Corton schreibt in folgendem
http://forum.outdoorseiten.net/viewt...099201dac8b850
Thread:
"Vor einigen Jahren hab ich mir mal geschworen, kein Auto mehr zu fahren, sobald der Preis über 2 DM geht (damals etwa 1,35 DM). Inzwischen sind wir fast bei 3 DM und ich fahre immer noch. Warum? Weil es zum Auto außerhalb der Großstädte einfach null Alternativen gibt."
Ich will seinen Thread nicht mit Offtopic-Themen zumüllen und fange deshalb einen neuen an. Es geht mir um die Vorstellung, dass es ausserhalb der Grossstädte keine Fortbewegungsmöglichkeit ausser dem Auto geben soll.
Ich wohne mit meiner Freundin in einem Bauerndorf mit 300 Einwohnern. Uns stehen zur Fortbewegung nur Fahrräder und Schusters Rappen zur Verfügung. Zum nächsten Bahnhof ist es zu Fuss 50 Minuten, eine Bushaltestelle gibt's nicht. Die nächste Stadt ist 22 km von hier. Ich selbst arbeite zu Hause, muss also selten weg, aber meine Freundin fährt fünfmal die Woche mit dem Fahrrad in die Stadt zur Arbeit, winters wie sommers. Amüsantes Detail: Manchmal wird sie am Arbeitsplatz von Kollegen angesprochen, die sagen, sie würden auch gern mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zur Arbeit fahren, aber sie wohnten leider zu weit weg – und dann nennen sie Ortschaften, die vielleicht 5 oder 10 km entfernt sind.
Will sagen: Natürlich gibt es Alternativen zum Motor, nur sind die meisten Menschen zu verweichlicht, um sie zu nutzen - ausser natürlich dann, wenn sie dem Sport oder dem "Outdoorleben" frönen. Lustig ist es im Sommer, wenn einige Autofahrer bei schönem Wetter auf ihre Fahrräder umsteigen und versuchen, meine Freundin mit ihrer Sportlichkeit zu beeindrucken. Bizarr ist hingegen, dass viele männliche Motorisierte offenbar glauben, sie könnten einer Frau, die im tiefsten Winter mit dem Fahrrad unterwegs ist, ausgerechnet mit ihrem Motorfahrzeug beeindrucken. Ein bisschen angewandte Logik wäre vonnöten.
Die Vorstellung, dass man ohne Motor auf dem Land nicht leben kann, führt übrigens dazu, dass die meisten Vermieter von ländlichen Immobilien sich weigern, Unmotorisierte als Mieter zu nehmen, so nach dem Motto: "Ich könnte hier nicht ohne Auto leben, also können andere das auch nicht." Man streite dies nicht ab, ich rede aus bitterer Erfahrung. Ausgerechnet den paar wenigen Menschen, die noch Respekt vor der Natur haben und sich weigern, Lärm, Gift und Gestank zu verbreiten und Tiere und Menschen zu bedrängen und umzubringen, wird es so äusserst schwierig gemacht, sich aus den von den Autofahrern unerträglich gemachten Städten zu verziehen. Meine gegenwärtige Wohnung habe ich nur gekriegt, weil der Besitzer sehr unkonventionell und tolerant ist.
Verwerflich ist auch die Bereitschaft der Motorisierten, anderen das vorzuenthalten, was sie selbst auch immer wieder suchen, nämlich ein bisschen gottverdammte Ruhe vor Motorfahrzeugen. Sie schaffen es, mit dem Auto an den Waldrand fahren, um dort dann ihre Hunde spazierenzuführen oder mit dem MTB rumzukurven, oder mit dem Auto nach Skandinavien zu fahren, um dort in den Nationalparks Wanderungen zu unternehmen. Der Irrwitz dieses Widerspruchs bleibt ihnen verborgen.
Einmal sagte mir eine Frau aus dem Nachbardorf XY - das ich wohlgemerkt immer zu Fuss erreiche - sie sei mit dem Auto von XY hergefahren, um mit ihrem Hund hier Gassi zu gehen. Zu Fuss, sagte sie, wollte sie nicht kommen, der Motorverkehr sei so lästig. Dass genau diese Einstellung die Ursache des von ihr genannten Problems ist, erkannte sie nicht oder es war ihr egal. Mit der Moral ist es nicht weit her.
Ich bin dazu verdammt, in einer von Welt zu leben, in der Motorisierte das Sagen haben. Es gibt aber doch einen kleinen Trost, nämlich das Wissen, dass ich erstens eher verrecke, als dass ich dem Druck nachgebe, Motorfahrzeugfahrer zu werden, zweitens dass ich eines Tages tot bin und drittens dass ich in dieser autoverseuchten Welt keine Kinder zurücklassen werde.
Aber eins sag ich euch Auto- und Motorradfahrern: Man sieht es euch an, manchmal schon mit zwanzig, manchmal erst mit dreissig. Eure Körper werden zu Autofahrerkörpern, eure Bewegungen werden zu Autofahrerbewegungen, eure Gesichter zu Autofahrergesichtern. Ihr merkt es nicht, weil fast alle eure Mitbürger ebenfalls motorisiert sind und dieselben Symptome aufweisen; ihr habt keine Vergleichsmöglichkeit. Ist aber eine Tatsache. Es ist wie bei allem anderen auch: Man kann sich das Leben nicht so leicht machen, wie ihr es euch macht, ohne irgendwo Konsequenzen zu tragen. Eigentlich logo.
Ist übrigens letztlich alles egal, ich wollte das einfach mal loswerden.
