[DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

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  • Wandermaedel
    Erfahren
    • 02.11.2017
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    • Meine Reisen

    [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

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    Mitreisende
    3 Tage auf dem Rheinsteig – Mein erster Mini-Thruhike

    Noch vor einem halben Jahr war es für mich völlig undenkbar geplant eine Nacht im Freien zu verbringen (im Auto kein Problem), mochte ich es doch schon als junge Frau nicht, in einem Zelt schlafen.
    Seitdem habe ich viele Tourenberichte hier im Forum gelesen und unzählige Videos angesehen. Und je mehr ich las und sah, um so mehr wurde die Euphorie der Einzelnen zu meiner eigenen. Ja, warum eigentlich nicht, warum nicht etwas Neues wagen.
    Ich habe niemandem von meinem Vorhaben erzählt, denn im Geiste hörte ich schon deren Stimmen: Je öller um so döller, das kannst du nicht machen, du als Frau allein, in deinem Alter….und so weiter und so weiter.
    Ich habe es einfach getan.

    Für meinen ersten Mini-Thruhike habe ich mir den Rheinsteig ausgesucht, weil ich dort in den vergangenen Jahren schon viele Tageswanderungen gemacht habe und mir Gelände und Aussichten zusagten. Außerdem konnte ich eine Wanderung dort noch mit meinem Hobby Geocachen verbinden.
    Ich wählte Kamp-Bornhofen als Ausgangspunkt.

    Tag 1: Von Kamp-Bornhofen bis zur Schutzhütte in der ich schlafen werde – 16 km – 7h



    Es ist zwölf Uhr mittags als ich das Auto in Kamp-Bornhofen am Bahnhof abstelle und den Hund an die frische Luft lasse.
    „Komm, Dexter, lass dich anziehen“,
    was nichts anderes bedeutet als dass er seine Packtaschen aufgeschnallt bekommt. Das ist schnell geschehen, damit haben wir beide Routine.

    Ich schultere meinen Rucksack, schließe das Auto ab und schon sind wir auf dem zu Hause aufgezeichneten Track.
    Nach etwa zehn Minuten versperren uns Bahngleise den Weiterweg. ???? Nach zwei weiteren Anläufen ist der richtige Weg gefunden. Über urbanen Asphalt geht es steil nach oben. Nach circa fünfzehn Minuten sind wir auf einem befestigten Waldweg, immer noch steil bergauf. In einer Kurve tut sich der erste Ausblick auf den Rhein auf und kurz danach sind wir auf dem Rheinsteig angekommen.
    Und jetzt erst merke ich, dass mir etwas entscheidendes fehlt: meine Trekkingstöcke sind nicht da. Nicht in meinen Händen, nicht am Rucksack und Dexter hat sie auch nicht.
    Verflixt, wie kann ich denn so blöde sein und sie auf dem Autodach liegen lassen, ohne es zu merken. Na, sei es drum, Blick nach vorne, nicht zurück.

    Wir folgen der Ausschilderung in Richtung Lykershausen, Kestert.


    Die nächste Aussicht lässt nicht lange auf sich warten und dort zweigt endlich ein Weglein von der Wanderautobahn ab.



    Der Weg ist schmal und mit Steinen durchsetzt, das gefällt mir. Aber es geht wieder bergauf, wie so oft am Rheinsteig, es ist ein ständiges Auf und Ab.

    Am höchsten Punkt des Rheinsteigs angekommen, ließe sich

    gut eine Pause machen, wäre es nicht so unangenehm windig.


    Also werden wir weiter bis Lykershausen laufen. Dort steht am Ortsrand die Trail Magic "Wanderbude", vielleicht findet sich dort ein schönes Plätzchen.

    An dieser Wanderbude soll es nach den Informationen auf der Webseite - https://www.rheincamp.de - gekühlte Getränke, Snacks, Obst und kleinere Ausrüstungsgegenstände für Wandern, Survival und Bushcraft geben.

    Am Büdchen angekommen, überzeuge ich mich nicht von der Richtigkeit der Angaben, denn hier verweilen mir zu viele Ostermontagnachmittagsspaziergänger. So laufen wir direkt weiter zur Hindenburghöhe (260m), obwohl Dexter gerne Kontakt aufgenommen hätte.


