[UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

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  • MrsLausS
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    • 12.05.2013
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    • Meine Reisen

    [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Schottland
    Reisezeit: Oktober 2012
    Region/Kontinent: Nordeuropa



    Wir - das sind Mr und Mrs LausS - freuen uns sehr, Euch unseren ersten Reisebericht zu präsentieren. Da Ihr aufgrund Eurer vielen tollen, witzigen und informativen Berichte großen Anteil daran hattet uns auf diese Tour vorzubereiten, möchten wir Euch nun an unseren Erlebnisse und Erfahrungen ebenfalls Anteil haben lassen.

    Vorweg sei erwähnt, dass wir eine irre gute Zeit hatten und uns gerade in der Planung zu unserem zweiten Schottland-Trip durch Knoydart und auf die Isle of Skye befinden (Flüge gestern gebucht ).

    Wie alles begann:
    Irgendwann im März 2012 trieb Mrs LausS die Frage um, wohin es denn in diesem Jahr in den Urlaub gehen könnte. Bisher zog es uns immer in warme Gefilde: ein bisschen Sightseeing, ein bisschen Kultur, viel Bequemlichkeit und sonnige Strände. So mochte es Mrs LausS gerne und Mr LausS fügte sich etliche Jahre diesem Wunsch.
    Doch dies sollte sich nun ändern:

    Sie: „Wo geht’s dieses Jahr hin? Griechenland, Kenia, oder hast du andere Vorschläge?“
    Er: „Was hältst du denn von Schottland?“
    Sie: „???“
    Er: „Das habe ich vor 18 Jahren das letzte Mal gemacht – die Highlands sind wahnsinnig schön.“
    Sie (eher zögerlich): „Aha…, regnet es da denn nicht immer? Und was machen wir da genau?“
    Er: „Wandern.“
    Sie: „Wandern? So mit Rucksack? Klingt ja spannend, aber was ist mit Sommer, Sonne, Sonnenschein?“

    So ging es noch einige Zeit hin und her. Aber kurz gesagt: Er beantwortet alle meine Fragen geduldig, zeigt mir wunderschöne Bilder und ich beuge mich dem neuen Urlaubskonzept – zunächst eher skeptisch, dann zunehmend enthusiastisch.
    Also eben Schottland. Aber wohin genau, wo lang soll’s gehen?

    Nach unzähligen Stunden der Recherche im Internet – und vor allem hier im Forum - entschieden wir uns für den West Highland Way. Für Anfänger wie uns der ideale Einstieg: relativ zivilisationsnah, daher ist Zelten zwar MÖGLICH (für ihn), aber nicht NOTWENDIG (für sie). Außerdem muss man nicht so viel Proviant in der Gegend herumtragen, da man ja häufig an Einkaufsmöglichkeiten vorbei kommt.

    Ich muss wohl kaum erwähnen, das wir als Trekkingneulinge noch unendlich viele Shoppingtouren unternehmen mussten, um gut gerüstet nach Schottland fliegen zu können: Rucksäcke, Zelt und Kocher fehlten uns genauso wie warme Schlafsäcke und Stirnlampen…


    Los geht’s:
    Anreise: 13.10.2012 Frankfurt – London – Edinburgh - Glasgow – Milngavie

    Um 3:05 in der Frühe ist die Nacht zu Ende. Gut geschlafen habe ich nicht, bin viel zu aufgeregt. Kurzer Spurt durch’s Bad, mit einem ersten Ächzen die Rucksäcke geschultert (scheiße, ist der schwer) und ab geht’s nach Darmstadt. Der freundliche Taxifahrer kommt mit mir ins Gespräch. Mr LausS ist das noch zu früh. Bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang ist er von Natur aus maulfaul und smalltalk um 3:50 Uhr steht definitiv nicht in seinem Vertrag.
    Wir gönnen uns einen Kaffee am HBF Darmstadt und warten auf den Airliner Shuttle zum Flughafen. Pünktlich werden wir ca. 30 Minuten später am Terminal 2 wieder ausgespuckt. Baggage-Drop bei BA verläuft reibungslos und ich bin zufrieden, dass wir uns gegen Plastiktüten und für Rucksackliner entschieden haben. (Sack auf, Rucksack rein, Sack zu, am Griff auf’s Band heben, fertig.)
    Am Security Check geht es auch recht flott – ich bin total erstaunt, dass ich meine Wanderstiefel nicht ausziehen muss. Auch Mr LausS wird alarmfrei durchgewunken.
    Pünktlich beginnt das Boarding der kleinen Maschine. Während wir zur Startbahn rollen geht langsam die Sonne auf und hüllt die tiefliegenden Nebelschwaden in ein mystisches Licht. Der Anflug von Urlaubsstimmung den wir seit dem Aufstehen haben macht sich jetzt so richtig breit.
    Das Frühstück im Flugzeug ist wie immer nicht sonderlich lecker, aber macht satt. Und für Mr LausS gibt‘s reichlich Kaffee.



    Um 7:20 landen wir am LCY. Von dort geht‘s mit der Tube zum King‘s Cross. (Mr LausS hat die Verbindung zum King‘s Cross schon im Vorfeld gecheckt, deshalb gar kein Problem). Vom King‘s Cross hatten wir unsere Zugverbindung schon vorgebucht (King‘s Cross nach Edinburgh und weiter nach Glasgow Queen Street für £50 p.P.).

    In King’s Cross haben wir - dank der konservativen Reiseplanung - 3 ½ Stunden bis unser Zug nach Glasgow losfährt. Naja, dann halt noch ein zweites Frühstück und weitere Kaffees für Mr LausS. Um die Zeit zu vertreiben erkunden wir die Bahnstation: Ich brauche ein Foto von Platform 9 ¾! In guter alter Tradition stürmen wir auch noch einen der vielen Londoner Coffeeshops in Bahnhofsnähe. „Two White Coffee Mocha Grande, please“, diesen Satz haben wir hier in London auf unserer Hochzeitsreise vor fast genau 4 Jahren geübt bis zum Abwinken.

    Die Fahrt von London nach Edinburgh ist super! Wir hatten Fensterplätze reserviert (kostete nix extra) und genießen die Aussicht. Nach 3 Stunden im Zug Richtung Norden, merken wir wie sich die Landschaft langsam verändert, sumpfiger wird, weniger urbane Inseln zeigt und die Vegetation irgendwie „schottischer“ anmutet. Wie aus dem Nichts tauchen dann plötzlich Küste, Brandung und Meer auf. Und dann begrüßen uns jenseits von Newcastle ein…zwei…drei… viele Regenbögen… und da noch einer.



    Dass Kaffee-Desaster
    von Mr LausS



    „Snacks? Drinks?“ werde ich angesprochen.
    „Of course, two cups of coffee, please.“
    „Four Pounds 60 p.“
    „ There you go“, „Thanks“

    *Schlürf*

    Bäääääääh!!!

    Ich glaube, der geneigte Leser dürfte schon erkannt haben, dass Coffein durch meine Adern fließt. Arabica-Bauern in Kenia, Bolivien und Brasilien benennen schließlich ihre Kinder nach mir. Ich fühle mich Willens und in der Lage einen guten von einem schlechten Kaffee zu unterscheiden und das, was man mir da einschenkte war – mit Abstand – das widerlichste Gesöff, ever.

    „One more cup, sir?“

    „Sieh‘ bloß zu, dass du Land gewinnst! Why don’t you play hide and Starbuck yourself?“

    ...denke ich und höre mich freundlich sagen “No, thank you”.

