Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

[Gassan]

http://www.staff.uni-marburg.de/~braemer/jurep03kz.htm


Was haltet ihr von dieser Auffassung?

Ich kann einiges von der Meinung die der Autor vertritt nachvollziehen und sogar auch bestätigen aus eigener Erfahrung.

Zwar wettert er wohl ein klein wenig gegen Umweltschutz, aber an und für sich ist es gar nicht so falsch.

Nach meiner eigenen Erfahrung ist die Naturentfremdung bei der Jugend heutzutage größer denn je.

[markrü]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Bei den Früchten der Rose muss ich jetzt aber auch eine Wissenslücke eingestehen..

Wikipedia sagt: Hagebutte. Ja. Hirnschwund.

Markus

[Boreas]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Knifflig. Auf der anderen Seite ist es immer die Elterngeneration, die der nächsten bestimmte Umgebungen schafft, und wenn dort eben ganz stark auf Sicherheit, Komfort und selbstgewählte Stimulation gesetzt wird passen sich die Kinder eben an. Insofern ist das Benennen von Pflanzen und Tieren nicht "elementare Alltagskenntnis", wie er da schreibt, weil es gerade keine Rolle im Alltag spielt.

Wie man das bewertet ist eine andere Frage, aber die Argumentationskette ist mir da zu schwach.

Aus anderem Blickwinkel könnte man ja auch behaupten dass der Verfasser für weite Berufsfelder ungeeignet ist, weil ihn jeder 14jährige am PC ausmanövriert...

[Torres]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Kinder lernen das, was sie brauchen und was ihre Umgebung hergibt. Da heute kaum noch jemand in der Landwirtschaft arbeitet oder sich aus der direkten Produktion ernährt, ist es doch klar, dass dieses Wissen verloren geht. Dafür eignen sich Kinder anderes Wissen an - nämlich das, was ihnen jetzt und später nützt: Computerkenntnisse, das Wissen, wie eine U-Bahn funktioniert etc.

Das ist ganz normal und hat mit Verblödung nichts zu tun. Das Wissen der Großeltern wird durch anderes Wissen und andere Denksysteme ersetzt, ein ganz normaler Prozess. Dass es da dann immer wieder Ungereimtheiten oder Logikbrüche, liegt in der Natur der Sache und im Wesen des Menschen, der Irrationalitäten schon immer zugeneigt war - trotz Aufklärung oder naturwissenschaftlicher Beweisführung.

[Ditschi]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Hallo,
ich finde, daß der Autor die Situation sehr gut und treffend beschrieben hat.
Und er hat an keiner Stelle das Wort Verblödung verwandt. Das hat Gassan ins Spiel gebracht. Und deshalb ist auch die Antwort von Torres treffend.
Das Problem ist, daß Menschen entkoppelt von der Natur aufwachsen und dann Fähigkeiten und Strategien entwickeln, die sie in der neuen Umgebung zum Überleben brauchen. Aber die Natur ist deshalb nicht weg. Die Decke der Zivilisation ist dünn, und gelegentlich bricht die Natur gewaltsam in das behütete Dasein ein. Fassungslosigkeit ist die Folge. Die Konsequenz kann doch nur sein, den Jugentlichen durch Unterrichtung die Natur wieder nahezubringen.
Ohne Bambisyndron und falsche Sentimentalität.
Aber wie das gehen soll, wenn auch den Lehrern die Vorstellung abhanden gekommen ist, daß Fischstäbchen einmal gelebt haben, weiß ich auch nicht.
Gruß Ditschi

[Max3k]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Die Knackpunkte liegen m.M.n. im Absatz "Ungereimtheiten und Widersprüche" begraben. Die Verständnisprobleme, die eigene Umwelt betreffend (und nicht nur die Natur) kann man all denen, die nie gelernt haben eigenständig zu handeln, noch nicht einmal vorwerfen.
Es herrscht eine bemerkenswerte Technikfeindlichkeit vor, die auf dem Unverständnis der zugrundeliegenden Wirkprinzipien begründet ist. Dies geht bekanntermaßen so weit, dass unbegründete, ideologische Botschaften sowie Reklame und Esoterik auf fruchtbaren Boden fallen und wider besseren Wissens oder aus Frustration (Misserfolg, Krankheit, etc.) das Ursache-Wirkungs-Denken abgelehnt wird.
Ich beschränke mich mit meinen Ausführungen übrigens nicht auf Kinder und Jugendliche, sondern beziehe die älter, aber nicht schlauer gewordenen "Erwachsenen" mit ein.

