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  • Ziz
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    • 02.07.2015
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    • Meine Reisen

    #41
    AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

    Raumstation Deep Space Venedig. Sehr gut!
    Nein.

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    • natureride
      Gerne im Forum
      • 26.02.2017
      • 51
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      • Meine Reisen

      #42
      AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

      Meine Morgenroutine wird um eine weitere Handlung erweitert. Bevor ich meine Schuhe anziehe werden diese ausgiebig nach Nacktschnecken inspiziert.
      Ein weiterer Punkt, den ich durch praktische Erkenntnis meinem Erfahrungsschatz zufüge.



      Einem vorgegebenen Radweg zu folgen ist eigentlich etwas, dem ich gerne ausgewichen wäre, aber vor den Bergen habe ich ein wenig Respekt. Ich weiß nicht ob das unbegründet ist.
      Der Via Claudia Augusto ist die einfachste Möglichkeit über die Alpen zu fahren und die Strecke mit den wenigsten Höhenmetern.
      Über die Navigation muss ich mir ab jetzt überhaupt keine Gedanken mehr machen. Ich folge einfach den Weiß Gelben „VAI“ schildern. Zum Teil ist die Beschilderung sogar auf die Straße gemalt.





      Anstatt, wie bisher, auf Asphaltradwegen zu fahren. Führt der Weg über viele Schotterwege. Das bringt eine schöne Abwechslung in die Route. Ist mit einem ungefederten Rad und viel Gepäck aber rumpelig.
      Vor mir türmen sich die ersten Felsmassive auf. Die Dimensionen der Berge lassen mich jedes Mal ehrfürchtig klein erscheinen. Kein Foto kann dieser gewaltige Natur wahrhaft Tribut zollen.




      Da ist auch wieder der andere Radfahrer der mich am letzten Berg überholt hat. Bergab kann ich auf meine Mountainbike und Downhill Erfahrung zurückgreifen, und bin durchaus zügig unterwegs. Berghoch, mit meinem Gepäck, - Schneckentempo.

      Der andere entpuppt sich als Ary aus Brasilien und ist wie ich auf dem VCA nach Venedig unterwegs.
      Gemeinsam gehen wir nun die knackig werdenden Steigungen an.



      Die Sonne brennt mittlerweile richtig. Interessant ist, das Ary, als Sonnenerfahrener Südamerikaner immer lange Radkleidung trägt. Schutz vor Hautkrebs ist ihm wichtiger als Kühlung. Es ist so heiß, das niemand anderes, mehr als T-Shirt und kurze Hose trägt. Und weil es auch so heiß ist kehren wir gleichmal für ein elektrolytisches Hopfen Malz Getränk in eine der reichlich vorhandenen Raststuben ein.

      -Do you know the best way to zygstp?
      Hä? Ich versteh leider überhaupt nicht was gemeint ist.
      -to cigyst..




      Irgendwann komm ich drauf. Der höchste Berg Deutschlands. Die Zugspitze.
      So ein einfaches Wort. Zugspitze. Aber das wird nichts mehr. Trotz meiner Versuche die Germanistischen Sprachfeinheiten weiterzugeben, bleibt es für den Brasilianer ein Zungenbrecher.

      Auf den Berg hoch, das hab ich auch geplant. Mit der Seilbahn. Bergsteigen easy-mode. Eineinhalb Tagesetappen haben wir bis zur Talstation vor uns. Perfekt.
      Ary`s Pensionen werden von seiner Frau vom fernen Kontinent für ihn je einen Tag im Vor raus gebucht. Er ist so flexibel und kann sich trotzdem auf eine entspannte Übernachtung freuen.
      Meine Unterkunft besteht wieder aus Zelt auf dem Feld.

      Abends gönnen wir uns noch ein paar Bierchen in der Gaststätte.



      -This is the most german picture. Ever!
      Ich versteh nicht so ganz warum.



      Der Bildschirm, der einen Live Ausblick auf die Zugspitze zeigt, ist defekt. Er zeigt nur ein dunkel graues Bild.
      Oder doch nicht? Ist das wirklich das Wetter oben auf dem Berg? Graue nebelsuppe?
      Meine Lust mit der Seilbahn nach oben zu fahren schwindet vollständig. Kostet ja auch bloß die Kleinigkeit von 43Euro. Also einmal hoch und runterfahren. Ohne Übernachtung, Führung und ähnlichem.
      Ein Museum sei aber inbegriffen.

      Ary will unbedingt nach oben fahren. Mein Plan war es ursprünglich auch. So schnell habe ich nicht wieder die Möglichkeit auf den höchsten Berg Deutschlands zu fahren.
      Nach einiger Diskussion ob es sich wohl lohnt, die Dame im Kassenhäusschen, ist so fair uns zu sagen, das Oben keine Sicht ist. Wie auf dem Monitor zu erkennen.
      Wir bekommen tatsächlich zwei Euro Rabatt. Und da wir schon mal hier sind, und uns den durchaus steilen Weg zur Talstation hochgequält haben, entscheiden wir uns nach oben zu fahren.
      Wenigstens sind wir nicht die einzigen. Ein kleiner Trupp Senioren ist auch in der Gondel dabei.
      Nach ein paar Minuten, in denen wir eine herrliche Aussicht haben, verschluckt uns die Nebelsuppe vollständig. Schemenhaft kann man noch ein paar Felsformationen direkt vor dem Fenster vorbeihuschen sehen.



      Der Endpunkt der Bergstation endet in einem riesigen Gebäude. Was hier oben auf den höchsten Punkt Deutschlands gebaut wurde ist definitiv nicht das, womit ich gerechnet habe. Eine kleine Berghütte habe ich erwartet. Aber nicht dieses Ungetüm.
      Wir machen uns auf die Suche nach dem Ausgang, und wollen uns den Berg anschauen.
      Draußen sehen wir. Nichts.



