänger. Fittnesslevel solala. Es sollte alleine sein. Mal zum Nachdenken kommen. Also entschied ich mich für Schottland. Skandinavien war mir als Rookie dann doch etwas zu krass. Zunächst kaufte ich mir eine große Karte, die ganz Schottland abdeckte. Und markierte mir beliebte Touren, wie den Westhighlandway. Anfängerfreundlich, nahe den Straßen, viele Hütten – genau das, was ich nicht suchte.
Die Planung begann schon im März 2018. Ab da verzichtete ich aufgrund meines eher engeren Studentenbudgets auf einige Lebensqualität, einmal gabs wochenlang nur Reis und Müsli, damit ich mir die passende Ausrüstung leisten konnte. Aber hey – klare Zielsetzung erfordert manchmal eben Opfer. Und ich hatte meinen Urlaub, auf den ich mich freuen konnte (und brauchte die Ausrüstung ja auch für Wochenendtouren).
Als erstes nahm ich mir Urlaub und buchte den Flug. Ist mein Budget als Student doch arg beschränkt musste es vor allem günstig sein. Aber manchmal hat man eben Pech. To make a long Story short – ich zog mir eine Verletzung zu, wurde geschient und konnte für 5 Wochen keinen Sport treiben. Und musste den Urlaub um 2 Wochen nach hinten schieben. An einem Montag konnte ich wieder schmerzfrei laufen, am Freitag sollte es losgehen. Knappe Planung, aber es half nichts. All die Planung, all die Opfer für nichts und wieder nichts? Nein. Nicht mit mir. Im Ergebnis musste ich meinen Wanderurlaub antreten, ohne auch nur einen einzigen Gipfel zur Vorbereitung gemacht zu haben und gerade wieder bei Null anfangend.
Die Ausgangssituation konnte also nicht besser sein:
- meine erste Tour die länger ist als 2 Übernachtungen
- alleine
- über 50% der Ausrüstungsgegenstände noch nicht getestet
- Zelt dem Wind leider kaum gewachsen (konnte ich vorher mangels Wind nicht testen)
- seit 5 Wochen ohne Training
- mit 18kg auf dem Rücken, vorher nie mehr als 10kg
- im Oktober in Schottland
→ Trotzdem war ich selten optimistischer und freudiger Learning by Doing!
Freitag der 28.9 bis Sonntag der 30.9.18: München – Edinburgh - Inverness
Mein Flug startete abends in München. Von dort ging es nach Edinburgh. Die erste Nacht verbrachte ich nahe dem Flughafen über AirBnB. Dort sortierte ich gleich mal 1,5kg Gewicht aus.
Samstag vormittag dann mit dem Bus ins Zentrum, in einen Outdoorladen (Tiso), Gas und Kartenmaterial besorgen. Ca. 2 Stunden wurde ich mit den Karten beraten. Klasse Service! Wobei bedingt durch die Jahreszeit auch nicht übermäßig viel los war.
Dann ging es mit dem Bus nach Inverness. Im Voraus gebucht hatte ich nichts, aber ich hatte Glück und erwischte direkt („the next one?“ *schaut auf die Uhr* „in 3 Minutes“) einen Bus. Schon die Bustour war toll, eine Weite und wunderschöne Graslandschaften. Ein Tipp: es gibt einen Bus zwischen Inverness und Edinburgh, der hält nur ein oder zweimal. Den hatte ich bei der Hintour. Und dann gibt es einen Bus, der hält bestimmt 20mal. Kostet dasselbe. Nimmt jede Kurve mit, ständig im Kreis, Lesen – unmöglich. Den habe ich bei der Rücktour erwischt. Nehmt unbedingt den Bus, der nicht überall stoppt!
Kaum kam ich in Inverness an, fing es auch schon an zu schütten. Statt also in der Dunkelheit loszulaufen entschied ich mich, eine weitere Übernachtung in einem Hostel zu buchen. Das schien mir noch vertretbar. Am nächsten Morgen nahm ich dann den Bus nach Drumnadrochit und begann dort meine Tour.