Karl
http://forum.outdoorseiten.net/viewt...099201dac8b850
Thread:
"Vor einigen Jahren hab ich mir mal geschworen, kein Auto mehr zu fahren, sobald der Preis über 2 DM geht (damals etwa 1,35 DM). Inzwischen sind wir fast bei 3 DM und ich fahre immer noch. Warum? Weil es zum Auto außerhalb der Großstädte einfach null Alternativen gibt."
Ich will seinen Thread nicht mit Offtopic-Themen zumüllen und fange deshalb einen neuen an. Es geht mir um die Vorstellung, dass es ausserhalb der Grossstädte keine Fortbewegungsmöglichkeit ausser dem Auto geben soll.
Ich wohne mit meiner Freundin in einem Bauerndorf mit 300 Einwohnern. Uns stehen zur Fortbewegung nur Fahrräder und Schusters Rappen zur Verfügung. Zum nächsten Bahnhof ist es zu Fuss 50 Minuten, eine Bushaltestelle gibt's nicht. Die nächste Stadt ist 22 km von hier. Ich selbst arbeite zu Hause, muss also selten weg, aber meine Freundin fährt fünfmal die Woche mit dem Fahrrad in die Stadt zur Arbeit, winters wie sommers. Amüsantes Detail: Manchmal wird sie am Arbeitsplatz von Kollegen angesprochen, die sagen, sie würden auch gern mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zur Arbeit fahren, aber sie wohnten leider zu weit weg – und dann nennen sie Ortschaften, die vielleicht 5 oder 10 km entfernt sind.
Will sagen: Natürlich gibt es Alternativen zum Motor, nur sind die meisten Menschen zu verweichlicht, um sie zu nutzen - ausser natürlich dann, wenn sie dem Sport oder dem "Outdoorleben" frönen. Lustig ist es im Sommer, wenn einige Autofahrer bei schönem Wetter auf ihre Fahrräder umsteigen und versuchen, meine Freundin mit ihrer Sportlichkeit zu beeindrucken. Bizarr ist hingegen, dass viele männliche Motorisierte offenbar glauben, sie könnten einer Frau, die im tiefsten Winter mit dem Fahrrad unterwegs ist, ausgerechnet mit ihrem Motorfahrzeug beeindrucken. Ein bisschen angewandte Logik wäre vonnöten.
Die Vorstellung, dass man ohne Motor auf dem Land nicht leben kann, führt übrigens dazu, dass die meisten Vermieter von ländlichen Immobilien sich weigern, Unmotorisierte als Mieter zu nehmen, so nach dem Motto: "Ich könnte hier nicht ohne Auto leben, also können andere das auch nicht." Man streite dies nicht ab, ich rede aus bitterer Erfahrung. Ausgerechnet den paar wenigen Menschen, die noch Respekt vor der Natur haben und sich weigern, Lärm, Gift und Gestank zu verbreiten und Tiere und Menschen zu bedrängen und umzubringen, wird es so äusserst schwierig gemacht, sich aus den von den Autofahrern unerträglich gemachten Städten zu verziehen. Meine gegenwärtige Wohnung habe ich nur gekriegt, weil der Besitzer sehr unkonventionell und tolerant ist.
Verwerflich ist auch die Bereitschaft der Motorisierten, anderen das vorzuenthalten, was sie selbst auch immer wieder suchen, nämlich ein bisschen gottverdammte Ruhe vor Motorfahrzeugen. Sie schaffen es, mit dem Auto an den Waldrand fahren, um dort dann ihre Hunde spazierenzuführen oder mit dem MTB rumzukurven, oder mit dem Auto nach Skandinavien zu fahren, um dort in den Nationalparks Wanderungen zu unternehmen. Der Irrwitz dieses Widerspruchs bleibt ihnen verborgen.
Einmal sagte mir eine Frau aus dem Nachbardorf XY - das ich wohlgemerkt immer zu Fuss erreiche - sie sei mit dem Auto von XY hergefahren, um mit ihrem Hund hier Gassi zu gehen. Zu Fuss, sagte sie, wollte sie nicht kommen, der Motorverkehr sei so lästig. Dass genau diese Einstellung die Ursache des von ihr genannten Problems ist, erkannte sie nicht oder es war ihr egal. Mit der Moral ist es nicht weit her.
Ich bin dazu verdammt, in einer von Welt zu leben, in der Motorisierte das Sagen haben. Es gibt aber doch einen kleinen Trost, nämlich das Wissen, dass ich erstens eher verrecke, als dass ich dem Druck nachgebe, Motorfahrzeugfahrer zu werden, zweitens dass ich eines Tages tot bin und drittens dass ich in dieser autoverseuchten Welt keine Kinder zurücklassen werde.
Aber eins sag ich euch Auto- und Motorradfahrern: Man sieht es euch an, manchmal schon mit zwanzig, manchmal erst mit dreissig. Eure Körper werden zu Autofahrerkörpern, eure Bewegungen werden zu Autofahrerbewegungen, eure Gesichter zu Autofahrergesichtern. Ihr merkt es nicht, weil fast alle eure Mitbürger ebenfalls motorisiert sind und dieselben Symptome aufweisen; ihr habt keine Vergleichsmöglichkeit. Ist aber eine Tatsache. Es ist wie bei allem anderen auch: Man kann sich das Leben nicht so leicht machen, wie ihr es euch macht, ohne irgendwo Konsequenzen zu tragen. Eigentlich logo.
Ist übrigens letztlich alles egal, ich wollte das einfach mal loswerden.
Karl
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