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... genauer gesagt: West Highland Way + Ben Nevis, Glen Nevis – Loch Ossian, Bealach Dubh – Dhalwinnie, Glen Tilt, Lairig Ghru, Loch Avon + Glen Avon, Tomintoul – Nethy Bridge, Rob Roy Way (2 Etappen), 09.07 – 02.08. 2018
„So, Robert ….“, der Beamte am Glasgow Airport beäugt meinen Ausweis, schaut mich an. „… that’s you, isn’t it?“ – „Indeed, Sir, it is me.“ Auf seine freundliche Anfrage, was ich denn so vorhabe, verrate ich ihm meine Wander-Pläne in grobem Umriss. „Just you?“ – „That’s the plan, Sir.“ – „Best way to do it!“ Naja, zwischendurch treffe ich dann doch noch jemanden, aber das finde ich in diesem Moment zu kompliziert zu erklären. Froh bin ich aber über den freundlichen Ton der Erstbegegnung mit der heimischen Bevölkerung – das kennt man als Reisender auch anders. Den erfahrenen Schottland-Wiedergänger wird die oben beschriebene zugewandte Art nicht verwundern, für mich ist es jedoch das erste Mal in Kaledonien. Die Insel hatte ich zwar schon rund ein Dutzend Male besucht, es aber nie bis in den Norden geschafft. Dieses Versäumnis will ich in den nächsten knapp 4 Wochen wieder wettmachen, und zwar mit einem Outdoor-Rundumschlag, der mir den West Highland Way, aber auch die Highlands weiter östlich – inklusive der Cairngorms - erschließen soll. Der WHW kommt mir als Einstieg gelegen, da er vom Schwierigkeitsgrad überschaubar und dicht an die Infrastruktur angebunden ist – sollten sich Probleme in Bezug auf Ausrüstung oder gar die eigene Leistungsfähigkeit manifestieren, dann bitteschön in der ersten Woche, damit ich noch gegensteuern kann.
(Wie sich an der Datierung ablesen lässt, schreibe ich den Bericht aus der rückschauenden Perspektive, wenn auch zeitnah, damit man möglichst Vieles noch in Erinnerung hat. Der folgende Bericht wird in mehreren Etappen fortgesetzt und verfolgt dabei folgende Ziele:
• Reisebeschreibung: klar – persönliche Eindrücke, möglichst bebildert, hoffentlich anschaulich
• Planung: ein paar Gedanken zum wie / wo(mit) / was / wann seien erlaubt – einschließlich der Angabe, wie die ursprünglichen Überlegungen denn hingehauen haben
• Material: Einen detaillierten „What’s in my pack?“-thread hieraufzumachen würde der Natur des Reiseberichts widersprechen; trotzdem möchte ich zwischendurch die eine oder andere Bemerkung zur Ausrüstung loswerden, wenn es passt.)
Tag 01 (09.07.): Glasgow – Drymen (WHW)
Ohne weitere Umschweife wird das Vorhaben noch am „Tag der Landung“ angegangen. Ursprünglich hatte ich mal überlegt, im Hostel in Glasgow zu übernachten, aber meine Ankunft ist am frühen Nachmittag. Selbst wenn der Flug Verspätung haben sollte, wäre immer noch genug Zeit, um aus der Stadt heraus zu kommen und das Zelt in die Landschaft zu stellen. Zudem ist es abends lange hell, was dem Wanderer im Zeitbudget zusätzliche Flexibilität verschafft. Also schnell die nötigen Stationen (Rucksack schnappen + umpacken / Airport Express nach Queen Street / Tiso: Smidge + Gaskartusche kaufen / Zug zum Startpunkt des WHW in Milngavie) abgearbeitet. Vor Ort sacke ich schnell noch ein bisschen Obst im nahen Supermarkt ein und stiefele los. Das Wetter ist gut (sonnig, leichte Brise), bisher lief alles nach Plan – beste Startbedingungen also. Der Weg verläuft zu Beginn durch bewaldetes Gebiet, später durch offenes, leicht hügeliges Gelände.
Mancher Kilometer fühlt sich aber doch etwas monoton an, hier und da muss man am Straßenrand entlanggehen.
Meine Planung sieht vor, sich heute möglichst nah an Loch Lomond heranzuarbeiten – dort sind die „byelaws“ in Kraft, weswegen an den südlichen Ufern des Sees nicht gezeltet werden darf. Möchte ich dieses sog. „camping management area“ morgen komplett durchqueren, so muss ich heute noch mindestens 15 km marschieren: dann sind es morgen nämlich „handhabbare“ ~30 km. Irgendwann am frühen Abend macht sich aber dann doch die Müdigkeit breit, schließlich bin ich heute morgen um 4 Uhr aufgestanden. Ich komme schließlich bei einem „privaten Anbieter“ einer Camping-Möglichkeit unter – ein Farmer kurz vor Drymen bietet an, auf seinem üppigen Grundstück für überschaubare 3 Pfund pro Nase zu zelten. Zunächst bin ich ganz allein, später kommt dann doch noch eine dänische Jugendgruppe, die den netten Platz etwas „lebendiger“ gestalten. Bisschen schade, aber in Anbetracht der Tatsache, dass der Tag ansonsten als Auftakt nach Maß zu bezeichnen ist, wollen wir mal nicht allzu kleinlich sein.
