[IN] Gangotri – Gomukh: Eine Kurzwanderung zur Quelle des Ganges

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  • kunibald
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    • 15.06.2014
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    • Privat

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    [IN] Gangotri – Gomukh: Eine Kurzwanderung zur Quelle des Ganges

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Vorbemerkungen
    Diese kleine Wanderung kann sich zwar nicht mit den großen Abenteuern auf dieser Seite messen, nichtsdestotrotz möchte ich einen ausführlichen Reisebericht verfassen, weil ich so gut wie keine deutsch- oder englischsprachigen Informationen zu dieser Wanderung gefunden habe. Ich habe nichts mit dem Hinduismus am Hut und war auch nicht auf der Suche nach Erleuchtung oder Erlösung, sondern wollte mir einfach mal angucken, wo der Ganges so herkommt, nachdem sich fast mein ganzer Indienaufenthalt mehr oder weniger um diesen Fluss dreht. Im Laufe der Reise durchquert bzw. erreicht man vier wichtige Wallfahrtsorte des Hinduismus (Haridwar, Rishikesh, Gangotri und Gomukh) und trifft dementsprechend weitestgehend auf gläubige Pilger_innen und viel religiösen Schnickschnack.

    Es gibt zwar viele „Quellen“ des Ganges, jeweils an den Orten, wo die Quellflüsse zusammenfließen, aber Gomukh ist der Ort, wo der erste Quellfluss, der Bhagirati, dem Gletscher entspringt, also die erste und oberste aller Quellen.

    Reisezeitraum
    Ende Mai 2018

    Anspruch
    Die Wanderung verläuft fast vollständig auf guten Wanderwegen. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sollten vorhanden sein, teilweise können Wegstücke glitschig werden und laufen am steilen Abgrund entlang. Es muss eine aktive Erdrutsch- und Steinschlagzone durchquert werden. Die Höhe ist nicht zu verachten, die Anreise verläuft von 500 auf 3500 Meter, die Wanderung geht dann binnen eines Tages auf 4200 Meter. Es kann kalt werden, schneien, rutschig werden und was die Höhe noch alles so mit sich bringt.

    Orientierung
    Problemlos, es gibt nur einen Weg. Brauchbare Karten sind in Gangotri nicht zu bekommen, aber der Weg ist in Here-Maps für das Smartphone eingezeichnet.

    Anreise
    Plant man die Wanderung ausgehend von Delhi, ist die Anreise länger und anstrengender als die eigentliche Wanderung. Es bietet sich also an, noch einige Aktivitäten auf dem Weg oder Rückweg zu planen (Jim-Corbett-Nationalpark, Ganga-Aarti in Haridwar/Rishikesh, Kedarnath in den Bergen, Yoga in Rishikesh so als Vorschläge). Wir waren zum Glück schon einige Zeit in Indien und an die Menschen, Hitze und die Eigenarten der Fortbewegung akklimatisiert. Ist man gerade gelandet, kann diese Reise sehr, sehr anstrengend sein.

    Von Delhi nach Haridwar/Rishikesh kommt man auf vielen Wegen. Am komfortabelsten ist der Zug, Tickets können in der Foreign-Tourist-Quota zeitnah direkt im Tourist Office IM Hauptbahnhof (NDLS) gekauft werden (je nach Klasse bis 900 Rupies). Lasst euch nicht erzählen, das Tourist Office sei verlegt worden oder dergleichen! Es ist im Bahnhof im ersten Stock, und es ist offen. Steigt in keine Riksha und lasst euch nicht nerven.
    Ansonsten können via redbus.in Klimaanlagen-Busse gebucht werden, das funktioniert auch mit deutschen Kreditkarten (bis 500 Rupies). Sparfüchse oder Kurzentschlossene fahren morgens zum ISBT und fragen sich zu einem Bus nach Haridwar / Rishikesh durch.

    Von Haridwar (6:00 AM) und Rishikesh (5:30 AM) fahren Busse direkt nach Gangotri. Es ist dringend empfohlen, diese zu nehmen, sonst dauert die Reise zwei Tage und man muss in Uttarkashi übernachten. Rishikesh ist zwar netter, allerdings gibt es keine Hotels in der Nähe (5 km) des Busbahnhofes. In Haridwar liegen die meisten Hotels direkt neben dem Busbahnhof.
    Die Bustickets kann man via https://utconline.uk.gov.in/ buchen, alternativ kann man früh beim Busbahnhof aufkreuzen und sein Glück versuchen.
    Von Gangotri nach Rishikesh fahren Busse um 04:00 AM, 05:00 AM und 07:00 AM. Am besten am Abend vorher den Bus suchen und einen Sitz reservieren (oder schon vorher buchen).

