Die Wanderung im Fish River Canyon

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • kalle22
    Neu im Forum
    • 08.04.2016
    • 1
    • Privat

    • Meine Reisen

    Die Wanderung im Fish River Canyon

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Die Wanderung durch den Fish River Canyon*
    Wenn man einen Traum hat, sollte man versuchen, ihn auch irgendwann wahr werden zu lassen. Bei mir hat es mehr als 10 Jahre gedauert. Aber nun sollte es doch passieren. Es begann, als ich das erste Mal am Rand des Fish River Canyon stand und vor mir - auf einem grün gestrichenen Stein - stand: „Start of Hiking Trail“. In diesem gewaltig großen Loch kann man wandern? Das war genau mein Ding und mein Traum war geboren.
    Ein erster Termin 2013 wurde vom Namibia Wildlife Resort (Verwaltung der National Parks) erst 3 Wochen vor unserem Start abgesagt, weil in diesem Jahr kein Regen gefallen war und der Fish Fluß in der gesamten Regensaison ( Dezember bis April) nicht einmal Wasser führte und somit auch im Canyon kein Wasser zu Verfügung stand. In diesem Jahr war aber alles all right.
    Am 06.07. kam ich gegen Abend in Windhoek an, es war alles von meinen Freunden von Sunrise Tours gut organisiert, ein Shuttle brachte mich zum Berghaus B&B mit Blick über die Stadt. Am Montagvormittag schnell noch ein paar Sachen besorgen, Topf, Isomatte, Handtuch und Putzlappen, ach ja und Boerewors und Biltong wollte ich auch mitnehmen. Gegen 14:00 Uhr ging es dann mit einem Toyota Hilux, von Sunrise Tours zur Verfügung gestellt, los. Um 17:00 Uhr war ich dann in Mariental, dort hatte ich noch eine Übernachtung. Den Abend verbrachte ich damit zu überlegen ob ich nun alles zusammen habe. Und dann ging die Sucherei los, wo war meine Stirnlampe? Ohne Stirnlampe in der Wildnis, das geht gar nicht. Gegen 8:00 Uhr bin ich dann los, ich wollte schließlich um 14:00 Uhr in Ai-Ais sein. Unendlich lange geradeaus Strecken und wenig Verkehr brachten mich schnell nach Keetmanshoop. Hier noch schnell die fehlende Lampe besorgen und dann weiter. Kurz hinter der Stadt wurde es dann staubig, von nun an nur noch Gravel Road. Eine lange Staubfahne zeigt hier jedes Auto schon kilometerweit vorher in welcher Richtung es unterwegs ist. Am Naute Damm fahre ich an den Dattelpalm- und Weinplantagen vorbei. Von hier kommen im Januar die ersten Weintrauben aus Namibia nach Deutschland, bevor dann ab Mitte Februar die Weintrauben aus Südafrika da sind. Nach 170 km Staubpiste, die so glatt war, dass man schon mal mit 120 darüber fahren konnte, erreichte ich nun den privaten Canyon Park, in dem wieder alle Tiere zu Hause sind, die hier viele Jahre verschwunden waren. Und so begegneten mir in einer wunderschönen ariden Landschaft Kudus, Strauße und Springböcke. Nach weiteren 10 km durch ein Trockenflusstal immer bergab hatte ich dann schon um 13:15 Uhr mein Ziel Ai-Ais erreicht.
    Nach einem kurzen Anruf an meine Mitwanderer, die waren noch an der Grenze zu Namibia waren, haben wir 15:00 Uhr Treffpunkt in Hobas vereinbart. Schnell noch einen Shuttle besorgen und los ging es. Punkt 15:00 Uhr stand ich dann in Hobas vor der Schranke zum National Park und wartete auf die Dinge, die da kommen sollten. Neben mir warteten noch einige Personen mehr, und wie sich dann sehr schnell herausstellte waren es auch Seiteneinsteiger wie ich, die sich der Schüler/Lehrer Gruppe der Cannons Creek Schule aus Kapstadt angeschlossen hatten. Nun waren wir schon 6 von 17, die das Abenteuer Fish River Hike angehen wollten. Es war ein Vater mit seinen zwei Töchtern und den Schwiegersöhnen in spe. Der Vater hatte die Tour schon zweimal gewandert, und so hatte ich mehrmals das Gefühl, wenn die Männer das Abenteuer bestehen, dürfen sie auch seine Töchter heiraten. Aber sie waren sehr nett und einer von ihnen sprach sogar Deutsch, so dass ich für die Tour sogar einen Gesprächspartner und Übersetzer hatte. Na endlich, mit reichlich Verspätung, kam die Gruppe um 17:00 Uhr dann an. Nachdem alle Formalitäten, wie Gesundheitszeugnis vorlegen, Buchungsbestätigung, Eintritt und Campingplatzgebühr bezahlen, erledigt waren, suchten wir uns einen Platz für die erste Campingnacht. Im Namibischen Winter, komisch, bei 30°C, denkt man nicht an Winter, wird es gegen 18:00 Uhr sehr schnell dunkel und ein unglaublicher Sternenhimmel breitet sich über einen aus. Ganz markant sticht das Kreuz des Südens heraus, das direkt über uns als erstes zu erkennen ist. Nach der mehr oder etwas weniger langen Anreise waren alle müde, und so wurde es in unserem Lager sehr schnell ruhig. War auch gut so, denn schon vor Sonnenaufgang, das sollte in den nächsten Tagen nicht anders werden, so gegen 5.00 Uhr hieß es aufstehen und fertig machen, schnell einen Tee kochen, dazu Müsliriegel und einen Apfel und fertig. Um 6:30 Uhr brachte uns dann ein Shuttle zum 10 km entfernten Canyon. Für die Schülergruppe ein Aha Erlebnis, so gewaltig und atemberaubend hatten sie sich den Canyon nicht vorgestellt. Pünktlich zum Sonnenaufgang standen wir oben am Abgrund und sahen den Weg, der nun vor uns lag.