      Der Nebel lässt einen zwei Meter weit blicken. Wir stehen auf einem gepflasterten Platz, der mit einem Geländer umzäunt ist. Wäre es nicht kälter und windiger als unten im Tal. Ich hätte nie geglaubt jetzt Tatsächlich auf einem Berg zu stehen. Aufgrund der echt miesen Witterungsverhältnisse, trauen wir uns auch nicht dem kleinen Pfad der von der Plattform führt, zu folgen. Warum auch? Man sieht ja eh nichts.
      Also stürzen wir uns als nächstes auf das Museum, welches erstaunlich Groß ist.
      Wird dieser Bau dem Berg gerecht? Es ist, meiner Meinung nach, deutlich zu viel. Einen Souvenirshop gibt es selbstverständlich auch.
      Das Museum selbst ist mehr ein Museum über die Seilbahn. Und es ist irgendwie seltsam.
      Das Highlight ist für mich der an der höchsten Spitze gelegene „Kristallraum“.
      In einem, mit psychedelischer Ambient Musik unterlegtem Raum, gibt es Schnitte von Bunten Kristallen, Schneeflocken und allerlei anderem Kram. Während ich in einen kästen schaue, in dem pulsierende Farbwechsel Fraktale Muster entstehen lassen (Ich hab bis jetzt keine Ahnung was das oben auf der Zugspitze zu suchen hat.). Kommt mir eine Eingebung, Ich ändere meinen weiteren Plan, und fahren nicht den Claudia Augusta nach Venedig weiter, sondern biege nach Osten ab, fahre nach Budapest, und von dort auf ein Musik Festival, auf dem ich vor zwei Jahren schon mal war.
      Sehr gute Idee.

      Am Ende unserer Abenteuerlichen Survival Bergsteigertour gönnen wir uns noch ein Bierchen in der angeschlossenen Hütte.
      Hier stimmt das Ambiente (drinnen) wohl wieder. Und wir haben unseren Spaß mit den anderen Gästen welche Ary ununterbrochen auf Deutsch zu texten, obwohl er überhaupt nichts versteht und ich mit dem übersetzten ins englische kaum hinterherkomme.
      Auf dem Rückweg zur Seilbahn wird noch schnell ein Aufkleber eines Brasilianischen Radsportvereins an der Graffiti übersäten Wand angebraucht. Und wir fahren etwas ernüchtert von dem Zugspitzabenteuer wieder nach unten.


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      • tizzano1
        Erfahren
        • 13.06.2006
        • 383
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        • Meine Reisen

        #43
        AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

        Machst du aber schöne Bilder!...Oder macht die deine Kamera für dich?. Mit was fotografierst du denn da?

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        • natureride
          Gerne im Forum
          • 26.02.2017
          • 51
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          #44
          AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

          @Tizzano
          Danke. Es freut mich das dir die Bilder gefallen.
          Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch mit einer RX100 von Sony fotografiert. Ich bearbeite allerdings teilweise mit Lightroom nach.
          Zuletzt geändert von natureride; 27.02.2018, 21:19.
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          • natureride
            Gerne im Forum
            • 26.02.2017
            • 51
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            #45
            AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

            Intermezzo II



            Die vierer Truppe schleicht in stockdunkler Nacht gebückt durch das Unterholz.

            „Tarzan. Siehst du das auch, da scheint jemand sein Lager aufgeschlagen zu haben.“
            Gabi deutet auf das grüne Zelt das sich auf der Lichtung vor ihnen auftut.
            „Das haut ja den stärksten Neger aus der Weltraumkapsel. Wenn das nicht einer dieser Penner ist. Die sollen sich jetzt vermehrt hier herumtreiben.“ weiß der Anführer.
            „Und ein Fahrrad liegt hier auch, wenn das mal nicht gestohlen ist.“

            „Klöschen, bleib bloß von dem Unrat weg!“
            Karl der Computer ermahnt seinen kleinen dicken Freund.
            „Mapf… aber hier liegen Reste von Schokolade. Die kann ich doch nicht einfach so liegen lassen… mapf,mapf…“
            „Lass das lieber liegen, du dicker Moppel. Wenn du weiter so viel isst, wirst du irgendwann noch platzen.“
            Tarzan hat wie immer recht.
            Mit Schokolade am Mundwinkel trollt sich Klöschen zu der Gruppe zurück.

            „Da, da. Im Zelt hat sich etwas bewegt!“
            Mit schreck in den großen blauen Augen springt Gabi zu Tarzan und hält sich ängstlich an seinem Arm fest.
            „Verprügelst du den für mich?“

            „Aber klaro. Ich habe ja nicht umsonst den schwarzen Gürtel im Judo. Solchen Untermenschen ist nur mit Gewalt beizukommen.“
            „Oh Klasse.“ Gabi klatscht vor Erregung in die Hände.

            „Aber erst müssen wir das Versteck der Schmuggler finden. Das soll sich hier in dieser Gegend befinden. Und du Gabi, du solltest jetzt besser nach Hause gehen. Ab hier wird es gefährlich.“
            „Natürlich, Ich kenne doch meinen Platzt als Mädchen. So kann ich außerdem Kommissar Glockner von unseren Fortschritten in dem Fall berichten. Meinen Vater wird es bestimmt freuen das wir die Arbeit der Polizei übernehmen.“
            „…mapf… aber auf dem Rückweg verprügelst du den Penner?“ Klöschen hat die letzten Schokoladenreste zusammengeklaubt.
            „Verdient hat er es.“ Analysiert Karl

            „Aber klaro doch.“

            Und so machen sich die drei Jungs auf den Weg tiefer in den Wald hinein. Und Gabi auf den Rückweg.
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            • lieger
              Anfänger im Forum
              • 27.12.2016
              • 29
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              #46
              AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

              Fein geschrieben!

              Die Igel Geschichte, nun weiss ich, das ich nicht der Einzige war, der das mit einer Horde Wildschweinen verwechselte, und mit einem schallenden Gelächter der Erleichterung wieder im Zelt verschwand, als sich das rätselhafte Geräusch durch Betrachtung auflöste...