Edit: Typo

[markrü]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Was mir zu diesem Problemfeld häufig auffällt, sind haarsträubende Problemlösungsansätze, die wahrscheinlich auf einer sehr grundsätzlichen Unkenntnis von Ursache und Wirkung beruhen.
Die finden wir aber nicht erst in der jetzigen jungen Generation. Dort vielleicht nur noch mehr ausgeprägt.

Dass in Entwicklungsländern Regenwälder für die Produktion von Biodiesel gerodet werden, seit der europäische Markt Kraftstoff aus 'Nachwachsenden Rohstoffen' verlangt, war beispielsweise relativ vorhersehbar. Dass für die dortige Produktion von 1L Palmöl nochmal mehr als die gleiche Menge (dort konkurrenzlos billigen) Diesels verballert wird, ist dabei eigentlich nur noch eine ironische Anekdote am Rande.

Ich halte auch das für eines der größeren (hier allerdings fachübergreifendes [Ökologie <-> Ökonomie]) Ursache-und-Wirkung-nicht-verstanden-Probleme. Die Folge ist, dass genau das Gegenteil von dem erreicht wurde, was man eigentlich wollte. Das ist ein typisches Merkmal von Ursache-und-Wirkung-nicht-verstanden-Problemen.

Markus

[Komtur]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Nach meiner eigenen Erfahrung ist die Naturentfremdung bei der Jugend heutzutage größer denn je.

Tja, ist wohl leider so. Habe ein sehr gutes Anschauungsobjekt dazu: meinen Sohn

In der Schule wird absolut nichts beigebracht, was mit Natur oder neu Outdoor zu tun hat. Nicht mal einen einzigen Baum konnte er benennen und Getreide ebenfalls nicht. Das gleiche gilt für Singvögel etc.
Finde ich schon sehr enttäuschend.
Allerdings ist es wohl in vielen Fächern so.

Frage mich beinahe täglich immer wieder "Was lernen die heute überhaupt noch?"

.

[Markus K.]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Mensch Dirk,
dafür hat er doch Dich! Ich denke wir sollten nicht alles auf die Lehrer bzw. Schulbildung schieben.

Denke ab und zu mal mit raus auf Wanderschaft schleppen und unterwegs die Dinge am Wegesrand entdecken könnte schon etwas bringen.

Das Problem ist aber, solange kein Interesse und Gefallen an den Dingen da ist, lernt derjenige auch nichts.

[Komtur]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Denke ab und zu mal mit raus auf Wanderschaft schleppen und unterwegs die Dinge am Wegesrand entdecken könnte schon etwas bringen.

Bin ja schon dabei. Dieses Jahr ist er das erste mal mitgekommen zum Wandern nach Schottland und war total begeistert. Er möchte auch demnächst wieder mit.


Dabei ist mir ja der Mangel an Naturkenntnissen aufgefallen.

.

[Enja]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Das wird durchaus gemacht in der Schule. Aber es bleibt halt nicht hängen, wenn der Alltagsbezug fehlt.

Schon mal was von Bulimie-Lernen gehört? Lernstoff verschlingen, passend zur Arbeit auskotzen - und schlank bleiben.

[Markus K.]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Dabei ist mir ja der Mangel an Naturkenntnissen aufgefallen.

Bei Dir oder bei Sohnemann? Duckandrun

[Torres]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Mal ganz ehrlich - wenn ich nicht so verfressen wäre, würde ich auch nicht wissen, wie die Bäume oder Pflanzen heißen. Und ich kenne auch nur die Nutzpflanzen, die man verzehren kann. Anders ausgedrückt: Walnussbäume, Buchen, Esskastanienbäume, Heidelbeersträucher, Holunderbeersträucher etc. erkenne ich auf Meilen.