    Nun geht’s los, Mittwoch 08.07.2015, 7:45 Uhr
    Da war er nun, der Canyon, auf den ich schon 10 Jahre gewartet habe. Gewaltig, mehrere Kilometer breit, mit seinen vielen Seitenarmen und tief, sehr tief unter uns beginnt der Trail. Aber davor steht der Abstieg, 550 Höhenmeter in 2 Std. Hört sich nicht so schlimm an wie es dann wurde. Immerhin so an die 18 kg hat jeder in seinem Rucksack zu schleppen, musste doch alles mitgenommen werden was der Mensch in 5 Tagen benötigt, inkl. Tagesration Wasser. Die ersten 100m sind so steil, dass die National Park Ranger den Weg mit Kettenseilen gesichert haben. Felsstufe an Felsstufe geht es abwärts und als wäre das noch nicht genug liegt auf dem Weg noch jede Menge Geröll von Splittgrösse bis zum Medizinball. Man musste höllisch aufpassen, um nicht ins Rutschen zu geraten oder über einen der vielen großen Steine zu stolpern, was hier im Abstieg fatale Folgen hätte nach sich ziehen können. Der Abstieg lag anfangs noch angenehm im Schatten, aber damit war es so gegen 8.50 Uhr auf halbem Weg nach unten vorbei, nun brannte die Sonne erbarmungslos auf unsere Häupter. War es oben das lose Geröll so kamen weiter unten haushohe Felsbrocken dazu, zwischen denen man sich den Weg kletternd und rutschend suchen musste.
    Aber nach 2 Std. fand auch der letzte Teilnehmer den Weg zum Fish Fluss, der uns mit sehr tiefem und losem feinkörnigem Sand erwartete. Der erste Eindruck von oben hat nicht getäuscht. Es war schwer, sehr schwer sogar, die Oberschenkelmuskeln brannten und die Knie- und Fußgelenke zeigten auch an, dass sie überlastet waren. Spätestens hier wusste ich, dass mein häufiges Training, mit dem 14 kg schweren Rucksack auf dem Rücken- die 10km von Costedt um den Weserbogen und zurück, richtig und wichtig war, auch wenn mich die anderen Spaziergänger mitleidig angeschaut haben. Um 9:45 Uhr haben wir unsere erste richtige Pause wohl verdient. Unsere Kapstädter Schülergruppe nannte das immer nach alter Englischer Sitte „it‘s tea“. Das erste Mal von hier unten, vom Grund des Canyon, nach oben schauen, zum Start- und Hauptaussichtspunkt, hat etwas Erhabenes, man bekommt regelrechte Glücksgefühle, die man so eigentlich nur sehr selten erlebt.
    Nach der Tee-Pause kommen wir im tiefen Sand, der sich mit dicken Felsbrocken und Klippen ablöst, nur mühsam voran. Und so haben wir bei unserer zweiten Pause um 12:00 Uhr gerade mal an die 2 ½ km geschafft. Die zweite begleitende Lehrerin fällt nun schon immer weiter zurück und wird bis zum Ende der Tour ihren Weg fast immer allein gehen müssen. Das schwere Geläuf begleitet uns den ganzen Tag und der Übergang vom Flussbett zu den teilweise senkrecht abfallenden Felsen war oftmals nur wenige Zentimeter breit, so ist es nicht verwunderlich, dass wir unser erstes Tagesziel weit verfehlen. Noch weit vor dem 1. Notausstieg richten wir gegen 15.00 Uhr unser erstes Lager ein. Es ist noch 2 ½ Std. bis Sonnenuntergang, wir könnten also noch gehen, aber niemand beschwert sich, alle sind von der Tagesetappe geschafft und froh, nun im Fluss schwimmen zu können. Obwohl auch hier oben im Canyon der Fluss an vielen Stellen ausgetrocknet erscheint, fließt das Wasser noch von der letzten Regenzeit, die im April zu