[BO] Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

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  • Wildniswanderer
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    • 08.11.2008
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    [BO] Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

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    Als nächste plane ich, den Tuichi Fluss im Madidi Nationalpark auf einer Länge von 250-300 Kilometern mit meinem Packraft zu befahren. Madidi ist mit angrenzenden Gebieten in Bolivien und Peru eines der größten, geschützten Regenwaldgebiete Südamerikas. Dabei ist die Artenvielfalt hier besonders hoch. So kommen 14 % aller Vogelarten der Welt in diesem Gebiet vor! Was Madidi so besonders macht, ist auch, dass sich der Park von den Höhen der Anden auf fast 6000 Metern, bis ins Tiefland auf nur noch 180 Meter Meereshöhe erstreckt. Zwar kann man den Tuichi natürlich noch nicht kurz nach seiner Quelle befahren, aber auch weiter unterhalb ist er ein schneller Fluss mit zahlreichen Stromschnellen, die sicher eine Herausforderung für mich und mein kleines Boot darstellen werden...


    Im Packraft den Tuichi hinab

    Ich stehe noch in der Dunkelheit vor dem Hostel und warte auf Marco, den Taxifahrer mit dem ich gestern unterwegs war und mit dem ich vereinbart hatte, dass er mich heute zum Bus nach Apolo bringt. Zwar ist der eigentliche Busbahnhof von La Paz ganz in der Nähe des Hostels, aber für abgelegenere Ziele gibt es einige, kleinere Haltestellen. Ein paar Minuten Unpünktlichkeit hatte ich einkalkuliert, aber jetzt wird es langsam knapp, obwohl ich nicht damit rechne, dass der Bus genau zur vorgesehenen Zeit abfährt...
    Schließlich halte ich ein anderes Taxi an, zeige ihm mein Busticket und frage, ob er die Haltestelle des Unternehmens kennt. Er bejaht, ich steige ein und bitte den Fahrer "Gummi zu geben". Mein Chauffeur tut was er kann, und tatsächlich kommen wir eine Minute vor Abfahrt an. Der Fahrer ist gerade dabei, dass Gepäckfach zu schließen und fährt tatsächlich auf die Minute pünktlich ab. Puh, das war knapp...
    Wir benötigen eine ganze Stunde um aus dem Verkehrsgewühl von La Paz herauszufinden. Dann führt die Fahrt durch trockene, relativ dicht besiedelte Ebenen unter den Schneebergen der Cordillera Real entlang. Eine Zeit lang begleiten uns die grünen Wasser des Titicacasees, dann geht es in die Cordillera Apolobamba, eine der Gegenden Boliviens in der die Kultur der Hochlandindios hochgehalten wird. Trockene Felder werden mit Ochsengespannen gepflügt und die urigen Orte im Nirgendwo wirken mit ihren vielen, traditionell in Ponchos und bunten Wollmützen gekleideten Menschen wie aus einer anderen Zeit.


    Ort in der Cordillera Apolobamba

    Über zahlreiche Serpentinen führt die Straße nach Charazani, wo es bereits deutlich wärmer ist. Dann fahren wir lange Zeit durch die Schlucht eines Flusses. Zunächst passieren wir Trockenwald in dem es sogar Kakteen gibt. Der Bach ist hier ein steiniges Rinnsal. Das ändert sich aber bald, als wir tiefer gelangen, und der Fluss zu einem steilen, durchgehend extrem schweren Wildwasser wird. Kein Platz für ein Packraft!
    Nur selten einmal stehen einige Hütten neben winzigen Feldern im Tal. Auch als wir den Fluss verlassen und durch die Berge fahren, wirkt der Wald noch ziemlich intakt. Manchmal ergeben sich atemberaubende Blicke auf die grünen Vorberge der Anden und einmal schlängelt sich eine große Schlange über den Weg. Meistens spielt der Busfahrer mitreißende bolivianische Musik, aber er hat auch Modern Talking in seinem Repertoire...
    Wir haben Glück, dass die Piste trocken ist. Dennoch hat der Bus Schwierigkeiten an einem glitschigen Steilstück und muss viermal Anlauf nehmen, bevor die Passage bewältigt ist. Bei Regen wäre hier kein Durchkommen...
    Bevor wir Apolo erreichen lodern die Feuer frischer Rodungsbrände entlang der Piste. Erst kurz vor dem Ort kontrolliert der Assistent des Fahrers die Fahrscheine. Dabei stellt sich heraus, dass ich das Ticket eines anderen Unternehmens gestern gekauft hatte, welches auch nach Apolo fährt. Alles Verhandeln mit meinem rudimentären Spanisch nützt nichts, ich muss einen neuen Fahrschein erwerben! Glücklicherweise ist Busfahren in Bolivien ziemlich billig, daher muss ich für die 13-stündige Fahrt nur 10 Euro bezahlen! Und natürlich hat sich die fantastische Fahrt total gelohnt, auch wenn ich ein zweites Mal bezahlen muss!
    An der Plaza finde ich ein billiges Hostel und gehe dann noch in den Ort um etwas zu essen und vielleicht einen Wagen für den morgigen Trip zum Tuichi zu finden. Allerdings fällt immer wieder der Strom aus, so dass ich mich ziemlich bald zum Hostel zurück ziehe.
    Da es keinen öffentlichen Transport zum Dorf Azariamas am Tuichi gibt, laufe ich um den zentralen Platz von Apolo, die Plaza, und spreche Fahrer von Autos an, von denen ich annehme, dass sie mich eventuell mitnehmen können. Doch zunächst habe ich keinen Erfolg. Entweder ist die Strecke dorthin nicht bekannt, oder man will aus irgendeinem Grund nicht...Schließlich werde ich an das örtliche Taxisyndikat verwiesen. Freddy, ein Fahrer der gerade in dem Büro ist, sagt spontan zu, mich zu fahren, und so dauert es dann keine halbe Stunde mehr, bis wir tatsächlich auf dem Weg sind!
    Der Weg ist nicht gerade gut, aber bei den jetzigen trockenen Bedingungen gut machbar. Zunächst passieren wir noch einige Rodungen, dann geht es lange durch einsamen Trockenwald, in dem die meisten Bäume jetzt in der Trockenzeit ihre Blätter abgeworfen haben. Entlang der Piste wurden zahlreichen Bäume frisch gefällt. Wie Freddy erzählt, sind das die Masten für eine neue Stromleitung, die offenbar nach Azariamas gelegt werden soll...
    Einmal gelangen wir an einen breiten Bach, den wir durchqueren müssen. Bevor sich Freddy mit seinem Toyota in die Furt traut, erkundet er erst einmal den Wasserstand...