    Lehre des Tages: Ich kauf‘ nie wieder Kaffee in schottischen Zügen.





    Die Fahrt von Edinburgh nach Glasgow ist nicht so toll, der Zug ist total vollgestopft und wir müssen die Rucksäcke auf dem Schoß balancieren. In Glasgow werde ich dann erstmals Opfer der Aussprache. Die Dame am Schalter versteht mich einfach nicht – und mir geht es umgekehrt genauso. Letztlich haben wir unsere Tickets nach Milngavie in der Hand und nach einem kurzen „Burgerstop“ geht es weiter.
    Mit Hilfe des Smartphone-Navis – das Garmin ist in einem der Rucksäcke…irgendwo unten… hinten… - finden wir in der Abenddämmerung gegen 17:30 auch unser B&B (Best Foot Forward), wo uns Morag einen herzlichen Empfang bereitete. Im Zimmer gibt’s Cookies und mit dem Wasserkocher können wir uns auch noch eine Instant Hot Chocolate (with marshmallows) zubereiten.



    Wir legen uns nur noch unsere Sachen für morgen zurecht (Kleine Randbemerkung: Wer sägt 10g Zahnbürste ab und nimmt 100g Rasiercreme mit? Richtig: Mr LausS) und lassen den Abend ruhig ausklingen.

    Tag 1: SO., 14.10.12 Milngavie – Drymen
    Am Morgen fragen wir Morag nach unserem „screwed gas canister“. Wir hatten via e-mail abgeklärt, das ein Mitarbeiter von „The Iron Chef“ einen bei ihr vorbeibringt und wir ihr das Geld da lassen. Das ging leider vergessen, aber kein Problem: Morag ruft beim Chef an, dieser bringt uns eine Auswahl zum B&B mit und wir dürfen wählen. Als wir ihn entlohnen wollen, lehnt er jegliche Bezahlung ab. Die Saison sei vorbei und dies sei ein Geschenk. Wow! Wir haben noch zwei Anläufe gestartet, aber er wollte echt kein Geld (und wir hatten SCHOTTISCHE Pfund, daran konnte es nicht liegen. Soviel zum vielzitierten schottischen Geiz).
    Nach einem extra gehaltvollen Full Scottish Breakfast inkl black pudding für Mrs LausS und smoked salmon für Mr LausS geht es schließlich los: Um 10:00 stehen wir am offiziellen Startpunkt des WHW und machen die obligatorischen Fotos vom Obelisken, den Parkbänken und natürlich von uns.


    Jetzt geht's los

    Milngavie schläft scheinbar noch, nur eine Gruppe Tagesausflügler begibt sich vor uns auf den Weg. Es geht bei wolkenverhangenem Himmel und leichtem Nieselregen durch den Stadtpark aus dem Ort heraus. Irgendwann öffnet sich die Landschaft und zum ersten Mal sieht es hier nicht mehr wie unsere geliebte Pfalz sondern irgendwie nach Schottland aus: Die herbstlich verfärbten Hügel und ein erstes „Mini-Loch“ (Craigillian Loch) machen Lust auf mehr.




    Craigillian Loch

    Zügig gehen wir des Weges (laut unserem Navi laufen wir 5km/h) und der leichte Nieselregen ist nicht der Rede wert.
    Nach einer kurzen Hunger-Attacke und zwei vernichteten Müsliriegeln (hatte ich erwähnt, dass ich das schottische Frühstück nicht so toll fand?) laufen wir zu unserem ersten planmäßigen Stop, der Glengoyne Destillery. Kaum treffen wir dort ein, beginnt es richtig zu regnen. Da passt es ja, dass wir an der Führung mit zwei Probierschlückchen teilnehmen wollen.


    Glengoyne Distillery

    Gut informiert und mit angewärmten Magen geht es weiter zum Beech Tree Inn. Um ehrlich zu sein: nach dem leckeren und riesigen Burgermahl bin ich platt. Einfach müde. Aber nix da: Mr LausS hat geplant, dass wir noch bis zur Wishingwell Farm müssen. *Hmpf* also weiter. Jetzt meldet sich mein innerer Schweinehund zu Wort und beginnt zu meckern. Der Rücken - ob der ungewohnten Last – beginnt auch alsbald zu protestieren. Und Mr LausS muss es ausbaden, da er der einzig Anwesende ist. Als wir an der Wishingwell Farm eintreffen, regnet es. Sollen wir gleich am ersten Abend das Zelt im Regen aufbauen? Wie weit ist es den bis Drymen? Lange Rede, kurzer Sinn: Wir laufen weiter. Mein Rücken meckert weiter. Meine Beine machen schlapp. Wir folgen etwas planlos dem ersten Hinweisschild zu einem B&B. Nach ca. 2 km ist von dem noch immer nichts in Sicht, wir sind verunsichert, kehren um und laufen in die Dämmerung hinein.


    ...jetzt aber schnell weiter

    Allmählich wird es auch für Mr LausS anstrengend und so ächzen wir gemeinsam voran. Das soll also Urlaub sein? Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt. Vor allem, weil dieser Tag doch nur zum entspannten Einlaufen gedacht war. Wenn ich das schon nicht kann, dann halte ich den Rest wohl nicht durch – düstere Gedanken machen sich bei mir breit. Bei drei B&Bs haben wir kein Glück. Das vierte (Braeside Guest House), direkt am Square gelegen und gegenüber des Pubs, wird unseres. HURRA!
    Bei Ale und Wein besprechen wir den Tag im Pub. Es stellt sich heraus, dass wir heute ca. 25 km gelaufen sind. Ich schöpfe Hoffnung. Das waren immerhin 8km mehr als geplant. Mit einem schottischen Ehepaar vom Nebentisch kommen wir ins Gespräch und der Abend klingt mit interessanten Gesprächen und viel Lachen aus.
    Gegen 22 Uhr legen wir uns schlafen - mein Schweinehund hat sich weinselig in seine Hütte verzogen und schnarcht.

    *Fortsetzung folgt*

    Sandra & Steffen
    Zuletzt geändert von MrsLausS; 21.05.2013, 18:04. Grund: Fortsetzung

  • ViviKimi
    Gerne im Forum
    • 22.03.2013
    • 69
    • Privat

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    #2
    AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

    Ohhh, toller Bericht! Freue mich auf mehr!

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    • Hunter9000
      Dauerbesucher
      • 02.06.2012
      • 671
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

      Schön geschrieben. Und es kann einfach nie genug WHW Berichte geben!

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      • Rainer Duesmann
        Fuchs
        • 31.12.2005
        • 1642
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

        Klasse!
        Da werden Erinnerungen wach.
        Bitte schnell weiterschreiben!
        LG
        Rainer
        radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

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        • Meer Berge
          Fuchs
          • 10.07.2008
          • 2381
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

          Herrlich geschrieben!
          Es macht Spaß euch lesend zu begleiten!

          Schottland im Herbst ist einfach herrlich - wobei ich den WHW nicht kenne, nur andere Ecken.

          Bin gespannt, wie es euch weiterhin ergeht.

          Viele Grüße,
          Sylvia

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          • Borderli
            Fuchs
            • 08.02.2009
            • 1734
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

            Ach ja, der gute alte West Highland Way. Es ist immer wieder schön, davon zu lesen - vor allem, wenn es so unterhaltsam geschrieben ist.
            Bitte mehr davon!!

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            • efbomber
              Erfahren
              • 23.08.2010
              • 228
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

              Schöner Bericht! Tolle Gegend! Genialer Schreibstil! Daaaanke!