Ende gegangen ist, zwischen den Steinen und ist von daher noch sehr sauber und keimfrei. Einzig der feine Staub, der im gesamten Canyon bis zu 10 cm tief im und am Flussbett liegt, ist im Wasser aufgelöst und macht es milchig weiß, was meinen Wasserfilter schon nach zwei Tagen den Dienst versagen lassen wird. Habe ich in der Beschreibung irgendwann doch gelesen, dass man bei solchen Verhältnissen doch vor dem Grobfilter eine Kaffee-Filtertüte vorschalten soll. Ja, jetzt weiß ich auch warum, aber woher im Canyon eine Filtertüte bekommen, vergiss es, ab dem dritten Tag heißt es erst mal Filter reinigen und dann pumpen. Am 4. Abend ging dann nach zwei Litern gar nichts mehr, so dass ich mit dem trüben Wasser vorlieb nehmen musste. Nach dem Abkochen schmeckte der Tee immer noch mineralisch. Wahrscheinlich war nun nach dem Keramikfilter auch die Aktivkohle zu.
    Nach der Tageswanderung fand man erstaunlich schnell zu einer Routine, die jeden Abend gleich ablief. Kurze Pause, etwas trinken, Wasser holen, abkochen, zwischendurch Zelt aufbauen und einrichten, das erste Wasser in Flaschen für den nächsten Tag abfüllen, einen Tee aufsetzten, neues Wasser holen , die zweiten Flaschen füllen und mit dem dritten Wasser Tee nachfüllen und Pasta aufkochen. Zumindest das warme Tüten-Essen hat im Canyon wie in einem 4 Sterne-Restaurant gemundet. Ohne große Dämmerung geht der Tag in tiefschwarze Nacht über und nachdem alle ihr Menü verzehrt hatten und die Vorbereitungen für den nächsten Tag abgeschlossen waren, kehrte auch ganz schnell Ruhe ein. Schnell noch ein Foto vom super Sternenhimmel und dann ab in den Schlafsack. Einerseits sind wir am Tage bei über 30°C ganz schön gewaltig ins Schwitzen geraten, aber in den lauen Nächten war es auch ein Vorteil so warme Wintertage zu erwischen, waren die Temperaturen doch nur drei Wochen vor unserer Ankunft in den Nächten deutlich unter 0°, da hätten wir uns aber ganz schön einen abgefroren.
    5:00 Uhr aufstehen, Tee kochen, frühstücken, Zeltabbau, alles einräumen und ach ja der Toilettengang, eine Herausforderung der unbequemen Art. Aber das Problem hat sich ganz schnell selbst erledigt, ist es dem Menschen ja seit Tausenden von Jahren nicht ganz fremd.
    Jeden Morgen kurz vor halb 7 der gleiche Aufruf „five Minutes, People“ und dann ging es auch schon weiter. Nicht wie in einer Schülergruppe aus Deutschland, wo die Lehrer ihre Schüler um sich scharren wie ein Glucke, nein, sie geht los und wer kommt der kommt, und der Rest findet schon allein den Weg und schließt dann spätestens bei der ersten Pause zur Gruppe auf. Südliches Afrika halt.
    Nach wenigen Kilometern kamen wir nun zum Notausstieg bei km 16, ab hier gibt es kein Zurück. Die nächste Gelegenheit aus dem Canyon raus zu kommen, besteht erst bei km 68. Wer hier weitergeht, der muss durch, es gibt keine andere Möglichkeit. Nochmal zwei Kilometer weiter kommen wir nach Palm Springs. Hier sprudelt eine Quelle so 20 m oberhalb des Flussbettes aus dem Berg und hat im ansonsten so kargen Umfeld ein Kleinod an Vegetation geschaffen. An der Quelle stehen Palmen, der Hang ist grasbewachsen und von verschiedenen immergrünen Büschen umsäumt. Aber unsere Hoffnung auf frisches klares Wasser hat sich