[NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

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    [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Norwegen, Nord Trøndelag Fylke, Sør Trøndelag Fylke

    Reisezeit: Mitte April 2017 und Anfang Oktober 2017





    Teil 1: Krank im Schnee

    Den Skarvan und Roltdalen Nationalpark hatte ich für eine kurze Tour im Frühjahr schon länger auf dem Schirm. Er ist vom Flughafen Trondheim sehr schnell erreichbar, was eine maximale Ausbeute an Wandertagen garantiert. Außerdem kann man dort, je nach Wetter und Schneeverhältnissen, höher oder niedriger gelegene Touren machen und ist auch flexibel, was die Länge der Tour angeht. Ideal für eine Woche Schneeschuhwandern, dachte ich mir. Da ich niemals Skifahren gelernt habe und damit wohl auch nicht mehr anfangen werde, ist das für mich die einzige Möglichkeit, im Schnee unterwegs zu sein. Die anstrengendere Art der Fortbewegung und die wesentlich geringere Reichweite nehme ich in Kauf. Schneeschuhwandern macht auch Spaß, allen Unkenrufen der Skifahrer zum Trotz.

    Normalerweise würde ich keinen Bericht über diese Tour schreiben, zumal sie nicht sehr erfolgreich verlief, aber wie der Titel schon andeutet, hatte ich im Oktober noch einmal die Gelegenheit, in die Gegend zu reisen. Den Kontrast der Jahreszeiten finde ich dann doch interessant genug, um meine Erlebnisse und das Wandergebiet hier vorzustellen. Bislang gibt es ja noch gar nichts darüber im Forum zu lesen.

    An Ostern 2017 ist es so weit. Da ich die meisten Lebensmittel bekanntlich sowieso in Norwegen kaufe, passen die Schneeschuhe und die zusätzliche warme Kleidung bequem in den Rucksack, so muss ich kein Zusatzgepäck buchen. Anreise ist am Montag, dem 10. April.


    Welcome to Hell

    Gestern war es zu Hause noch sommerliche 20°C warm, man konnte im T-Shirt draußen sitzen und sich die Sonne auf den Pelz brennen lassen. Und heute stehe ich am frühen Nachmittag bei 7°C am Flughafen Trondheim im Regen. Es musste ja unbedingt wieder Norwegen sein, ich werde wohl niemals dazulernen. Da muss ich jetzt durch. Zuerst kaufe ich Spiritus bei der Shell-Tankstelle und mache mich dann auf den Weg zum hervorragend sortierten Rema 1000 im Hell Kjøpesenter für die Lebensmittel. Anschließend laufe ich über die Brücke zum Bahnhof Hell, um dort auf den Zug Richtung Storlien zu warten. Zum Glück gibt es einen beheizten Warteraum.








    Der Weg zum richtigen Fjäll ist ... nass

    Gegen 18:00 Uhr steige ich in Meråker aus. Eigentlich habe ich keine Lust in den Regen hinauszugehen, ich würde lieber im Zug sitzen bleiben und weiter nach Osten fahren. Weit nach Osten, dahin wo die Menschen beim Wandern fröhlich in die Sonne blinzeln. Aber der Zug fährt schon weiter. Ich mache mich und den Rucksack regenfest und laufe durch die typisch norwegische Streusiedlung hinunter zum Fluss. Dort zweigt die Straße Richtung Mannseterbakken ab, der ich noch ein paar Kilometer folge. Am Straßenrand steht ein Bus mit einer schwedischen Aufschrift: "Auf dem Weg zum richtigen Fjäll..." Dann bin ich hier wohl doch richtig.

    Hinter dem letzten Hof führt die Straße durch Wald, und es beginnt langsam zu dämmern. Bald sollte ich mir einen Platz für die Nacht suchen. Die Regenschauer sind auch schon mit matschigen Schneeflocken durchsetzt. Ich folge einem Waldweg und suche lange nach einer geeigneten Stelle. Erst als es schon fast dunkel ist, werde ich fündig. Die wenigen Kilometer haben mich übermäßig angestrengt, nach einem kalten Abendbrot krieche ich todmüde in den Schlafsack. Bei jetzt -2°C geht der Regen in Schnee über.


    Bahnhof Meråker






    Torsbjørkdalen


    Hoffen auf Besserung

    In der Nacht und am Vormittag ist viel Schnee gefallen, aber es ist nicht das Wetter, das mir an diesem Dienstag Nachmittag Sorgen bereitet. Momentan scheint sogar die Sonne. Die Erschöpfung gestern hatte es schon angedeutet, heute kam dann der Schnupfen dazu. Ich bekomme eine dicke Erkältung, mit der Tatsache muss ich mich wohl abfinden. Hoffentlich wird es besser, wenn ich heute im Schlafsack bleibe und mich ausruhe, zum Glück habe ich ein richtig gutes Buch dabei. Es könnte trotzdem noch eine schöne Tour mit kürzeren Etappen werden.


    Vormittag


    Nachmittag


    Mit Schneeschuhen kommst du nicht weit!

    Der strahlend schöne Frühlingstag macht gute Laune. Zwar fühle ich mich noch angeschlagen und lasse es ruhig angehen, aber noch einen Tag will ich dann doch nicht im Wald verbringen. Nach einer klaren, kalten Nacht mit -7°C tut die wärmende Aprilsonne richtig gut. Auf der Terrasse seiner Wochenendhütte nahe der Torsbjørkgruva sonnt sich ein Mann, der ebenfalls sichtlich gut gelaunt ist. Wir kommen ins Gespräch. Wie schön die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind, und warum ich nicht Ski fahre. Wo ich denn hinwolle. Richtung Schulzhytta. Er glaubt nicht, dass ich das schaffe. Schneeschuhe sind doch Mumpitz, niemand benutzt sie für eine längere Tour. Aber die Reaktion habe ich erwartet, ich versuche nicht, ihn zu überzeugen.


    Straße nach Mannseterbakken


    Mannseterbakken




    der Fluss Torsbjørka


    Mehr geht heute nicht

    Was soll ich sagen, der Mann hatte recht, wenn er es auch anders meinte. Mittlerweile huste und schnupfe ich ganz ordentlich, und als ich Skakkelvollen erreiche, wo noch ein paar Hütten stehen, kann ich keine Kraft mehr zum Weitergehen aufbringen. Vielleicht hätte ich doch eher noch einen Ruhetag gebraucht. Als das Zelt steht und Wasser aus dem nahen Bach geholt ist, will ich nichts mehr von der Welt wissen.