              Uuund es sind noch eine Hand voll Urlaubstage übrig für dieses Jahr. Schottland ist geplant, aber mal gucken was der Geldbeutel in ein paar Wochen dazu sagt
              So tolle Reiseberichte bekräftigen aber die Entscheidungsfindung trotzdem enorm

              Gruß
              David

              Wann gehts denn weiter?

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              • MrLausS
                Gerne im Forum
                • 12.05.2013
                • 58
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                Wir legen uns nur noch unsere Sachen für morgen zurecht (Kleine Randbemerkung: Wer sägt 10g Zahnbürste ab und nimmt 100g Rasiercreme mit? Richtig: Mr LausS) und lassen den Abend ruhig ausklingen.
                Ich hab ja irgendwie geahnt, dass mir das ewig nachhängen wird.
                Deine Mutter hat mich ja gewarnt.

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                • MrsLausS
                  Erfahren
                  • 12.05.2013
                  • 199
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                  Danke schön für das freundliche Feedback!

                  Jetzt geht's weiter:



                  Tag 2: MO.,15.10.12 Drymen – Milarochy Bay Campsite

                  Die Nacht war prima, wir haben großartig geschlafen. Das Aufstehen fällt mir dennoch schwer: Ich habe am ganzen Körper Muskelkater.
                  Oh je. Nur nicht laut drüber nachdenken – der Schweinehund schläft noch friedlich.

                  Das Frühstück ist fantastisch. Dieses Mal entscheide ich mich gleich für ein ausgedehntes Continental mit frischem Obst, Müsli, unzähligen Marmeladentoasts, Orangensaft und Kaffee. Gegen 10 Uhr sind wir abmarschbereit – schwenken aber noch schnell in den Sparmarkt und besorgen noch ein bisschen Schoki.
                  Der Tag verspricht freundlich zu werden: Die Wolken reißen auf, die Sonne kommt durch und frohen Mutes verlassen wir Drymen.





                  Kurz hinter Drymen müssen wir einer öden Umleitung folgen. Nix da mit Wald. Wir laufen einige Zeit durch EX-Wald. Alles abgeholzt. Die Baumstämme liegen kreuz und quer. Einziger Lichtblick in dieser trostlosen Umgebung ist, den Blick in die Ferne auf das Loch Lomond schweifen zu lassen.



                  Nach dem abgeholzten Wald gehen wir durch eine sanfte Hügellandschaft auf den Conic Hill zu. Im Sonnenschein ist der Anblick einfach umwerfend. Unterwegs treffen wir eine Deutsche und einen Spanier. Die beiden wollen noch bis Rowardennan. Aber sie haben auch nur 9 kg auf dem Rücken. Dennoch: das ist nach unserem Maßstab eine Doppeletappe.







                  Bei perfektem Wetter überqueren wir den Conic Hill und steigen nach Balmaha ab. Hier machen sich die Trekkingstöcke das erste (aber nicht letzte) Mal richtig bezahlt. Keine Ahnung, ob meine Knie die doofen, ausgetretenen Treppenstufen ohne Hilfe geschafft hätten... Danke Forum! Ohne eure Reiseberichte wäre ich sicher ohne Stöcke losgezogen.
                  Natürlich hat perfektes Wetter auch seine Nachteile: Ganze Besuchermassen kommen aus Balmaha auf den Conic Hill. Wir sind froh, als wir in Balmaha ein schönes Plätzchen vor einem Pub ergattern können und genießen unsere Burger.
                  Im Anschluss geht es zunächst ein Stück an der Straße entlang, danach durch den Wald und anschließend direkt am Loch Lomond entlang. Die Gegend ist wunderschön und wir können uns kaum sattsehen:





                  Gegen 17:00 treffen wir an der Campsite ein. Die Rezeption hat gerade eben geschlossen.

                  Macht nix, dann wird morgen bezahlt. Wir bauen unser Zelt auf der vorgesehenen Wiese auf, kochen ein Nudelsüppchen, trinken heißen Tee und beobachten gegen 19 Uhr ein schottisch-australisches Duo beim Zeltaufbau.



                  Es wird empfindlich kühl, also ab auf die Matte und in den neuen Nahanny Practicus . Ich alte Frostbeule finde es sehr kuschlig im Zelt. Leider beginnt es in der Nacht zu regnen...

                  Kommentar


                  • MrsLausS
                    Erfahren
                    • 12.05.2013
                    • 199
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                    Zitat von MrLausS Beitrag anzeigen
                    Ich hab ja irgendwie geahnt, dass mir das ewig nachhängen wird.
                    Deine Mutter hat mich ja gewarnt.


                    ... und bekanntlich hast du nicht auf sie gehört

                    Kommentar


                    • MrLausS
                      Gerne im Forum
                      • 12.05.2013
                      • 58
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                      Noch ein paar kleine Anmerkungen von Mr LausS:

                      Das geniale Wetter auf dem Weg von Drymen nach Balmaha und die fantastische Aussicht laden mich mit Nachdruck zum Fotografieren ein. Wofür sonst schleppe ich ca. 5 Kilo Equipment ( + 100g Rasiercreme - Man(n) will ja vor der Kamera gepflegt aussehen ) mit mir rum? Motive, überall Motive. Hier ein Bach mit Brücke, da eine Mauer mit knorrigem Baum und alles unter strahlend blauem Himmel mit ein paar Schäfchenwolken. Postkarte gefällig?

                      Wenn wir da nur nicht immer den Zeitplan im Genick gehabt hätten!
                      Gerne würde ich mir hier die Zeit nehmen, das Motiv, Vorder- und Hintergrund zu studieren, den Ausschnitt zu wählen, mir Gedanken zur optimalen Belichtung machen, Kamera- und Stativeinstellung anpassen und vielleicht auch einfach nur dasitzen, beobachten und auf den perfekten Moment warten.
                      Die Angst jedoch, wieder wie am Vortag in die Dunkelheit zu wandern führt dann unweigerlich dazu, dass ich all dies außer acht lasse und nur "draufhalte".
                      Im Nachhinein kann ich zwar nicht behaupten, mit der Ausbeute an Bildern unzufrieden zu sein, aber ich muss gestehen auf dem Weg "Vom Knipsen zur Fotografie" nicht wirklich näher gekommen zu sein.

                      Am Fuße des Conic Hill stoßen wir auf einen Bach und eine Brücke. Jetzt reichts! Der Bach wird jetzt abgelichtet - ob er will oder nicht!



                      Danach geht es weiter, und zwar ziemlich steil. Komisch. Hatten die bei den outdoorseiten nicht alle geschrieben, der erste ernstzunehmende Anstieg auf dem WHW sei kein Problem gewesen? Der macht nix, der will nur spielen.
                      Tja, das Ausdauertraining im heimeligen Wohnzimmer hat da bei mir offensichtlich versagt. Immer wieder komme ich aus der Puste und damit aus dem Tritt, muss dann kurz stehenbleiben und durchatmen. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt.

                      Aber auch der gemeinste Hügel hat einmal ein Ende bzw. ist irgendwann überschritten. Die obligatorischen Burger im Oak Tree Inn (lecker, frisch zubereitet und nicht aus der Gefriertruhe) bringen uns die verbrauchten Kalorien zurück. Ich glaube, bei dieser Gelegenheit wurde auch unser kulinarisches Motto "Schottische Burger-Diät entlang des WHW" ins Leben gerufen.