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              • natureride
                Gerne im Forum
                • 26.02.2017
                • 51
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                #47
                AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                Mit dröhnendem Kopf setzte ich mich auf. Man was habe ich diese Nacht wieder für einen Schwachsinn geträumt. Waren da tatsächlich Stimmen die ich gehört habe oder hat mir meine Phantasie einen Streich gespielt.
                Ein Blick nach draußen vor mein Zelt verrät mir, das mein Fahrrad nach da ist wo ich es abgestellt habe. Aber meine restlichen Sachen sind total durcheinander gebracht. Und das schlimmste ist. Meine Schokolade ist weg. Die Tafel war gerade erst angebrochen.
                Fressen Igel Schokolade? Wer sollte sich denn sonst hier herumtreiben.



                Ein Blick auf die Uhr verrät mir das ich bereits spät dran bin. Um Neun will ich mich mit Ary in seiner Pension zum Frühstück treffen. Die Sonne hat mein Zelt bereits abgetrocknet, und eine aufgebaute Routine lässt mich die Sachen schnell am Rad verstauen.
                Ich schiebe mein Rad aus den Wald und mache mich auf zu der Pension, die auf meinem Handy markiert ist. Auf halber Strecke komme ich an drei halbstarken Jungs vorbei und als ich sie überhole ruft mir der größte von ihnen irgendetwas hinterher. Die drei machen einen extrem unsympathischen Eindruck auf mich, und so sehe zu das ich schnell weiterkomme.



                Ary wartet bereits vor der Pension auf mich, und nach einem ausgiebigen Frühstück folgen wir dem Claudia Augusta.
                Auf der Strecke begegnet uns eine ca. 15 Mann bzw. Frau starke Gruppe auf Mountainbikes. Kategorie Enduro , 160mm Federweg . Eine geführte Tour, und es fällt sofort auf das die Mehrzahl der Teilnehmer noch nie auf einem Mountainbike gesessen hat.
                Bei der nächsten Singeltrailabfahrt gehen dann die Pferde etwas mit mir durch.
                Mittige Bikeposition. Gewicht auf den Lenker. Ellenbogen nach aussen abgewinkelt. Aktive Gewichtsverlagerung. Saubere Linienwahl beachten. Nicht in, sondern vor der Kurve Bremsen.
                Viel zu schnell für mein Reiserad rausche ich den Trail runter. Ich überhole mehrere Tourteilnehmer. Nur der Guide ist direkt hinter mir.
                Unten halt er mir die Hand zum einschlagen hin.
                „Du bist doch spinnert.“ Grinst er mich an.
                Auch Ary der ebenfalls vor allen anderen Tourfahrern eintrifft. Kommentiert nur kurz angebunden mit. „Crazy german guy.“

                Um mein altes Rad tut es mir allerdings etwas Leid. Die wilden Tage sind für die alte Dame längst vorbei. (Ja mein Fahrrad ist weiblich, und hat einen Prägnanten Charakter). In den 90er war sie mal ein angesagtes, fesches Mountainbike. Jetzt darf sie eigentlich, entspannt die Natur genießen.
                Als niemand schaut streichel ich über den Rahmen und versichere ihr das sie so etwas nicht nochmal durchmachen muss.



                Die weiter Strecke ist Fahrrad Genuss in Reinkultur. Grüne Täler, mächtige Berge, urige Dörfer, grossartige Radwege. Es wird in die tiefste Clichekiste gegriffen. Mir gefällt`s.
                Wir folgen der Route bis nach Imst weiter. Und dann heißt es Abschied nehmen. Der Gedanke die Alpen zu verpassen und Ary alleine weiterziehen zu lassen lässt mich etwas schwermütig werden. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, ich muss nach Budapest.
                Planungen sind dafür da um über den Haufen geworfen zu werden.

                Jetzt folge ich nicht mehr den weiß/gelben Schildern. Der Innradweg ist ab sofort mein Wegweiser.



                Bei der ersten Pause stelle ich fest das anscheinend eine physikalische Besonderheit vorliegt. Die Inn ist so kalt, dass das Wasser eigentlich gefroren sein müsste.
                Mein Herz setzt für einen Augenblick aus, als ich den Kopf Unterwasser tauche. Grüngräulich ist das flüssige Eis. Bibbernd wasche ich mich so schnell wie irgend möglich.



                Als ich aus dem Wasser komme steht ein großer Hund am Ufer neben meinen Sachen. Mein Rad ist an einen Baum gelehnt, zwei Meter von der Sandbank entfernt auf der meine Taschen liegen.
                Gefährlich sieht er nicht aus. Aber etwas mitgenommen.
                Der Hund starrt mich weiter an, und kurz drauf kommt auch der Besitzer fluchend durchs Unterholz gekrochen. Ein kleiner dürrer Bursche mit wirklich riesigem Rucksack, schwarzer Locken die an einen ungepflegten Afro erinnern und zerschlissener Kleidung.
                Der Hund läuft direkt zu ihm, er entschuldigt sich für eventuelle Unannehmlichkeiten seines Begleiters und mach Anstalten sich auf den Rückweg zu machen.
                Ich frage wo er denn hinwill, mit Rucksack und Hund macht er den Eindruck eines Reisenden auf mich, und ob er nicht auch was essen möchte , ich hab gerade vor Abendbrot zu machen.
                Mit großen Augen guckt er mich an, legt seinen Rucksack ab und fangt direkt an zu quasseln. Mindestens für 10 Minuten ohne Pause.
                Luca ist Franzose und kommt gerade aus Spanien wo er zwei Monate in Beneficio verbracht hat. Auf dem Weg nach Wien hat er einen Streuner adoptiert der Ihn begleitet. Seit sechs bis acht Wochen ist er jetzt unterwegs, so genau weiß er das nicht.
                „Die grossen Wege wie der hier am Inn vermeide ich lieber.“ bekomme ich zu hören. „Die Touristen die auf diesen Wegen unterwegs sind gehen mir immer aus dem Weg. Mache sagen zwar Hallo, gehen dann aber direkt weiter.“
                Jetzt muss man zugeben, Luca macht schon einen etwas heruntergekommenen Eindruck. Trotzdem verstehen wir uns auf Anhieb super. Ich bin neugierig auf seine Meinung zu Beneficio, viel hab ich schon von dem Dorf gehört. Und es steht definitiv auf meiner bucketliste es mal zu besuchen. Man hört von den einen etwas vom Paradies des alternativen Lebens und von den anderen, dass der Spirit längst fort ist und man nur noch faule Kiffer auffindet. Luca meint man findet dort beides, die Idealisten sowie die Gammler. Wo er sich positioniert sieht, darauf gehen wir gar nicht so genau ein. Schließlich stellt sich heraus, sein Rucksack ist gar nicht so groß. Eine Gitarre nimmt den meisten Platz ein. Beide sind wir absolute Dilettantisten an unseren Instrumenten, was den Spas aber nicht schmälert mit Gitarre und Ukulele Stundenlang Musik zu machen.
                Dann fragt er mich tatsächlich ob wir eine Sportzigarette rauchen wollen.
                Erschreckt springe ich auf die Füße
                -WAS. Bist du verrückt?!!!
                Schreie ich ihn an.
                - Mahrioana? Das ist eine Droge!!!
                - Weißt du den nicht, das das den Forenregeln widerspricht??!!!
                - Wirf das sofort in den Fluss!!!
                Er schaut mich mit großen Augen an.
                -Da… da, darf man nicht drüber sprechen?
                -Natürlich nicht.
                Herrsche ich.
                - Und die Deutsche Drogenministerin Marlene Mortler hat auf die Frage, warum Alkohol erlaubt ist und Cannabis nicht geantwortet: “Weil Cannabis eine Illegale Droge ist. Punkt”.
                Luca schaut ganz verlegen zu Boden. Er hat immer noch den kleinen Beutel in der Hand.
                - Danke das du mich gewarnt hast.
                Mit aller Wucht wirft er das Teufelszeug in den Fluss.
                Fällt auf die Knie und ruft laut aus.
                - Ich bin ein Sünder. Vergib meine Schuld.
                Tränen laufen seine Wangen herunter.
                - Alles wird gut - tröste ich ihn - Du hast das richtige getan.