    Die Busfahrt dauert nominell etwa 12 Stunden, realistisch eher 14 Stunden, ausschließlich über mittelmäßige bis schlechte Gebirgsstraßen. Brenzlige Manöver direkt am Abhang, ständig kotzende Mitfahrer_innen, Hitze und Staub durch die offenen Fenster, viele unsinnige Aktionen und dergleichen mehr müssen ausgehalten werden.


    Bus. An den Busbahnhöfen kann man sich nach dieser Farbgebung richten.


    Stau im Nichts. Viele Leute pilgern nach Gangotri

    Schlafen in Gangotri / Permits
    Angekommen in Gangotri, läuft man einfach die Hauptstraße entlang und sucht sich eine Lodge aus. Alternativ kann man vom Busbahnhof auf die andere Flussseite wechseln (GMVN-Schild folgen), dort befinden sich zwei staatliche Lodges, die ruhiger liegen. Einfaches Doppelzimmer etwa 800 Rupies. Essen und Snacks (Nüsse, Kekse, Schoki etc) gibt es von sehr früh bis spät, weil viele Leute sehr früh aufstehen, um sich in die Tempelschlange zu stellen.



    Wanderpermits (werden zweimal auf dem Weg kontrolliert) können von 07:00 AM bis 10:00 AM direkt in Gangotri beantragt werden. Das Büro ist etwa beim Busbahnhof, nördlich der Hauptstraße (grün-rotes Schild). Angeblich ist die Zahl limitiert, also besser früh da sein. Man braucht zwingend eine Kopie von Reisepass und Visum. Bezahlt wird erst nach etwa 2 km auf dem Wanderweg, dort wird auch ein Müllpfand erhoben und ggf. die Rucksäcke nach Plastiktüten und dergleichen durchsucht (bei uns nicht).


    Gebühren

    Tag 1: Gangotri - Bhojbasa (14 km, ~600 hm, 5 ½ h)
    Nachdem wir die Wanderpermits ergattert haben, haben wir in einem der zahlreichen Restaurants am Wegesrand gefrühstückt, uns mit Snacks eingedeckt und sind dann aufgebrochen. Der Weg folgt aus der Stadt heraus immer dem Fluss, bis es auf einem Plateu, wo eine lange Menschenschlange auf Eintritt in den Tempel wartet, nach links in den Hang geht (nicht ausgeschildert). Dort geht es über Treppenstufen erst einmal einige Meter hoch, bis man auf den Wanderweg kommt.


    Menschenschlange vor dem Tempel; links bei den rechteckigen Blöcken beginnt der Weg


    seltsame Viecher hat es hier...

    Nach 2km müssen wir unsere Permits bezahlen und einen Müllpfand entrichten (500 Rupies), den wir aber wieder zurückbekommen, ohne unseren Müll vorzeigen zu müssen. Danach haben wir die Stadt endgültig hinter uns gelassen und wandern jetzt im Tal des Bhagirati entlang. Die ersten Kilometer sind im kühlen Nadelwald, aber schnell erreichen wir die Baumgrenze, die Landschaft wird trockener und gebirgiger.





    Hütten direkt im Flussbett

    Die ersten schneebedeckten Berge tauchen im Sichtfeld auf.
    Wir ziehen an reihenweise schnaufenden Pilgern in nicht gerade gebirgstauglicher Kleidung vorbei und die von einer Armada Träger begleitet werden. Die beinahe einzigen anderen westlichen Touris, zwei Briten, die mit uns unterwegs sind, haben sieben (!!) Träger dabei. Selbst wenn sie auf die Almwiese Tapovan weitergehen, wofür man ein Zelt braucht…


    Blick ins Tal


    Andere Talseite und Bhagirati


    Träger

    Nach ca. 3 Stunden oder 9 Kilometern, im letzten Stück Wald, liegen eine Teehütte und ein Checkpoint für die Permits, danach geht es hinaus ins offene Tal.