sehr schnell erledigt. Das Wasser kommt sehr heiß und mit viel Schwefel aus der Erde, ungenießbar, über der ganzen Gegend liegt dieser Schwefelgeruch. An und für sich wäre dieses unser erstes Tagesziel, aber nun haben wir schon wieder 13:00 Uhr und es ist „Lunch“ angesagt. So müde die Beine auch werden, so schwer der Sand oder die fußballgroßen Steine im Flussbett, hinter jeder Kurve findet sich ein neuer Ausblick auf diese gewaltige Bergkulisse, und dieser Blick lässt alles vergessen was die Tour zur Quälerei werden lässt. Plötzlich und völlig unerwartet stehen drei verwilderte Pferde vor uns. Sie müssen wohl von der Farm sein, die weiter flussabwärts an den National Park grenzt. So nach der 15. Richtungsänderung haben wir eine schöne Stelle am Fluss für unsere zweite Nacht auserkoren. Eine steile Felswand lässt die Sonne schon gefühlt um 16.00 Uhr untergehen. Ein Bad im Fluss ist für die Schüler schon zur erfrischenden Pflicht geworden. Ich werde etwas nachdenklich wenn ich daran denke, dass wir erst etwa 23 km geschafft haben. Wollen wir doch bis Sonntag die 90 km und somit Ai-Ais erreichen. Es war aber auch sehr schweres Gelände, dass man nicht so ohne weiteres hätte schneller gehen können. In der Nacht funkeln Millionen von Sternen bis in der zweiten Nachthälfte der Mond aufgeht und irgendwo in der Ferne ein Schakal heult. Abenteuererlebnis pur, könnte aus jedem Westernfilm stammen.
    Der dritte Tag beginnt wie die anderen auch und um halb 7 ertönt der Ruf „ People, can we go“. Ab geht’s und zwei Kurven weiter laufen wir direkt auf einen Tafelberg zu, der seinem großen Bruder in Kapstadt in nichts nachsteht. Je näher wir kommen umso eindrucksvoller erscheint er uns, dann links rum und der Berg liegt hinter uns. Kilometer um Kilometer geht es weiter über kugelrunde fußballgroße Steine, die sich mit tiefem Sand ablösen, zwischendurch dann auch mal ein festes Wegstück, auf dem sich die Füße und Beine etwas erholen können. Um 9:00 Uhr die erste Pause, bei der wir wieder einmal auf die Nachzügler und Langsamgeher warten. Um 10:40 Uhr erreichen wir dann „Sand against Slop“ bei km 35, hier wird von Scherwinden der Sand weit den Berg hinauf geweht, so dass fast der komplette ca. 150 m hohe Hang mit einer dicken Sandschicht bedeckt ist. So langsam weitet sich der Canyon, und nur noch in den Kurven wird es sehr eng und schwierig zu gehen. Die Sand- Kies-Felsbänke werden immer länger und breiter, so dass man schon mal die Übersicht verliert. Aber gerade auf den hochgelegenen Flächen, die nicht jedes Jahr überflutet werden, zeigt uns der ausgetretene Weg der Wanderer, dass es der richtige Weg ist. Wir haben den Eindruck, dass es jeden Tag heißer wird, fast schon unerträglich, zumindest für einen Winter, zum Glück habe ich am Abend für jeden Tag 4 Liter Wasser vorbereitet, was auch unbedingt nötig war. Bei km 42 schlagen wir unser 3. Camp auf. Frei nach Dinner for one übersetzt: Das gleiche Prozedere wie jeden Abend? Ja.