    Spätestens an diesem Hindernis gibt es nichts mehr zu beschönigen,

    der Rucksack ist mir zu schwer.

    Obwohl ich nur 10kg auf dem Rücken trage und das im letzten Herbst auf der Hüttentour kein Problem war, quält mich das Gewicht heute. Trotzdem hieve ich mich mit Gepäck über das Hindernis und das sogar zweimal, schließlich möchte ich die Kamera nicht im Wald zurücklassen.

    Von der Hindenburghöhe führt uns der Weg durch ein Waldstück abwärts nach Kestert. Plötzlich ist Dexter weg. Ich schaue mich suchend um und entdecke ihn links von mir ein gutes Stück unterhalb des Weges. Dort fließt ein Bach, in dem steht er und trinkt ausgiebig.

    „Ja Hund, du hast Recht, ich muss unsere Wasserflaschen auffüllen.“

    Die Gelegenheit dazu ergibt sich, als wir am Ortsrand von Kestert ankommen. Der Bach, der Dexter gelabt hat, ist von der Straße aus zu erreichen. Er fließt plätschernd vor sich hin, so dass ich keine Bedenken habe hier Wasser zu schöpfen. Außerdem weiß ich nicht, ob es noch einmal so eine gute Gelegenheit gibt.
    Ich fülle die beiden Halbliterflaschen, die Dexter trägt, mit ungefiltertem Wasser auf. In die Hundetrinkflasche kommt auch ungefiltertes Wasser. Bleibt noch meine Trinkflasche.
    Zum Wasserfilter gehört eine 0,6 Liter Faltflasche. Die halte ich an einer tiefen Stelle ins forsch fließende Nass. Das Wasser gluckert munter vorbei, nicht ins Plastik. Geschlagene fünf Minuten dauert es bis das Behältnis gefüllt ist. Dafür geht das Umfüllen fix, der Filter funktioniert gut.



    Rucksack aufsetzen, weiter. Wir folgen der Asphaltstraße vom Dorf weg, natürlich bergauf, bis nach Oberkestert. Hier könnten wir an

    Uschis Wanderstation http://www.uschis-wanderstation.de/ nicht nur einkehren sondern auch übernachten. Möchten wir aber nicht.

    Bis zu unserem Übernachtungsziel sind es noch knapp vier Kilometer, der Rucksack ist so langsam unerträglich, die Beine sind lahm, die Füße heiß. Aufgeben? Nein, auf keinen Fall.
    Langsam senkt sich die Dämmerung herab. Auf einem großen Wiesenstück in etwa 100m Entfernung hat sich ein Rudel Rehe zum Abendschmaus versammelt. Dexter geht unbeeindruckt weiter, er wittert die Hütte. Nach knapp sieben Stunden sind wir angekommen.

    Zuletzt geändert von Wandermaedel; 01.05.2018, 19:10.

  • Babsbara
    Erfahren
    • 26.06.2013
    • 169
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

    Solche Berichte liebe ich! Ich freue mich schon auf die Fortsetzung
    LG,
    Babs

    Kommentar


    • AlfBerlin
      Lebt im Forum
      • 16.09.2013
      • 5073
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

      Zitat von Wandermaedel Beitrag anzeigen
      [U][B]... Zum Wasserfilter gehört eine 0,6 Liter Faltflasche. Die halte ich an einer tiefen Stelle ins forsch fließende Nass. Das Wasser gluckert munter vorbei, nicht ins Plastik. Geschlagene fünf Minuten dauert es bis das Behältnis gefüllt ist. ...
      Zum Auffüllen könntest Du doch eine der festen Flaschen verwenden.

      Ich bin gspannt wie es weitergeht.

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      • Meer Berge
        Fuchs
        • 10.07.2008
        • 2381
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

        Klasse, dass du´s einfach gemacht hast!
        Weiter so!

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        • Wandermaedel
          Erfahren
          • 02.11.2017
          • 177
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          • Meine Reisen

          #5
          AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

          Zitat von AlfBerlin Beitrag anzeigen
          Zum Auffüllen könntest Du doch eine der festen Flaschen verwenden.
          Das habe ich mir hinterher auch gedacht.

          Kommentar


          • Wandermaedel
            Erfahren
            • 02.11.2017
            • 177
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

            Im Inneren der Hütte

            Ich gehe sofort durch bis ins Innere der Hütte und lasse mich auf eine der Bänke fallen. Angekommen, aber noch ist nicht alles geschafft.

