[IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

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  • Reddo
    Erfahren
    • 08.04.2017
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    • Meine Reisen

    #21
    AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

    Erspähe ich da noch sorgfältig aufgerollte und verstaute Abspannleinen auf den Bildern? Für mich als Zelt-Nerd ist natürlich die Entstehungsgeschichte der potentiell lebensbedrohlichen Ausrüstungs-Fehlfunktion in Sachen Zelt von besonderem Interesse, die ja dann auch den Notfall herbeiführte ...
    "What is above knows what is below, but what is below does not know what is above. One climbs, one sees. One descends, one sees no longer, but one has seen. There is an art of conducting oneself in the lower regions by the memory of what one saw higher up. When one can no longer see, one does still know.” - René Daumal

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    • Gast180628
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      • 08.10.2012
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      #22
      AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

      danke für den bericht.
      wie biste denn bei 30m/s an der stelle geblieben und warm geblieben und wie lange?

      nb: danke fürs gewicht der leopards, interessiert mich gewogen schon länger. die schnüre auch auf scharf problemlos?

      OT: bei unserm ersten herbststurm auf island sassen wir glücklicherweise in der an dicken drahtseilen verankerten hütte, die gut vibrierte (49m/s sagten einheimische uns ein paar tage später; eisregen; man kriegte die tür der hütte zu zweit kaum noch auf bzw. wieder zu). auf dem weg dahin wollten wir wegen blöder wolkensuppe und niesel schon das zelt aufbauen und ich stellte noch fest, dass der vom gps angezeigte luftdruck niedriger war als er nach meiner erdkundeunterrichtserinnerung überhaupt sein könnte, aber wir wussten das nicht zu deuten und es war nur glücklich, dass wir weitergingen (ostrand vom vatna, nicht auf eis, gute stunde bis zur hütte, genau rechtzeitig noch geschafft).

      mal kurz nach draussen ging schon vorher nicht mehr. der sturm baute sich sehr schnell weiter auf und ich veranstaltete noch diverse slapsticks in der hütte, holzhacken indoors, nicht in die trinkflasche oder nen kochtopf pinkeln wollen).
      ich denk ja immer, zur not kann man sich ins zelt auch einwickeln, egal ob tarp, mid oder geodät, aber dazu isses noch nie gekommen.
      OTOT und egal: nachdem ich schon mal son sturm gesehen hatte: ich hätt den knopf wahrscheinlich früher gedrückt.
      Zuletzt geändert von Gast180628; 28.11.2017, 09:44. Grund: rechtschreib + weitere erg

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      • Rhodan76

        Alter Hase
        • 18.04.2009
        • 3033
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        #23
        AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

        Zitat von Reddo Beitrag anzeigen
        Für mich als Zelt-Nerd ist natürlich die Entstehungsgeschichte der potentiell lebensbedrohlichen Ausrüstungs-Fehlfunktion in Sachen Zelt von besonderem Interesse, die ja dann auch den Notfall herbeiführte ...
        Die Frage stelle ich mir auch. 25m/s Wind ist natürlich eine ganz (!) ordentliche Hausnummer - aber damit muss man in Island natürlich rechnen und seine Ausrüstung danach ausrichten. Das Big Sky International Chinook Tent scheint dieser Herausfordernung nicht gewachsen gewesen zu sein und damit ist die Wahl dieses UL-Zeltes für so eine Tour (oder Reiseziel) schon fragwürdig...

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        • Katun
          Fuchs
          • 16.07.2013
          • 1555
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          • Meine Reisen

          #24
          AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

          Das Big Sky International Chinook Tent scheint dieser Herausfordernung nicht gewachsen gewesen zu sein
          Woher willst du das wissen, da ist endlich mal Sturm aber das Zelt wird nicht aufgestellt - die Leinen erstmal abschneiden war wohl keine Option. Ist immerhin kein Tunnel.