                      So, bevor ich jetzt wieder den Stift an Mrs LausS weiterreiche noch ein letztes Wort zum Nahanny Practicus:
                      Danke!
                      Danke, Danke, Danke... an alle hier bei outdoorseiten.net, die gebetsmühlenartig Nahanny Schlafsäcke empfehlen den ohne Euch wären wir niemals im Leben auf diese tollen Schlafsäcke gekommen und natürlich auch vielen, vielen Dank an Valeriu von Nahanny - wo immer du jetzt sein mögest.

                      Steffen

                      Kommentar


                      • MrsLausS
                        Erfahren
                        • 12.05.2013
                        • 199
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                        Anmerkung am Rande: Die Burgerdiät war lecker und ich werde es sicher wiedertun - allerdings habe ich auf der Tour tatsächlich 3 Kilo zugelegt...


                        3. Tag: DI., 16.10.2012 Milarochy Bay Campsite – Rowardennan Youth Hostel

                        Und leider hört es am Morgen auch nicht auf zu regnen. Da ich zur Fraktion der Warmduscher und Schönwetterliebhaber gehöre, drückt das meine Stimmung gehörig. Wir verschieben das Problem des Zeltabbaus spontan nach hinten – das Zelt kann ja nicht nasser werden - und frühstücken in der Küche der „Backpacker Unit“. Dort treffen wir auf das quietsch-fidele schottisch-australische Duo, welches sich nebst Jack-Russel-Terrier als Trio demaskiert. Gemeinsam wird gefrühstückt und auch die Mädels aus dem dritten Zelt (kamen irgendwann nach 20 Uhr) stoßen dazu.
                        Hier scheiden sich die Profis von den Laien: Während wir hin- und herräumen packen die Mädels 1,2,3 ihre Sachen, inhalieren Müsliriegel und laufen nach 30 Minuten los. Wir sind erst gegen 10:15 abmarschbereit. Mr LausS hat nun ein klatschnasses Zelt im Rucksack. Das ist bestimmt mindestens ein Extrakilo. Begeisterung sieht anders aus.



                        Hilft nix, mit übergeworfenen Regenponchos stapfen wir los und hoffen auf Wetterbesserung. Diese trifft auch ein. Gegen 12 Uhr können wir die Regenponchos zum Trocknen an die Rucksäcke hängen. Der erste Lichtblick des Tages ist der Ausblick auf den Ben Lomond. Die Sonne scheint auf den verschneiten Gipfel und macht uns bewusst, dass es im Oktober in höheren Lagen schon ordentlich kalt werden kann.



                        Ben Lomond mit Schneehaube

                        Gut, dass Mr LausS (noch) nicht zu den Munro Baggern zählt, sonst hätten wir ein Problem. So genießen wir einfach die fantastische Szenerie. Nur der Anblick auf das in der Sonne liegende Youth Hostel kann später diesen Anblick für mich noch toppen.



                        Beim Einchecken stellt sich die Rezeptionistin als Deutsche heraus – eine Allrouderin, die uns beim superleckeren Abendessen bedient. Sie informiert uns auch darüber, dass es morgen richtig schlechtes Wetter mit richtig viel Regen geben soll. Sie empfiehlt uns, die Fähre direkt vom Anleger des Hostels um 10:45 zu nehmen. Diese fährt über Tarbet zu unserem morgigen Etappenziel Inversnaid. Nach einer herrlich heißen Dusche und nachdem wir unsere Sachen im Drying Room verteilt haben – auch das Zelt liegt dort - genießen wir den Abend im Gemeinschaftsraum. Wir schreiben jeder an seinem Reisebericht und beratschlagen ob wir morgen tatsächlich „mogeln“ wollen. Schließlich vertagen diese Entscheidung auf den nächsten Morgen.
                        Licht aus um 23 Uhr.
                        Zuletzt geändert von MrsLausS; 13.05.2013, 17:22. Grund: Rechtschreibung

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                        • MrLausS
                          Gerne im Forum
                          • 12.05.2013
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                          #13
                          AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                          Und noch ein Nachtrag zur Tag 3 (und ich schwöre, dass es sich genauso zugetragen hat ):

                          Nach dem verregneten Aufbruch von der Campsite stapfen wir entlang des Loch Lomond nach Norden. Irgendjemand muss mir in der Nacht das Tragesystem des Rucksacks verstellt haben , denn was ich auch probiere - entweder es drückt unten oder es zieht oben im Rücken... Hmpf! Und dann dieser dämliche Regen. Wer kam auch auf die Idee diese eigentlich wunderhübsche Fleckchen Erde zwischen Nordsee und Atlantik zu platzieren... Da hat wohl mal wieder jemand nicht nachgedacht.
                          Während ich so in Gedanken verloren meine Füße abwechselnd vor- oder auch mal aufeinanderplatziere (sehen tu' ich sie ja nicht dank Poncho) höre ich ein leises Flüstern. "Idiot! Viel zu schwer... wir sind da nicht robust genug für". Vor mir hüpft Mrs LausS gazellengleich zwischen den Pfützen umher und sonst kann ich auch niemand entdecken. "Jetzt bleib halt stehen!" Wer war das? Bin ich gemeint? Ich sehe mich um. Mrs LausS, etliche Meter vor mir scheint Sie elfenhaft entlang des Weges zu Schweben. Nein nicht ihre Stimme. Verunsichert laufe ich weiter. "Himmelarschundzwirn! Jetzt bleib halt stehen." Jemand schreit definitiv mich an. "Jetzt guck nicht so blöd in der Gegend rum. Hilf uns lieber." Die Stimme kommt - von unten - von meinen Füßen. Ich raffe den Poncho. Meine Schuhe sehen mich verärgert an.
                          "Tag auch, du Blitzmerker. Ja wir sind's, deine Leicht-wander-schuhe.... Man achte auf die Betonung LEICHT-wander-schuhe."
                          Oha, könnte es sein, dass ich da etwas übersehen hatte, bei der Planung und den Vorbereitungen zu dieser Reise?
                          "Oh! Sorry Leute, an Euch hatte ich garnicht mehr gedacht"
                          "Haben wir gemerkt...*schmoll*"

                          Lehre des Tages: LEICHTwanderschuhe mögen keine 23-Kilo-Rucksäcke schleppen müssen.

                          Gegen Mittag müssen wir dann auch noch vom nahezu ebenen Uferpfad nach rechts einen steilen bewaldeten Hügel hinauf. Die unangenehmen Erinnerungen an den Conic Hill bzw. meine Kondition machen sich breit. Mit "Rücken" hinten, Regen oben, falschem Schuhwerk unten und einer für meinen Geschmack viel zu gut gelaunten Mrs LausS vorne akzeptiere ich mein Schicksal, trete an... und bleibe nach 20 Schritten wieder stehen. Scheiße ist das steil. Ich versuche den Hügel durch die Kraft meiner Gedanken einzuebnen... funktioniert nicht... dann versuche ich halt die Milchsäure durch schiere Willenskraft von meinen Muskeln fernzuhalten... funktioniert auch nicht... na gut, dann halt weiter stop'n'go.
                          Nach gefühlten Stunden hole ich die mittlerweile entspannt oben wartende Mrs LausS ein. Der Regen hat fast aufgehört und dank des Anstieges ist die Innenseite des Ponchos mittlerweile nasser als die Außenseite. Wir beschließen daher, die Ponchos erstmal abzulegen. Zur körperlichen und geistigen Stärkung genehmige ich mir ein paar Schokoriegel.
                          Ich kann mich nicht daran erinnern im "Gelben Engel" (Hartmut Engel, "Schottland: West Highland Way", Conrad Stein Verlag) etwas über diese "Steilwand" gelesen zu haben. Aus Neugier schlage ich nach, was der liebe Herr Engel zu diesem Teilstück schreibt.
                          "... Ross Wood... ersteigen sie einen Hügel von knapp 90m..." Wenn ich schon an einem lumpigem 90m Hügel Lungenbluten bekommen, na dann Mahlzeit! Resignation macht sich bei mir breit.