            Zuerst bekommt Dexter seine Futterration und Wasser, danach räume ich den Rucksack aus und verteile alle Sachen auf den Bänken. Wie jetzt weiter? Zuerst das Lager aufschlagen, oder zuerst etwas essen, oder ...

            Die Hütte hat große Fensteröffnungen durch es erbärmlich zieht. Ich könnte mein Tarp davor spannen (das habe ich in einem Video gesehen), Schnüre habe ich genug dabei. Es stecken auch Nägel in der Wand, mit denen muss etwas anzufangen sein.
            Aber wie ich es auch anstelle, es gelingt mir nicht die Plane ordentlich vor den Luftlöchern zu fixieren, so gebe ich es auf. Wenn ich meine Matte direkt an die Wand lege, dürfte der Wind mich nicht erwischen. Das aber später.

            Jetzt geht es ans Essen machen. Ich lege alle Utensilien bereit: die beiden selbst gebauten Dosenkocher, den Feuerstahl, das Feuerzeug, die Brennpaste, Esbitwürfel, den 500ml Topf, Wasser, die Fertigfutterpackung.

            Zu Hause habe ich geübt Brennpaste mit dem Feuerstahl zu entzünden, das hat gut geklappt. Aber heute, hier, klappt es überhaupt nicht. Selbst nachdem ich 20x Funken geschlagen habe, ist die Brennpaste nicht bereit, ihren Dienst zu tun. Zum Glück habe ich noch ein Feuerzeug dabei. Mit dem lässt sie sich entfachen.
            Ich will gerade den mit Wasser gefüllten Topf auf den Kocher stellen, als die Flamme erlischt. Das passiert noch zweimal, dann habe ich die Nase voll, nehme den kleineren Dosenkocher und zünde eine Esbittablette (4g) mit dem Feuerzeug an. Darauf lege ich drei weitere 4g Tabletten. Jetzt habe ich ein schönes Feuerchen. Das Wasser kocht recht schnell.

            Heute gibt es Pasta in Sahnesoße. Ich schütte das heiße Wasser in die Tüte, verschließe sie und wickele den Beutel in meinen Schlafsack (das, so habe ich in einigen Foren gelesen, soll den Garprozess beschleunigen.

            Um währenddessen nicht dumm rumzusitzen, prüfe ich, wo die Isomatte am besten liegen kann, fege mit einem Ast den Boden sauber und lege die Unterlage aus.

            Jetzt kommt der selbst gebaute Pumpsack zum Einsatz. Auch dessen Handhabung habe ich zu Hause geübt und tatsächlich klappt es auch hier. Ruck zuck ist die Matte mit Luft gefüllt.

            Schlafsack drauf und … es gibt ein lautes Platschgeräusch. Ich habe den Beutel mit dem Abendessen vergessen. Jetzt liegt er auf dem Beton, ein Teil des Inhaltes ebenso und der Schlafsack hat auch etwas abbekommen.
            Ich rette was zu retten ist und futtere sofort die noch sehr bissfesten Nudeln, damit nicht noch mehr passiert, danach reinige ich Boden und Schlafsack.

            Für heute habe ich genug, will nur noch ins Bett.

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            • Ziz
              Administrator

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              Administrator
              Lebt im Forum
              • 02.07.2015
              • 7333
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

              Authentisch, ich bin auf die Fortsetzung gespannt.
              Nein.

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              • Katun
                Fuchs
                • 16.07.2013
                • 1555
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                Ist so eine Sache mit dem Multiuse und der Minimalistenküche, alles total praktisch.

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                • Meer Berge
                  Fuchs
                  • 10.07.2008
                  • 2381
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                  Oh nein!!!
                  Ich hoffe, den Rest der Nacht überstehst du im nassen Schlafsack und halb verhungert einigermaßen!

                  Als du schriebst, du hättest die Tüte mit den Nudeln in den Schlafsack gepackt, dachte ich bei mir:
                  Das hätte ich nicht gemacht. ICH hätte es bestimmt geschafft, die Tüte irgendwie umzukippen, mich auf den Schafsack zu setzen, drüber zu stolpern ... oder sonst irgendwie Nudeln und Flüssigkeit im Schlafsack zu verteilen. Besonders, wenn ich nach einem anstrengenden Tag müde und kaputt bin.

