AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018
22. Juli 2018, Майский, 23km
Der Wasserstand ist um ~10cm gestiegen und damit liegt die Uferlinie jetzt 1m näher an unserem Zelt (siehe Foto). Die ‘Berechnungen’ haben gestimmt.

Die Essensreste von gestern Abend sind mit Mücken durchsetzt:

Die Mücken hatten sich schon abends im Dunkeln aufs Essen gesetzt, als es noch warm war. Hat in der Dunkelheit allen geschmeckt. Mir schmecken die Reste auch heute noch.
Kurz nach ½11 treiben wir wieder auf dem Wasser. Nach anfänglich offenen Ufern paddeln wir 17km lang durch urwüchsige Taiga-Landschaft. Die Ufer sind durchweg dicht bewachsen oder sumpfig, so dass sich die ganze Zeit über (3h) kein einziger potentieller Zeltplatz ausmachen lässt.
Wieder viele schöne Gebirgsblicke:





An einer einzigen Stelle können wir an einer Sandbank anlegen und machen eine kurze Badepause:

Erst kurz vor dem Dorf Maiski, quasi bereits Ortslage, wäre eine erste schöne große Sandbank gewesen:

Rastende Kiebitze:

In Maiski wollen wir Einkaufen gehen. Aber wird heute am Sonntag ein Laden für uns öffnen?
Im Dorf schauen wir uns etwas um und entdecken etliche Kuriositäten, wie man sie auf dem russischen Dorf erwarten kann. Hier zB das Wasserwerk des Dorfes:


Es pumpt Flusswasser direkt aus dem Bargusin. Ich nehme an, es funktioniert nur in den 106 Tagen eisfreier Zeit im Jahr.
Die Wasserleitungen sind aus immer wieder reparierten Stahlrohren und kreuz und quer auf den Wegen verlegt:

Was machen die Leute im Winter?
Dörte bleibt bei den Booten und wir gehen einen Laden suchen. Auf dem Weg der erste verrottete Sappo, weitere folgen auf dieser Tour. Ich habe das Gefühl, der Sappo wird auch in Russland nicht mehr geschätzt. Insgesamt liefen in den Jahren 1960–1994 über 3 Mio. dieser Gurken vom Band der Saporoschezker Autofabrik.

Vor dem Gemeindebüro das unvermeidliche Lenindenkmal und ein Denkmal für die Soldaten, die im Großen Vaterländischen Krieg gegen die Deutschen kämpften:

Und das, obwohl kein einziger Bewohner von Maiski aus in den Krieg zog, jedenfalls nicht in den 2. Weltkrieg (für Afghanistan würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen). Der Ort wurde nämlich erst 1961 gegründet. Damals wurden heroische Arbeitsschlachten für den Sieg des Kommunismus geschlagen. In der Nachschau wird folgendes berichtet: “Im Mai 1961 begann der Bau unseres Dorfes. So wie es in einem Lied eines lokalen Autors besungen wird: "Ein mutiges Volk kam in die graue Taiga in der Nähe von den Sporen des Grats ...". Sie waren die ersten Erbauer der zukünftigen Siedlung, ... angeführt von Iwan Illarionow. Insgesamt wurden 80 Personen im Auftrag der Zabaikaler Sägemühle hier hergeschickt. Der erste von ihnen landete mit dem Hubschrauber.
In der undurchdringlichen Taiga wurden Zelte aufgestellt, Hütten gebaut, zu Beginn des Winters Unterstände gegraben und Bauwagen aufgestellt. Die Menschen begannen, ein Dorf am Ufer des Flusses Bargusin 500km nordöstlich der Hauptstadt Burjatiens im malerischen Barguzin-Tal zu bauen.
Es gibt schwierige klimatische Bedingungen, starke Fröste bis -5° im Winter und +38°C im Sommer. Im Frühling gibt es oft Staubstürme. Der Sommer ist kurz, der Niederschlag ist gering. Aber trotz dieser strengen klimatischen und alltäglichen Bedingungen wuchs und entwickelte sich die junge Siedlung schnell.”
Das mit den "-5° im Winter" muss ein Schreibfehler sein. Wahrscheinlich soll dort -50 oder -45°C stehen.
Wieder zurück in die Jetztzeit: Neben der Gemeindeverwaltung befindet sich ein erster kleiner Laden, er ist tatsächlich geöffnet, aber da gibt es kein Bier zu kaufen. Darum ziehen wir weiter. Nach 200m der nächste Minishop, geschlossen. Nach 400m der nächste offene Laden, diesmal mit Bier, aber ohne Zigaretten. Hier füllen wir unsere Taschen wieder mit Massen an Kartoffeln, Gemüse, viel Knofel, Bier, Wodka, Wein, Brot, Kaffee und süßer Sahne fürs Sportgetränk. Später holt Andrea aus einem weiteren Laden noch Zigaretten, eine Melone und Торт НАПОЛЕОН. Ein Teil wird gleich am Flussufer im Schatten der Lärchen verspeist.

