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    [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

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    Neiße - Oder Kajaktour 2014
    24.7. - 31.7. Zittau - Gartz 386km zu Fluss

    1. Tag
    Zittau, Hartauer Dammweg: 324 Autokilometer liegen heute schon hinter mir und ein Verkehrsschild - Durchfahrt nur für Anlieger - vor mir. Was tun? Ich bin zwar kein Anlieger, habe aber ein Anliegen: Die Oder-Neiße-Grenze mit dem Kajak befahren. Ob aber ein wegen des miesen Wetters möglicherweise schlechtgelaunter Ordnungshüter dies als Anliegen anerkennt? Da bin ich doch etwas misstrauisch. Die letzten 700m bis zum Dreiländereck muss mein Boot vom komfortablen Autodachträger auf den kleinen Bootswagen wechseln. Aber noch habe ich Unterstützung, meine Tochter und ihr Freund helfen mir und werden später mit dem Auto wieder Richtung Heimat fahren.
    Zelt, Schlafsack, Luftmatratze, Kochgeschirr, Kocher, Waschzeug, Wasserflaschen, Nahrungsmittel, Schwimmweste, Erste-Hilfe-Pack, Wechselkleidung und weiteres Gerödel wandern in die Gepäckluken. Zuallerletzt wird der zerlegte Bootswagen verstaut. Immer wieder erstaunlich, dass die Lukendeckel danach noch schließen. Das Boot wiegt jetzt ca. 75kg, für eine Einzelperson nicht mehr sinnvoll zu tragen. Aber nun wird das Boot seinem Element anvertraut und erwirbt damit die gewünschte Leichtigkeit, um auch noch mich zu tragen.


    Beladen des Bootes am Dreiländereck

    Gegen 12Uhr der erste Paddelschlag von am Ende grob geschätzt 150.000. Die Verabschiedung fällt recht kurz aus, die Strömung der Neiße will mich mitnehmen und ein leichter Nieselschauer lässt einen längeren Aufenthalt nicht erstrebenswert erscheinen.


    ins Wasser, ins Boot und los

    Die Neiße führt Niedrigwasser. Oft verbleiben nicht viel mehr als 10cm bis zum Grund und allenthalben kratzt das Boot über Flusskiesel. Mehrfach muss ich das Boot verlassen und treideln, um mich von einer Sandbank zu befreien. Nach der Mündung der Mandau in Zittau wird es etwas besser, aber man muss eigentlich auch im Weiteren bis Guben immer ein Auge darauf haben, Sandbänken, Steinen und Baumhindernissen auszuweichen.


    kleiner Schwall kurz nach Zittau

    Hinter Zittau, nur 200m entfernt von der Neiße befindet sich auf polnischer Seite ein riesiges Loch in der Landschaft, der Braunkohletagebau von Bogatynia. Aber davon merkt man wirklich nichts. Die Neiße hat hier kein tiefes Tal geschaffen, trotzdem reichen Einsenkung und Uferdeiche, um den Blick auf das Gewässer und seine Ufer zu beschränken. Erst etwa 8km nach dem Start ahnt man die Nähe eines Tagebaus, Kraftwerksschornsteine und Kühltürme kommen ins Bild.


    Kraftwerksschornsteine und Kohlezug

    Nicht mehr lange und das erste von am Ende 24 zu umtragenden Wehren verlangt Aufmerksamkeit. Wo Aussetzen? Der DKV-Flussführer meint auf der rechten Seite - also im Ausland. Noch einmal kurze Kontrolle: Sind die Aufkleber mit polnischer und deutscher Flagge ordentlich am Boot befestigt, liegt der Personalausweis griffbereit? Mit etwas Respekt setze ich den Fuß ans Ufer doch niemand nimmt davon Notiz. Eigentlich eine höchst angenehme Folge der europäischen Einigung, trotzdem bin ich ein wenig enttäuscht. Wenigstens hätte ja ein Angler kritisch dreinblicken können. Aber nur ein paar Enten fühlen sich belästigt. Und ich befürchte, dass dieses Publikum meine "heldische" Neißefahrt nicht gebührend zu würdigen weiß. Das Wiedereinsetzen gestaltet sich gegenüber dem Herausnehmen des Bootes recht mühselig. Die Ufer sind höher, steiler und steiniger als vor dem Wehr. Eigentlich ganz logisch, das merke ich dann auch meist leidvoll bei allen folgenden Wehren.


    erstes Wehr bei Hirschfelde


    aus dem Wasser ... ... und wieder ins Wasser

    Schon bald steigen die Ufer auf beiden Seiten an, ich durchfahre den möglicherweise landschaftlich schönsten Neißeabschnitt zwischen Rosenthal und Marienthal. Das macht sich ein Bootsvermieter zu Nutze. In Rosenthal kann man stabile Schlauchboote mieten und hat dann 7km in diesem wirklich schönen Neißetal vor sich.
    Leider ist der Genuss deutlich getrübt. Es regnet in wechselnder Intensität, aber beständig. Ich weiche langsam durch und kühle trotz reichlich Bewegung aus. Bald hilft nur noch die Paddeljacke. Zwar wird es darunter nicht trocken, aber es bildet sich ein feuchtwarmes Mikroklima. Zusammen mit den Paddelhandschuhen sorgt das für eine Wiederaufheizung auf "Betriebstemperatur", so dass ich kurz vor Marienthal die Handschuhe wieder ausziehen kann. Die Paddeljacke und der Regen bleiben aber bis zum Abend meine Begleiter.


    Neiße nach Rosenthal

    Unterwegs überhole ich eine Gruppe in einem Schlauchboot, was allerdings nicht schwer ist, da sich das Schlauchboot zwischen einigen Steinen verklemmt hat. Mein Gruß wird freundlich beantwortet, aber irgendwie scheint in dem Boot schlechtes Karma zu herrschen. Einerseits sind die Passagiere ebenso durchgeweicht wie ich, andererseits wird wohl mindestens eine Person das Boot verlassen müssen, um es von den Steinen zu schieben. Ich beobachte beim Vorbeifahren die hilflosen Versuche, sich mit den Paddeln abzudrücken, verkneife mir aber schlaue Ratsprüche und versuche die Leute damit zu ermuntern, dass sie nach bestandenem Abenteuer noch lange etwas zu erzählen haben werden.


    Neiße, Steine und Schlauchboot

    Die Strömung lässt nach, die Gewässertiefe nimmt zu, das nächste Wehr kündigt sich an. Und tatsächlich, kurz darauf wird Kloster Marienthal sichtbar - allerdings vor grauem regnerischen Hintergrund. Für das Wehr Marienthal wird treideln über die Wehrkante empfohlen. Zwar ist der Wasserdurchfluss dafür zu gering, aber die Steine sind nicht scharfkantig und schön glitschig, so dass ich das Boot mit der Hoffnung auf wenige Kratzer über das Wehr ziehe. Das Boot bleibt einigermaßen ungeschoren, aber die glatten Steine werden mir selbst zum Verhängnis. In der einen Hand die Treidelleine in der anderen das Paddel ... ja was tut man dann, wenn die Bodenhaftung nachlässt? Man fängt sich mit dem Allerwertesten ab. Ich weiß, mangelnde Vorsicht muss bestraft werden, aber warum gleich so schmerzhaft? Da niemand dort war, um mich zu bedauern, genoss ich nur das schöne Gefühl, wenn der Schmerz nachlässt. Leider blieb noch ein ausreichender Rest, um mir für den Rest der Gesamttour im Kajak eine unentspannte Sitzhaltung aufzuzwingen. Auch noch Wochen später ist es möglich mit einem Druck auf die betreffende Stelle wieder in Erinnerung zu rufen - da war doch was - mindestens eine saftige Prellung wenn nicht gar ein Steißbeinbruch.


    über die Steine - Wehr Marienthal

    Weiter führt die Tour an Ostritz vorüber. Immer wieder erstaunlich: Häufig sieht man fast nichts von den kleinen Dörfern am Ufer. Manchmal kündet eine Kirchturmspitze von Besiedlung. Ansonsten wirken die Ufer durchaus natürlich.
    Etwa 24km nach dem Start muss ich mit dem Boot die Neiße verlassen, um das Wehr Grunauer Mühle zu umtragen. Welch Perspektivwechsel. Man erkennt weite Felder und im Hintergrund sanft geschwungene Höhenzüge. Das Boot selbst bleibt aber dem nassen Element verhaftet. Die Umtragestrecke ist mit hohem Gras bewachsen, durch den Regen ist alles schön feucht und ich schleife das Boot durch das "Grasmeer". Eine der einfacheren Wehrumtragungen.


    im Grasmeer

    Schon eine halbe Stunde später kündigt sich mit einem Rückstau und Rauschen das Wehr Leuba an. Die Umfahrung durch den Mühlgraben ist gesperrt, hier finden Bauarbeiten statt. Nach kurzer Pause fahre ich am rechten Rand das Wehr herunter. Zum Teil treibt das Wasser das Boot hinab, zum Teil muss man sich von den Steinen des Untergrunds abdrücken. Die Gefahr besteht darin, dass das Boot mit dem Bug auf einen Stein läuft und mit dem Heck quer in die Strömung gedrückt wird, dann wird sich ein Kentern kaum vermeiden lassen. Ein wenig Wasser schwappt ins Boot und wird später zusammen mit dem Regenwasser per Schwamm entfernt, ansonsten funktioniert alles recht gut.
    Wieder verläuft die Neiße so in ihrem Bett, dass man fast nie einen Blick über die Ufer hinaus werfen kann. Aber das macht ja auch einen Teil des Reizes einer Paddeltour aus. Nur die Karte verrät, das sich linkerhand der Berzdorfer See erstreckt. Jahrelang musste die Neiße hier einen Teil ihres Wassers hergeben, um das Tagebaurestloch in eine Erholungslandschaft zu verwandeln. Den Abzweigkanal habe ich nicht mehr gefunden, nur noch die Mündung der Pließnitz, die jetzt den See durchfließt, für Wassernachschub sorgt und das überschüssige Wasser wieder in die Neiße führt.
    Meine erste ordentliche Sohlschwelle naht - Sohlschwelle Ossig, laut Flussführer meist fahrbar. Für jemanden, der bisher fast noch nie Fließgewässer befahren hat ein respekteinflößender Augenblick. Theoretisch ist alles klar: Vorsichtig heranfahren, gegebenenfalls mit Schrägfähre rückwärts eine geeignete Stelle suchen und dann mit Schwung parallel zur Strömung herabfahren. In Gedanken gehe ich jedoch sicherheitshalber durch, was zu tun ist, sollte ich dabei kentern. Dann aber das Steuer hoch und in den Schenkelstützen verkeilt. Jetzt zählt's ... Ja was eigentlich, es war ja doch recht unspektakulär, alles lief genau so wie in der Theorie. Eine schöne Abwechslung bei der Paddelei, davon gab es dann noch einige und es hätten gern deutlich mehr sein können.


