[SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

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  • Vintervik

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    [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

    Gestern war der vierzigste Jahrestag des Anaris-Unglücks im Jämtlandsfjäll.

    SVT hat daran erinnert, u.a. mit dem Nachrichtenbeitrag von 1978.

    https://www.svt.se/nyheter/lokalt/ja...-anarisolyckan
    https://www.svt.se/nyheter/lokalt/ja...-anarisolyckan

    Aufgrund des Unglücks wurde in Schweden der Fjällsäkerhetsrådet gegründet.

  • Sarekmaniac
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    #2
    AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

    Da hätte es am Sonntag fast ein "Anaris 2.0" gegeben.

    https://www.svt.se/nyheter/lokalt/ja...re-i-valadalen

    Eine Gruppe von acht schwedischen Skiwanderern wurde am letzten Sonntag Abend von der Fjällrettung geborgen.

    Ein IMO bemerkenswertes Detail: Sie haben sich nur, Zitat, "knapp 800 m" von der Vålåstuga entfernt eingegraben. Vermutlich (meine Vermutung) an dem markierten Winterwanderweg. Eine solche Entscheidung binnen kurzer Zeit in einer großen Gruppe zu treffen, bzw. als Gruppenleiter durchzusetzen ist alles andere als eine Kleinigkeit. Eine sehr gut funktionierende Gruppe! Und alles ist gut ausgegangen.
    Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
    (@neural_meduza)

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    • toppturzelter
      Fuchs
      • 12.03.2018
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      #3
      AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

      Zitat von Sarekmaniac Beitrag anzeigen
      Da hätte es am Sonntag fast ein "Anaris 2.0" gegeben.

      https://www.svt.se/nyheter/lokalt/ja...re-i-valadalen

      Eine Gruppe von acht schwedischen Skiwanderern wurde am letzten Sonntag Abend von der Fjällrettung geborgen.

      Ein IMO bemerkenswertes Detail: Sie haben sich nur, Zitat, "knapp 800 m" von der Vålåstuga entfernt eingegraben. Vermutlich (meine Vermutung) an dem markierten Winterwanderweg. Eine solche Entscheidung binnen kurzer Zeit in einer großen Gruppe zu treffen, bzw. als Gruppenleiter durchzusetzen ist alles andere als eine Kleinigkeit. Eine sehr gut funktionierende Gruppe! Und alles ist gut ausgegangen.
      Ich kann dort nichts von "Gruppenleiter" lesen. Alle acht kommen aus Huddinge (Stockholm), und waren, entgegen erster Informationen, keine "fjällvana" (berg-gewohnten) Leute. Erst, als man erfuhr, dass es sich um - vermutlich - Neulinge hält, ist man rausgegangen und hat sie gesucht.

      Umso erstaunlicher, dass sie sich eingegraben hatten, als es nicht weiter ging.

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      • Vintervik

        Fuchs
        • 05.11.2012
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        #4
        AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

        Zitat von Sarekmaniac Beitrag anzeigen
        Da hätte es am Sonntag fast ein "Anaris 2.0" gegeben.

        https://www.svt.se/nyheter/lokalt/ja...re-i-valadalen

        Eine Gruppe von acht schwedischen Skiwanderern wurde am letzten Sonntag Abend von der Fjällrettung geborgen.

        Ein IMO bemerkenswertes Detail: Sie haben sich nur, Zitat, "knapp 800 m" von der Vålåstuga entfernt eingegraben. Vermutlich (meine Vermutung) an dem markierten Winterwanderweg. Eine solche Entscheidung binnen kurzer Zeit in einer großen Gruppe zu treffen, bzw. als Gruppenleiter durchzusetzen ist alles andere als eine Kleinigkeit. Eine sehr gut funktionierende Gruppe! Und alles ist gut ausgegangen.
        Ich habe ein Interview mit einem anderen Fjällräddare gesehen. Einer in der Truppe war Fjälledare, was die Entscheidung, sich einzugraben, wohl durchsetzungsfähig gemacht hat, weil er/sie die Situation richtig eingeschätzt hat.
        Sie haben sich mitten auf dem Winterweg eingegraben, weil sie aufgrund des Wetters nicht einschätzen konnten, wo sie sich genau befinden und wie weit es noch zur Vålåstugan ist. In etwa 800 m Entfernung von der Vålåstugan in Richtung Lunndörren ist das Gelände recht offen, da hat es bestimmt gut gezogen.
        An sich haben sie aber alles richtig gemacht, hatten die richtige Ausrüstung dabei und sie richtig eingesetzt. Es ist gut ausgegangen, sie wurden nur rauf zur Vålåstugan gebracht.