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          • Reddo
            Erfahren
            • 08.04.2017
            • 344
            • Privat

            • Meine Reisen

            #25
            AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

            Zitat von Rhodan76 Beitrag anzeigen
            Das Big Sky International Chinook Tent scheint dieser Herausfordernung nicht gewachsen gewesen zu sein und damit ist die Wahl dieses UL-Zeltes für so eine Tour (oder Reiseziel) schon fragwürdig...
            Das Zelt ist ja nicht deshalb unbenutzbar geworden, weil es UL ist, sondern weil es beim Aufbau dermaßen vom Wind gepeitscht wurde und sich dermaßen verheddert hat, dass es bloß noch ein Kneuel aus Stoff und Leinen war - wenn ich das richtig verstanden habe. Das hätte bei einem 4kg-Zelt wohl genauso passieren können ...
            "What is above knows what is below, but what is below does not know what is above. One climbs, one sees. One descends, one sees no longer, but one has seen. There is an art of conducting oneself in the lower regions by the memory of what one saw higher up. When one can no longer see, one does still know.” - René Daumal

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            • Rhodan76

              Alter Hase
              • 18.04.2009
              • 3033
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              #26
              AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

              Naja ich formuliere es mal so: ein Zelt, welches ich bei Sturm nicht aufbauen kann oder will (warum auch immer) ist einfach ungeeignet.

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              • Thorsteen
                Fuchs
                • 25.05.2007
                • 1557
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                #27
                AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                Ich habe auf Island ja auch schon 12 Std im Orkan im Zelt festgesessen, wenn man den richtigen Zeitpunkt mit dem Zeltaufbau verpasst dann hat man kaum noch eine Chance da was zu machen. Der Wind ist dann oft so stark das man sich in ihn hinein legen kann ohne das man fällt! Es gibt sehr wenig Zeltformen die man bei so einem Wind überhaupt noch aufstellen könnte, in meinen Augen nur noch Tunnel oder Zelte wie das Staika, aber selbst dann wird es extrem schwer. Solo wird es ja nochmal eine Nummer härter, mit zwei Leuten hat man da oft Vorteile und kann noch was machen wo man solo schon aufgeben muss. Mal ganz ehrlich, wann habt ihr eure Zelte mal im Sturm aufgestellt? Und wie viele würden in dem Sturm dann noch stehen? Wo früher oft 9,5mm Gestänge mit 1-1,5mm Wandungstärke üblich waren hat man doch heute nur noch "Featherlight", oder?
                Geprüfter Tungnaá-Bademeister

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                • Gast180628
                  GELÖSCHT
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                  • 08.10.2012
                  • 510
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                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                  ja, wenn der wind so stark ist, dass er einen umgeworfen hat, kriegt man auch ein jannu oä kaum noch, wohl eher: nicht mehr aufgebaut. schon gar nicht alleine. dann ist hinhocken und einschätzen, ob aus 25 noch 50 werden können (da stünde iü auch ein jannu nich mehr) und wie kalt es so ist und ob schon was aufreisst und vielleicht der luftdruck, aber da bräuchte ich ein buch, und knopf.
                  füsse irgendwie taub und man kriegt das nicht weg, reicht.
                  gut, wenn knopf dabei.
                  (- und dann wie lange)
                  Zuletzt geändert von Gast180628; 28.11.2017, 10:17.

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                  • Reddo
                    Erfahren
                    • 08.04.2017
                    • 344
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                    Zitat von Rhodan76 Beitrag anzeigen
                    Naja ich formuliere es mal so: ein Zelt, welches ich bei Sturm nicht aufbauen kann oder will (warum auch immer) ist einfach ungeeignet.
                    Und genau das hätte ich beim Chinook nicht vermutet. Die von evernorth beschriebene Problematik hatte ich bisher überhaupt nicht auf der Uhr. Deshalb bin ich ja auch so gespannt auf die Details.

                    @Thorsteen: Bei Orkanstärke habe ich noch nie aufgebaut, bei Sturm aber schon - bei meinen Inner-First-Zelten pfeift der Wind dann einfach durch das Mesh. Wenn das Außenzelt dann drüber kommt, steht da schon eine stabile und gut verankerte Struktur. Und mein aktuelles Zelt hat auch "Featherlight" drin, allerdings das Upgrade auf 10mm . Spätestens wenn ich die Giebel durch Trekkingstöcke abstütze, kann das im Wind richtig was.
                    "What is above knows what is below, but what is below does not know what is above. One climbs, one sees. One descends, one sees no longer, but one has seen. There is an art of conducting oneself in the lower regions by the memory of what one saw higher up. When one can no longer see, one does still know.” - René Daumal

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                    • nimrodxx
                      Fuchs
                      • 10.03.2009
                      • 1662
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                      • Meine Reisen

                      #30
                      AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                      Wäre es nicht sinnvoll erstmal den Bericht abzuwarten bevor hier wild rumspekuliert wird?