                Anschließend singen wir noch eine halbe Stunde Laudati Si. Und gehen früh ins Bett.

                Am nächsten morgen bin ich noch so mit dem heiligen Geist beflügelt, das ich nur schwer aus dem Schlafsack komme.
                Zuletzt geändert von natureride; 01.03.2018, 19:45.
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                • Sternenstaub
                  Alter Hase
                  • 14.03.2012
                  • 3321
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #48
                  AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                  danke! Dieser Luca wäre genau mein Typ, also zum reden und eher zuhören ;) Und der Schnuffi eh.
                  In welcher Sprache habt ihr denn miteinander geredet? Deutsch oder kannst du Französisch? Leider kann ich nix außer Englisch mit irischer Färbung und ein bisserl Holländisch.
                  Das Enten- sowie Kuhfoto - echt klasse!
                  Two roads diverged in a wood, and I—
                  I took the one less traveled by,
                  And that has made all the difference (Robert Frost)

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                  • natureride
                    Gerne im Forum
                    • 26.02.2017
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                    @Sternenstaub
                    Leider kann ich nur Englisch. Französisch wäre allerdings sehr hilfreich, da man doch immer noch zahlreiche Franzosen trifft, die kein Englisch sprechen. Allerdings habe ich das Gefühl, es wird immer besser mit den Fremdsprachenkenntnissen unserer Nachbarn.
                    Zurzeit versuche ich etwas Spanisch zu lernen, bin aber von einem Kommunikationsfähigen Level noch meilenweit entfernt.

                    Und selbst wenn keine Kommunikation möglich ist, schlägt man sich mit Händen und Füssen irgendwie durch.
                    www.twowheeltravel.de

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                    • natureride
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                      Zur Abwechslung bin ich jetzt nach Nordosten unterwegs. So werde ich auch mal von einer anderen Seite braun. Ich folge dem Inn flussabwärts, das heißt es geht mehr Bergab als Bergauf.

                      Neuerdings macht mein Rad Geräusche. Ein leichtes Knacken, irgendwo unter meinem Hintern. Nicht immer, nicht wirklich laut. Aber irgendein Defekt bahnt sich an. Abends ziehe ich sämtliche Schrauben am Rad nach, aber nichts ist zu finden, was für dieses Knack-Knack-Knack verantwortlich ist. Leider kann ich es auch nicht absichtlich herbeiführen. Ich habe die Lager der Pedale im verdacht, oder die Sattelklemmung, das Tretlager und die Befestigung des Umwerfers. Auf jeden Fall muss ich das Geräusch weiter untersuchen.

                      Der Platz an dem ich übernachte befindet sich am einem See der klarer ist als Korn.




                      Ansonsten ist es am Inn ganz nett, die Landschaft macht ordentlich was her, das Wetter ist so mittel. Nicht zu warm, nicht zu kalt.

                      Es ist auf dem Weg nach Passau nicht wirklich viel passiert.

                      Wie Forrest Gump führe ich ein Leben der Einfachheit.
                      Wenn ich radeln will, radel ich.
                      Wenn ich hungrig bin, esse ich.
                      Wenn ich müde bin, schlafe ich.
                      Wenn ich muss, mach ich.
                      Wenn ich Klopapier brauche, klaue ich es bei McDonalds.

                      Das einfache leben eines einfachen Reisenden.







                      Ich befinde mich gerade in Phase zwei.

                      Phase eins ist die Entspannung die 90% aller Menschen in ihrem Urlaub (max drei Wochen - man ist im Job ja absolut unabkömmlich) erleben. Um anschließend wieder für den nächsten Zyklus bereit zu sein.
                      Phase zwei ist die Phase in der man ein richtiges Urlaubsfeeling hat. Man denkt nicht mehr an den zurückliegenden Alltag. Man ist im hier und jetzt angekommen. Urlaub.
                      Phase drei ist der Moment, in dem das Reisen Alltag ist. Man ist nicht mehr im Urlaub, sondern das Unstete ist Normalität.


                      Zu beginn der Reise war der gesamte Tag mit der Frage: Wo werde ich heute übernachten, beschäftigt.
                      Finde ich einen guten Platzt? Wie wird der Abend aussehen.
                      Mittlerweile sehe ich das entspannter. Irgendwas wird sich schon ergeben.
                      Es helfen auch so Kleinigkeiten, wie die Erkenntnis. Flüsse fließen auf den Innenseiten der Kurven langsamer. Es bilden sich oftmals Sandufer. Außenseiten von Kurven haben meist Steilufer.
                      So kann man mit Blick auf die Karte mögliche Schlafplätze gezielter finden.