    Samsikavollen




    zum Bach gehts auch ohne Schneeschuhe


    Zeit der Verwandlung

    Tief in der Nacht geht im Süden der Mond auf und lässt die Schneelandschaft in seinem fahlen Licht faszinierend klar aufleuchten. Die Welt verwandelt sich in eine knisternd kalte Parallelwelt, ein Zauberreich, in dem alles möglich scheint. Ein Fjellvampir öffnet das Zelt des schlafenden Wanderers. Silbrig glänzend hetzt ein weißes Rentier vorbei, verfolgt von einem Werwolf. Da bewegt sich ein Schatten! Gestalten der Nacht hinter jedem Busch. Fieberträume.


    Krankenlager Skakkelvollen

    Bei -13°C bilden sich im Innenzelt gar keine Kondenswassertropfen mehr, überall wachsen Eiskristalle. Im Platypus ein zentimeterdicker Eispanzer. Für den Morgenkaffee muss ich Schnee schmelzen. Mir geht es nicht gut, kein Zweifel, dass ich Fieber habe. Da kann ich nur abwarten und auf schnelle Besserung hoffen. Mit Daunenjacke im Schlafsack ist es warm, auch die Außentemperatur steigt bald über den Gefrierpunkt. Unten am Weg höre ich fröhliche Skifahrer, heute ist der erste Osterfeiertag, Skjærtorsdag. Ich schlafe, soviel es geht.

    Langfredag ist nicht besser. Obwohl es in der Nacht bedeckt und mit -5°C nicht sehr kalt war, habe ich gefroren. Dann ist das Fieber wohl weiter gestiegen. Ein Fieberthermometer habe ich natürlich nicht dabei, ich kann nur schätzen. Das typische Fiebergefühl: der Kopf ist riesig und verformt sich wie eine Seifenblase aus Gummi. Eigentlich ist das nicht schlimm, mein Körper reagiert auf eine Erkältung leicht mal mit erhöhter Temperatur. Und ich bin ja auch noch nicht weit entfernt von der Zivilisation. Alles im wahrsten Sinne des Wortes halb so wild. Nur ist jede kleinste Bewegung zu anstrengend. Ich rühre mich nicht aus dem Schlafsack und esse wenig. Bis auf das warme Müsli schmeckt mir nichts so richtig. Heiße Vitaminbrause ist auch eklig, tut aber gut.

    Am sonnigen Nachmittag dann die Zumutung des Tages: ich muss Wasser aus dem Bach holen, bestimmt dreißig Schritte entfernt. O Mann, ich war schon mal besser zuwege. Beim Gedanken an Tütennudeln dreht sich mir der Magen um, deshalb gibts nur ein paar Cracker.


    mein Bach


    Besserung an Påskeaften

    An diesem Nachmittag fühle ich mich gut genug, um dem Hygienenotstand abzuhelfen. Schon in der Nacht habe ich bei -8°C geschwitzt, ein Zeichen dafür, dass das Fieber nachlässt. Die Bleischwere weicht wohliger Erschöpfung, in meinem Kopf ordnet sich die Buchstabensuppe wieder zu klaren Gedanken. Jetzt möchte ich nur noch dringend sauber werden, alle klebrige Schlechtigkeit abwaschen. Ich koche einen Topf Wasser und gehe damit zum Bach, wo es sonnig und windgeschützt ist. Immer eine halbe Tasse kaltes Wasser mit heißem auffüllen ergibt die perfekte Temperatur. Nach einer letzten Runde nur mit kaltem Wasser fühle ich mich wie neugeboren.

    Jetzt werde ich auch langsam wieder unternehmungslustig und versuche, die Enttäuschung über die verlorene Zeit zu überwinden. Mir bleiben noch zwei volle Tage, am dritten muss ich zurück nach
    Værnes. Natürlich bin ich nach dem Fieber recht schwach und huste auch noch viel, aber ich bin entschlossen, das beste draus zu machen.


    sauber und fieberfrei
    Zuletzt geändert von Borgman; 29.10.2017, 07:49. Grund: Korrektur

  • Prachttaucher
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    #2
    AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

    Da bin ich sehr gespannt wie´s weitergeht. Würde mich zu der Zeit auch mal reizen und bei mir ist´s auch so : Kann nur mit Schneeschuhen. Verstehe den Norweger allerdings gut : Ist doch sehr schnell (bei ungünstigen Bedingungen) sehr anstrengend. Mußte deswegen schon mehrfach Touren (bisher nur Harz) abbrechen. Möchte aber nicht vorgreifen....

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      • 02.09.2016
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      #3
      AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

      Oh nein!!!!

      Da freut man sich das ganze Jahr auf den Urlaub .... und krankwerden ist das allerletzte was man dann braucht!

      Wie Du sehr richtig festgestellt hast: "Mit Schneeschuhen kommst Du nicht weit!", insbesondere dann, wenn man auch noch einen schweren Rucksack schleppt und keine Spur vorfindet.
      Auf meinen Skitouren im Norden habe ich auch ein paar Mal Schneeschuhgeher gesehen. (Z.B. im Jämtlandsfjäll) Diese waren bei höherem Kraftaufwand deutlich langsamer... was dann ziemlich frustrierend für sie war.
      Ich bin übrigens auch kein Alpinskifahrer, "nur" Langläufer. Vielleicht wären doch Ski was für Dich, wenn Du auf einer relativ "flachen" Route unterwegs bist. Vielleicht kannst Du Dir irgendwo mal Fjellski ausleihen und ausprobieren...

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        #4
        AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

        Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
        Würde mich zu der Zeit auch mal reizen und bei mir ist´s auch so : Kann nur mit Schneeschuhen. Verstehe den Norweger allerdings gut : Ist doch sehr schnell (bei ungünstigen Bedingungen) sehr anstrengend. Mußte deswegen schon mehrfach Touren (bisher nur Harz) abbrechen.
        Die Schnee- und Wetterbedingungen waren in dem Gebiet schon extrem günstig über Ostern (dazu mehr im Bericht), deshalb fand ich es umso ärgerlicher, dass ich genau dann krank werden musste. Weil man das nie vorher weiß, würde ich immer möglichst flexibel und mit kurzen Tagesetappen planen. Ich rechne im Schnee nicht mehr als 10 km am Tag (wenn's mal mehr ist, umso besser), aber selbst das war auf dieser Tour leider nicht drin. Hüttentouren, bei denen man eine bestimmte Strecke laufen muss, halte ich für problematisch.

        Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
        Auf meinen Skitouren im Norden habe ich auch ein paar Mal Schneeschuhgeher gesehen. (Z.B. im Jämtlandsfjäll) Diese waren bei höherem Kraftaufwand deutlich langsamer... was dann ziemlich frustrierend für sie war.
        Das sollte man sich vorher klar machen und sein Vorankommen nicht mit den Skifahrern vergleichen. Man stelle sich lieber vor, wie es wäre, ohne Schneeschuhe durch den Schnee zu stapfen, dann fängt es an Spaß zu machen .