    nach Sohlschwelle Ossig

    Es wird langsam Abend, der Schmerz im Hintern und das trübe, regnerische Wetter führen dazu, dass das kleine Stimmungshoch nach der Sohlschwelle Ossig rasch verschwindet. Am Wehr Köslitz erkenne ich rasch, dass bei Niedrigwasser für mich keine Chance auf Befahrung besteht. Das Umtragen, vor allem das Wiedereinsetzen ist nur noch anstrengend und lästig.
    Gegen 21 Uhr erreiche ich im leichten Niesel Wehr Weinhübel. Es geht nicht weiter. Zwar habe ich gehofft, beim KC Görlitz nächtigen zu können, es sind nur noch 2,5km Luftlinie bzw. 4 Paddelkilometer, aber ich bin einfach zu erschöpft und es wird schon dunkel. Auf polnischer Seite suche ich einen Platz zum Biwakieren. Direkt am Ufer ist das ganz gut möglich, einige Hinweistafeln weisen den Ort als Rastplatz aus und machen auf polnisch und deutsch auf Besonderheiten der Umgebung aufmerksam. Das ist derzeit für mich völlig uninteressant. Ich baue schnell das Zelt auf, überlege dabei was lästiger ist, der Niesel oder die aggressiven Mücken. Luftmatratze aufblasen, Schlafsack ausrollen, den Rest der mitgebrachten Kaltverpflegung verschlingen, Kaugummi statt Zähneputzen und dann werfe ich nur noch die nassen Klamotten vors Zelt und krieche ins Nest. Ach ja, da war noch etwas. In Rückenlage lässt sich nicht ordentlich liegen, die Luftmatratze drückt auf den schmerzenden Steiß. Im Einschlafen denke ich nur noch: Was tue ich mir eigentlich an - aber ich glaube, ich habe es so gewollt ...

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    #2
    AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

    2. Tag
    Am Morgen treibt es mich noch vor 6Uhr das erste Mal aus dem Zelt. Die Luftfeuchte beträgt fast 100% und die Mücken sind begeistert von der Chance auf ein Frühstück. Nur schnell wieder zurück ins Zelt. Erst drei Stunden später wird es dann ernst mit dem Aufstehen. Gleich zu Anfang stellt sich die Frage: Frische Sachen oder nasse Sachen? Ich entscheide mich für die dritte Variante. Die Kleidung verteile ich so gut es geht zum Trocknen an den Hinweistafeln. Der Himmel ist zwar bedeckt, aber die Luftfeuchtigkeit hat nachgelassen. So bewerkstellige ich Frühstück, Zusammenräumen, Zeltabbau und das Beladen des Bootes nur bekleidet mit Sandalen. Bestimmt wäre es ein ungewöhnliches Bild, wenn jemand einen Nackten am Morgen zum Frühstück hätte einen Konserveneintopf löffeln sehen. Die ganze Prozedur dauert bis etwa 11 Uhr, erst dann sind die Sachen so weit, dass ich sie zwar feucht aber nicht mehr nass überstreifen kann. Der Rest trocknet am Körper.


    Biwakplatz mit "Trockenständer"

    Wehr Weinhübel lässt sich bequem durch den Mühlgraben umfahren. Am Anfang ein kleiner Schwall, dann ein Abschnitt mit munterer Strömung und schon ist man wieder auf der Neiße. Jetzt ist es nur noch ein kurzes Stück bis Görlitz. Spätestens am großen Eisenbahnviadukt erkennt man, die Stadt ist gleich erreicht.








    Und tatsächlich, hinter der nächsten Flussbiegung stößt man auf die Gebäude im Umfeld der Görlitzer Obermühle. Ein nettes Ensemble mit Ausflugsrestaurant, Hotel und Bootsverleih. Natürlich gehört zur Mühle auch ein Wehr und von der Terrasse des Restaurants aus scheinen einige Gäste die Abwechselung zu genießen, die der Blick auf einen Paddler bietet, der versucht das Wehr zu überwinden.




    Zunächst lasse ich das Boot quer zur Strömung an die Längshölzer auf der Wehrkrone treiben, kann dort aussteigen und direkt auf dem Wehr bis zur Fallkante gehen.

    an den Längshölzern des Wehrs

    Dort stürzt das Wasser geschätzt 60cm in die Tiefe. Das ist mir für eine Befahrung zu gefährlich. Also fahre ich zu der zuvor gesichteten Ausstiegsstelle.


    Fallkante, kurz nach dem Aussetzen

    Auf polnischer Seite ermöglicht ein Steg das Boot über die Kante aus dem Wasser zu drehen. Die Umtragestrecke erfordert den Bootswagen. Bis in die Nähe der (nicht wirklich vorhandenen) Einstiegstelle funktioniert der Transfer auch ganz vernünftig. Aber dann stößt man auf ein Muster das sich bei vielen Wehrumtragungen auf polnischer Seite wiederholt. Der Ausstieg ist bequem mit Steg ausgestattet. Tafeln weisen auf örtliche Besonderheiten hin. Gleichzeitig zeigen die Hinweistafeln, dass sich die EU mit Fördergeldern an der Gestaltung der Wehrumtragungen beteiligt hat. Das war es dann aber auch. Die Einsetzstelle ist meist nicht vorhanden, dass Boot muss irgendwie die Böschung herabgelassen werden. Im günstigsten Fall ist das Ufer mit Gras und Kraut bewachsen, im ungünstigen Fall scharrt das Boot über Sand und scharfe Steine. Der größte Teil der Kratzer in der Bootshülle rührt nicht von den Grundberührungen sondern von der unmöglichen Situation an den Einsetzstellen. Sehr ärgerlich!
    Nach der Obermühle dominiert zunächst wieder Bewuchs die Ufer. Man weiß zwar die Stadt auf beiden Seiten, aber es dauert noch über einen Kilometer, bis die Altstadt an die Ufer heranrückt. Auf einer Seite findet sich eine Uferpromenade auf der anderen Seite erstreckt sich eine sanierte Uferstraße und über allem thront der Dom. Ich fahre vor bis zur Fußgängerbrücke. Kurioserweise wirft ein Junge Weißbrotstücke von der Brücke herab auf mein Boot. Da weit und breit keine Ente zu sehen ist, versucht er offenbar, mich zu füttern. Nach zwei Tagen Paddelei muss ich wohl schon einen recht erbärmlichen Eindruck erzeugen.


    Görlitz, unter der Fußgängerbrücke

    Hier an der Brücke gibt es keinen geeigneten Ausstieg, ich muss zurückfahren bis zur Uferpromenade auf deutscher Seite. Es gibt zwar keinen Steg, aber über den Rasen lässt sich das Boot ganz vernünftig aus dem Wasser schleifen. Auf dem Bootswagen geht die Reise weiter - ins Ungewisse. Wo befindet sich eine Einsetzstelle? Auf polnischer Seite existieren ja wenigstens Hinweistafeln. Neidisch sehe ich auf die Radfahrer, für sie ist alles gut ausgeschildert. Auch die befragten Anwohnern können nicht helfen. Also ziehe ich weiter auf der Uferstraße und frage Passanten. Schließlich habe ich Erfolg. Ein junger Mann weist mich auf einen kleinen Park hin, von dort kann man das Boot durchs Gebüsch die Uferböschung herab schieben. Die Böschung ist natürlich mit Steinen befestigt, es gibt wieder neue Kratzer, aber wenigstens landet das Boot im Wasser.
    Hier ergibt sich ein interessantes Gespräch. Ein Mitarbeiter des sächsischen Umweltamtes bewundert die Absicht, bei den geringen Wasserständen auf der Neiße zu fahren. Für mich interessant sein Blick auf die Hochwässer und deren Folgen. Da sich die Uferlinie nach einem größeren Hochwasser verändert tagt jeweils eine Grenzkommission, die festlegt, wer an welcher Stelle die Ufer neu verbaut, so dass die Flächengewinne und -verluste einander ausgleichen.
    Bald hinter Görlitz gewinnt die Neiße wieder ihr naturnahes Antlitz. Wenn nicht der viele Hochwassermüll in der Ufervegetation wäre, könnte man meinen, in einer kaum besiedelten Region unterwegs zu sein. Allerdings rückt dann auch bald die Autobahnbrücke und schließlich das Wehr Ludwigsdorf in Erinnerung, dass man sich sehr wohl in der Zivilisation befindet.. Hier am Wehr befindet sich auf polnischer Seite sogar ein kleiner Rastplatz und lädt zu einer gepflegten Mittagspause im Grünen bei mittlerweile gutem Wetter.


    Neiße nach Görlitz , Rast bei Wehr Ludwigsdorf

    Leider lässt sich vom Rastplatz aus die eigentliche Umtragestelle nicht vernünftig erreichen, so dass ich nach der Pause mit dem Boot bis zur Wehrkrone paddle und dann mein Gefährt irgendwie auf die andere Wehrseite schleife - neue Kratzer unvermeidbar.


    an der Umtragestelle


    mit neuen Kratzern ... ... ist das Wasser erreicht

    Auf den nächsten 9km zeigt sich die Neiße von einer angenehmen Seite, eine gemütliche Strömung sorgt auch dann für Vortrieb, wenn ich kurz die Paddel ruhen lasse, Wehr Penzig ist bald erreicht.
    Wo soll ich umtragen? Auf deutscher Seite eine etwa 1m hohe, steile Uferböschung und dahinter nur Wiese, auf polnischer Seite ein Steg mit Hinweistafel. Von dort führt ein gepflegter Weg über die Wehrinsel. Das muss wohl der Weg zur Einsetzstelle sein ...
    Warum war ich nur so vertrauensselig? Der Weg endet an einer morschen Brücke, die in den Ort aber nicht zur Einsetzstelle führt. Da wird also auf EU-Kosten ein Grillplatz mit Angelsteg für die Dorfjugend eingerichtet und der Weg dorthin gepflegt. Zudem suggeriert die Hinweistafel die Existenz einer Umtragemöglichkeit.
    Es kostet mich etwa eine Stunde, bis ich erkenne , dass es hier wirklich nicht weiter geht. Am Ende muss ich das Boot an der Aussetzstelle wieder zu Wasser lassen, zurückfahren, auf deutscher Seite aussetzen und irgendwie über die Wiese zu einer mehr schlecht als recht geeigneten Einsetzstelle rollen.


    hier geht's nicht weiter

    Ich habe mir Luft gemacht und alle möglichen und vor allem unmöglichen antipolnischen Vorurteile laut artikuliert. Zum Glück hat mich niemand gehört, ich glaube, das hätte schon den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt.