Ansonsten ist mein Wissen dünne. Doch: Birken und Linden erkenne ich auch, die versauen einem das Auto

Bin ich jetzt auch vom Bambisyndrom befallen (jaaah, ich bin wieder jung... )?

[Komtur]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Bei Dir oder bei Sohnemann? Duckandrun

höhöhö ... na zumindest weiß ich was Bucheckern und Hagebutten sind

[Torres]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

OT: auch verfressen?

[Wanderzwerg]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Hallo!

(...)wenn auch den Lehrern die Vorstellung abhanden (...)

Den Lehrer möchte ich hier keinen Vorwurf machen, Naturkenntnis kommt nur zu einen kleinen Teil aus der Schule (für Bucheckern und Hagebutte mache ich mal eine Ausnahme, da wei0 ich das meine Tochter die letztes Jahr durchgenommen hat (2. Schuljahr)), sondern aus persönlicher Erfahrung. Da die Natur in den Städten (wo nunmal mehr als 95% leben), die Natur of nicht so offensichtlich vorkommt (stimmt allerdings nur begrenzt, ich bitte das Plakative zu entschuldigen, hier gilt die Ausnahme nicht nur für Bucheckern und Hagebutte), wird die Naturkenntnis dur das Wissen der Eltern und das Freizeitverhalten bestimmt. Die Tri-trop-Bofrost Generation (zu der ich auch gehöre) hat da möglicherweise weniger zu vermitteln.

Wenn man mit weitgehend konfektionierten Produkten kocht, ist es schwer das Grundprodukt zu kennen, und es ist eigentlich auch nicht notwendig. Warum sollte ich die Farbe der Vanilleschote kennen, nur weil ich Vanillepuding mag. Ich kenne auch nur die Farbe der fermentiereten Vanilleschote, denn nur die nehme ich zum Kochen, wie die am Busch (oder wächst Vanille am Baum?) aussieht weiß ich nicht.

Kinder haben ein großes Interesse an diesen Themen, wenn ich Koche und Freundinnen meiner Tochter oder Kinder von Freunden oder Verwandten sind dabei, stelle ich immer ein großes Interesse fest. Auch bei unseren Ausflügen in die Natur (Berliner Parks, Stadwälder oder Umland) gibt es immer großes Intresse, viele Kinder wünschen sich das sogar explizit wenn sie am Wochenende bei uns sind (zumindest wenn klar ist, daß Fernsehen, Scheimmen oder Klettern nicht in Frage kommen).

Zusammenhänge sind mir aber sehr wichtig, ich koche z.B. mit Vanille, schuppe und nehme Fische selbst aus, in Frankreich oder Italien nehme ich das Huhn mit Kopf und Kralle usw.

Zur Natur in der Stadt:
Auch hier kann man natürlich mit offenen Augen mehr sehen als viele Glauben, Kindern muß man vieleicht etwas helfen und auch mal was erklären. Ich kann mich noch an ein Drama erinnern als meiner Tochte Sonntag Nachmittag einfiel, daß sie morgen 5 Blätter und die passenden Früchte von Bäumen in die Schule mitbringen soll "Papa wir müssen sofort in den Wald, soviele verschiedene Bäume gibt es hier ja gar nicht", wir haben dann doch nur eine Runde um den Block gemacht, es waren 12 Paarungen und auch nur, weil ich nur diejenigen genommen habe, wo ich Frucht, Blatt und Name sicher zuordnen konnte.

Gruß
Zwerg

[Max3k]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Tja, ist wohl leider so. Habe ein sehr gutes Anschauungsobjekt dazu: meinen Sohn

In der Schule wird absolut nichts beigebracht, was mit Natur oder neu Outdoor zu tun hat. Nicht mal einen einzigen Baum konnte er benennen und Getreide ebenfalls nicht. Das gleiche gilt für Singvögel etc.
Finde ich schon sehr enttäuschend.
Allerdings ist es wohl in vielen Fächern so.

Frage mich beinahe täglich immer wieder "Was lernen die heute überhaupt noch?"

.