        Ich bin übrigens auch kein Alpinskifahrer, "nur" Langläufer. Vielleicht wären doch Ski was für Dich, wenn Du auf einer relativ "flachen" Route unterwegs bist. Vielleicht kannst Du Dir irgendwo mal Fjellski ausleihen und ausprobieren...
        Ganz klar würde mich das reizen, ich nehme es mir (fast) jedes Jahr vor. Aber dann schrecke ich doch wieder zurück, weil ich es nicht wie alle anderen als Kind gelernt habe...

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          #5
          AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

          Kalter Morgen - første påskedag

          Schlauerweise hatte ich gestern Abend noch die Idee, das restliche Wasser aus dem Platypus in den Topf zu füllen. Bei -14°C ist es zu einem kompakten Eisklotz gefroren, den ich jetzt einfach auf den Kocher stellen kann. So muss ich nicht zum Schneeholen raus in die Kälte, bevor ich meinen Morgenkaffee bekommen habe. Der Spiritusbrenner braucht natürlich etwas liebevolle Zuwendung, sprich ein Streichholz als Docht, um zu funktionieren. Ich muss es nur langsam genug eintauchen, damit der Spiritus nicht die Flamme löscht.

          Die Sonne schimmert schon zwischen den Kiefern hindurch, aber es würde noch lange dauern, bis sie mein Zelt wärmt. Und jetzt will ich endlich aufbrechen, diesen Platz, der mit Krankheit und enttäuschten Erwartungen verbunden ist, möglichst schnell verlassen.


          wieder ein herrlich sonniger Tag


          Blick Richtung Fongen, dem höchsten Berg im Nationalpark


          Stordalsfjellet


          Knollan

          Unsagbar schön und befreiend fühlt es sich an, endlich unterwegs zu sein, nach Tagen der erzwungenen Untätigkeit. Ich möchte juchzen vor Freude! Trotzdem merke ich sehr bald, dass meine Kraft für eine lange Strecke noch nicht ausreicht. Die Muskeln werden nach einer halben Stunde schon müde und verlangen jetzt alle zehn Minuten nach einer Pause. Ich brauche einen vernünftigen Plan, so geht das nicht.

          Bisher bin ich einer Skispur gefolgt, die am Skakkelbekken entlang hinauf zum Pass zwischen Sonlifjellet und Stordalsfjellet führt. Wenn ich hier einen Lagerplatz finde, kann ich ausruhen und am Nachmittag einen Spaziergang ohne Gepäck machen. Und so steuere ich eher zufällig den Hügel Knollan an, der sich als Glücksgriff erweist. Sofort finde ich eine schneefreie, ebene Stelle. Nur die Heringe bekomme ich nicht in den gefrorenen Boden, also suche ich Steine, um das Zelt abzuspannen, denn so schön das Wetter ist, der Wind weht kräftig aus Südost.


          Sonlifjellet, Mannfjellet


          Knollan


          Osterspaziergang zum Stordalsfjell

          Die zwei Stunden Ruhe haben mit gutgetan. Statt Mittagessen werfe ich nur ein paar Bixit-Kekse ein, packe die Daunenjacke, ein Kvikk Lunsj und die Wasserflasche in den Minimalrucksack und breche auf. Als Ziel habe ich mir das Stordalsfjell ausgesucht, das sehr einladend westlich liegt und einen schönen Blick auf die andere Seite der Bergkette verspricht. Die 200 Höhenmeter traue ich mir zu.








          Blick zurück


          Fongen im Süden


          Wie schön, dass sich das prachtvolle Wetter gehalten hat. Hier im freien Gelände oberhalb der Waldzone macht es deutlich mehr Spaß zu Laufen. Der Schnee hat die Unebenheiten im Gelände besser nivelliert als im Wald und ist trotzdem noch wunderbar fest, ich sinke kaum ein.

          Auf dem Gipfelplateau sind viele Felsen frei geweht, Schnee sammelt sich nur im Windschatten, in Rinnen und Vertiefungen. Das macht das Gehen mit Schneeschuhen schwieriger, aber zum Ausgleich habe ich von hier einen großartigen Blick über die Berge. Ich suche einen windgeschützten Platz, mache es mir mit Daunenjacke und Kvikk Lunsj gemütlich und genieße einfach nur, hier zu sein. Jetzt habe ich es doch noch ins richtige Fjell geschafft, wie die Aufschrift am Bus versprochen hatte...


          Vålåkleppen, mit Storskarven im Hintergrund


          Heimgåsdalen




          Brattbringen


          Sonlifjellet




          Rentierspuren




          zurück am Zelt, wirklich ein perfekter Platz


          Entspannter Rückweg - andre påskedag

          Nach einer wieder mal klaren, kalten Nacht mit -11°C ziehen heute früh ein paar Wolken durch, die sich aber schon aufgelöst haben, als ich zusammenpacke. Eine längere Strecke traue ich mir kräftemäßig noch nicht zu, der hartnäckige Husten erinnert mich daran, dass ich es ruhig angehen sollte. Trotzdem bin ich guter Dinge und freue mich an der warmen Vormittagssonne, die den Schnee glitzern lässt.


          Mannfjellet am frühen Morgen


          meine Spur von gestern








          Nachdem ich weiter unten Skakkelbekken überquert habe, der von steilen Schneekanten eingefasst ist, mache ich noch einen Schlenker nach Süden, über den Hügel 600m und treffe dort auf die wintermarkierte Route zur Schulzhytta. Ganz unerwartet steht hier eine Picknickbank, die ich dankbar für eine Pause nutze. In der warmen Frühlingssonne brauche ich nicht mal die Daunenjacke herauszukramen.

          Um nicht dieselbe Strecke zurückzugehen, habe ich mir vorgenommen, bei Skakkelvollen den Fluss zu queren, da ist in der Karte eine Art Damm eingezeichnet, und auf der anderen Talseite nach Meråker zu laufen. Als ich dort ankomme, stelle ich fest, dass der Damm gesperrt ist, Torsbjørka wird hier zur Stromgewinnung in einen Tunnel abgeleitet. Aber 100m flussabwärts gibt es eine gute Stelle, da war anscheinend sogar mal eine Fußgängerbrücke.




          hier kommt man auf die andere Seite


          Matschpiste

          OK, das war blöd. Ich hätte auf der Westseite des Tals bleiben sollen, hier gibt es nur eine elend matschige Straße. Das hatte ich mir romantischer vorgestellt. Einziger Vorteil dieser Variante: man hat einen schöneren Blick auf die Berge. Etwa fünf Kilometer sind es bis zum Abzweig Mannseterbakken, knapp zwei Kilometer dahinter verlasse ich die Straße und suche mir in einem Moor den Platz für die Nacht. Komisch, die Straße ist in der Sonne angetaut (mit Salz gestreut? absorbiert Matsch die Strahlung besser?), aber das Moor ist durch und durch gefroren. Bin sehr müde und habe Mühe, mich bis zum Abendessen wachzuhalten.