Tag 02 (10.07.): Drymen – Ptarmigan Lodge (WHW)
Das Tageslicht lässt mich recht früh erwachen – um 4:30 stehe ich auf. Ist für mich total OK, und zwar aus mehreren Gründen: Erstens bin ich noch auf deutsche Zeit (1 Stunde zurück) gepolt, zweitens bin ich gestern früh ins Zelt gekrochen, daher drittens ausgeschlafen und viertens recht motiviert, die Touristenautobahn WHW möglichst früh am Tag anzugehen. Ich rechne mir damit Chancen aus, zumindest um diese Tageszeit noch nicht so vielen Leuten zu begegnen. Diese Hoffnung erfüllt sich tatsächlich und soll in den kommenden Tagen zur allgemeinen Leitlinie werden. Nach zwei Stunden Marsch treffe ich lediglich einen Trailrunner, man grüßt sich freundlich. Ich stapfe vorbei an einigen Zelten, deren Besitzer offenbar alle noch friedlich schlummern. Immerhin haben diese sich gestern deutlich näher an Conic Hill herangepirscht. Auf dem Weg dahin gibt es tatsächlich einige annehmbare Wildcampingplätze, selbst in der Hochsaison wird man da irgendwo fest – zumindest, wenn man ein Zelt mit überschaubaren Dimensionen aufschlagen will.
Der erste Blick auf Loch Lomond lässt nicht lange auf sich warten ...
... wird dann natürlich übertroffen von der respektablen Aussicht vom Conic Hill.
Ich empfehle, die paar Höhenmeter Umweg mitzunehmen, um sich dort oben einmal umzuschauen – es sei denn, der Rucksack lastet jetzt schon schwer oder die Sicht ist schlecht. Mein Rucksack wiegt inkl. aller Vorräte annehmbare 8-9 kg, was sich auf dem gesamten Trip als für mich angenehmes Gewicht herausstellen soll.
Den Abstieg hinunter nach Balmaha gehe ich gegen 9:30 an und habe damit schon mehr als die Hälfte des Pflichtprogramms für heute bewältigt, was mir eine Beruhigung ist. Normalerweise bin ich kein Freund von straff durchgeplanten Tagesabschnitten, aber hier erfordert das Verbot des Wildcampens nun mal den wiederholten Blick auf die GPS-Karte (Locus + LoMap Scotland). Die eine oder andere recht steil abwärts gehende Passage wird von meinen Trekkingstöcken abgemildert, die ich etwas länger einstelle – eine sinnvolle Funktion, für die ich immer wieder dankbar sein werde, da das Abwärtsgehen mich doch wiederholt vor Herausforderungen stellen wird.
Der Weg führt mich auf recht abwechslungsreiche Weise durch Wald bzw. am Ufer des Sees entlang.
Von den Menschenmassen, die mir mein WHW-Reiseführer (Autor: Charlie Loram) angekündigt hatte, kann ich hingegen wirklich nicht berichten. Natürlich begegne ich Leuten, die hier offenbar Urlaub machen und auch anderen Rucksacktouristen, das Ganze hält sich aber doch in Grenzen. Letztere Gruppe ist vom Alter und der Gepäckgröße bunt gemischt: junges Studentenvolk mit Riesengepäck trifft auf „silver agers“, die offenbar die Komfort-Option mit Koffertransport gebucht haben. Bei einem Kandidaten bleibt mir aber doch die Luft weg – ein junger Wandersbursche ist unterwegs mit einem Monster-Pack auf dem Rücken, von dem, an einem Riemen hängend, ein Popup-Zelt baumelt, welches im zusammengefalteten Zustand immer noch einen Durchmesser von einem knappen Meter hat. Einen besonders glücklichen Eindruck macht er nicht …
An einem der Mini-Strände des Loch Lomond gönne ich mir eine ausgedehnte Pause, ziehe die Schuhe aus und kühle die Füße im Wasser ab. Zwar bin ich nicht in krachledernen Stiefeln, sondern lediglich in Trailrunner-Schuhen (Altra Lone Peak 3.5) unterwegs, aber diese Erfrischung tut dennoch gut. Da die Steine z.T recht spitz sind, ziehe ich meine Sandalen Marke Eigenbau (sog. Huaraches aus dünner Vibram-Sohle + Kordel, 120g das Paar in Größe 48) an, welche die Fußsohlen vor dem Gröbsten schützen.
Der Nachmittag ist schon recht fortgeschritten, und ich halte geradewegs auf das Ende der camping management zone zu – die nördliche Grenze befindet sich etwa auf Höhe der Ptarmigan Lodge, die auf Karten zu finden sein sollte. Zwischendurch kann ich nochmal meine Wasservorräte auffüllen, der Ranger-Stützpunkt am Aufstieg zum Ben Lomond hat einen Außenzapfhahn, auf den mit Schildern extra hingewiesen wird. Kurz hinter der Lodge finde ich einen weiteren dieser Mini-Strände und nehme diesen für mich in Beschlag. Zwar ist es ganz schön kieselig hier, aber wofür hat man schließlich ein Groundsheet?