                      Eine Sache die mich beeindruckt hat, ist, zu was Biber imstande sind. Kleine Bäumchen die von den Nagern umgelegt wurden, hab ich ja schon oft gesehen. Aber hier legen die mal so richtig los.




                      Puh. Also mehr fällt mir zum Inn gar nicht ein. Er ist so richtig kalt. Aber das schrieb ich ja schon.


                      Mir kommt nochmal Luca in den Sinn. Zu Fuß unterwegs sein ist nochmal eine ganz andere Herausforderung, als mit dem Rad. Ich habe auch schon meine Erfahrungen was das anbelangt. Den Goldsteig habe ich bezwungen. Mit Rucksack und Wildcampen. Diese Erfahrung hat auch dafür gesorgt das ich mich dieses mal fürs Fahrrad entschieden haben. Zu Fuss hat einen klaren Vorteil. Man kommt wirklich überall hin. Auf den Gipfel des Berges der gerade vor einem liegt? Kein Problem, einfach hoch wandern. Querfeldein durch den Wald? Auch wenn kein Weg vorhanden ist. Einfach loslaufen. Aber da gibt es diese eine Sache. Es ist IMMER anstrengend. Berghoch und auch Bergab. Mit Rückenwind mit Gegenwind. Immer hat man den Rucksack auf dem Rücken. Immer muss man das gesamte Gewicht tragen.
                      Nehmen wir dagegen das Fahrrad. Dieses beste aus allen Welten. Punkt eins. Das Fahrrad trägt das Gewicht. Alle Taschen sind am Rahmen montiert. Geht es Bergab oder geradeaus, fällt das Gewicht, sozusagen, nicht zu Gewicht. Man kann auch deutlich mehr Gepäck mitnehmen, wie im Rucksack. Punkt zwei. Eine Gangübersetzung lässt einen immer im optimalen Kraft-Bewegungs Modus fahren. In meinem Fall bedeutet das eine Trittfrequenz von 90-95 U/min. Mein Rad habe ich mit einer 22x36 Übersetzung ausgestattet. Bei 26” (der einzigst wahren Laufradgröße) bedeutet das, das man wirklich jeden Berg hochkommt. Eventuell etwas langsamer, aber das spielt jetzt mal keine Rolle. Punkt drei. Und das ist der wichtigste Punkt. Es macht Spaß! Quält man sich mühsam einen Berg hoch, dann wird man belohnt. Nicht nur das der Berg im Gegensatz zum Wind (der Wind ist ne Bitch) einen mit einer Aussicht belohnt. Nein. Hinzukommt auch noch, das es verdammt nochmal tierisch Laune macht eine lange Abfahrt runterzufahren. Asphalt ist zwar nie so geil, wie es im Wald so richtig krachen zu lassen. Aber immerhin etwas. Kleine Anekdote am Rande. Ich hab mal versucht zu joggen. Beim ersten und einzigsten mal bin ich mit Kopfhörer im Ohr los. Erst war es flach, das war schon scheiße. Von der vielbeschworenen Läufertrance nichts zu spüren. Dann ging es Bergauf. Das war noch viel beschissener. Der Spaß war nicht nur am Nullpunkt. Nein. Stark im negativen Bereich war der Spaß. Dann kommt endlich die Kuppe des Hügels in Sichtweite. Mein Herz pocht wie verrückt. Mittlerweile habe ich auf Rammstein gewechselt. Aggressive Motivation. Und genauso hab ich mich auch gefühlt. Wie Krieg. Wie verdammter Nazi Krieg. Na auf jeden Fall, die erlösende Kuppe ist vor mir. Wäre ich mit meinem Mountainbike hier, hieß es ab jetzt: Feuer Frei. Jetzt geht`s bergab. Bremse auf und es so richtig krachen lassen. Was passiert aber beim joggen? Nichts!!! Es ist verdammt nochmal genauso scheiße Bergab zu laufen wie Berghoch zu laufen. Nichts mit Spaß. Ich kann genau verstehen warum nach Neujahr, wenn der Wald für zwei Wochen voll ist mit abnehmwütigen Joggern. Diese ihre neuen Vorsätze schnell sausen lassen und Schweinehund sowie Fettpölsterchen wieder das Zepter in die Hand nehmen. Zumindest bis zum nächsten Jahr.
                      Aber jetzt habe ich mal wieder den Faden verloren. Ah ja. Fahrräder sind geil. Das wäre ja jetzt schon mal geklärt. Leider gibt es auch ein paar Nachteile, und da ich ja gewissermaßen einen Bildungsauftrag habe, will ich so fair sein und beide Seiten der Medaille betrachten.
                      (Negativer)Punkt eins. Man kommt nicht überall hin. Zumindest nicht ohne das Rad irgendwo abzustellen. Gipfelkreuz? Gibt´s nicht. Unbefestigter Trampelpfad? Lieber vermeiden. Punkt zwei. Wind. Ich erwähnte ja schon. Der Wind ist ne Bitch. Vergleichen wir diese Unding mal mit dem ehrfürchtigsten und mächtigsten das die Natur zu bieten hat. Dem Berg. Beide zu bezwingen kostet unter Umständen eine mächtige Kraftanstrengung. Aber was macht der Berg? Er zeigt dir genau was vor dir liegt. Sieh her, ich bin soundso hoch und sehe soundso aus. Wenn du mich bezwingen willst siehst du genau worauf du dich einstellen kannst. Aber der Berg ist gerecht, er nimmt nicht nur von dir. Nein. Er gibt auch. Hast du den Naturgewalten getrotzt bzw. dich mit ihnen arrangiert, dann bekommst du (meist) eine Aussicht die alle Strapazen wieder gutmacht. Zusätzlich gibt es die Abfahrt, die das Adrenalin im Körper ansteigen lässt. Und jetzt frage ich. Was macht der Wind? Genau nachdem man z.B: 50km gegen den teuflischen unsichtbaren angefahren ist, man sich in die entgegengesetzte Richtung macht um nach hause zu fahren. Dann dreht der Wind. Und noch einmal gibt es 50km Gegenwind. Auf langen Ausfahrten, vor allem im flachen, haben die Windräder für mich einen Symbolcharakter. Drehen sich die Rotorblätter gegen den Uhrzeigersinn, dann fühle ich mich wie Don Quichotte, der seinen Kampf gegen einen Unbesiegbaren Gegner unablässig Fortsetzt.
                      Und wenn das nicht schon arschig genug von diesem Wind wäre. Nein. Es kommt noch schlimmer. Hat der Wind eine Geschwindigkeit von 20km/h und fahre ich nun schneller als 20km/h (bei Rückenwind) was passiert dann? Genau! Ich habe wieder Gegenwind.
                      Und dieses ganz miese Verhalten, das wieder fährt einem auch noch, ohne das der Wind den Mut hat sich einem zu zeigen. Immer bleibt er unsichtbar.