    Auf dem Weg nach Azariamas


    Erkunden der Furt

    Als es beginnt leicht zu regnen, verwandelt sich der Lehm des Fahrweges schnell in "Schmierseife". Wir schlingern hin und her, und ich bin nicht überzeugt davon, dass wir durch kommen...
    Glücklicherweise hört der Regen bald auf und wir erreichen nach zweieinhalb Stunden Azariamas. Vorher sind uns auf der Piste drei wild aussehende Jäger mit Flinten entgegen gekommen.
    Ich will vermeiden hier Aufsehen zu erregen, daher passieren wir das Dorf ohne anzuhalten. Glücklicherweise ist der Fluss ein Stück weit von der Ansiedlung entfernt... Da man natürlich mit dem Auto nicht unmittelbar an das Gewässer fahren kann, fragen wir an einer Hütte nach dem richtigen Weg. Freddy ist gespannt darauf, wie mein Boot wohl aussieht, daher gehen wir auf einem Pfad zusammen zum Tuichi. Bevor ich ablegen will, möchte ich noch eine Meldung mit meinem Spot Messenger absetzen. Diesen hatte ich an meinem Gürtel befestigt. Zu meinem Erschrecken stelle ich fest, dass ich den Spot verloren habe! Es würde große Angst zu Hause auslösen, wenn ich während der ganzen Tour keine Meldungen, die meinen Standort anzeigen, absetzen könnte. Daher marschieren wir umgehend zum Auto zurück, in der Hoffnung, dass ich das Gerät im Wagen verloren habe. Diese Annahme erfüllt sich leider nicht... So kurz vor dem Aufbruch und dann so was, ich könnte mir die Haare ausraufen! Freddy schlägt vor, zu der Hütte zu gehen, wo wir den anscheinend ziemlich verwirrten Bewohner nach dem Weg gefragt hatten. Und ich habe Glück, kaum vor dem Lehmhaus angekommen, erspähe ich den orangen Spot am Boden! Eine Lederschlaufe war am Gürtel abgerissen...
    Zurück am Tuichi pumpe ich so schnell wie möglich das Boot auf, und verstaue mein Gepäck rasch auf dem Packraft. Wie schon Rüdiger Nehberg geschrieben hatte, ist der Aufbruch aus der letzten Siedlung in die Wildnis stets ein kritischer Punkt. Glücklicherweise sind die meisten Menschen gut, aber für einen Bösewicht ist ein einsamer Packrafter auf einem abgelegenen Wildnisfluss unter Umständen ein verlockendes Angriffsziel...


    Die Fahrt auf dem Rio Tuichi beginnt!
    Zuletzt geändert von Wildniswanderer; 20.04.2016, 20:27.
    http://geraldtrekkt.blogspot.de

  • Dogmann
    Fuchs
    • 27.09.2015
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    #2
    AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

    Ein Abendteuer der ganz besonderen Art!
    Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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    • codenascher

      Alter Hase
      • 30.06.2009
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      #3
      AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

      Ich freue mich ebenfalls über die Fortsetzung deines Berichts! Scheint ja wieder sehr Abenteuerlich zu werden

      Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

      meine Weltkarte

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      • berniehh
        Fuchs
        • 31.01.2011
        • 2402
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        #4
        AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

        faengt schon sehr spannend an
        Bin schon sehr gespannt wie es weitergeht......
        www.trekking.magix.net

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        • Wildniswanderer
          Erfahren
          • 08.11.2008
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          #5
          AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

          Es ist bedeckt, bei angenehmen 20 Grad Celsius. In den Hängen wächst Trockenwald, dessen relativ niedrige Bäume größtenteils ihr Laub abgeworfen haben, um in der Trockenzeit Wasser zu sparen. Darüber ragen rote Felswände auf, die von grasigen Matten überzogen sind. Die steilen Berge rufen in Erinnerung, dass die hohen Gipfel der Anden noch nicht weit entfernt sind...
          Häufig teilt sich der Fluss in mehrerer Arme, so dass ich darauf achten muss, stets den wasserreichsten zu erwischen, ansonsten strandet man in dem flachen Wasser leicht auf den Steinen. Kurz nach dem Anlegen sehe ich einmal eine Hütte mit großem Holzkanu und aufgespannter Wäscheleine, ansonsten habe ich bald alle Zeichen menschlicher Anwesenheit hinter mir gelassen!
          Der Fluss ist hier nicht schwierig, dennoch erfordern kleine Stromschnellen und scharfe Kurven ständige Aufmerksamkeit.


          Steile Berge mit rötlichem Gestein ragen am Fluss auf

          Die Landschaft wirkt unter dem bedeckten Himmel düster und fast bedrückend. Ich beobachte einige Kormorane und Rieseneisvögel und aus dem Wald dringen manchmal undefinierbare "exotische" Laute...Gelb- und rot blühende Bäume setzen markante Farbtupfer.


          Am Oberlauf des Tuichi


          Blühende Bäume

          Da ich nicht weiß, wie schwierig das Wasser wird, und ob ich nicht vielleicht kentern könnte, habe ich meine Kameraausrüstung in einem wasserdichten Sack verpackt, den ich auch nur öffne, wenn ich während einer Pause anlege.
          Der Fluss verengt sich, die Wände rücken bis dicht ans Ufer heran und mir wird klar, dass ich den Eslabon Canyon erreicht habe.


          Der Beginn der Eslabon Schlucht

          Eine Quelle der Information und Inspiration für meine Tour auf dem Tuichi war das Buch des Israeli Yossi Ginsberg. Dieser hatte 1982 mit drei Kameraden versucht den Tuichi mit einem Floß zu befahren. Allerdings endete seine Expedition in einem Desaster...
          Hier im Eslabon Canyon stieß die Crew auf die ersten ernsten Schwierigkeiten...
          Ich bin voll angespannt, aber zunächst ist der Fluss einfacher als erwartet. Lediglich vor einer Stromschnelle gehe ich ans Ufer, um mir die Stelle genauer anzusehen und die beste Route für die Durchfahrt zu finden.


          Eslabon

          Da ich es am ersten Tag langsam angehen lassen möchte und aufgrund der zurückgelegten Strecke sowie der Stromschnellen nicht glaube, dass Boote aus Azariamas noch bis hier her gelangen, schlage ich schon relativ früh mein Lager auf. Ich habe eine Stelle entdeckt, die vor langer Zeit mal frei geschlagen wurde und sich daher zum Zeltaufbau anbietet. Es führt sogar ein noch undeutlich erkennbarer Pfad bis zu meinem Zeltplatz. Da er aber offenbar schon lange nicht mehr benutzt wurde, bin ich entspannt. Mit einem überraschendem Besuch ist hier wohl nicht zu rechnen...
          Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, die Umgebung ein wenig zu Fuß zu erkunden. Am anderen Ufer erspähe ich zwei schwarze Klammeraffen, die mit ihren langen Armen durch die Bäume turnen, allerdings zum Fotografieren zu weit entfernt sind. Einige blau-gelbe Aras fliegen mit ihren rauhen, krächzenden Rufen über den Fluss.