    Blick zurück, im Waldstück am Bildende ist der Checkpoint und Teestand

    Nach einiger Zeit wird der Weg schlechter und gewundener und einige Taleinschnitte müssen überwunden werden. Danach folgt eine Erdrutschzone. Der Hang ist zum Glück nicht sehr steil, aber die Erde ist hier und da Bewegung und man sieht dem Weg an, dass ab und an auch dickere Brocken den Weg runterpurzeln oder gar der Weg runterpurzelt.


    Erdrutschzone mit kaputten Sicherungen

    Aber nach etwa 15 zügigen Minuten haben wir die Erdrutschzone durchschritten und gehen wieder unter bewachsenen Hängen. Auf der anderen Talseite sind Wiesen zu sehen, auf denen man mit etwas Glück Moschustiere, also seltsame Rehe mit Säbelzahntiger-Zähnen, sichten könnte. Wir hatten kein Glück und haben weder Moschustiere noch die Bärenschafe von oben erblicken können.

    Nach einem Anstieg in gerölliges Gelände sehen wir zuerst Werbung für den Yoga-Ashram in Bhojbasa (dort kann man auch schlafen), und wenige Schritte später dann auch Bhojbasa selbst, das heutige Tagesziel. Die Bhagirati-Berge und der Gangotri-Gletscher kommen in Sicht, unser morgiges Etappenziel. Mittlerweile ist es ziemlich frisch (eine willkommene Abwechslung nach Flachland-Indien) und es zieht zu. Noch haben wir Hoffnung auf eine gemütliche Lodge mit umfangreicher Speisekarte…


    Werbung für einen Yoga-Ashram in Bhojbasa


    Bhojbasa. Links im Bild unsere Lodge mit den Zelten

    Doch unsere Hoffnung wird nicht erhört. Wir steuern auf die am intaktesten aussehende Unterkunft links zu, hier hat man aber leider nur noch ein Bett in einem gammeligen Baumwollzelt für uns (350 Rupies pro Bett). Wir entscheiden uns dennoch, zu bleiben, weil die Alternativen auch nicht verlockender aussehen. Es wird schnell kälter, so dass wir bald alle Schichten Kleidung anhaben und trotzdem frieren. Die Speisekarte ist dann auch nicht sehr umfangreich und das Essen auch nicht besonders üppig, so dass wir früh, dezent hungrig, ins klamme, stinkende Bett gehen.

    Die Siedlung sieht insgesamt aus, als hätte sie schon bessere Zeiten hinter sich. Überall verfallen Hütten und Infrastruktur. Angeblich dürfen jetzt nur noch 100 Leute pro Tag diesen Weg gehen, weil er früher so überlaufen war. Wahrscheinlich hängt der Verfall also mit der reduzierten Besucherzahl zusammen.


    Die Lodge hat auch schonmal bessere Zeiten gesehen...


    Zelte

    Tag 2: Bhojbasa – Gomukh – Gangotri (22 km, 800 hm, 7 h)

    Es fällt dementsprechend ganz und gar nicht schwer, um 6 (früheste Frückstückszeit) aufzustehen und aufzubrechen. Nach Porridge und Nescafe nehmen wir die letzten vier Kilometer in Angriff, welche nach etwa 1 ½ Stunden überwunden sind. Kurz nach dem Aufbruch blickt der Shivling hervor und wir gehen weiter auf die Bhagirati-Berge zu.


    Shivling

    Die letzten Meter sind ziemlich unwegsam und zwischen großen Brocken muss immer wieder ein Durchschlupf gesucht werden. Man kann beliebig nahe an den Gletscher heranklettern, aber da das namensgebende Kuhmaul (Gomukh) 2013 durch einen Erdrutsch zerstört wurde, sparen wir uns die letzten Meter und genießen den Ausblick bei Keksen auf einem Sandstrand aus frischen Gletschersand.


    unten im Bild ist der ziemlich schlammige Gletscher zu sehen


    und von weiter weg


    Wegbeschaffenheit auf den Weg zum Gletscher

    Danach machen wir uns auf den Weg zurück. Es geht jetzt beständig seicht bergab, in einer Stunde ist man in Bhojbasa und wenn man sich ein bisschen beeilt, ist man in weiteren vier Stunden wieder in Gangotri.