Nach dem einstündigen Aufenthalt in Maiski paddeln wir noch weitere 5km den Bargusin hinab und finden am Ende eine sehr ausgedehnte Sandbank zur Übernachtung:

600m entfernt liegt auf dem gegenüberliegenden Ufer ein einsames Gehöft. Alle paar Minuten klatscht irgendetwas laut ins Wasser. Sind das Biber, Riesenfische oder was? Es dauert ein Weilchen, bis es mir dämmert: es sind große Erdabbrüche am Steilufer gegenüber. Das Wasser nagt heftig am Land und wir sind gerade Zeuge von erdgeschichtlichen Veränderungen.
Andrea hat das Zelt wieder schnell aufgebaut. Auch diesmal setzen wir einen Pegel.

Nach dem Abendbrot mixt uns Andrea noch etwas Sportgetränk (Wodka und süße Sahne etwa 1:1), schlachten die Melone und wir verfolgen den Sonnenuntergang am Lagerfeuer.

Es weht ein frischer Wind und wir suchen die Mützen raus (während ihr in Deutschland wahrscheinlich bei 30°C geschwitzt habt).
Die Sonne ist hinter dem Gebirge untergegangen:


Im Verlaufe des Abends sehen wir wieder das Wasser steigen. Könnte das diesmal kritisch werden? Ich habe da ein ungutes Gefühl, möchte aber Andrea nicht unnötig beunruhigen. So binde ich nur sicherheitshalber das Boot an den benachbarten Büschen fest, bevor wir uns schlafen legen.
22. Juli 2018, Майский, 23km
Der Wasserstand ist um ~10cm gestiegen und damit liegt die Uferlinie jetzt 1m näher an unserem Zelt (siehe Foto). Die ‘Berechnungen’ haben gestimmt.

Die Essensreste von gestern Abend sind mit Mücken durchsetzt:

Die Mücken hatten sich schon abends im Dunkeln aufs Essen gesetzt, als es noch warm war. Hat in der Dunkelheit allen geschmeckt. Mir schmecken die Reste auch heute noch.

Kurz nach ½11 treiben wir wieder auf dem Wasser. Nach anfänglich offenen Ufern paddeln wir 17km lang durch urwüchsige Taiga-Landschaft. Die Ufer sind durchweg dicht bewachsen oder sumpfig, so dass sich die ganze Zeit über (3h) kein einziger potentieller Zeltplatz ausmachen lässt.
Wieder viele schöne Gebirgsblicke:





An einer einzigen Stelle können wir an einer Sandbank anlegen und machen eine kurze Badepause:

Erst kurz vor dem Dorf Maiski, quasi bereits Ortslage, wäre eine erste schöne große Sandbank gewesen:

Rastende Kiebitze:

In Maiski wollen wir Einkaufen gehen. Aber wird heute am Sonntag ein Laden für uns öffnen?
Im Dorf schauen wir uns etwas um und entdecken etliche Kuriositäten, wie man sie auf dem russischen Dorf erwarten kann. Hier zB das Wasserwerk des Dorfes:


Es pumpt Flusswasser direkt aus dem Bargusin. Ich nehme an, es funktioniert nur in den 106 Tagen eisfreier Zeit im Jahr.
Die Wasserleitungen sind aus immer wieder reparierten Stahlrohren und kreuz und quer auf den Wegen verlegt:

Was machen die Leute im Winter?
Dörte bleibt bei den Booten und wir gehen einen Laden suchen. Auf dem Weg der erste verrottete Sappo, weitere folgen auf dieser Tour. Ich habe das Gefühl, der Sappo wird auch in Russland nicht mehr geschätzt. Insgesamt liefen in den Jahren 1960–1994 über 3 Mio. dieser Gurken vom Band der Saporoschezker Autofabrik.