          Ich erkunde die Eslabon Schlucht

          Bevor ich am nächsten Morgen weiter fahre, wandere ich ein Stück weit auf dem Pfad flussaufwärts, während der laute Morgengesang der Brüllaffen erklingt. Der Uferwald erinnert hier schon stark an den tropischen Dschungel der tieferen Lagen. Manchmal unterbrechen einige Blüten das Grün, aber insgesamt sieht man relativ wenig in der dichten Vegetation, was durchaus normal im Regenwald ist...
          Der Fluss wird heute deutlich schwieriger. In einer nicht einsehbaren Rechtskurve, wartet eine etwa zwei Meter abfallende Stufe. Glücklicherweise bin ich auf der linken Seite rechtzeitig an Land gegangen, denn bei einer Befahrung wäre das Risiko einer Kenterung ziemlich hoch! Also löse ich den auf dem Bug mit Spanngurten festgemachten Rucksack und die Tragetasche, die sich hinter mir befindet und trage so meine Ausrüstung in zwei Gängen um die Stromschnelle herum. Da ich diesmal nichts in La Paz zurückgelassen habe, ist auch beispielsweise meine Daunenjacke mit dabei, obwohl ich für diese in der nächsten Zeit sicher keine Verwendung habe...
          Die nächste Schnelle ist bereits in Sicht und ich schaffe es mit Not gerade vorher noch auf der linken Seite anzulegen.




          Ruhige Abschnitte wechseln sich mit Stromschnellen ab

          Mit der Zeit werde ich allerdings immer mutiger und fahre auch in unübersichtliche, kurvige Katarakte hinein. Klar kann das ganz schön ins Auge gehen, aber ich hoffe, dass ich jeweils rechtzeitig merke, wenn eine Stelle zu schwierig ist...
          Es ist ein Balanceakt. Einerseits will ich vorankommen und mir auch nicht den Fahrspass nehmen, andererseits ist das Risiko in etwas unkalkulierbar Gefährliches zu gelangen stets vorhanden...
          Es ist jedenfalls erstaunlich, wie gut sich das MRS- Raft auch in hohen Wellen noch manövrieren lässt. Allerdings ist die Spritzdecke nicht für solche Stromschnellen der Schwierigkeit III-IV gemacht und ich muss ziemlich häufig das Boot umkippen, damit das Wassser ablaufen kann. Auch wird das Packraft wenn es schon ziemlich vollgelaufen ist, deutlich schwerfälliger...

          Charakteristische Spuren im Sand verraten, dass der Strand von einem Tapir aufgesucht wurde!


          Tapirfährte


          Das Umtragen meiner Ausrüstung ist mühsam

          Zwar ist es nicht kalt, aber mit der Zeit fühlt sich vor allem die durchnässte Unterhose ziemlich unangenehm an. Daher trockne ich meine Sachen erst einmal, als ich mein Lager auf einem Sandstrand aufbaue.




          Lange Zeit springe ich hier aber nicht ohne Kleidung herum, da es von winzigen Sandfliegen wimmelt, die einen schon nach kurzer Zeit wie ein Streuselkuchen aussehen lassen. Leider hilft das NoBite, mit dem ich mich einschmiere, auch nur sehr eingeschränkt...


          Von Sandfliegen gepeinigt
          http://geraldtrekkt.blogspot.de

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          • peter-hoehle
            Lebt im Forum
            • 18.01.2008
            • 5175
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            #6
            AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

            Zitat von Wildniswanderer Beitrag anzeigen
            ...da es von winzigen Sandfliegen wimmelt, die einen schon nach kurzer Zeit wie ein Streuselkuchen aussehen lassen. Leider hilft das NoBite, mit dem ich mich einschmiere, auch nur sehr eingeschränkt...
            Dagegen helfen Ameisen. Ich sah vor zwei Jahren in Equador genauso aus.
            Die Ameisen"hügel" aufkratzen. Dann die Hand dran halten und eine Minute warten, bis die Hand voll Ameisen ist.
            Dann die Ameisen in den Händen verreiben und die Sandfliegenbissstellen einreiben.
            Da die Ameisen nicht beissen, ist das völlig schmerzfrei.
            UND ES WIRKT.

            Gruß Peter
            Zuletzt geändert von peter-hoehle; 12.04.2016, 09:35.
            Wir reis(t)en um die Welt, und verleb(t)en unser Geld.
            Wer sich auf Patagonien einlässt, muss mit Allem rechnen, auch mit dem Schönsten.

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            • Shades
              Dauerbesucher
              • 21.08.2015
              • 641
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              #7
              AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

              Danke für den Bericht. Ist wirklich spannend. Und zwar so, dass ich nicht abwarten konnte und im Blog weitergelesen habe ...

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              • Bergzebra
                Erfahren
                • 18.02.2013
                • 285
                • Privat

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                #8
                AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                Interessanter Bericht.

                Zitat von peter-hoehle Beitrag anzeigen
                Dagegen helfen Ameisen. Ich sah vor zwei Jahren in Equador genauso aus.
                Die Ameisen"hügel" aufkratzen. Dann die Hand dran halten und eine Minute warten, bis die Hand voll Ameisen ist.
                Dann die Ameisen in den Händen verreiben und die Sandfliegenbissstellen einreiben.
                Da die Ameisen nicht beissen, ist das völlig schmerzfrei.
                UND ES WIRKT.


                Gruß Peter
                24h-Ameisen sollte man dann aber nicht erwischen. Sonst wird die Sache sehr kontraproduktiv.

                Bei den Sandfliegen habe ich immer das Gefühl, die wissen genau die 10-15 Minuten zum Sonnenuntergang, wenn man gerade kein Mückenmittel dabei hat oder gerade nicht stark schwitzt. Man denkt, die 10 Stiche haltet man schon aus und dann ist wieder der obligatorische "Streuselkuchen".

                Aber lieber Sandfliegen als Sandflöhe (bei Barfuß im Sand nicht ganz ausgeschlossen).
                Zuletzt geändert von Bergzebra; 12.04.2016, 09:54.
                Schaffe Dir Erinnerungen bevor Du nur noch diese hast!