        In dem Interview wurde auch gefragt, ob die Stugvärde bei so einem Wetter Gäste daran hindern können, loszuziehen. Die Antwort ist: Nein, das können sie nicht. Es ist schwer zu sagen, wie das Wetter war, als die Truppe von Lunndörren los ist, und die Kollegen in Lunndörren haben bestimmt mit ihnen gesprochen wegen des Wetters. Die Stugvärde haben aber keine Verantwortung, und der Entschluss, loszuziehen, liegt bei jedem selbst.
        Zuletzt geändert von Vintervik; 20.03.2018, 20:18. Grund: Verdeutlichung abhalten -> hindern

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        • Sarekmaniac
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          • 19.11.2008
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          #5
          AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

          Zitat von toppturzelter Beitrag anzeigen
          Ich kann dort nichts von "Gruppenleiter" lesen.
          Da steht ja auch nichts von Gruppenleiter. Deswegen schrieb ich ja (so war das gemeint): Egal ob sie jetzt in einer (Freundes- was auch immer)-Gruppe eine Entscheidung besprochen und dann umgesetzt haben, oder ob es einen dezidierten Leiter gab, der diese Entscheidung herbeigeführt hat, die Gruppe hat funktioniert. Ich hoffe jetzt ist es deutlicher.

          Es gibt übrigens immer einen "Leiter". Spätestens wenn eine Gefahrensituation eintritt, wird jemand von den anderen in diese Rolle "befördert", der sie dann hoffentlich auszufüllen weiß. Ich verweise mal auf den Klassiker:

          Jede Gruppe, die vor einer Krisensituation steht, gruppiert sich automatisch in Anführer und Angeführte, wenn dies nicht bereits im vorhinein so geklärt war. Derjenige oder diejenigen, die die Anführerrolle übernehmen sollen, werden entweder von der Gruppe bestimmt, oder die Gruppe akzeptiert diejenige Person, die aus eigenem Antrieb die Rolle des Anführers übernommen hat.
          (Lars Fält, Outdoor im Winter, Kapitel: "Der Anführer")


          Danke Vintervik für die Infos. Gibt es das Interview vielleicht auch online abzurufen?
          Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
          (@neural_meduza)

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          • Vintervik

            Fuchs
            • 05.11.2012
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            • Meine Reisen

            #6
            AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

            Zitat von Sarekmaniac Beitrag anzeigen
            Danke Vintervik für die Infos. Gibt es das Interview vielleicht auch online abzurufen?
            Hier ist der Link: http://www.op.se/jamtland/are/fjallr...grava-loss-dem

            Es ist allerdings glaube ich nicht mehr offen zugänglich, sondern nur noch via Login/Bezahlung.
            Der Interviewer ist leider ein bisschen auf Sensation aus.

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            • Philipp
              Alter Hase
              • 12.04.2002
              • 2753
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              #7
              AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

              Das Anarisunglück scheint sich dort oben wirklich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt zu haben.

              Ich kann mich noch an eine Tour dort im Februar (2001?) erinnern. Wir begannen Höglekardalen, es war saukalt und die Tage kurz. Wir kamen nur langsam voran, weil meine Begleitung vorher noch nie so eine Tour gemacht hatte. Unterwegs passierten wir einen Samen, der mit dem Fernglas nach seinen Rentieren Ausschau hielt und sich augenscheinlich nicht weiter für uns interessierte. Am fortgeschrittenen Nachmittag passierten wir Hosjöbottnarna wo uns "ganz zufällig" eine Frau in ein Gespräch über das woher und wohin verwickelte. Sie empfahl uns, nicht weiter bis Anaris zu gehen, sondern bei ihr zu übernachten, was wir schließlich auch annahmen. Am Abend kam ihr Mann, der Same von unterwegs, wieder hinzu und uns war klar, dass er weniger seine Viecher, als uns beobachtet und seine Frau (eine gebürtige Königsbergerin!) angerufen hatte, uns abzufangen.

