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Vorvorwort
Über 30 Jahre, war ich jedes Jahr, manchmal auch mehrfach in Island. Zu Fuß, mit Ski, über das Hochland, über die Gletscher, Fjorde, Heiden und Wüsten. Immer allein, bis auf eine Ausnahme. Inzwischen habe ich meine Leidenschaft zum Beruf gemacht – zumindest den Sommer über - in dem ich als Reiseleiter auf meiner Trauminsel arbeite. Irgendwann muss man kürzer treten. Die Zeit der langen Trekkingtouren ist vorbei.
1992 plante ich meine erste Hochlandüberquerung zu Fuß. Meine erste mehrtägige Trekkingtour überhaupt. Alle Informationen auch Karten mussten auf Papier beschafft werden, so es überhaupt welche gab. Ich fand einen Wanderführer mit Tagestouren meist entlang der Ringstraße. Die detailliertesten Karten für das Hochland im Maßstab 1:100.000 basierten auf Aufnahmen aus den Dreißiger Jahren. Immerhin waren darin auch die alten Reitwege noch verzeichnet. GPS war außerhalb des Militärs teuer und exotisch. Internet als Informationsplattform gab es auch noch nicht und mein PC, auf dem ich den folgenden Reisebericht eingetippt habe, hatte ein Festplatte mit sagenhaften 20 MB Speicherplatz. Fotos natürlich analog auf Diafilm.
Seit meinem ersten Islandaufenthalt hat sich die Anzahl der Touristen mehr als verzwanzigfacht! Straßen und Pisten sind ausgebaut worden. Besucherzentren mit Restaurants, Cafés, Andenkenshops und Woll- und Outdoorläden sind entstanden wo früher nur an einem Tapeziertisch unter einem festgezurrtem Sonnenschirm, Kaffee aus einer Pumpkanne ausgeschenkt wurde (Gullfoss). Am Geysir gab es an der Tankstelle nur fünf Resopaltische und ein Münztelefon – heute drei Restaurants und eine Driver&Guide-Lounge. Die Parkplätze sind riesig geworden und doch zu klein. Soll man den alten Zeiten nachjammern? Die Natur Islands und das Erlebnis haben sich nicht geändert.
Der Text ist aus einem mit Texten versehenen Fotoalbum gescannt und mit OCR digitalisiert worden.
Nachträgliche Ergänzungen, Erläuterungen und Kommentare sind kursiv gesetzt.
Die Fotos sind direkte Scans von den Originaldias oder von Scans von Positivabzügen.
Kjalvegur 1992
Vorwort
Zweimal fuhr ich schon mit Hans von Reykjavik die Kjölurpiste, oder auf isländisch auf den Kjalvegur, über das Hochland nach Norden.
Mein Studienfreund Hans war damals mit den abschließenden Untersuchungen zu seiner Doktorarbeit zur Klimageschichte Nordislands beschäftigt und ich half ihm, gegen Kost und Logis, bei seinen Feldarbeiten. Hans blieb fachlich Island treu und leitet noch heute als Professor für Geographie mit seinen Studenten regelmäßig Exkursionen und Forschungsprojekte in Island.
Beide Male starteten wir mit seinem Geländewagen gegen 17 Uhr in Reykjavik und fuhren noch am gleichen Abend mit touristischen Stopps in Þingvellir, am Geysir und am Gullfoss bis gegen Mitternacht zum Hvitávatn. Dort schliefen wir dann im Auto, oder zelteten und fuhren dann am nächsten Tag mit einem Abstecher zum Kerlingarfjöll und einer Badepause an den heißen Quellen von Hveravellir über das Hochland bis hinab ins Blandatal. Der Zufall wollte es, dass wir nicht nur den gleichen Zeitplan, sondern auch beide Male das gleiche graue, windige Wetter hatten. Die Eindrücke der beiden Fahrten haben sich in der Erinnerung teilweise vermischt. Doch zusammen mit der dritten Fahrt über das Hochland, diesmal Von Akureyri nach Süden über den Sprengisandur, blieb mir ein faszinierendes Bild dieser Landschaft von einer Ursprünglichkeit und Weite, wie sie in Mitteleuropa nicht mehr zu finden ist. Aber so stark der Eindruck auch war, es war wie wenn man nur durch den Spalt einer Tür auf das Hochland geschaut zu hätte, dass alle Eindrücke dieser Fahrten nur eine Ahnung davon vermitteln können, was das Hochland sein kann. Bei jeder Fahrt waren wir unter Zeitdruck, und immer bedauerten wir dies: irgendwann müsste man sich eigentlich mal mehr Zeit für das Hochland nehmen! Hans empfand genau wie ich, dass das Auto als Reisemittel dieser Landschaft und ihrem Charakter nicht gerecht wird. Man sollte einmal über das Hochland reiten! Aber das hieße sich wohl einer organisierten Gruppe anschließen und das kam nicht in Frage. Oder zu Fuß? Auch das wurde erwogen “ … man sollte eigentlich mal ...".