Jetzt kommt richtig Urlaubs-Feeling auf: das Zelt steht, eine Tasse Tee trägt genauso zur Entspannung bei wie das (für schottische Verhältnisse) grandiose Wetter: warm, wolkig mit sonnigen Abschnitten, der Wind weht leicht. Ich bade im See, drücke meine Socken und mein T-Shirt durchs Wasser, gönne mir schließlich ein üppiges Abendbrot.
Tag 03 (11.07.): Loch Lomond – Beinglas Campsite (WHW)
Mein Tag beginnt um 02(!) Uhr morgens: Der Regen trommelt kräftig auf das Flysheet, ein wahrer Sturzbach ergießt sich über das Zelt. Irgendwann merke ich, dass das Fußende meines Zelts (Nigor Pio Pio 1 Pers.) bereits ordentlich zusammengesackt ist – das Innenzelt hängt durch. Hm, da hat wohl jemand nicht vernünftig abgespannt? So’n Pfusch. Viel dramatischer aber sind die feinen Tropfen, die ich immer wieder ins Gesicht bekomme! Ich taste mich im Dunkeln durchs Zelt; eigentlich ist es trocken, aber an einer Stelle ist der Zeltboden feucht. Panik ergreift mich – sollte ein derart essentielles Ausrüstungsteil bereits in der 2. Nacht seinen Geist aufgeben? Das scheinen aber auch Riesentropfen zu sein, die da auf dem Außenzelt landen. Ein paar Tage vor Aufbruch hatte ich extra noch den Hardcore-Gartenschlauch-Test im Garten gemacht und keinerlei Leckagen festgestellt, weshalb ich es auch nicht für nötig hielt, die Nähte nochmal abzudichten bzw. zu imprägnieren. Jetzt verfluche ich meine Trägheit! An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ich dämmere zwar irgendwann nochmal weg, krauche aber beim 1. Tageslicht (03:30?) aus meiner Behausung, um mir die Sache von außen anzuschauen. Das Fußende hängt tatsächlich ziemlich durch – OK, beim nächsten Mal wird einfach besser aufs Abspannen geachtet. Das fiese Getrommel kam offenbar von einem herabhängenden Ast, von dessen Blättern das Regenwasser genau auf den Firstbereich des Zeltes platschte. Ich habe die Firstnaht als Schwachstelle in Verdacht, in meinem Kopf fängt es an zu rattern – was nun? Kann ich das Zelt unterwegs irgendwie abdichten? Was wenn es damit nicht getan ist? Oder gleich ein neues Zelt kaufen – nur wo? Hm … Missmutig pack ich zusammen, mampfe meinen Porridge und stapfe los. Ein Blick auf die Karte zeigt mir, dass der Campingplatz Beinglas 20 km entfernt ist. Da könnte ich doch vielleicht ein paar Sachen trocknen und etwas in Erfahrung bringen. Nachdem ich gestern mehr als 30 km gelaufen war, sollten die heutigen 20 doch gut zu bewältigen sein. Tja, so naiv kann man sein …
Das heutige Teilstück führt dicht am Loch Lomond entlang und gilt als eine der herausforderndsten Etappen – rückblickend war sie das für mich definitiv. Aber der Reihe nach. Zunächst führt der Pfad durch die bewaldete Flanke des Seeufers, der romantisch veranlagte Mittelerde-Fan fühlt sich hier ganz zuhause.
Diesen Baum hat doch bestimmt Tom Bombadil persönlich für die Touristen zum Draufsetzen hindrapiert ...
Wie im folgenden Bild vielleicht exemplarisch erkennbar ist, besteht der auf und ab ondulierende Pfad streckenweise aus Felsbrocken, die man kraxelnd bzw. mit ordentlich Sohlenhalt überwindet.
Meine Schuhe sind komplett nass, was mir aber nichts ausmacht, da es nicht kalt ist und meine Füße richtig was zu tun haben. Das Vorankommen ist aber beschwerlich – über ein Tempo von 2,5 km/h bin ich wohl nicht hinausgekommen. Normalerweise wäre die Strecke gut geeignet, um den Weg als schöne Herausforderung zu genießen. Mit meinem Zeltproblem im Kopf will mir das aber nicht recht gelingen, vielmehr hoffe ich auf eine Wifi-Verbindung am Zeltplatz, um per Online-Recherche eine Lösung auszuarbeiten.
Dennoch kann die mentale schwarze Wolke über meinem Kopf schließlich die Schönheit der Landschaft nicht ganz verdecken.