    Da nach dem Wehr ein Großteil des Wassers über einen Kraftwerkskanal abgeleitet wird, komme ich im sehr flachen Wasser schlecht voran und muss an einigen Stellen über Sandbänke treideln.












    In meiner gereizten Stimmung bezichtige ich wider besseren Wissens pauschal alle Polen des Wasserdiebstahls. Erst 4km später hellt sich meine Stimmung wieder auf, hier wird das Wasser ins Flussbett zurückgeführt.












    Nun geht es zügig voran - und das muss es auch. Der Abend ist hereingebrochen und ich kann nicht noch einmal biwakieren - einfach weil ich kein Trinkwasser mehr habe. So zieht der östlichste Punkt Deutschlands vorbei, es reicht gerade für ein unscharfes Foto, ich nehme mir nicht die Zeit, noch einmal ruhig zurückzufahren. An der "Kulturinsel Einsiedel" nutze ich den Steg für einen kurzen Ausstieg und verlasse damit den Funkschatten des Neißetals. Wie jeden Abend habe ich zu Hause zu berichten: "Ich lebe noch." Heute ist aber auch nicht Zeit für viel mehr.


    Brücke zur "Kulturinsel Einsiedel"

    Das folgende Wehr Niederneuendorf lässt sich erfreulich leicht umgehen. Hier hat der Bootsvermieter Neißetours für seine Kunden einen Weg gebahnt und eine einfache Bootsrutsche eingerichtet. In der Dämmerung erreiche ich Wehr Rothenburg und damit den Endpunkt meiner heutigen Paddelstrecke - aber noch nicht das Ende der Tagestour. Zunächst will das Boot auf sein Wägelchen verladen werden und dann heißt es noch 700m zu rollern, bis der Campingplatz von Neißetours erreicht ist. Mit Stirnlampe baue ich das Zelt auf und beschließe, auch die dritte Mahlzeit am Tage als Konserveneintopf einzunehmen ... Aber manchmal hat man Glück. Der Spielmannszug Rothenburg hat nebenan ein Camp aufgebaut und von dort aus muss ich einen so erbärmlichen Eindruck erwecken, dass für mich ein Abendbrotteller - einfach so - zusammengestellt wird.
    Wegen der vorgerückten Stunde sind die Duschen bereits geschlossen, in der Gaststätte feiert eine geschlossene Gesellschaft aber ich habe bei der Zeltplatzanmeldung 2 Flaschen Bier gekauft, so dass mich einen Liter Bier später auch die Metal-Musik einer Bikertruppe nicht mehr wirklich beim Einschlafen stört.


    letzte Sohlschwelle vor Rothenburg

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    • Paddolf
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      #3
      AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

      3. Tag
      Irgendetwas piepst hier doch ... Hört sich an wie meine Armbanduhr ... ist auch meine Armbanduhr, aber wo ist sie? Nach der Suche im Zelt bin ich zumindest wach. Heute will ich nicht wieder so spät ankommen und habe mich wecken lassen. Gras und Zelt sind noch taufeucht, aber die Sonne scheint, es verspricht ein richtig schöner Tag zu werden. Nun gibt es endlich eine Grundreinigung unter der Dusche. Fürs Frühstück muss die letzte Dose Konserveneintopf herhalten, danach ein Kaffee und die Welt stimmt wieder. Das Zusammenpacken mündet in der Frage, wie kann ich meine Lebensmittelvorräte auffüllen. Mit den restlichen Müsliriegeln könnte ich mich noch bis zum Abend durchschlagen, aber dann muss Ersatz her. Es steht also eine Einkaufstour in das etwa 1km entfernte Rothenburg bevor.
      Glücklicherweise erkennen mich die netten Damen vom Spielmannszug trotz Reinigung wieder. Da die Spielmänner oder besser -frauen ohnehin Brötchen vom Bäcker holen, kann ich eine kleine Lebensmittelbestellung loswerden.

      Eine halbe Stunde später ist mein Mittagessen gesichert und ich kann wieder zur Neiße rollern.







      Wie auch an den Tagen zuvor überrascht die Neiße immer wieder mit neuen Bildern. Zwischendurch warten kleine Herausforderungen in Form von Schwällen und Sohlschwellen und große Herausforderungen in Form von Wehrumtragungen. Es wird nie langweilig. Zerstörte Brücken lenken die Gedanken auf vergangene dunkle Tage, aber das herrliche Wetter wischt aufkeimende Trübsal auch bald wieder weg.


      Neiße nach Rothenburg


      Uferabbruch mit freigespülten Bäumen

      Am Wehr Brehmenwerk, Ungunst, Klein Priebus und Pechern versuche ich erst gar nicht (vielleicht zu Unrecht), die auf polnischer Seite lockenden Stege zu nutzen. Zwar scheint auf deutscher Seite der Ausstieg meist nicht so komfortabel, aber es gibt einen Weg und eine Einsetzstelle. Das Wehr Lodenau muss man auf polnischer Seite umtragen und steht wie zur Bestätigung vor dem Problem, sich den Wiedereinstieg zur Neiße durch Gestrüpp an einer steilen Böschung erkämpfen zu müssen.


      auf der Umtragestrecke, Sohlschwelle

      Beim Umsetzen am letzten Wehr in Pechern organisiere ich per Handy eine feste Unterkunft in Sagar. Das gönne ich mir. Ohnehin sind die Lebensmittelvorräte knapp und die Akkus von Handy und Fotoapparat können nachgeladen werden.
      Die letzten 10km paddeln sich sehr angenehm. Eine freundliche Strömung, bewaldete Ufer, das herrliche Wetter und die Aussicht auf eine bequeme Unterkunft machen gute Laune. Der Abend hält einige magische Augenblicke bereit. Die tiefstehende Sonne zaubert Muster durch das Geäst der über das Wasser hängenden Bäume, die Neiße reflektiert das Licht und lässt viele kleine Sonnen über das Wasser tanzen.


      Neiße bei Sagar

      Eine Hürde gilt es noch zu überwinden. Der Ausstieg in Sagar muss gefunden werden. Der Vermieter hat mir schon am Handy erklärt, dass ein vernünftiger Ausstieg erst nach Sagar zu finden ist. Wer sich aber bereits mit Ufergesträuch herumgeschlagen hat, lässt dies natürlich nicht gelten. Als die Dächer von Sagar sichtbar werden, fahre ich in ein Minikehrwasser hinter einem Baum und entere das Ufer. Wildes Gestrüpp, gern auch dornenbewehrt bildet eine schwer durchdringbare Barriere. Selbst ohne Boot komme ich kaum die Uferböschung herauf. Und dann stehe ich vor einem Acker, auf dem der Einsatz des Bootswagen nicht sinnvoll wäre. Das war dann also ein Versuch. Reumütig kehre ich ins Boot zurück und bedauere ein wenig die vergebene Zeit. Jetzt halte ich scharf Ausschau, um bei der Weiterfahrt den Ausstieg ja nicht zu verpassen. Aber die Sorge ist unbegründet. Nach etwa 1km führt eine unübersehbare, ein wenig überdimensionierte Treppe das Neißeufer herauf - und vor allem, ich werde bereits erwartet. Das Vermieterpaar holt mich tatsächlich mit dem Auto ab.
      In der Unterkunft wartet noch eine Radlerin. Gemeinsam mit den Vermietern nehmen wir unser Abendbrot ein und danach ergibt sich ganz zwanglos ein Plausch bis in die beginnende Nacht.
      Wer in der Nähe von Sagar eine Unterkunft sucht, sollte unbedingt die Radlerklause in Betracht ziehen. Man gewinnt den Eindruck, dass die Vermieter nicht nur des Broterwerbs wegen ihr Geschäft betreiben, sondern sich wirklich auf Gäste freuen.
      Zuletzt geändert von Paddolf; 17.11.2014, 11:02.

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        #4
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        4. Tag
        Der neue Tag beginnt gemütlich: Das Frühstück wird serviert, das Wetter passt und das Zusammenpacken des Zeltes entfällt. Der Vermieter beschreibt mir einen näher gelegenen Einstieg, flussaufwärts an der alten Badestelle von Sagar und lässt es sich nicht nehmen, mit mir den Weg auf dem Fahrrad abzufahren. Das ist auch nicht unsinnig, da das letzte Stück über Waldwege führt. Ortsfremde würden hier leicht in die Irre laufen.


        wo geht's weiter ... ; Eisenbahnbrücke - außer Betrieb

        Die Neiße nimmt mich wieder freundlich auf. Noch einmal ziehen Sagar und wenig später die "mächtige" Treppe vorbei.
        Bald darauf ist Bad Muskau erreicht. Die Ufer sind gepflegt und kurz vor dem Wehr gibt es eine Ausstiegsstelle, die sich einerseits gut in die parkähnliche Umgebung einfügt und die andererseits tatsächlich für einen Ausstieg geeignet ist. Kurioserweise sind aber die Ufer mit einem Elektrozaun gesichert. Mir gehen wilde Szenarien durch den Kopf: Horden räuberischer Kanuten fallen Wikingern gleich über die Einwohnerschaft von Bad Muskau her und verschwinden beutebeladen ebenso schnell wie sie gekommen sind auf dem Wasserweg. Und nur ein Hochspannungszaun kann vor den Räuber schützen ...


        Elektrozaun fürs Boot? ; Einsetzen an der Treppe

        Allerdings klärt mich ein Anwohner auf: Der nur etwa 40cm hohe Zaun soll die Enten fernhalten. Offensichtlich hat da ein Gerechtigkeitsfreund unter den Hundebesitzern in der Stadtverwaltung das Sagen. Wenn schon die Hunde den Park nicht zusch... dürfen, dann soll es dem Wassergetier nicht besser gehen. Nach dem Wehr ist die Treppe herunter zur Neiße recht steil. So ein 75kg-Boot ist nicht ganz einfach zu bremsen, wenn es die Holzstufen herunterrutscht. Aber ich sollte nicht meckern, immerhin gibt es eine Holztreppe. Die anschließende Fahrt durch den Fürst-Pückler-Park ist eine schöne Abwechselung. Da die Neiße hier eine Kette von Endmoränen, den sogenannten Muskauer Faltenbogen durchbricht, verbirgt sich der Park nicht hinter den Deichen. Das Auge gleitet wohlgefällig über sanfte Hänge, denen der gestalterische Wille und der gärtnerische Fleiß sehr wohl anzusehen sind.