Im März 1992 hatte ich beim Rückflug von Akureyri nach Reykjavik einen herrlich klaren Blick auf das verschneite Hochland. Trotz des Schnees war die Piste als sich oft verlierende, linienhafte Struktur im Weiß zu erkennen. Nicht befahrbar von Oktober bis Juni - vollkommene Einsamkeit.
Kjalvegur im Winter
Das Bild blieb haften. Das Photo dazu war dann wenige Wochen später wieder ein Anlass für "...man sollte einmal...". Aber diesmal hatte sich die Idee festgefressen und überschlagsmäßig schätzte ich mit Hans die Wegstrecke ab und irgendwie schien es machbar. Noch eher theoretisch ging ich daran auf einer Landkarte einmal auszumessen wie viele Tagesetappen man wohl brauchen würde, und wie diese zu legen seien. Die Frage nach dem Startpunkt bereitete Probleme. Reykjavik wäre ein möglicher Ausgangspunkt gewesen, aber wo dort beginnen, und bis zum unverzichtbaren Etappenpunkt Þingvellir drohten als Auftakt 40 km Teerstraße, für einen Tag zu viel, und für zwei Tage, so schien es mir wenigstens, zu wenig. Ein Start in Þingvellir selbst schien günstiger. Erstens würde die Strecke damit am historischen und kulturellen Mittelpunkt Islands beginnen und zweitens wäre man nur zwei Tagesetappen vom eigentlichen Hochland entfernt. Weit genug, um sich vorher etwas einzugehen, aber auch schon nah genug um nicht schon im Prolog zu viel Kraft zu verbrauchen. Vor allem aber der Gedanke der historisch stimmigen Route zu folgen, hatte seinen Reiz. Das Ganze erschien immer machbarer, warum sollte man es dann nicht auch versuchen! Hans hatte für diesen Sommer keine Zeit und ich wollte die Idee nicht anbrennen lassen. So fiel dann der Entschluss mit der wesentlichen Ergänzung "...wenn, dann aber allein". Hans stellte mir die nötigen Karten zur Verfügung und machte mich dabei auch auf die Route über den alten Reitweg von Hveravellir nach Skagafjörður aufmerksam.
Zusammen mit dem Seitenweg vom Hvítávatn nach Hveravellir ergab sich eine 'logische' Routenführung, welche auch landschaftlich reizvoller war, als wenn man nur immer der Piste nach Norden folgen würde. Etwa 230 km in neun Tagesetappen von Þingvellir bis Mælifell im Skagafjörður. Die ersten zweieinhalb Tage über isländische Landstraßen durch bewohntes Gebiet , anschließend eineinhalb Tage auf der Hochlandpiste und dann zwei Tage auf einem Wander- bzw. Reitweg nahe dem Langjökull nach Hveravellir und schließlich drei Tage auf dem alten Weg östlich des Kjalvegur nach Mælifell.
die Route
Im Juni und Juli des Sommers verbrachte ich einen guten Teil meiner Freizeit damit, meine Ausrüstung zusammenzustellen und mich auch körperlich für die Tour etwas fit zu machen. Es war dennoch ein deprimierendes Erlebnis, als ich zum ersten Mal versuchte, den neuen Rucksack mitsamt der als unbedingt nötig betrachteten Ausrüstung, einschließlich Verpflegung für vierzehn Tage und zwei Liter Trinkwasser, auf die Schultern zu bekommen. Ich überprüfte die Ausrüstung noch einmal auf Verzichtbares oder unnötig schwere Gegenstände, aber es war nichts zu machen, die Waage zeigte 28 Kilogramm an. Es war der einzige Moment vor oder während der Reise, der mich ernstlich an der Unternehmung zweifeln ließ! Frustriert machte ich daraufhin sofort zu einem nächtlichen 'Gepäckmarsch' um den Steinsee (Toteissee in der Endmoränenlandschaft südöstlich von München) auf. Das Ergebnis dieses Tests war etwas ermutigender, wenngleich auch sicher nicht allzu aussagekräftig - aber ich fasste wieder Hoffnung.