Schließlich ist es Zeit, dem Loch Lomond „farewell“ zu sagen. Der Weg wird nun deutlich einfacher, und nach ein paar sorgloseren Kilometern erreiche ich den Campingplatz. Im kleinen Shop fülle ich meine Essensvorräte auf (Erdnussbutter mit Shortbread – Hammer-Kombi!) und baue mein Zelt auf. Es nieselt zumindest, sodass ich den Quilt erst mal in der Drybag lasse, anstatt das Zelt wie üblich gleich wohnlich einzurichten Zumindest habe ich so Gelegenheit, der undichten Stelle auf den Grund zu gehen. Erst einmal begebe ich mich aber ins Pub, wo ich mir einen Burger gönne und mit der Problemlöserei beginne. In Fort William, dem Endpunkt des WHW, gibt es ja verschiedene Outdoorläden, schnell habe ich herausgefunden, dass ich dort im Ernstfall ein Zelt kaufen könnte – das würde dann zwar ein Riesenloch ins Budget brennen, aber zumindest könnte ich die Tour fortsetzen. Gesättigt und informiert gehe ich zurück zum Zelt, das nun seit mehr als einer Stunde im Regen stand. Von innen ist aber alles trocken, was mich einerseits beruhigt, andererseits die Frage unbeantwortet lässt, woher denn nun die Nässe kam. Letztendlich kann ich nur spekulieren: Das Rinnsal, welches vom Ast direkt aufs Zelt platschte, spritzte beim Aufprall stark, so dass einzelne Tropfen vermutlich durch die Belüftungsöffnungen ins Zeltinnere gelangten. Ich beschließe aber, auf Nummer sicher zu gehen: eine Lage Tenacious Tape über die Firstnaht kleben, wenn das Ding wieder trocken ist, eventuell in Fort William ein Tarp kaufen. Wenn man einen Plan hat, fühlt man sich gleich schon besser …
Tag 04: Beinglas – Inveroran (WHW)
Erneut erwache ich recht früh (4:00), nutze die Gelegenheit, um die facilities des Campingplatzes (Dusche, Küche, Trockenraum) ohne jegliche Gesellschaft zu nutzen und bin ab 6 Uhr unterwegs. Beim Zusammenpacken des Zeltes überfällt mich das erste Mal ein richtiger Schwarm Midges – ich versäume es, rechtzeitig Smidge aufzutragen und bezahle die Nachlässigkeit mit etlichen roten Punkten an den freigelegten Hautstellen (Knöchel, unterer Rücken, Gesicht). Zwar kann ich erst mal nicht in den Spiegel schauen, vermute aber, dass ich aussehe wie das Sams. Naja, gehört dazu …
Ursprünglich war mein Plan, heute bei guten Verhältnissen eine Alternativroute zum WHW zu nehmen. Der Reiseführer „Not the West Highland Way“ schlägt vor, zwischen den beiden Munros Ben Oss und Ben Lui hindurchzunavigieren. Erstens ist es aber recht wolkenverhangen mit einzelnen Schauern, so dass man mit Nebel rechnen muss, was für eine z.T. weglose Route sicherlich nicht die besten Wetterverhältnisse sind. Zweitens hat es ja gestern den ganzen Tag geregnet, sodass das grasige Terrain unterhalb der Gipfel aufgeweicht sein dürfte. Kurzum – ich entscheide mich für die Standardroute, auch wenn diese zunächst alles andere als eine Augenweide ist – ich laufe eine geteerte Straße entlang, die von Strommasten gesäumt wird. Augen zu und durch. Zumindest kann ich in den ersten beiden Stunden einfach mal entspannt gehen, denn der Weg bietet wenig Herausforderung. Zudem regnet es nicht mehr. Nach einer Weile komme ich an einer „honesty box“ vorbei, die einer der locals offenbar regelmäßig bestückt mit den Sachen, die dem Wanderer munden: Schokoriegel, Chips, Cola. Ich bediene mich, werfe eine passende Münze in die Kasse und ziehe weiter. Die Laune ist gut, die Füße wollen noch – geht doch!
Landschaftlich gesehen ist die heutige Etappe zunächst unspektakulär, auch der Eindruck des Morgens setzt sich nicht fort.
Schließlich kommt sogar etwas Highlands-Feeling auf:
Dass ich letztendlich doch noch mehr als 30 km gehe, verdanke ich der äußerst angenehmen Gesellschaft von Bob und Jennifer, einem Ehepaar aus Colorado Springs mit ordentlich Wander-Erfahrung, was man ihrem Tempo anmerkt: Die beiden sind zwar nicht mehr die Jüngsten, stiefeln aber unbeirrbar und ohne Pause einfach weiter. Schnell kommen wir ins Gespräch, ich registriere meinen eigenen Redebedarf nach drei Tagen ohne längere Unterhaltung. So vergeht der Großteil des Tages auf kurzweilige Weise. In Bridge of Orchy trennen wir uns, ich zuckel noch ein paar Km weiter. Das wetter bessert sich zusehends.
Mein Lager schlage ich schließlich hinter Inveroran an einem Wasserlauf auf, der als Wildcamp offenbar beliebt ist. Einige Leute (Niederländer, Deutsche, Dänen) haben sich schon niedergelassen, im Laufe des Abends kommen weitere hinzu. Naja, dann halt in Gesellschaft heute. Mittlerweile hat sich die Sonne herausgewagt, so dass ich die Gelegenheit für eine kleine Wäsche nutze. Man weiß ja nie, wann man wieder dazu kommt ...