          Windschutz Oladammen


          zum Abschluss nochmal Sonlifjellet und Mannfjellet


          Schon zu Ende

          So ganz befriedigt bin ich nicht, als ich am nächsten Morgen die restlichen neun Kilometer bis Meråker laufe und auf den frühen Zug zurück nach Hell warte. Vom Gefühl her könnte es heute so richtig losgehen, ich habe wunderbar geschlafen und bin fit. Schade, dass ich jetzt die Rückreise antreten muss. Immerhin hatte ich am Ende noch zwei schöne Wandertage, die in Erinnerung bleiben.

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          • Borgman
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            • 22.05.2016
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            #6
            AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

            Teil 2: Nachholtour im Oktober

            Normalerweise würde ich bei meiner Frau wohl kaum um einen Solourlaub im Herbst anfragen, wenn ich schon im Frühling und Sommer allein unterwegs war, aber nach der verpatzten Schneeschuhtour hatte sie offenbar Mitleid und kam sogar von selber auf die Idee, dass ich sie nachholen könnte. Schneeschuhe werden wohl im Oktober noch nicht nötig sein, aber den Skarvan og Roltdalen Nasjonalpark würde ich gerne besser kennenlernen, nachdem ich schon mal hineingeschnuppert habe.

            Eine genaue Route habe ich diesmal nicht geplant, die mache ich von den Bedingungen vor Ort abhängig. Im Oktober ist alles möglich, es kann mild und sonnig sein, eine Woche am Stück regnen oder Schnee und Frost haben. Am 03. Oktober durchwühle ich meinen Fundus nach geeigneter Ausrüstung und packe lieber ein paar warme Sachen extra ein, denn die Wettervorhersage sieht durchwachsen aus. Zwei Tage Regen, danach vielleicht trocken, ab 700m Schnee, insgesamt eher kühl. Durchschnittlich also für die Jahreszeit. Reisetag ist Freitag, der 06. Oktober.





            Bussteig A20 3/4

            Einigermaßen ratlos stehe ich gegen 13:00 Uhr am Halteplatz A20 und starre auf die regennasse Rampe, die zur Abflugebene des Flughafens Trondheim führt, als könnte ich dadurch den Bus heraufbeschwören. Vor zehn Minuten sollte er abfahren. Vielleicht hat er nur Verspätung, ein Stau in Stjørdal?

            Ich warte noch zehn Minuten und gebe dann auf. Hat man den Bus ausfallen lassen? Ein Fehler im Fahrplan? Ich gehe wieder hinunter zur Ankunftsebene, vielleicht kann ich einen Busfahrer fragen, was los ist. Doch nach einem zweiten Blick auf die Anzeigetafel spare ich mir das. Hätte ich sie mir vorhin nur etwas genauer angeschaut, dann wäre mir aufgefallen, dass die Lokalbusse gar nicht hier abfahren, sondern an der Tankstelle hinter dem Parkhaus. Da steht es, weiß auf blau. Hatte nur A20 gelesen, aber warum gibt es noch einen anderen Bussteig A20? Um die Touristen zu verwirren?

            Mist! Da hatte ich mich schon über den frühen Flug und die elegante Busverbindung nach Meråker gefreut, die mir heute mehrere Stunden Wanderzeit verschafft hätte, und jetzt komme ich doch erst kurz vor der Dämmerung dort an. Der nächste Bus fährt 16:00 Uhr, bis dahin kann ich zumindest im Hell Kjøpesenter einkaufen und mir am Flughafen einen Kaffee genehmigen.


            Bussteig A20, leider der falsche


            wer lesen kann, hat wieder mal einen klaren Vorteil


            Parkhaus, Tankstelle, Bushaltestelle...


            ... aber von A20 steht hier nix (ist trotzdem richtig)


            Bekannt wie ein bunter Hund

            Gegen 17:00 Uhr in Meråker regnet es wieder ein bisschen, so wie im April, da stellt sich gleich ein vertrautes Gefühl ein. Nur die Laubbäume bieten jetzt mit ihrer Herbstfärbung einen tröstlicheren Anblick. Ich schlage denselben Weg nach Mannseterbakken ein wie damals, will aber schon auf der halben Strecke einen Wanderweg Richtung Mannfjellet nehmen. Bis dahin sollte ich es noch bei Helligkeit schaffen.

            Nach einer halben Stunde auf der Straße hält ein Auto. Ob ich mitfahren möchte, wo ich denn hin will, fragt mich der Fahrer. Zum Weg nach Haustvollen. Genau am Abzweig wohne ich, steig ein. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich erzähle ihm, was ich vorhabe, und dass ich im April schon mal mit Schneeschuhen hier war. Dann weiß ich wer du bist! Ein Freund von mir hat eine Hütte an der Torsbjørkgruva, der hat erzählt, dass er sich mit einem Schneeschuhwanderer unterhalten hat. Bald bin ich hier in der Gegend bekannt wie ein bunter Hund.

            Es ist schon gegen Sechs als wir uns verabschieden. Nach 2,2 Kilometern und 220 Höhenmetern auf einem nassen Waldweg erreiche ich Haustvollen gerade noch in der einsetzenden Dämmerung. Es regnet hier schon seit ein paar Tagen, daher ist auch der Boden ziemlich aufgeweicht, aber ich finde neben einer verfallenen Hütte schnell einen guten Platz. Bei den neueren Hütten scheint niemand zu sein, es wird nicht stören, wenn ich ausnahmsweise in Sichtweite zelte. Haustvoll, auch Høstvoll geschrieben, bedeutet "Herbstwiese", welch treffender Name. Als das Zelt steht und Wasser aus dem Bach geholt ist, beginnt die erste lange Oktobernacht.


            Meråker, Stjørdalselva


            Weg nach Haustvollen


            Erster Schnee

            Seltsamerweise konnte ich kaum schlafen in der Nacht, aber das ist nicht weiter schlimm, denn es sieht nicht nach einem frühen Aufbruch aus. Der Regen am Morgen geht bald in Schnee über. Ich frühstücke spät und beobachte das Schneetreiben, bei 2°C wird er hier auf 450m Höhe nicht liegenbleiben. Erfolglos versuche ich, noch eine Mütze Schlaf zu kriegen. Als gegen Mittag die Sonne durchkommt und das Zelt wärmt, packe ich langsam zusammen. In kürzester Zeit schmilzt der Schnee weg.