                          Es gibt einen Punkt, an dem kann meine Stimmung nicht mehr schlechter werden. Das Gute dabei, wenn sie nicht mehr schlechter werden kann, kann sie nur besser werden. Und das wurde sie. Dort oben, auf dem 90m Hügel des Ross Wood. Und der dank dafür gebührt Herrn Engel. Während ich nämlich noch resigniert, Schokoriegel-kauend und ans Aufgeben denkend durch das Büchlein blättere fällt mein Blick auf folgenden Satz.

                          "... Von dort geht es steil bergauf Richtung Norden auf den Gipfel eines flachen Hügels..."

                          Beim Lesen dieses Satzes muss ich Schmunzeln, Lächeln, Lachen, den Bauch halten, Tränen aus den Augen wischen. Genau in der Reihenfolge. Wieder und wieder lese ich. Und je öfter ich lese um so mehr muss ich lachen.
                          Mrs LausS zuerst iritiert, dann verunsichter, dann um meine geistige Gesundheit offensichtlich besorgt bleibt der Grund für meine offensichtliche Manie zunächst verborgen. Ich halte ihr das Büchlein hin und deute auf den Absatz. Sie schmunzelt... so fing es auch bei mir an... Bald schon liegen wir uns lachend in den Armen, Tränen im Gesicht.
                          Die übersäuerten Muskeln sind aus den Beinen in den Bauch umgezogen.

                          "Der steile Anstieg auf den Gipfel des flachen Hügels" ist für mich zu einem Mantra geworden das mir über die schwierigeren, noch kommenden Etappen des WHWs half. Welches Hindernis sich uns auch immer in den Weg stellen wollte, gegen den steilen Anstieg auf den flachen Hügel konnte es nicht anstinken.
                          Danke Herr Engel.

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                          • MrsLausS
                            Erfahren
                            • 12.05.2013
                            • 199
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                            #14
                            AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                            Herrlich - zwei Menschen auf einer gemeinsamen Tour und so unterschiedliche Erinnerungen. Diese Passage hatte ich fast vergessen, aber auch ich erinnere mit an unseren gemeinsamen Lachflash... und schon wieder zucken meine Mundwinkel verdächtig.

                            Mal sehen, was Mr LausS zur folgenden Etappe einfällt.

                            Hier mein Gedächtnistagebuch:



                            4. Tag: MI., 17.10.2012 Rowardennan Youth Hostel – Inversnaid

                            Nach einer guten Nacht – bequemes Bett für mich, Sprungfedern für Mr LausS, sitzen wir gemütlich im self-catering room bei Kaffee und Tee und genießen den windigen Morgen am Fenster. Der Ausblick auf das Loch ist hübsch anzuschauen, aber die Regenwolken ballen sich zunehmend zusammen und der Entschluss ist schnell gefasst: Wir wollen unseren Muskeln eine Pause gönnen und bequem und trockenen Fußes mit der Fähre nach Inversnaid schippern. Wenn das Wetter doch noch aufklart, können wir dort die Umgebung ohne Rucksack entspannt und leichtfüßig erkunden.

                            Nach dem Frühstück sammeln wir fix unsere Sachen im Drying Room ein und ich bin begeistert: alle Sachen (bis auf das Zelt, dass wir nicht ganz ausbreiten durften) sind trocken.
                            Die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt der Fähre verbringen wir unter dem Vordach einer kleinen Hütte. Hier stellen wir fest, dass Mr LausS‘ Trekkingstock einen defekten Drehverschluss hat und sich nicht mehr feststellen lässt. Damit ist Mr LausS' mentaler Drehverschluss auch kurzzeitig hinüber. Gut, dass wir die Dinger heute wohl nicht brauchen werden. Eine Lösung wird sich schon finden.

                            Die Fähre ist pünktlich und für £12 p.P. sind wir die einzigen Passagiere an Bord. Die deutsche Familie (Papa, Mama, Sohn und Tochter), mit der wir uns beim Frühstück unterhielten, läuft tapfer durch den Regen nach Inversnaid los. Die Fähre hat gemütliche Sitzecken und wir genehmigen uns einen „Rob Roy Whisky Coffee“ und eine „Brany Hot Chocolate“ und beginnen die Überfahrt zu genießen. Leider ist das Wetter echt mies, sodass wir nur ganz kurz an Deck gehen um Fotos zu schießen. Bei gutem Wetter muss die Aussicht aber spektakulär sein. Mr LausS‘ Spiegelreflexkamera wird dem Wetter an diesem Tag nicht ausgesetzt, nur meine kleine PowerShot G9 darf mit.


                            In diesem Fall ist das Wetter schlechter als es aussieht...

                            Ich freue mich, dass wir heute nicht durch den Regen über schlammige Wege und Pfützen laufen müssen. (Leider lag ich nur mit dem zweiten Teil dieser Aussage richtig… aber lest selbst.)

                            Pünktlich um 12 Uhr legt die Fähre in Inversnaid an. Eingehüllt in unsere Regenponchos machen wir uns auf die Suche nach dem Bunkhouse, in dem wir übernachten wollen – und laufen prompt in die falsche Richtung. Den Irrtum bemerken wir schnell und mit Hilfe eines Ortskundigen schlagen wir den richtigen Weg ein: Auf einer geteerten Straße immer schön den Berg hoch. Heute ist mein Tag, im strömenden Regen laufe ich zur Höchstform auf …. und meinem Mann davon.

                            Schließlich kommen wir gut eingeweicht am Bunkhouse an – und stehen vor verschlossener Tür.
                            Einen Anruf und zwei Zigaretten später sind wir schlauer: Der Besitzer bot uns an, im März wiederzukommen. Das Bunkhouse hat seine Saison schon beendet. Mist.
                            Sein Ratschlag: Im Hotel am Fähranleger übernachten. Bitte was? Von da sind wir doch losgelaufen…?!
                            Also wieder durch strömenden Regen zurück.
                            Runter geht es ja bekanntlich schneller als rauf... Die Stimmung hebt das aber bei Mr LausS nicht. Heute übernimmt er das Fluchen. Scheinbar hat sich mein Schweinehund unter seinem Regenponcho versteckt. Mir ist der Regen inzwischen wurscht. Weiter als bis auf die Haut geht’s ja nicht. Ich finde das ganze inzwischen einfach nur noch grotesk und grinse dümmlich vor mich hin. Mein Muskelkater hat sich derweil auch verflüchtigt, also warum wollten wir doch gleich die Fähre nehmen?

                            Zurück am Hotel gehen wir durch den Hintereingang ( extra für begossene Pudel wie uns eingerichtet) durch die Bar an die Rezeption. Inzwischen ist es 13 Uhr. Wir haben es also geschafft innerhalb einer Stunde komplett durchzufeuchten.
                            Ein Zimmer können wir bekommen – allerdings erst um 16 Uhr. Ruhe bewahren, Burger in der Bar ordern und am lodernden Kamin wenigstens die Füße wärmen.