Vor dem Gemeindebüro das unvermeidliche Lenindenkmal und ein Denkmal für die Soldaten, die im Großen Vaterländischen Krieg gegen die Deutschen kämpften:

Und das, obwohl kein einziger Bewohner von Maiski aus in den Krieg zog, jedenfalls nicht in den 2. Weltkrieg (für Afghanistan würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen). Der Ort wurde nämlich erst 1961 gegründet. Damals wurden heroische Arbeitsschlachten für den Sieg des Kommunismus geschlagen. In der Nachschau wird folgendes berichtet: “Im Mai 1961 begann der Bau unseres Dorfes. So wie es in einem Lied eines lokalen Autors besungen wird: "Ein mutiges Volk kam in die graue Taiga in der Nähe von den Sporen des Grats ...". Sie waren die ersten Erbauer der zukünftigen Siedlung, ... angeführt von Iwan Illarionow. Insgesamt wurden 80 Personen im Auftrag der Zabaikaler Sägemühle hier hergeschickt. Der erste von ihnen landete mit dem Hubschrauber.
In der undurchdringlichen Taiga wurden Zelte aufgestellt, Hütten gebaut, zu Beginn des Winters Unterstände gegraben und Bauwagen aufgestellt. Die Menschen begannen, ein Dorf am Ufer des Flusses Bargusin 500km nordöstlich der Hauptstadt Burjatiens im malerischen Barguzin-Tal zu bauen.
Es gibt schwierige klimatische Bedingungen, starke Fröste bis -5° im Winter und +38°C im Sommer. Im Frühling gibt es oft Staubstürme. Der Sommer ist kurz, der Niederschlag ist gering. Aber trotz dieser strengen klimatischen und alltäglichen Bedingungen wuchs und entwickelte sich die junge Siedlung schnell.”
Das mit den "-5° im Winter" muss ein Schreibfehler sein. Wahrscheinlich soll dort -50 oder -45°C stehen.
Wieder zurück in die Jetztzeit: Neben der Gemeindeverwaltung befindet sich ein erster kleiner Laden, er ist tatsächlich geöffnet, aber da gibt es kein Bier zu kaufen. Darum ziehen wir weiter. Nach 200m der nächste Minishop, geschlossen. Nach 400m der nächste offene Laden, diesmal mit Bier, aber ohne Zigaretten. Hier füllen wir unsere Taschen wieder mit Massen an Kartoffeln, Gemüse, viel Knofel, Bier, Wodka, Wein, Brot, Kaffee und süßer Sahne fürs Sportgetränk. Später holt Andrea aus einem weiteren Laden noch Zigaretten, eine Melone und Торт НАПОЛЕОН. Ein Teil wird gleich am Flussufer im Schatten der Lärchen verspeist.

Nach dem einstündigen Aufenthalt in Maiski paddeln wir noch weitere 5km den Bargusin hinab und finden am Ende eine sehr ausgedehnte Sandbank zur Übernachtung:

600m entfernt liegt auf dem gegenüberliegenden Ufer ein einsames Gehöft. Alle paar Minuten klatscht irgendetwas laut ins Wasser. Sind das Biber, Riesenfische oder was? Es dauert ein Weilchen, bis es mir dämmert: es sind große Erdabbrüche am Steilufer gegenüber. Das Wasser nagt heftig am Land und wir sind gerade Zeuge von erdgeschichtlichen Veränderungen.
Andrea hat das Zelt wieder schnell aufgebaut. Auch diesmal setzen wir einen Pegel.

Nach dem Abendbrot mixt uns Andrea noch etwas Sportgetränk (Wodka und süße Sahne etwa 1:1), schlachten die Melone und wir verfolgen den Sonnenuntergang am Lagerfeuer.

Es weht ein frischer Wind und wir suchen die Mützen raus (während ihr in Deutschland wahrscheinlich bei 30°C geschwitzt habt).
Die Sonne ist hinter dem Gebirge untergegangen:


Im Verlaufe des Abends sehen wir wieder das Wasser steigen. Könnte das diesmal kritisch werden? Ich habe da ein ungutes Gefühl, möchte aber Andrea nicht unnötig beunruhigen. So binde ich nur sicherheitshalber das Boot an den benachbarten Büschen fest, bevor wir uns schlafen legen.

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