              Als wir am nächsten Tag gegen Mittag aufbrachen, wollten uns die beiden erst nur ungern gehen lassen, denn es war sehr windig mit viel Schneetreiben. Abends in der Anarishütte schreckten wir plötzlich auf, als das Nottelefon klingelte (!). Zuerst unsicher, hoben wir dann doch ab. Am anderen Ende der Leitung sagte man uns dann, dass man nur routinemäßig die Verbindung prüfen würde. Unsere Annahme war eher, dass das Ehepaar, bei dem wir vorher übernachtete hatten, die Bergrettung gebeten hatte, unsere Ankunft in der Hütte zu überprüfen.
              Ein paar Tage später trafen wir wieder „zufällig“ auf einen Vertreter dieser Einheit auf dem Motorschlitten, der uns fragte, ob wir diejenigen seien, die vor ein paar Tagen von Anaris losgelaufen seien.

              Wir fühlten uns also in jenen Tagen stets beobachtet, was in diesem Zusammenhang nicht negativ gemeint ist.
              "Oft vereint sind im Gemüte Dämlichkeit und Herzensgüte." - W. Busch

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              • Waldhexe
                Alter Hase
                • 16.11.2009
                • 2875
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                • Meine Reisen

                #8
                AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                Wäre es arg unverschämt, diejenigen, die des Schwedischen besser mächtig sind zu bitten, das wesentliche über das damalige und jetzige beinahe-Unglück zu übersetzten? Man muss ja Fehler nicht wiederholen...

                Gruß,

                Claudia

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                • Sarekmaniac
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                  Liebt das Forum
                  • 19.11.2008
                  • 10958
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                  #9
                  AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                  Ich versuche es mal.

                  Anarisunglück 1978

                  Eine Sechsergruppe – zwei 17-jährige Frauen und 4 Männer in den 20ern, sind am 23. Februar 1978 morgens von der Lundörrstugan Richtung Anarisstugan aufgebrochen. 14 km laut Bericht, ich schätze eher 16 km (ich bin die Strecke selbst schon im Winter gegangen). Es war wenig Wind, -16 Grad, und klar. Der erste Teil der Strecke ist fast reiner Anstieg, da kamen sie, auch weil eine der Frauen sehr viele Pausen brauchte, nur langsam voran. Gegen Mittag hatten Sie ein erst Drittel der Strecke geschafft, es wurde windiger, sie sind aber weitergegangen. Dann ist das Wetter sehr plötzlich schlechter geworden, mit ca. 25 m/sek Wind. Und etwas kälter, -18 Grad.

                  Sie hatten bei dem Wind Probleme, sich überhaupt aufrecht zu halten und haben zunächst ihre Windsäcke benutzt, dann aber entschieden, dass ein gemeinsamer Schneebiwak für alle sicherer ist. Sie haben eine Grube ausgegraben, rundum den Schnee angehäuft und es sogar geschafft, die Grube mit Skiern, Stöcken und Schneeblöcken irgendwie abzudecken.

                  Allerdings war die Stelle nicht gut geeignet, eher ein flacher ausgesetzter Buckel, auf dem der Schnee nicht tief genug war. Die Grube war also sehr flach und eigentlich zu klein, aber sie haben alle darin Platz gefunden.

                  Laut Fjällrettung befand sich in unmittelbarer Nähe eine viel bessere Stelle, wo sich viel Schnee angesammelt hatte und die für eine große, tiefe Grube geeignet gewesen wäre. Diese Stelle haben sie aber nicht gefunden (oder gar nicht erst nicht groß gesucht).