Unvergessen das Gespräch mit dem Busfahrer. Regnet es am Morgen in Strömen. Alle Leute rennen nur von Unterstand zu Unterstand, niemand will länger als nötig im Regen stehen. Steige ich in den Bus ein. Als der Busfahrer mich und meinen Rucksack sieht, denkt er scheinbar trotzdem, dass ich ein Tagestouri bin, der von Hostel zu Hostel fährt. Als er auf mein Ticket schaut, sagt er nur entsetzt:
„One Way?????“
Ich muss Grinsen. Außer mir ist im Bus nur eine Gruppe Jugendlicher, die sich wahrscheinlich das Castle anschauen und dann abends wieder nach Inverness fahren, um sich in ne Kneipe zu setzen.
Raus aus dem Bus. Endlich ging es los. Meine Güte. 18Kg auf dem Rücken– das war doch ziemlich viel. Und meine Fitness war ja auch arg im Keller. Kaum 15min gelaufen, musste ich meine erste Pause machen. Viel Regen. Stoßweise. 15Min kein regen, dann wieder 15min starker Regen. Ich entschied mich, die Regenjacke gar nicht erst auszuziehen sondern permanent anzubehalten. Die Landschaft war schön, erinnerte mich aber doch noch stark an Deutschland & Die Alpen. An einem See entschied ich mich, querfeldeinzulaufen und auf eine Weide. Die Schaafe waren doch arg scheu und hielten großen Abstand.
Als ich am Loch Meiklie ankam, wollte ich diesen links umlaufen. Dafür musste ich aber über Privatgrund. Just in dem Moment in dem ich hätte umkehren müssen, weil mir ein Gatter den Weg versperrte, kam witzigerweise die Eigentümerin mit Hund vorbei und ließ mich passieren. Und ich fand einen Ort, den ich so schön fand, dass ich am liebsten direkt da mein Zelt aufgeschlagen hätte. Nach Rücksprache mit der Eigentümerin erlaubte sie mir das auch. Sie bot mir sogar an, in der Scheune zu übernachten. Ihr habt es euch gedacht – es sollte in der Nacht heftig regnen. Ich entschied mich, mein Lager auf Stroh auszurichten – und kam mir vor wie Josef an Weihnachten. Der hintere Teil des riesigen Grundstücks machte den Eindruck, als sei hier seit Jahren niemand mehr gewesen. Die Mauer dagegen den eindruck, sie sei deutlich älter.
Den Abend verbrachte ich lesend mit meinem Kindle und der tollen Aussicht. Nachts war das Prasseln des Regens aufs Scheunendach doch recht intensiv.
Am Nächsten Morgen, Montag dem 1. Oktober ging es dann in aller Frühe weiter.
In corrimony klingelte ich an einer Haustür und bot der Anwohnerin 2 Pfund, wenn sie nur mein Handy und Ladekabel für eine Stunde aufladen könnte, ich würde einfach draußen warten. Das tat sie auch – natürlich ohne sich bezahlen zu lassen, aber es kam mir netter vor, es anzubieten – und gab mir gleich noch 2 geschmierte Brötchen und einen heißen Kakao mit. Willkommen in Schottland!
Leider regnete es auch an diesem Tag, quasi ununterbrochen. Als ich in Cannich ankam, war ich komplett durchnässt. Und entschied mich, eine Nacht in einem B&B zu verbringen. Für 40 Pfund bekam ich ein riesiges Zimmer mit eigenem Bad, Einer großen Auswahl an Tee, Kakao, Gebäck, ein tolles Frühstück – und hatte das Haus für mich. Die Heizung funktionierte, es gab sogar einen Raum zum Trocknen und in meinem Zimmer 2 zusätzliche Elektroöfen. Und das für 40 Pfund. Wahnsinn. Gegenüber gab es sogenannte „Pots“ für ca. 25 Pfund pro Nacht – Hütten mit ca.3-4qm, aus Holz und mit einem winzigen Heizöfchen ausgestattet. Fast hätte ich da übernachtet, aber die 15 Pfund Aufpreis waren es mir dann doch wert.
Dienstag, 2 Oktober 2018.