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                      • evernorth
                        Fuchs
                        • 22.08.2010
                        • 1828
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                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                        Zitat von nimrodxx Beitrag anzeigen
                        Wäre es nicht sinnvoll erstmal den Bericht abzuwarten bevor hier wild rumspekuliert wird?
                        +1 und Daumen hoch!
                        Ich bin ja selbst durchaus ein Fan von Überlegungen / Spekulationen, aber genau: Wartet es mal ab.
                        My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                        • Dieter

                          Dauerbesucher
                          • 26.05.2002
                          • 532
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #32
                          AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                          Hallo evernorth,

                          Dein Bericht ist sehr spannend für mich! Ich war mit zwei Gästen fast auf den Tag ein Jahr früher an dieser Furt der Núpsá und wir haben etwas oberhalb der Stelle mit dem Schild gefurtet. Das Wasser war da nur etwa Knie bis halb Oberschenkel tief. Die Planung war von den Núpsstaðarskógar her am Nachmittag die Furt zu erreichen und falls möglich zu furten oder vor der Furt zu zelten und erst früh am nächsten Morgen zu Furten. Beide Optionen waren also im Zeitplan vorgesehen

                          Ein bisschen Recherche hat gezeigt, dass die benachbarte Djúpá zum Zeitpunkt 23.07.17 einen etwa 30 cm höheren Wasserstand hatte als am 23.07.16. Das lässt sich zumindest qualitativ auf die Situation an der Núpsá übertragen, da beide Flüsse benachbart sind und einen ähnlichen Charakter haben.

                          Dein Pech(?) war, dass am 19.07 eine eindrucksvolle Hochwasserwelle durch die Flüsse dieser Ecke Islands gerauscht ist. Mehrere Pegel stiegen etwa um 150 cm innerhalb von 24 Stunden. Am 23.7. war der Scheitel schon lange durch aber auf dem ablaufenden Ast der Hochwasserwelle war der Wasserstand immer noch ca. 30 cm höher als vor dem Hochwasserereignis. So in etwa müsste das auch bei Dir an der Djúpá gewesen sein.

                          Der Schmelzwassertagesgang hat an der Djúpá eine Amplitude von etwa 20 cm, bei einem Maximum um etwa 18:00 und einem Minimum um etwa 12:00 Uhr


                          Quelle: http://vmkerfi.vedur.is/vatn/vdv_historical.php

                          Mal schauen wie es weitergeht!

                          Dieter

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                          • qwertzui
                            Alter Hase
                            • 17.07.2013
                            • 2877
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #33
                            AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                            @ evernorth
                            Ja, ich glaube wir warten hier alle gespannt! Die Fotos sind ja wirklich Hammer!

                            p.s. ich habe es schon bei einem kleinen Lenkdrachen geschafft, die Leinen bei Sturm für mich unentwirrbar zu verheddern. Ich bilde mir nicht ein bei 108 km/h Wind welches Zelt auch immer allein!!! aufbauen zu können.

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                            • Ljungdalen
                              Alter Hase
                              • 28.08.2017
                              • 2715
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #34
                              OT: AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                              Zitat von qwertzui Beitrag anzeigen
                              Ich bilde mir nicht ein bei 108 km/h Wind welches Zelt auch immer allein!!! aufbauen zu können.
                              <off-topic> Ja, krass. Erinnert mich daran, kürzlich gelesen zu haben, dass ein neuer schwedischer 10-min-Durchschnitts-Windgeschwindingkeits-Rekord aufgestellt wurde, in Stekenjokk, und zwar (...nachguck...) am 18. Januar 2017 mit 47,8 m/s (= 172 km/h).

                              Den Windspitzen-Rekord (Momentanwert) hält da für fast alle Monate Tarfala (außer November, da ist es auch Stekenjokk), darunter den absoluten vom 20. Dezember 1992 mit 81 m/s (= 291,6 km/h).