                  Und als ich das noch dachte, passierte DIR das tatsächlich.
                  Hartes Lehrgeld. Aber solche Geschichten musste wahrscheinlich jeder von uns mal durchmachen.

                  Bin gespannt, wie´s dir weiterhin ergeht!

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                  • JensE
                    Gerne im Forum
                    • 20.01.2006
                    • 71
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                    Wunderbar!

                    Bitte schnell weiter schreiben.

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                    • rockhopper
                      Fuchs
                      • 22.04.2009
                      • 1234
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                      Spannend geschrieben! Die Zeilen machen mir Mut, denn eine Übernachtung alleine im Freien steht auch auf meiner Wunschliste. Je oller, desto doller, damit müssen wir leben..
                      Freue mich auf die Fortsetzung !

                      VG rockhopper, alias Krawall-Oma, welche keine Großmutter ist. Das hat einmal jemand aus meinem Freundeskreis zu mir gesagt.

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                      • Philipp
                        Alter Hase
                        • 12.04.2002
                        • 2753
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                        Falls Du über Ostern dort warst, sind wir uns womöglich begegnet . Wir hatten neben der Hütte, in der Du Deinen Essensunfall hattet, gezeltet.
                        Uschis Wanderstation ist übrigens eine Einkehr wert - Stichwort Zeitreise (während wir bei ungemütlichem Osterwetter drin saßen, gingen draußen einige Wanderer vorbei, ohne reinzuschauen, was ich schade fand, denn die Infrastruktur dort ist ohnehin verbeserungswürdig und braucht Unterstützung).

                        Gruß und allzeit frohes Wandern, Philipp
                        "Oft vereint sind im Gemüte Dämlichkeit und Herzensgüte." - W. Busch

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                        • Wandermaedel
                          Erfahren
                          • 02.11.2017
                          • 177
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                          Ich war Ostermontag dort. Da seid ihr sicher schon weg gewesen. Ein Zelt habe ich jedenfalls nicht gesehen.

                          Asche auf mein Haupt, dass ich nicht geholfen habe die Infrastruktur zu verbessern, aber ich kehre nirgendwo ein - außer auf Hüttenwanderungen wenn die Hütte mein Tagesziel ist - ich habe meine Verpflegung dabei, das bin ich so gewohnt.

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                          • patiperra
                            Erfahren
                            • 26.11.2010
                            • 105
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                            Schön geschrieben Freue mich auf die Vortsetzung
                            „Overcoming poverty is not a gesture of charity. It is an act of justice.“

                            Kommentar


                            • Dogmann
                              Fuchs
                              • 27.09.2015
                              • 1022
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                              Du hast wirklich schön geschrieben, weiter so, bin gespannt. Zu anfang ist der Pack immer schwer
                              Aber du hast ja nette Begleitung.
                              So sollte es dir an Schutz auch nicht fehlen.
                              Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

                              Kommentar


                              • Becks
                                Freak

                                Liebt das Forum
                                • 11.10.2001
                                • 19606
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                                Gratulation, genau so lernt man all den ganzen Mist den man hinterher bei kommenden Touren automatisch bedenkt. Erst regt man sich darüber auf und spätestens bei Tour #3 wird daraus eine nette Erinnerung.
                                After much research, consideration, and experimentation, I have decided that adulthood is nothing for me. Thank you for the opportunity.

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                                • Wandermaedel
                                  Erfahren
                                  • 02.11.2017
                                  • 177
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                                  Vielen Dank für die lobenden Worte. Es freut mich, dass meine Geschichte euch gefällt. Jetzt geht es ein Stückchen weiter.

                                  Tag 2 – 1.Teilstück: Vom Nachtlager nach St. Goarshausen

                                  Die Nacht war nicht sehr erholsam. Ich bin mehrfach aufgewacht:
                                  2 x wegen Wadenkrämpfen
                                  3 x weil ich aufs Klo musste
                                  2 x weil ich von der Isomatte gerutscht bin

                                  Dann kann der Tag nur besser werden und ein guter Tag beginnt für mich mit dem Frühstück. Ich bereite mir einen Frühstücksbrei zu.