        Wenig später bietet die Neiße das vertraute Bild, eine üppige Ufervegetation lässt vergessen, dass sich hinter dem Deich nicht nur Wälder, sondern vor allem Äcker und Dörfer erstrecken - das, was man gemeinhin als Kulturlandschaft bezeichnet. Oft führt der Fluss den Bootsfahrer ähnlich einer grünen Gasse durch das Land. Irgendwann ist die Grenze von Sachsen nach Brandenburg erreicht, aber keine Markierung kündet vom Übergang und der Neiße ist das ohnehin egal. Also weiß ich erst am Wehr Pusack, dass sich links von mir das Heimatbundesland erstreckt.
        Wehr Pusack bleibt links liegen, der Kraftwerkskanal führt auf Wehr Wieza. Eine Hinweistafel verspricht eine 300m lange Umtragestrecke. Aussetzen, Boot aufladen und losrollen - alles kein Problem. Ja, und dann stehe ich zwar wieder am Kanal, aber die Situation erinnert an den Autofahrer, der an einer Kreuzung feststellt, dass sich die kreuzende Straße eine Etage tiefer unter der Brücke befindet. Theoretisch könnte man sich von der Brücke auf die andere Fahrbahn fallen lassen ... Die Uferböschung ist steil, steinig und zu allem Überfluss mit einem Metallnetz gesichert. Man könnte das Boot mit einem Helfer heruntertragen, allein scheint mir das nicht sinnvoll machbar. Aber da war doch dieses Hinweisschild auf die Umtragestrecke, vielleicht kommt ja ein Stück weiter eine geeignete Stelle zum Einsetzen ...
        Eine halbe Stunde später, irgendwo mit dem Boot im Wald hat sich mein verbliebenes Restvertrauen in polnische Hinweisschilder zu Wehrumtragungen komplett aufgelöst. Trotzdem, ich brauche irgendeinen Neißezugang. Es bleibt am Ende nur eins, die letzten 30m muss ich das Boot durch Gestrüpp und Brennnesseln schleifen. Lästerliche Flüche ebnen zwar nicht wirklich den Weg, helfen aber bei der Frustbewältigung.


        Einsetzen kaum möglich ; irgendwo im Nirgendwo

        Ach kann das schön sein, wenn das Boot mich trägt und nicht umgekehrt. Die neuen Kratzer im Kajak, die Brennnessel-Rheumaprophylaxe und die vergebene Zeit ärgern zwar, aber ich bin erst einmal erleichtert - bis zum nächsten Wehr. Vor Zelz weist auf deutscher Seite ein Schild auf das unübersehbare Bauwerk hin. Das Schild ist so klein und versteckt, das es allenfalls Unterhaltungswert besitzt - wenn man es denn findet. Ich nutze das Schild als Ausstiegsmarkierung.


        Suchbild: wo ist der Hinweis aufs Wehr ... ... gefunden

        Die Wehrumfahrung ist recht lang und führt mich an einem Imbiss vorüber. Zwar ist die Wirtin anfangs etwas reserviert, jedoch nachdem ich einige Radfahrer per Zuruf als neue Gäste rekrutiert habe, ergibt sich am Ende ein recht launiges Geplänkel.
        Erfreulicherweise existiert am Ende der Umtragestrecke ein markierter und geeigneter Einstieg. Hier hat sich der Bootsverleiher Parija verdient gemacht.
        Nun kann ich wieder die Neißefahrt genießen. Der folgende Abschnitt bleibt mir dadurch in Erinnerung, dass ich hier 5 Eisvögel gesichtet habe. Kurioserweise unterfliegt einer der Eisvögel die Autobahnbrücke. Leider kann ich das nicht auf ein Foto bannen, um für militante Naturschützer zu belegen, dass nicht wegen jeder Eisvogelsichtung Gewässer gesperrt werden müssen. Ohnehin gewinnt man bei einigen Gewässersperrungen den Eindruck, dass den Kanuten eine naturzerstörerische Wirkung unterstellt wird, während für Fußgänger und Radfahrer Wege angelegt werden, die viel stärker in die Natur eingreifen. Bei meiner Rügenfahrt im letzten Jahr hatte ich die widersinnige Situation, im Bereich der Stubbenkammer 500m Abstand zum Ufer halten zu müssen, während Fußgänger sowohl am Strand als auch oben auf den Klippen unterwegs waren. Befürchten einige Naturschützer, dass durch Kanus die Wasseroberfläche verletzt werden könnte?
        Schon seit geraumer Zeit werden die Wolken dunkler und wirken langsam bedrohlich. Der Wind frischt deutlich auf, ein Gewitter liegt in der Luft.


        Gewitterstimmung

        Noch komme ich sehr gut voran, der Wind schiebt mich gemeinsam mit der Strömung zum Wehr Brozek. Aus- und Einsetzen sind unproblematisch, aber in der Ferne grummelt es bereits. Sollte ich vielleicht besser einen Unterstand suchen? Aber wozu warten, es geht den Blitzen und dem Gegrummel entgegen. Jetzt fallen auch die ersten schweren Tropfen, noch vereinzelt nur, aber in Richtung Forst drohen die Wolken mit deutlichen Bärten. Die Paddeljacke kommt ein zweites Mal auf der Tour zum Einsatz, bevor ich wieder durchgeweicht und ausgekühlt bin.
        Offenbar wirkt der Wink mit der Jacke, kaum habe ich sie übergestreift, lässt der Regen nach, bevor er richtig begonnen hat. Pünktlich mit dem Erreichen des Forster Wehrs bricht die Sonne durch die Wolken und zaubert zusammen mit den letzten Nieseltropfen ein stimmungsvolles Bild.


        kurz vor dem Wehr Forst

        Ein letztes mal gilt es heute ein Wehr zu überwinden, also wuchte ich das Boot am Metallsteg aus dem Wasser und schreite zur Wehrbesichtigung. Hier zeigt sich, zu viel Eifer ist auch nicht ratsam. Das Wehr entpuppt sich als Schleuse, bei der beide Tore geöffnet sind. Also zurück mit dem Boot ins Wasser und weiter geht es im Mühlgraben nach Forst.
        Die Fahrt auf dem schmalen Gewässer endet vor einer Brücke, die so niedrig ist, dass sie höchstens kieloben zu unterfahren wäre. Aber das ist nicht erforderlich, mich erwartet tatkräftige Hilfe beim Aussetzen und Verladen des Bootes.
        Familienzusammenführung: Frau und Sohn wollen mich parallel zum Fluss ein Stück auf dem Oder-Neiße-Radweg begleiten.
        Kurz darauf rollert das Boot zur Pension Richtung Neißepromenade. Der Abend ist einem ausgedehnten Spaziergang und einem Restaurantbesuch vorbehalten. Für die Nacht bin ich meinem Sohn nach wie vor dankbar, dass er es mit seinen Alten in einem Zimmer ausgehalten hat.

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        • Paddolf
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          #5
          AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

          5. Tag
          Heute werde ich die letzten Wehre dieser Tour überwinden - und ich werde sie nicht vermissen. Nach dem Frühstück sind etwa 500m durch Forster Straßen zu rollern, dann kann ich nach dem Mühlenwehr das Boot wieder seinem Element anvertrauen. Der Mühlgraben hat noch immer eine erfreuliche Strömung und hält sogar einen Schwall bereit, die Strecke bis zur Vereinigung mit der Neiße ist kurzweilig.

          Mittlerweile ist die Neiße etwas breiter geworden. An einigen Stellen haben sich Schwemmlandinseln gebildet. Auch wenn für den Kanuten ein enges Flussbett mehr Strömung bringt, als Wanderpaddler liebe ich es, wenn den Flüssen mehr Raum bleibt. Ich paddele ja nicht, um schnell von A nach B zu kommen, sondern um auf den Pfaden, die die Natur vorgibt, das Reisen aus eigener Kraft und die besondere Perspektive eines Wasserweges zu erleben.



          Die Neiße hat jetzt kurz vor dem Wehr Grießen ihren westlichsten Punkt erreicht. Links weiß man den Tagebau Jänschwalde, der sich langsam Richtung NordNordOst durch die Landschaft frisst. Obwohl nur etwa 500m entfernt ist nichts davon zu spüren, dass hier in großem Stil Braunkohle abgebaut wird. Am Wehr Grießen selbst arbeitet ein Wasserkraftwerk, aber dessen Leistung dürfte kaum reichen, um die Pumpen zur Grundwasserabsenkung für den Tagebau zu betreiben. Es ist nicht leicht, sich hier zu positionieren. Einerseits schmerzt die Landschaftszerstörung, andererseits möchte man auch den günstigen Strom aus der Steckdose.

          Nach dem Wehr Grießen gibt es 4 nette Schwälle, danach aber scheint sich die Neiße auf Wehr Gastrose vorzubereiten. Die Umtragung hier ist problemlos, nur unmittelbar nach dem Wiedereinsetzen fahre ich mich letztmalig auf dieser Tour an einer Sandbank fest - aber das ist hier eher Abwechslung als Ärgernis.


          auf der Sandbank ; vor Guben

          Bis Guben sind die Ufer seltener baumbestanden, die Neiße hat eher den Charakter eines Wiesenflusses, die Strömung ist verhalten, zwischen den häufig schilfbewachsenen, eingedeichten Ufern ist der Fluss gut gefüllt, so dass auch Boote mit etwas größerem Tiefgang als Kanus verkehren könnten.
          Als sich in der Ferne die ersten Häuser Gubens zeigen und sich der Rückstau des Wehrs bemerkbar macht, begegnet mir erstmals auf der Tour ein anderes Kanu. Wie sich später zeigt, ist es ein Canadier eines lokalen Bootsvermieters, der offenbar für einen Angelausflug bei gutem Wetter genutzt wird. Bereits in Sichtweite der Stadt und des städtischen Anlegers sind mehrere Boote unterwegs, ein Badeboot und 2 Familien auf einem Nachmittagsausflug. Beim Aussetzen habe ich tatkräftige Hilfe durch Jugendliche, die den Steg als Badeplattform nutzen. Allerdings müssen meine Helfer mehrfach zufassen. Offenbar haben sie nicht damit gerechnet, dass das Boot so schwer ist. Ein unbeladener Canadier bringt eben weniger als die Hälfte auf die Waage. Natürlich ist nun das Interesse geweckt und ich erzähle ein wenig über das Woher und Wohin.