                  Am Abend (also in völliger Dunkelheit, es war Ende Februar) tauchten drei Männer auf, die ebenfalls morgens von der Lundörrstugan aufgebrochen waren, für einen Tagesausflug, und baten um Schutz. Laut dem einzigen Überlebenden fanden dann alle in der Grube Platz, aber es war zu eng. Da die Fjällrettung zwei dieser Männer neben der Grube fand, erscheint es auch möglich, dass der Überlebende sich irrte und nur einer der Männer zusätzlich in die Grube kam. In jedem Falle war es darin zu eng, und bei dem Hin- und Her wurde die Abdeckung zum Teil zerstört, sodass die Grube kaum noch Schutz bot.

                  Der einzige Überlebende hat irgendwann in der zweiten Nacht (warum, wird nicht gesagt) die Grube verlassen, als er zurückkam, passte er nicht mehr hinein. Bzw. so wird er im zeitgenössischen Film wiedergegeben: Er sei nicht mehr „hereingelassen“ worden. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon mehrere Personen tot. Er hat sich dann neben der Grube hinter einem Felsen zusammengekauert.

                  Am 25. Februar morgens wurde das Wetter besser, der Überlebende hat zunächst versucht, die sechs Leute, die total zugeweht waren, mit bloßen Händen auszugraben. Im zeitgenössischen Film sind rund um den Schneebiwak Verfärbungen des Schnees zu sehen. Dabei handelt es sich um Blut des Überlebenden, der sich beim Graben mit den bloßen, erfrorenen Händen Verletzungen an Händen und Armen zuzog. Schließlich ist er Richtung Lundörrstugan aufgebrochen, um Hilfe zu holen. Auf halbem Weg traf er zwei Eisfischer, die dann Alarm ausgelöst haben.

                  Als die Fjällrettung eintraf, waren die sechs in der Schneegrube tot und die Körper zum Teil schon gefroren. Die beiden Männer der Dreiergruppe, die neben der Grube lagen, lebten noch, starben aber wenig später.

                  Alle neun waren laut Fjällrettung gut ausgerüstet, insbesondere die Männer der Dreiergruppe. In den Rucksäcken fand sich verpackt und ungenutzt „Sicherheitsausrüstung“ und Kleidung. Welche Ausrüstung das im Detail war, wird nicht erläutert.

                  Die Sechsergruppe hatte sogar ein Funktelefon mit, das sehr gut funktionierte, an einer anderen Hütte hatten sie es anderen Gästen gezeigt und vorgeführt. Der Überlebende war Funkamateur. Sie haben immer wieder versucht, einen Notruf abzusetzen. Dies scheiterte vermutlich an mehreren Umständen: In der Gegend, wo sie sich befanden, war das Funknetz als chronisch schwach bekannt. Der Funkempfänger in Valadalen war außerdem an dem Wochenende gestört (durch einen „italienischen Radiosender“), die in Helags und Sylarna aus irgendwelchen Gründen abgeschaltet.

                  Und andererseits hat sich niemand um diese Gruppe Sorgen gemacht, da man ja wusste, dass sie den Sender dabei hatten.

                  Mein Schwedisch ist auch nicht so doll, wenn jemand Fehler findet, oder Ergänzungen hat, bitte melden.

                  Auf dem zeitgenössischen Film sieht man, wie ausgesetzt die Anarishütte ist. Sie liegt an der Baumgrenze am flach auslaufenden Osthang des Anarismassivs. Der Weg, den die Verunglückten damals gegangen sind (ich weiß nicht ob der damals offiziell so gesteckt war), führt direkt ostwärts über das Massiv drüber, von der Lunndörrstugan (800 m.ü.H.) bis auf die oberste Passhöhe, etwa knapp auf halber Strecke, auf 1200 m hoch, und dann auf der Ostseite wieder runter. Heute läuft dort nur noch der markierte Sommerweg entlang, der offizielle Winterweg wird in einem Bogen am nördlichen Fuß des Massivs, praktisch an der Baumgrenze entlang, geführt.