    Am vierten Tag sollten dann alle Kilometer wieder aufholt werden, die wir bis dahin verloren hatten. Naja, nicht dadurch, dass wir schneller gelaufen sind, sondern weil wir gleich drei Abkürzungen genommen haben, die es aber auch in sich hatten. Allen drei gleich ist ein steiler Anstieg über einen Bergrücken, dem eine Hochebene folgt und später wieder zum Fluss hinunter geht. So sind wir ziemlich schnell von km 45 bis km 65 gekommen. Haben dabei ca. 10 km eingespart. Auf diesen Hochebenen steht am Tag das Wild, dass in der Nacht am Fluss zum Trinken kommt. Neben den überall vorkommenden Baboons (Pavianen) gibt es hier noch Bergzebras, Kudus, Oryx, Klippspringer und andere kleine Antilopen. Und wir haben zumindest den Fußabdruck eines Leoparden und die typisch weiße kalkhaltige Hinterlassenschaft von Hyänen gefunden. Bei km 50 passieren wir die „Three Sisters“, eine markante Felsformation und wenige Kilometer weiter den „Four Finger Rock“, der seine vier Finger hoch über den Fluss in den stahlblauen namibischen Himmel streckt. Am Ende der dritten Abkürzung erreichen wir das Grab von „Thilo von Trotha“, der hier als Leutnant der deutschen Schutztruppen im Alter von nur 28 Jahren am 14.07.1905 zu Tode kam. Au man, das ist ja fast auf den Tag 110 Jahre her. Das Original Gedenkrelief ist noch vorhanden und unsere Gruppe liest den schon sehr verwitterten Bericht, der unter einem Stein in einer Schutzhülle gefunden wurde. Am Nachmittag passieren wir dann den zweiten Notausgang bei km 68 und nicht weit davon als erstes Merkmal der sich nähernden Zivilisation ist ein Fahrstreifen über den Fluss betoniert und die dazu gehörige Farm unterhält auf der anderen Flussseite einen kleinen Kiosk mit Erfrischungsgetränken, leider nicht für uns, es war „Closed“. Also kurze Pause und weiter. An diesem Tag sollten wir noch bis km 75 weitergehen. Dieser Platz nennt sich „Fool’s Gold Corner“, davon haben wir nicht viel gesehen. Es war uns aber auch egal, so wie einem bei so einer Tour fast alles egal ist. Hauptsache man findet Wasser und die Beine spielen mit.
    Es ist Sonntag der 12.07., und es ist unser letzter Tag im Canyon, noch einmal etwa 16 km zu gehen und dann im Camp Ai-Ais den Rest des Tages genießen. Nur noch viermal den Fluss überqueren und vier große Sandbänke mit dicken Steinen und tiefem Sand hinter uns bringen. Schneller als gedacht, schon gegen 11:30 Uhr erreichen wir den Damm, der das Camp mit Wasser versorgt und wenige Hundert Meter weiter ist es dann geschafft, Ai-Ais ist erreicht.
    Ein Traum, den ich 10 Jahre lang geträumt hatte, ist nun vollbracht. Und ich würde es sofort wieder machen, diese grandiose Natur, die hier ein Werk vollbracht hat, so scheinbar menschenfeindlich und doch so schön, dass es seinesgleichen sucht. All die Strapazen, die Plackerei, die schmerzenden Muskeln, das ungewohnte Schlafen auf einer Isomatte (das nächste Mal nehme ich mir ne Luftmatratze mit), alles ist heute schon vergessen, nur die guten Eindrücke bleiben für immer im Kopf. Ich kann meine Begeisterung kaum in Worte fassen, ich glaube, ich geh erst mal ein Bierchen trinken. Prost!
    Heute gönne ich mir im Camp noch einen Ruhetag, schließlich gibt es hier einen Pool mit 34°C heißem Wasser zum Entspannen, bevor ich morgen nach Windhoek zurückfahre. Und wer jetzt Lust aufs Wandern bekommen hat, kann sich bei mir melden, es war mit Sicherheit meine erste aber nicht meine letzte Wanderung im Canyon:
    Editiert vom Moderator
    E-mail Adresse entfernt.