                      Ich mag keinen Wind.

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                      • natureride
                        Gerne im Forum
                        • 26.02.2017
                        • 51
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #51
                        AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                        Die letzten Kilometer nach Passau. Das Venedig von Bayern. So steht es zumindest auf den am Innradweg zu findenden Landkarten-Schildern.
                        Die Stadt ist wirklich beeindruckend. Alles ist hübsch.
                        Im Zentrum schiebe ich mein Rad an ellen touristischer Schaufenster vorbei. Alles was typisch Bayrisch ist, gibt es käuflich zu erwerben. Lederhosen, Maßkrüge, Trachtenkleider, Nippes, Souvenirs, Ansichtskarten. An Radfahren ist auf den überfüllten Straßen nicht zu denken. Horden fernöstlicher Touris bevölkern den Innenstadtbereich. Ausgestattet mit Kamera, Smartphone, Selfiestick und hochhackigen Schuhen staksen sie einem hochgehaltenem Regenschirm hinterher. Alles worauf der Stadtführer zeigt, wird unverzüglich abgeknipst. Was wird das eine Freude wenn sie nach hause kommen, und jeder von ihnen hat 50 Fotos der selben Kirche aus der selben Perspektive. Das hört sich jetzt natürlich so an ich beschreibe nur müde Klischees auf dem Niveau eines Mario Barth Witzes. Aber was kann ich denn für das Bild, das sich vor mir entfaltet.



                        Es wird mal wieder Zeit meine Klamotten zu waschen und so steuere ich ein Hostel an, das sich zu meiner Freude in einem alten Schloss befindet. Zu meinem Leid befindet sich das Schloss auf einem Berg.
                        Am Hostel angekommen erfahre ich dann, dass die Rezeption von 07:30 bis 14:00 und dann wieder von 16:00 geöffnet ist. Halb so schlimm. Stelle ich halt mein Rad ab, und besichtige die Stadt.
                        Als ich dann zur passenden Zeit zurückkomme, diesmal von der anderen Seite des Weges. Fällt mein Blick auf ein Schild “DJH Deutsche Jugendherberge - Youth Hostel”. Wie konnte ich das übersehen. Das war in so einer Location und dann in Deutschland, klar und logisch.
                        Ich versuche trotzdem mein Glück.

                        “So, das macht dann für einen Nacht 26,50. Haben sie einen Jugenherbergsausweis.”
                        “Ah. Nein habe ich nicht.” antworte ich.
                        “Das ist jetzt aber ganz schlecht. Aber sie können hier einen beantragen. Den können sie in ganz Deutschland nutzen. Kostet sie einmalig 22,50 im Jahr.
                        “Ähh”
                        “Sind sie älter als 27? Dann kommen nämlich noch einmal 4 Euro dazu. Das macht also zusammen 51 Euro für die Nacht. Im Achterzimmer.”

                        Jetzt mal ehrlich liebe Deutsche Jugendherbergsggesellschaft. Was stimmt nicht mit euch. Für den Preis kann ich mir doch auch ein Einzelzimmer in einer Pension nehmen. Ich liebe Hostels. Hunderte Backpacker haben ich in diesen getroffen. Nirgends ist die Kontaktaufnahme zu gleichgesinnten Leuten einfacher als in diesen. Aber diese DJH Jugendherbergen sind ein Relikt vergangener Tage die längst von der Realität überholt wurden. Eine günstige Möglichkeit ohne viel Komfort unterzukommen sollte nicht 51 Euro kosten.

                        Eine kurze Recherche im Netz lässt mich herausfinden das an der Ilz ein Campingplatz ist. Einen Waschmaschine gibt es da auch. Kosten pro Nacht - 12 Euro!



                        Ich erwähnte ja schon mal das ich kein großer Befürworter von Campingplätzen bin. Hier muss ich jetzt aber mal eine Ausnahme machen. Der Campingplatz in Passau ist der beste an dem ich jemals war. Zumindest aus Sicht eines Radreisenden.
                        Direkt an der Ilz gelegen, macht dieser Platz alles richtig. Keine Stellplätze für Wohnmobile/Wohnwagen. Nur eine große Wiese für Zelte. Ob zu Fuß im Kanu oder per Boot. Acht bis zehn Zelte stehen bereits auf der Wiese und neben jedem Zelt stehen Fahrräder, liegen Kanadier und einer ist mit Motorrad unterwegs.
                        Am schlimmsten finde ich Campingplätze wenn diese in Parzellen eingeteilt sind und es keine Separate Wiese für Zelter ohne Auto gibt.
                        Am Fenster neben dem Eingang zur Rezeption hängt ein Zettel “Wir sind nicht da. Platz selbst aussuchen”.