                  Die Anarishütte wurde übrigens 1930 als Reaktion auf ein anderes Unglück gebaut. Im Januar 1929 starben im Osten des Anarisfjälls in einem schweren Schneesturm zwei Stockholmer Studenten und der einheimische samische Führer, mit dem sie unterwegs waren. In demselben Sturm starb ein weiterer Skiwanderer im Lundörrspass, direkt westlich vom Anarismassiv. Zwei der Toten wurden erst Wochen später gefunden. Die Mutter eines der Studenten stiftete das Geld für den Hüttenbau.
                  Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 22.03.2018, 23:16.
                  Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                  (@neural_meduza)

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                  • rtwhiker
                    Erfahren
                    • 14.02.2010
                    • 219
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                    Vielen Dank für die Übersetzung! Obwohl ich schon in Anaris war, kannte ich die Geschichte noch nicht...
                    Happy trails!

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                    • derSammy

                      Lebt im Forum
                      • 23.11.2007
                      • 7412
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                      #11
                      AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                      Danke!

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                      • blende8
                        Dauerbesucher
                        • 18.06.2011
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                        #12
                        AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                        Da frage ich mich, wieso die so schnell gestorben sind.
                        Der Überlebende war sogar noch 1 Nacht draußen, hat sich da hingekauert und ist nicht gestorben.
                        Hat dann sogar noch versucht die anderen auszugraben und ist dann zum Dorf gegangen?
                        Das finde ich merkwürdig.
                        Irgendwas ist immer ...

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                        • Sarekmaniac
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                          Liebt das Forum
                          • 19.11.2008
                          • 10958
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                          #13
                          AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                          Was genau findest Du merkwürdig? Es wäre wohl eher ungewöhnlich wenn neun unterschiedliche Menschen in so eine lebensgefährliche Extremsituation geraten, die zu körperlicher Auszehrung führt, und alle gleichzeitig sterben.

                          Als die Rettung kam (nach 48 Stunden), waren sechs tot, zwei lagen im Sterben, einer war noch so gut zurecht, dass er überlebte. Aber hat schwere Erfrierungen, kann nicht mehr klar denken (mit bloßen Händen im Schnee graben!), hat kein klares Erinerungsvermögen an die Ereignisse mehr. Nach einer anderen Schilderung ist er schon am ersten Abend aus der Grube raus, als die drei anderen kamen. Bitte nicht so an den Details aufhängen, die sind unklar und werden es bleiben, wenn selbst der Betroffene sich damals nicht erinnern konnte, oder falsch erinnerte.

                          Sechs Leute liegen in einer flachen Grube, das "Dach" über ihnen, bestehend aus Skistöcken, Skiern und darauf geschaufeltem Schnee ist kollabiert, Windschutz ist kaum noch vorhanden und der Flugschnee deckt die Personen zu. Da erstickt man, wenn man nicht vorher erfroren ist.

                          Zwei Personen liegen daneben auf dem Boden in ihren Windsäcken.

                          Einer hat sich einen Windschutz an einem Felsen gesucht (wann auch immer). Genauer muss man wohl sagen: Durch Zufall und Glück gefunden. Vielleicht war das für eine Person ein sehr guter Windschutz, wer weiß? Eine vom Wind freigegrabene kleine Randgrube an einem Felsen, in die man sich reinhockt und sofort komplett aus dem Wind ist. So was kannst Du am Tag 20 Mal entdecken, wenn Du im Gelände die Augen aufmachst. Nicht groß genug für mehrere Personen, aber für eine - keine Seltenheit. Und vielleicht hatte diese Person dann noch eine dicke Jacke an, oder eine bessere Konstitution als die anderen, wir wissen es nicht.
                          Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 22.03.2018, 23:15.
                          Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                          (@neural_meduza)

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                          • Waldhexe
                            Alter Hase
                            • 16.11.2009
                            • 2875
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                            #14
                            AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                            Vielen Dank fürs Übersetzen!

                            Es lässt sich also nur sicher feststellen, dass die Gruppe zu spät abgebrochen hat angesichts des langsamen Vorwärtskommens und die Gruppe die Entscheidung zum Eingraben wohl auch zu spät getroffen hat und daher nicht sorgfältig genug vorgehen konnte.
                            Tragisch, sie waren alle noch so jung!