Morgens auf zur Bushaltestelle, um nicht die Betonstraße entlang zu müssen. Natürlich irrte sich google maps, der Bus war schon abgefahren, ich musste zu Fuß weiter. Glücklicherweise nahmen mich 2 ältere Herren im Auto mit, die auf dem Weg zu einer Wandertour waren. Und gaben mir gleich mal reichlich Tipps. Der Wind an diesem Tag sollte laut ihren Angaben so stark sein, dass sie keinen Munro machen wollten, dafür sei der Wind zu stark.
An der Mitte vom Loch Bhein A Mheadhoin ließen sie mich dann raus und es ging zu Fuß weiter. Die Straße ging rechts vom See entlang und bietet ein Wahnsinnspanorama. Ab und zu kommt aber auch mal ein Auto entlang. Links hätte es glaube ich einen Wanderweg gegeben, aber ich hatte ja noch so einiges vor, also war mir das auch recht.
Der Wind an diesem Tag war extrem – und stark genug, um einen einfach mal umzublasen. Die Aussicht von einem kleinen Hügel ließ sich leider nicht allzulang geniesen, da der Boden nass und der Wind so stark war, dass man eine so exponierte Lage doch schnell wieder verlassen musste.
Nach einer kurzen Rast an einem Parkplatz und dem letzten Kontakt zur „Zivilisation“ ging es dann links vom Loch Affric entlang. Atemberaubend schön.
Hier begegnete ich hier immerhin noch einigen Tagesausflüglern auf den ersten 1-2 Kilometern. Danach wurde es schon ruhiger. Schließlich kam ich am westlichen Ende des Sees an. Wäre der Wind nicht so extrem gewesen, hätte ich hier direkt mein Zelt aufgeschlagen. Leider hätte es diesem Wind doch nicht standgehalten. Auch die Überlegung, das Zelt auf den Dielen vor der Hütte aufzuschlagen verwarf ich, da ich doch ein wenig Bedenken hatte, der Eigentümer der Hütte könnte ein Jäger sein und in der Nacht vorbeikommen.
Nachdem ich hier 1-2 Stunden die Aussicht genossen hatte und dem Wetter zum Trotz kurz Schwimmen war ging es weiter. Die Wege waren Matschig, die Wege wurden schlechter. Es wurde langsam Abend. Und ich fand und fand einfach keinen geeigneten Ort, um mein Zelt aufzuschlagen. Erfahrung hatte ich ja wiegesagt keine. Learning by Doing war aber schon immer mein Ding, auch beim Kajakfahren lernen auf der Elbe damals in Hamburg. Einer der Wanderer hatte mir aber mitgeteilt, wenn ich nur weiter geradeausaufen würde, käme ich zu einem Hostel. Nur ob es offen habe, wisse er nicht.
Ich lief und lief und lief. Dieser ständige Nieselregen, der ständige Wind. Ich war mittlerweile pitschnass. Und ich suchte verzweifelt nach einem Ort für mein Zelt. Aber: Schottland ist ein einziger Schwamm. Kaum hast du einen Ort gefunden, wo du denkst, er würde sich eignen, schon stellst du fest, dass dort das Wasser – obwohl es ein Hügel ist – 10cm hoch steht. Irgendwann gegen Abend musste ich mich entscheiden – weiterlaufen, in der vagen hoffnung, irgendwo ein Hostel zu finden, oder umkehren und zurück zum Loch Affric, wo ich eine windgeschützte trockene Stelle gefunden hatte. Nach ca. 10 Stunden Laufen war ich körperlich schon arg durch. Ich entschied mich, umzukehren. Bereits an dieser Stelle bemerkte ich, welcher Ausrüstungsgegenstand neben meinem Zelt der schwächste bei mir war – die Brille. Es nervte einfach nur tierisch. Entweder beschlagen oder mit kleinen Wassertropfen bedeckt. Alle 30 Sekunden Brille ab und abwischen. In der Dämmerung, bei sinkender Konzentration, bei schlechter werdenden Wegen. Da muss ich dringend eine Lösung finden. Ich schlug mein Zelt an einer Stelle auf, an der es von 2 Seiten vor Wind geschützt war. Als ich mich schon fragte, ob der Wind nachgelassen habe, ging ich nochmal zurück an einen ungeschützten Ort – nein, hatte er nicht. Aber die Stelle war hervorragend. In diesem Wind hätte mein Zelt definitiv nicht gehalten.
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