            Schneetreiben am Morgen






            ein paar neuere Hütten, davor fließt der Bach


            Aufbruch von der Herbstwiese


            Mannfjellgruva

            Der Sonnenschein macht gute Laune, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich mich nicht wirklich fit fühle. Ist aber wohl keine Erkältung, das wäre auch ein zu schlechter Scherz. Zuerst folge ich dem Weg weiter den Hang Richtung Mannfjellet hoch, bis er sich in zwei Wanderpfade verzweigt. Einer führt zum Gipfel, wo schon viel Schnee liegt, der andere zum alten Bergwerk. Bis vor gut hundert Jahren wurde hier Kupfererz abgebaut, und als die Grube aufgegeben wurde, hat man sich nicht sonderlich bemüht hinterher aufzuräumen oder auch nur den Stollen zu sperren. Gerade deshalb ein faszinierender Ort.


            Weg Richtung Mannfjellet


            Mannfjellet




            Mannfjellgruva










            die Abraumhalde


            Hinter der Grube geht es pfadlos weiter durch Schneematsch, nasse Wiesen und kleine Moore, kein angenehmes Gelände. Ich versuche die Höhe zu halten, um am Hang entlang zum Knollan zu kommen, wo ich im April so einen schönen Platz hatte. Aber schon nach kurzer Strecke stoße ich auf das erste Hindernis. Litlskorbekken ist so tief eingeschnitten, dass ich keinen Übergang finde. Weiter oben sieht es machbar aus, aber dann kommt ja noch Storskorbekken, den ich weiter unten queren muss. Also steige ich hier schon hinunter, bis ich eine weniger steile Stelle finde. Dahinter wieder ein Stück hoch, und jetzt reicht es mir, ich bin erschöpft und friere im kalten Wind. Hier finden sich immerhin passable Zeltmöglichkeiten. Morgen ist auch noch ein Tag, da geht es hoffentlich besser.

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            • Ljungdalen
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              • 28.08.2017
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              #7
              AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

              Vielen Dank, sehr schön.

              Mir gefällt, wie immer, besonders der Herbst. Der erste Reif/Neuschnee hat was...

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              • Borgman
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                #8
                AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

                Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                Vielen Dank, sehr schön.

                Mir gefällt, wie immer, besonders der Herbst. Der erste Reif/Neuschnee hat was...
                Finde ich auch, der Herbst ist doch eine besonders anregende Jahreszeit mit spannenden Kontrasten.

                Freut mich, dass Dir der Bericht gefällt. Eigentlich sollte es ja ein Kurzbericht mit wenig Text und Fotos werden, aber jetzt wo ich dransitze und weiterschreibe, bekomme ich das einfach nicht in eine knappe Form gepresst...

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                • Borgman
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                  • 22.05.2016
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                  #9
                  AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

                  Mondnacht

                  Wieder eine Nacht mit wenig Schlaf, das wundert mich jetzt doch ein bisschen. Dabei war ich gestern hundemüde und habe nicht mal mehr Tagebuch geschrieben. Vielleicht habe ich einfach Probleme mit der Akklimatisierung.

                  Trotzdem ist die Nacht wunderschön. Der Mond steht noch fast voll am Himmel, verzaubert die Landschaft mit seinem fahlen Licht und lässt den Raureif auf den Heidesträuchern schimmern. Nachdem ich mal raus muss, sitze ich noch eine Weile im offenen Zelteingang und habe meine stille, einsame Freude an der klaren Herbstnacht. Für mich haben solche Nächte allein in der Natur einen ganz eigenen Reiz, der schwer zu beschreiben ist. Ich spüre mich selbst als Teil einer riesigen Weite, bekomme eine Gänsehaut, aber nicht wegen der Kälte.

                  Und meine Seele spannte
                  Weit ihre Flügel aus,
                  Flog durch die stillen Lande,
                  Als flöge sie nach Haus.

                  Eichendorff trifft das Gefühl wieder mal genau, es ist beinahe unheimlich, wie gut er mich kennt.

                  Wo ist meine Seele eigentlich zu Haus? In dieser Nacht müsste sie jedenfalls nicht weit fliegen...





                  Am Morgen kriecht Nebel das Tal herauf, ein geheimnisvoller Oktobermorgen wie aus dem Bilderbuch. Bei -4°C sind die Kondenswassertropfen am Außenzelt gefroren, innen ist es einfach nur sehr nass. Da es nicht danach aussieht, als ob sich der Nebel bald auflöst und die Sicht momentan ausreicht, breche ich nach dem Frühstück auf.

                  Wie erwartet ist Storskorbekken unüberwindbar tief in den Berghang eingeschnitten. Ich beschließe, ganz hinunter zum Weg zu gehen und lieber dem markierten Pfad zu folgen, auch wenn das mehr Höhenmeter bedeutet.



                  beim Aufbruch ist schon die Sonne zu erahnen


                  wie gestern dominieren hier nasse Wiesen


                  Storskorvollan


                  bei Skakkelvollen zweigt der markierte Pfad zur Schulzhytta ab




                  Mit dem Pfad läuft es sich wesentlich angenehmer, aber ich fühle mich seltsam kraftlos, jeder Schritt ist anstrengend. Entweder brüte ich doch was aus oder ich brauche diesmal einfach besonders lange für die Eingewöhnung. Ich hoffe auf letzteres, entspanne mich und genieße die wunderschöne Herbststimmung. Manchmal lichtet sich der Nebel ein bisschen, dann leuchten die Farben im gedämpften Sonnenlicht, kurze Zeit später ziehen wieder dichte Schwaden aus dem Tal herauf.

                  Nach einer Weile bin ich in meinem langsamen Tempo weit genug aufgestiegen, um den Nebel unter mir zu lassen. Dafür durchquert der Pfad jetzt ein ausgedehntes Moor, was meine Stiefel, die schon gestern etwas Feuchtigkeit durchgelassen haben, offenbar überfordert. Sie heißen jetzt alles Wasser herzlich im Inneren willkommen. Aber damit kann ich mich jetzt nicht befassen, ich bin zu erschöpft. Etwa auf halber Strecke durch das Moor suche ich mir einen Pausenplatz und baue auf einem Hügel das Zelt auf.

                  Als ich mich nach dem Mittagessen für eine Stunde in den Schlafsack verkrieche, beginnt es zu regnen. Erst nur ein bisschen, dann immer stärker. Ist mir recht, dann bleibe ich hier und ruhe noch einen Nachmittag aus.









                  Auf in den Schnee!