          das Boot rastet ; schlecht geeigneter Einstieg

          Für das Wiedereinsetzen nach dem Wehr steht auf deutscher Seite eine protzige Treppe zur Verfügung, die allerdings für einen Alleinreisenden mit schwerem Wanderboot ungeeignet ist. Hier hat sich möglicherweise die Stadtverwaltung ein Denkmal setzen wollen, die Bedürfnisse der Nutzer sind da nur zweitrangig.
          Zum Glück befindet sich auf polnischer Seite am Ende der Wehrinsel eine sanfte Böschung. Die hat im Gegensatz zur Protztreppe wenig gekostet, ist aber sehr gut geeignet, das Boot wieder zu Wasser zu lassen. Bei einer guten Abstimmung zwischen polnischer und deutscher Seite hätte hier Geld gespart und trotzdem eine bessere Lösung geschaffen werden können.
          Jedenfalls bin ich hoch erfreut, das letzte Neißewehr ist überwunden.


          guter Einstieg ; Brückenbaustelle Coschen

          Ab jetzt befinde ich mich sogar auf einer Landeswasserstraße, allerdings ist das Befahren mit Motorbooten nicht gestattet. Stellenweise sind die Ufer mit Buhnen verbaut, ursprünglich wurde dieser Neißeabschnitt wohl tatsächlich für den Gütertransport genutzt. Die Buhnen sorgen für eine ordentliche Strömung, das wird mir so richtig bewusst, als ich an einem Schild vorbeirausche - irgendwas mit "...wasserstraße". Der Blick zurück bringt keine Klarheit, also paddle ich zurück. Gegen die Strömung ist das richtige Arbeit. Aha, auf der einen Seite des Schildes Landeswasserstraße, auf der anderen Bundeswasserstraße. Und wie ich noch so überlege, warum die Neiße Bundeswasserstraße ist, bin ich auch schon an der Neißemündung. Jetzt erst fällt der Groschen. Ich bin mit etwa 11km/h einfach schneller als erwartet vorangekommen.


          von der Landes- zur Bundeswasserstraße ; voraus ist die Oder in Sicht

          Die Ausfahrt auf die Oder bringt einen echten Wow-Effekt. Plötzlich fährt man aus der Enge eines eingedeichten Flusstales auf die Breite eines Stromes. Der Blick öffnet sich in alle Richtungen, selbst der Himmel scheint weiter zu werden. Aber ich darf jetzt nicht träumen, auch die Oderströmung ist beträchtlich und gleich hinter der Neißemündung ist Ratzdorf das Tagesziel. Das Pegelhäuschen ist nicht zu verfehlen. Bei jedem Oderhochwasser ein Medienstar und unverzichtbares Beiwerk, um sich als Politiker oder Reporter davor zu positionieren. Nun schnell in das Kehrwasser hinter der Buhne und schon liegt das Boot am Fuße des Pegelhäuschens.


          vor dem Anlegen am Pegelhäuschen

          Meine radfahrenden Begleiter lassen auch nicht lange auf sich warten und gemeinsam streben wir zur Pension Barth in Ratzdorf. Leider hat die Ratzdorfer Gaststätte Ruhetag, aber bevor ich den Kocher zum Erwärmen des Konserveneintopfes anwerfe, zaubert die Wirtin einen leckeren Kartoffelsalat mit Zutaten aus dem eigenen Garten auf den Tisch. Wer mag bekommt noch ein Würstchen aus dem Glas. Dazu kann man sich am Getränkekühlschrank bedienen - und ehrlich, was will man mehr? Gemeinsam mit den anderen Gästen bewundern wir den Sonnenuntergang über der weiten Oderniederung. Und auch für die nun folgende Nacht bin ich meinem Sohn dankbar, dass er es mit seinen Alten in einem Zimmer aushält.
          Zuletzt geändert von Paddolf; 27.11.2014, 18:08.

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            #6
            AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

            6. Tag
            Frühstück. Auch heute können wir wieder bewundern, was der Garten der Wirtin hergegeben hat, als Teil einer frischen, reichhaltigen und liebevoll zusammengestellten Salatbeilage. Wobei Salatbeilage trifft es nicht wirklich, das ist schon ein gleichberechtigtes Element der Mahlzeit. Obwohl ich für den heutigen Tag den längsten Teilabschnitt der Tour vorgesehen habe, lasse ich es gemütlich angehen und erst nach halb zehn sitze ich im Boot. Ich habe die Strömung auf meiner Seite und es ist angenehm, wieder durchziehen zu können. So komme ich gut voran. Da ich mich kaum auf das Steuern konzentrieren muss, bleibt trotzdem genügend Zeit, die Oderlandschaft zu genießen. Wenn ich die Paddel ruhen lasse, umfängt mich eine wohltuende Stille. Kein Rauschen des Wassers, kein Verkehrslärm und selbst der Wind hat beschlossen, am Vormittag zu ruhen. Der Fluss ist leer, nur die Bojen künden davon, dass hier gelegentlich Schiffe verkehren. Hin und wieder bekommt man Angler zu Gesicht, aber das gehört zu dieser Inszenierung von Weite und Stille.


            Oder nach Ratzdorf

            Kurz vor Fürstenberg ziehen die Reste einer am Ende des zweiten Weltkriegs gesprengten Brücke vorüber. Hier hat ein deutscher Pionier nach Zerstörung der Zündschnur sein Leben gegeben und die Sprengung mit einer Handgranate ausgelöst. Was bleibt ist Bewunderung für die Opferbereitschaft und Betroffenheit darüber, dass sie für diesen verbrecherischen und am Ende völlig sinnlosen Krieg eingesetzt wurde.

            Bei Fürstenberg mündet der Oder-Spree-Kanal. Von hier aus wären es noch etwa 4 Tage bis an den heimatlichen Steg beim MC Werder, doch es lockt ja die Ostsee. Das nächstgelegene Ziel ist aber erst einmal Aurith. Hier soll es hinter dem Deich eine Gaststätte geben. Zwar ist die Ortslage Aurith vom Wasser aus nicht erkennbar, aber ich kann mich an der Kilometrierung der Oder orientieren. Selbst ohne Flussführer hätte man den Ort gefunden, da ein Hinweisschild auf die Fähre zwischen Aurith und dem polnischen Urad verweist. Allerdings ist kein Fährboot sichtbar. Später erfahre ich, dass zwar ein Projekt existiert, die alte Verbindung zu reaktivieren, derzeit wird aber nur zum deutsch-polnischen Sommerfest der Fähranleger benutzt.


            Mündung des Oder-Spree-Kanals ; am Deich bei Aurith

            Neben dem Fähranleger kann ich das Boot bequem aussetzen und anschließend per Bootswagen über den Deich zerren. Und da ist auch schon die Gaststätte, ich brauche wirklich nur vom Deich herabzurollern. Jetzt warte ich noch auf meine Radfahrer. Zuvor belege ich bereits 3 Plätze im Schatten und bestelle ein Bier gegen den "Zischdurst". Es wird dann noch ein zweites Bier, da sich die Ankunft meiner Begleiter wegen Umbaumaßnahmen am Radweg verzögert.
            Nach dem gemeinsamen Mittagessen heißt es Abschied nehmen. Mein Sohn hat mich an drei Tagen auf dem Oder-Neiße-Radweg begleitet, verständlicherweise möchte er jetzt seine freien Tage selbst gestalten. Meine Frau möchte nicht als Alleinfahrerin weiter auf dem Radweg unterwegs sein. So radeln beide nun noch nach Frankfurt/Oder und fahren von dort mit dem Zug nach Hause.
            Auch ich erreiche bald Frankfurt. Der Bereich an der Mündung der alten Oder ist möglicherweise ganz nett, ansonsten wirkt der Ort aus der Kajakperspektive ungemütlich. Hohe Spundwände und dahinter Häuserklötze, nichts was zum Verweilen einlädt. Ich nehme mir nicht die Zeit, um in die alte Oder einzufahren und lasse den Ort sehr bald hinter mir.


            Wasserbauarbeiten an den Buhnen ; Frankfurt (Oder)

            Fast direkt an der Oder erhebt sich etwa 30m über dem Wasser ein Höhenzug, kleine Häuser und die Dorfkirche sind anmutig mit Büschen und Bäumen in Ufernähe verteilt und auf der Höhe zeigen sich ebenfalls Dächer. Auch für den, der es nicht aus der Karte ersehen kann, schafft am Hang ein Schriftzug à la Hollywood Klarheit. Ich passiere Lebus. Im alten Oderarm befindet sich ein Sportboothafen, er wirkt einladend, aber ich habe noch 24km zu paddeln.


            Lebus

            Nur einmal noch, ca. 16km vor dem Ziel gönne ich mir auf polnischer Seite eine Pause, verspeise zwei Müsliriegel und genieße den Blick von der Deichkrone.


            Blick vom Deich

            Spätestens nach einer weiteren halben Stunde wird klar, dass erneut ein Gewitter droht. Noch sind die Wolken einfach nur eindrucksvoll, aber bald schon grummelt es in der Ferne auf beiden Seiten der Oder. Mehrere Gewitterzellen scheinen unterwegs zu sein, aber bisher habe ich mich "durchgeschlängelt". Die letzte Stunde vor dem Ziel greife ich ordentlich ins Paddel. Links und rechts der Oder haben die Wolken "Bärte", noch hat es mich nicht erwischt.


            Gewitter im Anmarsch ; Wolke mit Regenbart

            Jetzt frischt aber der Wind auf und bläst mir kräftig entgegen. Bald ist Festung Küstrin erreicht und es hat noch immer nicht geregnet, der Wind hat sogar wieder etwas nachgelassen. Die Autobrücke, dann die Eisenbahnbrücke, es kann nicht mehr weit sein.


            Gegenwind ; Küstriner Brücken

            Links der Abzweig in den Küstriner Vorfluter, nur noch 300m zum Ziel. Und ausgerechnet jetzt öffnet der Himmel seine Schleusen. Es pladdert aber so richtig, binnen Minutenfrist bin ich durchgeweicht.