                Nur heute wärmt uns das Feuer, gestern war es Holz und morgen wird es Asche sein.
                (Autor unbekannt)

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                • Libertist
                  Fuchs
                  • 11.10.2008
                  • 2064
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                  Zitat von Wildniswanderer Beitrag anzeigen
                  Allerdings ist die Spritzdecke nicht für solche Stromschnellen der Schwierigkeit III-IV gemacht und ich muss ziemlich häufig das Boot umkippen, damit das Wassser ablaufen kann.
                  Spannend, hast du mal ein Bild von so einer schweren Stromschnelle? Da bekomme ich ja gleich wieder Lust auf's Wasser.
                  Regelmäßige Updates auf Facebook: Outventurous || Galerie und Weltkarte gibt's auf der Outventurous Webseite.

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                  • Wildniswanderer
                    Erfahren
                    • 08.11.2008
                    • 402
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                    Zitat von Libertist Beitrag anzeigen
                    Spannend, hast du mal ein Bild von so einer schweren Stromschnelle? Da bekomme ich ja gleich wieder Lust auf's Wasser.
                    Der Bericht ist ja noch nicht zu Ende
                    http://geraldtrekkt.blogspot.de

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                    • Shades
                      Dauerbesucher
                      • 21.08.2015
                      • 641
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                      Ich hoffe, Hilleberg macht mal wieder einen Fotowettbewerb. Dann bekommst Du mit "Wie die Blattschneideameisen mein Nallo zerlegten" bestimmt einen Preis ;)

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                      • Wildniswanderer
                        Erfahren
                        • 08.11.2008
                        • 402
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                        Bei einem kleinen Erkundungsgang fliegt eine im Flug fast falkenähnlich anmutende Nachtschwalbe einige Male vor mir auf, lässt mich dann aber wieder ziemlich dicht an sich herankommen.


                        Nachtschwalbe

                        Sobald die Dämmerung hereinbricht, verschwinden glücklicherweise die Sandfliegen und ich kann im Sand sitzend die tropische Nacht genießen. Die Außenwand meines Innenzeltes scheint allerdings ein beliebter Aufenthaltsort für Nachtfalter zu sein. Wenn ich mit angeschalteter Stirnlampe den Reißverschluss öffne, finden gleich Unmengen von Faltern ihren Weg in das Zelt. Darunter gibt es erstaunlich große Exemplare! Ohne Licht, dass die Schmetterlinge anlockt, folgen mir dagegen jeweils nur einige Begleiter. Ansonsten habe ich im Zelt liegend dann schon ein bischen das Gefühl bei all dem Geflatter ein wenig belagert zu werden...
                        Morgens ist es zunächst meist noch recht kühl und Dunst steigt aus dem Wald auf.


                        Morgendunst

                        Das Kronendach ist oft ziemlich vielfältig. Viele Bäume blühen in schönen Farben, manche sind sattgrün, andere dagegen ohne Laub. Ich merke dass ich schon in tiefere Lagen gelangt bin, wo der Wald zunehmend üppiger ist.


                        Vielgestaltiges Kronendach

                        Der Fluss präsentiert sich weiterhin so wie gestern, mit vielen wilden Abschnitten, die aber gut machbar sind.


                        Der Tuichi bleibt abwechslungsreich

                        Bereits am späten Vormittag gelange ich an die Einmündung der schlammbraunen Wasser des Ipurama in den grünen Tuichi.


                        An der Einmündung des Ipurama


                        Ich weiss aus dem Buch von Yossi Ginsberg, dass sich hier ein guter Lagerplatz befindet. Abgesehen davon beginnt ein Stück weiter unterhalb der schwierige San Pedro Canyon...
                        Obwohl es noch früh am Tag ist, beginne ich damit mein Zelt in dem weiten Bereich der Einmündung aufzuschlagen, als am anderen Ufer des Ipuramas eine Gruppe von etwa 20 Halsbandpekaris erscheint. Der erste Teil der Rotte stürzt sich ohne zu zögern in die Fluten des schnell fließenden, etwa 30 Meter breiten Flusses. Nur etwa 10 Meter von mir entfernt kommen die Schweine an Land. Die Pekaris sind zwar kleiner als deutsche Wildschweine, aber für ihre Aggressivität bekannt... Daher möchte ich sie nicht unbedingt noch dichter bei mir haben...Während die ersten Pekaris bald im Wald verschwinden, folgt jetzt der Rest der Gruppe, darunter auch einige kleine, braune Frischlinge. Als sie ebenfalls in meiner Nähe eintreffen, scheinen sie allerdings Wind von mir zu bekommen, denn sie machen auf dem Absatz kehrt und schwimmen zurück über den Fluss. Ein eindrucksvolles Erlebnis!


                        Die ersten Pekaris schwimmen über den Ipurama






                        Die Vorhut kommt in meiner Nähe vorbei, bemerkt mich aber nicht




                        Die anderen Pekaris merken, dass etwas nicht stimmt...


                        Postwendend schwimmt die Gruppe zurück

                        Mein Lagerplatz ist tatsächlich ein kleines Paradies. Die feste Sandbank lässt mich mein Zelt gut verankern und hohe Bäume spenden Schatten.


                        Paradiesischer Lagerplatz


                        Den Ipurama aufwärts ragen steile rote Felsen aus dem leuchtend grünen Wald.


                        Rio Ipurama


                        Zahlreiche, bunte Schmetterlinge saugen Mineralien aus den feuchten Sandflächen am Flussufer.




                        Ein Schmetterlingsparadies

                        Später unternehme ich einen Spaziergang in den sonnendurchfluteten Wald am Ufer des Ipurama. Überall flattern Schmetterlinge herum, darunter auch gigantische, metallisch-blau schimmernde Morphos. Allerdings ist das Fotografieren in der dichten Vegetation nicht ganz einfach...
                        Eine fette, schwarze Raupe ist sehr auffällig, was darauf schließen lässt, dass sie sich auf ihr Gift verlässt, um Fressfeinde abzuschrecken.


                        Fette Raupe


                        Als ich mich an etwa angespültes Holz am Bachufer setze, um etwaige auftauchende Tiere zu fotografieren, erscheint eine ziemlich große Spinne neben mir...


                        Man sollte stets gut aufpassen, wenn man sich irgendwo niederlässt...


                        Heute beträgt die Temperatur über 30 Grad, daher kann einen der Hindernislauf durch die dichte Vegetation schnell fertig machen. Unglaublich wieviele Pflanzen mit Dornen und Stacheln hier versuchen einen festzuhalten...