„So, Robert ….“, der Beamte am Glasgow Airport beäugt meinen Ausweis, schaut mich an. „… that’s you, isn’t it?“ – „Indeed, Sir, it is me.“ Auf seine freundliche Anfrage, was ich denn so vorhabe, verrate ich ihm meine Wander-Pläne in grobem Umriss. „Just you?“ – „That’s the plan, Sir.“ – „Best way to do it!“ Naja, zwischendurch treffe ich dann doch noch jemanden, aber das finde ich in diesem Moment zu kompliziert zu erklären. Froh bin ich aber über den freundlichen Ton der Erstbegegnung mit der heimischen Bevölkerung – das kennt man als Reisender auch anders. Den erfahrenen Schottland-Wiedergänger wird die oben beschriebene zugewandte Art nicht verwundern, für mich ist es jedoch das erste Mal in Kaledonien. Die Insel hatte ich zwar schon rund ein Dutzend Male besucht, es aber nie bis in den Norden geschafft. Dieses Versäumnis will ich in den nächsten knapp 4 Wochen wieder wettmachen, und zwar mit einem Outdoor-Rundumschlag, der mir den West Highland Way, aber auch die Highlands weiter östlich – inklusive der Cairngorms - erschließen soll. Der WHW kommt mir als Einstieg gelegen, da er vom Schwierigkeitsgrad überschaubar und dicht an die Infrastruktur angebunden ist – sollten sich Probleme in Bezug auf Ausrüstung oder gar die eigene Leistungsfähigkeit manifestieren, dann bitteschön in der ersten Woche, damit ich noch gegensteuern kann.
(Wie sich an der Datierung ablesen lässt, schreibe ich den Bericht aus der rückschauenden Perspektive, wenn auch zeitnah, damit man möglichst Vieles noch in Erinnerung hat. Der folgende Bericht wird in mehreren Etappen fortgesetzt und verfolgt dabei folgende Ziele:
• Reisebeschreibung: klar – persönliche Eindrücke, möglichst bebildert, hoffentlich anschaulich
• Planung: ein paar Gedanken zum wie / wo(mit) / was / wann seien erlaubt – einschließlich der Angabe, wie die ursprünglichen Überlegungen denn hingehauen haben
• Material: Einen detaillierten „What’s in my pack?“-thread hieraufzumachen würde der Natur des Reiseberichts widersprechen; trotzdem möchte ich zwischendurch die eine oder andere Bemerkung zur Ausrüstung loswerden, wenn es passt.)
Tag 01 (09.07.): Glasgow – Drymen (WHW)
Ohne weitere Umschweife wird das Vorhaben noch am „Tag der Landung“ angegangen. Ursprünglich hatte ich mal überlegt, im Hostel in Glasgow zu übernachten, aber meine Ankunft ist am frühen Nachmittag. Selbst wenn der Flug Verspätung haben sollte, wäre immer noch genug Zeit, um aus der Stadt heraus zu kommen und das Zelt in die Landschaft zu stellen. Zudem ist es abends lange hell, was dem Wanderer im Zeitbudget zusätzliche Flexibilität verschafft. Also schnell die nötigen Stationen (Rucksack schnappen + umpacken / Airport Express nach Queen Street / Tiso: Smidge + Gaskartusche kaufen / Zug zum Startpunkt des WHW in Milngavie) abgearbeitet. Vor Ort sacke ich schnell noch ein bisschen Obst im nahen Supermarkt ein und stiefele los. Das Wetter ist gut (sonnig, leichte Brise), bisher lief alles nach Plan – beste Startbedingungen also. Der Weg verläuft zu Beginn durch bewaldetes Gebiet, später durch offenes, leicht hügeliges Gelände.
Mancher Kilometer fühlt sich aber doch etwas monoton an, hier und da muss man am Straßenrand entlanggehen.
Meine Planung sieht vor, sich heute möglichst nah an Loch Lomond heranzuarbeiten – dort sind die „byelaws“ in Kraft, weswegen an den südlichen Ufern des Sees nicht gezeltet werden darf. Möchte ich dieses sog. „camping management area“ morgen komplett durchqueren, so muss ich heute noch mindestens 15 km marschieren: dann sind es morgen nämlich „handhabbare“ ~30 km. Irgendwann am frühen Abend macht sich aber dann doch die Müdigkeit breit, schließlich bin ich heute morgen um 4 Uhr aufgestanden. Ich komme schließlich bei einem „privaten Anbieter“ einer Camping-Möglichkeit unter – ein Farmer kurz vor Drymen bietet an, auf seinem üppigen Grundstück für überschaubare 3 Pfund pro Nase zu zelten. Zunächst bin ich ganz allein, später kommt dann doch noch eine dänische Jugendgruppe, die den netten Platz etwas „lebendiger“ gestalten. Bisschen schade, aber in Anbetracht der Tatsache, dass der Tag ansonsten als Auftakt nach Maß zu bezeichnen ist, wollen wir mal nicht allzu kleinlich sein.