                        Ich schiebe mein Rad über die Wiese,da winken mir Maria und Peter entgegen. Heute morgen traf ich sie auf dem Innradweg und wir unterhielten uns kurz. Maria und Peter sind auf dem Weg nach Wien und wollen weiter an der Donau entlang. Beide tragen die selben Radklamotten, fahren das selbe Fahrrad, haben den selben Helm auf und haben identische Packtaschen. Bis heute weiß eich nicht, ob sie Geschwister oder verheiratet sind. Es war mir aber auch zu persönlich zu fragen. Mit dem treffen heute morgen, haben wir uns vielleicht für sechs Minuten unterhalten. Da sagt Maria: “Hier, ich schreibe dir mal unsere Adresse auf. Du musst uns unbedingt mal besuchen kommen, wenn du nach deiner Reise wieder in Deutschland bisst.”
                        Das ist nett von den beiden. Aber auch sehr seltsam. Verrückt wirken die jetzt nicht auf mich. Eher wie spießige Gymnasiallehrer. Aber die wissen doch gar nichts von mir. Ich könnte ja irgendwer sein.

                        Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, Nudeln gekocht und gegessen (es gab Schokolade zum Nachtisch), meine Wäsche in der Waschmaschine deponiert habe. Mache ich die Entdeckung die den Campingplatz für immer auf Platz eins meiner imaginären Cämpingplatzbestenliste setzt. Es gibt einen Bierautomat. Yeah!
                        Nach einer erholsamen heißen Dusche, schaue ich mit einem Bier in der Hand, zufrieden noch etwas der Waschmaschine zu, wie sie braunes Wasser mit Schaum aus meiner Wäsche herauszaubert. Ich hätte gerne einen Bierautomaten in meiner Wohnung zuhause. Das wäre toll.
                        Auf dem Rückweg zum Zelt bleibe ich bei Guido dem Motorradfahrer hängen. Guido ist mitte 40, hat einen Vokuhilla, Schnurbart und eine stattliche Wampe. Guido findet den Bierautomaten genauso klasse wie ich. Er ist auf seiner allerersten längeren Tour und ich bin erstaunt was alles an einem Motorrad unterzubringen ist. Großes Zelt, Isomatte, Luftmatratze , Klappstuhl, Kocher, dreiteiliges Topfset, Wasserkocher, Tarp, Verpflegung für zwei Wochen, Schlafsack, Decken.
                        Es scheint mit seiner Ausrüstung will er noch viele ferne Länder bereisen. Das stimmt auch fast. Siegerland, Westerland und Sauerland stehen noch auf seinem Plan.

                        “Alles von Säha toh zummi. Ich hab alles dabei was man nur brauchen könnte.”
                        “Säha toh zummi? was ist denn das?” hake ich fragend nach.
                        “Hier: Klapptopf, Klappwasserkessel,Klappmüslischale, Klapptasse. Alles aus Hochleistungskunstoff mit verstärktem Aluboden. Säha toh zummi. Das beste was man kaufen kann. Hab ich alles was es gibt.”
                        Er zeigt mir den Klapptopf aus seinem riesigen Aluminium Koffer, der randvoll mit Küchenutensilien ist. Sea to Summit kann ich auf dem Topf lesen. Ich unterlasse es ihn darauf hinzuweisen das man englische Wörter anders ausspricht als im deutschen und frage ihn ob er auch einen Klappspaten dabei hat.
                        Zu meinem erstaunen, ist die Antwort “Ja, klar. Aus dem BW Shop”.

                        Norbert gesellt sich zu uns. Norbert ist ziemlich hager, nicht mehr der Jüngste und mit dem Rad an der Donau entlang. Auch er bekommt einen Vortrag über die technologisches Vorteile des Säha to zummi Klappgeschirrs. Fragend hält er dem Klappwasserkessel in der Hand und schaut immer wieder zwischen Klapptopf groß, Klapptopf klein und Klappwasserkessel hin und her. Man sieht ihm deutlich an das er sich fragt wieso jemand, der Solo reist, drei identische Behältnisse braucht.
                        Guido gießt sich demonstrativ Bier in seine Klapptasse.

                        Norbert, so stellt sich heraus, ist absoluter Radreise Veteran. 73 Jahre alt - die man ihm absolut nicht ansieht - und normalerweise jedes Jahr mit seinem Husky unterwegs. Der ist aber leider vor ein paar Monaten verstorben. Eigentlich wollte er mit seiner Frau zusammen bis Wien fahren. Die Hitze hat sie aber nicht so gut vertragen, und musste mit dem Zug wieder nach hause fahen.
                        “Aber ich muss das einfach machen. Es zieht mich immer wieder los. Ohne geht es nicht.”
                        Und so ist er jetzt alleine weiter. Eine sehr inspirierende Persöhlichkeit.

                        Etwas später habe ich gut einen sitzen und mache mich auf den Weg ins Zelt.
                        Maria und Peter sind schon lange am schlafen und als ich am nächsten morgen etwas später als normal aufstehe, haben sie ihr Zelt schon abgebrochen und ich werde sie nie wiedersehen.
                        Zuletzt geändert von natureride; 03.03.2018, 14:23.
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                        • Waldlaeuferin

                          Erfahren
                          • 11.03.2013
                          • 232
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                          #52
                          AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                          super, danke. Bin gespannt, wie es weitergeht.
                          Radfahren finde ich allerdings doof. Das Gepäck macht das Rad schwer. Viel zu anstrengend. Laufen ist echt einfacher. Aber jeder wie er will.
                          Es ist immer zu früh, um aufzugeben.

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                          • bogus
                            Erfahren
                            • 11.05.2012
                            • 124
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                            #53
                            AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                            Säha toh zummi

                            vielen dank dafür...made my day

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                            • Enja
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                              • 18.08.2006
                              • 4750
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                              #54
                              AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                              Hätte mich gewundert, warum man unbedingt in Passau in der JH übernachten möchte. Wo es doch einen so praktisch gelegenen Campingplatz gibt. Der allerdings regelmäßig weggeschwemmt wird.