                        stachelübersäte Stelzwurzeln


                        Nicht weit entfernt beginnt eine langgezogene Stromschnelle. Ich lasse mir die Gelegenheit nicht entgehen, und schaue sie mir zum Teil an, bevor ich sie morgen befahre. Da ich keine Schwierigkeit entdecke, die ich bisher nicht bewältigen konnte, beschließe ich sie morgen zu befahren. Das ich mich hier gründlich getäuscht hatte, sollte sich dann herausstellen...


                        Der Beginn einer tückischen Stromschnelle


                        An der Einmündung des Ipurama trennte sich die Gruppe von Yossi Ghinsberg. Während zwei der Männer genug von den Schwierigkeiten des Flusses hatten und beschlossen entlang des Ipurama zurück in die Zivilisation zu laufen, wollten Yossi und ein Freund auf dem Tuichi weiter fahren. Von den beiden Männern, die den Rückweg zu Fuß angetreten haben, ist nie wieder etwas aufgetaucht...
                        Als ich nachts im Schein der Stirnlampe vor dem Zelt lese, höre ich lautes Brechen aus dem Wald und sehe zwei orange Augen, die sich auf mich zu bewegen. Das muss etwas verdammt Großes sein!
                        Und tatsächlich, ein Tapir zieht in nur fünf Meter Entfernung zu mir auf die Sandbank! Als ich dann jedoch die Stirnlampe in seine Richtung schwenke, tritt das vielleicht dreihundert Kilogramm schwere Tier den Rückzug in den Wald an!
                        Morgen werde ich zum San Pedro Canyon gelangen, wo Yossi und sein Partner in einer Stromschnelle kenterten, und ihr Floss verloren. Die beiden Männer wurden dabei voneinander getrennt und Yossi irrte wochenlang alleine durch den Dschungel bis er durch einen glücklichen Zufall gerettet wurde. Hoffentlich blüht mir nicht Ähnliches...
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                          Erfahren
                          • 08.11.2008
                          • 402
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                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                          Als ich am Morgen in die gestern erkundete Stromschnelle fahre, ahne ich noch nichts Böses, bin aber blöderweise auch noch nicht voll konzentriert. Zunächst bewältige ich die Wellen wie erwartet ohne Probleme. Dann wartet eine scharfe Rechtskurve auf mich. Ich gerate etwas zu weit nach außen und will noch korrigieren, da nehme ich den abgebrochenen Palmenstumpf wahr, der in die Strömung ragt. Oh nein! Zu spät, es gibt keine Möglichkeit mehr daran vorbei zu kommen und hoffe bloß, dass mir der scharfe Stumpf nicht das Boot aufschlitzt. Dann pralle ich auch schon mit voller Breitseite auf das Hindernis. Wie in Zeitlupe ergreift die Strömung die Wulst des Packrafts und wirft das kleine Boot um. Ich lasse das Paddel los, schaffe es aber das Boot zu halten und mich gleichzeitig an dem Palmenstumpf festzuklammern. Voller Adrenalin gelingt mir das artistische Kunststück auf den Stumpf zu klettern und das Boot aus dem Strom in das kleine Kehrwasser hinter der Palme zu bugsieren. Mit äußerster Kraftaufwendung schaffe ich es dann sogar, das Packraft inklusive Gepäck wieder umzudrehen. Allerdings sind meine Probleme damit noch keineswegs gelöst...Ich habe kein Paddel mehr und die Strömung schießt nur zwei Meter von mir entfernt in einen mächtigen Baumverhau, der hier in der Kurve von einem Hochwasser aufgetürmt wurde. Mir ist klar, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass, wenn ich meine vorläufig sichere Palme verlasse, in den Verhau gespült werde und dort wenn ich nicht viel Glück habe trotz Schwimmweste von der Strömung mit eiserner Faust festgeklemmt werde und jämmerlich ertrinke...

                          Bestimmt zwanzig Minuten bleibe ich wie gelähmt auf meinem Baumstumpf sitzen und versuche ohne von Panik erfasst zu werden meine Optionen durchzugehen. Diese sind aber äußerst beschränkt, zusätzlich muss ich unheimlich darauf acht geben, dass mein Boot nicht zurück in die Strömung gedreht wird. Schließlich fälle ich eine Entscheidung: Wie Wellen am Meer kommt auch hier das Wasser nicht ganz gleichmäßig. In einem "Niedrigwassermoment" werfe ich mich und das Boot so in den Strom, dass ich nach meiner Kalkulation gerade so am Verhau vorbei treiben kann, was ich durch heftiges Kraulen mit meinen Armen unterstütze. Es ist kaum zu glauben, dass Manöver funktioniert und ich kann unbeschadet direkt hinter den angespülten Bäumen ans Ufer gelangen. Allerdings fehlt mir immer noch mein Paddel... Dagegen sehe ich, wie mein Blasesack unrettbar an einem Ast in der Strömung festhängt. Nun, das Paddel kann eigentlich nicht untergehen und dürfte auch nicht weit weggeschwemmt sein. Der wahrscheinlichste Ort wo es sich befindet, ist der Verhau, der mir Gott sei Dank erspart geblieben ist. Über die glatten Stämme balanciere ich also von der Landseite Richtung Fluss, in der Hoffnung mein Paddel irgendwo zu erspähen. Aber so intensiv ich auch schaue, ich kann das wichtige Utensil nirgendwo sehen. Fast will ich schon aufgeben, als ich etwas Unterwasser wahrnehme: Es ist tatsächlich mein Paddel, dass dort zwischen dem Holz festgeklemmt ist. Und es ist kaum zu glauben, ich bekomme es mit dem Bauch auf einem Baumstamm hängend kopfunter tatsächlich zu fassen und kann es unbeschadet bergen!
                          Zurück beim Boot gilt die nächste Sorge meiner Elektronik, vor allem dem Fotoapparat. Glücklicherweise ist alles trocken, der Sack in dem ich die Sachen aufbewahre, hat dicht gehalten!
                          Obwohl mir die Beine nach dem überstandenen Schrecken noch leicht zittern, setze ich mich gleich wieder ins Boot und fahre weiter.
                          Allerdings wird der Fluss jetzt immer schwieriger und einige der Stromschnellen erreichen sicher den vierten Grad. Manchmal wird der Fluss von riesigen Felsen blockiert, an denen sich die Wellen mit großer Gewalt brechen. Hier will man nicht reinfahren...
                          Nach ein paar weiteren, haarigen Situationen, habe ich genug. Es ist zwar schön und gut auch mal seine Komfortzone zu verlassen, aber mittlerweile fühle ich, dass ich diese hier nicht um ein paar Meter, sondern viele Kilometer erweitert habe. Trotz viel Vorsicht ist mir der Fluss einfach zu schwierig und gefährlich. Das liegt natürlich auch an dem Erlebnis der Kenterung heute morgen. Durch meine GPS- Punkte und Google Earth Karten weiß ich, dass es noch ungefähr 11 Kilometer Luftlinie bis zu dem Punkt sind, an dem der Tuichi ins Flachland gelangt und dann sicher auch deutlich ruhiger wird. Diese relativ kurze Distanz sollte ich doch wohl auch zu Fuß schaffen!
                          Zunächst packe ich meinen Rucksack aus und lasse alles trocknen. In einige der eigentlich dichten Gefrierbeutel, in denen ich meine Verpflegung portioniert habe, ist Wasser gelangt. Ich hoffe nur, dass mir unter diesen Umständen mein Essen nicht zu schnell vergammelt...
                          Dann packe ich alle meine Sachen inklusive Rucksack und Paddel in den Rucksack und mache mich daran, aus dem San Pedro Canyon heraus zu klettern.