Tag 02 (10.07.): Drymen – Ptarmigan Lodge (WHW)
Das Tageslicht lässt mich recht früh erwachen – um 4:30 stehe ich auf. Ist für mich total OK, und zwar aus mehreren Gründen: Erstens bin ich noch auf deutsche Zeit (1 Stunde zurück) gepolt, zweitens bin ich gestern früh ins Zelt gekrochen, daher drittens ausgeschlafen und viertens recht motiviert, die Touristenautobahn WHW möglichst früh am Tag anzugehen. Ich rechne mir damit Chancen aus, zumindest um diese Tageszeit noch nicht so vielen Leuten zu begegnen. Diese Hoffnung erfüllt sich tatsächlich und soll in den kommenden Tagen zur allgemeinen Leitlinie werden. Nach zwei Stunden Marsch treffe ich lediglich einen Trailrunner, man grüßt sich freundlich. Ich stapfe vorbei an einigen Zelten, deren Besitzer offenbar alle noch friedlich schlummern. Immerhin haben diese sich gestern deutlich näher an Conic Hill herangepirscht. Auf dem Weg dahin gibt es tatsächlich einige annehmbare Wildcampingplätze, selbst in der Hochsaison wird man da irgendwo fest – zumindest, wenn man ein Zelt mit überschaubaren Dimensionen aufschlagen will.
Der erste Blick auf Loch Lomond lässt nicht lange auf sich warten ...
... wird dann natürlich übertroffen von der respektablen Aussicht vom Conic Hill.
Ich empfehle, die paar Höhenmeter Umweg mitzunehmen, um sich dort oben einmal umzuschauen – es sei denn, der Rucksack lastet jetzt schon schwer oder die Sicht ist schlecht. Mein Rucksack wiegt inkl. aller Vorräte annehmbare 8-9 kg, was sich auf dem gesamten Trip als für mich angenehmes Gewicht herausstellen soll.
Den Abstieg hinunter nach Balmaha gehe ich gegen 9:30 an und habe damit schon mehr als die Hälfte des Pflichtprogramms für heute bewältigt, was mir eine Beruhigung ist. Normalerweise bin ich kein Freund von straff durchgeplanten Tagesabschnitten, aber hier erfordert das Verbot des Wildcampens nun mal den wiederholten Blick auf die GPS-Karte (Locus + LoMap Scotland). Die eine oder andere recht steil abwärts gehende Passage wird von meinen Trekkingstöcken abgemildert, die ich etwas länger einstelle – eine sinnvolle Funktion, für die ich immer wieder dankbar sein werde, da das Abwärtsgehen mich doch wiederholt vor Herausforderungen stellen wird.
Der Weg führt mich auf recht abwechslungsreiche Weise durch Wald bzw. am Ufer des Sees entlang.
Von den Menschenmassen, die mir mein WHW-Reiseführer (Autor: Charlie Loram) angekündigt hatte, kann ich hingegen wirklich nicht berichten. Natürlich begegne ich Leuten, die hier offenbar Urlaub machen und auch anderen Rucksacktouristen, das Ganze hält sich aber doch in Grenzen. Letztere Gruppe ist vom Alter und der Gepäckgröße bunt gemischt: junges Studentenvolk mit Riesengepäck trifft auf „silver agers“, die offenbar die Komfort-Option mit Koffertransport gebucht haben. Bei einem Kandidaten bleibt mir aber doch die Luft weg – ein junger Wandersbursche ist unterwegs mit einem Monster-Pack auf dem Rücken, von dem, an einem Riemen hängend, ein Popup-Zelt baumelt, welches im zusammengefalteten Zustand immer noch einen Durchmesser von einem knappen Meter hat. Einen besonders glücklichen Eindruck macht er nicht …
An einem der Mini-Strände des Loch Lomond gönne ich mir eine ausgedehnte Pause, ziehe die Schuhe aus und kühle die Füße im Wasser ab. Zwar bin ich nicht in krachledernen Stiefeln, sondern lediglich in Trailrunner-Schuhen (Altra Lone Peak 3.5) unterwegs, aber diese Erfrischung tut dennoch gut. Da die Steine z.T recht spitz sind, ziehe ich meine Sandalen Marke Eigenbau (sog. Huaraches aus dünner Vibram-Sohle + Kordel, 120g das Paar in Größe 48) an, welche die Fußsohlen vor dem Gröbsten schützen.
Der Nachmittag ist schon recht fortgeschritten, und ich halte geradewegs auf das Ende der camping management zone zu – die nördliche Grenze befindet sich etwa auf Höhe der Ptarmigan Lodge, die auf Karten zu finden sein sollte. Zwischendurch kann ich nochmal meine Wasservorräte auffüllen, der Ranger-Stützpunkt am Aufstieg zum Ben Lomond hat einen Außenzapfhahn, auf den mit Schildern extra hingewiesen wird. Kurz hinter der Lodge finde ich einen weiteren dieser Mini-Strände und nehme diesen für mich in Beschlag. Zwar ist es ganz schön kieselig hier, aber wofür hat man schließlich ein Groundsheet?