                              Frage mich, was man machen kann, wenn man in sowas hineingerät... Sich flach auf den Boden legen? Obwohl das im Dezember/Januar sicher auch nicht so toll ist...

                              War an beiden Stellen schon, aber bei (Fast-)Windstille

                              PS Windrekorde für Island: Skálafell (nicht weit von Reykjavík) und/oder Gagnheiði (bei Egilsstaðir im Osten)...
                              Zuletzt geändert von Ljungdalen; 29.11.2017, 15:56.

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                              • Blahake

                                Fuchs
                                • 18.06.2014
                                • 1432
                                • Privat

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                                #35
                                AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                                Puuh, packender Bericht von krassen Erlebnissen
                                Ich verfolge ihn weiter mit Spannung, werde mich aber nie wieder nach Island trauen...

                                Kommentar


                                • evernorth
                                  Fuchs
                                  • 22.08.2010
                                  • 1828
                                  • Privat

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                                  #36
                                  AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                                  Plan C?

                                  24.07.17

                                  Am nächsten Morgen scheint erneut die Sonne und es verspricht, wieder ein schöner Tag zu werden.
                                  Mein erster Weg führt mich direkt an die Núpsá. Der Wasserstand ist deutlich zurückgegangen.
                                  Einerseits bin ich beruhigt, andererseits ganz und gar nicht. Ich starre in die immer noch starke Strömung und beschließe hier und auf der Stelle, gar nicht erst einen Versuch zur Querung der
                                  Núpsá zu unternehmen. Obwohl es vermutlich geklappt hätte - mein Bauch sagte einfach: No.
                                  Ein weiterer Tag des Abwartens, und ich hätte, aller Voraussicht nach, noch bessere Verhältnisse vorgefunden. Der eigentliche Grund ist: Ich habe noch eine spannende, weitere Option und darüber bereits am gestrigen Abend ( und auch in der Nacht ) nachgedacht. Ich habe noch einen Plan C! Auf Dieter Graser´s Seite isafold.de las ich das erste Mal von einer Möglichkeit, entlang der Djúpá zum Síðujökull zu zu gelangen. Bereits in dem inzwischen vergriffenen Buch von Erik van der Perre fand ich einen weiteren Hinweis auf die ( wohl allgemein wenig bekannte ) Zugangs - Variante.
                                  Für so einen Fall wie jetzt habe ich mir diese Möglichkeit offen gehalten.
                                  Ich gehe zurück zum Zelt, frühstücke und gegen 9 Uhr verlasse ich meinen schönen Platz.




                                  Noch immer reichlich Wasser und starke Strömung in der Núpsá





                                  Camp 1 am Morgen


                                  Für eine Stunde gehe ich nun zurück zur Ringstraße. Dort angekommen, nutze ich den Netzempfang, und informiere noch ein paar Freunde über den Programmwechsel. In den sauren Apfel muss ich ab nun dennoch beißen, denn für etwa 9 km darf ich der Ringstraße folgen. Ich bin vorbereitet, rechne aber bereits mit dem Schlimmeren, denn die Strecke bietet - erwartungsgemäß - nur wenig Anlass, um in Euphorie auszubrechen.
                                  Zu meiner großen Erleichterung ist der Verkehr geringer, als ich befürchtet habe. Hin und wieder werde ich gezwungen, noch etwas über den Seitenstreifen auszuweichen, da einige Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit beim Vorbeifahren nicht reduzieren, sondern noch mal extra beschleunigen. Ehrlicher Weise kommt das aber nur zwei - oder dreimal vor. Nach etwa 85 Minuten und acht weiteren Kilometern erreiche ich den Hof Rauðabergsmúli.
                                  Hier steige ich einen Gras- und Blumen - Hang aufwärts und mache erst einmal eine kurze Mittagspause inmitten einer üppigen Sommerwiese.