            Nun kann ich mir auch Zeit lassen. Ich mache das Boot am Steg fest und erkunde die Lage. Tatsächlich, gleich hinter dem Deich liegt mein heutiges Ziel, die Fischerei Schneider. Hier gibt es eine große Zeltwiese, ein paar Zimmer und einen Bungalow im Chic der 70-Jahre. Die Zimmer sind vergeben, die Zeltwiese kommt jedoch auf Grund der Feuchtigkeit nur als drittbeste Variante in Frage. Zwar endet der Regen so schnell wie er gekommen ist, aber ich entscheide mich doch für die faule Variante, auch wenn ich dafür ein paar Euro mehr abdrücken muss. Als ich wieder zum Wasser zurückkehre, um das Boot nachzuholen, wird mir erst bewusst, wie stark es sich abgekühlt hat. Das Oderwasser scheint plötzlich gewaltig aufgeheizt. So stark habe ich diesen Effekt noch nie erlebt.
            Zwar ist schon Küchenschluss, aber freundlicherweise findet sich noch etwas Kartoffelsalat und eine Räucherforelle ist beim Fischer sowieso aufzutreiben. So komme ich doch noch zu einem leckeren Abendbrot. Ich will mich langsam auf die Nachtruhe vorbereiten, der Fischer allerdings hat noch einen Gang vor sich. Er gehört zu einer Bürgerstreife, die in Sicherheitspartnerschaft mit der Polizei in jeder Nacht durch den Ort patrouilliert. Das Problem Grenzkriminalität hat bisher in jedem der Orte eine Rolle gespielt, wenn man mit den Einwohnern ins Gespräch kam. Autos werden so gekauft, dass sie für Diebe weniger attraktiv sind, neue Fahrräder legt man sich nicht zu und Türen, Tore und Fenster werden möglichst stabil ausgeführt und tatsächlich verschlossen gehalten. Für die Grenzanwohner bedeutet das eine Einschränkung der Lebensqualität. Trotzdem betont der Fischer, dass er dem Gedanken der europäischen Einheit aufgeschlossen gegenübersteht, zumal er einen guten Teil seiner Erzeugnisse nach Polen verkauft. Unlängst wurden in einer Fernsehreportage den Bürgerstreifen rechtsradikale Tendenzen unterstellt. Das scheint zumindest für den Fischer überhaupt nicht zutreffend.

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              #7
              AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

              7. Tag
              Ich hätte das Frühstück gern schon zu halb sieben bestellt, aber so früh arbeitet die Küche nicht. Selbst eine Stunde später bin ich der erste Frühstücksgast und kann mir meinen Platz aussuchen - natürlich so, dass mir die Sonne auf die Nase scheint. Auch als ich schon das Boot wieder über den Deich Richtung Oder rollere ist noch kein weiterer Frühstücksgast zu erblicken. Zuvor habe ich im - wie soll ich sagen - Fischschlachteraum meine Wasservorräte aufgefüllt, schon etwas kurios, am selben Waschbecken, an dem gerade die Fische nach dem Ausnehmen ausgespült werden. Aber das Wasser kommt ja frisch aus dem Hahn.


              Blick vom Deich bei Fischerei Schneider

              Nicht lang nach den ersten Paddelschlägen des heutigen Tages mündet von rechts die Warthe. Gefühlt wird jetzt die Strömung gemächlicher, aber vermutlich täuscht das nur. Weder nehme ich mir die Zeit, mich zwischen zwei Kilometermarken treiben zu lassen, noch habe ich ein GPS-Gerät, um die Geschwindigkeit direkt zu messen.







              Der Himmel ist mit dünnen Wolken bedeckt, es gibt keine scharfen Schatten aber die Sonne ist sehr wohl sichtbar. Wie gestern gibt es kaum Wind und die Landschaft ist wieder weit. Nach der Warthemündung haben die Tonnen zur Markierung des Fahrwassers eine andere Form, ansonsten könnte man auch meinen, kurz nach der Neißemündung befindlich zu sein. Keine Brücke und kein Wehr stören den Lauf der Oder, sie strömt gleichmäßig und bestimmt zwischen den Buhnen. Am Ufer finden sich nur wenige Zeichen der Besiedlung. Hin und wieder Angler, einmal weidet eine Rinderherde im Uferschilf, eine Verladebrücke für Kies wird sichtbar und natürlich begleiten mich die Schifffahrtszeichen. Ein Boot des Schifffahrtamtes Eberswalde kommt entgegen, wenig später überholt mich eine polnische Motoryacht, ansonsten ist die Oder fast leer.


              auf der Oder

              Erst nach 18km tritt Groß Neuendorf an das Oderufer heran. Nach dem der Hafen des Ortes seine Bedeutung für den Frachtverkehr eingebüßt hat, sind hier auf den Gleisen am Kai insgesamt 5 Waggons aufgestellt und offenbar als Ferienunterkünfte hergerichtet. In Gedanken wünsche ich den Betreibern viel Erfolg mit dieser bezaubernden Idee.










              Auf polnischer Seite wird bald Cellin oder deutsch Zellin sichtbar. Der Ort lehnt sich an einen Höhenzug, der sich etwa 20m über dem Tiefland erhebt und hier direkt an die Oder herantritt. Markant ist der weiß gestrichene Kirchturm. Vom Ort selbst ist nicht viel zu sehen, die Häuser befinden sich wohl hinter dem Uferhang.
              Die nächste Ortschaft ist dann Güstebiese oder polnisch Gozdowize. Hier quert eine Fähre mit dem schönen Namen "bez granice" (ohne Grenze) die Oder, ein guter Ort für eine Rast.


              Güstebiese

              Unweit des Fähranlegers kann ich das Boot aus dem Wasser nehmen. Von dort sind es etwa 200m bis zu einem Imbisswagen, der gut sichtbar am Uferhang auf Gäste wartet. Das Angebot ist nicht überwältigend, die Gulaschsuppe kann man auch besser kochen, aber der Blick über die Oder schweift weit ins Oderbruch und die Imbissbetreiberin scheint nett zu sein. Ich versuche mich mit meinen rudimentären Russischkenntnissen verständlich zu machen, schließlich gehören Polnisch und Russisch zur selben Sprachfamilie. Irgendwie gelingt es mir wahrscheinlich mit fürchterlicher Grammatik und primitiver Wortwahl und es kommt zumindest der Ansatz eines Austauschs zu Stande.


              Blick vom Imbissplatz

              Mittlerweile hat sich am Fähranleger auf der gegenüberliegenden deutschen Seite eine Autoschlange gebildet, einige Radfahrer möchten ebenfalls die Oderseite wechseln, aber der Fährmann wird offenbar nicht für die Transportleistung bezahlt. Für ihn ist jetzt Pause. Auch am Pausenende begibt er sich mit aufreizender Gelassenheit zur Fähre und wirft erst nach umständlichen Getue den Motor an. Bis dahin haben einige Beförderungswillige die Schlange verlassen und sich einen anderen Weg gesucht. Schade, hier wird dem schönen Gedanken "bez granice" kein Gefallen getan.
              Plötzlich bin ich ein wenig aufgeregt, zwei weitere Paddler ziehen auf der Oder vorbei. Aber ehe ich in mein Boot gestürzt wäre, hätten sich die Paddler schon längst in unerreichbarer Entfernung befunden. Also schlürfe ich in Ruhe meinen Kaffee und verabschiede mich dann am Imbiss.
              Auf polnischer Seite wird die Oder etwa seit Zellin von Hügeln begleitet, auf deutscher Seite zieht sich seit etwa 50km das Oderbruch hin. Jetzt am Nachmittag wird aber auch auf deutscher Seite ein Höhenrücken sichtbar. Bald darauf durchbricht die Oder bei Hohenwutzen diesen Endmoränenzug, den sogenannten Neuhagener Dorn.


              Brückenrest ; Neuhagener Dorn

              Dieser Oderverlauf entspricht aber nicht den ursprünglichen Verhältnissen. Vor nun bald 300 Jahren wurde unter Friedrich II die Oder an den Ostrand des Oderbruchs verlegt und zur Abkürzung des Flussverlaufs ein Kanal durch den Neuhagener Dorn gegraben, ebenjener Kanal, den man mittlerweile als Flussbett der Oder kennt. Eingedenk der damaligen technischen Möglichkeiten eine großartige Leistung. Das vormalige Flussbett der Oder umfasst den Neuhagener Dorn auf der Westseite, der Wasserspiegel liegt etwa 2m tiefer als derjenige der "modernen" Oder. Ein großflächiger Deichbruch hätte gravierende Folgen.
              Nachträglich betrachtet hätte hier in Hohenwutzen meine Tagesetappe enden sollen, 48km sind zwar dank Strömungsunterstützung nicht viel aber durchaus akzeptabel. Allerdings habe ich mir in den Kopf gesetzt, die Oder bis Mescherin, dem letzten Ort auf deutscher Seite in drei Tagen zu befahren, um die Zeit, die meine Frau ihre Ferien ohne mich verbringen muss möglichst kurz zu halten. Also gönne ich mir fast noch in Sichtweite von Hohenwutzen bei Oder-km 666 nur eine kurze Pause. Im rechten Unterarm machen sich langsam Ermüdungserscheinungen bemerkbar, aber so etwas hat man ja manchmal beim Paddeln.


              Rast bei Oder-km 666













              Das heutige Wetter ähnelt dem gestrigen. auch jetzt schieben sich Gewitterwolken zusammen, zwar nicht so bedrohlich wie gestern, aber in der Ferne rumpelt es bereits. Vor allem der Wind frischt auf und wird heftig. Die Wellenhöhe erreicht bis zu 20cm, für die Oder ist das ganz beachtlich. Das sorgt dafür, dass das Vorschiff bis zur Spritzdecke nass wird. Nichts Bedrohliches, aber ich habe ordentlich zu tun, um gegen den Wind anzukämpfen.


              Einfahrt zur HoFriWa ; Wellen auf der Oder

              Zum Glück dauert die Phase starken Windes nur etwa eine halbe Stunde, der kräftige Gegenwind bleibt mir jedoch erhalten. Der rechte Unterarm schmerzt nun deutlicher, das lässt eine heraufziehende Sehnenscheidentzündung erahnen. Ich versuche, vor allem mit links zu ziehen, um die Fingerkrümmer der rechten Hand zu entlasten. Noch bin ich optimistisch, dass alles wieder ins Lot kommt.
              Auf der rechten Seite öffnet sich eine Durchfahrt zu einem großen Baggersee. Hier wird offenbar in großem Stil Kies abgebaut. Und wie zur Bestätigung kommt mir kurz darauf ein Schubverband entgegen und fährt in den See ein. Ab jetzt begegnen mir regelmäßig Schubverbände die leer oderaufwärts und kiesbeladen wieder zurück fahren. Nun ist auch die Betonnung des Fahrwassers sinnvoll.
              Schon seit einiger Zeit fahre ich entlang des Nationalparks "Unteres Odertal". Die Deiche auf deutscher Seite zu den Polderflächen scheinen flacher und häufiger mit Büschen und Bäumen bestanden, sonst sind vom Wasser aus keine großen Unterschiede zum Oderbruch zu bemerken.


              am Oderpolder

              Links taucht irgendwann ein markanter Holzturm auf, direkt am Pegel Stützkow. Der wasserseitige Zugang wird allerdings durch eine Schafherde verteidigt. Ich nehme den "Kampf" auf. Für einen guten Blick bin ich bereit, Opfer zu erbringen. Zum Glück kommen die Schafe nicht auf die Idee, sich gegen mich zu verbünden, sie ziehen es vor zu flüchten. Den Elektrozaun an der Deichkrone kann ich mit einem beherzten Schritt überwinden und jetzt steht dem Aufstieg nichts mehr im Wege.