    Bei Nachfragen bitte eine PN an den Moderator senden. Dein Team der

    Anhang 1: Boerewors und Biltong
    Boerewors (Bauernwurst) ist eine Art Bratwurst, die frisch gebraten oder getrocknet und somit haltbar gemacht in Namibia und Südafrika gerne zum Braai (Grillen) gegessen wird. Sie wird hergestellt aus Rind-und Lammfleisch oder Wildfleisch, kräftig gewürzt mit Tymian, Koreander, Muskatnuss, und wurde in der getrockneten Form schon von den Buren mitgenommen als sie von Kapstadt aus das Land erkundeten.
    Biltong ist getrocknetes Fleisch vom Rind, Lamm oder Wild, das mehrere Tage in einer kräftigen Würzsosse und Rotwein eingelegt wird und dann in etwa 3-4 Tagen an der frischen Luft trocknet. Es ist lange haltbar und durch die Gewürze sehr schmackhaft.
    Anhang 2: Fish River Canyon
    Der Fish River Canyon gehört zu den bedeutendsten landschaftlichen Sehenswürdigkeiten im südlichen Afrika und ist der zweitgrößte Canyon der Welt. Er liegt inmitten der Halbwüstenflächen im äußersten Süden Namibias. Häufig wird der Fish River Canyon mit dem Grand Canyon im Südwesten der USA verglichen, doch Entstehungsgeschichte und Erscheinungsbild unterscheiden sich stark. Die Tiefe des Fish River Canyons beträgt „nur“ 450 – 550 m, an der breitesten Stelle ist er 27 km weit. Der Canyon hat eine Länge von 160 km von Seeheim bis Ai-Ais. Der Fish River ist der längste Fluss Namibias. Seinen Ursprung hat er im östlichen Naukluft-Massiv; nach 650 km mündet er unterhalb von Ai-Ais in den Oranje River.
    Der Beginn der Entstehungsgeschichte des Canyons ist noch umstritten, die angeschnittenen Gesteine sind auf jeden Fall wesentlich älter, bis zu 1,8 Milliarden Jahre. Sie gehören dem Rehoboth-Sinclair-Komplex an und bauten einst ein mächtiges Gebirge auf. Vor ca. 880 Millionen Jahren wurde das Namaqualand-Gebirge aufgrund immer noch herrschender, enormer tektonischer und magmatischer Aktivität von zahlreichen subvulkanischen Doleritgängen durchschlagen. Nach Eindringen des Dolerits endet die Aktivität. Das Gebirge wird abgetragen. So ist vor 650 Millionen Jahren nur noch ein eingeebneter Gebirgsrumpf übrig. Dieser wird von einem Meer überflutet, und es lagern sich diskordant über das Basement die Gesteine der Nama-Formation ab.
    Die zweite, wesentlich aktuellere Theorie besagt, dass die oberste Terrasse des Fischflusses, wie auch die der anderen großen west-gerichteten Flüsse Namibias erst im Oligozän 33-23 Millionen Jahre während des globalen Meerwassertiefstandes angelegt wurden. Im Miozän, 23 – 5 Millionen Jahre, gab es starke Klimaschwankungen, das Klima in Namibia wechselte von subtropisch zu gemäßigt. In den feuchten Phasen wurde terrassiert. Erst im Pliozän, 5,3 bis 2,5 Millionen Jahre, gab es wieder einen Meeresspiegeltiefstand und zeitgleiche uplift Bewegungen, die das tiefe Einschneiden des Flusses und damit die Ausbildung der zweiten Terrasse zur Folge hatten. Für die zweite Theorie spricht die Tatsache, dass während der Gondwanavereisung der Süden Namibias von Meer bedeckt war, nur im Norden gibt es Beweise für Gletscher. Richtig ist jedoch, dass der Fluss im Bereich des Canyons alten tektonischen Störungszonen folgt.