Jetzt kommt richtig Urlaubs-Feeling auf: das Zelt steht, eine Tasse Tee trägt genauso zur Entspannung bei wie das (für schottische Verhältnisse) grandiose Wetter: warm, wolkig mit sonnigen Abschnitten, der Wind weht leicht. Ich bade im See, drücke meine Socken und mein T-Shirt durchs Wasser, gönne mir schließlich ein üppiges Abendbrot.
Tag 03 (11.07.): Loch Lomond – Beinglas Campsite (WHW)
Mein Tag beginnt um 02(!) Uhr morgens: Der Regen trommelt kräftig auf das Flysheet, ein wahrer Sturzbach ergießt sich über das Zelt. Irgendwann merke ich, dass das Fußende meines Zelts (Nigor Pio Pio 1 Pers.) bereits ordentlich zusammengesackt ist – das Innenzelt hängt durch. Hm, da hat wohl jemand nicht vernünftig abgespannt? So’n Pfusch. Viel dramatischer aber sind die feinen Tropfen, die ich immer wieder ins Gesicht bekomme! Ich taste mich im Dunkeln durchs Zelt; eigentlich ist es trocken, aber an einer Stelle ist der Zeltboden feucht. Panik ergreift mich – sollte ein derart essentielles Ausrüstungsteil bereits in der 2. Nacht seinen Geist aufgeben? Das scheinen aber auch Riesentropfen zu sein, die da auf dem Außenzelt landen. Ein paar Tage vor Aufbruch hatte ich extra noch den Hardcore-Gartenschlauch-Test im Garten gemacht und keinerlei Leckagen festgestellt, weshalb ich es auch nicht für nötig hielt, die Nähte nochmal abzudichten bzw. zu imprägnieren. Jetzt verfluche ich meine Trägheit! An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ich dämmere zwar irgendwann nochmal weg, krauche aber beim 1. Tageslicht (03:30?) aus meiner Behausung, um mir die Sache von außen anzuschauen. Das Fußende hängt tatsächlich ziemlich durch – OK, beim nächsten Mal wird einfach besser aufs Abspannen geachtet. Das fiese Getrommel kam offenbar von einem herabhängenden Ast, von dessen Blättern das Regenwasser genau auf den Firstbereich des Zeltes platschte. Ich habe die Firstnaht als Schwachstelle in Verdacht, in meinem Kopf fängt es an zu rattern – was nun? Kann ich das Zelt unterwegs irgendwie abdichten? Was wenn es damit nicht getan ist? Oder gleich ein neues Zelt kaufen – nur wo? Hm … Missmutig pack ich zusammen, mampfe meinen Porridge und stapfe los. Ein Blick auf die Karte zeigt mir, dass der Campingplatz Beinglas 20 km entfernt ist. Da könnte ich doch vielleicht ein paar Sachen trocknen und etwas in Erfahrung bringen. Nachdem ich gestern mehr als 30 km gelaufen war, sollten die heutigen 20 doch gut zu bewältigen sein. Tja, so naiv kann man sein …
Das heutige Teilstück führt dicht am Loch Lomond entlang und gilt als eine der herausforderndsten Etappen – rückblickend war sie das für mich definitiv. Aber der Reihe nach. Zunächst führt der Pfad durch die bewaldete Flanke des Seeufers, der romantisch veranlagte Mittelerde-Fan fühlt sich hier ganz zuhause.
Diesen Baum hat doch bestimmt Tom Bombadil persönlich für die Touristen zum Draufsetzen hindrapiert ...
Wie im folgenden Bild vielleicht exemplarisch erkennbar ist, besteht der auf und ab ondulierende Pfad streckenweise aus Felsbrocken, die man kraxelnd bzw. mit ordentlich Sohlenhalt überwindet.
Meine Schuhe sind komplett nass, was mir aber nichts ausmacht, da es nicht kalt ist und meine Füße richtig was zu tun haben. Das Vorankommen ist aber beschwerlich – über ein Tempo von 2,5 km/h bin ich wohl nicht hinausgekommen. Normalerweise wäre die Strecke gut geeignet, um den Weg als schöne Herausforderung zu genießen. Mit meinem Zeltproblem im Kopf will mir das aber nicht recht gelingen, vielmehr hoffe ich auf eine Wifi-Verbindung am Zeltplatz, um per Online-Recherche eine Lösung auszuarbeiten.
Dennoch kann die mentale schwarze Wolke über meinem Kopf schließlich die Schönheit der Landschaft nicht ganz verdecken.