                                  Rauðabergsmúli - Blick nach Süden Richtung Küste



                                  Schmaler Pfad; links unten fließt die Djúpá


                                  Gegen 12:30 Uhr und bereits auf stattlichem Höhen - Niveau angelangt, stoße ich auf einen schmalen Pfad. Etwa 200 Höhenmeter unter mir fließt die wild - rauschende Djúpá durch einen beeindruckenden Canyon. Diesem Pfad folge ich nun auf etwa gleichbleibendem Höhen - Niveau für die nächsten paar Stunden. Es handelt sich um einen nicht markierten Pfad und meist ist er kaum zu sehen. Häufig ist er zugewachsen und überwuchert; er taucht auf und verschwindet wieder. Es ist ein häufiges Kommen und Gehen.




                                  Die Djúpá und ihr Canyon im Unterlauf


                                  Im Grunde ist die Orientierung leicht, da es im Wesentlichen immer entlang der Djúpá geht.
                                  Inzwischen hat die Bewölkung wieder stark zugenommen, doch es bleibt netterweise trocken.
                                  Gegen 16 Uhr erreiche ich die Hrafná, die rechter Hand von der Rauðabergsheiði herunterkommt.
                                  Das ist mal eine harmlose, und völlig unkomplizierte Furt.
                                  Von jetzt an heißt es für mich: Obacht! Von Dieter´s Beschreibung weiß ich, dass nun bald, also eigentlich in Wurfweite, das Lavafeld Blóðhraun ("Blutlava") folgt. Bereits nach 1 km tauche ich in diese bizarre Welt des erkalteten Feuers ein. Genau wie Dieter fällt mir plötzlich ein Verhau, der Ähnlichkeit mit einem alten, ehemaligen Schafs - Pferch hat, ins Auge. Ich folge einem Bach und gehe immer tiefer in ein schmales Tälchen hinein, dass von hohen Lavatürmen umrahmt ist.
                                  Das ganze endet in einer Sackgasse, doch ich weiß, dass sich hier, entgegen der Erwartung, am Ende noch einmal ein kleiner Talkessel mit Mini - See öffnet. So ist es auch und innerlich möchte ich losjubeln. Tatsächlich finde ich auch den kleinen Gumpen, den ich sofort zu meiner Badestelle erkläre.
                                  Gegen 17 Uhr errichte ich mein Camp und nehme gleich das heiß ersehnte Bad. Heiß ist hier gar nichts, dafür kalt und herrlich frisch! Das weckt gleich meine Lebensgeister. Ohne den Ort noch näher zu erkunden ( was ich im Nachhinein etwas bedaure ), beginne ich zu kochen, setze meine Positions - Mail mit dem Delorme ab und hole eine Wettervorhersage ein. Stabiles, weiter trockenes Wetter, bei etwa 30 km/h Windgeschwindigkeit. Alles im Grünen Bereich. ( Die Windgeschwindigkeit, insbesondere ihre Maßeinheit, wird später noch eine „ besondere Rolle ” spielen ).
                                  Nachdem ich noch etwas gelesen habe, gehe ich schon bald in den Schlafsack. Ich bin zu meinem Erstaunen richtig müde. Der erste, längere Tour - Tag und etwa 23 km in den Beinen: Kein Wunder, dass der Sandmann anklopft.




                                  Furt durch die Lambá



                                  Camp 2



                                  Badeurlaub Pt. 1





                                  Durch das Djúpádalur zum Síðujökull


                                  25.07.17

                                  Gegen 6.30 Uhr höre ich den Wecker. Das will was heißen, denn schon des öfteren habe ich sein Piepsen nicht wahrgenommen. Obwohl ich nachts immer sehr offen für Geräusche aller Art bin, habe ich Mühe, die spezielle, akustische Frequenz zu hören. Auf dieser bin ich wohl etwas taub. Aus diesem Grund bin ich dazu übergegangen, mein Unterbewußtsein auf das rechtzeitige Erwachen zu programmieren. Klappt mit zunehmender Zeit immer sicherer und besser. Heute morgen habe ich aber dafür etwas Mühe mit dem Wachwerden und Aufstehen.
                                  Die ganze Nacht habe ich den kleinen Mini - Wasserfall, der in den Gumpen fällt, plätschern gehört. Ich muss mich erst wieder an diese natürliche Geräuschkulisse gewöhnen. Gegen 7 Uhr verlasse ich Schlafsack und Zelt und mache mich erst einmal am fließenden Wasser frisch. Es ist etwas diesig und in der Nacht hat es auch ein paar Regentropfen gegeben. Ich bin gespannt, wie sich der Weg heute weiter entwickeln wird. Obwohl ich zügig frühstücke, wird es wieder nach 9.30 Uhr, bis ich endlich startklar bin.