Über 30 Jahre, war ich jedes Jahr, manchmal auch mehrfach in Island. Zu Fuß, mit Ski, über das Hochland, über die Gletscher, Fjorde, Heiden und Wüsten. Immer allein, bis auf eine Ausnahme. Inzwischen habe ich meine Leidenschaft zum Beruf gemacht – zumindest den Sommer über - in dem ich als Reiseleiter auf meiner Trauminsel arbeite. Irgendwann muss man kürzer treten. Die Zeit der langen Trekkingtouren ist vorbei.
1992 plante ich meine erste Hochlandüberquerung zu Fuß. Meine erste mehrtägige Trekkingtour überhaupt. Alle Informationen auch Karten mussten auf Papier beschafft werden, so es überhaupt welche gab. Ich fand einen Wanderführer mit Tagestouren meist entlang der Ringstraße. Die detailliertesten Karten für das Hochland im Maßstab 1:100.000 basierten auf Aufnahmen aus den Dreißiger Jahren. Immerhin waren darin auch die alten Reitwege noch verzeichnet. GPS war außerhalb des Militärs teuer und exotisch. Internet als Informationsplattform gab es auch noch nicht und mein PC, auf dem ich den folgenden Reisebericht eingetippt habe, hatte ein Festplatte mit sagenhaften 20 MB Speicherplatz. Fotos natürlich analog auf Diafilm.
Seit meinem ersten Islandaufenthalt hat sich die Anzahl der Touristen mehr als verzwanzigfacht! Straßen und Pisten sind ausgebaut worden. Besucherzentren mit Restaurants, Cafés, Andenkenshops und Woll- und Outdoorläden sind entstanden wo früher nur an einem Tapeziertisch unter einem festgezurrtem Sonnenschirm, Kaffee aus einer Pumpkanne ausgeschenkt wurde (Gullfoss). Am Geysir gab es an der Tankstelle nur fünf Resopaltische und ein Münztelefon – heute drei Restaurants und eine Driver&Guide-Lounge. Die Parkplätze sind riesig geworden und doch zu klein. Soll man den alten Zeiten nachjammern? Die Natur Islands und das Erlebnis haben sich nicht geändert.
Der Text ist aus einem mit Texten versehenen Fotoalbum gescannt und mit OCR digitalisiert worden.
Nachträgliche Ergänzungen, Erläuterungen und Kommentare sind kursiv gesetzt.
Die Fotos sind direkte Scans von den Originaldias oder von Scans von Positivabzügen.
Kjalvegur 1992
Vorwort
Zweimal fuhr ich schon mit Hans von Reykjavik die Kjölurpiste, oder auf isländisch auf den Kjalvegur, über das Hochland nach Norden.
Mein Studienfreund Hans war damals mit den abschließenden Untersuchungen zu seiner Doktorarbeit zur Klimageschichte Nordislands beschäftigt und ich half ihm, gegen Kost und Logis, bei seinen Feldarbeiten. Hans blieb fachlich Island treu und leitet noch heute als Professor für Geographie mit seinen Studenten regelmäßig Exkursionen und Forschungsprojekte in Island.
Beide Male starteten wir mit seinem Geländewagen gegen 17 Uhr in Reykjavik und fuhren noch am gleichen Abend mit touristischen Stopps in Þingvellir, am Geysir und am Gullfoss bis gegen Mitternacht zum Hvitávatn. Dort schliefen wir dann im Auto, oder zelteten und fuhren dann am nächsten Tag mit einem Abstecher zum Kerlingarfjöll und einer Badepause an den heißen Quellen von Hveravellir über das Hochland bis hinab ins Blandatal. Der Zufall wollte es, dass wir nicht nur den gleichen Zeitplan, sondern auch beide Male das gleiche graue, windige Wetter hatten. Die Eindrücke der beiden Fahrten haben sich in der Erinnerung teilweise vermischt. Doch zusammen mit der dritten Fahrt über das Hochland, diesmal Von Akureyri nach Süden über den Sprengisandur, blieb mir ein faszinierendes Bild dieser Landschaft von einer Ursprünglichkeit und Weite, wie sie in Mitteleuropa nicht mehr zu finden ist. Aber so stark der Eindruck auch war, es war wie wenn man nur durch den Spalt einer Tür auf das Hochland geschaut zu hätte, dass alle Eindrücke dieser Fahrten nur eine Ahnung davon vermitteln können, was das Hochland sein kann. Bei jeder Fahrt waren wir unter Zeitdruck, und immer bedauerten wir dies: irgendwann müsste man sich eigentlich mal mehr Zeit für das Hochland nehmen! Hans empfand genau wie ich, dass das Auto als Reisemittel dieser Landschaft und ihrem Charakter nicht gerecht wird. Man sollte einmal über das Hochland reiten! Aber das hieße sich wohl einer organisierten Gruppe anschließen und das kam nicht in Frage. Oder zu Fuß? Auch das wurde erwogen “ … man sollte eigentlich mal ...".