                            Ich bin mir nicht sicher, ob hier der Richtige Ort ist und ob die Frage von Allgemeininteresse ist:
                            Gibt es eigentlich Untersuchungen/Statistiken, ob von solchen Fehlentscheidungen größere Gruppen ab vier Personen häufiger betroffen sind als Einzelgänger oder kleinere Gruppen? Ich frage mich, welche Rolle und wie häufig Gruppendruck als ein Faktor bei solchen Unglücken auftritt, ob größere Gruppen "schlechtere Entscheidungen" treffen als Einzelgänger oder Kleingruppen, ob also zum Beispiel größere Gruppen eher dazu neigen, zu spät abzubrechen.
                            Weiß jemand was bzw. kann aus Erfahrung berichten?

                            Gruß,

                            Claudia

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                            • toppturzelter
                              Fuchs
                              • 12.03.2018
                              • 1868
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                              #15
                              AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                              Zitat von Waldhexe Beitrag anzeigen
                              Gibt es eigentlich Untersuchungen/Statistiken, ob von solchen Fehlentscheidungen größere Gruppen ab vier Personen häufiger betroffen sind als Einzelgänger oder kleinere Gruppen? Ich frage mich, welche Rolle und wie häufig Gruppendruck als ein Faktor bei solchen Unglücken auftritt, ob größere Gruppen "schlechtere Entscheidungen" treffen als Einzelgänger oder Kleingruppen, ob also zum Beispiel größere Gruppen eher dazu neigen, zu spät abzubrechen.
                              Weiß jemand was bzw. kann aus Erfahrung berichten?
                              Es gibt Statistiken im Hinblick auf Lawinensicherheit und Gruppengroesse und -zusammenstellung. Und dann gibt es Soziale Psychologie, wo Gruppenprozesse untersucht werden, allerdings auf allgemeinerer Basis. Beide, die Soziale Psychologie und die Lawinenerfahrungen, kommen jedoch auf ähnliche Ergebnisse.

                              Es gibt alles von Selbstueberschätzung (individuell und als Gruppe), Handeln aus Gewohnheit ("ging bisher immer gut, wird auch heute klappen"), Gruppendruck - auch ohne Druck ("ich glaub das geht schief, aber keiner sagt was - ich werd wohl falsch liegen und sag besser nichts"), Impressionsgehabe (vor allem Männer um die 20-30 in gemischtene Gruppen, oder wenn jemand eine Kamera auspackt), und vieles mehr.

                              Im Bezug auf Lawinengefahr sagt man, 3-5 Leute sind ideal, ueber 7 wirds kritischer. Darunter sind die Entscheidungen nicht das Problem, sondern einfach, dass man sich nicht selbst aus dem Schnee graben kann, wenn man mal verschuettet ist. Einzelgänger treffen eher vorsichtige Entscheidungen, da die möglichen Konsequenzen von Fehlern grösser sind.

                              Ich hab nur Schwedische Informationen, aber ich bin mir sicher, manch anderer hier wird dich zu deutschsprachigen Infos (vor allem zu Online Lawinen-"kursen") verweisen, wo entsprechendes behandelt wird, können.

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                              • Waldhexe
                                Alter Hase
                                • 16.11.2009
                                • 2875
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                                #16
                                AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                                Ja, ich frage auch vor dem Hintergrund der Sozialpsychologie (habe ich ein wenig im Fernstudium studiert), insbesondere der Gruppenprozesse. Man hat zum Beispiel am Beispiel der Entscheidungsprozesse zur Invasion in der Schweinebucht das Phänomen des Risky-shift untersucht. Es beschreibt das Phänomen bzw. die These, dass Gruppen, insbesondere homogene Gruppen (wie die Kennedy-Brüder + Freunde) riskantere Entscheidungen treffen und an getroffenen Fehlentscheidungen länger festhalten.

                                Mich interessiert, ob das bei Outdoorgruppen auch auftritt (was zu vermuten ist) und ob es dazu Erfahrungen gibt. Die Häufigkeit von Lawinenunglücken mit Gruppen könnte doch einfach daran liegen, dass mehrere Personen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Lawine auslösen als Einzelne?