    Anhang 3: Thilo von Trotha
    Er war der Neffe des Generals Lothar von Trohta, der die deutsche Schutztruppe befehligte und in dessen Auftrag er am 14.07.1905 den Kapitän Cornelius im Fish River Canyon traf, um Friedensgespräche zu führen. Kapitän Cornelius hatte zusammen mit Trotha im Herero-Krieg am Waterberg gekämpft, sich danach aber von den deutschen Schutztruppen getrennt, um von da ab gegen die Deutschen zu kämpfen.
    Zwei Tage vor dieser Begegnung am 12. Juni war die Nachricht vom Viehdiebstahl bei Kanibes mit Hilfe des Heliographen auch im Süden bekanntgemacht worden. Die 9. Kompanie wartete am Wasserloch nahe Churtabis auf neue Befehle. Leutnant von Rosenthal ließ eigenmächtig seine 30 Reiter satteln und beschloss, durch das schwer zugängliche Auchob-Tal in das Fischflusstal vorzustoßen, um die geraubten Rinder zurück zu holen. Kurz nach Beginn des Angriffes von Rosenthal versucht von Trotha noch den Angriff durch einen Kurier zu stoppen, was auch bald danach geschah. Aber zu spät: Christopher Lambert aus Bethanien, ein Vetter des Cornelius, gestand freimütig: „Ich habe den Leutnant von hinten abgeknallt. Als er zu Boden stürzte, feuerte ich noch einmal auf ihn, um ganz sicher zu sein, dass sein Leben verwirkt war. Dieser deutsche Offizier ist nur deshalb zu uns ins Lager gekommen, weil er vom Angriff der Schutztruppen-Reiter ablenken wollte“.
    Immerhin sorgte Cornelius dafür, dass Leutnant Thilo von Trotha am folgenden Morgen einigermaßen ordentlich begraben wurde. Dabei beteten die Aufständischen zum Teil. Die Ruhestätte des Leutnants bedeckte man mit großen Felsbrocken.
    General Lothar von Trotha schickte eine Reiter-Patrouille zur Aufklärung, die das Grab aufspürte. Daraufhin gab der General am 24. Juni 1905 offiziell bekannt: „Am 14. Juni 1905 fiel Leutnant Thilo von Trotha, Reserve-Offizier des Infanterie-Regiments 131, bei Kanibes im Kampf gegen Kapitän Cornelius. Durch seine Tapferkeit, Ausdauer und Schnelligkeit erwarb er sich den Respekt des ganzen Expeditions-Korps. Die traurige Wahrheit über die Umstände seines Todes ist von der Schutztruppe überprüft worden. Möge ihm die dunkle Erde leicht sein.
    Zuletzt geändert von Vegareve; 08.04.2016, 17:21.

  • tizzano1
    Erfahren
    • 13.06.2006
    • 383
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: Die Wanderung im Fish River Canyon

    Tolles Erlebnis und sehr anschaulich geschrieben. Auch ohne Bilder kann ichs mir gut vorstellen.

    Aber: warum so eilig? "Schnell noch besorgt..." Schnell noch Fotos vom Sternenhimmel..." Schnell noch...

    Es scheint schon zu stimmen: "Gott gab den Afrikanern die Zeit und den Europäern die Uhr

    Danke für den Bericht. Vielleicht gibt's noch Fotos?

    tizzi

    Kommentar

    Lädt...
    X