                  Heute soll alles besser werden. Jetzt habe ich mich genug ausgeruht, akklimatisiert und den Schweinehund Gassi geführt. Das Wetter spielt mit, bei zwei Grad und Sonnenschein stapfe ich weiter den Pfad entlang durch trøndelag-typisches grasbewachsenes Moor. Nach vielleicht 100 Höhenmetern liegt immer mehr nasser Schnee. Sieht schön aus, erhöht aber den Matschfaktor noch einmal beträchtlich. Nasse, kalte Füße in undichten Schuhen werden wohl auf absehbare Zeit dazugehören, da habe ich wenigstens eine Motivation, sie warmzulaufen.



                  beim Aufbruch ist es schon sonnig


                  Pfad zur Schulzhytta


                  der Mond begleitet mich noch durch den Vormittag


                  weiter oben kommt Schnee dazu




                  Oberhalb des kleinen Wasserfalls am Langtjønn steht eine private Hütte, die ich für eine kurze Pause nutze. Zum Verschnaufen nach dem ersten Anstieg, aber auch um den herrlichen Blick über den Litjklepptjønn auszukosten. Ein Trupp von vielleicht einem Dutzend Rentieren zieht durchs Tal, drei Singschwäne schmücken den Langtjønn. Herbstidyll.



                  Langtjønna




                  Hütte mit Pausenbank


                  Litjklepptjønna


                  Hinter der Hütte geht es über einen Damm und danach sehr angenehm am Seeufer entlang. Spätestens als ich den See passiert habe, bin ich dankbar für die Stangen, die als Wintermarkierungen aufgestellt sind. Pfad und Sommermarkierungen, falls es sie gibt, sind unter dem Schnee nicht mehr zu erkennen. Die Stangen führen am Rand einer weiten Ebene Richtung Süden, wo ich nach einer Weile sogar ein schneefreies Plätzchen für die Mittagspause finde.



                  Blick zurück zum Litjklepptjønn, mit Wintermarkierung






                  Matsch und Steine sind unter dem Schnee natürlich auch nur noch zu erahnen, oft merke ich erst was sich darunter versteckt, wenn ich drauftrete. Meist ist es Matsch, aber die gelegentlichen Steine sind doch sehr rutschig, deshalb gehe ich vorsichtig. Trotzdem macht es bei dem traumhaften Wetter riesigen Spaß. Ich fühle mich frei und kraftvoll in dieser weiten Landschaft, die durch den ersten Schnee einen besonderen Reiz gewinnt. Hier noch ein paar Bilder statt vieler Worte:







                  Blick Richtung Nautsjøen




                  Nauttjenna, mit Fongen im Hintergrund




                  während einer Verschnaufpause am Nauttjenn, der schönste Moment des Tages




                  auch hier Singschwäne, habe aber kein Teleobjektiv dabei


                  Hinter dem Nautfjell komme ich in das breite Roltdal, wo plötzlich viel mehr Schnee liegt. Irgendwo hier wollte ich eigentlich zelten. Zur Not ginge es natürlich auch auf Schnee, aber lieber wäre mir ein schneefreier Platz. Etwa zwei Kilometer weiter stehen wieder Nadelbäume, die ich mir genauer anschaue. Und tatsächlich findet sich im Windschatten einer großen Fichte ein passabler Platz, den ich nur noch freiräumen muss. Da der klare Himmel eine kalte Nacht verspricht, sollte der Schlafsack noch so gut wie möglich lüften. Als die Sonne gegen 18:00 Uhr hinter dem Berg verschwindet hat es nur noch -3°C.





                  Roltdalen


                  Saufjellet, der Schafsberg

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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

                    Kalte Füße

                    Wieder eine wunderschöne, mondhelle Nacht, die Stimmung durch den vielen Schnee und die klare Luft schon ganz winterlich. Heute ist Dienstag, der 10. Oktober. Noch ist die Sonne nicht aufgegangen, aber der Himmel zeigt sich in wolkenlosem blau, das wird wieder ein schöner Tag. Den will ich nutzen und breche früh auf. Die nassen Stiefel sind bei -6°C natürlich durch und durch gefroren. Meine Füße in nassen Socken da hineinzuquetschen, kostet schon einige Überwindung und Anstrengung. Jetzt schnell los, damit sie warm werden. Nach einer halben Stunde erreiche ich Schulzhytta, im Sommer die einzige bewirtschaftete Hütte im Nationalpark, zu dieser Zeit selbstbedient mit DNT-Schlüssel.


                    Schulzhytta, noch hat es die Sonne nicht über das Saufjell geschafft ...


                    ... aber sie gibt sich Mühe



                    Von hier gibt es viele Möglichkeiten, die Tour fortzusetzen. Ich habe mich angesichts der Schneelage gestern schon entschieden, nach Hegra zu wandern und nehme jetzt den Pfad zur Prestøyhytta. Wie auf dem letzten Bild zu erkennen, gibt es hier sogar luxuriöse Bohlenwege, die allerdings vereist sind. Besser läuft es sich daneben, zumal auch der Matsch größtenteils hartgefroren ist.





                    Nach einer Frühstückspause kurz hinter dem Pfadabzweig zur Prestøyhytta geht es weiter nach Norden über eine Hochebene. Auch hier liegt Schnee, aber die Markierungen sind gut erkennbar. Im Gegensatz zu der Strecke von gestern sind hier auch schon zwei Menschen gegangen, deren Fußspuren ich folgen kann. Schön sind die blauen Seen in der winterlichen Landschaft und der weite Blick nach Osten, weniger schön allerdings der biestige Wind.




                    Skarvan im Hintergrund







                    Am Nordrand der Hochebene wird der Schnee weniger, kurz vor dem See Høystakktjenna finde ich sogar eine gute Stelle für die späte Mittagspause. Der Wind weht hier so kräftig, dass das Zelt zwar in Sekundenschnelle trocknet, aber trotz Sonne nicht warm wird.


                    Stor Kvennfjellvatnet, Skarvan


                    kleine Tümpel sind gefroren



                    Als ich weitergehe, steht die Sonne schon recht tief am Horizont, aber ein Stündchen schaffe ich noch, bevor es dämmert. Der Pfad führt mich hinunter zum Høystakktjenn und am Høystakken entlang zum Fluss. Zum Glück gibt es eine Brücke, denn mit meinen eiskalten Füßen, die in den nassen Socken einfach nicht warm werden wollen, hätte ich den nicht gern gefurtet. Direkt hinter der Brücke suche ich mir einen Platz für die Nacht. Es ist schon 18:00 Uhr, die Dämmerung setzt ein. Als ich Wasser geholt habe und eingerichtet bin, zeigt das Thermometer nur noch -3°C an, genau wie gestern um die Zeit.