              Pegeltreppe Stützkow ; Blick vom Turm stromab

              Tatsächlich, der Aufstieg hat sich gelohnt. Hier einmal vielen Dank der Nationalparkverwaltung. Ich bleibe über eine halbe Stunde auf dem Turm, genieße die Aussicht und hänge meinen Gedanken nach. Gänzlich unerwartet kommen die beiden Paddler vorbei, die ich heute schon am Imbiss erspäht hatte. Sie müssen mein Boot sehen, kommen aber leider nicht zum Turm. Wahrscheinlich suchen sie gleich mir ein Biwakplatz und der Abend bietet nicht mehr lange genügend Licht für die Suche. Ich habe mir bereits aus der Höhe eine Stelle auf polnischer Seite ausgeguckt. Zwar ist auf deutscher Seite gleich hinter dem Turm eine Senke, die sich hervorragend zum Rasten eignen würde, aber im Nationalpark ist das Biwakieren verboten. Also setze ich zur avisierten Stelle über und finde auch wirklich einen geeigneten Platz.


              Eine flache Senke bietet etwas Schutz vor dem Wind, das Gras lässt sich niederdrücken der Boden ist halbwegs eben. Der Schädel stört nicht (wo sind eigentlich die restlichen Knochen??), aber man muss ein wenig Obacht geben, um beim Aufstellen des Zeltes nicht in Kuhfladen zu treten.






              Biwak

              Zum kräftigen Wind gesellt sich noch ein leichter Niesel, so dass ich mich beeile, nach dem Konserveneintopfabendbrot ins Zelt zu kommen. Der Wind zottelt noch ein wenig am Zelt und ich massiere an meinen Unterarm und dann bin ich eingeschlafen.
              Zuletzt geändert von Paddolf; 07.12.2014, 19:10.

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                #8
                AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                8. Tag
                Wieso fährt hier ein Moped ums Zelt? Nach dem was ich am Abend gesehen habe, befinde ich mich auf einer Insel ... Ein erster Blick aus dem Zelt - kein Moped zu sehen, das Geräusch ist auch verstummt. Vorsichtig blicke ich über den Rand der Senke. Aha, ein Angler hat sein Boot mit Außenbordmotor keine 20m entfernt ans Ufer gefahren. Offenbar hat er das Zelt nicht gesehen und scheint ebenso erstaunt, jemanden auf der Insel vorzufinden. Da ich nun einmal wach bin, kann ich auch aufstehen.


                Biwakplatz mit Aussichtsturm

                Der Wind hat nachgelassen, der Himmel ist bewölkt aber nicht unfreundlich. Nur der nächtliche Regen hat eine Pfütze im Boot hinterlassen, die jedoch mit dem Schwamm schnell entfernt ist.


                Wasser im Boot ; Füße trocknen nach dem Start

                Knapp zwei Stunden später sitze ich wieder im Boot und erlebe nach wenigen Minuten eine kleine Überraschung: Die beiden gestern gesichteten Paddler haben offenbar am anderen Ende der langgestreckten Insel biwakiert und fahren kurz vor mir auf die Oder. Die Beiden lassen es recht gemütlich angehen, so dass ich sie nach kurzer Zeit eingeholt habe. Es stellt sich heraus, es sind Polen. Da nur einer der beiden etwas Englisch spricht, schlechter als ich (und das will etwas heißen) kommt leider kein Gespräch zu Stande, ich verabschiede mich und fahre voraus.
                Das Wetter wird jetzt immer besser, die Sonne lässt sich blicken. Es reicht zwar noch nicht für Schönwetterwölkchen, aber es sind immerhin nur noch Schönwetterwolken, die da am blauen Himmel schweben.


                so muss Wetter

                Dumm nur, dass sich der rechte Unterarm in der nächtlichen Ruhepause nicht vollständig erholen konnte. Schon bald ist die Situation vergleichbar mit der des Vorabends. Ich ziehe zwar vorwiegend mit der linken Hand am Paddel, trotzdem nehmen die Schmerzen zu. Es ist nicht vorstellbar, so in zwei Tagen von Mescherin nach Altwarp und danach über Haff und Ostsee zu paddeln. Der Verstand sagt, ich muss abbrechen. Vor einiger Zeit hatte ich nach exzessivem Holzhacken eine Sehnenscheidentzündung und konnte dann fast 3 Monate gar nicht mehr paddeln, ich bin also gewarnt. Trotzdem fällt es mir außerordentlich schwer, zu Hause anzurufen, um die Rückabholung zu organisieren. Ich würde gern noch bis Mescherin fahren, um wenigstens den deutschen Oderabschnitt komplett zu absolvieren, aber für meine Fahrer ist das eher ungünstig. Daher vereinbaren wir die Abholung bereits aus Gartz - im nachhinein gesehen die richtige Wahl, denn die Beschwerden nehmen immer mehr zu.
                Nun, da die Entscheidung gefallen ist, versuche ich, die letzten etwa 20km so gut es geht zu genießen. Die Oder und das Wetter machen mir das zum Glück leicht. Und wie zur Aufmunterung lässt sich bald auf der linken Oderseite ein weiterer Holzturm blicken. Natürlich lasse ich mir die Chance auf den Perspektivwechsel nicht entgehen, zumal eine Pause durchaus passend ist. Der Turm selbst wurde offenbar nicht als Aussichtsturm sondern eher für die Tierbeobachtung konzipiert, ich setze mich nach kurzer Zeit lieber auf den Deich und lasse mich von der Sonne verwöhnen. Aus leicht erhöhter Position hat man einen kaum schlechteren Blick über diesen Teil des Nationalparks.


                mit Rahmen


                Blick vom Turm ; Aussicht über den Oderpolder nach Schwedt

                Bald ziehen wieder die polnischen Paddler vorbei und übernehmen die Führung. Ich steige kurz darauf ins Boot und nehme mit reduziertem Krafteinsatz die Verfolgung auf. Jeglicher Ehrgeiz, die beiden einzuholen ist mir allerdings wegen meines Handicaps abhanden gekommen. Kurz darauf passiere ich die Schwedter Querfahrt, bewundere einige angeknabberten Bäume nebst zugehörigen Bibergleiten und mache mir Gedanken über das Wassermanagement im Nationalpark. Offenbar trauen die Naturschützer der Natur nicht recht. Die Naturparkverwaltung legt fest, wann die Oderpolder geflutet werden und wann das Wasser wieder abgelassen wird. Die Oder selbst hat da wenig "Mitspracherecht". Wahrscheinlich gibt es sachliche Gründe dafür, aber manchmal scheint es mir, dass es leider auch unter den Naturschützern Typen gibt, die vor allem ihre persönlichen Vorstellungen von dem was richtig und falsch ist durchsetzen wollen. Natürlich muss man dankbar sein, dass sich Menschen darum kümmern, eine lebenswerte Umwelt zu erhalten. Manchmal wünscht man sich jedoch mehr Augenmaß und Kompromissbereitschaft.
                Auf Höhe Widuchowa auf deutsch Fiddichau treffe ich wieder die polnischen Paddler, die hier gerastet haben und gerade ihre Boote zu Wasser lassen. Nun, da wir einander schon so oft begegnet sind, versuchen wir doch trotz der Verständigungsprobleme ins Gespräch zu kommen. Ich erfahre, dass die Beiden zu einem Posener Kanuklub gehören und von dort aus erst auf der Warthe, dann auf der Oder bis nach Gryfino auf deutsch Greifenhagen paddeln. Der Ort liegt etwa auf gleicher Höhe wie mein ursprüngliches Tagesziel Mescherin, allerdings an der Ostoder. Einen der Beiden plagen Schulterprobleme und wir bedauern uns gegenseitig. Ich glaube, ich habe sogar geschafft zu erklären, was das deutsche Wort "Sehnenscheidentzündung" bedeutet.


                einer der polnischen Paddler ; Widuchowa

                Kurz darauf trennen sich unsere Wege, die polnischen Paddelkameraden bleiben auf der Ostoder und nutzen die noch beachtliche Strömung. Ich wechsele dem Grenzverlauf folgend in die Westoder, die hier am Marienhofer Wehr vom Hauptstrom abzweigt.


                letzter Blick zurück auf die Stromoder

                Das Wehr ist offen, die Durchfahrt beschert mir letztmalig auf der Tour einen kleinen Schwall, es kommt ein wenig Neißefeeling auf.












                Noch einmal gönne ich mir eine Mittagsrast an einem schon fast idyllischen Plätzchen. Biber haben eine kräftige Weide gefällt, die wie ein Tisch im saftigen Gras liegt, die Nachbarweide ist zwar schon arg beknabbert, spendet aber noch lichten Schatten, der Wind fächelt ein wenig und über mir lassen die Schönwetterwolken den blauen Himmel erst so recht zur Wirkung kommen. Der Blick übers Wasser führt zunächst auf die schilfbesäumten Ufer und danach auf den lockeren Baumbestand der polnischen Oderpolder. Ganz im Hintergrund komplettieren die rot-weißen Schornsteine des Kraftwerks Gryfino gekrönt von einem weißen Dampfwölkchen die großartige Kulisse.


                Rastplatz


                Kochstelle mit Küchentisch ; Biberarbeit

                Vor mir liegen jetzt die letzten 6km der Tour. Ich pflege einen seltsamen Paddelstil, das Paddel taucht rechts kaum noch ins Wasser. Da auch die Strömungsunterstützung fast völlig fehlt, geht es nur mit mäßigem Tempo voran. Immer wieder lässt sich der Kirchturm von Gartz zwischen den Bäumen erblicken, dann noch eine letzte Wendung der Oder und das Gartzer Ufer wird sichtbar.


                Gartzer Kirche

                Ich hadere mit meinem Schicksal. Wenn es wenigstens ungemütliches Wetter wäre, dann könnte man leichten Herzens die Tour abbrechen. Aber das Jammern hilft ja nicht, an einem der Gartzer Sportbootanleger muss ich das Boot aus dem Wasser nehmen. Das funktioniert auch ganz gut, bald liegen Boot und Gepäck auf der Hafenmauer und ich sitze im benachbarten Biergarten vor einer Kaffeetasse.