                          Ich will den Canyon zu Fuß verlassen


                          Nachdem ich eine Portion Macadamianüsse gegessen und Wasser getrunken habe, gehe ich los.
                          Zunächst komme ich recht gut voran, aber schon nach kurzer Zeit kann von Laufen keine Rede mehr sein. Meter für Meter ziehe ich mich unter zu Hilfenahme der Hände nach oben. Mir scheint jeder dritte Baum hier ist von Stacheln und Dornen übersät. Man muss also schon ziemlich genau darauf achten, wo man hingreift. Mein Rucksack wiegt bestimmt noch über 25 Kilogramm und hängt wie die Stahlkugel eines Häftlings an mir. Kaum habe ich wieder ein paar Meter geschafft, bin ich völlig ausgepumpt und brauche eine längere Pause. Dieser Anstieg ist das Härteste, was ich seit langem gemacht habe! Nach zwei Stunden bin ich noch nicht sehr weit gekommen und mache das Vernünftigste, was ich in dieser Situation tun kann. Ich gebe auf, und trete den Rückweg an. Leider habe ich aus Gewichtsersparnisgründen keine Machete dabei, daher hacke ich mit meinem Messer mir abschnittweise einen Pfad frei und hole dann meinen Rucksack nach. Ich benutze eine andere Route als für den Aufstieg, aber auch hier gelange ich an steile Rinnen, die ein Klettern notwendig machen. Einmal rutsche ich auf dem Hosenboden mehrere Meter nach unten. Dabei reisse ich mir die Hose so weit auf, dass ich ab jetzt "viel Haut zeige". Glücklicherweise sind ja keine Leute in der Nähe, vor denen mir mein Aufzug peinlich wäre...
                          Irgendwann bin ich wieder unten, völlig fertig und zu kaum noch etwas anderem fähig, als mein Lager aufzubauen.
                          Ich werde den Tuichi weiter befahren, dabei aber äußerst vorsichtig sein...


                          Nach dem gescheiterten Versuch, die Schlucht zu verlassen

                          All die Schrammen und Dornen, die ich mir beim gestrigen Versuch aus der Schlucht zu klettern eingefangen habe, sind bereits am nächsten Morgen entzündet. Nimmt man dann noch die zahllosen Sandfliegenbisse dazu, könnte man auch meinen, ich sei gerade einer Folterkammer entstiegen...
                          Das Wasser, dass bei der Kenterung in einige meiner Gefrierbeutel gelangt war, hat bereits mein Müsli zum Teil in den Zustand der Gärung versetzt. Ich esse jetzt nicht mehr auf was ich Hunger habe (O.K, die Auswahl ist ohnehin ziemlich begrenzt...) sondern, das was schon am stärksten vergammelt ist, bevor ich es wegwerfen müsste...Schon mal vergorenes Müsli und Muckipulver mit Cookiegeschmack (Wow, coole Wortschöpfung, gemeint ist natürlich Eiweißpulver...) gegessen? Lecker...
                          Bereits um 7 Uhr bin ich wieder unterwegs und schon sehr gespannt, wie ich weiterhin mit dem Tuichi klarkommen werde...
                          Es dauert dann auch nicht lange, bis mich eine Walze im Auslauf einer Stromschnelle umwirft. Auch diesmal kann ich mich am Boot festhalten, dass rasch kieloben treibend an einer Felswand landet. Glücklicherweise ist das Wasser hier nicht besonders tief, so dass ich zum Stehen komme und das Boot ohne Probleme wieder aufrichten kann. Heute morgen habe ich übrigens das Paddel gut festgebunden...


                          Grünes Wasser, wilder Wald...


                          Da ich mir vorgenommen habe, die Stromschnellen jetzt gründlicher zu erkunden, nehme ich dann häufig die Gelegenheit wahr, und trage mit meinem Gepäck um. Dabei stellt sich meist heraus, dass eigentlich alles fahrbar wäre, allerdings habe ich nach der zweiten Kenterung heute auch keine große Lust mehr, viel zu riskieren. Mit viel Gepäck in einer abgelegenen Wildnis unterwegs zu sein, ist etwas Anderes, als entspanntes Packraften in der Zivilisation...
                          Meist muss ich mich ziemlich auf den Fluss konzentrieren, daher mache ich kaum Bilder und nehme auch hauptsächlich nur während der Pausen die herrlichen Umgebung in mich auf. Es herrscht jetzt Traumwetter, auch wenn es immer heißer wird. Die 20 Grad vom Beginn der Tour sind kaum noch vorstellbar...


                          Der Tuichi ist häufig nur 30 Meter breit


                          Während ich gegen Mittag meine Nüsse esse, tauchen drei Otter einige Male aus dem Fluss auf, einer kommt sogar kurz bis auf eine Sandbank...
                          Das es hier auch durchaus größere Bewohner gibt, erlebe ich während der Erkundungen am Ufer. Fast überall erblicke ich riesige Jaguarfährten im Sand, leider zeigt sich aber keine der eleganten Großkatzen, die am Strand vielleicht nach Schildkröteneiern sucht...
                          Da ich meine ganze nasse Ausrüstung in der Sonne gründlich trocknen möchte, schlage ich schon recht früh das Lager auf einem tollen, kleinen Sandstrand mitten in der Schlucht auf. Zwar lasse ich es mir nicht nehmen, ein Bad in dem angenehm kühlen Wasser des Flusses zu nehmen, schlüpfe dann wegen der Sandfliegen aber rasch wieder in meine Kleider. Erst nach Einbruch der Dunkelheit verschwinden die Plagegeister stets pünktlich, so dass ich dann noch ein wenig im Sand liegend die Nacht genieße.
                          Am nächsten Tag folgen die großen Stromschnellen fast lückenlos aufeinander.