                    Høystakktjenna


                    der Pfad bleibt matschig




                    Wetterwechsel

                    Heute früh sieht das Wetter noch gut aus, aber laut Vorhersage könnte am Nachmittag schon etwas Regen fallen. Da nutze ich natürlich lieber die Morgenstunden. Mit den ersten Sonnenstrahlen folge ich dem markierten Pfad hangaufwärts durch schneefreies, nasses Gelände. Da die Temperatur nur knapp unter dem Gefrierpunkt liegt, ist hier nichts gefroren, auf kurze trockene Stellen folgt unweigerlich tiefer Matsch. Die Wegführung zur Prestøyhytta ist übrigens anders als auf der Karte eingezeichnet, man steigt direkt hinter der Brücke 100Hm auf und hält die Höhe von ca. 670m bis kurz vor der Hütte.


                    Blick zurück


                    hier sind wieder tief eingeschnittene Bäche zu queren


                    das Tal ist ein einziges großes Moor


                    Prestøyhytta

                    Hinter der Hütte verläuft der Pfad am Hang des Gråfjellet entlang, wo das Gelände plötzlich sehr viel trockener ist. Dafür legt der eisige Wind noch mal zu, das wird auf dieser exponierten Strecke langsam wirklich ungemütlich. Nach knapp zwei weiteren Kilometern baue ich das Zelt für die Frühstückspause auf.


                    Blick zum Selbusjøen


                    angenehm zu laufen: Pfad am Gråfjell


                    zwischen Grå- und Grønfjellet



                    Leider geht es danach hinunter in die moorige Ebene, so einen schönen Pfad wie am Gråfjell hätte ich mir für eine längere Strecke gewünscht. Ich verzichte hier auf eine längere Mittagspause und laufe stattdessen Kilometer um Kilometer durch die wassergetränkten Moorwiesen. Als der Nieselregen beginnt, halte ich Ausschau nach einem Platz für die Nacht, aber überall ist es entweder zu nass oder zu uneben. Erst kurz vor der Kvitfjellhytta werde ich fündig, mittlerweile regnet es schon kräftig.



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                      #11
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                      Zu viel Körperpflege ist auch nicht gesund

                      Eigentlich ist es mir ganz recht, dass für heute viel Regen angesagt ist, ein Ruhetag kommt da ganz gelegen. Die vergangenen Tage waren anregend und reich an Eindrücken. Ich lese viel, lausche den Regentropfen, die bei Windstille träge aber beharrlich auf das Zelt fallen und dämmere darüber weg.

                      Als es am Nachmittag eine Zeitlang nur nieselt und mein Wasservorrat erschöpft ist, gehe ich hinunter zum Bach und nehme gleich die Seife mit. Heute will ich mal richtig sauber werden, denn bislang musste es ausreichen, die strategisch wichtigen Stellen zu waschen oder mit Schnee abzureiben. Aber zum Haarewaschen mit dem eiskalten Wasser kann ich mich auch heute nicht überwinden. Dann koche ich eben einen Topf Wasser auf und mache es damit.

                      Es regnet schon wieder stärker, als ich damit fertig bin. Aber ich habe noch genügend Spiritus, um im Zelt ordentlich einzuheizen und die Haare zu trocknen. Anscheinend habe ich mich trotzdem ein bisschen verkühlt, denn den ganzen Abend läuft ununterbrochen die Nase.


                      Im Land der Kiefern

                      Wenn es heute nicht regnet, möchte ich sehr zeitig losgehen. Um halb Fünf wache ich auf, das ist mir dann doch etwas zu früh. Aber die Regenwolken haben sich verzogen, der abnehmende Mond steht hoch am Himmel. Ungeduldig warte ich auf die Morgendämmerung und breche auf, sobald es hell genug ist. Zurück zum Pfad, dann durch randvolles Moor zur Kvitfjellhytta.




                      Kvitfjellhtta ist unbewohnt


                      Sonnenaufgang


                      matschiger Pfad am Kvitfjell

                      Da auf der Wanderroute nach Hegra noch viele Moore zu durchqueren sind, durch die der Pfad immer ohne Schuhwerkschonende Maßnahmen wie Bohlenwege mitten hindurch verläuft, beschließe ich, meinen Plan zu ändern. Nach Nordosten zweigt ein Pfad ab, der an der Vestre Tverrsona hinunter ins Tal führt. Dann ist der Weg zwar etwas länger, aber davon sind nur noch 5 km Moor. Hier dominieren die Kiefern, sie vertragen mehr Nässe als andere Baumarten. Typisch Nord Trøndelag eben












                      auch ein schöner Zeltplatz


                      hier endet der Pfad an einer Schotterstraße


                      Vestre Tverrsona


                      Sona

                      Im Tal kommt es mir deutlich kälter vor als auf der Hochebene, während einer kurzen Pause am Fluss krame ich sogar die Handschuhe wieder raus. Danach laufe ich noch ein paar Kilometer auf der Schotterstraße flussabwärts. Mittagspause gegen 12:00 Uhr, da beginnt es auch schon zu nieseln.



                      Meine vage Hoffnung, wenigstens die Stiefel könnten auf der langweiligen Straßenetappe trocknen, muss ich wohl aufgeben, das Wetter bleibt wechselhaft. Ich laufe also das Seitental hinunter, bis es ins Stjørdal mündet und folge hinter der Eisenbahnbrücke dem ruhigen Schotterweg auf der Südseite des Tals, den ich nach zwei Kilometern wieder verlasse, um mir am Berghang einen abgeschiedenen Platz für die Nacht zu suchen.

                      Ist schon interessant, wie schnell man sich an die kühlen Temperaturen gewöhnt. Mir ist plötzlich richtig warm, obwohl das Thermometer nur 6°C anzeigt. Da würde ich zu Hause wohl nicht ohne Jacke herumlaufen. Ausgiebiger Regen am Abend.


                      Bier in Hegra

                      Heute kann ich mir Zeit lassen, in Ruhe frühstücken und eine Regenpause für den Aufbruch abwarten. Ich will nur die restlichen acht Kilometer nach Hegra gehen, dort ein paar leckere Sachen einkaufen und die Nachmittagsplanung vom Wetter abhängig machen. Heute ist Samstag, mein Flieger geht Montag ganz früh, also sollte ich morgen zurück nach Hell und in der Nähe des Flughafens übernachten. Genügend Zeit also für einen entspannten Ausklang.


                      Hegra

                      Gegen Mittag stehe ich glücklich im Spar Hegra und kann kaum der Versuchung widerstehen, viel zu viel einzukaufen. Nach einer Woche Tütennudeln sieht alles so frisch und verlockend aus. Brot und Bier ist wichtig, ein paar Äpfel, ein Wienerbrød, Rosinenbrötchen fürs Sonntagsfrühstück, der Korb füllt sich. Am Ausgang eine Sitzecke und Gratiskaffee, das Leben ist schön.