                Boot und Gepäck bereit zur Abholung

                Wenig später kommen Tochter und Freund angefahren und offerieren mir, dass sie mein Auto auch auf dem Rückweg fahren möchten. Na ja, mir soll's recht sein, so sitze ich jetzt auf der Rückbank, kann auf den ersten Kilometern noch sehnsüchtig zum Odertal schauen und tauche langsam wieder aus der ganz anderen Welt einer Paddelreise auf.

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                • Baciu
                  Dauerbesucher
                  • 18.07.2013
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                  #9
                  AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                  Schöner Bericht aus meiner alten Heimat
                  Allerdings, dass der Elektrozaun Enten abhalten soll ist mir neu. Die wurden aufgebaut wegen Wildschweinen, die den ganzen Park durchwühlen. Richtig geholfen hat der aber auch nicht.

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                  • Paddolf
                    Erfahren
                    • 22.10.2014
                    • 339
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                    #10
                    AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                    Schluss
                    Eigentlich ruft die Tour danach wiederholt zu werden, allerdings mindestens in der geplanten Länge, so dass mit Kleinfluss, Strom, Haff und Ostsee alles dabei ist. Meine Chefin hat mir aber schon offenbart, dass sie in Zukunft höchstens noch eine Woche familienfrei im Urlaub genehmigt. So wird also wohl erst mit der Rente eine Neuauflage der Tour möglich werden. Damit ich bis dahin nicht alles vergesse, meine Tipps für mich.

                    Hallo Rentner,
                    gehe mit Paddelkameraden auf Tour. Falls das nicht möglich sein sollte, plane deutlich mehr Zeit an den Wehren ein, betrachte das Umtragen als Gelegenheit für einen Perspektivwechsel und als willkommene Abwechselung. Wähle kürzere Tagesetappen. Suche Dir bereits am frühen Abend Biwak oder Unterkunft und gönne Dir mal eine Mußestunde am Lagerfeuerchen oder auch Erkundungen in den Orten rechts und links der Route.

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                    • Biki
                      Erfahren
                      • 10.12.2010
                      • 328
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                      #11
                      AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                      Schön zu lesen.

                      Danke für's Erzählen!
                      http://bikibike.wordpress.com/

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                      • German Tourist
                        Dauerbesucher
                        • 09.05.2006
                        • 849
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                        #12
                        AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                        Vielen Dank für den schönen Bericht, der so richtig Lust macht, dort auch mal zu paddeln. Das Problem mit dem Umtragen der Wehre kann ich sehr gut nachvollziehen: In Schweden habe ich beim Umtragen der Schleusen ähnlich geflucht wie Du.

                        Besonders gut gefallen hat mir an Deinem Bericht, dass er ein sehr realistisches Bild der Tour zeichnet und viele praktische Infos enthält. Anhand Deiner Photos und Beschreibungen kann ich mir jetzt ein sehr gutes Bild davon machen, was mir auf dieser Tour bevorsteht - denn die Oder-Neisse steht irgendwann bei mir auch noch an.

                        Ich hoffe, Du hast Deine "Arm"-Probleme mittlerweile komplett auskurieren können.
                        http://christinethuermer.de/ 53.000 zu Fuß, 30.000 km per Fahrrad, 6.500 km im Boot

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                        • Babsbara
                          Erfahren
                          • 26.06.2013
                          • 169
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                          #13
                          AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                          Superschöner Bericht!

                          Ich bin zwar überhaupt kein Paddler, aber da bekommt man richtig Lust! Die Gegend kenn ich dafür sehr gut, da ich in der Niederlausitz aufgewachsen und dann nach Berlin gezogen bin. Das lässt sich auch immer gut mit einem Besuch im Oderbruch verbinden. Und schließlich finde ich es auch schade, dass du es nicht bis ins Haff geschafft hast. Die Insel Usedom ist eins meiner liebsten Urlaubsziele!

                          Ich hoffe, dein Arm lässt wieder Paddeltouren zu und du schreibst dann weiter so schön darüber!

                          LG,
                          Babs

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                          • Ditschi
                            Freak

                            Liebt das Forum
                            • 20.07.2009
                            • 12335
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                            #14
                            AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                            Hallo Rentner,
                            gehe mit Paddelkameraden auf Tour. Falls das nicht möglich sein sollte, plane deutlich mehr Zeit an den Wehren ein, betrachte das Umtragen als Gelegenheit für einen Perspektivwechsel und als willkommene Abwechselung. Wähle kürzere Tagesetappen. Suche Dir bereits am frühen Abend Biwak oder Unterkunft und gönne Dir mal eine Mußestunde am Lagerfeuerchen oder auch Erkundungen in den Orten rechts und links der Route.
                            Schöner Bericht. Yepp, genau so haben wir das vor. . Nicht ...von ... bis = Stress, sondern der Weg ist das Ziel.
                            So stelle ich mir das jedenfalls vor. Danke für den Rat an einen baldigen Pensionär.
                            Ditschi

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                            • Paddolf
                              Erfahren
                              • 22.10.2014
                              • 339
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                              @Baciu
                              Allerdings, dass der Elektrozaun Enten abhalten soll ist mir neu. Die wurden aufgebaut wegen Wildschweinen, die den ganzen Park durchwühlen. Richtig geholfen hat der aber auch nicht.
                              Das der Zaun die Enten fernhalten soll, erschien mir auch kurios. Aber gegen Wildschweine hilft ein Zaun direkt am Ufer wahrscheinlich noch viel weniger, es sei denn, die Borstenviecher kommen sozusagen als Bootsflüchtlinge und kentern direkt im Wehrrückstau.
                              Vielleicht dient der Zaun also doch der Eindämmung des ungezügelten Paddlerzustroms


                              @Babsbara, @German Tourist
                              Vielen Dank für Eure Nachfrage bezüglich meiner Hand. Schon eine Woche später war ich wieder auf dem Wasser, allerdings mit meiner Holden im Zweier. Da geht es dann wesentlich gemütlicher zu, das ist eher ein Dahingleiten denn Paddelei. Aber mittlerweile kann ich auch wieder ordentlich ans Paddel fassen.


                              Hier im Forum findet man wirklich viele schöne Reiseberichte - und wenn sich meine Beschreibung dort einreiht, freut mich das natürlich.
                              Ich habe noch einen Bericht von meiner Tour aus 2013. Damals war ich noch nicht auf die "Outdoorseiten" gestoßen und habe das nur für Familie und Freunde zusammengestellt. Ich könnte den Text ja mal für ODS überarbeiten ...

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                              • kanuwanderer
                                Gerne im Forum
                                • 14.03.2011
                                • 58
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                                Ein sehr schöner Bericht. Ist Dein Boot nun ein Kodiak oder doch ein Motion ? Für so eine Tour scheint ein PE-Boot jedenfalls besser geeignet als ein GKF- oder Diolenboot zu sein.

                                VG
                                Thorsten

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                                • Paddolf
                                  Erfahren
                                  • 22.10.2014
                                  • 339
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                                  #17
                                  AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                                  @kanuwanderer
                                  Es ist tatsächlich ein Motion - oder (mit gewisser Wehmut) - es war ein Motion.
                                  Das Boot hat mich getreulich 4 Jahre begleitet, aber die Ladekapazität ist mir für eine längere Gepäcktour doch etwas gering. Ich hatte das Boot schon mit etwa 10kg überladen, hätte aber gern noch etwas mehr hinzugenommen, z.B. einen Trocki, falls es auf der Ostsee etwas ruppiger zugegangen wäre.
                                  Das neue Boot ist ein Seayak 520. Du siehst, ich bleibe den Plasteschüsseln treu, um auch in Zukunft ohne Bedenken an einer steinigen Küste anlanden oder eine Tour mit Kratzpotential unternehmen zu können.
                                  Noch ein Wort zum Vergleich Seayak - Motion: Das neue Boot ist ca 5-7% schneller (bei einer Geschwindigkeit von ca. 7,5km/h). Ich kann das ziemlich gut an meiner Standardpaddelstrecke ablesen, da liegen mir ausreichend Daten vor. Der Motion hat wie bei dem Unterschiff nicht anders zu erwarten eine höhere Anfangsstabilität, in der Endstabilität kann ich so große Unterschiede nicht erkennen. Worauf ich nicht gefasst war ist, dass der Seayak doch deutlich schwerer um die Kurve geht. Der von mir geliebte Heckruderschlag bringt fast gar nichts. Dafür geht der Seayak deutlich besser durch die Wellen. Ich war unlängst bei einer satten Windstärke 5 auf der Müritz, das war richtig geil . Im Motion platscht man über die Wellen und wird ständig ausgebremst, im Seayak fährt man immer noch ganz passabel.
                                  Schließlich hat der Seayak leider nur wenige Liter mehr Gepäckvolumen als der Motion. Wenn man die um 30kg größere Zuladung ausnutzen will, heißt es basteln ... Bugschott versetzen und solche Dinge. Dazu habe ich überhaupt keine Lust, aber so für Weihnachten - Neujahr habe ich mir das vorgenommen.
                                  Zuletzt geändert von Paddolf; 14.01.2015, 22:39.

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                                  • Atze1407
                                    Fuchs
                                    • 02.07.2009
                                    • 2425
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                                    #18
                                    AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                                    Hallo Paddlof,

                                    da bist Du ja fast direkt vor meiner Haustür gestartet.

                                    Schöne Tour und guter Bericht.

                                    VG
                                    Atze
                                    Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
                                    Abraham Lincoln

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                                    • Pannacotta
                                      Erfahren
                                      • 10.01.2014
                                      • 109
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                                      #19
                                      AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                                      Zitat von Paddolf Beitrag anzeigen
                                      Hallo Rentner,
                                      gehe mit Paddelkameraden auf Tour. Falls das nicht möglich sein sollte, plane deutlich mehr Zeit an den Wehren ein, betrachte das Umtragen als Gelegenheit für einen Perspektivwechsel und als willkommene Abwechselung. Wähle kürzere Tagesetappen. Suche Dir bereits am frühen Abend Biwak oder Unterkunft und gönne Dir mal eine Mußestunde am Lagerfeuerchen oder auch Erkundungen in den Orten rechts und links der Route.
                                      Hallo Paddolf,

                                      vielen Dank für den sehr sehr schönen und sehr inspirierenden Bericht. Ich werde das irgendwann mit meinen Töchtern fahren (wenn sie dann noch Lust dazu haben) - und wir werden Deine Ratschläge an Dich selbst gerne beherzigen :-)

                                      Schöne Grüße
                                      Florian
                                      Mein Kanulog

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                                        Anfänger im Forum
                                        • 13.06.2016
                                        • 26
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [DE, PL] Neiße - Oder Kajaktour

                                        Tolle Tourenbeschreibung.
                                        Das sollte ich auch mal machen.
                                        Aber da ist so viel auf dem Plan.
                                        Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

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