                                  Dafür habe ich zu Hause ein Pulver aus gemahlenen Haferflocken und Erdmandeln mit Milchpulver vermischt.
                                  Das Pulver wird mit lauwarmem Wasser aufgegossen. Nach fünf Minuten ist eine sämige Masse entstanden,
                                  die ich direkt aus dem Zipplockbeutel löffele. Der Brei ist sättigend und hält lange vor.

                                  Dexter bekommt ein Viertel seiner Tagesration. Bis ich alles eingepackt habe und startklar bin, vergeht garantiert noch eine Stunde, bis dahin hat er genügend verdaut um laufen zu können.

                                  Der heutige Tag beginnt mit einem Abstieg und nach kurzer Wanderung tut sich der erste kleine Ausblick auf. Unter uns liegt das Dörfchen Wellmich mit der Kirche St. Martin. Links oberhalb thront die Burg Maus.



                                  Diese passieren wir, jetzt wieder im Aufstieg, ohne nähere Besichtigung. Immer noch aufsteigend, gewinnen wir den nächsten Aussichtspunkt, von dem aus wir nach St. Goarshausen absteigen. Kurz bevor wir im Ort einlaufen, erreichen wir die Finalkoordinaten des Geocaches. Ich finde die Dose und trage mich ins Logbuch ein.

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                                  • Galadriel
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                                    #18
                                    AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                                    Super, das weckt alte Erinnerungen. Der Rheinsteig war eine der ersten mehrtägigen Wanderungen, die ich mit meiner Tochter unternommen habe. Und das war für sie super interessant, gerade wegen der Burgen "Katz und Maus", streitende Brüder" etc. Da konnte man viel erzählen und entdecken..... Kann ich auch für Familien mit Kindern bis zum Grundschulalter sehr empfehlen.
                                    Wandern & Flanieren
                                    Neues entdecken durch Langsamkeit

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                                      Erfahren
                                      • 02.11.2017
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                                      #19
                                      AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                                      Tag 2 – 2. Teilstück – St. Goarshausen – zur Hütte in der ich übernachten möchte – 10km - 4h



                                      Bevor ich den nächsten Aufstieg angehe, gibt es einen Schluck aus der Wasserpulle und die Tüte mit den selbst gemachten Müsliriegeln wird griffbereit in die Hosentasche gesteckt.
                                      Während des Gehens friemele ich kleine Stückchen heraus. Die müssen heute aber gut gekaut werden, waren die sonst auch so trocken? Nein, wenn sie frisch sind, schmecken sie richtig lecker.

                                      Die Steigung zieht sich. Zwischendurch gibt es immer wieder Treppen. Ich hasse Treppen auf Wanderwegen. Während Dexter forsch nach oben spurtet, werde ich immer langsamer, ziehe mich teilweise am Geländer vorwärts. Ich will nicht mehr. Erst mal kurz ausruhen. Ich pausiere so lange bis Dexter, der mich vermisst hat, von oben angepest kommt.
                                      „Ja Hund, ich komme.“ Also weiter. In Serpentinen zieht sich der Weg an der Hangkante hinauf. Bevor er von dort weg ins Innere des Waldes führt, habe ich einen schönen Blick auf den Pfad am gegenüber liegenden Hang, auf dem wir abgestiegen sind.



                                      Oben angekommen, können wir uns an einem schönen Ausblick laben.
                                      Von hier aus ist jetzt auch die Burg Katz zu sehen. Aber kalt ist es hier, schnell weiter.



                                      Unser nächstes Ziel ist die Loreley, auf die wir leider keinen Blick werfen können. Das Loreley-Plateau wird umgestaltet und muss großräumig umgangen werden.
                                      Wir tauchen in ein schattiges Waldstück ein und als wir wieder ans Licht kommen, liegt direkt unter uns ein großer, sehr steiler Wingert, an dem wir entlang wandern.

                                      „Dexter, ich sehe unsere Pausenhütte, noch zehn Minuten, dann kannst du dich ausruhen.“

                                      Der Hund weiß nicht, was ich von ihm will und trottet weiter.




                                      „So Hund, wir sind da, schmeiß dich hin und ruh dich aus.“

                                      Er bezieht Posten im Gras vor der Hütte, ich lasse mich auf eine Bank im Inneren fallen. Eine Stunde Pause. Essen, Trinken, Füße lüften.