                      Gut gelaunt laufe ich ein Stück auf der Straße zurück und dann das Tronskodal Richtung Hegra festning hoch. Mein Ziel ist der Berg Håmmåren, wo ich auf einen Platz zum Zelten und einen netten Nachmittagsspaziergang hoffe. Letzteres erfüllt sich auch, aber ein passabler Zeltplatz findet sich beim besten Willen nicht, das Gelände ist uneben, dicht überwuchert und nass. So genehmige ich mir am Håmmåren nur ein erstes Dahls Pils mit Aussicht über die waldigen Hügel und suche dann weiter.

                      Auf der anderen Seite des Schotterwegs entdecke ich später, als wieder Nieselregen einsetzt, einen Platz mit vernünftiger Liegefläche, eigentlich zu weit entfernt vom Bach. Egal, ich trinke sowieso Bier...


                      am Håmmåren






                      Kurz und knapp: der letzte Urlaubstag

                      Der letzte Tag ist schnell erzählt, und Fotos gibt es sowieso fast keine. Bei trübem Herbstwetter mache ich mich auf den Rückweg nach Hegra und nehme den Vormittagszug nach Hell. Da ich schon oft von Trondheim zurückgeflogen bin, habe ich einen Lieblings-Zeltplatz am Bolviåsan, von wo ich morgen früh gemütlich in einer Stunde zum Flughafen laufen kann. Das geht auch bei Dunkelheit, denn Abflug ist um 06:30 Uhr. Diesen Platz steuere ich jetzt schnurstracks an.

                      Eine Nachmittagsrunde auf dem Wanderpfad vertreibt die Zeit bis zum Abendessen, aber die ständigen Regenschauer machen nicht gerade Lust auf mehr. Ich bin zufrieden, dass es morgen nach Hause geht.

                      Alles in allem war das doch eine schöne, abwechslungsreiche Herbsttour. Und überraschend einsam war sie, obwohl ich fast die ganze Strecke auf einer markierten Hüttenroute zurückgelegt habe. Nur einen einzigen Wanderer sah man schnellen Schrittes in der Ferne vorbeigehen. An die sonnigen Tage im Schnee werde ich bestimmt noch gerne zurückdenken, und auch an die klaren, frostigen Mondnächte.


                      Bahnhof Hegra


                      Ende

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                      • urmeli
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                        #12
                        AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

                        Wunderschöne Reiseberichte (mir gefällt der Erzählstil!) und gerade die Anordnung aus einer Frühjahres- und Herbsttour finde ich im Vergleich sehr lesenswert. Schön zu sehen, dass Du bei deiner Herbsttour dann doch noch auf deine Kosten gekommen bist.
                        Deine Entscheidung für die Schneeschuhe kann ich absolut nachvollziehen. Kann zwar etwas Ski fahren, würde aber jederzeit Schneeschuhe vorziehen. Alleine die Investition in eine passende Skiausrüstung und der Transport gen Norden schrecken mich schon ab ...

                        Eine Frage noch, die aus ernsthaftem Interesse herrührt: Wie schaffst Du es, trotz nasser Schuhe, Ausrüstung, Regen, Schnee und Minusgraden an den Hütten vorbeizuziehen und doch wieder in's Zelt zu gehen? Ich würde in solchen Situationen glaube ich immer schwach werden und eine warme Hütte vorziehen - zumindest bis alles wieder halbwegs trocken ist. Oder ist das einfach ein Ziel, dass Du dir gesteckt hast?

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                          AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

                          Zitat von urmeli Beitrag anzeigen
                          Wunderschöne Reiseberichte (mir gefällt der Erzählstil!) und gerade die Anordnung aus einer Frühjahres- und Herbsttour finde ich im Vergleich sehr lesenswert. Schön zu sehen, dass Du bei deiner Herbsttour dann doch noch auf deine Kosten gekommen bist.
                          Dankeschön! Die selbe Gegend im Norden vor und nach dem Sommer zu erleben, war für mich auch neu und der Grund, den Bericht überhaupt anzufangen.

                          Deine Entscheidung für die Schneeschuhe kann ich absolut nachvollziehen. Kann zwar etwas Ski fahren, würde aber jederzeit Schneeschuhe vorziehen. Alleine die Investition in eine passende Skiausrüstung und der Transport gen Norden schrecken mich schon ab ...
                          Klingt so, als hättest du Erfahrung mit dem Schneeschuhgehen. Die meisten lächeln ja nur müde, wenn sie das Wort hören.

                          Eine Frage noch, die aus ernsthaftem Interesse herrührt: Wie schaffst Du es, trotz nasser Schuhe, Ausrüstung, Regen, Schnee und Minusgraden an den Hütten vorbeizuziehen und doch wieder in's Zelt zu gehen? Ich würde in solchen Situationen glaube ich immer schwach werden und eine warme Hütte vorziehen - zumindest bis alles wieder halbwegs trocken ist. Oder ist das einfach ein Ziel, dass Du dir gesteckt hast?
                          Nein, ich schlafe tatsächlich sehr gerne im Zelt, da habe ich meine kleine, vertraute Welt um mich herum. In fremder Umgebung ist mein Schlaf immer sehr leicht und unruhig, selbst in Hotelzimmern, die man abschließen kann. So lange der Schlafsack noch genügend wärmt und eine Garnitur trockener Klamotten im Rucksack ist, komme ich klar. Nur ganz selten habe ich mal das Bedürfnis, eine Hütte aufzusuchen, und dann ist meistens keine in der Nähe.

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                          • urmeli
                            Erfahren
                            • 07.06.2015
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                            AW: [NO] Skarvan og Roltdalen NP im April und Oktober 2017 - zwei Kurzberichte

                            Danke für deine Antworten!

                            Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                            Klingt so, als hättest du Erfahrung mit dem Schneeschuhgehen. Die meisten lächeln ja nur müde, wenn sie das Wort hören.
                            Ein bisschen, ja. Hab die Erfahrung gemacht, dass es - Überraschung - sehr von der Schneekonsistenz abhängt. Im Winter in den Alpen knapp um 0 Grad und bei entsprechender Schneekonsistenz ging gut, um den Jahrswechsel in Finnland bei -30 Grad und meterdicker, unverdichteter Schneedecke bin ich trotz Schneeschuhen bis deutlich über Knietiefe eingesunken - das würde ich wirklich nicht länger als unbedingt nötig machen wollen. Da ging's dann mit den Fjellski in der Horizontalen deutlich besser, wobei die Abfahrten (Telemark? Nie gehört ...) eher kriminell waren. Also doch zurück zu den Schneeschuhen. ;)

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