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                              • natureride
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                                • 26.02.2017
                                • 51
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #55
                                AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                                @enja
                                Ab jetzt weiß ich auch das es einen hervorragenden Campingplatz in Passau gibt. Als ich in er Stadt ankam habe ich mich nur von einem Straßenschild "Youthhostel" leiten lassen. Von dem Campingplatz wusste ich da noch nichts. Aber irgendwie wird man ja immer in die richtige Richtung geleitet. Karma und so.
                                www.twowheeltravel.de

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                                  Gerne im Forum
                                  • 26.02.2017
                                  • 51
                                  • Privat

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                                  #56
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                                  Intermezzo III


                                  „Hey, hey!“ Ein etwas beleibter Mann mit Wanderrucksack, blauer Wanderjacke, Stöcken und Sonnenhut läuft winkend auf mich zu.
                                  „Bist du zufällig Heroinabhängig und hast Jesus getroffen?“
                                  „Was bitte? Heroin? Jesus?“ dümmer als ich jetzt dreinschaue, kann man nicht gucken.
                                  „Oder du bist Workaholic und findest durch eine Reise heraus das du dich endlich um deine 4 Kinder kümmern musst?“ er schaut hoffnungsvoll auf mein Reiserad.
                                  „Workaholic? Ich? Nun wirklich nicht“
                                  „Mist“ stöhnend lässt er sich neben mich auf die Bank fallen auf der ich Pause machen.
                                  „Eine Woche habe ich noch bis zur Deadline. Und nichts kann ich vorweisen. Paul hat ein Gottvedammtes Nahtoderlebnis. Am Gletscher.“
                                  „Häh?“
                                  „Genau. Nahtodererlebnis. Und alles dokumentiert“ der Mann schaut in mein mittlerweile total verwirrtes Gesicht. „Du kannst nicht zufällig irgendwas. Oder bist irgendwie besonders?“
                                  Ich muss schon etwas überlegen, dann halte ich ihm meinen ausgestreckten Zeigefinger hin.
                                  „Wenn du dran ziehst, kann ich machen das Luft riecht.“
                                  Jetzt guckt er blöd. Fängt sich aber schnell wieder.
                                  „Hey, das ist nicht zum Spaßen. Ich muss was vorweisen. In einer Woche ist Deadline.“
                                  „Ich will ja jetzt nicht persönlich werden, aber bist du aus der Klapse ausgebrochen?“ so langsam wird mir alles zu bunt.
                                  „Klapse?“ es scheint ihm gerade zu dämmern, das das Theater hier doch etwas seltsam wirken muss.
                                  „Oh. Herbert“ er hält mir seine hand entgegen. „Ich bin Ghostwanderer.“
                                  „Ghostwanderer?“
                                  „Genau, für Hape Kerkeling sein neues Buch.“
                                  „Kerkeling? Buch?“ Die Zahnräder in meinem Kopf drehen sich nur sehr langsam.
                                  „Genau. Ich bin dann mal Weg – Jetzt erst recht.
                                  Das wird der neue Bestseller werden. Einmal über die Alpen. Absolut authentisch.“
                                  Es macht bei mir Klick. „Und du schreibst das Buch für ihn?“
                                  „Schreiben? Ne,ne das macht doch das Autoren Team. Ich bin für die authentischen Erlebnisse zuständig. Vom Wanderteam. Aber bis jetzt kann ich noch gar nichts vorweisen. Nicht so wie der blöde Paul mit seinem Nahtoderlebnis.“
                                  „Am Gletcher“ unterbreche ich ihn.
                                  „Genau. Am Gletscher. Wir brauchen Storys die den Leser packen. Der Hape muss unterwegs extreme Leute treffen. Mit Geschichten die die Leute bewegen. Drogenabhängig und dann Gott gefunden wäre der absolute Jackpot für uns. Wir wollen ein jüngeres Publikum in der Werberelevanten Zielgruppe erreichen. Das Buch muss viel mehr Pfeffer haben als das letzte.“
                                  „Aber.“ Werfe ich ein“ Warum denkt ihr euch nicht einfach ein paar Geschichten aus. Da musst du doch nicht hier umherlaufen und auf den Zufall warte?“
                                  „Na. So einfach ist das leider nicht. Denkst du etwa wir haben das nicht Probiert? Authentizität mein lieber. Der Leser merkt sofort das hier irgendetwas nicht stimmt. Außerdem brauchen wir die Fotos, und denk nur an die Nachvermarktung. Wenn die Bild herausfindet, das die Personen gar nicht existieren, dann sind wir geliefert.“
                                  „Oh“ ich glaube gerade nicht was ich da höre.
                                  „Genau. Und die Deals mit den Pensionen müssen auch schon eingefädelt werden. Denk nur mal an die ganzen Hausfrauen, die nach der Bucherscheinung hier einfallen. Die wollen alle in den Gasthäusern unterkommen die in dem Buch erwähnt werden. Die kleinen Details wie das riesige angsteinflößende Hirschgeweih. Das muss alles recherchiert werden.
                                  Wir haben hier Big Business. Diesmal wird richtig Reibach gemacht. Jede Erwähnung im Buch lassen wir uns gut bezahlen. Da kann man nichts dem Zufall überlassen.”
                                  “Oh. Jetzt entschuldige mich aber..” Er springt von der Bank auf und rennt einer älteren Dame auf einem Fahrrad hinterher, “Hey, Hey. Sind sie über 90 und machen auf einem alten Postrad eine Alpenüberquerung? Haben sie eine Katze vorne in ihrem Korb?…”

                                  Leute gibt´s…
                                  www.twowheeltravel.de

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                                  • Ziz
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                                    • 02.07.2015
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                                    AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                                    Weiter! Bisher einer der unterhaltsamsten Reiseberichte, die ich bisher las.
                                    Nein.

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                                    • tw81
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                                      • 06.01.2018
                                      • 8
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                                      AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                                      Kann ich mich nur anschließen! Toller Schreibstil und super Fotos!

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                                      • Glenfiddich
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                                        • 19.02.2012
                                        • 278
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                                        AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                                        Ich freue mich immer wenn du neue Episoden einstellst. Echt köstlich. Höre bloß nicht auf zu schreiben.
                                        Ich habe Talente, Rechtschreibung gehört nicht dazu.

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                                          • 18.04.2008
                                          • 11913
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                                          #60
                                          AW: [DE] [AT] [HU] [RS] [BG] [TK] Von einem der auszog die Welt zu sehen

                                          Der Ghostwanderer! Wie geil ist das denn! Ich will das Zeug auch haben, das Du rauchst.
                                          Schutzgemeinschaft Grüne Schrankwand - "Wir nehmen nur das Nötigste mit"

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