                            In der Lobby treffen wir auch wieder auf die deutsche Familie. Die sehen bedeutend trockener aus als wir und bei unserer Ankunft haben sie ihre Burger schon verspeist. Wie schnell waren die den unterwegs? Nun gut, immerhin bekommen sie ihr vorgebuchtes Zimmer auch nicht früher als wir.
                            Einige Kännchen Kaffee später ist es endlich soweit: Punkt 16 Uhr stürmen wir unser Zimmer und hängen alles Triefende ins Bad, alles Nasse und Feuchte ins Zimmer. Die Heizung wird bis zum Anschlag aufgedreht – zwischendurch fliegt auch mal die Sicherung raus… Beim Ausräumen meines Rucksacks stelle ich fest, dass mein Rucksack auch von innen nass ist. Wie das? Verdammt, die Trinkblase leckt. Suuuper. Vielleicht habe ich den Rucksack nur schlecht gepackt? Der morgige Tag wird es weisen.

                            Kurz sieht es so aus, als ob der Regen nachlassen würde. Wir stürmen hinaus und bewundern den Wasserfall neben dem Hotel. Das Getöse ist ohrenbetäubend und sehr beeindruckend.


                            Wasserfall am Inversnaid Hotel

                            Leider wird der Regen wieder stärker und wir gehen wieder hinein. Es ist echt ein Tag an dem einem Schwimmhäute zwischen den Fingern und Zehen wachsen können. Es schüttet und schüttet. Und ich sehe so langsam unsere Tour davon schwimmen.
                            Am Abend gehen wir nach dem Abendessen (hier wird in Schichten gegessen, wir hatten die Frühschicht um 18:30) noch in den Pub des Hotels um ein paar Wein (Mrs LausS) und etliche Guinness (Mr LausS) zu trinken.
                            Es soll Livemusik geben. Die gab es dann auch: Marke Alleinunterhalter. Die Bustouristen finden‘s gut. Diese werden hier wie bei Kaffeefahrten angekarrt – Mr LausS allerdings wartet vergeblich auf die Gelegenheit eine Heizdecke zu kaufen. Trotz oder vielleicht auch wegen des grausigen Alleinunterhalters amüsieren wir uns köstlich und finden das Leben schön!

                            Lehre des Tages: Walzer mit Kreiseldrehung in Crocs is‘ nich‘

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                            • StepByStep
                              Fuchs
                              • 30.11.2011
                              • 1198
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                              #15
                              AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                              Euer Bericht ist echt toll zu lesen
                              Besonders toll sind immer die Einwürfe/Ergänzungen von Steffen so als zusätzliches Zuckerstückchen zum Bericht

                              Danke dafür, da bekommt man doch mal Lust den WHW auch zu machen. Wann im Oktober wart ihr denn unterwegs? Bei mir gings frühestens anfang November, das könnte schon etwas arg spät im Jahr sein...

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                              • peter97
                                Erfahren
                                • 30.01.2013
                                • 326
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                                #16
                                AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                                Ich schließe mich den anderen mit dem Lob an. (Ach freu ich mich auf den WHW im Juli)

                                Zitat von StepByStep Beitrag anzeigen
                                Bei mir gings frühestens anfang November, das könnte schon etwas arg spät im Jahr sein...
                                @StepByStep Anfang November hat es in vielen Teilen von Schottland schon Schnee und mit Munrobagging ist dann auch nichts.

                                Peter
                                The solution to pollution is dilution. = Alles eine Frage der Konzentration.

                                Kommentar


                                • MrsLausS
                                  Erfahren
                                  • 12.05.2013
                                  • 199
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                                  @StepByStep

                                  Herzlichen Dank für dein Lob!
                                  Wir waren vom 13.10-26.10.12 auf dem WHW unterwegs. In den höheren Lagen lag da schon Schnee - siehe Ben Lomond. Generell lässt sagen, das wir schon außerhalb der Saison unterwegs waren. Vorteil: es war ziemlich Menschenleer. Nachteil: einige Bunkhouses/Campsites schließen im Oktober. Leider war für uns nicht immer ersichtlich, ob Anfang oder Ende Oktober. Es gibt auch Berichte über Winterwanderungen auf dem WHW - da muss man aber bestimmt hart im nehmen sein! Viel Spaß - und schreibe einen Bericht.

                                  LG,

                                  Sandra

                                  Kommentar


                                  • MrLausS
                                    Gerne im Forum
                                    • 12.05.2013
                                    • 58
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                                    Zitat von MrsLausS Beitrag anzeigen
                                    Die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt der Fähre verbringen wir unter dem Vordach einer kleinen Hütte. Hier stellen wir fest, dass Mr LausS‘ Trekkingstock einen defekten Drehverschluss hat und sich nicht mehr feststellen lässt. Damit ist Mr LausS' mentaler Drehverschluss auch kurzzeitig hinüber. Gut, dass wir die Dinger heute wohl nicht brauchen werden. Eine Lösung wird sich schon finden. ...

                                    Wenn ich hier mal kurz unterbrechen darf. Ganz so einfach war es dann ja doch nicht.



                                    In der Rowardennan Lodge hätt' ich's noch ein paar Tage ausgehalten. Aber gut, wir hatten einen Plan.
                                    Der Plan wurde allerdings wie Mrs LausS schon erwähnte mehr oder weniger spontan über den Haufen geworfen.

                                    Beim Warten auf die Fähre nach Tarbot bzw. Inversnaid versuche ich meine Stöcke wieder auf Wanderlänge einzustellen. Bereits auf der ersten Etappe habe ich die Dinger schätzen gelernt und möchte jetzt keinen Schritt mehr ohne sie tun.
                                    Irgendetwas ist heute morgen allerdings anders... am linken Stock dreht der untere Twistlock durch. Kein Wunder, bei dem Sauwetter wird einfach das Gestänge feucht sein. Also *schraubschraubschraub* in die andere Richtung, Teleskopelemente auseinander ziehen, trockenwischen und wieder *schraubschraubschraub* zusammendrehen... fertig. Denkste! Der Verschluss dreht immer noch durch. Ein Anflug von Genervtheit macht sich breit. So ein Scheiß und das nach nicht mal 50km. Also wieder auseinanderschrauben, wild am freiliegenden Verschluss rumfummeln und wieder zusammenbauen. Als der Verschluss auch nach diesem Manöver höhnisch durchdreht legt sich meine Stirn in Falten...
                                    "Steiler Anstieg auf den Gipfel eines flachen Hügels" denke ich...
                                    Alles wieder gut. Jetzt mal nachdenken. Irgendwo auf der Leki-Homepage gabs eine Anleitung was in solchen Fällen zu tun ist... Also schau ich einfach da nach, Null Problemo. Ich zücke das Handy.
                                    Der Empfang ist... nicht vorhanden... bzw. wenn er vorhanden ist in etwa so langsam wie ich am Ross Hill... Wieso hab ich diese blöde Anleitung eigentlich nicht wie alle Anderen als PDF aufs Handy geladen. Jedes noch so kleine Manual wurde runtergeladen oder gescannt... Die Düse des Gaskochers könnte ich damit sogar auf finnisch reinigen... Reparaturanleitung für löchrige Downmats? Hier, bitteschön. Wieso also um alles in der Welt bin ich nicht auf die Idee gekommen diese dämliche Anleitung runterzuladen.
                                    Zu allem Überfluss erinnere ich mich vage, dass der elektronische Wisch noch nicht mal benutzerfreundlich in einer Support-Rubrik auf der Leki-Homepage rumdümpelte sondern in irgendeinem exotischen Unterordner.
                                    Ich Depp!