                                  Camp 2



                                  Blóðhraun


                                  Ich gehe das kleine Tälchen wieder ganz zurück, nachdem ich feststellen durfte, das ein Überklettern der Lavatürmchen doch erhebliche Arbeit mit einem offenen Ende, oder besser: einem fraglichen Nutzen verbunden ist. Ich folge weiter dem Djúpádalur. Hier, im Bereich des Blóðhraun, bewege ich mich sehr dicht an der Wasserlinie. Nach kurzer Zeit erreiche ich die Lambá, die von einem schönen Wasserfall gespeist wird. Ehe ich die Lambá problemlos furte, steige den Hang ein gutes Stück aufwärts, um einen besseren Blick auf den Wasserfall und das kleine, grün - moosige Tal zu bekommen.




                                  Wasserfall bei der Lambá





                                  Lambá



                                  Das Wetter wird besser


                                  Ich folge weiter dem Tal der Djúpá, zwischen dem westlichen Fossabrekka und dem östlich gelegenen Fossafjall. Mittlerweile gehe ich meist dicht an der Hangseite und eher noch aufwärts, mit deutlichen Abstand zum Flussufer. Im Norden schließt das Tal mit einer eindrucksvollen Steilstufe mit einigen stattlichen Wasserfällen ab. Über diese Steilstufe floss einmal das Lavafeld Fossahraun.
                                  Die Djúpá gräbt sich hier tief und spektakulär, wild - tosend in das Lava - Gestein ein.




                                  Canyon der Djúpá im oberen Lauf ( vor der Steilstufe )



                                  Mehrere, schöne Wasserfälle an der Steilstufe






                                  Gegen Mittag habe ich die 200 Höhenmeter hinter mir. Mittlerweile befinde ich mich auf etwa 600m Höhe und das Tal ist jetzt flach und weit, mit deutlich zurückgenommener Vegetation.
                                  Es dauert nicht lange und dann ist es bereits so weit: In der Ferne und dicht am Horizont zeigt sich erstmalig der Síðujökull. Ich halte kurz den Atem an, denn mir wird bewusst, dass ich kurz davor stehe, ein wichtiges Teil - Ziel zu erreichen: Der Síðujökull liegt zum Greifen nah. Der Hágöngur erhebt sich mächtig aus dem Eis, ebenso wie der Geirvötur mit seiner Pyramiden - Form. Beide markante Landschaftsformen, die das Bild des Gletschers an dieser Stelle eindrucksvoll formen.




                                  Am Horizont der Síðujökull



                                  Noch überwiegt das Grün



                                  Hágöngur und Geirvötur; im Hintergrund aus dem Eis ragend



                                  Blick nach Westen


                                  Ich folge dem Höhenzug der Gæsabringur. Die Landschaft gefällt mir, vor allem, weil es hier noch ausgesprochen grün und grasig ist. Ich hatte befürchtet, dass ich bereits in Sichtweite des Gletschers von tristen Moränen - Mergel begrüßt werde. Ich furte erneut einen kleinen Nebenfluß in unmittelbarer Nähe zur Djúpá. Ich kann es eigentlich nicht erklären, aber seit Bernd´s erwähntem Bericht über seine Erfahrungen mit der Djúpá habe ich einen Heidenrespekt vor dem mächtigen Gletscherfluß. Ein Furt durch die Djúpá möchte ich um jeden Preis vermeiden - never!
                                  Nachdem es zwischenzeitig bedeckt und anfangs auch etwas neblig war, kommt nun verstärkt die Sonne zur Geltung und taucht die Landschaft in ein warmes, sommerliches Licht. Wohlgemerkt: Es ist nur das Licht, die Temperaturen fühlen sich wenig sommerlich an und liegen um die 14 Grad.