Schließlich ist es Zeit, dem Loch Lomond „farewell“ zu sagen. Der Weg wird nun deutlich einfacher, und nach ein paar sorgloseren Kilometern erreiche ich den Campingplatz. Im kleinen Shop fülle ich meine Essensvorräte auf (Erdnussbutter mit Shortbread – Hammer-Kombi!) und baue mein Zelt auf. Es nieselt zumindest, sodass ich den Quilt erst mal in der Drybag lasse, anstatt das Zelt wie üblich gleich wohnlich einzurichten Zumindest habe ich so Gelegenheit, der undichten Stelle auf den Grund zu gehen. Erst einmal begebe ich mich aber ins Pub, wo ich mir einen Burger gönne und mit der Problemlöserei beginne. In Fort William, dem Endpunkt des WHW, gibt es ja verschiedene Outdoorläden, schnell habe ich herausgefunden, dass ich dort im Ernstfall ein Zelt kaufen könnte – das würde dann zwar ein Riesenloch ins Budget brennen, aber zumindest könnte ich die Tour fortsetzen. Gesättigt und informiert gehe ich zurück zum Zelt, das nun seit mehr als einer Stunde im Regen stand. Von innen ist aber alles trocken, was mich einerseits beruhigt, andererseits die Frage unbeantwortet lässt, woher denn nun die Nässe kam. Letztendlich kann ich nur spekulieren: Das Rinnsal, welches vom Ast direkt aufs Zelt platschte, spritzte beim Aufprall stark, so dass einzelne Tropfen vermutlich durch die Belüftungsöffnungen ins Zeltinnere gelangten. Ich beschließe aber, auf Nummer sicher zu gehen: eine Lage Tenacious Tape über die Firstnaht kleben, wenn das Ding wieder trocken ist, eventuell in Fort William ein Tarp kaufen. Wenn man einen Plan hat, fühlt man sich gleich schon besser …
Tag 04: Beinglas – Inveroran (WHW)
Erneut erwache ich recht früh (4:00), nutze die Gelegenheit, um die facilities des Campingplatzes (Dusche, Küche, Trockenraum) ohne jegliche Gesellschaft zu nutzen und bin ab 6 Uhr unterwegs. Beim Zusammenpacken des Zeltes überfällt mich das erste Mal ein richtiger Schwarm Midges – ich versäume es, rechtzeitig Smidge aufzutragen und bezahle die Nachlässigkeit mit etlichen roten Punkten an den freigelegten Hautstellen (Knöchel, unterer Rücken, Gesicht). Zwar kann ich erst mal nicht in den Spiegel schauen, vermute aber, dass ich aussehe wie das Sams. Naja, gehört dazu …
Ursprünglich war mein Plan, heute bei guten Verhältnissen eine Alternativroute zum WHW zu nehmen. Der Reiseführer „Not the West Highland Way“ schlägt vor, zwischen den beiden Munros Ben Oss und Ben Lui hindurchzunavigieren. Erstens ist es aber recht wolkenverhangen mit einzelnen Schauern, so dass man mit Nebel rechnen muss, was für eine z.T. weglose Route sicherlich nicht die besten Wetterverhältnisse sind. Zweitens hat es ja gestern den ganzen Tag geregnet, sodass das grasige Terrain unterhalb der Gipfel aufgeweicht sein dürfte. Kurzum – ich entscheide mich für die Standardroute, auch wenn diese zunächst alles andere als eine Augenweide ist – ich laufe eine geteerte Straße entlang, die von Strommasten gesäumt wird. Augen zu und durch. Zumindest kann ich in den ersten beiden Stunden einfach mal entspannt gehen, denn der Weg bietet wenig Herausforderung. Zudem regnet es nicht mehr. Nach einer Weile komme ich an einer „honesty box“ vorbei, die einer der locals offenbar regelmäßig bestückt mit den Sachen, die dem Wanderer munden: Schokoriegel, Chips, Cola. Ich bediene mich, werfe eine passende Münze in die Kasse und ziehe weiter. Die Laune ist gut, die Füße wollen noch – geht doch!
Landschaftlich gesehen ist die heutige Etappe zunächst unspektakulär, auch der Eindruck des Morgens setzt sich nicht fort.
Schließlich kommt sogar etwas Highlands-Feeling auf:
Dass ich letztendlich doch noch mehr als 30 km gehe, verdanke ich der äußerst angenehmen Gesellschaft von Bob und Jennifer, einem Ehepaar aus Colorado Springs mit ordentlich Wander-Erfahrung, was man ihrem Tempo anmerkt: Die beiden sind zwar nicht mehr die Jüngsten, stiefeln aber unbeirrbar und ohne Pause einfach weiter. Schnell kommen wir ins Gespräch, ich registriere meinen eigenen Redebedarf nach drei Tagen ohne längere Unterhaltung. So vergeht der Großteil des Tages auf kurzweilige Weise. In Bridge of Orchy trennen wir uns, ich zuckel noch ein paar Km weiter. Das wetter bessert sich zusehends.
Mein Lager schlage ich schließlich hinter Inveroran an einem Wasserlauf auf, der als Wildcamp offenbar beliebt ist. Einige Leute (Niederländer, Deutsche, Dänen) haben sich schon niedergelassen, im Laufe des Abends kommen weitere hinzu. Naja, dann halt in Gesellschaft heute. Mittlerweile hat sich die Sonne herausgewagt, so dass ich die Gelegenheit für eine kleine Wäsche nutze. Man weiß ja nie, wann man wieder dazu kommt ...
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