                                Gruß,

                                Claudia

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                                • rumpelstil
                                  Alter Hase
                                  • 12.05.2013
                                  • 2700
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                                  #17
                                  AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                                  Zitat von toppturzelter Beitrag anzeigen
                                  Es gibt alles von Selbstueberschätzung (individuell und als Gruppe), Handeln aus Gewohnheit ("ging bisher immer gut, wird auch heute klappen"), Gruppendruck - auch ohne Druck ("ich glaub das geht schief, aber keiner sagt was - ich werd wohl falsch liegen und sag besser nichts"), Impressionsgehabe (vor allem Männer um die 20-30 in gemischtene Gruppen, oder wenn jemand eine Kamera auspackt), und vieles mehr.
                                  So ähnlich habe ich das auch gelernt.

                                  Bei Skitouren gibt es auch noch die "Anführerthematik": Heikel sind Gruppen, bei denen es keinen klaren Anführer gibt oder - schlimmer- wenn sich jemand als Anführer positioniert, der das von seinem Auftreten her kann, aber eigentlich weniger kompetent ist als andere Gruppenmitglieder.

                                  Dann passiert leicht das, was tooturzelter erwähnt: Das kompetentere Gruppenmitglied denkt sich, das geht schief. Weil sich aber der "Anführer" als kompetent darstellt, sagt es nicht - und es geht schief.

                                  Bei Gruppen ohne klaren Anführer ist das Risiko, dass man einfach weitergeht, obwohl vielleicht jeder ein ungutes Gefühl hat. Aber solange keiner etwas sagt, denkt sich jeder, die anderen halten die Situation für ok.

                                  Wichtig ist, dass möglichste eine Atmosphäre geschaffen wird, in der jeder sofort sagt, wenn es für ihn selber schwierig/ zu anstrengend wird. Wenn die Stimmung eher ist: "mal auf die Zähne beissen", dann kann eine Situation leichter kippen, weil den anderen Gruppenmitgliedern oft absolut nicht klar ist, dass da jemand am Limit ist (der Nachteil davon ist, dass man in Gruppen immer ein Jammerlieschen dabei hat, das aus Bagatellgründen den Betrieb aufhält... das muss man aushalten).

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                                  • Sarekmaniac
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                                    Liebt das Forum
                                    • 19.11.2008
                                    • 10958
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                                    Zitat von Waldhexe Beitrag anzeigen
                                    Es lässt sich also nur sicher feststellen, dass die Gruppe zu spät abgebrochen hat angesichts des langsamen Vorwärtskommens und die Gruppe die Entscheidung zum Eingraben wohl auch zu spät getroffen hat und daher nicht sorgfältig genug vorgehen konnte.
                                    Tragisch, sie waren alle noch so jung!
                                    Deine Schlussfolgerung wundert mich ein bißchen. Mit die Gruppe meinst Du ja die Sechsergruppe. Es gab aber doch zwei Gruppen. Die Dreiergruppe hat doch eine viel schlechtere Entscheidung getroffen! Einfach weitergehen, obwohl es dunkel wird. Obwohl man entweder nicht mehr weiß wo man ist, oder aber weiß, wo man ist und deshalb weiß, das die Hütte 6 oder 7 km entfernt, also unerreichbar ist. Wenn man bei diesem ganzen Unglück nach möglichen "Fehlern" fragt, ist dies IMO das einzige, was man objektiv von außen als Fehler bezeichnen kann.

                                    Die Sechsergruppe hat relativ gute (vielleicht sogar bei den Umständen die bestmöglichen) Entscheidungen getroffen, "sicher feststellen" ob sie sich zu spät oder an falscher Stelle eingegraben haben, ober ob ihr Schutz wirklich unzureichend war, (gewesen wäre) kann man doch gar nicht. Da gab es die kleinen Fehlerchen (Kräfte überschätzt, vielleicht warme Kleidung zu tief im Rucksack verpackt etc. pp.), die meist folgenlos bleiben, nur manchmal halt nicht, dann summiert sich das zu einem Unglück auf. Und dann hatten sie dreimal Pech: Wetterumsturz sehr plötzlich und extrem, Funkstörung und dann: Liegen sie schon seit seit mehreren Stunden in ihrem prekären, engen Biwak und auf einmal tauchen im Stockdunkeln im Schneesturm drei total entkräftete Leute auf und brauchen Schutz!