Dazu kann ich nur sagen: Ab zu den Pfadfindern!
Als Orientierung hier die Website des Rings deutscher Pfadfinderverbände, dem die "großen" Pfadfinder(innen)-Verbände BDP, DPSG/PSG und VCP angehören: http://www.pfadfinden-in-deutschland.de/78.html

[Kuckuck]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Also, mir tun die armen Kiddies leid...alles müssen sie in der Schule lernen, sogar Bäume und Vögel...als wenn es zuhause nur den Fernseher gibt...ist aber wohl so. Ich habe manchmal mit Zivis, FÖJlerInnen usw. zu tun. Und bin von ihrer Begeisterungsfähigkeit regelmäßig überrascht. In einem Jahr lernen die enorm viel - in der Regel werden bei ihren Arbeiten auch anfänglich vorhandene Bambisyndrome abgelegt - Seeadler sind halt etwas tolles, auch wenn sie Vögel fressen - und vielleicht sehen sie, dass auch Pferde andere Tiere quälen können.
Vertrauen wir ein wenig der Jugend. Den jetzigen Zustand müssen wir uns als Teil der Gesellschaft teilweise selbst zuschreiben.

Kuckuck

[Ditschi]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Hallo,
wenn es nur darum ginge, Bäume und Sträucher richtig zu bezeichnen, würden viele von uns durch`s Examen fallen. Gravierender sind doch die durch Naturentfremdung bedingten Widersprüche, die der Autor aufzeigt. Die Kids sitzen bei McDonalds, mampfen ihre Burger und sprechen sich gleichzeitig dagen aus, daß Tiere geschlachtet und getötet werden. Werden manchmal sogar richtig militant. Oder wir Angler müssen uns von Leuten beschimpfen lassen, die sich zu Hause ihre Fischstäbchen in die Pfanne hauen. Die Seelachse, aus denen die Stäbchen geformt werden,sind nicht waidgerecht getötet worden, sondern vor der Verarbeitung zumeist erstickt. An einen überzeugenden, unsentimentalen Umgang mit den Resourcen der Natur fühle ich mich nur erinnert, wenn ich an meine Kindheit ( Flüchtlingskind auf dem Dorf) auf dem Bauernhof denke. Fast zärtlich gab der Bauer allen seinen Kühen einen Namen, aber wenn es notwendig war, dann fielen eben Barbara oder Annegret der Hausschlachtung zum Opfer. Vielen Menschen täte die Erfahrung gut, sich ihr tierisches Eiweiß einmal selbst zu beschaffen, statt es abgepackt im Supermarkt zu kaufen. Anthropologen sagen uns heute, der Mensch habe sein Gehirn erst durch den Verzehr von tierischem Eiweiß entwickeln und sich so von anderen Primaten absetzen können.
Den Thread könnte man endlos fortsetzen. Trotzdem, gut!

Gruß Ditschi

P.S. Wir stammen alle von Darwin ab ( Ditschis verkürzte Evolutionstheorie)

[Xerubim]

AW: Das Bambisyndrom - oder eine verblödete Generation

Der Titel ist eine Frechheit - das verbitte ich mir.

Darüber hinaus, und das wurde denke ich auch schon angeschnitten, ist der an sich durchaus richtige Sachverhalt, nichts über das es sich zu wundern gilt.
Das Benennen von Pflanzen ist eine Fähigkeit, die in einem modernen Lebensumfeld völlig unnütz ist, folglich wird sie aus der allg. Bldung wegrationalisiert. Das ist ein ganz natürlicher Prozess.
Weder isst man die Früchte von Wildpflanzen, noch nutzt man sie zu bspw. Heilzwecken. In der Schule steht Pflanzenkunde auch nur noch proforma auf dem Lehrplan.
Und einmal davon abgesehen: Wenn die vorrangegangen Generationen sich in ihrer vom Wohlstand vernebelten Mittelschichtsarroganz einmal dazu bequemt hätte, unser Jahrhunderte altes Bildungssystem zu reformieren, sähen die Dinge heute ganz anderes aus. IHR seid für die heutige Situation in diesem Land verantwortlich, ich will diesen verblödete-Jugend-Unfug nicht mehr lesen.
Danke.