                                  Gegen 17 Uhr erreiche ich das Talende der Langagil ( „ Lange Schlucht ” ). Obwohl ich - vorher und auf der Karte - von der Alternative des Langasker, einem langen, und breiten Alt - Moränen - Rücken, gelesen habe, zieht es mich sofort magisch in die Schlucht hinein.
                                  Was nun geschieht, ist einerseits typisch für das isländische Wetter und andererseits kaum zu begreifen. Eben noch schön und sonnig verändert sich die Szenerie schlagartig, sozusagen von jetzt auf sofort. Nebel zieht in Sekundenschnelle mitten hinein in die Langagil. Ebenso urplötzlich ist auch ein begleitender, starker Wind zur Stelle. Das kommt mir entschieden zu schnell, denn ich wollte eigentlich noch für ein- bis zwei Stunden weitergehen. Nun muss ich sehr schnell handeln.
                                  Ein geschützter Platz für das Zelt muss her, möglichst umgehend und mit Trinkwasser in unmittelbarer Nähe. Der Nebel drückt mit Macht in die Langagil und ich kann höchsten 50m weit sehen. Gerade noch entdecke ich ein kleines, abseitiges Mini - Tälchen, das zumindest einen brauchbaren Windschutz bietet. Ein kleiner Bach fällt, von einer höher - liegenden Stufe, mitten hinein in einen kleinen Gumpen. Schon wieder eine Badestelle? Das scheint ja ein richtiger Badeurlaub zu werden. Na, das soll mir recht sein.
                                  Unter den erschwerten Windbedingungen braucht der Zeltaufbau ein gutes Stück länger. Einen passenden und möglichst ebenen Platz zu finden, ist schon etwas schwierig. Gegen 18 Uhr steht das Zelt, ist eingeräumt und die Wasservorräte sind auch aufgefüllt. Bei dem kalten Wind muss ich mich richtig überwinden, finde dann doch noch für ein sehr kurzes Bad hinein in den Gumpen.
                                  Einmal untertauchen, mehr bringe ich nicht zustande. Das Wasser ist sehr kalt - Erfrischungsfaktor sehr hoch.
                                  Besonders windgeschützt stehe ich hier eigentlich nicht, da der Wind immer wieder einen Weg in mein kleines Mini - Tälchen findet. Die große Wucht der Windböen wird aber dennoch gut abgeleitet.
                                  Ich mache mir mein Abendessen und esse mit großem Appetit. Dabei studiere ich schon mal die Karte. Mir ist in der Kürze der Zeit aufgefallen, dass die Langagil für eine zügige Passage denkbar ungeeignet ist. Ein stattlicher Bach läuft durch die Schlucht und pendelt von einer Seite zur anderen. Hier durchzugehen hätte ein ständiges Furten zur Folge.
                                  Morgen will ich deshalb den östlichen Hang der Langagil erkunden. Vielleicht komme ich dort schneller aus der Schlucht heraus.
                                  In der Nacht weht noch über Stunden ein sehr starker Wind, doch mein Chinook widersteht - fast ungerührt. Am frühen Morgen nehme ich im Halbschlaf war, wie der Wind wieder deutlich abnimmt. Für die folgenden, zwei Stunden, falle ich in einen komatösen, tiefen, doch vor allem ruhigen Schlaf.




                                  Camp 3 in der Langagil ( bereits am nächsten Morgen )


                                  - to be continued -
                                  Zuletzt geändert von evernorth; 08.12.2017, 01:54. Grund: Ergänzt
                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                  • nunatak

                                    Alter Hase
                                    • 09.07.2014
                                    • 3428
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #37
                                    AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                                    wow, was für Bilder. Ich bin sprachlos.

                                    Kommentar


                                    • Mika Hautamaeki
                                      Alter Hase
                                      • 30.05.2007
                                      • 3979
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #38
                                      AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                                      Geniale Bilder, spannender Bericht!
                                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                      A. v. Humboldt.

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                                      • anja13

                                        Alter Hase
                                        • 28.07.2010
                                        • 4882
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #39
                                        AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                                        Spannend. Bitte schnell weiter schreiben!

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                                        • evernorth
                                          Fuchs
                                          • 22.08.2010
                                          • 1828
                                          • Privat

                                          • Meine Reisen

                                          #40
                                          AW: [IS] ISLAND Solo 2017 - Notruf auf dem Síðujökull

                                          Zitat von nunatak Beitrag anzeigen
                                          wow, was für Bilder. Ich bin sprachlos.
                                          Danke, nunatak.
                                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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