    Auf dem Rückweg begleitet uns wortlos eine Gruppe von drei Jungs, die sich wohl in den Kopf gesetzt haben, wahlweise schneller sein zu müssen als die Westler oder schneller sein zu müssen als die Frau, was dazu führt, dass sie (bei unserem normalen Tempo) vor uns her hetzen. Haben sie etwas Vorsprung gewonnen, warten sie hechelnd hinter der nächsten Ecke, bis wir wieder zu sehen sind und springen dann wieder auf. Das ziehen sie so lange durch, bis einer der Typen zusammenbricht und nicht mehr weiterkann. Selbst danach rennt einer der Typen noch eine Weile vor uns her und lässt seinen Kumpel zurück. Schon nervig, aber angesichts der seltsamen Dinge, die in Indien sonst so passieren, auch nicht besonders herausstechend.

    Weiterhin sind am zweiten Tag extrem viele Mulis unterwegs, denen wir immer wieder ausweichen müssen. Einmal springen mir zwei führerlose Mulis fast in die Hacken, aber glücklicherweise bin ich bergseitig gelaufen.


    Mulis an Engstellen muss man mögen


    Die beiden haben mich fast umgerannt, als sie mal ausgebüchst sind

    Nachmittags erreichen wir Gangotri, und zum Abschluss einer schönen Wanderung gibt es ein leckeres Thali. Danach verbummeln wir noch etwas Zeit, bis es früh ins Bett geht, schließlich fährt der Bus um 04:00 AM. Aber das ist eine andere Geschichte…


    Thali

  • Brichdirnix
    Anfänger im Forum
    • 30.03.2017
    • 29
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [IN] Gangotri – Gomukh: Eine Kurzwanderung zur Quelle des Ganges

    Ein schöner Bericht, der hier leider nicht das Echo findet, das er meines Erachtens verdient hätte.

    Allerdings endet er - auch dies nur meinem Empfinden nach - etwas antiklimaktisch: nachdem ich mich den ganzen Bericht lang auf die Quelle des Ganges gefreut hatte (denn das würde auch mich interessieren), lese ich dann nur "Nachmittags erreichen wir Gangotri", und dann ist es aus.

    Abgesehen davon, das mir das Foto des indischen Essens Appetit macht: könntest du vielleicht die Quelle des Ganges ein wenig mit Wort und/oder Bild beschreiben?

    Kommentar


    • MaxD

      Lebt im Forum
      • 28.11.2014
      • 8913
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [IN] Gangotri – Gomukh: Eine Kurzwanderung zur Quelle des Ganges

      Aber das ist eine andere Geschichte…
      ...auf die ich auch gespannt warte!
      Danke für den Bericht aus dieser nicht alltäglichen Region.
      ministry of silly hikes

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      • kunibald
        Erfahren
        • 15.06.2014
        • 153
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [IN] Gangotri – Gomukh: Eine Kurzwanderung zur Quelle des Ganges

        Abgesehen davon, das mir das Foto des indischen Essens Appetit macht: könntest du vielleicht die Quelle des Ganges ein wenig mit Wort und/oder Bild beschreiben?
        Hallo, das ist vielleicht nicht so gut rausgekommen. Der Bhagirati entspringt dem Gletscher, der in den Bildern zu sehen ist. Früher war da eine Art Eishöhle, aus der der Fluss gekommen ist, die wurde allerdings bei Erdrutschen weggespült, und jetzt fängt der Fluss einfach am Gletscheranfang an. Ist auf den Bildern nicht so einfach zu sehen. Man kann an den Gletscher noch ca. 500 Meter weiter heran, das ist aber eine Schinderei über große Blöcke, die ich meinem angegriffenen Knie nicht zumuten wollte. Ist auf den Bildern etwas schwierig zu sehen. Der Gletscher wird von den Bhagirati-Bergen gespeist, die im Bildhintergrund zu sehen sind. Eine Quelle im Sinne von "da sprudelt Wasser aus dem Boden" gibt es also so nicht.

        Hier sieht man es etwas besser:


        ...auf die ich auch gespannt warte!
        Unsere Sitznachbaren waren ein fertiger Baba sowie seine zwei Frauen und Kinder, welche die Fahrt lang alle erdenklichen Körperausscheidungen ihrer Kleidung und ihren Wolldecken überantwortet haben (nicht nur die Kinder). Die Fahrt war dementsprechend olfaktorisch wie optisch kein besonderer Hochgenuss, und ich weiß bis heute nicht, wie ich das gesehene einordnen soll.
        Zuletzt geändert von kunibald; 24.09.2018, 11:35.

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