                                      Als wir wieder losgehen, schlage ich prompt den falschen Weg ein. Abwärts.
                                      Nach zehn Minuten ist immer noch kein Rheinsteig-Wanderzeichen zu sehen.
                                      Das kann nicht sein, schließlich ist der Steig ein Premiumweg und daher gut markiert.
                                      Ein Blick aufs Garmin Outdoor Navi bestätigt, der Fehler liegt bei mir.

                                      „Komm Hund, wir müssen zurück.“ „Grrrmpff.“

                                      Unter der sengenden Sonne quäle ich mich bergauf. Etwa 50m oberhalb der Pausenhütte zweigt der Steig ab und dort gibt es zu meiner großen Freude eine eingefasste Quelle. So komme ich drumherum irgendwo um Wasser bitten zu müssen. Das würde ich nicht gerne tun. Das ist mir unangenehm.



                                      Ich fülle alle Flaschen auf, meine mit gefiltertem Wasser. Danach geht es in leichtem Auf und Ab gemächlich weiter, bis wir, ohne spektakuläre Ereignisse, nach etwa einer Stunde unserer heutiges Tageszeit erreichen. Es ist 17 Uhr, sonnig und angenehm warm.

                                      Die Hütte steht auf einem Plateau, etwa 30m von der Hangkante entfernt. Die Aussicht ist gewaltig. Das auch noch etwas anderes gewaltig werden wird, ahne ich noch nicht.

                                      Wieder habe ich die Unterkunft für mich alleine. Diesmal gibt es zu den Bänken, die sich an drei Wänden entlang reihen, auch noch zwei Tische.

                                      Auf drei Bänken und einem Tisch breite ich meine Sachen aus, entrolle Isomatte und Unterlage und überlege, wo ich beides platzieren soll.
                                      Aber halt, zuerst den Boden säubern, ich möchte mir schließlich kein Loch in die Matte stechen. Ein Reisigbesen ist draußen schnell gefunden.

                                      Die Hinterlassenschaften irgendwelcher Schalenfrüchte fege ich zu dem Laubhaufen in der Ecke. Vorher habe ich mich natürlich vergewissert, dass sich dort keine grauen Felltiere mit langem Schwanz befinden, die sich später in die Wärme meines Schlafsackes begeben könnten. Alles sauber.

                                      Ich fülle die Matte mit Luft, der selbst gebastelte Pumpsack funktioniert wirklich sehr gut, und lege sie an die ausgewählte Stelle. So das hätten wir schon mal.

                                      Jetzt geht‘s ans Essen machen. Auch heute gibt es wieder Fertigfutter: Chinanudeln.
                                      Wieder, wie schon gestern, soll Brennpaste das Wasser erhitzen. Ich habe drei Schraubdosen à 50ml dabei. Die, die gestern kläglich versagt hat, sortiere ich sofort aus. Von den beiden anderen wähle ich jene, die am vollsten ist.
                                      Den Feuerstahl würdige ich keines Blickes, benutze direkt das Feuerzeug. Die Paste zündet sofort, und oh Wunder, auch als ich den Topf aufsetze, brennt sie weiter. Gut, das hat ja prima geklappt.

                                      Während des Erhitzungsprozesses lasse ich die Flamme nicht aus den Augen. Durch die Luftlöcher im Kocher ist das bläuliche Flackern gut zu sehen. Nach knapp zehn Minuten ist das Wasser heiß genug, ich gieße es in die Nudeltüte, verschließe diese und lege sie – nein, nicht in den Schlafsack, sondern darunter.

                                      Die Garzeit nutze ich um ein weiteres Kapitel in dem historischen Roman auf meinem Ebook Reader zu lesen. Dexter liegt zufrieden vor der Hütte und rührt sich auch nicht, als Spaziergänger mit einem Hund vorbeigehen. Er hebt nur kurz ein Augenlid, mehr nicht.



                                      Nach zwanzig Minuten sind die Nudeln ausreichend weich und ich gesättigt nachdem ich erst knapp die Hälfte der Tüte geleert habe. Ich zwinge noch die Hälfte der Hälfte in mich hinein, mehr geht nicht.