                          San Pedro Canyon


                          Insgesamt fünf Mal trage ich meine Ausrüstung heute um. Dabei plagen mich zur Abwechslung mal nicht die Sandfliegen, sondern Massen von kleinen, schwarzen, stachellosen Bienen, die in ihrer Gier nach Salz und Flüssigkeit am Liebsten in Augen, Ohren und Haare vorstoßen...
                          Bevor ich anlege, muss ich stets beurteilen, auf welcher Seite ich überhaupt portagieren kann. Oft muss ich dann über dunkle, glatte Felsen balancieren, was mit Boot und Rucksack gar nicht so einfach und vor allem ziemlich anstrengend ist. Da ich dabei einige Male ohne ernstere Folgen stürze, stellt sich die Frage, was denn gefährlicher ist, die Befahrung des wilden Wassers oder die Bewältigung schwerer Umtragestellen?


                          Portage oder fahren?


                          Seltener, ruhiger Abschnitt


                          Am Nachmittag gelange ich zu einer sehr langgezogenen Schnelle, deren Befahrung mir zu riskant scheint. Leider verhindern die steilen, hier unmittelbar zum Fluss abfallenden, dicht bewachsenen Uferfelsen auch ein Umtragen direkt am Tuichi. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich wieder mit großer Mühe durch den Wald zu schlagen. Eine Machete wäre jetzt Gold wert! Es gibt auch weniger üble Regenwälder, aber der hier ist wirklich sehr dicht! Ich muss ziemlich weit nach oben, und gelange schließlich abenteuerlich kletternd durch eine steile Rinne wieder zum Fluss. Ich habe genug für heute, allerdings gibt es hier keinen ebenen Lagerplatz. Was solls, es sieht nicht nach Regen aus, also improvisiere ich etwas, was zwar nicht besonders stabil ist, oder schön aussieht, mich aber zumindest vor den Insekten schützt...


                          Improvisierter Lagerplatz


                          Zwei riesige Felsen stehen hier ganz in der Nähe mitten im Fluss!


                          Die Strömung bricht sich an zwei mächtigen Felsen


                          Ich hoffe, morgen den schwierigsten Abschnitt des Flusses hinter mir zu haben, weiß aber, dass es bis dahin noch ein gutes Stück Arbeit sein wird...
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                          • qwertzui
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                            • 17.07.2013
                            • 2872
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                            Ui, ist das spannend. Gut, dass man weiß, dass es ein Happy-End gibt und Wildniswanderer zumindest nicht vollständig von Sandfliegen gefressen wurde

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                            • Linnaeus
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                              • 21.02.2006
                              • 589

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                              Zitat von qwertzui Beitrag anzeigen
                              Ui, ist das spannend.
                              Yep!

                              Klasse Bericht - mit hohem Einsatz persönlichen Risikos !

                              Kannst du noch was zu deiner Ausrüstung sagen? Habe ich da einen HMG gesehen? Und wie hat sich der geschlagen?

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                              • Wildniswanderer
                                Erfahren
                                • 08.11.2008
                                • 402
                                • Privat

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                                #16
                                AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                                Ja, mein Rucksack war ein HMG Windrider. Er hat sich trotz fast 4 Monaten konstanter Überladung recht gut geschlagen, erstaunlich für so ein Leichtgewicht. Das Tragesystem ist gut und man bekommt tatsächlich erstaunlich viel rein. Allerdings sieht er bei mir schon nach recht kurzer Zeit wie eine Mülltüte aus, aber egal...
                                Die Seitenriemen sind zu fragil. Einer war schon nach kurzer Zeit fast mitten durch. Zum Ende hin begannen sich die Nähte wo die Schulterriemen ansetzen, aufzulösen.
                                http://geraldtrekkt.blogspot.de

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                                • Wildniswanderer
                                  Erfahren
                                  • 08.11.2008
                                  • 402
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                                  #17
                                  AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                                  Am Morgen bleibt der Fluss unverändert wild. Drei größere Stromschnellen, die durch die Wucht des Wassers und die häufig vorhandenen Felsen wohl in den vierten Schwierigkeitsgrad einzuorden sind, trage ich um. Da ich nicht länger als nötig schleppen will, setze ich stets dort ein, wo das Wasser nicht mehr ganz so wild ist. Das Boot auf den glatten Felsen wieder zu beladen stellt sich dabei häufig als ziemlich schwierig heraus.


                                  Der Tuichi bleibt wild...

                                  Natürlich sind an Land auch stets die "Schweissbienen" wieder da. (Das w könnte man auch weglassen...).


                                  Die Schweissbienen sind eine Plage


                                  Einmal sehe ich dicht am Ufer einen etwa 70 cm langen, golden schimmernden, fetten Fisch. Leider habe ich auf dieser Tour kein Angelzeug dabei, aber ich habe schließlich auch genügend Proviant mitgenommen, vorausgesetzt, dass dieser mir nicht doch noch vorzeitig vergammelt....


                                  San Pedro Canyon

                                  Als sich nach einigen Stunden die Schlucht öffnet, kann ich mein Glück kaum fassen, ich habe die schwierigsten Bereiche des Rio Tuichi bewältigt! Dabei hat sich mein kleines, blaues Microraft insgesamt recht gut geschlagen, obwohl für diesen Fluss wohl etwas wildwassertauglicheres besser geeignet wäre... Ein großes Manko war die nicht dichte Spritzdecke, die zum häufigen "Fluten" meiner Nussschale geführt hat. Aber die Manövrierfähigkeit des Microrafts mit schwerem Gepäck in hohen Wellen und starker Strömung ist schon sehr gut!