                                    Nach 20 Minuten habe ich die Anleitung dann gefunden und gelesen. Also wieder: *schraubschraubschraub* Elemente auseinander, unteres Ende am oberen Rand festhalten und in die Gegenrichtung drehen... Fertig.
                                    Wieder zusammenstecken und festschrauben...
                                    Wenn es sich denn jetzt zusammenstecken ließe.

                                    "Steiler Anstieg auf den Gipfel eines flachen Hügels. Steiler Anstieg auf den Gipfel eines flachen Hügels."

                                    Also alles wieder in umgekehrter Reihenfolge und in Gegenrichtung. Ist das tiefliegender Nebel oder kommt da Dampf aus meinen Ohren?

                                    In 20 Minuten kommt die Fähre, genug Zeit für eine Zigarette und einen weiteren Reparaturversuch...
                                    ...Und noch einen...
                                    ...Und noch einen...
                                    Es bleibt dabei der twistlock dreht durch und ich jetzt auch.
                                    Ich verwünsche Leki und zitiere Mrs LausS herbei, "Du gehst da jetzt rein und fragst nach Werkzeug"
                                    "Werkzeug? Was für Werkzeug?"
                                    "Egal! Bohrmaschine, Flex, Acetylen-Schweißgerät, vollkommen wurscht. Ich bin nicht bereit, die Tour mit einem Stock fortzusetzen der um ein Drittel kürzer ist. Damit seh' ich aus wie Quasimodo der Bucklige wenn er im Kreis rennt."
                                    Mrs LausS weiss, dass ich in solchen Situationen logischen Argumenten und durchdachten Vorschlägen nicht zugänglich bin und geht zurück zum Hostel um nach Werkzeug zu fragen.

                                    Nach wenigen Minuten kommt sie mit einem Siegerlächeln zurück. Ich schöpfe Hoffnung. Jetzt wird alles gut. Die hatten bestimmt ein zurückgelassenes Leki-Reparatur-Spezial-Werkzeug, dass ein tattriger Rentner dort vergessen hatte und dem ich nun den Ruhm vergangener Tage zurückgeben kann.
                                    Sie greift in Ihre Tasche und präsentiert mir voller Stolz...
                                    ...eine fast aufgebrauchte Rolle uraltes, abgegriffenes Isolierband. Der Klebstoff an dem Zeug muss in den letzten Jahrhunderten verdunstet sein, mit dem Zeug kann man noch nicht einmal PostIts an den Spiegel kleben.

                                    Noch 10 Minuten bis zur Fähre.
                                    Jetzt ist es egal. Mit dem schwarzen Plastikband versuche ich, dass untere Element des Stocks mit dem mittleren zu fixieren. Mit verzweifeltem Optimismus wickle ich das Band und ignoriere dabei jegliche Vorstellung wie der damit entstehende Knäul am Stock mein Gewicht (80kg) sowie das des Rucksacks (ca. 23kg) tragen können soll.

                                    Noch 8 Minuten...
                                    Skeptisch beäuge ich den schwarzen Knödel den ich nun am Stock habe... als hätte ich eine faule Birne aufgespießt, so sieht das aus und in etwa so groß ist auch die Tragkraft...
                                    Ich möchte jetzt bitte weinen ... und noch eine Zigarette. Mrs Laus setzt sich zu mir und versucht, mir Trost zuzusprechen. Plötzlich springt sie auf, "Wo ist das Erste-Hilfe-Kit?"
                                    "Deckeltasche unterer Reißverschluß, aber ich hab keine Antidepressiva dabei."
                                    Hektisch kramt sie erst in meiner Deckeltasche, dann im Verbandpäckchen rum. Sie fördert eine Rolle Cutiplast hervor und zwinkert mich herausfordernd an.

                                    Aus beruflicher Erfahrung weiß ich, dass Klebemittel, die im weitesten Sinne zur Wundversorgung dienen überall da besonders gut halten, wo sie eigentlich gar nicht Kleben sollen, wie zum Beispiel: Richtig, an Trekkingstöcken.

                                    Noch 7 Minuten...
                                    Wir wickeln/reißen das nutzlose schwarze Klebeband runter. Glücklicherweise hält das Zeug hier was es verspricht, nämlich gar nicht. Ruck-zuck ist der Stock vom schwarzen Elend befreit und ich beginne das jungfräulich weiße Cutiplast darumzuwickeln. Was sich jetzt Runde um Runde um die defekte Verbindung legt entwickelt sich diesmal zu einer gleichmäßigen, symmetrischen Spindel.
                                    Ich verzichte darauf das gesamte Band um den Stock zu wickeln und lasse einen ausreichenden Rest auf der Rolle. Nicht auszudenken es gäbe später mal eine Situation wo ich das Zeug für seine eigentliche Bestimmung bräuchte.

                                    Ein erster vorsichtiger Test gibt Anlass zur Hoffnung: Beim zusammendrücken der Stockenden hält die Verbindung. Nun denn, dann der Extremtest: Ich nehme beide Stöcke, stütze mich auf und übe mit dem Oberkörper vorsichtig Gewicht aus. Es hält. ES HÄLT! Halleluja! Asklepios sei dank - Leki darf trotzdem noch ein bisschen zur Hölle fahren.
                                    Nun warten wir entspannt auf die Fähre. Hat sich da etwa irgendjemand Sorgen gemacht? Bin ich in Panik geraten? Nein, war doch alles halb so wild. Man darf halt nur nicht die Nerven verlieren und muss überlegt handeln.

                                    Ich bin Mr LausS, das ist mein Trekkingstock und wer zum Teufel ist MacGuyver?

                                    p.s. Mrs LausS und ich haben dann doch unsere Stöcke getauscht, safty first. Meine Stöcke hab ich dann - nach einem weiteren fruchtlosen Reparaturversuch zuhause - dem Händler auf die Theke geknallt. Nach 3 Handgriffen und etwa 20 Sekunden waren die Dinger wieder stabil. Dann hat der noch ungefähr 1 Minute gebraucht um mir zu zeigen was ich hätte machen sollen...
                                    Sorry Leki, du darfst jetzt wieder hochkommen.

                                    Steffen
                                    Zuletzt geändert von MrLausS; 14.05.2013, 01:34.

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                                    • MrLausS
                                      Gerne im Forum
                                      • 12.05.2013
                                      • 58
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                                      Zitat von MrsLausS Beitrag anzeigen
                                      ... Pünktlich um 12 Uhr legt die Fähre in Inversnaid an. Eingehüllt in unsere Regenponchos machen wir uns auf die Suche nach dem Bunkhouse, in dem wir übernachten wollen – und laufen prompt in die falsche Richtung....
                                      Also jetzt mach aber mal'n Punkt... So war das garnicht!

                                      1) In Inversnaid angekommen sind nicht wir in die falsche Richtung gelaufen sondern das Navi hat uns in die falsche Richtung geführt bzw. hat uns in alle falschen Richtungen geführt, und zwar gleichzeitig.

                                      2) Du bist mir nicht davongelaufen... Ich habe dich (ladies first) galant vorbeiziehen lassen. Und wenn Du auf dem nassen Asphalt - mal wieder - ausgerutscht wärst, hätte ich dich beim Runterkullern festgehalten.