                                      „Komm Dexter, Nudeln essen.“
                                      Er trottet langsam näher, hält seine Nase an die Tüte und wendet sich entrüstet ab.
                                      „Frauchen, den Fraß kannst du alleine essen.“

                                      Ich rolle die Tüte fest zusammen und stecke sie in die Mülltonne neben der Hütte, danach widme ich mich wieder den Romanfiguren.

                                      Bald wird mir draußen zu kühl, ich verziehe mich in die Hütte. Die Bänke sind dort schmal und an der einzigen Stelle an der es nicht zieht, bohrt sich ein Stützbalken in meinen Rücken. Also Jacke anziehen und wieder raus.

                                      Nach einiger Zeit meldet sich mein Darm, der einen Teil der übergroßen Portion wieder loswerden will. Ich entferne mich ein großes Stück von der Hütte, suche einen stabilen Stock und kratze solange die Erde auf bis ein Loch erkennbar ist.
                                      Dass dieses so getan werden soll, habe ich in einem Buch gelesen. Gelesen habe ich auch, das benutztes Klopapier angezündet werden soll. Und weil ich dem gedruckten Wort vertraue, halte ich die Flamme an die weiß/braune Hinterlassenschaft.
                                      Im nächsten Moment ist mir klar, dass blindes Vertrauen nicht immer sinnvoll ist. Das trotz des Regens vor einigen Tagen schon wieder abgetrocknete Laub fängt auch Feuer.
                                      Und weil ich nicht sehe wo genau im Laub die braune Wurst liegt, trete ich es nicht aus, sondern erschlage die Flämmchen mit dem Stock. Anschließend opfere ich einen Teil des kostbaren Trinkwassers, das jetzt nur noch für den Morgenbrei und für Dexter reicht. Aber egal, ein Waldbrand wäre schlimmer.

                                      Die ganze Aktion hat mich so stark ermüdet, dass ich mich, obwohl es erst 20 Uhr ist, in meinen Schlafsack verziehe.

                                      Tag 3: Vom Übernachtungsplatz nach Kaub 10km - 4h

                                      Wer glaubt, diese Nacht sei erholsamer gewesen als die letzte, der irrt.

                                      Ich lag direkt neben einer Bahnstrecke. Natürlich nicht real, aber vom Geräuschpegel her. Zug für Zug – und es waren viele - donnerte an meinem Kopf vorbei und presste mir den Lärm in die Ohren.
                                      Wie schon gesagt, steht die Hütte unweit der Hangkante, der Schall konnte ungehindert hoch steigen und auf mich nieder knallen. Angeblich gewöhnt sich der Körper an solchen Lärm, eine Nacht reicht dafür wohl nicht aus.




                                      Der heutige Wegverlauf leitet uns zunächst unspektakulär hangparallel durch lichten Laubwald ohne Aussicht, bevor wir über einen felsigen Aufschwung (sehr schön) wieder Höhe und auch Aussicht gewinnen.



                                      Jetzt wandern wir wieder an der Hangkante entlang bergab. Der schmale Weg geht in eine Asphaltstraße über. Unter uns liegt das Örtchen Kaub mit der ehemaligen Zollstation Pfalzgrafenstein, die auf einer Insel mitten im Rhein steht. Links, etwas oberhalb, seht die Burg Gutenfels, die heute ein Hotel ist.

                                      Die letzten Meter unserer dreitägigen Wanderung liegen vor uns.
                                      Von Kaub aus fahren wir mit dem Zug zurück nach Kamp-Bornhofen.



                                      Die Tour war anstrengend, aber trotz aller Missgeschicke sehr schön und es wird nicht die letzte gewesen sein, bei der ich draußen übernachte.


                                      Wenn ihr mich auch visuell auf der Tour begleiten möchtet, schaut euch meine Videos an.

                                      https://www.youtube.com/edit?o=U&video_id=eVgrAVhPS6c
                                      https://www.youtube.com/edit?o=U&video_id=5z7gqhrHovA
                                      https://www.youtube.com/edit?o=U&video_id=R0bFbKteRfM
                                      https://www.youtube.com/edit?o=U&video_id=VQ_SSbHgsuM

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                                        #20
                                        AW: [DE] Pleiten, Pech und Pannen auf dem Rheinsteig

                                        Sehr schön, eine realistisch-ehrlich und kurzweilig beschriebene Tour. Es müssen nicht immer die (Pseudo-)Superhelden-Megatouren sein.
                                        "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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