Im März 1992 hatte ich beim Rückflug von Akureyri nach Reykjavik einen herrlich klaren Blick auf das verschneite Hochland. Trotz des Schnees war die Piste als sich oft verlierende, linienhafte Struktur im Weiß zu erkennen. Nicht befahrbar von Oktober bis Juni - vollkommene Einsamkeit.
Kjalvegur im Winter
Das Bild blieb haften. Das Photo dazu war dann wenige Wochen später wieder ein Anlass für "...man sollte einmal...". Aber diesmal hatte sich die Idee festgefressen und überschlagsmäßig schätzte ich mit Hans die Wegstrecke ab und irgendwie schien es machbar. Noch eher theoretisch ging ich daran auf einer Landkarte einmal auszumessen wie viele Tagesetappen man wohl brauchen würde, und wie diese zu legen seien. Die Frage nach dem Startpunkt bereitete Probleme. Reykjavik wäre ein möglicher Ausgangspunkt gewesen, aber wo dort beginnen, und bis zum unverzichtbaren Etappenpunkt Þingvellir drohten als Auftakt 40 km Teerstraße, für einen Tag zu viel, und für zwei Tage, so schien es mir wenigstens, zu wenig. Ein Start in Þingvellir selbst schien günstiger. Erstens würde die Strecke damit am historischen und kulturellen Mittelpunkt Islands beginnen und zweitens wäre man nur zwei Tagesetappen vom eigentlichen Hochland entfernt. Weit genug, um sich vorher etwas einzugehen, aber auch schon nah genug um nicht schon im Prolog zu viel Kraft zu verbrauchen. Vor allem aber der Gedanke der historisch stimmigen Route zu folgen, hatte seinen Reiz. Das Ganze erschien immer machbarer, warum sollte man es dann nicht auch versuchen! Hans hatte für diesen Sommer keine Zeit und ich wollte die Idee nicht anbrennen lassen. So fiel dann der Entschluss mit der wesentlichen Ergänzung "...wenn, dann aber allein". Hans stellte mir die nötigen Karten zur Verfügung und machte mich dabei auch auf die Route über den alten Reitweg von Hveravellir nach Skagafjörður aufmerksam.
Zusammen mit dem Seitenweg vom Hvítávatn nach Hveravellir ergab sich eine 'logische' Routenführung, welche auch landschaftlich reizvoller war, als wenn man nur immer der Piste nach Norden folgen würde. Etwa 230 km in neun Tagesetappen von Þingvellir bis Mælifell im Skagafjörður. Die ersten zweieinhalb Tage über isländische Landstraßen durch bewohntes Gebiet , anschließend eineinhalb Tage auf der Hochlandpiste und dann zwei Tage auf einem Wander- bzw. Reitweg nahe dem Langjökull nach Hveravellir und schließlich drei Tage auf dem alten Weg östlich des Kjalvegur nach Mælifell.
die Route
Im Juni und Juli des Sommers verbrachte ich einen guten Teil meiner Freizeit damit, meine Ausrüstung zusammenzustellen und mich auch körperlich für die Tour etwas fit zu machen. Es war dennoch ein deprimierendes Erlebnis, als ich zum ersten Mal versuchte, den neuen Rucksack mitsamt der als unbedingt nötig betrachteten Ausrüstung, einschließlich Verpflegung für vierzehn Tage und zwei Liter Trinkwasser, auf die Schultern zu bekommen. Ich überprüfte die Ausrüstung noch einmal auf Verzichtbares oder unnötig schwere Gegenstände, aber es war nichts zu machen, die Waage zeigte 28 Kilogramm an. Es war der einzige Moment vor oder während der Reise, der mich ernstlich an der Unternehmung zweifeln ließ! Frustriert machte ich daraufhin sofort zu einem nächtlichen 'Gepäckmarsch' um den Steinsee (Toteissee in der Endmoränenlandschaft südöstlich von München) auf. Das Ergebnis dieses Tests war etwas ermutigender, wenngleich auch sicher nicht allzu aussagekräftig - aber ich fasste wieder Hoffnung.
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