                                      Aber wir wollen uns nicht in der Öffentlichkeit streiten. Hier nun meine Sicht der Dinge:


                                      Nachdem wir am Inversnaid Hotel von der Fähre steigen müssen wir weiter zum Bunkhouse. Kurze Orientierungslosigkeit, dann bringt uns ein freundlicher Schotte auf den richtigen Weg. Und der führt in der Tat - mal wieder - steil bergauf.
                                      Der Regen prasselt während des Anstiegs auf uns nieder und es sieht nicht so aus, als würde es heute noch einmal aufhören. Auf dem Weg kommen wir an einer (kleinen) Villa vorbei mit einem hübschen Garten. So ganz passt die imho nicht in die Landschaft, ist aber grundsätzlich nicht hässlich. Am Zaun hängt ein Schild das uns darauf hinweist "Du kannst mich kaufen".
                                      Der Anstieg geht mir mal wieder gehörig in die Beine. Ich lenke mich ab, indem ich mir vorstelle wie es wäre hier zu Leben. Hier eine wunderschöne Villa in einer noch tausendmal schöneren Umgebung zu besitzen. Okay, zum Einkaufen hätte man schon ein stück zu fahren. Und wie soll ich von hier zur Arbeit kommen? Moment! Wir haben ja eine Villa, ergo: wir müssen gar nicht arbeiten :-) Aber eigentlich mag ich meinen Job. Mir wird der Zwiespalt bewußt in die mich diese Gedanken treiben Schottland zieht mich unheimlich an, aber ich hab keine Idee, wie man so weit ab vom Schuss sein Dasein organisieren soll. Wunsch und Wirklichkeit, zwei Welten prallen aufeinander.
                                      Die Tagträumereien lenken mich eine zeitlang ab, letztlich obsiegt aber doch die Realität. Gefühlte 40% Steigung, bestimmt niemals endender Regen und zu allem Überfluss macht sich unter dem Poncho mittlerweile ein tropisches Klima sowie reichlich Kondenswasser breit - Ja Physik, diese Runde geht an Dich.
                                      Ich schwitze wie ein Schwein. Umziehen hieße jetzt aber in strömendem Regen 1. Poncho ausziehen 2. Rucksack absetzen 3. Wahrscheinlich zugucken wie der Rucksack die Straße runterrollt, hinterherlaufen um ihn anschließend wieder hochzuschleppen 4. Jacke ausziehen und verstaun 5.Rucksack schultern 6. irgendwie - ohne Mrs LausS' helfende Hand, denn die ist ja schon 200m weiter, wieder in den Poncho kommen und dann weiter.
                                      Da sag ich doch mal: Nö.
                                      Mittlerweile gibt es linker Hand nix interessantes mehr zu Sehen, nur Gestrüpp. Rechts sollte eigentlich der Bach sein der unten an den Inversnaid Falls ins Loch Lomond stürzt. Zu sehen ist er nicht aber ich kann ihn deutlich hören. Zu irgendwas muss Regen ja schließlich gut sein.
                                      Irgendwann, der Weg verläuft mittlerweile deutlich flacher, werde ich verunsichert. Hätte das Bunkhouse nicht schon längst auf der rechten Seite kommen müssen? Idiot! Hätten die vielleicht die Kirche in den Bach bauen sollen? Das Bunkhouse soll eine ehemalige Kirche sein, mittlerweile zu Bunkhouse und Restaurant umgebaut. Ich hab dazu nur positive Bewertungen gefunden. Gefunden... mein Stichwort. Das Bunkhouse selbst hab ich hier nämlich immer noch nicht gefunden. Die OSM-Karte auf dem Navi hilft uns auch hier nicht weiter und keine unserer footprint-Karten gibt das Versteck unserer heutigen Herberge preis.

                                      In der Ferne sehe ich Mrs LausS. Die ist bestimmt gedoped! Ständig sprintet sie mir davon. Mennö.
                                      Letzlich sehen wir vor uns zwei Gebäude auftauchen. Beim linken handelt es sich offenbar um das gesuchte Inversnaid Bunkhaus, rechts daneben steht ein modernes (Fertig-?)Haus. Neben dem Eingang der Kirche stehen Blumenkübel und über der Tür bietet ein kleines Vordach Schutz. Zielstrebig steuern wir auf die Tür zu. Die ist verschlossen. Wir sind irritiert. Dann klingeln wir halt. wo ist die Klingel? Es gibt keine. Mist. Ich bin verunsichert. Wir klopfen an, doch drinnen rührt sich nichts. Auch im Nachbarhaus ist niemand da, den wir im Rat Fragen könnten.

                                      (Frage) Was ist schlimmer als mit schweren Rucksäcken im Regen auf einen Hügel zu gehen?
                                      (Antwort) Mit schweren Rucksäcken, im Regen, auf einem Hügel, vor verschlossenen Türen zu stehen.

                                      Ohne die Vorwärtsbewegung scheint das Gewicht auf meinen Hüften bzw. den Schultern irgendwie gleichzeitig zu drücken und zu ziehen, und zwar abwechselnd oben und unten. Wer wissen möchte, wie Verspannungen entstehen: Genau so!
                                      Neuer Plan: erstmal die Rucksäcke absetzen, dann die Sache mit der Unterkunft klären. Dummerweise ähnelt die Verfahrensanleitung "Rucksack absetzen" derer von "Jacke ausziehen". Zumindest wird das nicht klappen ohne dass wir noch nasser werden. Das kleine Vordach vor der Tür bietet nicht genug Raum um Mrs LausS, mich und unsere Rucksäcke vor dem Regen zu schützen.
                                      Mein Rücken gibt mir unmissverständlich zu verstehen, dass er jetzt echt keinen Bock mehr auf irgendwelche Diskussionen hat "Los, runter mit dem Ding, aber dalli!" Okayokay, der klügere gibt nach.
                                      Für die nun folgenden Showeinlage würden mich die Marx-Brothers adoptieren.

                                      An der Straße steht eine große Bunkhouse-Reklame, mit Telefonnummer. Während Mrs LausS versucht, jemanden zu erreichen lese ich nochmal die Bunkhouse-Website. Ich finde keinen Grund, warum die Tür jetzt nicht offen ist. Oh toll, wir können hier online Plätze fürs Silvestermenü buchen. Mrs LausS hat nun offensichlich jemand an der Leitung. Ihr Gesichtsausdruck und dass was sie ins Handy spricht verheißen allerdings nichts Gutes. Es stellt sich heraus, dass das Bunkhouse von Anfang Oktober bis Ostern zu hat. Der Besitzer rät uns, zurück ins Hotel zu gehen dorthin von wo wir kamen.
                                      Ich fühle mich verarscht. Aber wenn die Glauben, ich wuchte mich hier nochmal fürs Silvestermenü den Berg hoch haben die sich verrechnet. Silvester ist ja auch zwischen Oktober und Ostern.

                                      Steiler Anstieg auf den Gipfel eines flachen Hügels. *seufz*

                                      Meine Lehre des Tages: Wenn meine Frau in die Kirche rennt, wache ich am nächsten Morgen verkatert im Hotel auf.

                                      Steffen
                                      Zuletzt geändert von MrLausS; 14.05.2013, 01:36.

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                                      • Atze1407
                                        Fuchs
                                        • 02.07.2009
                                        • 2425
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [UK] Mal wieder Schottland - Mal wieder der WHW - Oktober 2012

                                        Ein sehr schöner und kurzweiliger Reisebericht, der einen auch ab und an zum Schmunzeln verleitet.

                                        Auch die Fotos, die ihr für den Bericht ausgesucht habt, sind für mich eine gute Auswahl. Ihr verschont einen wenigsten, mit sich immer wiederholenden Motiven, von irgendwelchen in der Landschaft stehenden Hügeln und Bergen.

                                        Ich hoffe, man muss nicht so lange auf die Fortsetzung warten.

                                        LG
                                        Atze1407
                                        Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
                                        Abraham Lincoln

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