                                    Man kann nicht sagen, ob der Ausgang für irgendeinen der Beteiligten ein anderer gewesen wäre, wenn die drei an anderer Stelle frühzeitig eingegraben hätten, vielleicht hätte es auch dann nicht zum Überleben gereicht, die Biwakdecke wäre trotzdem eingestürzt, was weiß ich. Aber dass da auf einmal drei Leute auftauchten, hat die Situation der sechs auf jeden Fall schicksalhaft (ohne dass sie das hätten beeinflussen können) verschlechtert.
                                    Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                    (@neural_meduza)

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                                    • Taffinaff
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                                      • 03.01.2014
                                      • 1067
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                                      Zitat von Waldhexe Beitrag anzeigen
                                      Es lässt sich also nur sicher feststellen, dass die Gruppe zu spät abgebrochen hat angesichts des langsamen Vorwärtskommens und die Gruppe die Entscheidung zum Eingraben wohl auch zu spät getroffen hat und daher nicht sorgfältig genug vorgehen konnte.
                                      Oder dass sie nicht daran gedacht haben, die nähere Umgebung nach einer besseren Stelle (hohe Schneewehe, Leeseite von Felsen) abzusuchen. Klar, dass da etliche unglueckliche Umstände und Fehlentscheidungen zusammankamen. Ob ein einzelner Faktor letztlich lebensrettend gewesen wäre ist nachträglich unmöglich zu sagen, aber fuer mich liest sich das so, als wäre ein besserer Windschutz die letzte Ueberlebenschance gewesen.

                                      Taffi

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                                      • Taffinaff
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                                        • 03.01.2014
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                                        #20
                                        AW: [SE] 40 Jahre seit Anaris-Unglück

                                        Zitat von rumpelstil Beitrag anzeigen
                                        So ähnlich habe ich das auch gelernt.

                                        Bei Skitouren gibt es auch noch die "Anführerthematik": Heikel sind Gruppen, bei denen es keinen klaren Anführer gibt oder - schlimmer- wenn sich jemand als Anführer positioniert, der das von seinem Auftreten her kann, aber eigentlich weniger kompetent ist als andere Gruppenmitglieder.

                                        Dann passiert leicht das, was tooturzelter erwähnt: Das kompetentere Gruppenmitglied denkt sich, das geht schief. Weil sich aber der "Anführer" als kompetent darstellt, sagt es nicht - und es geht schief.

                                        Bei Gruppen ohne klaren Anführer ist das Risiko, dass man einfach weitergeht, obwohl vielleicht jeder ein ungutes Gefühl hat. Aber solange keiner etwas sagt, denkt sich jeder, die anderen halten die Situation für ok.

                                        Wichtig ist, dass möglichste eine Atmosphäre geschaffen wird, in der jeder sofort sagt, wenn es für ihn selber schwierig/ zu anstrengend wird. Wenn die Stimmung eher ist: "mal auf die Zähne beissen", dann kann eine Situation leichter kippen, weil den anderen Gruppenmitgliedern oft absolut nicht klar ist, dass da jemand am Limit ist (der Nachteil davon ist, dass man in Gruppen immer ein Jammerlieschen dabei hat, das aus Bagatellgründen den Betrieb aufhält... das muss man aushalten).
                                        Was, wenn es einen Anfuehrer, vielleicht sogar formellen Guide usw gibt, der eine falsche Entscheidung trifft und ein anderes, kompetenteres, Gruppenmitglied widerspricht? Gute Anfuehrer nehmen Bedenken aus der Gruppe ernst und revidieren eventuell ihre Entscheidungen. Aber wenn nicht, und man ist schon in einer kritischen Situation, wo sowohl Meuterei als auch falsche Sachentscheidungen fatal sein können? Ganz schwierig.

                                        Taffi

                                        (Meinerseits uebrigens durchaus keine theoretische Spekulation, ganz im Gegentum, aber ich bitte um Verständnis, dass ich hier kein konkretes Erlebnis schildern möchte.)

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