                                  Die Schlucht öffnet sich


                                  Allerdings ist die Gegend nach wie vor keineswegs flach. Zu meinem Erstaunen sind die Kämme der Berge immer noch mit Gras bewachsen. Ich hatte angenommen, dass auf dieser Höhe alles bewaldet ist.
                                  Ein Packraft ist ein eher langsames Boot, daher hatte ich geglaubt, dass nach Verlassen der Berge die Strömung des Tuichi sich deutlich verlangsamt und ein hartes Stück Arbeit vor mir liegt...
                                  Das ist aber glücklicherweise keineswegs so, die Strömung ist weiterhin ziemlich flott und der Fluss sehr abwechslungsreich. Es gibt Inseln, Sandstrände und Kiesbänke. Manchmal fallen rote Steilwände zum Ufer hin ab, kurz gesagt ist die Landschaft am Fluss einfach traumhaft. Allerdings darf man bei dem Genuss der schönen Umgebung nicht versäumen, sich stets auf den Fluss zu konzentrieren. Denn nach wie vor gibt es Stromschnellen, die jetzt aber alle zu bewältigen sind, Baumverhaue und enge Kurven, das ganze oft in Kombination...
                                  In ruhigen Abschnitten lasse ich mich aber auch manchmal ganz einfach von der Strömung treiben und komme dabei erstaunlich gut voran...Leider sehe ich recht wenig von der reichen Tierwelt des Madidi. Meist ist die Vegetation zu dicht und die Tiere zu scheu...
                                  Dann und wann fliegen einige Rote oder Blau- Gelbe Aras krächzend über den Fluss und ein Reiher lauert auf Beute.
                                  Als ich am Nachmittag mein Lager aufschlage, sehe ich die ersten menschlichen Spuren seit meinem ersten Zeltplatz. Abgeschlagene Baumstümpfe und Plastiktüten weisen darauf hin, dass auch andere hier bereits gelagert haben. Im Internet kann man lesen, dass der Tuichi kommerziell geraftet wird. Solche Touren scheinen aber nur ziemlich selten und unregelmäßig statt zu finden, wahrscheinlich wegen der Dauer der Tour und der relativ schlechten Erreichbarkeit des Oberlaufes. Je nach Wasserstand schwankt die Schwierigkeit des Flusses mit Sicherheit stark, aber man kann davon ausgehen, dass einige der Stromschnellen bei höherem Wasser auch mit einem großen Raft ziemlich gefährlich bis unfahrbar sind...


                                  Abwechslungsreiche Flusslandschaft

                                  Die häufig kaum bewachsenen, roten Steilufer konnte ich schon auf Google Earth zum Teil erkennen. Ich hatte gehofft, dass sie lehmig sind, und daher den Aras zum Brüten dienen. Leider bestehen sie jedoch meistens aus Steinen.


                                  Rötliche Uferhänge




                                  Gestelle am Ufer und ein zersägter Baumstamm sind die ersten Zeichen, dass ich mich dem Dorf San José de Chupiamonas nähere. Von der Ansiedlung nehme ich allerdings nichts wahr, da sie in einiger Entfernung vom Fluss liegt.
                                  Ein großer Bach der von links einmündet, bringt rote Schlammfluten mit, wahrscheinlich hat es in seinem Einzugsbereich geregnet. Eine ganze Zeit mischen sich rotes und grünes Wasser nicht, aber schließlich gewinnt Rot die Überhand und trübt den bisher so klaren Tuichi.
                                  5 große Kanus am Ufer zeigen wahrscheinlich den "Hafen" von San José an.
                                  Obwohl mir klar ist, dass die Siedlung nicht allzu weit entfernt ist, schlage ich mein Lager nicht besonders getarnt zwischen Sandstrand und Wald auf...


                                  Wenig getarntes Lager...


                                  Es ist hier wie immer, so bald etwas herumliegt, wird es gleich von Ameisen inspiziert. Im Fall meines Hutes einige besonders große Exemplare...


                                  Große Ameisen


                                  Als ein Boot mit Außenborder am späten Nachmittag vorbei fährt, hoffe ich darauf, dass die fünf Männer an Bord des Kanus mein Lager nicht wahrgenommen haben....
                                  Da bin ich mir dann aber gar nicht mehr so sicher, als ich in der Dunkelheit bereits im Zelt liege und zunächst noch weit entfernt das Geräusch eines Bootsmotors höre. Nach und nach kommt das Boots immer näher und... als es auf meiner Höhe angelangt ist, verstummt der Motor!
                                  Ich erstarre vor Schrecken: Haben die Männer am Nachmittag doch mein Zelt gesehen und kommen jetzt zurück, um mich im Schutz der Dunkelheit zu überfallen? Meine Nylonhülle ist jetzt sicher der schlechteste Ort für mich. Weder könnte ich rasch fliehen noch mich verteidigen, wenn das notwendig wird. Dennoch bleibe ich zunächst wie gebannt liegen und lausche angestrengt in die Nacht. Zunächst höre ich gedämpfte Stimmen und ab und zu blitzt eine Taschenlampe auf. Dann wird es still. Haben die Ankömmlinge mein Lager ausgemacht und schleichen sich jetzt an? Ich erwache aus meiner Schreckstarre und öffne vorsichtig den Reißverschluss des Zeltes. Leise trete ich gebückt vor das Zelt, Papiere, Fotoapparat und Geld in meinem kleinen Tagesrucksack, das Messer griffbereit am Gürtel. Ich höre und sehe gar nichts mehr, die Spannung ist unerträglich. Dennoch verändere ich meine Position nicht. Auch wenn es mir sehr merkwürdig vorkommt, dass das Boot genau bei mir gehalten hat, glaube ich nach einiger Zeit nicht mehr an einen Überfall. Schließlich sehe ich ab und zu eine Taschenlampe aufblitzen, wie mir scheint am anderen Ufer des Flusses. Es wirkt, als hätten sich die Männer dort auf dem Steilufer verteilt. Das sie irgendeine Art von Angelmethode durchführen, kann ich mir nicht vorstellen, viel plausibler ist, dass sie sich dort positioniert haben um den breiten Sandstrand vor meinem Zeltplatz einzusehen. Wenn Wild erscheint, würden sie es wahrscheinlich mit den starken Lampen blenden und dann schießen. Mist, mit etwas Pech stünde mein Zelt genau in der Schusslinie...
                                  Da ich aber immer noch nicht sicher bin, was hier vor sich geht, lausche und beobachte ich weiterhin unbeweglich in die dunkle Nacht hinein. Schließlich, nach vielleicht zwei Stunden sammeln sich die Leute, steigen in das Boot und der Außenborder röhrt wieder los.
                                  Puh, das war unheimlich!
                                  http://geraldtrekkt.blogspot.de

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                                    #18
                                    AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                                    Und jetzt noch Spannung pur! Gut erzählt deine Story!

                                    Hattest du ein HB Anjan dabei? Und wie hat sich das bewährt?

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                                      #19
                                      AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                                      Das Zelt ist ein altes Nallo 2. Was ihm auf der Tour noch geschieht, kommt noch...
                                      Ansonsten ist es viel zu heiß für die Tropen...
                                      Aber das war mir vorher klar...
                                      http://geraldtrekkt.blogspot.de

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                                        #20
                                        AW: Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi

                                        Zitat von Wildniswanderer Beitrag anzeigen
                                        Ansonsten ist es viel zu heiß für die Tropen...
                                        Deshalb habe ich nicht mal im (Alp)traum daran gedacht ...

                                        Zitat von Wildniswanderer Beitrag anzeigen
                                        Was ihm auf der Tour noch geschieht, kommt noch...
                                        Ui, ui, ui ...

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